L 6 VS 535/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
6
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 VS 3730/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 VS 535/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 VS 2/09 B
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zur radioaktiven Belastung eines Panzerschlossers und zur Frage des ursächlichen Zusammenhangs mit einem Plasmozytom.

Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG anhängig unter Gesch.-Nr.: B 9 VS 2/09 B
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.11.2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung wegen einer Wehrdienstbeschädigung (WDB).

Der 1945 geborene Ehemann der Klägerin (Z.) absolvierte vom 01.07.1965 bis 31.12.1966 seinen Wehrdienst. Er verstarb am 27.07.1981. Die Klägerin beantragte am 16.08.2001 bei dem damals zuständigen Versorgungsamt (VA) die Gewährung von Hinterbliebenenversorgung. Z. sei in der Panzereinheit radargeschädigt worden und an Knochenkrebs verstorben. Sie legte u.a. den Arztbrief des Klinikums der Stadt K. vom 18.10.1981 vor, in dem vor allem ein Plasmozytom vom Leichtkettentyp Kappa mit ausgeprägtem Antikörpermangel und Anämie, Rechtsherzversagen bei Bronchopneumonie und Kachexie sowie eine terminale Niereninsuffizienz mit sekundärem Hyperparathyreoidismus, Hyperurikämie und Anämie bei Plasmozytomniere beschrieben werden.

Die Wehrbereichsverwaltung (WBV) V übersandte dem VA das an die Klägerin gerichtete Schreiben vom 10.12.2001, aus dem sich ergibt, dass Z. vom 01.07. bis 30.09.1965 zur Grundausbildung in Wildflecken, danach bis 31.12.1965 als Panzerschlosser bei der Instandsetzungs-Ausbildungskompanie in H. und ab 01.01.1966 bei einem Feldartilleriebataillon in T. eingesetzt war. Er sei mit der Wartung und Instandsetzung von Fahrzeugen betraut und nicht an Radargeräten eingesetzt gewesen. Mit Bescheid vom 11.01.2002 lehnte das VA den Antrag auf Witwenversorgung mit der Begründung ab, dass Z. keiner Röntgenstrahlung ausgesetzt gewesen sei.

