Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 40 AL 1032/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 224/06
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. März 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosenhilfe
- Alhi - für den Zeitraum vom 29.04. bis 20.12.2002 sowie die Rückforderung von in diesem Zeitraum bereits geleisteter Alhi in Höhe von 1772,40 Euro streitig.
Die 1957 geborene Klägerin bezog ab 15.09.1997 Arbeitslosengeld. Ab 07.06.1998 gewährte ihr die Beklagte Alhi. Seitdem stand die Klägerin mit einigen Unterbrechungen, u.a. aufgrund von Zwischenbeschäftigungen vom 02.08.2001 bis 20.08.2001 als Büroangestellte und vom 03.12.2001 bis 06.01.2002 als Wachfrau im Bezug von Alhi und hatte mehrfach entsprechende Bewilligungsbescheide erhalten, u.a. einen Bescheid vom 05.01.2001, in dem neben dem bewilligten DM-Bezug der entsprechende EUR-Betrag ausgewiesen war, und einen Bescheid vom 04.07.2002, mit dem der Klägerin Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 390,00 DM in Höhe von 164,43 DM für den Zeitraum ab 07.06.2001 bewilligt wurde. Am 29.04.2002 meldete sie sich erneut arbeitslos und beantragte am 21.05.2002 Alhi.
Mit Bescheid Mit Bescheiden vom 12.07.2002 bewilligte die Beklagte Alhi vom 29.04. bis 06.06.2002 und vom 07.06.2002 bis 06.06.2003.
Mit Bescheiden vom 27.12.2002 und vom 30.12.2002 wurden diese Entscheidungen über die Alhi-Bewilligung nach entsprechender Anhörung für die Zeit vom 29.04.2002 bis 06.06.2002 teilweise in Höhe von 51,87 EUR wöchentlich und für die Zeit vom 07.06.2002 bis 20.12.2002 teilweise in Höhe von 52,71 EUR wöchentlich zurückgenommen. Alhi habe nur in Höhe von 84,35 bzw. 82,18 EUR wöchentlich zugestanden. Insgesamt sei ein Betrag in Höhe von 1.772,40 EUR zu Unrecht gezahlt worden. Die fehlerhafte Zahlung sei durch einen Berechnungsfehler zu Stande gekommen, weil die der Leistung zu Grunde liegenden Berechnungsdaten nicht von DM-Beträgen in Euro-Beträge umgerechnet worden sei.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie hätte die Überzahlung nicht mit einfachsten Überlegungen erkennen können. In den Bescheiden werde in einem Zusatz angegeben, dass der Leistungsbetrag einen zusätzlichen Betrag enthalte, dass das mit der Währungsumstellung zu tun habe und dass ihr eigentlich weniger zustehe. Sie habe gedacht, es handle sich hierbei um eine Angleichung der DM an den EUR, da sich ja die allgemeine Preisentwicklung seit 01.01.2002 kontinuierlich in Richtung eins zu eins (EUR im Verhältnis zu DM) bewegt habe. Sie habe folglich vollkommen auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2005 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Aus dem Änderungsbescheid vom 05.01.2001 habe die Klägerin ablesen können, dass der Leistungssatz ab 01.01.2001 in Euro pro Woche 85,97 EUR betrage. Sie habe ab 29.04.2002 nicht auf den wesentlich höheren Leistungssatz von 136,22 EUR wöchentlich vertrauen dürfen. Außerdem habe sie erkennen müssen, dass ein Bemessungsentgelt von wöchentlich 390,00 DM (Bescheid vom 04.07.2002) sich nicht im Bescheid vom 12.07.2002 auf ein Bemessungsentgelt von 385,00 EUR wöchentlich erhöhen könne. Der Leistungssatz habe im Bescheid vom 04.07.2002 wöchentlich 164,43 DM und im Bescheid vom 12.07.2002 wöchentlich 136,22 EUR ab 29.04.2002 betragen. Diese Erhöhung habe sich die Klägerin nicht mit der erwähnten Besitzstandsregelung erklären dürfen. Dass sich die Preise bei der Umstellung von DM auf EUR Richtung eins zu eins bewegen, sei zur Zeit der Einführung des Euro zwar in Medien im Gespräch gewesen, aber in dem Zusammenhang, dass sich die Löhne und Gehälter gerade nicht in diesem Verhältnis erhöhen. Daher habe die Klägerin auch nicht glauben dürfen, dass sie im Jahr 2002 den Leistungsbetrag aus dem Jahr 2001 statt in DM in Euro erhalte. Die Klägerin habe 14 Semester Jura studiert und nach ihrer Urteilsfähigkeit und ihrem Einsichtsvermögen sei von grob fahrlässiger Unkenntnis auszugehen.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München - SG - erhoben und ausgeführt, ihr sei generell von Mitarbeitern der Arbeitsagentur stets über den Mund gefahren worden, wenn sie diese früher auf etwaige Fehler hingewiesen habe, so dass sie schließlich resigniert habe und ihre vermeintliche Unfehlbarkeit außer in himmelschreienden Fehlentscheidungen für sie Gesetz geworden sei.
