Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
26
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 91 AS 30097/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 26 B 2125/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 15. Oktober 2008 werden zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt S E wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm ab dem 01. Oktober 2008 monatlich Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von 708,89 EUR zu gewähren.
Der 1966 geborene Antragsteller war selbständig tätig; zum 01. Januar 2008 wurde über sein Vermögen die Privatinsolvenz eröffnet. Seit dem 15. August 2007 ist er unter der sich aus dem Rubrum ergebenden Anschrift gemeldet. Er bewohnt dort zusammen mit A L eine von dieser angemietete 69,68 m² große, mit einer Gasetagenheizung ausgestattete Zwei-Zimmer-Wohnung. Die Bruttokaltmiete beläuft sich auf 394,00 EUR. Hinzu kommen monatliche Vorauszahlungen für die Versorgung mit Gas und Strom in Höhe von 118,00 EUR und 50,00 EUR.
Am 07. April 2008 beantragte der Antragsteller die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Während er zunächst auf dem Formular in der Rubrik "Ich lebe zusammen mit:" die Variante "Partner in Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft" angekreuzt und die zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 2.791,00 EUR beschäftigte A L benannt sowie sie an anderer Stelle als Person, mit der er in Bedarfsgemeinschaft lebe, angegeben hatte, wurde anlässlich eines Gesprächs beim Antragsgegner der Antrag durch Streichung der Partnerin geändert. Der Antragsteller gab nunmehr an, sich lediglich die Wohnung mit A L zu teilen, nicht aber mit ihr in einer Partnerschaft zu leben. Ergänzend legte er einen nach eigenem Bekunden um fast ein Jahr rückdatierten Untermietvertrag vor, nach dem A L ihm ab dem 01. Juli 2007 ein Zimmer in der Wohnung zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von 380,00 EUR einschließlich aller Nebenkosten überlässt.
Mit Bescheid vom 06. Juni 2008 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 18. März bis zum 30. September 2008 monatliche Leistungen unter Ansatz des Regelsatzes für eine allein stehende Person sowie Kosten der Unterkunft in Höhe von 358,25 EUR.
Auf Veranlassung des Antragsgegners erfolgte am 09. Juni 2008 ein unangemeldeter Hausbesuch durch den Prüfdienst. Dieser stellte fest, dass die Wohnung in ein Wohn- sowie ein Schlafzimmer aufgeteilt und letzteres mit Doppelbett und zwei Kleiderschränken ausgestattet sei. In einem Kleiderschrank befänden sich Damen- und Herrenbekleidung; auch liege das Bettzeug des Antragstellers im Schlafzimmer. Im Übrigen sei weder im Bad noch in der Küche oder im Flur eine Trennung der jeweiligen Sachen ersichtlich. Der Antragsteller habe angegeben, überwiegend im gemeinsam genutzten Wohnzimmer auf dem Sofa und nur gelegentlich im Schlafzimmer zu schlafen.
Im Anhörungsverfahren erklärte der Antragsteller daraufhin, dass er normalerweise auf einer Matratze im Wohnzimmer schlafe, die lediglich am Abend des Hausbesuchs in das Schlafzimmer geräumt gewesen sei, weil sie Besuch erwartet hätten. Im Übrigen hätten sie eine klarere Aufteilung der Wohnung nicht für notwendig erachtet, da er im Herbst 2007 viel Zeit bei seiner Freundin und im Ausland verbracht habe. Sie seien seit vielen Jahren rein platonisch befreundet, beide in finanziellen Schwierigkeiten und hätten sich daher für diese Wohnform entschieden. Sollten die Kosten der Unterkunft gestrichen werden, sähen sie sich möglicherweise gezwungen, in eine größere, evt. auch teurere Drei-Zimmer-Wohnung zu ziehen, um eine Nichtwirtschaftgemeinschaft deutlicher zu machen.
