Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 40 R 298/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 35/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.01.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten von August 1941 bis August 1943 im Ghetto Kaunas.
Die am 00.00.1919 in Kaunas geborene Klägerin hatte zunächst die litauische, später die polnische Staatsangehörigkeit und ist inzwischen israelische Staatsangehörige. Sie ist nicht als Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt, weil sie den kommunistischen Machtbereich erst im Februar 1966 durch Auswanderung von Polen nach Israel verließ (Bescheid des Regierungspräsidenten Köln v. 08.12.1972).
In ihrem Antrag auf Anerkennung als Verfolgte nach dem BEG vom 09.05.1966 gab die Klägerin an, sie sei von August 1941 bis Juli 1944 im Ghetto Kaunas und anschließend im Konzentrationslager (KL) Stutthof gewesen. Sie legte hierzu Zeugenerklärungen von T L und J L vom 25.08.1962 vor, die bestätigten, die Klägerin habe sich von August 1941 bis Juli 1944 zusammen mit ihrer Familie im Ghetto Kaunas befunden. Später sei sie ins KL Stutthof überführt worden. In einer Erklärung vom 10.05.1966 gab die Klägerin an, sie und ihr Ehemann seien im Ghetto schwer misshandelt worden, hätten den Judenstern getragen und schwere Zwangsarbeit geleistet.
Am 12.09.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Altersrente. Im Formantrag gab sie an, sie habe von Ende 1941 bis August 1943 im Ghetto Kaunas als Hilfskrankenschwester gearbeitet und hierfür Essen und Lebensmittelcoupons erhalten. Im anliegenden Fragebogen bezeichnete sie die Arbeitsstätte als "Krankenhaus". Sie sei täglich mit einem Passierschein in das Ghetto zurückgekehrt und auf dem Weg zur Arbeit nicht bewacht worden. Der Arbeitseinsatz sei freiwillig durch Vermittlung des Judenrates erfolgt. Sie habe sich selbst um Arbeit bemüht. Als Hilfskrankenschwester habe sie den Kranken die Temperatur gemessen, die Betten gemacht, das Essen gebracht und beim Waschen und Ankleiden geholfen. Die Arbeitszeit habe täglich acht bis zehn Stunden betragen. Als Entlohnung habe sie von "der Verwaltung" täglich Essen und wöchentliche Lebensmittelcoupons bekommen, außerdem von Zeit zu Zeit Arbeitskleidung. Etwaige Zeugen seien alle bereits verstorben.
Die Beklagte zog Unterlagen der Klägerin von der Jewish Claims Conference (JCC) bei. In ihrem Antrag an den Art-2-Fonds vom 13.01.1993 hatte die Klägerin u.a. ausgeführt: "Im August 1941 wurden wir ins Ghetto in Slobodka eingewiesen. Unsere Wohnung in dem Prospekt Krasnaja Armja 98. Am 06.08.1941 wurde im Ghetto Kaunas meine Tochter T geboren. Vor der Kinderaktion im Jahre 1943 hat mein Ehemann unser Töchterchen in einer Handtasche aus dem Ghetto gebracht. Er hat das Kind einem litauischen Bauern übergeben. Erst nach dem Kriege haben wir unsere Tochter wiedergefunden. Im Juli 1944 wurde ich nach Stutthof deportiert."
Die Beklagte wertete außerdem die Entschädigungsakten der Klägerin aus und lehnte den Rentenantrag ab (Bescheid v. 01.03.2007). Die Klägerin habe keine entgeltliche Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss glaubhaft gemacht.
Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin am 24.04.2007 eine schriftliche Erklärung folgenden Wortlauts ab: "Im August 1941 bis August 1943 befand ich mich im Ghetto Kowno (Slobodka). Schon in den ersten Tagen meines Aufenthalts im Ghetto bat ich beim Judenrat um Arbeit und bekam sie im Krankenhaus außerhalb des Ghettos. Ich arbeitete als Hilfskrankenschwester. Da das Krankenhaus außerhalb des Ghettos lag, bekam ich einen Passierschein und konnte frei und nicht in der organisierten Gruppe zur Arbeit gehen, das beweist die Freiwilligkeit meiner Arbeit. Für meine Arbeit bekam ich von der Ghettoverwaltung Mittagessen täglich und Lebensmittelcoupons wöchentlich. Die Lebensmittel, die ich auf diese Lebensmittelcoupons erhalten habe, waren in solchem Umfang, dass sie wesentlich mein Leben erleichterten, weil ich nach der Geburt meiner Tochter im August 1941 bessere Nahrung brauchte. Ich glaube, dass die Lebensmittelcoupons ihr Äquivalent in Geld hatten. Es war kein freier Unterhalt "
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid v. 11.10.2007) und zur Begründung u.a. darauf hin, im Ghetto Kaunas seien als Verpflegung bekanntlich nur Hungerrationen gewährt worden.
Mit der Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie habe keine Zwangsarbeiten verrichtet und für ihre Tätigkeit im Krankenhaus einen Entgeltanspruch gehabt. Sie hat sich insbesondere auf das ergänzende Gutachten von Dr. Tauber in den Streitsachen L 8 R 287/06, 274/05 und 304/06 LSG NRW sowie auf sein Gutachten in der Streitsache L 4 R 137/06 LSG NRW bezogen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2007 zu verurteilen, die Tätigkeiten von August 1941 bis August 1943 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem ZRBG anzuerkennen und die Altersrente ab 01.07.1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage abgewiesen (Urteil v. 23.01.2008). Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 13.02.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.02.2008 Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.01.2008 und unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007 die Tätigkeit von Dezember 1941 bis August 1943 nach dem ZRBG anzuerkennen und die Regelaltersrente ab Antrag mit der Verfolgungszeit als Ersatzzeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat versucht, Einzelheiten über die Beschäftigung von der Klägerin mittels des bekannten Fragebogens in Erfahrung zu bringen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat indessen mitgeteilt, diese sei zu einer Mitwirkung nicht mehr in der Lage.