Im anschließenden Widerspruchsverfahren bat die Klägerin zunächst um Mitteilung, ob auf den Panzern Lenkwaffen installiert gewesen und welche Hydrauliköle verwendet worden seien. Die WBV S. teilte auf Anfrage des VA unter dem 11.04.2002 mit, dass Z. in sogenannten Feldwartungstrupps eingesetzt gewesen sein könnte. Sie legte hierzu das Schreiben des Majors R. Beobachtungspanzerartilleriebataillon 121, T., vom 14.03.2002 vor. Dieser führte aus, die Feldartilleriebatterien hätten zum maßgebenden Zeitpunkt eigene Wartungstrupps gehabt. Als Wartungstruppsoldat sei Z. normalerweise nicht mit Radargeräten in Kontakt gekommen; möglicherweise sei er, wenn auch nur mit geringer Häufigkeit und Intensität, mit radioaktiv strahlender Leuchtfarbe, wie sie in Geschützen amerikanischer Bauart verwendet worden sei, in Berührung gekommen. Ferner legte die WBV S. das Schreiben von Dr. B., Wehrwissenschaftliches Institut für Werk-, Explosiv- und Betriebsstoffe, E., vom 09.04.2002 vor, der darlegte, nach den vorliegenden Erkenntnissen und Informationen ergäben sich keine Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen dem Umgang mit den von Z. verwendeten Produkten (Motoren-/Getriebeöl O-176/O-180, Getriebeöl O-184/O-186, Hydraulikflüssigkeit H-540, Korrusionsschutzöl C 635) und der Todesursache des Z. Das VA holte die Auskunft des Bundesamts für Wehrtechnik und Beschaffung vom 28.05.2002 ein, aus der hervorgeht, dass die in den 60er Jahren verwendeten Feldhaubitzen M 110 etwa zehn Jahre zuvor aus der Nutzung genommen worden waren. Messinstrumente und ein Kippschalter könnten mit Radium-(Ra-) Leuchtfarben belegt gewesen sein, wobei davon auszugehen sei, dass die radioaktiven Artikel beim Fahrer in der Fahrzeugwanne eingebaut gewesen seien. Die zu erwartende Jahresdosis dürfte nur für den Fahrer von Bedeutung gewesen sein. Ein Instandsetzer dürfte nur eine vernachlässigbare Dosis erhalten haben. Alle Anzeigeinstrumente seien mit berührungssicher abgedeckter Radiumleuchtfarbe belegt gewesen, die recht zuverlässig die Inkorporation des Radiums und die Diffusion des Radons in den freien Raum verhindere. Bei einem Kippschalter könne nicht ausgeschlossen werden, dass er mit offener Radiumleuchtfarbe belegt gewesen sei. Nach der Technischen Dienstvorschrift (TDv) sei die Instandsetzung, d.h. das Öffnen der Instrumente durch Bundeswehrpersonal nicht möglich gewesen. Defekte Instrumente seien ausgetauscht worden. Bei Instandsetzungsarbeiten im Fahrzeuginneren kämen als Belastungspfade die direkte Bestrahlung und die mögliche Ingestion über den nicht berührungssicher abgedeckten Kippschalter in Betracht. Dies treffe auch auf die Instrumententafel zu. Insgesamt sei festzustellen, dass ein geringes radiologisches Gefährdungspotential gegeben gewesen sei, das allerdings bei Einhaltung der sicherheitsrelevanten Bestimmungen in den Vorschriften kein besonderes Risiko darstelle. Die WBV S. übersandte ihre Aktenverfügung vom 01.03.2004, in der ausgeführt wird, dass nach den Kriterien des Berichts der Expertenkommission zur Frage der Gefährdung durch Strahlung in früheren Radareinrichtungen der Bundeswehr und der Nationalen Volksarmee vom 02.07.2003 (nachfolgend BdR), die Expositionswerte in 3 Phasen einzuteilen seien. Hierbei sei davon auszugehen, dass in Phase 1 (bis 1975) alle qualifizierenden Tätigkeiten als Techniker, Mechaniker oder Unterstützungspersonal (Bediener/Operatoren) an Radargeräten hohe Strahlenexpositionen zur Folge hatten. Als weitere Grundvoraussetzung werde neben dem pathologisch-histologischen Nachweis eines malignen Tumors auch eine bestimmte Latenzzeit gefordert. Wenn diese Kriterien erfüllt seien, solle nach dem Willen der Radarkommission eine Anerkennung der Gesundheitsstörung als WDB-Folge ausgesprochen werden. Z. sei jedoch nicht als Radarmechaniker/-techniker oder entsprechendes Hilfspersonal eingesetzt gewesen und habe somit keine von der Radarkommission vorgegebene qualifizierende Tätigkeit ausgeübt. Die Klägerin begründete ihren Widerspruch nunmehr damit, nach dem BdR werde Knochenkrebs durch radioaktive Strahlung - hier Ra-Leuchtfarbe Ra 226 - verursacht. Damit sei in der Einheit des Z. gearbeitet worden, insbesondere bei Instandsetzung und Reparatur. Die Todesursache Knochenkrebs lasse auf Inkorporierung von Ra 226 schließen. Z. habe seinen Wehrdienst 1965 als gesunder Soldat angetreten. Bereits zwei Jahre nach seiner Entlassung seien die ersten gesundheitlichen Probleme aufgetreten (ständiges Husten, Probleme mit der Lunge, Müdigkeit) und ab 1979 Probleme im Knochenbereich. Die WBV S. legte die Stellungnahme der WBV W. vom 20.01.2005 vor. Darin wird ausgeführt, eine Inkorporation radioaktiv strahlendem Ra 226 durch Inhalation, Ingestion bzw. perkutaner Resorption des Abriebs von nicht berührungssicher auf Schaltern angebrachter Leuchtfarbe sowie eine externe Einwirkung radioaktiver Strahlung aus berührungssicher abgedeckter Leuchtfarbe mit Ra seien nach dem Bericht der Radarkommission nicht auszuschließen. Nach dessen Kriterien seien als spezifische qualifizierende Erkrankungen durch die Inkorporation von Leuchtfarbe Knochenkrebs (Sarkome von Knochen und umgebendem Bindegewebe) und Lungenkrebs anzusehen. Die geltend gemachte Gesundheitsstörung gehöre jedoch nicht zu den genannten Erkrankungen. Bezüglich der Ingestion von nicht berührungssicher abgedeckter Ra-haltiger Leuchtfarbe sei bei nicht auszuschließendem Kontakt gemäß den Empfehlungen im BdR eine Ingestion durch Abrieb beim Berühren der Schalter in Höhe des im Teilbericht zum Waffensystem HAWK dokumentierten Werts zu unterstellen. Diese abgeschätzte Folgedosis betrage aber weniger als ein mSv pro Jahr und liege damit unterhalb des Grenzwerts von einem mSv pro Jahr, den die Strahlenschutzverordnung für Einzelpersonen der Bevölkerung festschreibe. Bezüglich einer externen Strahlenexposition durch Ra-haltige Leuchtfarbe wurde ausgeführt, dass bereits 1966 im Verordnungs- und Ministerialblatt des Bundesministeriums der Verteidigung die Umstellung von Ra und Promethium auf Tritium für radioaktive Leuchtfarbe angeordnet worden sei, so dass ein entsprechender Kontakt des Z. wenig wahrscheinlich sei. Selbst wenn man aber davon ausgehe, dass die Geräte, an denen er seinen Dienst verrichtet habe, mit Ra-haltiger Leuchtfarbe versehen gewesen seien, lasse sich ein Zusammenhang seiner Gesundheitsstörung mit der für möglich erachteten externen Strahlenexposition nicht herleiten. Nach derzeitigen Erkenntnissen, auch der Radarkommission, seien die Emissionen der Leuchtfarbe so gering, dass bei einer externen Bestrahlung keine hohen Belastungswerte hätten erreicht werden können, nämlich innerhalb eines Jahres ein Wert von 6 mSv. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15.06.2005 - zur Post gegeben am 25.08.2005 - zurückgewiesen.