Mit Bescheid vom 18. Juli 2008 versagte der Antragsgegner die Leistungen ab dem 01. August 2008 und lehnte eine weitere Leistungsgewährung ab diesem Tag mit Bescheid vom 01. September 2008 ab. Beide Bescheide nahm er auf den Widerspruch des Antragstellers unter dem 05. September 2008 zurück. Mit Bescheiden vom 11. und 18. September 2008 lehnte er sodann die Weitergewährung von Leistungen nach dem SGB II mangels Hilfebedürftigkeit ab. Gegen beide Bescheide legte der Antragsteller am 25. September 2008 Widerspruch ein und berief sich zur Begründung erneut darauf, mit A L nicht in einer Bedarfsgemeinschaft zu leben. Beide würden ihren Tagesablauf völlig unabhängig voneinander ohne die für eine Partnerschaft typische Rücksichtnahme gestalten. Sein Bettzeug habe sich zum Zeitpunkt des Hausbesuchs lediglich wegen der erwarteten Gäste im Schlafzimmer und dort gesondert auf einem Stuhl befunden. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2008). Am 30. Oktober 2008 erhob der Antragsteller hiergegen Klage.
Bereits am 01. Oktober 2008 hatte er beim Sozialgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 708,89 EUR monatlich ab Antragseingang bei Gericht, hilfsweise ab dem Tag der Entscheidung zu bewilligen sowie ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren. Zur Begründung wiederholte er im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag. Darüber hinaus erklärte er, dass es zur Benennung von A L als Person, mit der er in einer Bedarfsgemeinschaft lebe, nur gekommen sei, weil sie gemeint hätten, dazu reichten das gemeinsame Leben in einer Wohnung aus. Nachdem ihm im Rahmen der Beratung beim Antragsgegner der Unterschied zwischen Haushalts- und Bedarfsgemeinschaft erläutert worden sei, sei der Antrag geändert worden. A L sei nicht seine Partnerin, sodass die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II nicht eingreife. Ein wechselseitiger Wille, für einander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, bestehe nicht. Er bilde daher allein eine Bedarfsgemeinschaft, sodass ihm Leistungen in Höhe des Regelsatzes von 351,00 EUR zzgl. Kosten der Unterkunft in Höhe von 357,89 EUR (380,00 EUR Mietanteil abzgl. 22,11 EUR Energiekostenpauschale) zu gewähren seien.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2008 den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen auf die Bescheide vom 11. und 18. September 2008 Bezug genommen.
Gegen diesen ihm am 21. Oktober 2008 zugestellten Beschluss richten sich die am 30. Oktober 2008 eingelegten Beschwerden des Antragstellers, mit denen er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt der Antragsteller, der unter dem 10. November 2008 eine Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu den Akten gereicht hat, ergänzend vor, dass er zu keinem Zeitpunkt über A L Konto hätte verfügen können, auch wenn die ihm gewährten Leistungen auf ihr Konto geflossen seien.
Der Antragsgegner meint hingegen weiterhin, dass eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe. Entgegenstehende Erklärungen der Partner hätten gegenüber den nach außen erkennbaren Indizien in der Regel keine durchgreifende Bedeutung.
II.
Die Beschwerden des Antragstellers sind gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin beurteilt die Sach- und Rechtslage in seinem angefochtenen Beschluss vom 15. Oktober 2008 hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs und der begehrten Prozesskostenhilfe zutreffend.
Soweit das Sozialgericht Berlin den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abgelehnt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Dies ist dem Antragsteller nicht gelungen.
Der Antragsteller, der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums begehrt, hat zwar ein Bedürfnis an einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren glaubhaft gemacht. Denn auch wenn die begehrte Auszahlung des Arbeitslosengeldes II nachträglich erfolgen würde, sofern sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass ihm tatsächlich ein Leistungsanspruch gegen den Antragsgegner zusteht, wäre bezogen auf den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung sein Existenzminimum nicht gedeckt. Diese möglicherweise längere Zeit fortdauernde, erhebliche Beeinträchtigung kann aber nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden. Der elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht ("Gegenwärtigkeitsprinzip").