Der Senat hat außerdem eine weitere Auskunft der JCC eingeholt. Danach hat die Klägerin für den Aufenthalt im Ghetto Kaunas im Jahr 1941 eine Zahlung aus der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" erhalten. Zuvor hatte sie neben den bereits erwähnten Leistungen aus dem Art-2-Fonds auch Leistungen aus dem Hardship Fund bekommen. Diesen Leistungen lag ein Antrag vom 31.05.1981 zugrunde, in dem die Klägerin ausführte, sie sei bei Kriegsausbruch im Jahr 1941 in das Ghetto Kaunas eingewiesen worden, wo sie bis zum Jahre 1943 gewesen sei. Im Ghetto habe sie den Judenstern getragen und schwere Zwangsarbeiten geleistet. Im Sommer 1943 sei sie in das KL Stutthof überführt worden.
Schließlich ist Beweis erhoben worden durch Sachverständigengutachten von Dr. Tauber, auf dessen Ergebnis Bezug genommen wird. Das von dem Sachverständigen im Verfahren L 8 R 287/06 erstattete Gutachten ist beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß der §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Abwesenheit der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Terminsmitteilung, die ihm am 12.11.2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die im Berufungsverfahren in zulässiger Weise (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG) auf die Gewährung von Altersrente erst ab dem Antragsmonat, also ab dem 01.09.2005, sowie auf die Anerkennung der Zeit vom Dezember 1941 bis August 1943 als Beitragszeit beschränkte Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin daher nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von Altersrente.
Wie der Senat bereits mit näherer Begründung entschieden hat (z.B. Urteil vom 06.06.2007, L 8 R 54/05, sozialgerichtsbarkeit.de), folgt der Anspruch auf Altersrente allein aus dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), ohne dass das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) eine eigenständige Anspruchsgrundlage enthielte (ebenso BSG, Urteil vom 26.07.2007, B 13 R 28/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr. 4, a.A. BSG, Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr. 3). Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Altersrente kann daher im Fall der Klägerin nur § 35 SGB VI sein. Diese Vorschrift ist trotz Auslandswohnsitzes der Klägerin (vgl. § 30 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, Juris; BSG, Urteil vom 13.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 17).
Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben. Als auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten kommen hier nur Beitrags- und Ersatzzeiten im Sinne der §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und 4 SGB VI in Betracht. Dabei finden nach § 250 Abs. 1 SGB VI Ersatzzeiten allerdings nur dann Berücksichtigung, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist, oder als wirksam entrichtet gilt; denn Ersatzzeiten sollen nach dem Gesetzeswortlaut nur "Versicherten", d.h. Personen zugute kommen, die bereits Beitragsleistungen erbracht haben (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1, m.w.N.).
Die Klägerin hat jedoch keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht, oder dem Reichsversicherungsgesetz Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Abs. 1 SGB VI), oder als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Beitragszeiten, die zur Zahlung einer Altersrente führen könnten, bestehen hier indessen weder nach § 2 Abs. 1 ZRBG noch nach den Vorschriften des Fremdrentenrechts.
Nach § 2 Abs. 1 ZRBG gelten Beiträge als gezahlt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto. Voraussetzung ist gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG, dass die Verfolgten sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten haben, das in einem vom Deutschen Reich besetzten oder ihm eingegliederten Gebiet gelegen hat, und dort eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt ausgeübt haben. Ferner darf für die betreffenden Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht werden. Die Anspruchsvoraussetzungen müssen glaubhaft gemacht werden (§ 1 Abs. 2 ZRBG i.V.m. § 3 Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung [WGSVG]). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche verfügbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, d.h. mehr für als gegen sie spricht, wobei gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
Insoweit ist zwar glaubhaft, dass die Klägerin sich in der Zeit von Dezember 1941 bis August 1943 zwangsweise im Ghetto Kaunas, das in Litauen und damit einem vom Deutschen Reich besetzt Gebiet lag, aufgehalten hat. Ihr dortiger Aufenthalt ist überwiegend wahrscheinlich aufgrund ihrer eigenen durchgängigen Bekundungen im Entschädigungsverfahren, gegenüber der JCC und im Rentenverfahren, die durch die Erklärungen der Zeugen T L und J L im Entschädigungsverfahren bestätigt worden sind. Aus dem beigezogenen und im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Sachverständigengutachten von Dr. Tauber ergibt sich darüber hinaus die Existenz eines Ghettos in Kaunas jedenfalls im Dezember 1941, das dort auch zumindest bis August 1943 bestanden hat. Obwohl die Klägerin nicht als Verfolgte im Sinne des BEG anerkannt ist, steht außer Zweifel, dass ihr Aufenthalt im Ghetto Kaunas erzwungen war.