Am 20.09.2005 erhob die Klägerin Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG). Sie trug vor, im BdR sei u. a. der Bereich Ra 226 von der Kommission aus Zeitgründen nicht aufgearbeitet worden. Es sei aber im Bericht angemerkt, dass die radioaktive Leuchtfarbe in den frühen Jahren der Bundeswehr ein Problem gewesen sei. Bei Arbeitsplätzen im Dunkelbereich sei in allen Waffengattungen radioaktive Leuchtfarbe, insbesondere Ra 226 eingesetzt worden. Die Bundeswehr habe bis in die 80er Jahre von den bestehenden Schutzvorschriften keinen Gebrauch gemacht. Die von der Arbeitsgruppe (AG) Radar ermittelten Dosiswerte der externen Strahlung und Inkorporierung von Ra 226 seien fehlerhaft ermittelt worden. Bei dem Plasmozytom handele es sich um Knochenmarkkrebs. Außerdem habe Z. kinderfaustgroße Löcher im Schädel gehabt, was den Befund eines Knochenkrebses beinhalte. Hierzu legte die Klägerin das Schreiben ihrer Cousine B. vom 10.11.2006 vor, die darlegte, der behandelnde Arzt Dr. M. habe auf die kinderfaustgroßen Löcher im Schädel des Z. auf der Röntgenaufnahme hingewiesen und angemerkt, dass dies wohl Knochenkrebs sei. Ferner übersandte sie das Schreiben des Städtischen Klinikums K. vom 01.06.2004, in dem mitgeteilt wird, die Röntgenbilder des Z. seien vernichtet. Der Beklagte trat der Klage entgegen. Die mit Beschluss vom 04.08.2006 zu dem Rechtsstreit beigeladene Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die WBV W. (Beigeladene) trug im Schriftsatz vom 11.07.2006 vor, bei einem Plasmozytom handele es sich um eine qualifizierende Erkrankung hinsichtlich der zu unterstellenden Einwirkung ionisierender Strahlung, nicht jedoch bezüglich zu unterstellender Inkorporation Ra-haltiger Leuchtfarbe. Als qualifizierende Erkrankungen hinsichtlich ionisierender Strahlung kämen nach dem BdR alle malignen Tumoren und Leukämien in Betracht. Eine Anerkennung wegen Röntgenstörstrahlung scheitere aber an einer qualifizierenden Tätigkeit, da Z. weder als Mechaniker am Radargerät gearbeitet noch letztere nicht nur gelegentlich bei Arbeiten am geöffneten Senderschrank unterstützt habe. Eine Anerkennung aufgrund Ra-haltiger Leuchtfarbe scheitere an dem Nachweis radioaktiver Leuchtfarbe an der Haubitze M 110. Die Frage, ob Z. Leuchtfarbe aufgetragen und abgekratzt habe, sei damit obsolet. Im Übrigen gehöre das Auftragen und Abkratzen von Leuchtfarbe nicht zum Aufgabenbereich eines Panzerschlossers. Die Beigeladene übersandte die Stellungnahme des Leiters der Strahlenmessstelle N. der Bundeswehr, Dr. Sch., vom 05.07.2006 mit dem Messbericht des Strahlenschutzbeauftragten der Artillerieschule I.-O., Hauptmann R., vom 26.05.2006 nach Untersuchung eines zur Lehrsammlung gehörenden Geschützes M 110 SF. Dr. Sch. führte aus, das gleiche Verfahren sei bei einem in der Wehrtechnischen Dienststelle 91, M., vorhandenen Exemplar durchgeführt worden. Aus den vorliegenden Untersuchungen ergäben sich keine Hinweise auf das Vorkommen von Ra 226 auf Leuchtfarbmarkierungen der Panzerhaubitze M 110 SF. Hierzu trug die Klägerin vor, militärische Gerätschaften, die ausgesondert und für Lehrzwecke in militärische Museen überstellt worden seien, hätten von strahlendem Material befreit werden müssen. Einen Messauftrag an einem solchen Objekt zu erteilen, sei nicht akzeptabel.

Mit Urteil vom 29.11.2006 wies das SG die Klage ab. Es begründete seine Entscheidung mit dem fehlenden Nachweis einer schädigenden Einwirkung. Dass Z. mit Ra 226 in Kontakt gekommen sei, sei lediglich möglich, stehe aber nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest. Ferner gehöre Z. nicht zur Gruppe der Strahlengeschädigten, die wegen Einsatzes am Radar und Nachweises eines malignen Tumors ohne weitere konkrete Ursachenforschung zu entschädigen seien. Er sei nicht an einem Radargerät eingesetzt und auch nicht zu Instandhaltungsarbeiten herangezogen worden. Nach den vorliegenden medizinischen Unterlagen habe Z. unter Knochenmarkkrebs und nicht unter Knochenkrebs gelitten. Der anderslautende Vortrag der Klägerin könne aufgrund Zeitablaufs nicht mehr medizinisch bewiesen werden.

Gegen das ihrem damaligen Prozessbevollmächtigten am 03.01.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 30.01.2007 Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt. Sie trägt vor, Ra 226-haltige Leuchtfarbe sei erst Ende der 80er Jahre ausgesondert und sogar im Jahr 2000 vereinzelt noch verwendet worden. Ein Instandsetzer sei in Kontakt mit Ra 226 gekommen. Die Berechnungen der Beigeladenen zur Exposition gegenüber Ra 226 seien durch einen verfälschten Wischtest auf nur einem zudem mit Klarlack überstrichenen Schalter ermittelt worden. Es sei daher eine korrekte Ersatzdosisberechnung für Z. auf Basis der Werte, die bei einem Wischtest mit nicht berührungssicher abgedeckter Leuchtfarbe erzielt werden, vorzunehmen. Außerdem sei Z. ionisierender Strahlung an Radargeräten ausgesetzt gewesen, was sich daraus ergebe, dass die Bauteile, die er habe warten und instandsetzen müssen, im Allgemeinen Umdruck (AU) 76 aufgeführt seien. Schutzmaßnahmen seien nicht getroffen worden. Aus dem BdR ergebe sich nicht, dass andere als die darin als qualifizierend genannten Erkrankungen nicht durch Strahlung hervorgerufen sein könnten. Die Kommission habe sich auf bösartige Neubildungen als sichere Folge ionisierender Strahlung konzentriert. Jedenfalls sei die Klägerin im Rahmen der sogenannten Kann-Versorgung zu entschädigen.

Die Klägerin beantragt,

unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.11.2006 und des Bescheides vom 11.01.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.06.2005 festzustellen, dass das Plasmozytom vom Leichtkettentyp Kappa bei ihrem verstorbenen Ehemann Folge einer Wehrdienstbeschädigung war, und den Beklagten zu verurteilen, ihr Witwenrente zu gewähren.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten ein schädigendes Ereignis nicht für nachgewiesen.

Der Senat hat gemäß § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) das Gutachten von Prof. Dr. G. vom 16.05.2008 eingeholt. Dieser hat die Auffassung vertreten, aus der Stellungnahme des Wehrwissenschaftlichen Instituts für Werk-, Explosiv- und Betriebsstoffe vom 09.04.2002 könne geschlossen werden, dass von Seiten der Bundeswehr eine Exposition des Z. gegenüber polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAH) angenommen werde, für die es Hinweise auf Karzinogenität beim Menschen gebe. Für Hydrauliköle, die während der Dienstzeit des Z. in der Bundeswehr in der Regel polychlorierte Biphenyle enthalten hätten, lägen keine Studien über einen möglichen Zusammenhang mit einem multiplen Myelom vor; allerdings gebe es insoweit verschiedene Studien zur Karzinogenität beim Menschen. Wenn Z. gegenüber Ölen der verschiedensten Art exponiert gewesen sei, bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass im gleichen Zeitraum eine Exposition gegenüber Benzol, Benzin oder anderen organischen Lösungsmitteln gegeben gewesen sei. Schließlich wäre auch zu diskutieren, in welcher Weise Schutzanzüge der Bundeswehr mit Pestiziden imprägniert gewesen seien. Außerdem sei davon auszugehen, dass Z. während seiner Tätigkeit als Panzerschlosser gegenüber Ra 226 exponiert gewesen sei. Wenn man davon ausgehe, dass die Dienstvorschrift vom 01.03.2001 über die Entsorgung radioaktiver Leuchtfarbe im Laufe der Folgejahre umgesetzt worden sei, hätten zum Zeitpunkt der Untersuchung der noch vorhandenen Panzerhaubitze im Jahr 2006 überhaupt keine Spuren von Ra mehr nachgewiesen werden können. Unter Berücksichtigung der Literatur und des Umstands, dass Ra ein knochensuchendes Isotop sei, sich also nach Inkorporation bevorzugt im Knochen und damit auch im Knochenmark ablagere, bestehe nicht der geringste Zweifel, dass die Exposition gegenüber Ra 226 kausal für die Entstehung eines Plasmozytoms verantwortlich sein könne. Daneben spielten die weiteren Expositionen eine eher untergeordnete Rolle. Dennoch müsse ein verstärkender Einfluss dieser Expositionen unterstellt werden.

