Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 RJ 242/00
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 19 R 207/03
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.02.2003 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) nach § 43 Abs. 1 und 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung.
Der 1964 geborene Kläger hat nach seinen Angaben den Beruf eines Maurers erlernt (Prüfung 1983) und in diesem Beruf bis 1988 gearbeitet. Von 1989 bis 1992 war er als Mühlenarbeiter und Vertreter/Kundenberater beschäftigt und daran anschließend bis Juli 1998 als Montagearbeiter. Seit Juli 1998 bestand Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit. Derzeit arbeitet er in geringfügigem Umfang als Hausmeister und Sortierer (bei verschiedenen Arbeitgebern).
Am 20.09.1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit.
Vorher hatte sich der Kläger vom 23.06. bis 04.08.1999 einer stationären Reha-Maßnahme in der Psychosomatischen Klinik Bad N. unterzogen. Die Entlassung aus der Maßnahme erfolgte als vollschichtig einsatzfähig für mittelschwere Arbeiten; für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Monteur sollte eine stufenweise Wiedereingliederung erfolgen. Die Beklagte zog weitere ärztliche Unterlagen über den Kläger bei: Bericht des C.-Krankenhauses Bad M. vom 03.02.1999, Gutachten des Dr.P. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern vom 19.03.1999 und ein Reha-Gutachten des Nervenarztes Dr.K. vom 18.05.1999.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 12.10.1999 ab, weil weder BU noch EU vorliege; der Kläger könne vielmehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Vollschicht arbeiten.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 28.02.2000 zurück. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei aufgrund eines Schmerzsyndroms nach Bandscheibenvorfall zur Zeit eingeschränkt. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (als Monteur) sei im Moment nicht möglich; leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den der Kläger verwiesen werden könne, seien aber noch grundsätzlich vollschichtig zumutbar.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 31.03.2000 Klage beim Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben. Er hat im Wesentlichen ausgeführt, dass er wegen orthopädischer und internistischer Beschwerden einer vollschichtigen Tätigkeit nicht mehr nachgehen könne. Er genieße zudem Berufsschutz im erlernten Beruf als Maurer, da er diesen Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben habe.
Das SG hat Befundberichte des Orthopäden Dr.P., des Nervenarztes Dr.R. und des Allgemeinarztes Dr.G. zum Verfahren beigenommen, des Weiteren eine Auskunft vom letzten Arbeitgeber des Klägers (Fa. I. GmbH in R.).
Auf Veranlassung des SG hat der Internist und Arbeitsmediziner Dr.S. das Gutachten vom 15.04.2002 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat als Diagnosen genannt:
1. mäßiggradige bis mittelschwere Funktionseinschränkung der LWS ohne Mus-
kelreizerscheinungen mit deutlichen Nervenreizerscheinungen und Sensibilitäts-
störungen am rechten Bein sowie Muskelschwäche des rechten Oberschenkels
mit Schwäche der Beuger,
2. somatoforme Schmerzstörung mit Manifestation im Bereich der unteren Wirbel-
säule,
3. diskrete Gastritis, mäßiggradige Fettleber,
4. rezidivierende Schwindelerscheinungen unklarer Genese.
Der Kläger könne noch in Vollschicht arbeiten, möglichst im Wechsel von Sitzen und Stehen, mit nur geringer Gehbelastung, ohne häufiges Heben oder Tragen oder Bewegen von Lasten über 6 kg. Der Sachverständige hielt den Kläger für geeignet als Berater in einem Baumarkt und - mit Einschränkungen - als Registrator. Eine Tätigkeit als Registrator im Öffentlichen Dienst, z.B. auch mit einem Arthrothesenstuhl, sei dem Kläger wegen der Arbeitsplatzgestaltung häufig nicht zumutbar; bei einem kleineren Teil der Arbeitsplätze in der Registratur bestünden aus arbeitsmedizinischer Sicht jedoch auch günstige Arbeitsverhältnisse, bei denen eine entsprechende Berufsausübung als zumutbar erscheine.
