S 30 EG 49/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
30
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 30 EG 49/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 22.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2008 verurteilt, dem Klä-ger für die Zeit vom 04.08.2007 bis 03.10.2007 Elterngeld nach Maßgabe der Berechnungsvorschriften des BEEG zu gewähren.
II. Der Beklagte hat dem Kläger seine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig zwischen den Beteiligten ist der Anspruch auf Elterngeld. Der 1970 geborene Kläger beantragte am 24.07.2007 beim Beklagten die Zahlung von Elterngeld wegen Erziehung seiner am 2007 geborenen Tochter V. für die Lebensmonate 7 und 8. Er wies durch Vorlage des Textes einer Vereinbarung mit seinem Arbeitgeber nach, dass er in der Zeit vom 06.08.2007 bis 24.09.2007 zwölf Tage unbezahlten Urlaub genommen hatte, an denen jeweils die Pflichten zur Arbeitsleistung und zur Zahlung der Vergütung geruht hatten. Mit Bescheid vom 22.10.2007 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Antragsteller dürfe, um einen Anspruch auf Elterngeld zu erwerben, keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausüben. Letzteres sei der Fall, wenn die wöchentliche Arbeitszeit 30 Stunden im Durchschnitt des Monats nicht übersteige. Die für die Ermittlung des Anspruchs notwendige Berechnung der Wochenstunden der Erwerbstätigkeit unter-scheide nicht zwischen Arbeitstagen und Wochenenden. Es seien nur die tatsächlichen Kalendertage mit oder ohne Entgelt aus einer Vollzeitbeschäftigung maßgebend. Der Klä-ger habe nur für die Arbeitstage unbezahlten Urlaub beansprucht, die Wochenenden sei-en vom Arbeitgeber bezahlt worden. Nach der Gegenüberstellung der Kalendertage mit und ohne vom Arbeitgeber bezahltem Entgelt werde die maximal zulässige Wochenstun-denzahl überschritten. Der Kläger erhob insoweit Widerspruch und führte aus, es sei in seinem Fall nicht mög-lich, aus dem von seiner Firma gezahlten Gehalt für die Monate August und September auf die Reduzierung seiner Arbeitszeit zu schließen. Anstelle der im 7. Lebensmonat (04.08.2007 bis 03.09.2007) vertraglich geschuldeten 160 Arbeitsstunden und der im 8. Lebensmonat (04.09.2007 bis 03.10.2007) geschuldeten 168 Arbeitsstunden habe er nur 112 bzw. 120 Stunden geleistet. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 28.03.2008 zurück. Er enthielt eine Berechnung, wonach der Kläger im 7. Lebensmonat seines Kindes an 25 Kalendertagen (= 81 %) mit 40 Wochenstunden erwerbstätig gewesen sei, so dass im Durchschnitt des Lebensmonats 81 % von 40 Wochenstunden anzusetzen seien. Dies ergebe eine durchschnittliche Arbeitszeit von 32,4 Wochenstunden. Für den 8. Lebens-monat seien 24 Kalendertage (= 80 %) und somit 80 % von 40 Wochenstunden anzuset-zen, was eine durchschnittliche Arbeitszeit von 32 Wochenstunden ergebe. Die Klage begehrt weiterhin die Zahlung eines Elterngeldes unter Berücksichtigung einer Absenkung der Arbeitszeit auf nicht mehr als 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats. Im Gesetz werde nicht gefordert, die Arbeitszeit zu reduzieren, sondern die Ar-beitszeit dürfe das Maximum von 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Lebensmonats nicht übersteigen.

Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 22.10.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.03.2008 zur Zahlung des beantragten Elterngeldes zu verurteilen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Gericht hat die Akten des Beklagten beigezogen. Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Prozessakte sowie auf den gesamten Akteninhalt verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage wurde nach Durchführung des gesetzlich vorgeschriebenen Widerspruchsver-fahrens form- und fristgerecht beim zuständigen Gericht erhoben und ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage auch statthaft. Die zulässige Klage ist auch in der Sache begründet. Der Beklagte hatte § 1 Abs. 1 Nr. 4 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes (BEEG) anzuwenden, wonach Anspruch auf Elterngeld nur hat, wer keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Nach Abs. 6 S. 1 der Vorschrift ist eine Person nicht oder nicht voll erwerbstätig, wenn Ihre wöchentli-che Arbeitszeit 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats nicht übersteigt. Diese Voraussetzung ist beim Kläger in den Lebensmonaten 7 und 8 seiner Tochter erfüllt. Der Beklagte kam nur deswegen zu einem anderen Ergebnis, weil er mit einer Software arbeitet, die eine Absenkung monatlich geleisteter Arbeitsstunden aus der Absenkung des Entgelts errechnet und hierbei Tage ausblendet, die er unter dem Aspekt der Arbeit wie auch dem des Entgelts als neutral ansieht. Diese Berechnungsweise kann jedoch zu feh-lerhaften Ergebnissen führen. Beispielsweise könnten für einen ganzen Lebensmonat so-wohl vier Samstage und vier Sonntage als auch 22 Tage unbezahlten Urlaubs ausge-blendet werden und der Blick ausschließlich auf einen einzigen Tag mit acht Stunden be-zahlter Arbeit gerichtet werden und sodann die Feststellung getroffen werden, für diesen Tag als einzig relevanten Zeitraum des ganzen Monats sei die Arbeitspflicht nicht herab-gesetzt worden. Aus den Werten für diesen einzigen Tag wäre dann auf den ganzen Le-bensmonat hochzurechnen mit der Folge eines theoretischen Ansatzes von mehr als 160 Arbeitsstunden. Das Gericht hat nicht zu überprüfen, ob die vom Beklagten angewendete Berechnungs-methode insgesamt zweckmäßig ist. Im streitgegenständlichen Einzelfall müssen ihre Er-gebnisse jedoch zwingend nach dem Maßstab der tatsächlich geleisteten Stunden korri-giert werden. Deren Summe überschreitet die vom Gesetz vorgeschrieben nicht die Zahl von 30 pro Woche. Der Kläger hat das Anliegen des Gesetzgebers erfüllt, den Schwer-punkt seiner zeitlichen Inanspruchnahme vom Beruf auf die Kindererziehung zu verlagern. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
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