Mit Urteil vom 10. März 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Klägerin habe erkannt, dass ihr die Alhi in nahezu doppelter Höhe wie zuvor bewilligt worden sei. Dieser in die Augen springende Unterschied habe nicht durch den dem Bescheid beigefügten Hinweis erklärt werden können, dass durch die in der LVO 2002 enthaltene Besitzstandsregelung die Differenz zu dem bisherigen Leistungssatz nach der LVO 2001 als Besitzstandsbetrag ausgeglichen werde. Für das Vorbringen der Klägerin, die Erläuterung der Besitzstandsregelung darin verstanden zu haben, dass ihr zwar eigentlich ein geringerer Leistungssatz zustehe, auf Grund der Preisentwicklung seit dem 01.01.2002 aber eine Parität zwischen EUR und DM vorweg genommen worden sei, ergebe der Text des Hinweises keinen Anhalt. Zudem sei auch die Behauptung einer derartigen Preisentwicklung, mithin einer Inflationsrate von 100 % nicht nachvollziehbar. Die Klägerin, die vor dem Eintreten des Berufslebens 14 Jahre lang unter anderem Rechtswissenschaften studiert habe, sei ungeachtet ihrer psychischen Erkrankung subjektiv in der Lage, die grundsätzliche Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung ebenso zu erkennen wie den Sinn des Hinweises zur Besitzstandsregelung. Dass sie auf Grund ihrer Erfahrungen mit der Beklagten resigniert und deren Entscheidungen außer bei himmelschreienden Fehlentscheidungen als Gesetz genommen habe, sei nicht glaubhaft.
Dagegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht - LSG - eingelegt und ausgeführt, ihr sei im März 2001 von der Beklagten erstmals ein Betrag zu viel überwiesen worden (144,12 DM), welcher umgehend zurückgefordert worden sei. Sie habe also spätestens seit diesem Zeitpunkt über die Erstattungspflicht in solchen Fällen Bescheid gewusst, weshalb sie sich schon allein auf Grund ihres bescheidenden Budgets wissentlich gar nicht auf derlei Berechnungs- bzw. Überweisungsfehler hätte einlassen können. Zudem sei gerade eine nicht gerechtfertigte Sperrzeit von 14 Monaten hinter ihr gelegen, so dass sie von ihrer Seite wissentlich bestimmt nichts getan oder unterlassen habe, was sie erneut in eine unerfreuliche Situation mit der Beklagten verwickelt hätte. Ab Januar 2001 seien ihr 744,62 DM pro Monat mit 31 Tagen und 720,60 DM pro Monat mit 30 Tagen bewilligt worden. Wären ihr entsprechend ab dem 29.04.2002 jeden Monat jeweils 744,62 EUR bzw. 720,60 EUR überwiesen worden, dann wäre ihr dieser Umrechnungsfehler selbstverständlich aufgefallen. Da ihr jedoch ab dem 29.04.2002 nicht
744,62 bzw. 720,60 EUR überwiesen worden seien, sondern 597,37 bzw. 578,10 EUR, habe sie sich diese Beträge mit dem auf dem Bewilligungsbescheid vom 12.07.2002 eigens eingefügten Satz erklärt: "Dieser Leistungsbetrag enthält einen zusätzlichen Besitzstandsbetrag" und vollkommen auf die Richtigkeit des Verwaltungsaktes vertraut, zumal ihr diese Beträge mit geringfügigen Abweichungen in zwei verschiedenen Bewilligungsbescheiden vom 12.07.2002 anerkannt worden seien. Das SG habe ihre Einwände vollkommen übergangen. Amtlich belegt werde ihr Vertrauen dadurch, dass sie reinen Gewissens am 19.11.2002 wegen eines Widerspruchs, der bis in das Jahr 2001 zurückreichte, beim SG Klage gegen das Arbeitsamt eingereicht habe, wohl wissend, dass alle Unterlagen gründlich überprüft werden würden. Von ihr vorgebrachte Einwände, so zum Beispiel ihr Widerspruchsschreiben vom 23.01.2003, S.4, die ihre Schutzwürdigkeit unterstreichen würden, seien vom SG mit keinem Satz angesprochen worden. Sie sei davon ausgegangen, dass die Umrechnungspraxis der Beklagten mittlerweile geläufig gewesen sei. Letztlich entscheidend sei jedoch, dass ihre Ansprüche zweimal überprüft haben werden müssen, da der erste Bewilligungsbescheid vom 12.07.2002 nur bis zum 06.06.2002 Gültigkeit gehabt habe und der zweite Bewilligungsbescheid vom 12.07.2002 ab 07.06.2002 neu berechnet habe werden müssen. Die Beklagte habe auch während der Bearbeitung der zweiten Bewilligung keinerlei eingehende Überprüfung der Daten angestellt.
Auf Ladungen zu mündlichen Verhandlungen vor dem Senat hat sich die Klägerin jeweils wegen Erkrankung entschuldigt. Schließlich hat sie mit Schreiben vom 07.07.2008 zu Fragen des Senats Stellung genommen, ihre Erfahrungen mit der Beklagten in verschiedenen Verwaltungsangelegenheiten dargelegt, in der vorliegenden Angelegenheit im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und nochmals mitgeteilt, sie sei auf unbestimmte Zeit erkrankt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. März 2006 sowie die Bescheide vom 27.12.2002 und vom 30.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.07.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs.1, 87 Abs.1 S. 2 SGG).
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Verfahrensgegenstand sind die Bescheide vom 27. und 30.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2005, mit denen die Beklagte die Bescheide vom 12.07.2002 betreffend die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 29.04.2002 bis 20.12.2002 teilweise aufgehoben und in diesem Zeitraum bereits geleistete Alhi in Höhe von 1.772,40 EUR zurückgefordert hat. Das SG hat die als Anfechtungsklage statthafte Klage gegen diese Bescheide zu Recht abgewiesen. Denn die Rücknahme- und Erstattungsbescheide der Beklagten sind rechtmäßig, da die Voraussetzungen der Aufhebungsvorschrift des § 45 SGB X erfüllt sind.