Indes hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Der Senat geht nicht davon aus, dass ihm im Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II zugesprochen werden.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten diejenigen Personen Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches, die das 15. Lebensjahr vollendet, nicht aber die Altersgrenze nach § 7 a erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Nach den vorliegenden Unterlagen und dem Vortrag der Beteiligten ist allein die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers fraglich Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören nach § 7 Abs. 3 SGB II neben dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (Nr. 1) als Partner eine Person, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (Nr. 3c). Dieser Wille wird gemäß Absatz 3a der Vorschrift vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben.
Gemessen daran hat der Senat keine Zweifel, dass der Antragsteller mit A L in einer Bedarfsgemeinschaft lebt. Dessen Behauptung, dass es sich bei A L nicht um seine Partnerin handele, hält er für widerlegt. Dagegen spricht zum einen bereits die räumliche Aufteilung der Wohnung. Es mag verständlich sein, dass zwischen Freunden für wenige Wochen auf eine klare räumliche Trennung verzichtet wird, insbesondere wenn die Beteiligten von einer vorübergehenden Wohnlösung für kurze Zeit ausgehen. Nicht aber ist dies mehr nachvollziehbar, wenn aus dem Provisorium ein mehr als einjähriges Zusammenleben geworden ist und die Personen es angeblich zur Verdeutlichung ihrer Wohnverhältnisse für erforderlich erachten, nachträglich einen Untermietvertrag abzuschließen, der die Vermietung eines eigenen Zimmers vorsieht. Sowohl nach dem anlässlich des Hausbesuchs entstandenen Eindruck als auch nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers besteht diese klare räumliche Abtrennung tatsächlich jedoch gerade nicht. Die Wohnung ist weiterhin in ein Schlaf- und ein Wohnzimmer aufgeteilt und die Garderobe beider wird im Schlafzimmer gelagert. Weder verfügt mithin der Antragsteller über einen eigenen Wohnraum noch A L über einen vom Antragsteller nicht ohne weiteres zu betretenden Bereich. Im Übrigen erscheint auch der mit 380,00 EUR vereinbarte Mietanteil des Antragstellers wenig überzeugend zur Stützung seines Vortrages. Die Mietkosten einschließlich Heiz- und Stromkosten betragen monatlich 562,00 EUR, sodass sich sein Anteil auf mehr als 67 % beliefe. Das ist angesichts der von ihm selbst behaupteten Raumverteilung sowie seiner angeblich häufigen Ortsabwesenheit nicht nachvollziehbar und insbesondere unter Berücksichtigung der geltend gemachten Vorläufigkeit der Regelung auch nicht mit zu erwartenden Renovierungskosten o. ä. zu erklären. Entscheidend gegen die Behauptung des Antragstellers spricht zur Überzeugung des Senats jedoch, dass dieser nach dem erfolgten Hausbesuch und der daraufhin veranlassten Anhörung durch den Antragsgegner unter dem 02. Juli 2008 erklärt hat, dass er und A L sich möglicherweise eine größere, evtl. auch teurere Drei-Zimmer-Wohnung suchen müssten, wenn ihm keine Leistungen gewährt würden, um auf diese Weise deutlicher zu machen, dass sie nicht in einer Wirtschaftsgemeinschaft lebten. Klarer hätte er kaum zum Ausdruck bringen können, dass es ihm darum geht, mit A L zusammenzuleben. Denn wäre dies für ihn nicht relevant, wäre es der einzig nachvollziehbare Weg, schnellstens bei ihr auszuziehen und sich eine eigene Wohnung zu suchen, zumal die Höhe seines Mietanteils dazu durchaus Spielraum ließe. Insgesamt entsteht hier - ohne dass es auf weitergehende Ausführungen zu den Kontoverhältnissen sowie den Umständen der Antragsumstellung ankommt - der Eindruck, dass das Zusammenleben in einer Bedarfsgemeinschaft lediglich angesichts der damit verbundenen Konsequenzen für die Einkommensanrechnung bestritten wird.