Demgegenüber sieht der Senat es nicht als glaubhaft im Sinne überwiegender Wahrscheinlichkeit an, dass die Klägerin aufgrund ihres zwangsweisen Aufenthaltes im Ghetto Kaunas einer Beschäftigung als Hilfskrankenschwester in einem Krankenhaus außerhalb des Ghettos nachgegangen ist. Zwar hat die Klägerin eine entsprechende Tätigkeit im Rentenverfahren durchgängig behauptet. Bereits aus ihren eigenen Angaben während dieses Verfahrens ergibt sich jedoch eine Reihe von Widersprüchen, die an der Zuverlässigkeit ihrer Angaben zweifeln lassen. So hat sie zunächst angegeben, sie habe ab Ende 1941 gearbeitet. In einer späteren Erklärung hat sie den Beginn der Arbeit dagegen auf August 1941 datiert. Der Senat hält es indessen bereits für zweifelhaft, dass der Judenrat bereits in der ersten Phase der Ghettoisierung, die von dem Sachverständigen Dr. Tauber als außerordentlich chaotisch beschrieben hat, Passierscheine für Beschäftigungen außerhalb des Ghettos ausgegeben hat. Unabhängig davon hat die Klägerin nach eigenen Angaben im August 1941 ihr erstes Kind zur Welt gebracht. Dass sie sich zeitgleich, d.h. in den ersten Tagen nach der Geburt, bereits um eine Arbeit außerhalb des Ghettos beworben hat, erscheint jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich. Ein weiterer nicht aufgelöster Widerspruch besteht darin, dass die Klägerin im Entschädigungsverfahren von schweren Zwangsarbeiten gesprochen hat, während sie nunmehr angibt, lediglich einer freiwilligen Tätigkeit als Hilfskrankenschwester und damit einer zumindest nach damaligen Maßstäben eher leichteren Tätigkeit nachgegangen zu sein. Zwar ist dem Senat aus anderen Verfahren bekannt, dass Verfolgte im Ghetto Kaunas neben z.B. der Beschäftigung in Ghettowerkstätten auch zu echten Zwangsarbeiten herangezogen worden sind. Angaben im Sinne solcher Mehrfachbeschäftigungen haben sich dem Vortrag der Klägerin jedoch zu keinem Zeitpunkt entnehmen lassen. Es bestehen auch keine Möglichkeiten, ihre Angaben weiter zu verifizieren oder zu vervollständigen. Mit Ausnahme der im Entschädigungsverfahren behaupteten Zwangsarbeit enthält weder ihr dortiger Vortrag noch derjenige in den verschiedenen Anträgen gegenüber der JCC Hinweise auf eine Arbeitsleistung während des Ghettoaufenthalts. Zu einer weiteren Mitwirkung am vorliegenden Verfahren ist sie nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten nicht mehr in der Lage. Zeugen, die Auskunft über ihre Beschäftigung geben können, gibt es nach ihren eigenen Angaben ebenfalls nicht mehr. Daher hat der Senat sich auch nicht gedrängt gesehen, von Amts wegen Nachforschungen nach dem Verbleib der Zeugen T L und J L zu halten, zumal diese Zeugen im Entschädigungsverfahren nichts zu einer etwaigen Beschäftigung der Klägerin im Ghetto bekundet haben. Schließlich hat auch der Sachverständige Dr. Tauber nicht zur Substantiierung bzw. Überprüfung der Angaben der Klägerin beitragen zu können. Er hat zwar dargelegt, dass die Beschäftigung von Ghettobewohnern in einem Militärhospital historisch belegt sei, zugleich aber zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin in diesem Fall statt von "Kranken" wohl eher von "Soldaten" gesprochen hätte. Für eine Beschäftigung jüdischer Arbeitskräfte in einem zivilen Krankenhaus außerhalb des Ghettos hat er demgegenüber keinerlei Belege gefunden.
Letztlich kann die Frage einer Beschäftigung der Klägerin jedoch offen bleiben. Denn jedenfalls ist nicht glaubhaft gemacht, dass sie diese Beschäftigung gegen Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 b ZRBG ausgeübt hat. Da der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG beschriebene Typus der Beschäftigung nach dem Vorbild des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auch durch die Entgeltlichkeit von der nicht von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG erfassten Zwangsarbeit abzugrenzen ist, ist neben der Aufnahme und Ausübung der Arbeit aus eigenem Willensentschluss auch die Gewährung eines Entgelts erforderlich, das nach Art und Höhe eine versicherungspflichtige Beschäftigung nach damaligem Reichsversicherungsrecht begründen konnte (Senat, Urteile vom 21.11.2007, L 8 R 98/07, und 28.01.2008, L 8 RJ 139/04; sozialgerichtsbarkeit.de). Maßgebend hierfür sind die Kriterien, die das BSG in seiner sogenannten Ghetto-Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.1997, 5 RJ 66/95, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 15; vom 21.04.1999 B 5 RJ 48/98 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 16; vom 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, aaO.) entwickelt hat (vgl. hierzu im einzelnen BSG Urteil vom 07.10.2004, aaO.; Senatsurteil vom 21.11.2007, aaO.).
Der Senat hat dabei die im Zusammenhang mit Streitigkeiten nach dem ZRBG auftretenden Fallgruppen in ständiger Rechtsprechung wie folgt systematisiert: Die Gewährung von Entgelt in der ortsüblichen Währung, von Ghettogeld oder zum freien Tausch bestimmten Bezugsscheinen ist Entgelt in Sachen von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG, soweit ihr Umfang zumindest 1/6 des ortsüblichen Arbeitsentgelts für ungelernte Arbeiter(-innen) übersteigt. Bei der Gewährung von Sachbezügen ist dagegen zu unterscheiden: Übersteigen die Sachbezüge (insbesondere Verpflegung, Unterkunft und Kleidung) nicht das Maß freien Unterhalts, d.h. derjenigen wirtschaftlichen Güter, die zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Einzelnen erforderlich sind, liegt kein Entgelt vor. Bei Lebensmitteln kommt es darauf an, ob sie nach Art und Umfang des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch gegeben werden. Wird das Maß des persönlichen Bedarfs hingegen überschritten, und werden die Lebensmittel zur freien Verfügung gewährt, ist von Entgelt auszugehen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn glaubhaft gemacht wird, dass gewährte Lebensmittel auch den Bedarf eines Angehörigen sicherstellen. Stehen Art und Umfang gewährter Lebensmittel bzw. Sachbezüge nach Ausschöpfung aller sonstigen Beweismittel, z.B. der glaubhaften Angaben der Klägerin bzw. des Klägers, vernommener Zeugen, Angaben in einem Sachverständigengutachten, oder aufgrund eindeutiger historischer Quellen nicht fest, so kann ein entsprechender Umfang im Einzelnen als glaubhaft gemacht angesehen werden, wenn die gute Möglichkeit besteht, dass ein Dritter, insbesondere ein Familienangehöriger, hiervon über einen erheblichen Zeitraum zumindest entscheidend mitversorgt worden ist. Ohne Bedeutung ist es dagegen, ob die Lebensmittel unmittelbar in Naturalien gewährt worden sind, oder ob die Betroffenen Lebensmittelcoupons erhalten haben, die sie gegen Lebensmittel eintauschen konnten.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist ausgehend von den eigenen Angaben der Klägerin anzunehmen, dass sie allenfalls Mittagessen täglich und Lebensmittelcoupons wöchentlich, jedoch kein Bargeld erhalten hat. Bezüglich der - in Naturalien bzw. auf die Coupons - erhaltenen Lebensmittel kann nicht im Sinne einer guten Möglichkeit festgestellt werden, dass sie nach dem vorbestimmten Maß zur beliebigen Verfügung geeignet gewesen, d.h. über den unmittelbaren Bedarf der Klägerin hinausgegangen sind. Die Klägerin selbst hat zu Art und Menge der erhaltenen Nahrungsmittel keine näheren Angaben gemacht. Sie hat indessen ausgeführt, die Lebensmittel hätten ihr eigenes Leben im Hinblick auf den nach der Geburt ihrer Tochter bestehenden Bedarf nach besserer Versorgung gedeckt. Aufgrund dieser Angaben ist davon auszugehen, dass die Klägerin sich mit diesen Lebensmitteln lediglich selbst versorgen konnte. Für eine maßgebliche Mitversorgung Dritter bestehen dagegen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Vielmehr ist im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin, sie habe Lebensmittel von "der Verwaltung" erhalten, anzunehmen, dass ihr auf Coupons lediglich die Lebensmittelrationen zuteil wurden, die im Ghetto Arbeitende über die auch den Nichtarbeitenden zustehende Verpflegung hinaus allgemein erhielten. Die insoweit bekannten und auch von Dr. Tauber in seinem Gutachten referierten Nahrungsmittelmengen von beispielsweise 700g zusätzlichen Brotes, 125g Fleisch und 25g Fett pro Woche für arbeitende Ghettobewohner sind indessen nicht geeignet gewesen, mehr als nur den aktuellen Bedarf als Nahrung zu decken.