Die Beigeladene hat hierzu die Stellungnahme des Mitarbeiters R. der Schwerpunktgruppe Radar vom 31.07.2008 übersandt. Darin wird ausgeführt, selbst bei nachgewiesener PAH-Exposition und Unterstellung der PAH als entsprechende toxische Substanzen im Hinblick auf die Erkrankung des Z. hätte sich diese, um die Voraussetzungen für eine Kann-Versorgung zu ermöglichen, nach den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht, Teil 2, SGB IX, jetzt in der Fassung von 2008 - AHP - Nr. 122 Abs. 6, spätestens sechs Jahre nach der Einwirkung manifestieren müssen. Auch von der Exposition gegenüber den von Prof. Dr. G. genannten "Mögliche weitere Chemikalien" sei nichts nachgewiesen oder auch nur als plausibel zu unterstellen. Insbesondere sei ein nennenswerter Kontakt des Z. zu Benzol im Zusammenhang mit seinem Wehrdienst nicht im Geringsten nachgewiesen oder als wahrscheinlich zu unterstellen. Bezüglich der Leuchtfarbe Ra 226 sei im Untersuchungsbericht beschrieben, dass die Markierungen bei einer der untersuchten Panzerhaubitzen nicht entfernt, sondern übermalt worden seien. Wären darunter liegende Schichten der Leuchtfarbe Ra 226-haltig gewesen, hätte dieses bei den Messungen trotzdem festgestellt werden können. Wenn Prof. Dr. G. davon ausgehe, dass es zu den Wartungsarbeiten gehört habe, nicht mehr funktionsfähige Ra 226-haltige Leuchtfarbe ohne Schutzmaßnahmen auszukratzen und wiederum ohne Schutzmaßnahmen neue Ra 226-haltige Leuchtfarbe aufzutragen, sei zu berücksichtigen, dass von einem Laien nicht unterschieden werden könne, ob eine Leuchtfarbe Tritium oder Radium zur Aktivierung enthalte. Hierzu wäre eine Messung mit einem Strahlenmessgerät erforderlich gewesen. Außerdem habe der Sachverständige missachtet, dass an den Armaturen der Panzerhaubitze M 110 SF elektrische Beleuchtungen gefunden worden seien, so dass man dort ganz ohne interne Aktivierung der Leuchtfarbe habe auskommen können. In der Stellungnahme wird ferner darauf hingewiesen, dass die Beschränkung auf Knochensarkome als qualifizierende Erkrankung sich nur auf die Folgen einer Radiuminkorporation und entgegen dem Zitat von Prof. Dr. G. nicht auf die Folgen einer Radiumexposition insgesamt bezog. Der Sachverständige beschreibe letztlich eine rein hypothetische Möglichkeit des ursächlichen Zusammenhangs einer Exposition gegenüber Ra 226 für die Entstehung des Plasmozytoms. Eine Risikoabschätzung in Bezug auf die aufgenommene Organdosis fehle in dem Gutachten. Bei dieser errechne sich aber aus externer Strahlenexposition gegenüber Ra 226-haltiger Leuchtfarbe und inkorporierter Ra 226-haltiger Leuchtfarbe selbst bei ungünstigster Betrachtungsweise insgesamt eine Belastung von 10,5 mSv. Damit sei der in den AHP genannte Wert von 200 mSv für die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs nicht erreicht. Der Stellungnahme sind die Gefahrstoffliste der Bundeswehr aus dem Versorgungskatalog zu Hydraulikflüssigkeiten auf Erdölbasis beigefügt.