Ist aber davon auszugehen, dass der Antragsteller und A L in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ist nicht glaubhaft gemacht, dass er hilfebedürftig ist. Anlässlich der ursprünglichen Antragstellung im Frühjahr 2008 wurde mitgeteilt, dass A L seit März 2001 zu einem monatlich Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 2.791,00 EUR (netto 1.761,88 EUR) beschäftigt ist. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass sich daran etwas geändert haben könnte. Weiter ist davon auszugehen, dass dieser Betrag ausreicht, um A Ls Bedarf sowie den des Antragstellers zu decken. Es wird insoweit auf die Berechnungen des Antragsgegners in den angefochtenen Bescheiden verwiesen. Ein Anordnungsanspruch ist damit nicht glaubhaft gemacht.
Aus den vorgenannten Gründen hatte die Sache keine hinreichenden Erfolgsaussichten, sodass das Sozialgericht Berlin zu Recht auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO). Nichts anderes kann schließlich für das Beschwerdeverfahren gelten, sodass dahinstehen kann, ob in der Übersendung des Vordrucks über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers überhaupt ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen kann und soll.
Die Kostenentscheidung beruht im Hinblick auf die PKH-Beschwerde auf § 73 a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO, im Übrigen auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners, ihm ab dem 01. Oktober 2008 monatlich Leistungen zur Grundsicherung nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB II) in Höhe von 708,89 EUR zu gewähren.
Der 1966 geborene Antragsteller war selbständig tätig; zum 01. Januar 2008 wurde über sein Vermögen die Privatinsolvenz eröffnet. Seit dem 15. August 2007 ist er unter der sich aus dem Rubrum ergebenden Anschrift gemeldet. Er bewohnt dort zusammen mit A L eine von dieser angemietete 69,68 m² große, mit einer Gasetagenheizung ausgestattete Zwei-Zimmer-Wohnung. Die Bruttokaltmiete beläuft sich auf 394,00 EUR. Hinzu kommen monatliche Vorauszahlungen für die Versorgung mit Gas und Strom in Höhe von 118,00 EUR und 50,00 EUR.
Am 07. April 2008 beantragte der Antragsteller die Gewährung von Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Während er zunächst auf dem Formular in der Rubrik "Ich lebe zusammen mit:" die Variante "Partner in Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft" angekreuzt und die zu einem monatlichen Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 2.791,00 EUR beschäftigte A L benannt sowie sie an anderer Stelle als Person, mit der er in Bedarfsgemeinschaft lebe, angegeben hatte, wurde anlässlich eines Gesprächs beim Antragsgegner der Antrag durch Streichung der Partnerin geändert. Der Antragsteller gab nunmehr an, sich lediglich die Wohnung mit A L zu teilen, nicht aber mit ihr in einer Partnerschaft zu leben. Ergänzend legte er einen nach eigenem Bekunden um fast ein Jahr rückdatierten Untermietvertrag vor, nach dem A L ihm ab dem 01. Juli 2007 ein Zimmer in der Wohnung zu einem monatlichen Mietzins in Höhe von 380,00 EUR einschließlich aller Nebenkosten überlässt.
Mit Bescheid vom 06. Juni 2008 gewährte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 18. März bis zum 30. September 2008 monatliche Leistungen unter Ansatz des Regelsatzes für eine allein stehende Person sowie Kosten der Unterkunft in Höhe von 358,25 EUR.
Auf Veranlassung des Antragsgegners erfolgte am 09. Juni 2008 ein unangemeldeter Hausbesuch durch den Prüfdienst. Dieser stellte fest, dass die Wohnung in ein Wohn- sowie ein Schlafzimmer aufgeteilt und letzteres mit Doppelbett und zwei Kleiderschränken ausgestattet sei. In einem Kleiderschrank befänden sich Damen- und Herrenbekleidung; auch liege das Bettzeug des Antragstellers im Schlafzimmer. Im Übrigen sei weder im Bad noch in der Küche oder im Flur eine Trennung der jeweiligen Sachen ersichtlich. Der Antragsteller habe angegeben, überwiegend im gemeinsam genutzten Wohnzimmer auf dem Sofa und nur gelegentlich im Schlafzimmer zu schlafen.