Bargeldzahlungen des Arbeitgebers der Klägerin an den Judenrat lassen sich schon deshalb nicht feststellen, weil - wie auch der Sachverständige Dr. Tauber dargelegt hat - die Angaben der Klägerin die Identifizierung ihres Arbeitgebers nicht erlauben.
Die Klägerin kann sich weiter nicht mit Erfolg darauf berufen, für das Merkmal einer Beschäftigung "gegen Entgelt" iSv § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG reiche es aus, dass sie für ihre Arbeitsleistung einen Rechtsanspruch auf Entgelt gehabt habe, auch wenn dieses nicht gezahlt worden sei. Der Senat hat bereits im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen diese Rechtsauffassung auch dann unzutreffend ist, wenn örtliche Lohnordnungen eine Bezahlung der Arbeitskräfte vorgesehen haben, die indessen unterblieben ist (Urteil v. 03.09.2008, L 8 R 220/07 und L 8 R 265/07; jeweils sozialgerichtsbarkeit.de). Infolgedessen kann dahingestellt bleiben, ob die Allgemeine Anordnung für die einheimischen Arbeiter im öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft v. 21.11.1941 (Verordnungsblatt des Reichskommissars für das Ostland v. 25.11.1941, S. 75), die Vorschriften über Lohnzahlungen an die genannten Arbeitskräfte enthielt, ihrer konkreten Ausgestaltung nach einem individuellen Lohnanspruch der Klägerin begründen sollte.
Die von der Klägerin im Ghetto Kaunas verrichtete Arbeit kann auch nicht nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) i.V.m. § 20 WGSVG bzw. §17 a FRG oder § 12 WGSVG als Versicherungszeiten angerechnet werden.
Die Arbeit der Klägerin in Kaunas unterfiel nicht den Reichsversicherungsgesetzen. Im Reichskommissariat Ostland galten diese nicht für Personen, die - wie die Klägerin - nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, zum sog. Generalgouvernement). Eine Anrechnung als Versicherungszeit kann sich daher allein nach den §§ 15, 16 FRG in Verbindung mit § 20 WGSVG bzw. § 17 a FRG richten. Eine Anrechnung als Beitragszeiten nach § 15 Abs. 1 FRG kommt indes nicht in Betracht, weil eine Beitragsentrichtung zu einem nicht-deutschem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nicht glaubhaft gemacht und von der Klägerin auch gar nicht behauptet worden ist. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 FRG sind bereits deshalb nicht erfüllt, da - wie oben bereits ausgeführt worden ist - ein nach deutschem Recht dem Grunde nach rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht im Sinne einer guten Möglichkeit festgestellt werden kann. Auch § 16 FRG greift nicht zugunsten der Klägerin ein, da die von ihr ausgeübten Tätigkeiten nicht nach dem am 01.03.1957 geltenden Bundesrecht (§§ 1227 und 1228 RVO nF) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hätten, wenn sie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verrichtet worden wären und nicht nach vollendetem 17. Lebensjahr verrichtet worden sind. Da nicht im Sinne einer Glaubhaftmachung festgestellt werden kann, dass die Klägerin eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, liegen die Voraussetzungen des § 12 WGSVG ebenfalls nicht vor.
Weitere - von der Klägerin mit der vorliegenden Klage ohnehin nicht geltend gemachte - Beitragszeiten, die zum Anspruch auf Zahlung von Regelaltersrente führen könnten, sind nicht ersichtlich. In den Genuss von Kindererziehungszeiten nach deutschem Rentenversicherungsrecht kommt die Klägerin schon nicht, weil sie am 01.05.1919 und damit vor dem 01.01.1921 geboren ist (vgl. § 249 Abs. 4 SGB VI). Ob sie vor der Inhaftierung im Ghetto Kaunas beschäftigt gewesen ist, kann für den Anspruch auf Gewährung von Altersrente dahingestellt bleiben. Hierbei könnte es sich ebenfalls lediglich um Zeiten nach Maßgabe der §§ 17a FRG, 20 WGSVG handeln. Die Klägerin hat jedoch selbst nicht angegeben, dem deutschen Sprach- und Kulturkreis zugehört zu haben. In Ermangelung von Bundesgebietsbeitragszeiten wäre ein etwaiger auf diese Zeiten gestützter Rentenanspruch überdies im Hinblick auf den dauernden Auslandswohnsitz der Klägerin in Israel nicht zahlbar (vgl. BSG, Urteil v. 20.10.2004, B 5 RJ 27/03 R, SozR 4-5050 § 22 Nr. 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Der Fall wirft keine grundsätzlichen Rechtsfragen auf, nachdem schon die behauptete Beschäftigung nicht glaubhaft gemacht ist.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung einer Altersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten von August 1941 bis August 1943 im Ghetto Kaunas.
Die am 00.00.1919 in Kaunas geborene Klägerin hatte zunächst die litauische, später die polnische Staatsangehörigkeit und ist inzwischen israelische Staatsangehörige. Sie ist nicht als Verfolgte im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt, weil sie den kommunistischen Machtbereich erst im Februar 1966 durch Auswanderung von Polen nach Israel verließ (Bescheid des Regierungspräsidenten Köln v. 08.12.1972).