Hierzu trägt die Klägerin vor, bei Z. hätten in seiner Tätigkeit als Panzerschlosser sowohl Kontakt mit Ölen, Benzin und Benzol als auch Radiumexposition und -inkorporation vorgelegen. Wenn diese Exposition nicht unterstellt worden wäre, wäre nicht zu erklären, weshalb die Beigeladene sonst die Erkenntnisse und Entscheidungskriterien des BdR zugrunde gelegt habe. Außerdem ergebe sich aus der in der WDB-Akte befindlichen e-mail von Dr. Sch. vom 31.05.2006, dass der AU 76 für die M 110 Ra 226-haltige Artikel ausweise. Im Übrigen hätten der Beklagte und die Beigeladene die früheren Kameraden des Z. zu benennen, damit die Frage der Exposition gegenüber Chemikalien durch Zeugenvernehmungen weiter aufgeklärt werden könne. Die Beigeladene hat den weiteren Aktenvermerk der Schwerpunktgruppe Radar vom 11.11.2008 übersandt. Darin hat der Mitarbeiter R. die Auffassung vertreten, eine karzinogene Wirkung PAH sei für das blutbildende Gewebe nicht nachgewiesen. Im Übrigen bestehe der zeitliche Zusammenhang zwischen der Exposition und der Leidensmanifestation nicht. In Bezug auf die Angaben im AU 76 hat er dargelegt, anhand der entsprechenden Eintragungen könne nicht auf eine bestimmte Aktivität an einem bestimmten Gerät geschlossen werden. So sei z. B. ein radiologisches Kalibriergerät für ein Strahlenmessgerät selbstverständlich hochradioaktiv. Werde nur das Strahlenmessgerät betrachtet, sei aber nicht die geringste Radioaktivität feststellbar, obwohl die logistische Querverbindung zu einem übergeordneten radioaktiven Teil bestehe. Das Ergebnis der aufgrund der e-mail von Dr. Sch. erfolgten Auswertung der AU 76-Recherche durch die Strahlenmessstelle der Bundeswehr habe ergeben, dass es sich in dem Vermerk des Bundesamts für Wehrtechnik und Beschaffung lediglich um einen Hinweis auf mögliche Ra 226-belegte Artikel handelte. Durch die Messungen an zwei noch im Besitz der Bundeswehr befindlichen M 110 sei das Vorhandensein solcher Leuchtfarbe aber sogar widerlegt worden. Die Untersuchungen an den noch vorhandenen Panzerhaubitzen hätten ferner ergeben, dass die alte Leuchtfarbe nicht ausgetauscht, sondern mit der neuen übermalt worden sei, so das eine Gammastrahlung etwaiger Ra 226 bei den Messungen hätte festgestellt werden müssen. Bezüglich der Ergebnisse des Wischtests ist mitgeteilt worden, durch die Zentrale Sammelstelle für radioaktive Abfälle der Bundeswehr beim Wehrwissenschaftlichen Institut für Schutztechnologien sei inzwischen eine weitere Messreihe an unabgedeckter Leuchtfarbmarkierung durchgeführt worden. Der unter kräftigem Druck mit Wischleinen gewonnene Abrieb habe mit 10,8 Bq einen Aktivitätswert ergeben, der mit dem vom Februar 1988 sehr gut harmoniere. Vergleichsmessungen mit der Haut hätten hingegen nur 0,5 Bq ergeben, also einen um den Faktor 20 niedrigeren Wert als bei Inkorporationsdosisabschätzung unterstellt, wobei diese schon unter großzügigsten Annahmen erfolgt sei. Es gebe somit keinen Grund dafür, den in den Kriterien des Berichts der Radarkommission zur Berücksichtigung der Gammastrahlung aus etwaig inkorporiertem Ra 226 empfohlenen Dosiswert von einem mSv pro Jahr nicht anzuwenden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten und der Beigeladenen sowie auf die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet. Das Plasmozytom vom Leichtkettentyp Kappa, an dessen Folgen Z verstorben ist, ist nicht Folge einer WDB.

Ein Soldat, der eine WDB erlitten hat, erhält nach Beendigung des Wehrdienstverhältnisses wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der WDB auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes (BVG), soweit im Soldatenversorgungsgesetz (SVG) nichts Abweichendes bestimmt ist (§ 80 Satz 1 SVG). WDB ist dabei eine gesundheitliche Schädigung, die durch eine Wehrdienstverrichtung, durch einen während der Ausübung des Wehrdienstes erlittenen Unfall oder durch die dem Wehrdienst eigentümlichen Verhältnisse herbeigeführt worden ist (§ 81 Abs. 1 SVG). Dabei müssen das schädigende Ereignis, die dadurch eingetretene gesundheitliche Schädigung und die darauf beruhenden Gesundheitsstörungen (Schädigungsfolgen) erwiesen sein, während nach § 81 Abs. 6 Satz 1 SVG für die Frage des ursächlichen Zusammenhangs die Wahrscheinlichkeit ausreichend, aber auch erforderlich ist (BSG, Urteil vom 22. September 1977 - 10 RV 15/77 - BSGE 45, 1; BSG, Urteil vom 19. März 1986 - 9a RVi 2/84 - BSGE 60, 58). Der ursächliche Zusammenhang ist vor allem nicht schon dann wahrscheinlich, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist. Wahrscheinlich ist diejenige Möglichkeit, der nach sachgerechter Abwägung aller wesentlichen Umstände gegenüber jeder anderen Möglichkeit ein deutliches Übergewicht zukommt, d. h. dass unter Berücksichtigung der herrschenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen den behaupteten ursächlichen Zusammenhang spricht. Ist ein Sachverhalt nicht beweisbar oder ein Kausalzusammenhang nicht wahrscheinlich zu machen, so hat nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) der Beteiligte die Folgen zu tragen, der aus dem nicht festgestellten Sachverhalt bzw. dem nicht wahrscheinlich gemachten Zusammenhang Rechte für sich herleitet (BSG, Urteil vom 29. März 1963 - 2 RU 75/61 - BSGE 19, 52; BSG, Urteil vom 31. Oktober 1969 - 2 RU 40/67 - BSGE 30, 121; BSG, Urteil vom 20. Januar 1977 - 8 RU 52/76 - BSGE 43, 110).

Nach § 38 Abs. 1 BVG hat, wenn ein Beschädigter an den Folgen einer Schädigung gestorben ist, die Witwe Anspruch auf Hinterbliebenenrente. Der Tod gilt im Sinne der Bestimmungen des §§ 36 Abs. 1 und 38 Abs. 1 BVG stets dann als Folge einer Schädigung, wenn ein Beschädigter an einem Leiden stirbt, das als Folge einer Schädigung rechtsverbindlich anerkannt und für das ihm im Zeitpunkt des Todes Rente zuerkannt war.

Das Auftreten des Plasmozytoms ist nicht auf ein zeitlich begrenztes traumatisches Ereignis (Strahlen-Unfall) während des Wehrdienstes des Z. zurückzuführen. Die Klägerin macht vielmehr geltend, Z. sei radioaktiver Strahlung ausgesetzt gewesen, aufgrund derer sich das Plasmozytom entwickelt habe. Zudem habe eine (Co-)Kanzerogenität wegen der Exposition gegenüber bestimmten Chemikalien bestanden.

