L 1 KR 255/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 28 KR 106/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 255/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Übernahme der Kosten einer Begleitperson bei einer stationären Anschlussheilbehandlung.

Er ist 1937 geboren und war vom 1. November 2004 bis 30. April 2006 bei der Beklagten versichert. Er musste sich am 30. August 2005 stationär einer Operation der rechten Schulter unterziehen. Er war zu dieser Zeit bereits pflegebedürftig (Pflegestufe II) aufgrund eines Kleinhirnschadens mit hochgradiger Gang- und Standunsicherheit und Gebrauchsunfähigkeit des rechten Armes. Am 8. September 2005 beantragte er eine stationäre Anschlussheilbehandlung sowie die Übernahme der Kosten einer Begleitperson. Das Krankenhaus M bescheinigte, dass der Kläger auf Hilfestellung in der Anschlussheilbehandlungsklinik angewiesen sei und hierfür eine Begleitperson brauche. Der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenkassen Berlin-Brandenburg e. V. (MDK) hielt in der Stellungnahme vom 13. September 2005 eine Begleitperson für die Anschlussheilbehandung nicht für medizinisch notwendig. Ein indikationsgerechtes Behandlungsspektrum und hinreichende Versorgung sei in der kassenseits empfohlenen Einrichtung möglich. Die J Reha-Kliniken AG teilte der Beklagten auf deren Frage, ob die orthopädische und neurologische Behandlung ohne Begleitperson ausreichend sichergestellt sei, mit Faxschreiben vom 15. September 2005 mit, eine Versorgung orthopädischer- wie auch neurologischerseits sei durch den Pflegedienst des Hauses sichergestellt.

Mit Bescheid vom 13. September 2005 bewilligte die Beklagte dem Kläger eine stationäre Anschlussheilbehandlung in der J Reha-Kliniken AG in B für 21 Tage. Eine Begleitperson sei nach Stellungnahme des Medizinischen Dienstes aber nicht erforderlich. Der Kläger reichte daraufhin ein Attest des Chefarztes der Abteilung für Orthopädie und Sportorthopädie des Krankenhauses M Dr. S ein, aus dem sich die Notwendigkeit einer Begleitperson ergebe. Die Anschlussbehandlung fand vom 22. September 2005 bis 20. Oktober 2005 statt. Der Kläger nahm sie mit einer Begleitperson war. Die Beklagte wies den Widerspruch - der vom Kläger als solcher ausdrücklich mit Schreiben vom 20. September 2005 aufrechterhalten blieb - mit Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2005 zurück. Sie stützte sich dabei auf die Stellungnahme des MDK und der Auskunft der J Reha-Klink.

Hiergegen hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Berlin erhoben (SG). Eine Begleitperson sei aufgrund seines Kleinhirnschadens und der hochgradigen Gang- und Standsicherheit sowie der damaligen Gebrauchsunfähigkeit des rechten Armes zwingend notwendig gewesen. Vom Betreuungsumfang der Reha-Einrichtung seien gesundheitsfördernde Spaziergänge und Ausflüge nicht umfasst. Andere Krankenkassen hätten in der Vergangenheit die Notwendigkeit einer Begleitperson akzeptiert.

Das SG hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 27. Februar 2007 abgewiesen. Die einzig mögliche Rechtsgrundlage der begehrten Erstattung der Kosten der Begleitperson in Höhe von 1.204,- EUR sei § 15 Abs. 1 Satz 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX). Danach seien die Kosten von dem Rehabilitationsträger unter anderem dann zu erstatten, wenn er eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe. Die Beklagte habe jedoch die Kostenübernahme für eine Begleitperson nicht zu Unrecht abgelehnt. Anspruchsgrundlage sei § 40 i.V.m. § 11 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V). Durch letztgenannte Vorschrift werde klargestellt, dass unter den Leistungsanspruch nach § 40 SGB V (Leistungen der medizinischen Rehabilitation) als Nebenleistung bei stationärer Behandlung auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson falle. Notwendig sei dies, wenn anderenfalls der Erfolg der Maßnahme gefährdet wäre. Diese Voraussetzung sei hier nicht erfüllt. Die Anschlussheilbehandlung wäre auch ohne eine Begleitperson durchzuführen gewesen. Dies ergebe sich aus der Auskunft der J Reha-Klinik vom 15. September 2005. Auch die Stellungnahme des MDK erweise sich vor diesem Hintergrund als nachvollziehbar. Aus der anerkannten Schwerbehinderung unter Zuerkennung der Merkzeichen "aG" und "H" ergebe sich nichts anderes. Das diesbezügliche Attest sei schon durch die Rehabilitationseinrichtung gewürdigt worden. Der Vortrag des Klägers, die durch die Klinik gewährleistete Versorgung umfasse keine gesundheitsfördernde Spaziergänge und Ausflüge, sei abschließend auch nicht geeignet einen Leistungsanspruch zu begründen. Dieser sei nämlich auf das medizinische Notwendige, also unabdingbare beschränkt.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Das SG habe § 11 SGB V verkannt. Medizinisch notwendig sei eine Begleitperson nicht nur dann, wenn anderenfalls der bezweckte Heilerfolg nicht erreicht werden könne, sondern auch schon dann, wenn der Versicherte wegen der Krankheiten oder Behinderungen ohne Begleitpersonen gefährdet sei. Es stehe im Ermessen der Krankenkassen, zu entscheiden, ob die notwendige Begleitung durch Pflegepersonen sichergestellt werden könne und nicht durch Dritte. Ermessen habe die Beklagte nicht ausgeübt. Auch sei die Auskunft der J Reha-Klinik falsch gewesen. Es habe Differenzen zwischen dem Kläger und dem Klinikpersonal gegeben. Der Chefarzt habe sich bei ihm für die personelle Unterbesetzung der Klinik entschuldigt. Die Anschlussheilbehandlung sei unzureichend gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 27. Februar 2007 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 13. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2005 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm 1.204,- Euro zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend. Soweit der Kläger Hilfe benötigt habe, sei diese durch das Pflegepersonal der Rehabilitationseinrichtung erbracht worden.

Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten hat vorgelegen und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.Das SG hat die Klage mit zutreffender Begründung, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen verwiesen werden kann, zu Recht abgelehnt (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG). Das Vorbringen des Klägers in zweiter Instanz gibt zu einer anderen rechtlichen Bewertung keinen Anlass. § 11 Abs. 3 SGB V sieht vor, dass bei stationärer Behandlung die Leistungen auch die aus medizinischen Gründen notwendige Mitaufnahme einer Begleitperson des Versicherten umfassen. Diese Regelung gilt für alle Formen der stationären Behandlung, also auch für eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme nach § 40 Abs. 2 SGB V. Die Mitaufnahme muss aus medizinischen Gründen notwendig sein (vgl. bereits Bundessozialgericht, U. vom 26.03.1980, BSGE 50, 72 f noch zu § 184 Reichsversicherungsordnung). Der Genesungsprozess muss sich also erheblich verzögern bzw. ganz gefährdet sein Davon kann hier nicht ausgegangen werden. Die Pflege im Reha-Krankenhaus ist gewährleistet gewesen, ohne dass es auf dessen generelle Ausrichtung auf Patienten mit neurologischen Erkrankungen ankäme. Dem Kläger selbst ist es auf die Begleitung bei Spaziergängen und ähnliche, der Genesung förderlichen Aktivitäten angekommen, die sich zwar auf die Genesung selbst positiv auswirken, ohne die jedoch die Heilung weder gefährdet noch erheblich verzögert wird.

Die Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 SGG entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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