In ihrem Antrag auf Anerkennung als Verfolgte nach dem BEG vom 09.05.1966 gab die Klägerin an, sie sei von August 1941 bis Juli 1944 im Ghetto Kaunas und anschließend im Konzentrationslager (KL) Stutthof gewesen. Sie legte hierzu Zeugenerklärungen von T L und J L vom 25.08.1962 vor, die bestätigten, die Klägerin habe sich von August 1941 bis Juli 1944 zusammen mit ihrer Familie im Ghetto Kaunas befunden. Später sei sie ins KL Stutthof überführt worden. In einer Erklärung vom 10.05.1966 gab die Klägerin an, sie und ihr Ehemann seien im Ghetto schwer misshandelt worden, hätten den Judenstern getragen und schwere Zwangsarbeit geleistet.
Am 12.09.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung von Altersrente. Im Formantrag gab sie an, sie habe von Ende 1941 bis August 1943 im Ghetto Kaunas als Hilfskrankenschwester gearbeitet und hierfür Essen und Lebensmittelcoupons erhalten. Im anliegenden Fragebogen bezeichnete sie die Arbeitsstätte als "Krankenhaus". Sie sei täglich mit einem Passierschein in das Ghetto zurückgekehrt und auf dem Weg zur Arbeit nicht bewacht worden. Der Arbeitseinsatz sei freiwillig durch Vermittlung des Judenrates erfolgt. Sie habe sich selbst um Arbeit bemüht. Als Hilfskrankenschwester habe sie den Kranken die Temperatur gemessen, die Betten gemacht, das Essen gebracht und beim Waschen und Ankleiden geholfen. Die Arbeitszeit habe täglich acht bis zehn Stunden betragen. Als Entlohnung habe sie von "der Verwaltung" täglich Essen und wöchentliche Lebensmittelcoupons bekommen, außerdem von Zeit zu Zeit Arbeitskleidung. Etwaige Zeugen seien alle bereits verstorben.
Die Beklagte zog Unterlagen der Klägerin von der Jewish Claims Conference (JCC) bei. In ihrem Antrag an den Art-2-Fonds vom 13.01.1993 hatte die Klägerin u.a. ausgeführt: "Im August 1941 wurden wir ins Ghetto in Slobodka eingewiesen. Unsere Wohnung in dem Prospekt Krasnaja Armja 98. Am 06.08.1941 wurde im Ghetto Kaunas meine Tochter T geboren. Vor der Kinderaktion im Jahre 1943 hat mein Ehemann unser Töchterchen in einer Handtasche aus dem Ghetto gebracht. Er hat das Kind einem litauischen Bauern übergeben. Erst nach dem Kriege haben wir unsere Tochter wiedergefunden. Im Juli 1944 wurde ich nach Stutthof deportiert."
Die Beklagte wertete außerdem die Entschädigungsakten der Klägerin aus und lehnte den Rentenantrag ab (Bescheid v. 01.03.2007). Die Klägerin habe keine entgeltliche Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss glaubhaft gemacht.
Im Widerspruchsverfahren legte die Klägerin am 24.04.2007 eine schriftliche Erklärung folgenden Wortlauts ab: "Im August 1941 bis August 1943 befand ich mich im Ghetto Kowno (Slobodka). Schon in den ersten Tagen meines Aufenthalts im Ghetto bat ich beim Judenrat um Arbeit und bekam sie im Krankenhaus außerhalb des Ghettos. Ich arbeitete als Hilfskrankenschwester. Da das Krankenhaus außerhalb des Ghettos lag, bekam ich einen Passierschein und konnte frei und nicht in der organisierten Gruppe zur Arbeit gehen, das beweist die Freiwilligkeit meiner Arbeit. Für meine Arbeit bekam ich von der Ghettoverwaltung Mittagessen täglich und Lebensmittelcoupons wöchentlich. Die Lebensmittel, die ich auf diese Lebensmittelcoupons erhalten habe, waren in solchem Umfang, dass sie wesentlich mein Leben erleichterten, weil ich nach der Geburt meiner Tochter im August 1941 bessere Nahrung brauchte. Ich glaube, dass die Lebensmittelcoupons ihr Äquivalent in Geld hatten. Es war kein freier Unterhalt "
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück (Widerspruchsbescheid v. 11.10.2007) und zur Begründung u.a. darauf hin, im Ghetto Kaunas seien als Verpflegung bekanntlich nur Hungerrationen gewährt worden.
Mit der Klage hat die Klägerin vorgetragen, sie habe keine Zwangsarbeiten verrichtet und für ihre Tätigkeit im Krankenhaus einen Entgeltanspruch gehabt. Sie hat sich insbesondere auf das ergänzende Gutachten von Dr. Tauber in den Streitsachen L 8 R 287/06, 274/05 und 304/06 LSG NRW sowie auf sein Gutachten in der Streitsache L 4 R 137/06 LSG NRW bezogen.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.10.2007 zu verurteilen, die Tätigkeiten von August 1941 bis August 1943 als glaubhaft gemachte Beitragszeiten nach dem ZRBG anzuerkennen und die Altersrente ab 01.07.1997 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klage abgewiesen (Urteil v. 23.01.2008). Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das am 13.02.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 14.02.2008 Berufung eingelegt.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.01.2008 und unter Aufhebung des Bescheides vom 01.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 11.10.2007 die Tätigkeit von Dezember 1941 bis August 1943 nach dem ZRBG anzuerkennen und die Regelaltersrente ab Antrag mit der Verfolgungszeit als Ersatzzeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat versucht, Einzelheiten über die Beschäftigung von der Klägerin mittels des bekannten Fragebogens in Erfahrung zu bringen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat indessen mitgeteilt, diese sei zu einer Mitwirkung nicht mehr in der Lage.