Für unfallunabhängige Krankheiten/Gesundheitsstörungen (Alternativen 1. und 3. des § 81 Abs. 1 SVG) bestimmt sich der versorgungsrechtlich geschützte Bereich nach dem SVG nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. hierzu z.B. BSG, Urteil vom 5. Mai 1993, 9/9a RV 25/92 sowie Beschluss vom 11. Oktober 1994, Az.: 9 BV 55/94, jeweils zitiert nach Juris), welcher der Senat folgt, nach dem Vorbild des Berufskrankheitenrechts der gesetzlichen Unfallversicherung, es sei denn, es handelt sich um besondere außerordentliche Belastungen, die typischerweise nur unter den Bedingungen des Krieges auftreten.

Die Fälle, in denen als Schädigungsfolge eine durch allmähliche Einwirkungen des Wehrdienstes/wehrdiensteigentümlicher Verhältnisse verursachte Erkrankung geltend gemacht wird, teilt das BSG in drei Gruppen ein: a) Die angebliche Schädigungsfolge ist in der Berufskrankheitenverordnung (BKV) als Berufskrankheit anerkannt (§ 551 Abs. 1 Satz 2 Reichsversicherungsordnung (RVO), jetzt § 9 Abs. 1 Satz 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII)); b) die angebliche Schädigungsfolge müsste in der gesetzlichen Unfallversicherung als Berufskrankheit anerkannt werden können (§ 551 Abs. 2 RVO, jetzt § 9 Abs. 2 SGB VII); c) die angebliche Schädigungsfolge fällt weder unter a) noch unter b), die angeschuldigten wehrdiensttypischen Belastungen gehen aber auf kriegsähnliche Belastungen zurück, wie sie in Zivilberufen typischerweise nicht vorkommen.

Diese Regelung erklärt sich daraus, dass Krankheiten regelmäßig nicht auf ein äußeres Ereignis zurückgeführt werden können, sondern sich aufgrund vielfältiger Einflüsse entwickeln. Als Mitursachen kommen persönliche Lebensweise, Erbanlagen, Störungen während der Entwicklungsphase, private Unfälle, Umwelteinflüsse und anderes in Frage. Ob eine Krankheit auf bestimmte Einwirkungen zurückzuführen ist, denen ein Wehrpflichtiger oder Wehrdienstleistender ausgesetzt war, ist daher in der Regel nicht allein mit Hilfe medizinischer Sachverständiger im Einzelfall feststellbar. Vielmehr kann nur nach statistischen Grundsätzen festgestellt werden, ob die Erkrankungsgefahr durch solche Einflüsse erhöht worden ist. Wegen der Vielfalt möglicher Ursachen und der nicht uneingeschränkten Leistungsfähigkeit auch der medizinischen Wissenschaft kann dies nur allgemein entschieden werden. Eine solche allgemeine Antwort hat der Gesetzgeber für das Gebiet des Berufskrankheitenrechts mit der BKV gegeben. Darin sind die Ergebnisse der wissenschaftlichen Untersuchungen im Bereich der Berufskrankheiten eingeflossen, wonach bestimmte Tätigkeiten im Arbeitsleben in auffallender Weise mit Erkrankungen verbunden sind (vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 27. Juni 2006, L 15 VS 12/98, zitiert nach Juris; BSG SozR 3-3200 § 81 Nr 3).

Für die von der Klägerin geltend gemachten Strahlenschäden des Z. ist vorliegend die BK 2402 "Erkrankungen durch ionisierende Strahlen", für die geltend gemachte (Co-)Kanzerogenität durch PAH und Trichlorethylen die BK 1302 "Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe" und wegen der geltend gemachten Exposition gegenüber Benzol die BK 1303 "Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder Styrol" einschlägig.

Eine Erkrankung durch ionisierende Strahlen aufgrund einer Tätigkeit des Z. an Radargeräten im Rahmen seines Wehrdienstes lag nicht vor. Z. war nämlich nicht an Radargeräten eingesetzt, wie sich aus dem Schreiben der WBV V vom 10.12.2001 ergibt. Die abweichende Behauptung in der Berufungsbegründung vom 11.07.2007, Z. sei ionisierender Strahlung aus Radargeräten ausgesetzt gewesen, weil er im AU 76 aufgeführte Bauteile habe warten und instand setzen müssen, ist durch nichts belegt. Für den Senat ist auch nicht nachvollziehbar, weshalb Z. während seiner Grundausbildung oder bei der Tätigkeit als Panzerschlosser an Radargeräten tätig gewesen sein soll.

Auch aufgrund der von der Klägerin behaupteten Exposition gegenüber Ra 226 ist eine WDB nicht anzuerkennen.

Allerdings hält der Senat es nicht von vorneherein für ausgeschlossen, dass ein Krankheitsbild, wie es bei Z. vorlag, nämlich ein Plasmozytom, durch ionisierende Strahlung wesentlich verursacht werden kann. Entgegen der Auffassung der Klägerin geht der Senat nicht davon aus, dass Z. an Knochenkrebs litt. Bei den entsprechenden Ausführungen der Cousine der Klägerin B. im Schreiben vom 10.11.2006 handelt es sich um einen durch einen medizinischen Laien wiedergegebenen Befund, nicht um eine objektivierte Diagnose. Die Diagnose kann heute, mehr als 27 Jahre nach dem Tod des Z., auch nicht mehr gestellt werden, zumal Röntgenbilder nicht mehr vorhanden sind, wie sich aus dem Schreiben des Städtischen Klinikums K. vom 01.06.2004 ergibt. Bei dem aufgrund des Arztbriefs des Klinikums der Stadt K. vom 18.10.1981 nachgewiesenen Plasmozytom vom Leichtketten-Typ Kappa handelt es sich um eine Krebserkrankung des Knochenmarks, nicht um Knochenkrebs. Die Beigeladene hat zutreffend darauf hingewiesen, dass im BdR bei Inkorporation von Ra-haltiger Leuchtfarbe primär Knochenkrebs als spezifische qualifizierende Erkrankung angesehen wird (Seite VIII, 137). Eine eindeutige Einschätzung der Kausalitätsfrage bei Plasmozytomen nach Inkorporation radioaktiver Leuchtfarben ergab sich nicht (Seite 83). Aus dem BdR ergibt sich jedoch auch, dass es sich beim Plasmozytom (= multiples Myelom) um einen gelegentlich mit ionisierender Strahlung assoziierten Tumor handelt (Seite 76). Dieser Tumor wird deshalb als valider Risikoschätzer angesehen. Hierzu passt die Bewertung im Anhang 2 zum Merkblatt für die ärztliche Untersuchung zu Nr. 2402 Anlage BKV (Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 2402 Seite 6 c), in der die Strahlenempfindlichkeit der lymphatischen Zellen (Plasmozytom) in Bezug auf die Verursachung maligner Erkrankungen als mittelgradig eingestuft wird. Auf diese Frage kommt es jedoch im Ergebnis nicht an, da bereits eine schädigende Einwirkung nicht anzunehmen ist.