Im Anhörungsverfahren erklärte der Antragsteller daraufhin, dass er normalerweise auf einer Matratze im Wohnzimmer schlafe, die lediglich am Abend des Hausbesuchs in das Schlafzimmer geräumt gewesen sei, weil sie Besuch erwartet hätten. Im Übrigen hätten sie eine klarere Aufteilung der Wohnung nicht für notwendig erachtet, da er im Herbst 2007 viel Zeit bei seiner Freundin und im Ausland verbracht habe. Sie seien seit vielen Jahren rein platonisch befreundet, beide in finanziellen Schwierigkeiten und hätten sich daher für diese Wohnform entschieden. Sollten die Kosten der Unterkunft gestrichen werden, sähen sie sich möglicherweise gezwungen, in eine größere, evt. auch teurere Drei-Zimmer-Wohnung zu ziehen, um eine Nichtwirtschaftgemeinschaft deutlicher zu machen.
Mit Bescheid vom 18. Juli 2008 versagte der Antragsgegner die Leistungen ab dem 01. August 2008 und lehnte eine weitere Leistungsgewährung ab diesem Tag mit Bescheid vom 01. September 2008 ab. Beide Bescheide nahm er auf den Widerspruch des Antragstellers unter dem 05. September 2008 zurück. Mit Bescheiden vom 11. und 18. September 2008 lehnte er sodann die Weitergewährung von Leistungen nach dem SGB II mangels Hilfebedürftigkeit ab. Gegen beide Bescheide legte der Antragsteller am 25. September 2008 Widerspruch ein und berief sich zur Begründung erneut darauf, mit A L nicht in einer Bedarfsgemeinschaft zu leben. Beide würden ihren Tagesablauf völlig unabhängig voneinander ohne die für eine Partnerschaft typische Rücksichtnahme gestalten. Sein Bettzeug habe sich zum Zeitpunkt des Hausbesuchs lediglich wegen der erwarteten Gäste im Schlafzimmer und dort gesondert auf einem Stuhl befunden. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 23. Oktober 2008). Am 30. Oktober 2008 erhob der Antragsteller hiergegen Klage.
Bereits am 01. Oktober 2008 hatte er beim Sozialgericht Berlin beantragt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 708,89 EUR monatlich ab Antragseingang bei Gericht, hilfsweise ab dem Tag der Entscheidung zu bewilligen sowie ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines Verfahrensbevollmächtigten zu gewähren. Zur Begründung wiederholte er im Wesentlichen seinen bisherigen Vortrag. Darüber hinaus erklärte er, dass es zur Benennung von A L als Person, mit der er in einer Bedarfsgemeinschaft lebe, nur gekommen sei, weil sie gemeint hätten, dazu reichten das gemeinsame Leben in einer Wohnung aus. Nachdem ihm im Rahmen der Beratung beim Antragsgegner der Unterschied zwischen Haushalts- und Bedarfsgemeinschaft erläutert worden sei, sei der Antrag geändert worden. A L sei nicht seine Partnerin, sodass die Vermutensregelung des § 7 Abs. 3a SGB II nicht eingreife. Ein wechselseitiger Wille, für einander Verantwortung zu tragen und füreinander einzustehen, bestehe nicht. Er bilde daher allein eine Bedarfsgemeinschaft, sodass ihm Leistungen in Höhe des Regelsatzes von 351,00 EUR zzgl. Kosten der Unterkunft in Höhe von 357,89 EUR (380,00 EUR Mietanteil abzgl. 22,11 EUR Energiekostenpauschale) zu gewähren seien.
Das Sozialgericht Berlin hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2008 den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung sowie die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen auf die Bescheide vom 11. und 18. September 2008 Bezug genommen.
Gegen diesen ihm am 21. Oktober 2008 zugestellten Beschluss richten sich die am 30. Oktober 2008 eingelegten Beschwerden des Antragstellers, mit denen er sein Begehren weiterverfolgt. Zur Begründung trägt der Antragsteller, der unter dem 10. November 2008 eine Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zu den Akten gereicht hat, ergänzend vor, dass er zu keinem Zeitpunkt über A L Konto hätte verfügen können, auch wenn die ihm gewährten Leistungen auf ihr Konto geflossen seien.