Mit Urteil vom 10.02.2003 hat das SG die Klage - gerichtet auf Gewährung von Rente wegen BU - abgewiesen. Der Kläger sei als Maurer-Facharbeiter zu beurteilen und habe sich nach Auffassung des Gerichts aus gesundheitlichen Gründen von diesem Beruf gelöst. Unter Berücksichtigung seiner Vorbildung (Facharbeiter)
sei der Kläger jedoch in der Lage, eine Tätigkeit als Registrator zumutbar auszuüben, bei seinen Vorkenntnissen nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten. Dazu komme, dass der Kläger von 1989 bis 1992 auch als Vertreter tätig gewesen sei und als solcher Schreibtätigkeiten und kaufmännische Arbeiten, Gespräche und Verhandlungen mit Kunden verrichtet bzw. geführt habe. Auch wenn aus arbeitsmedizinischer Sicht nicht alle Arbeitsplätze im Bereich der Registratur für den Kläger geeignet seien, existiere doch eine genügende Anzahl von Arbeitsplätzen, die den Anforderungen des Klägers entsprechen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 11.04.2003 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Dieser verlangt weiterhin die Gewährung von Rente wegen BU ab Antragstellung (20.09.1999). Er könne seinen Maurerberuf nicht mehr ausüben, die Tätigkeit eines Registrators stelle keine zumutbare Verweisungstätigkeit dar.
Das Gericht hat einen Befundbericht des Allgemeinarztes Dr.G. und des Orthopäden Dr.F. zum Verfahren beigenommen (mit weiteren ärztlichen Unterlagen: Bericht des Kreiskrankenhauses C. vom 24.01.2003 und des Orthopäden Dr.P. vom 29.07.2003).
Auf Veranlassung des Senats hat der Orthopäde Dr.B. das Gutachten vom 27.07.2007 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat eine z.T. nachvollziehbare Schmerzsymptomatik der LWS mit Ausstrahlungen in das rechte Bein sowie nur z.T. nachvollziehbare neurologisch-sensomotorische Ausfallssymptomatik im Bereich des rechten Beines mit hinkendem Gangbild, degenerativ umformenden Veränderungen der LWS einschließlich eines Bandscheibenvorfalles L5/S1 diagnostiziert; daneben eine leichte aktive Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes mit Schmerzsymptomatik ohne wesentliches radiologisches oder ultrasonographisches Korrelat.
Der Kläger könne in Vollschicht leichte und kurzzeitig mittelschwere körperliche Arbeiten im Sitzen und in wechselnder Stellung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen verrichten. Er könne beispielsweise als Berater in einem Baumarkt oder als Pförtner arbeiten.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Sozialmedizin Dr.F. hat das weitere Gutachten vom 18.10.2007 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat als Diagnosen seines Fachgebiets (neben den orthopädischen) genannt: Dissoziative Störung, gemischt,
anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
Der Kläger könne noch leichte Arbeiten ohne zeitliche Einschränkungen verrichten, vorwiegend im Sitzen, zeitweilig im Stehen, im Wechsel von beiden, mit zeitweiligem Umhergehen; ohne Steigen auf Leitern und Gerüsten, ohne besondere Anforderungen an den Gleichgewichtssinn. Der Kläger könne als Berater bzw. Verkäufer in einem Baumarkt arbeiten; in Frage kämen auch sämtliche Anlerntätigkeiten im Verwaltungsbereich.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 12.02.2008 Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Aussicht gestellt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.02.2003 sowie den Bescheid
der Beklagten vom 12.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2000 aufzuheben und ihm Berufsunfähigkeitsrente ab 01.09.1999 (Antragstellung) zu gewähren.
Hilfsweise beantragt er die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens zur Klärung der Frage, welche zumutbaren Verweisungstätigkeiten für ihn noch in Betracht kommen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten des SG Würzburg sowie die Akte des AVF W. und die Unfallakte der Bau BG vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich als nicht begründet.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger nicht berufsunfähig i.S. des
§ 43 Abs.2 SGB VI (aF) ist. Es hat als bisherigen Beruf den des Maurers angesehen, den der Kläger nach Auffassung des SG aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat. Das SG hat jedoch die dem Kläger zumutbare Verweisungstätigkeit des Registrators gesehen und benannt und hat dazu auch Ausführungen zur Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit und zur Dauer der Einarbeitungszeit gemacht.