Eine radioaktive Strahlenbelastung des Z. während seines Wehrdienstes ist nicht anzunehmen. Nach Auffassung des Senats ist hier allerdings nicht der allgemeine Beweismaßstab anzuwenden. Dabei berücksichtigt der Senat die Ergebnisse des BdR. Die entsprechende Expertenkommission war durch das Bundesministerium der Verteidigung eingesetzt worden, weil die Situation, dass von Seiten der Bundeswehr in der Zeit bis 1975 (Phase 1) Beobachtungen und Dokumentationen der Strahlenbelastungen unterlassen wurden und potentielle Strahlenopfer nicht zu entschädigen waren, da sie die objektive Beweislast für die Schädigung tragen, als unbefriedigend erlebt wurde. Der Senat hat bereits im Urteil vom 16.07.2008 - L 6 VS 2599/06 - in Bezug auf einen Bediener an einem mobilen Radargerät die Auffassung vertreten, dass deshalb in diesem Bereich von einer Beweiserleichterung auszugehen ist. Dies gilt angesichts der vergleichbaren Situation der Klägerin in Bezug auf die Frage einer Exposition ihres Ehemannes gegenüber Ra 226 in der Zeit seines Wehrdienstes in den Jahren 1965/66 auch im vorliegenden Fall. Jedoch verwundert bereits, dass die Klägerin, die weder im Antragsschreiben vom 15.08.2001 noch im Widerspruchsschreiben vom 22.01.2002 konkrete Angaben über eine Exposition ihres Ehemannes gemacht hatte, erst auf die entsprechenden Ermittlungen des VA, u. a. das Schreiben des Majors R. vom 14.03.2002, möglicherweise sei Z., wenn auch nur mit geringer Häufigkeit und Intensität, mit radioaktiv strahlender Leuchtfarbe in Berührung gekommen, eine entsprechende Exposition für sicher gegeben hielt. Eine Belastung durch Ra 226 war zunächst nicht Gegenstand ihres Vortrags gewesen. Eine Urin-Analyse, wie sie im BdR zur entsprechenden Klärung empfohlen wird (Seite 37), liegt nicht vor. Ein Rückschluss auf die Ursache allein aufgrund des Krankheitsbildes kommt nicht in Betracht, ist auch von Prof. Dr. G. in seinem gemäß § 109 SGG eingeholten Gutachten nicht vorgenommen worden. Vielmehr hat der Sachverständige die Exposition unterstellt. Bereits für die Behauptung, Z. habe im Rahmen seiner Tätigkeit als Panzerschlosser Leuchtfarbe abgekratzt und aufgetragen, liegen aber keine konkreten Anhaltspunkte vor; im Gegenteil erscheinen dem Senat die Ausführungen in der Stellungnahme der WBV W. vom 11.07.2006 schlüssig, dass eine solche Tätigkeit nicht zum Aufgabenbereich eines Panzerschlossers gehört.

Es bestehen ferner keine konkreten Hinweise darauf, dass die Feldhaubitzen, mit deren Wartung und Instandsetzung Z. während seiner Tätigkeit als Panzerschlosser befasst war, mit Ra-haltiger Leuchtfarbe belastet waren. Dies folgt aus dem Schreiben von Dr. Sch. vom 05.07.2006 und dem Messbericht des Hauptmanns R. vom 26.05.2006. Bei der zugrunde liegenden Untersuchung konnte keine erhöhte Radioaktivität festgestellt werden. Soweit Markierungen übermalt waren, wies Dr. Sch. schlüssig darauf hin, dass eine Farbschicht den empfindlichen Nachweis der Gammastrahlung nicht stört. Die Tatsache, dass im AU 76 radioaktive Artikel für die Feldhaubitze M 110 aufgeführt sind, lässt keinen Rückschluss auf die Aktivität eines bestimmten Geräts zu. Dies wird im Aktenvermerk der Schwerpunktgruppe Radar vom 11.11.2008 schlüssig unter Bezugnahme auf die Entstehungsgeschichte des AU 76 dargelegt. Im Übrigen fällt auf, dass die von der Klägerin zitierte e-mail von Dr. Sch. vom 31.05.2006 auch das Ergebnis der Untersuchungen eines ehemaligen Elektrikers/Panzerschlossers beinhaltet. Die einen Teil von dessen Berufszeit erfassende amtliche Dosimetrie ergab einen Wert von 0,0 mSv.