Die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsbescheide vom 27. und 30.12.2002 misst sich, da im Hinblick auf die Kenntnis der Beklagten ab 03.07.2002 die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X und offensichtlich auch die Fristen des § 45 Abs. 3 SGB X eingehalten sind, an der Frage der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides zum Zeitpunkt seines Erlasses und an den den Vertrauensschutz regelnden Vorschriften des § 45 SGB X i.V.m.
§ 330 Abs.2 SGB III.
Diese thematisch hier relevanten Passagen des § 45 SGB X haben folgenden Wortlaut: Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, ist (vgl. § 330 Abs.2 SGB III) er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit (vgl. dazu § 45 Abs. 4 S. 1 SGB X) zurückzunehmen (Abs.1). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Abs. 2
S. 1). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Abs. 2 S. 3 Nr. 3).
Vorliegend handelt es sich um eine Aufhebung für die Vergangenheit. Auch waren die begünstigenden Bewilligungsbescheide der Beklagten im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig (dazu unter 1). Von den in § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X geregelten Fällen kommt nur
Nr. 3 in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt (dazu unter 2).
1. Die begünstigenden Verwaltungsakte in den Bewilligungsbescheiden der Beklagten vom 12.07.2002 waren im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig. Denn der Klägerin stand zum Zeitpunkt des Erlasses der Bewilligungsbescheide eine geringere Alhi aufgrund eines geringeren wöchentlichen Bemessungsentgelts als in den Bewilligungsbescheiden angegeben zu. Das Bruttobemessungsentgelt war falsch festgesetzt, da die Euroumstellung zum Jahreswechsel 2001/2002 keine Berücksichtigung gefunden hatte. Die zugrunde liegenden Berechnungsdaten wurden nicht von DM-Beträgen zu Euro-Beträgen umgerechnet. Ab dem Leistungsbeginn am 29.04.2002 wurde der Klägerin daher für die hier fraglichen Leistungszeiträume ein wöchentlicher Leistungssatz von 136,22 EUR bzw. ab 07.06.2002 133,91 EUR nach einem gerundeten wöchentlichen Bruttobemessungsentgelt von 385,00 EUR anstelle von 390,00 DM (vgl. Bescheid vom 04.07.2002) bewilligt. Tatsächlich stand der Klägerin jedoch nur ein wöchentlicher Leistungssatz von 84,35 EUR bzw. 82,18 EUR nach einem Bruttobemessungsentgelt von 198,01 EUR bzw.
194,80 EUR zu. In Höhe der jeweiligen Differenzbeträge wurde der Klägerin somit rechtswidriger Weise zu viel Alhi bewilligt.
2. Auch die Rücknahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 2 SGB X sind hier gegeben. Nach S. 3 Nr. 3 dieser Vorschrift kann die Klägerin sich auf Vertrauen nicht berufen, soweit sie die Rechtswidrigkeit der ergangenen Verwaltungsakte kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Vorliegend ist ein grob fahrlässiges Nichtkennen der Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte vom 12.07.2002 zu bejahen.
Bezugspunkt für das grob fahrlässige Nichtwissen ist schon nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes - also das Ergebnis der Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung durch die Behörde. Allerdings können "Fehler im Bereich der Tatsachenermittlung oder im Bereich der Rechtsanwendung", wenn sie nicht Bezugspunkt des grob fahrlässigen Nichtwissens sind (dazu unter a), Anhaltspunkt für den Begünstigten sein, die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes selbst zu erkennen (vgl. BSGE 62, 103, 106 = SozR 1300 § 48 Nr.39). Voraussetzung dafür ist aber, dass sich die tatsächlichen oder rechtlichen Mängel aus dem Bewilligungsbescheid oder anderen Umständen ergeben (dazu unter b) und unter Zugrundelegung des Einsichtsvermögens des Betroffenen ohne weiteres erkennbar sind (dazu unter c).
a. Der Fehler der Beklagten entstand nach den glaubwürdigen Angaben des Beklagtenvertreters vor dem Senat und dem diesbezüglichen Akteninhalt durch eine falsche Eingabe auf dem entsprechenden Datenblatt, betreffend die Höhe der Ermittlung des Bemessungsentgelts. Diesen Fehler konnte die Klägerin nicht erkennen, er fungiert dementsprechend nicht zu Lasten der Klägerin als Bezugspunkt eines grob fahrlässigen Nichtwissens.
b. Die tatsächlichen oder rechtlichen Mängel ergeben sich aber aus dem Bewilligungsbescheid und anderen Umständen.
Der Mangel ergibt sich nur teilweise aus dem Bewilligungsbescheid. Dieser ist in sich schlüssig. Er erläutert zwar den grundsätzlichen Berechnungsweg auch unter Inbezugnahme des Begriffs "Bemessungsentgelt" und stellt auf der Rückseite die Leistungsberechnung in ihren einzelnen Schritten dar, sagt aber nicht, wie die Beklagte das Bemessungsentgelt im konkreten Fall der Klägerin ermittelt hat. Der hier zur Überzahlung führende Fehler liegt im Ansatz, und zwar in dem Eingabeblatt, das die Klägerin nicht kannte. Zur vollen Überzeugung des Senats steht insoweit mithin lediglich fest, dass die Klägerin den Ausgangspunkt und die Abfolge der in den Bewilligungsbescheiden beschriebenen Rechenschritte nachvollziehen konnte.