Nach den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr.B. und des Dr.F. ist der Kläger noch in der Lage, leichte bis zeitweilig mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Stellung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen oder überwiegend im Sitzen zu verrichten, insgesamt in Vollschicht. Dr.F. hat die Notwendigkeit zusätzlicher Arbeitspausen ausdrücklich verneint. Dr.B. hat demgegenüber zwar ebenfalls betriebsübliche Arbeitspausen für ausreichend gehalten, andererseits aber - insofern widersprüchlich - zusätzliche Pausen von 10 Minuten alle eineinhalb bis zwei Stunden empfohlen.
Nach der Überzeugung des Senats sind dem Kläger leichte und zeitweise mittelschwere Berufstätigkeiten in Vollschicht zuzumuten, und zwar unter betriebsüblichen Bedingungen. Die von Dr.B. vorgeschlagene Pausenregelung (von 10 Minuten alle eineinhalb bis zwei Stunden) sieht der Senat nicht als zwingend geboten an, da der Sachverständige hierzu lediglich eine Empfehlung ausgesprochen hat, die nicht aus den erhobenen Befunden begründet wurde, und da auch sonst keiner der angehörten Sachverständigen eine derartige Notwendigkeit erkannt hat.
Bei diesem Leistungsbild ist der Kläger nicht berufsunfähig i.S. der vorgenannten Vorschrift, denn ihm steht auch nach der Überzeugung des Senats zumindest die vom SG genannte Verweisungstätigkeit des Registrators (im Öffentlichen Dienst oder in größeren Betrieben) zur Verfügung. Registratoren sind, im Öffentlichen Dienst wie in der Privatwirtschaft, verantwortlich für das Registrieren und Archivieren von Akten und anfallendem Schriftverkehr, Vergeben von Aktenzeichen und fortlaufenden Aktennummern sowie für das Anlegen von Neuakten und Aussondern von Altakten. Terminüberwachung und allgemeine Verwaltungsarbeiten im Bereich der Aktenhaltung und Registratur gehören ebenfalls zu ihrem Zuständigkeitsbereich.
Der Kläger verfügt nach Auffassung des Senats über die körperlichen und geistigen Fähigkeiten für eine derartige Berufstätigkeit, auch wenn der Sachverständige Dr.S. nicht allgemein gültige Vorbehalte hinsichtlich der Arbeitsplatzgestaltung gemacht hat. Die Arbeiten eines Registrators können in wechselnder Körperhaltung verrichtet werden und erfordern keine schweren körperlichen Anstrengungen. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit des Klägers bewegt sich zumindest im Normbereich. Bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr.F. waren Aufmerksamkeit, Auffassungsvermögen und Konzentration normal ausgeprägt, es fanden sich auch keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Ausdauer.
Tätigkeiten als Registrator werden im Öffentlichen Dienst nach Vergütungsgruppe VIII BAT (a.F.) und im privaten Versicherungsgewerbe beispielsweise nach Gehaltsgruppe II des Manteltarifvertrags für die private Versicherungswirtschaft entlohnt (vgl. dazu Urteil des BayLSG vom 19.12.2007, Az: L 19 R 904/05). Tätigkeiten eines Registrators stellen in dieser Hinsicht auch eine für einen Facharbeiter zumutbare Verweisungstätigkeit dar.
Der Senat hat auch keine Bedenken, dass der Kläger sich die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten für solche Tätigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitungs- und Einweisungszeit aneignen kann. Der Kläger war in seinem Berufsleben nicht ausschließlich als Maurer tätig; er hat vielmehr bereits von 1989 an in verschiedenen anderen Berufen gearbeitet, z.B. auch als Mühlenarbeiter, Vertreter und Kundenberater und Monteur. Er konnte sich dabei kaufmännische Grundkenntnisse aneignen, die er bei Kundenbesuchen, bei der Annahme von Aufträgen und deren Weiterleitung oder bei der Entgegennahme von Reklamationen verwerten konnte. Dementsprechend hat der ärztliche Sachverständige Dr.F. den Kläger auch für fähig erachtet, beispielsweise als Berater oder Verkäufer in einem Baumarkt zu arbeiten oder sämtliche Anlerntätigkeiten im Verwaltungsbereich auszuführen.