Ferner folgt aus der überzeugenden Dosisberechnung der Beigeladenen, dass, selbst wenn man einen Kontakt des Z. mit Ra 226 unterstellen würde, der in den AHP genannte Wert von 200 mSv (122 Abs. 6) für die Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhangs selbst bei ungünstigster Berechnung weit unterschritten ist. Dabei ist zwischen Inkorporation und externer Exposition zu differenzieren. Es ergab sich nämlich bei angenommenen 800 Jahresarbeitsstunden (dabei waren auf der Grundlage der Stellungnahme der WBV W. vom 20.01.2005 durchschnittlich täglich 4 Stunden Dienst an der Konsole zugrunde gelegt worden) mit einer Ortsdosisleistung 7,5 &956;Sv pro Stunde unter Zugrundelegung eines Zeitraums von eineinhalb Jahren, in den bereits die eigentlich nicht expositionsrelevante Zeit der Grundausbildung mit eingerechnet worden war, eine externe Strahlenexposition von 9 mSv. Unter Hinzurechnung einer internen Strahlenexposition in Höhe von einem mSv pro Jahr aus inkorporierter Ra 226-haltiger Leuchtfarbe folgte hieraus eine Belastung in Höhe von insgesamt maximal 10,5 mSv. Mit ihrem Vortrag, der Wert von einem mSv pro Jahr sei viel zu gering, weil er durch einen verfälschten Wischtest ermittelt worden sei, konnte die Klägerin den Senat nicht überzeugen. Durch die Zentrale Sammelstelle für radioaktive Abfälle der Bundeswehr beim Wehrwissenschaftlichen Institut für Schutztechnologien wurde nämlich, worauf die Schwerpunktgruppe Radar im Aktenvermerk vom 11.11.2008 zutreffend hingewiesen hat, eine weitere Messreihe durchgeführt. Der unter kräftigem Druck mit Wischleinen gewonnene Abrieb ergab mit 10,8 Bq einen Aktivitätswert, der mit dem vom Februar 1988 sehr gut harmonierte. Aus dem BdR (Seite 36) folgt insoweit, dass die AG Radar einen Wert von 10 Bq erhoben hatte. Vergleichsmessungen mit Haut ergaben ausweislich der Stellungnahme vom 11.11.2008 nur 0,5 Bq. Die vollständige Inkorporation erst der 300-fachen Aktivität, die bei dem unter kräftigem Druck mit Wischleinen an unabgedeckter Leuchtfarbmarkierung gewonnen worden war, hatte eine effektive Dosis von einem mSv zur Folge. Die aus der tatsächlich inkorporierten Aktivität resultierende effektive Dosis ist aber unter Berücksichtigung der Transfers um mehrere Größenordnungen kleiner. Der angenommene Dosiswert von einem mSv pro Jahr scheint damit auch dem Senat schlüssig. Selbst wenn man also das Vorhandensein radioaktiver Leuchtfarbe an den 1966 verwendeten Feldhaubitzen und einen Kontakt des Z. mit Ra 226 im Rahmen seiner Tätigkeit als Panzerschlosser unterstellen würde, ergäbe sich auch bei ungünstigster Betrachtungsweise keine Belastung, die einen ursächlichen Zusammenhang der unterstellten Exposition mit der späteren Krebserkrankung wahrscheinlich machte. Der Senat hat bei seiner Entscheidung entsprechend den obigen Ausführungen zur Beweiserleichterung den Rahmen des Möglichen in vollem Umfang ausgeschöpft.

Auch die Voraussetzungen für die Anerkennung des Plasmozytoms als Erkrankung durch Halogenkohlenwasserstoffe bzw. Erkrankung durch Benzol, seine Homologe oder Styrol (vgl. die BK-Ziffern 1302 und 1303) liegen nicht vor. Allerdings ist nicht auszuschließen, dass Z. im Rahmen seiner Tätigkeit mit PAH in Kontakt kam, wie sich aus der Stellungnahme des Wehrwissenschaftlichen Instituts für Werk-, Explosiv- und Betriebsstoffe vom 09.04.2002 ergibt. Eine Exposition in nennenswertem Umfang hält der Senat jedoch angesichts der Wehrdienstzeit von eineinhalb Jahren, die zudem die ersichtlich nicht expositionsrelevante Zeit der Grundausbildung mit umfasst, nicht für erwiesen. Soweit Prof. Dr. G. darüber hinaus in seinem Gutachten eine Belastung mit polychlorierten Biphenylen annimmt, handelt es sich um eine nicht belegte Behauptung. Dies gilt ebenfalls für die Aussage, es entspreche der Lebenswirklichkeit, dass Verunreinigungen der Öle durch die Anwendung von organischen Lösungsmitteln, u. a. Trichlorethylen, bereinigt worden seien. In Bezug auf die Aussage, es sei bekannt, dass Schutzanzüge der Bundeswehr mit Insektiziden behandelt gewesen seien, liegt ebenfalls die bloße Behauptung einer Exposition des Z. vor. Weder ein entsprechender Kontakt, noch der Umfang einer denkbaren Exposition sind belegt. Auch die von Prof. Dr. G. unterstellte Exposition gegenüber Benzol ist nicht nachgewiesen. Der Senat hält insoweit mehr als 40 Jahre nach dem maßgebenden Zeitraum weitere Ermittlungen nicht für Erfolg versprechend. Insbesondere sieht sich der Senat nicht dazu gedrängt, entsprechend der Anregung der Klägerin zu versuchen, die früheren Kameraden des Z. bei der Bundeswehr zu ermitteln. Wie durch eine danach u. U. denkbare Zeugenvernehmung eine konkrete Exposition des Z. festgestellt werden könnte, hat auch die Klägerin nicht dargelegt. Dass Z. während seiner kurzen Wehrdienstzeit einer so erheblichen Einwirkung durch Halogenkohlenwasserstoffe bzw. Benzol ausgesetzt gewesen wäre, dass die Exposition als wesentliche Mitursache bei der Entstehung des Plasmozytoms zu werten wäre, ist nach Auffassung des Senats spekulativ. Gleiches gilt für die von Prof. Dr. Greiser angesprochene Co-Kanzerogenität. Die durch den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vorgelegte Entscheidung des Sächsischen LSG vom 27.12.2004 - L 6 VS 1/02 - betrifft im Unterschied zum vorliegenden Fall einen Soldaten, der im Rahmen seines Dienstverhältnisses langjährig gegenüber Benzol exponiert war.

Auch die Voraussetzungen für eine sogenannte Kannversorgung nicht vor. Nach § 81 Abs. 6 S. 2 SVG kann mit Zustimmung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung eine Gesundheitsstörung als Folge einer WDB anerkannt werden, wenn die zur Anerkennung dieser Gesundheitsstörung als Folge einer WDB erforderliche Wahrscheinlichkeit nur deshalb nicht gegeben ist, weil über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft Ungewissheit besteht. Im vorliegenden Fall scheitert die Anerkennung des Plasmozytoms als WDB gemäß § 81 Abs. 1 SVG nicht an einer Ungewissheit über die Ursache des festgestellten Leidens in der medizinischen Wissenschaft, sondern an dem fehlenden Nachweis der entsprechenden schädigenden Einwirkung.

Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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