Der Antragsgegner meint hingegen weiterhin, dass eine eheähnliche Gemeinschaft bestehe. Entgegenstehende Erklärungen der Partner hätten gegenüber den nach außen erkennbaren Indizien in der Regel keine durchgreifende Bedeutung.
II.
Die Beschwerden des Antragstellers sind gemäß §§ 172 Abs. 1 und 173 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig, jedoch in der Sache nicht begründet. Das Sozialgericht Berlin beurteilt die Sach- und Rechtslage in seinem angefochtenen Beschluss vom 15. Oktober 2008 hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs und der begehrten Prozesskostenhilfe zutreffend.
Soweit das Sozialgericht Berlin den Erlass der begehrten einstweiligen Anordnung abgelehnt hat, ist dies nicht zu beanstanden. Nach § 86b Abs. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies setzt voraus, dass nach materiellem Recht ein Anspruch auf die begehrte Leistung besteht (Anordnungsanspruch) und die Regelungsanordnung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig ist (Anordnungsgrund). Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind jeweils glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung). Dies ist dem Antragsteller nicht gelungen.
Der Antragsteller, der Leistungen zur Sicherung des Existenzminimums begehrt, hat zwar ein Bedürfnis an einer Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren glaubhaft gemacht. Denn auch wenn die begehrte Auszahlung des Arbeitslosengeldes II nachträglich erfolgen würde, sofern sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass ihm tatsächlich ein Leistungsanspruch gegen den Antragsgegner zusteht, wäre bezogen auf den Zeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung sein Existenzminimum nicht gedeckt. Diese möglicherweise längere Zeit fortdauernde, erhebliche Beeinträchtigung kann aber nachträglich nicht mehr ausgeglichen werden. Der elementare Lebensbedarf eines Menschen kann grundsätzlich nur in dem Augenblick befriedigt werden, in dem er entsteht ("Gegenwärtigkeitsprinzip").
Indes hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Der Senat geht nicht davon aus, dass ihm im Hauptsacheverfahren mit überwiegender Wahrscheinlichkeit Leistungen zur Grundsicherung nach dem SGB II zugesprochen werden.
Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten diejenigen Personen Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches, die das 15. Lebensjahr vollendet, nicht aber die Altersgrenze nach § 7 a erreicht haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Hilfebedürftige). Nach den vorliegenden Unterlagen und dem Vortrag der Beteiligten ist allein die Hilfebedürftigkeit des Antragstellers fraglich Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit oder aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält. Gemäß § 9 Abs. 2 Satz 1 SGB II ist bei Personen, die in einer Bedarfsgemeinschaft leben, auch das Einkommen und Vermögen des Partners zu berücksichtigen. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören nach § 7 Abs. 3 SGB II neben dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (Nr. 1) als Partner eine Person, die mit ihm in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen (Nr. 3c). Dieser Wille wird gemäß Absatz 3a der Vorschrift vermutet, wenn Partner länger als ein Jahr zusammenleben.