Die Mängel ergeben sich aber aus dem Bescheid in Verbindung mit anderen Umständen, und zwar aus der Höhe des Zahlbetrags. Insofern ist zunächst ist festzustellen, dass allgemein bekannt war, dass die Umstellung von DM- auf Euro-Beträge zum Jahreswechsel 2002 im Verhältnis von ungefähr 2 zu 1 (2 DM = 1 EUR) erfolgt ist; hiervon geht der erkennende Senat (vgl. dazu die Urteile vom 19.05.2006, Az.: L 8 AL 16/06, 07.07.2006, Az.: 116/05, 25.08.2006, Az.: L 8 AL 218/05) mit den Landessozialgerichten Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 13.06.2007, L 12 AL 97/06), Berlin (Urteil vom 20.10.2004, L 6 AL 65/03) und Baden-Württemberg (Urteil vom 12.09.2006, L 13 AL 1070/05) aus. In Verbindung mit diesen allgemein bekannten Umständen ergeben sich die Mängel der Bewilligungsbescheide vom 12.07.2002 vorliegend daraus, dass die Klägerin in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit diesen Bescheiden einen Alhi-Bewilligungsbescheid vom 04.07.2002 mit einem Betrag von 164,43 DM wöchentlich für das Jahr 2001 erhalten hat. Ferner ergeben sich die Mängel auch im Zusammenspiel mit dem früheren Bescheid vom 05.01.2001, der die niedrigeren Alhi- Beträge in beiden Währungen ausweist (168,14 DM und 85,97 EUR). In diesem Zusammenhang stellt der Senat auch ausdrücklich fest, dass die Klägerin in ihrem Schreiben vom 07.07.2008 selbst einräumt, dass ihr der Betrag der mit den Bescheiden vom 12.07.2002 erfolgten Bewilligung ungewöhnlich hoch erschienen war.
c. Diese tatsächlichen bzw. rechtlichen Mängel waren unter Zugrundelegung des Einsichtsvermögens der Klägerin ohne weiteres erkennbar. Grobe Fahrlässigkeit ist im Sinne des hier maßgeblichen subjektiven Fahrlässigkeitsbegriffs gegeben.
Grobe Fahrlässigkeit ist nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X nur gegeben, wenn der Kläger die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSGE 42, 184, 187; BSGE 62, 32, 35). Entscheidend für die Beurteilung der groben Fahrlässigkeit sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, d.h. seine Urteils- und Kritikfähigkeit, sein Einsichtsvermögen und im Übrigen auch sein Verhalten. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; BSGE 35, 108, 112; 44, 264, 273, Urteil vom 05.02.2006, Az.: B 70 AL 58/05 R). Ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, ist im Wesentlichen eine Frage der Würdigung des Einzelfalles, die dem Tatsachengericht obliegt (BSGE SozR 2200 § 1301 Nr. 7; dazu auch Urteile des Senats vom 25.08.2006, L 8 AL 218/05; 07.07.2006, L 8 AL 116/05; vom 19.05.2006, L 8 AL 16/06).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist ein besonders schwerer Sorgfaltsverstoß der Klägerin zu bejahen.
Zum Einsichtsvermögen der Klägerin trifft der Senat folgende Feststellungen: Die Klägerin hat eine gute Schulbildung, sie hat ein langjähriges Studium unter anderem in Rechtswissenschaften durchgeführt, hat also trotz Fehlens eines entsprechenden Abschlusses juristische Vorkenntnisse, sie vermag sich sehr gut auszudrücken, stellt auch komplizierte Zusammenhänge schlüssig dar und war auch schon als Verwaltungsangestellte tätig. Anhaltspunkte für ein eingeschränktes Einsichtsvermögen konnte der Senat bei der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer Erkrankung nicht feststellen. Schließlich lagen zur Überzeugung des Senats keine gesundheitlichen Gründe vor, die es der Klägerin unmöglich gemacht hätten, sich an die Beklagte zu wenden, um Aufklärung zu erlangen. Die Klägerin ist im Zusammenhang mit Zweifeln an Ihrer vollschichtigen Verfügbarkeit gerade zu der Zeit, als die hier involvierten Bewilligungsbescheide ergangen sind, gründlich medizinisch exploriert worden. Insbesondere das neurologisch/psychiatrische Gutachten der Dr. P. vom 03.04.2002, zeigt auf, das bei der Klägerin keine kognitiven Defizite bestehen. Die auch in Bezug auf die subjektiven Tatsachen erforderliche Überzeugung konnte der Senat, nachdem die Klägerin krankheitsbedingt am Erscheinen in einer mündlichen Verhandlung gehindert war, aufgrund der ausführlichen schriftlichen Äußerungen, insbesondere in ihrem Schreiben vom 07.07.2008, mit dem die Klägerin Fragen des Senats beantwortete, und aufgrund des Akteninhalts im Übrigen gewinnen.
Das Einsichtsvermögen der Klägerin zugrundelegend ist ein besonders schwerer Sorgfaltsverstoß gegeben.
Die Klägerin hat die erforderliche Sorgfalt verletzt. Auch wenn dies nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist, besteht eine Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001, B 11 AL 21/00 R). Diese Sorgfalt hat die Klägerin verletzt. Dies steht zur vollen Überzeugung des Senats aufgrund der eigenen Angaben der Klägerin fest. Sie räumt selbst ein, die Bewilligungsbescheide nur flüchtig zur Kenntnis genommen zu haben. Über die Pflicht zur Kenntnisnahme und Prüfung der Richtigkeit war die Klägerin durch Merkblätter, deren Erhalt und Kenntnisnahme sie mehrfach unterschriftlich bestätigt hat, belehrt worden.
Die Klägerin hat die Sorgfalt auch in besonders schwerem Maß verletzt.