Der Kläger ist demnach mit seiner gegebenen körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit sozial zumutbar auf den Beruf eines Registrators zu verweisen.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger auch die Berufstätigkeiten eines Telefonisten zumutbar verrichten könnte. Nach Auffassung des Senats erscheint er auch für diese Tätigkeit durchaus geeignet; die Arbeit eines Telefonisten kann überwiegend im Sitzen verrichtet werden und erfordert keine schweren körperlichen Anstrengungen und ist - bei durchschnittlicher intellektueller Leistungsfähigkeit - auch innerhalb von drei Monaten erlernbar. Hinsichtlich der sozialen Wertigkeit des Telefonistenberufs wird auf das Urteil des Senats vom 26.09.2007, Az: L 19 R 624/06 und des Hessischen LSG vom 26.05.2000, Az: L 13 RJ 411/98 verwiesen.
Demnach ist der Kläger nicht berufsunfähig i.S. des § 43 Abs.2 SGB VI a.F ...
Dem vom Kläger hilfsweise gestellten Antrag, ein gesondertes berufskundliches Gutachten einzuholen, war nicht stattzugeben. Dem Gericht sind die Anforderungsprofile der genannten Verweisungstätigkeiten aus zahlreichen Stellungnahmen der Arbeitsverwaltung wie auch aus der teilweise zitierten Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit bekannt.
Die Berufung des Klägers war demnach zurückzuweisen mit der Folge, dass die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten haben.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU) nach § 43 Abs. 1 und 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der bis zum 31.12.2000 geltenden Fassung.
Der 1964 geborene Kläger hat nach seinen Angaben den Beruf eines Maurers erlernt (Prüfung 1983) und in diesem Beruf bis 1988 gearbeitet. Von 1989 bis 1992 war er als Mühlenarbeiter und Vertreter/Kundenberater beschäftigt und daran anschließend bis Juli 1998 als Montagearbeiter. Seit Juli 1998 bestand Arbeitsunfähigkeit und Arbeitslosigkeit. Derzeit arbeitet er in geringfügigem Umfang als Hausmeister und Sortierer (bei verschiedenen Arbeitgebern).
Am 20.09.1999 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Berufs- bzw. Erwerbsunfähigkeit.
Vorher hatte sich der Kläger vom 23.06. bis 04.08.1999 einer stationären Reha-Maßnahme in der Psychosomatischen Klinik Bad N. unterzogen. Die Entlassung aus der Maßnahme erfolgte als vollschichtig einsatzfähig für mittelschwere Arbeiten; für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Monteur sollte eine stufenweise Wiedereingliederung erfolgen. Die Beklagte zog weitere ärztliche Unterlagen über den Kläger bei: Bericht des C.-Krankenhauses Bad M. vom 03.02.1999, Gutachten des Dr.P. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung in Bayern vom 19.03.1999 und ein Reha-Gutachten des Nervenarztes Dr.K. vom 18.05.1999.
Die Beklagte lehnte den Rentenantrag mit Bescheid vom 12.10.1999 ab, weil weder BU noch EU vorliege; der Kläger könne vielmehr auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Vollschicht arbeiten.
Den dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Bescheid vom 28.02.2000 zurück. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei aufgrund eines Schmerzsyndroms nach Bandscheibenvorfall zur Zeit eingeschränkt. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit (als Monteur) sei im Moment nicht möglich; leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes, auf den der Kläger verwiesen werden könne, seien aber noch grundsätzlich vollschichtig zumutbar.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger am 31.03.2000 Klage beim Sozialgericht (SG) Würzburg erhoben. Er hat im Wesentlichen ausgeführt, dass er wegen orthopädischer und internistischer Beschwerden einer vollschichtigen Tätigkeit nicht mehr nachgehen könne. Er genieße zudem Berufsschutz im erlernten Beruf als Maurer, da er diesen Beruf aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben habe.
Das SG hat Befundberichte des Orthopäden Dr.P., des Nervenarztes Dr.R. und des Allgemeinarztes Dr.G. zum Verfahren beigenommen, des Weiteren eine Auskunft vom letzten Arbeitgeber des Klägers (Fa. I. GmbH in R.).