Gemessen daran hat der Senat keine Zweifel, dass der Antragsteller mit A L in einer Bedarfsgemeinschaft lebt. Dessen Behauptung, dass es sich bei A L nicht um seine Partnerin handele, hält er für widerlegt. Dagegen spricht zum einen bereits die räumliche Aufteilung der Wohnung. Es mag verständlich sein, dass zwischen Freunden für wenige Wochen auf eine klare räumliche Trennung verzichtet wird, insbesondere wenn die Beteiligten von einer vorübergehenden Wohnlösung für kurze Zeit ausgehen. Nicht aber ist dies mehr nachvollziehbar, wenn aus dem Provisorium ein mehr als einjähriges Zusammenleben geworden ist und die Personen es angeblich zur Verdeutlichung ihrer Wohnverhältnisse für erforderlich erachten, nachträglich einen Untermietvertrag abzuschließen, der die Vermietung eines eigenen Zimmers vorsieht. Sowohl nach dem anlässlich des Hausbesuchs entstandenen Eindruck als auch nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers besteht diese klare räumliche Abtrennung tatsächlich jedoch gerade nicht. Die Wohnung ist weiterhin in ein Schlaf- und ein Wohnzimmer aufgeteilt und die Garderobe beider wird im Schlafzimmer gelagert. Weder verfügt mithin der Antragsteller über einen eigenen Wohnraum noch A L über einen vom Antragsteller nicht ohne weiteres zu betretenden Bereich. Im Übrigen erscheint auch der mit 380,00 EUR vereinbarte Mietanteil des Antragstellers wenig überzeugend zur Stützung seines Vortrages. Die Mietkosten einschließlich Heiz- und Stromkosten betragen monatlich 562,00 EUR, sodass sich sein Anteil auf mehr als 67 % beliefe. Das ist angesichts der von ihm selbst behaupteten Raumverteilung sowie seiner angeblich häufigen Ortsabwesenheit nicht nachvollziehbar und insbesondere unter Berücksichtigung der geltend gemachten Vorläufigkeit der Regelung auch nicht mit zu erwartenden Renovierungskosten o. ä. zu erklären. Entscheidend gegen die Behauptung des Antragstellers spricht zur Überzeugung des Senats jedoch, dass dieser nach dem erfolgten Hausbesuch und der daraufhin veranlassten Anhörung durch den Antragsgegner unter dem 02. Juli 2008 erklärt hat, dass er und A L sich möglicherweise eine größere, evtl. auch teurere Drei-Zimmer-Wohnung suchen müssten, wenn ihm keine Leistungen gewährt würden, um auf diese Weise deutlicher zu machen, dass sie nicht in einer Wirtschaftsgemeinschaft lebten. Klarer hätte er kaum zum Ausdruck bringen können, dass es ihm darum geht, mit A L zusammenzuleben. Denn wäre dies für ihn nicht relevant, wäre es der einzig nachvollziehbare Weg, schnellstens bei ihr auszuziehen und sich eine eigene Wohnung zu suchen, zumal die Höhe seines Mietanteils dazu durchaus Spielraum ließe. Insgesamt entsteht hier - ohne dass es auf weitergehende Ausführungen zu den Kontoverhältnissen sowie den Umständen der Antragsumstellung ankommt - der Eindruck, dass das Zusammenleben in einer Bedarfsgemeinschaft lediglich angesichts der damit verbundenen Konsequenzen für die Einkommensanrechnung bestritten wird.
Ist aber davon auszugehen, dass der Antragsteller und A L in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ist nicht glaubhaft gemacht, dass er hilfebedürftig ist. Anlässlich der ursprünglichen Antragstellung im Frühjahr 2008 wurde mitgeteilt, dass A L seit März 2001 zu einem monatlich Bruttoarbeitsentgelt in Höhe von 2.791,00 EUR (netto 1.761,88 EUR) beschäftigt ist. Es liegen keinerlei Anhaltspunkte dafür vor, dass sich daran etwas geändert haben könnte. Weiter ist davon auszugehen, dass dieser Betrag ausreicht, um A Ls Bedarf sowie den des Antragstellers zu decken. Es wird insoweit auf die Berechnungen des Antragsgegners in den angefochtenen Bescheiden verwiesen. Ein Anordnungsanspruch ist damit nicht glaubhaft gemacht.
Aus den vorgenannten Gründen hatte die Sache keine hinreichenden Erfolgsaussichten, sodass das Sozialgericht Berlin zu Recht auch die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt hat (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114 ff. ZPO). Nichts anderes kann schließlich für das Beschwerdeverfahren gelten, sodass dahinstehen kann, ob in der Übersendung des Vordrucks über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers überhaupt ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen kann und soll.
Die Kostenentscheidung beruht im Hinblick auf die PKH-Beschwerde auf § 73 a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO, im Übrigen auf einer analogen Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
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