Der Senat hat außerdem eine weitere Auskunft der JCC eingeholt. Danach hat die Klägerin für den Aufenthalt im Ghetto Kaunas im Jahr 1941 eine Zahlung aus der Stiftung "Erinnerung, Verantwortung und Zukunft" erhalten. Zuvor hatte sie neben den bereits erwähnten Leistungen aus dem Art-2-Fonds auch Leistungen aus dem Hardship Fund bekommen. Diesen Leistungen lag ein Antrag vom 31.05.1981 zugrunde, in dem die Klägerin ausführte, sie sei bei Kriegsausbruch im Jahr 1941 in das Ghetto Kaunas eingewiesen worden, wo sie bis zum Jahre 1943 gewesen sei. Im Ghetto habe sie den Judenstern getragen und schwere Zwangsarbeiten geleistet. Im Sommer 1943 sei sie in das KL Stutthof überführt worden.
Schließlich ist Beweis erhoben worden durch Sachverständigengutachten von Dr. Tauber, auf dessen Ergebnis Bezug genommen wird. Das von dem Sachverständigen im Verfahren L 8 R 287/06 erstattete Gutachten ist beigezogen und zum Gegenstand des Verfahrens gemacht worden.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Akten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte gemäß der §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Abwesenheit der Klägerin und ihres Prozessbevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil dieser in der Terminsmitteilung, die ihm am 12.11.2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Die im Berufungsverfahren in zulässiger Weise (vgl. § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG) auf die Gewährung von Altersrente erst ab dem Antragsmonat, also ab dem 01.09.2005, sowie auf die Anerkennung der Zeit vom Dezember 1941 bis August 1943 als Beitragszeit beschränkte Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin daher nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung von Altersrente.
Wie der Senat bereits mit näherer Begründung entschieden hat (z.B. Urteil vom 06.06.2007, L 8 R 54/05, sozialgerichtsbarkeit.de), folgt der Anspruch auf Altersrente allein aus dem Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), ohne dass das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) eine eigenständige Anspruchsgrundlage enthielte (ebenso BSG, Urteil vom 26.07.2007, B 13 R 28/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr. 4, a.A. BSG, Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr. 3). Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Altersrente kann daher im Fall der Klägerin nur § 35 SGB VI sein. Diese Vorschrift ist trotz Auslandswohnsitzes der Klägerin (vgl. § 30 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, Juris; BSG, Urteil vom 13.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 17).
Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben. Als auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten kommen hier nur Beitrags- und Ersatzzeiten im Sinne der §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und 4 SGB VI in Betracht. Dabei finden nach § 250 Abs. 1 SGB VI Ersatzzeiten allerdings nur dann Berücksichtigung, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist, oder als wirksam entrichtet gilt; denn Ersatzzeiten sollen nach dem Gesetzeswortlaut nur "Versicherten", d.h. Personen zugute kommen, die bereits Beitragsleistungen erbracht haben (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1, m.w.N.).
Die Klägerin hat jedoch keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht, oder dem Reichsversicherungsgesetz Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Abs. 1 SGB VI), oder als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Beitragszeiten, die zur Zahlung einer Altersrente führen könnten, bestehen hier indessen weder nach § 2 Abs. 1 ZRBG noch nach den Vorschriften des Fremdrentenrechts.
Nach § 2 Abs. 1 ZRBG gelten Beiträge als gezahlt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto. Voraussetzung ist gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG, dass die Verfolgten sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten haben, das in einem vom Deutschen Reich besetzten oder ihm eingegliederten Gebiet gelegen hat, und dort eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt ausgeübt haben. Ferner darf für die betreffenden Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht werden. Die Anspruchsvoraussetzungen müssen glaubhaft gemacht werden (§ 1 Abs. 2 ZRBG i.V.m. § 3 Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung [WGSVG]). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche verfügbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, d.h. mehr für als gegen sie spricht, wobei gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).
Insoweit ist zwar glaubhaft, dass die Klägerin sich in der Zeit von Dezember 1941 bis August 1943 zwangsweise im Ghetto Kaunas, das in Litauen und damit einem vom Deutschen Reich besetzt Gebiet lag, aufgehalten hat. Ihr dortiger Aufenthalt ist überwiegend wahrscheinlich aufgrund ihrer eigenen durchgängigen Bekundungen im Entschädigungsverfahren, gegenüber der JCC und im Rentenverfahren, die durch die Erklärungen der Zeugen T L und J L im Entschädigungsverfahren bestätigt worden sind. Aus dem beigezogenen und im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Sachverständigengutachten von Dr. Tauber ergibt sich darüber hinaus die Existenz eines Ghettos in Kaunas jedenfalls im Dezember 1941, das dort auch zumindest bis August 1943 bestanden hat. Obwohl die Klägerin nicht als Verfolgte im Sinne des BEG anerkannt ist, steht außer Zweifel, dass ihr Aufenthalt im Ghetto Kaunas erzwungen war.