Auf Veranlassung des SG hat der Internist und Arbeitsmediziner Dr.S. das Gutachten vom 15.04.2002 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat als Diagnosen genannt:
1. mäßiggradige bis mittelschwere Funktionseinschränkung der LWS ohne Mus-
kelreizerscheinungen mit deutlichen Nervenreizerscheinungen und Sensibilitäts-
störungen am rechten Bein sowie Muskelschwäche des rechten Oberschenkels
mit Schwäche der Beuger,
2. somatoforme Schmerzstörung mit Manifestation im Bereich der unteren Wirbel-
säule,
3. diskrete Gastritis, mäßiggradige Fettleber,
4. rezidivierende Schwindelerscheinungen unklarer Genese.
Der Kläger könne noch in Vollschicht arbeiten, möglichst im Wechsel von Sitzen und Stehen, mit nur geringer Gehbelastung, ohne häufiges Heben oder Tragen oder Bewegen von Lasten über 6 kg. Der Sachverständige hielt den Kläger für geeignet als Berater in einem Baumarkt und - mit Einschränkungen - als Registrator. Eine Tätigkeit als Registrator im Öffentlichen Dienst, z.B. auch mit einem Arthrothesenstuhl, sei dem Kläger wegen der Arbeitsplatzgestaltung häufig nicht zumutbar; bei einem kleineren Teil der Arbeitsplätze in der Registratur bestünden aus arbeitsmedizinischer Sicht jedoch auch günstige Arbeitsverhältnisse, bei denen eine entsprechende Berufsausübung als zumutbar erscheine.
Mit Urteil vom 10.02.2003 hat das SG die Klage - gerichtet auf Gewährung von Rente wegen BU - abgewiesen. Der Kläger sei als Maurer-Facharbeiter zu beurteilen und habe sich nach Auffassung des Gerichts aus gesundheitlichen Gründen von diesem Beruf gelöst. Unter Berücksichtigung seiner Vorbildung (Facharbeiter)
sei der Kläger jedoch in der Lage, eine Tätigkeit als Registrator zumutbar auszuüben, bei seinen Vorkenntnissen nach einer Einarbeitungszeit von maximal drei Monaten. Dazu komme, dass der Kläger von 1989 bis 1992 auch als Vertreter tätig gewesen sei und als solcher Schreibtätigkeiten und kaufmännische Arbeiten, Gespräche und Verhandlungen mit Kunden verrichtet bzw. geführt habe. Auch wenn aus arbeitsmedizinischer Sicht nicht alle Arbeitsplätze im Bereich der Registratur für den Kläger geeignet seien, existiere doch eine genügende Anzahl von Arbeitsplätzen, die den Anforderungen des Klägers entsprechen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die am 11.04.2003 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers. Dieser verlangt weiterhin die Gewährung von Rente wegen BU ab Antragstellung (20.09.1999). Er könne seinen Maurerberuf nicht mehr ausüben, die Tätigkeit eines Registrators stelle keine zumutbare Verweisungstätigkeit dar.
Das Gericht hat einen Befundbericht des Allgemeinarztes Dr.G. und des Orthopäden Dr.F. zum Verfahren beigenommen (mit weiteren ärztlichen Unterlagen: Bericht des Kreiskrankenhauses C. vom 24.01.2003 und des Orthopäden Dr.P. vom 29.07.2003).
Auf Veranlassung des Senats hat der Orthopäde Dr.B. das Gutachten vom 27.07.2007 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat eine z.T. nachvollziehbare Schmerzsymptomatik der LWS mit Ausstrahlungen in das rechte Bein sowie nur z.T. nachvollziehbare neurologisch-sensomotorische Ausfallssymptomatik im Bereich des rechten Beines mit hinkendem Gangbild, degenerativ umformenden Veränderungen der LWS einschließlich eines Bandscheibenvorfalles L5/S1 diagnostiziert; daneben eine leichte aktive Bewegungseinschränkung des linken Schultergelenkes mit Schmerzsymptomatik ohne wesentliches radiologisches oder ultrasonographisches Korrelat.