Zwar war die falsche Eingabe auf dem entsprechenden Datenblatt betreffend die Höhe der Ermittlung des Bemessungsentgelts für die Klägerin nicht erkennbar. Die Klägerin hat aber die Bewilligungsbescheide mit ihren Zahlbeträgen zur Kenntnis genommen, wie ihre diesbezüglichen substantiierten Darlegungen im Klage- und Berufungsverfahren belegen. Zur vollen Überzeugung des Senats steht fest, dass die Klägerin die Zahlenangaben in dem Bewilligungsbescheid zutreffend zuordnen konnte. Diese Angaben lassen unter Zugrundelegung des Einsichtsvermögens der Klägerin eine Unrichtigkeit ohne weiteres erkennen. Sie hätte danach aufgrund einfachster und ganz nahe liegender Überlegungen bei Erhalt der Bescheide vom 12.07.2002 erkennen können, dass ihr ab dem 29.04.2002 die zu hohe Leistung nicht zustand. Auf der Rückseite der Bescheide ist unter anderem in verständlicher Weise erklärt, was Bemessungsgeld und Leistungsentgelt ist und wie die Berechnung der Leistung im Einzelnen vollzogen wird. Aufgrund dieser Hinweise konnte die Klägerin mit ihrer Schulbildung und ihren intellektuellen Fähigkeiten, von denen sich der Senat aufgrund ihrer zahlreichen Schriftsätze der Klägerin, zuletzt in einer auf Anfrage des Senats abgegebenen 19-seitigen handschriftlichen Stellungnahme, ein Bild machen konnte, die Unrichtigkeit der Leistungsberechnung ohne weiteres erkennen. Die Bewilligungsbescheide stellen auf der Rückseite die Leistungsberechnung in ihren einzelnen Schritten dar. Zur vollen Überzeugung des Senats steht fest, dass die Klägerin den Ausgangspunkt und die Abfolge dieser Rechenschritte nachvollziehen konnte. Das "Gesetzesdeutsch" ist für die Klägerin im Hinblick auf ihren Bildungsstand und ihre juristische Vorbildung gut verständlich. Zudem bezog die Klägerin ab 15.09.1997 Arbeitslosengeld und dann ab 07.06.1998 immer wieder Alhi-Leistungen von der Beklagten. Sie hatte auch schon Aufhebungs- und Erstattungsbescheide von der Beklagten erhalten, und zwar wegen Krankengeldbezugs (Aufhebungsbescheid vom 08.03.2000) und wegen fehlender Verfügbarkeit (Aufhebungsbescheid vom 07.03.2001), und diesbezüglich Erfahrungen in Widerspruchs- und Klageverfahren gemacht. Die Klägerin hatte insofern einschlägige Vorkenntnisse in Verwaltungsangelegenheiten, die sie auch in ihrem Schreiben vom 07.07.2008 nochmals darlegte.
Auch die bereits erwähnten allgemein bekannten Modalitäten der DM/Euro-Umstellung sprechen für eine grobe Fahrlässigkeit der Klägerin. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür finden können, dass die Klägerin das Wissen um die allgemein bekannten Umstände der DM/EUR-Umstellung nicht hatte; dies wird auch von der Klägerin selbst nicht behauptet. Umgekehrt begründet sie ihre Rechtsbehelfe damit, dass sie von einer durch die Umstellung von DM auf Euro bedingten Teuerung und einer aus diesem Grunde höheren Leistung ausgegangen sei. Diese Ausführungen - ihre Richtigkeit unterstellt - lassen den Sorgfaltsverstoß nicht in einem milderen Licht erscheinen. Der Klägerin war bekannt, dass ihr Alhi unmittelbar vor der hier fraglichen Bewilligung noch in Höhe von wöchentlich 164,43 DM bewilligt worden ist. Schon aus diesem Grund hätte ihr auffallen müssen, dass die Alhi ab April nicht 134,89 EUR und damit um circa 60 % mehr betragen kann. Dieser Fehler ist so augenfällig, dass er der Klägerin "ins Auge springen" musste. Es entlastet die Klägerin auch nicht, dass sie die Bewilligungsbescheide nur flüchtig gelesen haben will (S. 15 des genannten Schreibens). Denn auch wenn dies nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist, besteht - wie bereits ausgeführt - eine Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001, B 11 AL 21/00 R). Zudem räumt die Klägerin selbst ein, die Bewilligungsbescheide ein zweites Mal zur Hand genommen zu haben, wobei ihr dann einiges aufgefallen sei (vgl. z.B. S.14 ihres Schreibens vom 07.07.2008, wonach sie gedacht habe, das sei ja ein eigenartiger Betrag). Die Klägerin hätte sich auch selbst mit der von ihr vorgebrachten Erklärung zu dem Besitzstandsbetrag in Ziffer 6 der Leistungsbescheide auseinander setzen können. Aus dieser Ziffer lässt sich unmöglich entnehmen, dass damit ein Kaufkraftausgleich in der Weise erfolgen sollte, wie ihn die Klägerin zu ihrer Rechtfertigung angenommen haben will. Wenn die Klägerin insoweit ausführt, sie habe gedacht, es handle sich hierbei um eine Angleichung der DM an den EUR, da sich ja die allgemeine Preisentwicklung seit 01.01.2002 kontinuierlich in Richtung eins zu eins (EUR im Verhältnis zu DM) bewegt habe, ist dies für den Senat unglaubwürdig. Dies widerspricht dem sonst gezeigten Intellekt und dem Erkenntnisvermögen der Klägerin.
Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass sie die Überzahlung nicht verursacht hat und sie grundsätzlich nicht gehalten ist, zu Gunsten der Fachbehörde einen Bewilligungsbescheid des Näheren auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Aber auch Leistungsempfängern, die richtige und vollständige Angaben gemacht haben, ist grobe Fahrlässigkeit dann vorzuwerfen, wenn der Fehler geradezu "in die Augen springt" (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001 - Az.: B 11 AL 21/00 R). Dies ist vorliegend aus den genannten Gründen der Fall. Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass der Fehler, der zu der Überzahlung führte, allein in der Sphäre der Beklagten liegt, vermag dies die Klägerin mithin nicht zu entlasten. Entscheidend ist allein, dass auch der Klägerin grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, was der Senat mit dem SG bejaht. Für eine Abwägung der Schwere der beiderseitigen Fahrlässigkeit bietet die gesetzliche Regelung des § 45 SGB X keinen tatbestandlichen Anknüpfungspunkt. Solchen Überlegungen hätte allenfalls im Rahmen einer Ermessensentscheidung Rechnung getragen werden können, die jedoch gemäß § 330 Abs. 2
SGB III nicht stattfindet (vgl. dazu auch LSG Berlin, Urteil vom 20.10.2004, L 6 AL 65/03).
Grob fahrlässig war das Verhalten der Klägerin insbesondere deshalb, weil sie sich ohne weiteres Rat bezüglich der Richtigkeit der Leistungsberechnung einholen konnte. Der Klägerin ist insofern vorzuwerfen, dass sie ihre Zweifel hat auf sich beruhen lassen und sich nicht um deren Aufklärung bemüht hat. Dieser Vorwurf erhebt sich in einem Ausmaß, der den Tatbestand einer groben Fahrlässigkeit erfüllt. Denn die Zweifel mussten angesichts des vorliegenden Sachverhaltes massiv sein. Daran ändert auch die im Klageverfahren abgegebene Einlassung der Klägerin nichts, ihr sei generell von Mitarbeitern der Arbeitsagentur stets über den Mund gefahren worden, wenn sie diese früher auf etwaige Fehler hingewiesen habe, so dass sie schließlich resigniert habe und die vermeintliche Unfehlbarkeit der Beklagten außer in himmelschreienden Fehlentscheidungen für sie Gesetz geworden sei. Zum einen waren - wie ausgeführt - mit den Bescheiden vom 09.07.2002 für die Klägerin ohne weiteres erkennbare Fehlentscheidungen gegeben. Zum anderen hält der Senat diesen Erklärungsversuch für eine unterlassene Aufklärung durch Nachfrage bei der Beklagten für unglaubwürdig. Denn die Klägerin hat im gesamten Verwaltungsverfahren gezeigt, dass sie ihre Rechte sehr stringent verfolgt hatte. Ferner würde das von der Klägerin beschriebene (und hier als wahr unterstellte) Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten den Sorgfaltsverstoß, der mit dem angegebenen resignativen Hinnehmen von sich zugunsten der Klägerin auswirkenden Verwaltungsfehlern verbunden war, nicht in einem Maße abmildern, dass dies zur Annahme einer geringeren Fahrlässigkeit führen würde. Nach ihren eigenen Angaben ist der Klägerin die Überzahlung aufgefallen (vgl. z.B. S. 14 ihres Schreibens vom 07.07.2008, wonach sie gedacht habe, das sei ja ein eigenartiger Betrag). Insofern wäre sie zumindest verpflichtet gewesen, bei der Beklagten nachzufragen und sich nicht mit ihrer - nach dem oben Gesagten nicht nachvollziehbaren - Vermutung der Währungsumstellung oder einer Besitzstandsregelung zufrieden zu geben, zumal sie sich kurz darauf nach ihren Angaben selbst fragte, warum sie "gleich so viel mehr als vorher" bekomme (S.15 des genannten Schreibens). Eine einfache Nachfrage bei der Beklagten hätte die Fehlerhaftigkeit sofort zu Tage gefördert. Bezeichnend für das sorgfaltswidrige Verhalten der Klägerin ist auch ihre Einlassung im Schreiben vom 07.07.2008, dass sie immer dann, wenn sie Kontakt mit der Beklagten aufgenommen habe, finanzielle Nachteile erlitten habe. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist mithin ein besonders schwerer Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten zu bejahen. Hinzu kommt, dass die Klägerin unter Zugrundelegung ihres Einsichtsvermögens und ihrer in zahlreichen Schriftsätzen unter Beweis gestellten sprachlichen Fertigkeiten ohne weiteres erkennen hätte können, dass mit einer Besitzstandswahrung allenfalls eine Erhaltung einer bereits innegehabten Position, aber keine, schon gar keine so umfangreiche Besserstellung gegenüber den Leistungen zu DM-Zeiten verbunden sein konnte. Legt man die Kenntnisnahme der Klägerin von dem entsprechenden Hinweis in den Bescheiden auf eine Besitzstandsregelung zugrunde, hätte sie auch insofern zumindest bei der Beklagten nachfragen müssen, was es mit dem Hinweis auf sich hat. Dass die erfolgte Überzahlung - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - von der Klägerin nicht zu vertreten ist, mindert den Verschuldensgrad nicht in einem Ausmaß herab, das die Bejahung grober Fahrlässigkeit ausschließt.
Die Klägerin war trotz ihrer Antriebsarmut auch im Stande, die erforderliche Sorgfalt aufzubringen und die gebotene Aufklärung herbeizuführen. Dies ergibt sich insbesondere aus den von der Klägerin in anderen Angelegenheiten durchgeführten Verwaltungsverfahren, ihrem intellektuellen Zuschnitt, ihrer Vorbildung und ihren gesundheitlichen Verhältnissen, die gerade für den hier fraglichen Zeitraum sehr gut dokumentiert sind.