Demgegenüber sieht der Senat es nicht als glaubhaft im Sinne überwiegender Wahrscheinlichkeit an, dass die Klägerin aufgrund ihres zwangsweisen Aufenthaltes im Ghetto Kaunas einer Beschäftigung als Hilfskrankenschwester in einem Krankenhaus außerhalb des Ghettos nachgegangen ist. Zwar hat die Klägerin eine entsprechende Tätigkeit im Rentenverfahren durchgängig behauptet. Bereits aus ihren eigenen Angaben während dieses Verfahrens ergibt sich jedoch eine Reihe von Widersprüchen, die an der Zuverlässigkeit ihrer Angaben zweifeln lassen. So hat sie zunächst angegeben, sie habe ab Ende 1941 gearbeitet. In einer späteren Erklärung hat sie den Beginn der Arbeit dagegen auf August 1941 datiert. Der Senat hält es indessen bereits für zweifelhaft, dass der Judenrat bereits in der ersten Phase der Ghettoisierung, die von dem Sachverständigen Dr. Tauber als außerordentlich chaotisch beschrieben hat, Passierscheine für Beschäftigungen außerhalb des Ghettos ausgegeben hat. Unabhängig davon hat die Klägerin nach eigenen Angaben im August 1941 ihr erstes Kind zur Welt gebracht. Dass sie sich zeitgleich, d.h. in den ersten Tagen nach der Geburt, bereits um eine Arbeit außerhalb des Ghettos beworben hat, erscheint jedenfalls nicht überwiegend wahrscheinlich. Ein weiterer nicht aufgelöster Widerspruch besteht darin, dass die Klägerin im Entschädigungsverfahren von schweren Zwangsarbeiten gesprochen hat, während sie nunmehr angibt, lediglich einer freiwilligen Tätigkeit als Hilfskrankenschwester und damit einer zumindest nach damaligen Maßstäben eher leichteren Tätigkeit nachgegangen zu sein. Zwar ist dem Senat aus anderen Verfahren bekannt, dass Verfolgte im Ghetto Kaunas neben z.B. der Beschäftigung in Ghettowerkstätten auch zu echten Zwangsarbeiten herangezogen worden sind. Angaben im Sinne solcher Mehrfachbeschäftigungen haben sich dem Vortrag der Klägerin jedoch zu keinem Zeitpunkt entnehmen lassen. Es bestehen auch keine Möglichkeiten, ihre Angaben weiter zu verifizieren oder zu vervollständigen. Mit Ausnahme der im Entschädigungsverfahren behaupteten Zwangsarbeit enthält weder ihr dortiger Vortrag noch derjenige in den verschiedenen Anträgen gegenüber der JCC Hinweise auf eine Arbeitsleistung während des Ghettoaufenthalts. Zu einer weiteren Mitwirkung am vorliegenden Verfahren ist sie nach Angaben ihres Prozessbevollmächtigten nicht mehr in der Lage. Zeugen, die Auskunft über ihre Beschäftigung geben können, gibt es nach ihren eigenen Angaben ebenfalls nicht mehr. Daher hat der Senat sich auch nicht gedrängt gesehen, von Amts wegen Nachforschungen nach dem Verbleib der Zeugen T L und J L zu halten, zumal diese Zeugen im Entschädigungsverfahren nichts zu einer etwaigen Beschäftigung der Klägerin im Ghetto bekundet haben. Schließlich hat auch der Sachverständige Dr. Tauber nicht zur Substantiierung bzw. Überprüfung der Angaben der Klägerin beitragen zu können. Er hat zwar dargelegt, dass die Beschäftigung von Ghettobewohnern in einem Militärhospital historisch belegt sei, zugleich aber zu Recht darauf hingewiesen, dass die Klägerin in diesem Fall statt von "Kranken" wohl eher von "Soldaten" gesprochen hätte. Für eine Beschäftigung jüdischer Arbeitskräfte in einem zivilen Krankenhaus außerhalb des Ghettos hat er demgegenüber keinerlei Belege gefunden.
Letztlich kann die Frage einer Beschäftigung der Klägerin jedoch offen bleiben. Denn jedenfalls ist nicht glaubhaft gemacht, dass sie diese Beschäftigung gegen Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 b ZRBG ausgeübt hat. Da der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG beschriebene Typus der Beschäftigung nach dem Vorbild des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auch durch die Entgeltlichkeit von der nicht von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG erfassten Zwangsarbeit abzugrenzen ist, ist neben der Aufnahme und Ausübung der Arbeit aus eigenem Willensentschluss auch die Gewährung eines Entgelts erforderlich, das nach Art und Höhe eine versicherungspflichtige Beschäftigung nach damaligem Reichsversicherungsrecht begründen konnte (Senat, Urteile vom 21.11.2007, L 8 R 98/07, und 28.01.2008, L 8 RJ 139/04; sozialgerichtsbarkeit.de). Maßgebend hierfür sind die Kriterien, die das BSG in seiner sogenannten Ghetto-Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.1997, 5 RJ 66/95, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 15; vom 21.04.1999 B 5 RJ 48/98 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 16; vom 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, aaO.) entwickelt hat (vgl. hierzu im einzelnen BSG Urteil vom 07.10.2004, aaO.; Senatsurteil vom 21.11.2007, aaO.).
Der Senat hat dabei die im Zusammenhang mit Streitigkeiten nach dem ZRBG auftretenden Fallgruppen in ständiger Rechtsprechung wie folgt systematisiert: Die Gewährung von Entgelt in der ortsüblichen Währung, von Ghettogeld oder zum freien Tausch bestimmten Bezugsscheinen ist Entgelt in Sachen von § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG, soweit ihr Umfang zumindest 1/6 des ortsüblichen Arbeitsentgelts für ungelernte Arbeiter(-innen) übersteigt. Bei der Gewährung von Sachbezügen ist dagegen zu unterscheiden: Übersteigen die Sachbezüge (insbesondere Verpflegung, Unterkunft und Kleidung) nicht das Maß freien Unterhalts, d.h. derjenigen wirtschaftlichen Güter, die zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Einzelnen erforderlich sind, liegt kein Entgelt vor. Bei Lebensmitteln kommt es darauf an, ob sie nach Art und Umfang des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch gegeben werden. Wird das Maß des persönlichen Bedarfs hingegen überschritten, und werden die Lebensmittel zur freien Verfügung gewährt, ist von Entgelt auszugehen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn glaubhaft gemacht wird, dass gewährte Lebensmittel auch den Bedarf eines Angehörigen sicherstellen. Stehen Art und Umfang gewährter Lebensmittel bzw. Sachbezüge nach Ausschöpfung aller sonstigen Beweismittel, z.B. der glaubhaften Angaben der Klägerin bzw. des Klägers, vernommener Zeugen, Angaben in einem Sachverständigengutachten, oder aufgrund eindeutiger historischer Quellen nicht fest, so kann ein entsprechender Umfang im Einzelnen als glaubhaft gemacht angesehen werden, wenn die gute Möglichkeit besteht, dass ein Dritter, insbesondere ein Familienangehöriger, hiervon über einen erheblichen Zeitraum zumindest entscheidend mitversorgt worden ist. Ohne Bedeutung ist es dagegen, ob die Lebensmittel unmittelbar in Naturalien gewährt worden sind, oder ob die Betroffenen Lebensmittelcoupons erhalten haben, die sie gegen Lebensmittel eintauschen konnten.
Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist ausgehend von den eigenen Angaben der Klägerin anzunehmen, dass sie allenfalls Mittagessen täglich und Lebensmittelcoupons wöchentlich, jedoch kein Bargeld erhalten hat. Bezüglich der - in Naturalien bzw. auf die Coupons - erhaltenen Lebensmittel kann nicht im Sinne einer guten Möglichkeit festgestellt werden, dass sie nach dem vorbestimmten Maß zur beliebigen Verfügung geeignet gewesen, d.h. über den unmittelbaren Bedarf der Klägerin hinausgegangen sind. Die Klägerin selbst hat zu Art und Menge der erhaltenen Nahrungsmittel keine näheren Angaben gemacht. Sie hat indessen ausgeführt, die Lebensmittel hätten ihr eigenes Leben im Hinblick auf den nach der Geburt ihrer Tochter bestehenden Bedarf nach besserer Versorgung gedeckt. Aufgrund dieser Angaben ist davon auszugehen, dass die Klägerin sich mit diesen Lebensmitteln lediglich selbst versorgen konnte. Für eine maßgebliche Mitversorgung Dritter bestehen dagegen keine hinreichenden Anhaltspunkte. Vielmehr ist im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin, sie habe Lebensmittel von "der Verwaltung" erhalten, anzunehmen, dass ihr auf Coupons lediglich die Lebensmittelrationen zuteil wurden, die im Ghetto Arbeitende über die auch den Nichtarbeitenden zustehende Verpflegung hinaus allgemein erhielten. Die insoweit bekannten und auch von Dr. Tauber in seinem Gutachten referierten Nahrungsmittelmengen von beispielsweise 700g zusätzlichen Brotes, 125g Fleisch und 25g Fett pro Woche für arbeitende Ghettobewohner sind indessen nicht geeignet gewesen, mehr als nur den aktuellen Bedarf als Nahrung zu decken.
Bargeldzahlungen des Arbeitgebers der Klägerin an den Judenrat lassen sich schon deshalb nicht feststellen, weil - wie auch der Sachverständige Dr. Tauber dargelegt hat - die Angaben der Klägerin die Identifizierung ihres Arbeitgebers nicht erlauben.
Die Klägerin kann sich weiter nicht mit Erfolg darauf berufen, für das Merkmal einer Beschäftigung "gegen Entgelt" iSv § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG reiche es aus, dass sie für ihre Arbeitsleistung einen Rechtsanspruch auf Entgelt gehabt habe, auch wenn dieses nicht gezahlt worden sei. Der Senat hat bereits im Einzelnen dargelegt, aus welchen Gründen diese Rechtsauffassung auch dann unzutreffend ist, wenn örtliche Lohnordnungen eine Bezahlung der Arbeitskräfte vorgesehen haben, die indessen unterblieben ist (Urteil v. 03.09.2008, L 8 R 220/07 und L 8 R 265/07; jeweils sozialgerichtsbarkeit.de). Infolgedessen kann dahingestellt bleiben, ob die Allgemeine Anordnung für die einheimischen Arbeiter im öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft v. 21.11.1941 (Verordnungsblatt des Reichskommissars für das Ostland v. 25.11.1941, S. 75), die Vorschriften über Lohnzahlungen an die genannten Arbeitskräfte enthielt, ihrer konkreten Ausgestaltung nach einem individuellen Lohnanspruch der Klägerin begründen sollte.
Die von der Klägerin im Ghetto Kaunas verrichtete Arbeit kann auch nicht nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) i.V.m. § 20 WGSVG bzw. §17 a FRG oder § 12 WGSVG als Versicherungszeiten angerechnet werden.
Die Arbeit der Klägerin in Kaunas unterfiel nicht den Reichsversicherungsgesetzen. Im Reichskommissariat Ostland galten diese nicht für Personen, die - wie die Klägerin - nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, zum sog. Generalgouvernement). Eine Anrechnung als Versicherungszeit kann sich daher allein nach den §§ 15, 16 FRG in Verbindung mit § 20 WGSVG bzw. § 17 a FRG richten. Eine Anrechnung als Beitragszeiten nach § 15 Abs. 1 FRG kommt indes nicht in Betracht, weil eine Beitragsentrichtung zu einem nicht-deutschem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nicht glaubhaft gemacht und von der Klägerin auch gar nicht behauptet worden ist. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 FRG sind bereits deshalb nicht erfüllt, da - wie oben bereits ausgeführt worden ist - ein nach deutschem Recht dem Grunde nach rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht im Sinne einer guten Möglichkeit festgestellt werden kann. Auch § 16 FRG greift nicht zugunsten der Klägerin ein, da die von ihr ausgeübten Tätigkeiten nicht nach dem am 01.03.1957 geltenden Bundesrecht (§§ 1227 und 1228 RVO nF) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hätten, wenn sie im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet verrichtet worden wären und nicht nach vollendetem 17. Lebensjahr verrichtet worden sind. Da nicht im Sinne einer Glaubhaftmachung festgestellt werden kann, dass die Klägerin eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, liegen die Voraussetzungen des § 12 WGSVG ebenfalls nicht vor.
Weitere - von der Klägerin mit der vorliegenden Klage ohnehin nicht geltend gemachte - Beitragszeiten, die zum Anspruch auf Zahlung von Regelaltersrente führen könnten, sind nicht ersichtlich. In den Genuss von Kindererziehungszeiten nach deutschem Rentenversicherungsrecht kommt die Klägerin schon nicht, weil sie am 01.05.1919 und damit vor dem 01.01.1921 geboren ist (vgl. § 249 Abs. 4 SGB VI). Ob sie vor der Inhaftierung im Ghetto Kaunas beschäftigt gewesen ist, kann für den Anspruch auf Gewährung von Altersrente dahingestellt bleiben. Hierbei könnte es sich ebenfalls lediglich um Zeiten nach Maßgabe der §§ 17a FRG, 20 WGSVG handeln. Die Klägerin hat jedoch selbst nicht angegeben, dem deutschen Sprach- und Kulturkreis zugehört zu haben. In Ermangelung von Bundesgebietsbeitragszeiten wäre ein etwaiger auf diese Zeiten gestützter Rentenanspruch überdies im Hinblick auf den dauernden Auslandswohnsitz der Klägerin in Israel nicht zahlbar (vgl. BSG, Urteil v. 20.10.2004, B 5 RJ 27/03 R, SozR 4-5050 § 22 Nr. 4).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen. Der Fall wirft keine grundsätzlichen Rechtsfragen auf, nachdem schon die behauptete Beschäftigung nicht glaubhaft gemacht ist.
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