Der Kläger könne in Vollschicht leichte und kurzzeitig mittelschwere körperliche Arbeiten im Sitzen und in wechselnder Stellung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen verrichten. Er könne beispielsweise als Berater in einem Baumarkt oder als Pförtner arbeiten.
Der Arzt für Neurologie und Psychiatrie, Sozialmedizin Dr.F. hat das weitere Gutachten vom 18.10.2007 nach ambulanter Untersuchung des Klägers erstattet. Er hat als Diagnosen seines Fachgebiets (neben den orthopädischen) genannt: Dissoziative Störung, gemischt,
anhaltende somatoforme Schmerzstörung.
Der Kläger könne noch leichte Arbeiten ohne zeitliche Einschränkungen verrichten, vorwiegend im Sitzen, zeitweilig im Stehen, im Wechsel von beiden, mit zeitweiligem Umhergehen; ohne Steigen auf Leitern und Gerüsten, ohne besondere Anforderungen an den Gleichgewichtssinn. Der Kläger könne als Berater bzw. Verkäufer in einem Baumarkt arbeiten; in Frage kämen auch sämtliche Anlerntätigkeiten im Verwaltungsbereich.
Die Beklagte hat dem Kläger mit Bescheid vom 12.02.2008 Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes in Aussicht gestellt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 10.02.2003 sowie den Bescheid
der Beklagten vom 12.10.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.02.2000 aufzuheben und ihm Berufsunfähigkeitsrente ab 01.09.1999 (Antragstellung) zu gewähren.
Hilfsweise beantragt er die Einholung eines berufskundlichen Gutachtens zur Klärung der Frage, welche zumutbaren Verweisungstätigkeiten für ihn noch in Betracht kommen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Dem Senat haben die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten des SG Würzburg sowie die Akte des AVF W. und die Unfallakte der Bau BG vorgelegen. Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
:
Die Berufung des Klägers ist form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig.
Das Rechtsmittel des Klägers erweist sich als nicht begründet.
Das SG hat zutreffend entschieden, dass der Kläger nicht berufsunfähig i.S. des
§ 43 Abs.2 SGB VI (aF) ist. Es hat als bisherigen Beruf den des Maurers angesehen, den der Kläger nach Auffassung des SG aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben hat. Das SG hat jedoch die dem Kläger zumutbare Verweisungstätigkeit des Registrators gesehen und benannt und hat dazu auch Ausführungen zur Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit und zur Dauer der Einarbeitungszeit gemacht.
Nach den im Berufungsverfahren eingeholten Gutachten des Dr.B. und des Dr.F. ist der Kläger noch in der Lage, leichte bis zeitweilig mittelschwere körperliche Arbeiten in wechselnder Stellung zwischen Sitzen, Stehen und Gehen oder überwiegend im Sitzen zu verrichten, insgesamt in Vollschicht. Dr.F. hat die Notwendigkeit zusätzlicher Arbeitspausen ausdrücklich verneint. Dr.B. hat demgegenüber zwar ebenfalls betriebsübliche Arbeitspausen für ausreichend gehalten, andererseits aber - insofern widersprüchlich - zusätzliche Pausen von 10 Minuten alle eineinhalb bis zwei Stunden empfohlen.
Nach der Überzeugung des Senats sind dem Kläger leichte und zeitweise mittelschwere Berufstätigkeiten in Vollschicht zuzumuten, und zwar unter betriebsüblichen Bedingungen. Die von Dr.B. vorgeschlagene Pausenregelung (von 10 Minuten alle eineinhalb bis zwei Stunden) sieht der Senat nicht als zwingend geboten an, da der Sachverständige hierzu lediglich eine Empfehlung ausgesprochen hat, die nicht aus den erhobenen Befunden begründet wurde, und da auch sonst keiner der angehörten Sachverständigen eine derartige Notwendigkeit erkannt hat.
Bei diesem Leistungsbild ist der Kläger nicht berufsunfähig i.S. der vorgenannten Vorschrift, denn ihm steht auch nach der Überzeugung des Senats zumindest die vom SG genannte Verweisungstätigkeit des Registrators (im Öffentlichen Dienst oder in größeren Betrieben) zur Verfügung. Registratoren sind, im Öffentlichen Dienst wie in der Privatwirtschaft, verantwortlich für das Registrieren und Archivieren von Akten und anfallendem Schriftverkehr, Vergeben von Aktenzeichen und fortlaufenden Aktennummern sowie für das Anlegen von Neuakten und Aussondern von Altakten. Terminüberwachung und allgemeine Verwaltungsarbeiten im Bereich der Aktenhaltung und Registratur gehören ebenfalls zu ihrem Zuständigkeitsbereich.