Nach alledem wird bei der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Einsichts- und Urteilsfähigkeit durch die Verkennung der Fehlerhaftigkeit der Leistungshöhe und die Nichteinholung einer Beratung durch die Beklagte das Ausmaß einer schweren Obliegenheitsverletzung im Sinne einer groben Fahrlässigkeit nach § 45 Abs. 2 Nr. 3 2. Alt. SGB X erreicht.
Da die entsprechende Bewilligung rechtmäßig aufgehoben worden ist, sind die bereits erbrachten Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. An der Richtigkeit der Erstattungsforderung, die auch von der Klägerin der Höhe nach nicht in Frage gestellt wurde, hat der Senat keine Zweifel. Auf die entsprechenden aktenkundigen Berechnungen der Beklagten wird daher Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass Klage und Berufung erfolglos blieben.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht gegeben sind. Insbesondere handelt es sich bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit um eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls, bei der der Senat von den vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätzen (dazu z.B. BSG, Urteil vom 08.02.2001, Az: B 11 AL 21/00 R = SozR 3-1300 § 45 Nr.45) ausgegangen ist.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Aufhebung einer Bewilligung von Arbeitslosenhilfe
- Alhi - für den Zeitraum vom 29.04. bis 20.12.2002 sowie die Rückforderung von in diesem Zeitraum bereits geleisteter Alhi in Höhe von 1772,40 Euro streitig.
Die 1957 geborene Klägerin bezog ab 15.09.1997 Arbeitslosengeld. Ab 07.06.1998 gewährte ihr die Beklagte Alhi. Seitdem stand die Klägerin mit einigen Unterbrechungen, u.a. aufgrund von Zwischenbeschäftigungen vom 02.08.2001 bis 20.08.2001 als Büroangestellte und vom 03.12.2001 bis 06.01.2002 als Wachfrau im Bezug von Alhi und hatte mehrfach entsprechende Bewilligungsbescheide erhalten, u.a. einen Bescheid vom 05.01.2001, in dem neben dem bewilligten DM-Bezug der entsprechende EUR-Betrag ausgewiesen war, und einen Bescheid vom 04.07.2002, mit dem der Klägerin Alhi nach einem Bemessungsentgelt von 390,00 DM in Höhe von 164,43 DM für den Zeitraum ab 07.06.2001 bewilligt wurde. Am 29.04.2002 meldete sie sich erneut arbeitslos und beantragte am 21.05.2002 Alhi.
Mit Bescheid Mit Bescheiden vom 12.07.2002 bewilligte die Beklagte Alhi vom 29.04. bis 06.06.2002 und vom 07.06.2002 bis 06.06.2003.
Mit Bescheiden vom 27.12.2002 und vom 30.12.2002 wurden diese Entscheidungen über die Alhi-Bewilligung nach entsprechender Anhörung für die Zeit vom 29.04.2002 bis 06.06.2002 teilweise in Höhe von 51,87 EUR wöchentlich und für die Zeit vom 07.06.2002 bis 20.12.2002 teilweise in Höhe von 52,71 EUR wöchentlich zurückgenommen. Alhi habe nur in Höhe von 84,35 bzw. 82,18 EUR wöchentlich zugestanden. Insgesamt sei ein Betrag in Höhe von 1.772,40 EUR zu Unrecht gezahlt worden. Die fehlerhafte Zahlung sei durch einen Berechnungsfehler zu Stande gekommen, weil die der Leistung zu Grunde liegenden Berechnungsdaten nicht von DM-Beträgen in Euro-Beträge umgerechnet worden sei.
Dagegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie hätte die Überzahlung nicht mit einfachsten Überlegungen erkennen können. In den Bescheiden werde in einem Zusatz angegeben, dass der Leistungsbetrag einen zusätzlichen Betrag enthalte, dass das mit der Währungsumstellung zu tun habe und dass ihr eigentlich weniger zustehe. Sie habe gedacht, es handle sich hierbei um eine Angleichung der DM an den EUR, da sich ja die allgemeine Preisentwicklung seit 01.01.2002 kontinuierlich in Richtung eins zu eins (EUR im Verhältnis zu DM) bewegt habe. Sie habe folglich vollkommen auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2005 wurde der Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Aus dem Änderungsbescheid vom 05.01.2001 habe die Klägerin ablesen können, dass der Leistungssatz ab 01.01.2001 in Euro pro Woche 85,97 EUR betrage. Sie habe ab 29.04.2002 nicht auf den wesentlich höheren Leistungssatz von 136,22 EUR wöchentlich vertrauen dürfen. Außerdem habe sie erkennen müssen, dass ein Bemessungsentgelt von wöchentlich 390,00 DM (Bescheid vom 04.07.2002) sich nicht im Bescheid vom 12.07.2002 auf ein Bemessungsentgelt von 385,00 EUR wöchentlich erhöhen könne. Der Leistungssatz habe im Bescheid vom 04.07.2002 wöchentlich 164,43 DM und im Bescheid vom 12.07.2002 wöchentlich 136,22 EUR ab 29.04.2002 betragen. Diese Erhöhung habe sich die Klägerin nicht mit der erwähnten Besitzstandsregelung erklären dürfen. Dass sich die Preise bei der Umstellung von DM auf EUR Richtung eins zu eins bewegen, sei zur Zeit der Einführung des Euro zwar in Medien im Gespräch gewesen, aber in dem Zusammenhang, dass sich die Löhne und Gehälter gerade nicht in diesem Verhältnis erhöhen. Daher habe die Klägerin auch nicht glauben dürfen, dass sie im Jahr 2002 den Leistungsbetrag aus dem Jahr 2001 statt in DM in Euro erhalte. Die Klägerin habe 14 Semester Jura studiert und nach ihrer Urteilsfähigkeit und ihrem Einsichtsvermögen sei von grob fahrlässiger Unkenntnis auszugehen.