Der Kläger verfügt nach Auffassung des Senats über die körperlichen und geistigen Fähigkeiten für eine derartige Berufstätigkeit, auch wenn der Sachverständige Dr.S. nicht allgemein gültige Vorbehalte hinsichtlich der Arbeitsplatzgestaltung gemacht hat. Die Arbeiten eines Registrators können in wechselnder Körperhaltung verrichtet werden und erfordern keine schweren körperlichen Anstrengungen. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit des Klägers bewegt sich zumindest im Normbereich. Bei der Untersuchung durch den Sachverständigen Dr.F. waren Aufmerksamkeit, Auffassungsvermögen und Konzentration normal ausgeprägt, es fanden sich auch keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung der Ausdauer.
Tätigkeiten als Registrator werden im Öffentlichen Dienst nach Vergütungsgruppe VIII BAT (a.F.) und im privaten Versicherungsgewerbe beispielsweise nach Gehaltsgruppe II des Manteltarifvertrags für die private Versicherungswirtschaft entlohnt (vgl. dazu Urteil des BayLSG vom 19.12.2007, Az: L 19 R 904/05). Tätigkeiten eines Registrators stellen in dieser Hinsicht auch eine für einen Facharbeiter zumutbare Verweisungstätigkeit dar.
Der Senat hat auch keine Bedenken, dass der Kläger sich die notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten für solche Tätigkeiten innerhalb einer bis zu drei Monaten dauernden Einarbeitungs- und Einweisungszeit aneignen kann. Der Kläger war in seinem Berufsleben nicht ausschließlich als Maurer tätig; er hat vielmehr bereits von 1989 an in verschiedenen anderen Berufen gearbeitet, z.B. auch als Mühlenarbeiter, Vertreter und Kundenberater und Monteur. Er konnte sich dabei kaufmännische Grundkenntnisse aneignen, die er bei Kundenbesuchen, bei der Annahme von Aufträgen und deren Weiterleitung oder bei der Entgegennahme von Reklamationen verwerten konnte. Dementsprechend hat der ärztliche Sachverständige Dr.F. den Kläger auch für fähig erachtet, beispielsweise als Berater oder Verkäufer in einem Baumarkt zu arbeiten oder sämtliche Anlerntätigkeiten im Verwaltungsbereich auszuführen.
Der Kläger ist demnach mit seiner gegebenen körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit sozial zumutbar auf den Beruf eines Registrators zu verweisen.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger auch die Berufstätigkeiten eines Telefonisten zumutbar verrichten könnte. Nach Auffassung des Senats erscheint er auch für diese Tätigkeit durchaus geeignet; die Arbeit eines Telefonisten kann überwiegend im Sitzen verrichtet werden und erfordert keine schweren körperlichen Anstrengungen und ist - bei durchschnittlicher intellektueller Leistungsfähigkeit - auch innerhalb von drei Monaten erlernbar. Hinsichtlich der sozialen Wertigkeit des Telefonistenberufs wird auf das Urteil des Senats vom 26.09.2007, Az: L 19 R 624/06 und des Hessischen LSG vom 26.05.2000, Az: L 13 RJ 411/98 verwiesen.
Demnach ist der Kläger nicht berufsunfähig i.S. des § 43 Abs.2 SGB VI a.F ...
Dem vom Kläger hilfsweise gestellten Antrag, ein gesondertes berufskundliches Gutachten einzuholen, war nicht stattzugeben. Dem Gericht sind die Anforderungsprofile der genannten Verweisungstätigkeiten aus zahlreichen Stellungnahmen der Arbeitsverwaltung wie auch aus der teilweise zitierten Rechtsprechung der Sozialgerichtsbarkeit bekannt.
Die Berufung des Klägers war demnach zurückzuweisen mit der Folge, dass die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten haben.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 SGG sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
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