Dagegen hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht München - SG - erhoben und ausgeführt, ihr sei generell von Mitarbeitern der Arbeitsagentur stets über den Mund gefahren worden, wenn sie diese früher auf etwaige Fehler hingewiesen habe, so dass sie schließlich resigniert habe und ihre vermeintliche Unfehlbarkeit außer in himmelschreienden Fehlentscheidungen für sie Gesetz geworden sei.
Mit Urteil vom 10. März 2006 hat das SG die Klage abgewiesen und ausgeführt, die Klägerin habe erkannt, dass ihr die Alhi in nahezu doppelter Höhe wie zuvor bewilligt worden sei. Dieser in die Augen springende Unterschied habe nicht durch den dem Bescheid beigefügten Hinweis erklärt werden können, dass durch die in der LVO 2002 enthaltene Besitzstandsregelung die Differenz zu dem bisherigen Leistungssatz nach der LVO 2001 als Besitzstandsbetrag ausgeglichen werde. Für das Vorbringen der Klägerin, die Erläuterung der Besitzstandsregelung darin verstanden zu haben, dass ihr zwar eigentlich ein geringerer Leistungssatz zustehe, auf Grund der Preisentwicklung seit dem 01.01.2002 aber eine Parität zwischen EUR und DM vorweg genommen worden sei, ergebe der Text des Hinweises keinen Anhalt. Zudem sei auch die Behauptung einer derartigen Preisentwicklung, mithin einer Inflationsrate von 100 % nicht nachvollziehbar. Die Klägerin, die vor dem Eintreten des Berufslebens 14 Jahre lang unter anderem Rechtswissenschaften studiert habe, sei ungeachtet ihrer psychischen Erkrankung subjektiv in der Lage, die grundsätzliche Rechtswidrigkeit der Leistungsbewilligung ebenso zu erkennen wie den Sinn des Hinweises zur Besitzstandsregelung. Dass sie auf Grund ihrer Erfahrungen mit der Beklagten resigniert und deren Entscheidungen außer bei himmelschreienden Fehlentscheidungen als Gesetz genommen habe, sei nicht glaubhaft.
Dagegen hat die Klägerin Berufung zum Bayerischen Landessozialgericht - LSG - eingelegt und ausgeführt, ihr sei im März 2001 von der Beklagten erstmals ein Betrag zu viel überwiesen worden (144,12 DM), welcher umgehend zurückgefordert worden sei. Sie habe also spätestens seit diesem Zeitpunkt über die Erstattungspflicht in solchen Fällen Bescheid gewusst, weshalb sie sich schon allein auf Grund ihres bescheidenden Budgets wissentlich gar nicht auf derlei Berechnungs- bzw. Überweisungsfehler hätte einlassen können. Zudem sei gerade eine nicht gerechtfertigte Sperrzeit von 14 Monaten hinter ihr gelegen, so dass sie von ihrer Seite wissentlich bestimmt nichts getan oder unterlassen habe, was sie erneut in eine unerfreuliche Situation mit der Beklagten verwickelt hätte. Ab Januar 2001 seien ihr 744,62 DM pro Monat mit 31 Tagen und 720,60 DM pro Monat mit 30 Tagen bewilligt worden. Wären ihr entsprechend ab dem 29.04.2002 jeden Monat jeweils 744,62 EUR bzw. 720,60 EUR überwiesen worden, dann wäre ihr dieser Umrechnungsfehler selbstverständlich aufgefallen. Da ihr jedoch ab dem 29.04.2002 nicht
744,62 bzw. 720,60 EUR überwiesen worden seien, sondern 597,37 bzw. 578,10 EUR, habe sie sich diese Beträge mit dem auf dem Bewilligungsbescheid vom 12.07.2002 eigens eingefügten Satz erklärt: "Dieser Leistungsbetrag enthält einen zusätzlichen Besitzstandsbetrag" und vollkommen auf die Richtigkeit des Verwaltungsaktes vertraut, zumal ihr diese Beträge mit geringfügigen Abweichungen in zwei verschiedenen Bewilligungsbescheiden vom 12.07.2002 anerkannt worden seien. Das SG habe ihre Einwände vollkommen übergangen. Amtlich belegt werde ihr Vertrauen dadurch, dass sie reinen Gewissens am 19.11.2002 wegen eines Widerspruchs, der bis in das Jahr 2001 zurückreichte, beim SG Klage gegen das Arbeitsamt eingereicht habe, wohl wissend, dass alle Unterlagen gründlich überprüft werden würden. Von ihr vorgebrachte Einwände, so zum Beispiel ihr Widerspruchsschreiben vom 23.01.2003, S.4, die ihre Schutzwürdigkeit unterstreichen würden, seien vom SG mit keinem Satz angesprochen worden. Sie sei davon ausgegangen, dass die Umrechnungspraxis der Beklagten mittlerweile geläufig gewesen sei. Letztlich entscheidend sei jedoch, dass ihre Ansprüche zweimal überprüft haben werden müssen, da der erste Bewilligungsbescheid vom 12.07.2002 nur bis zum 06.06.2002 Gültigkeit gehabt habe und der zweite Bewilligungsbescheid vom 12.07.2002 ab 07.06.2002 neu berechnet habe werden müssen. Die Beklagte habe auch während der Bearbeitung der zweiten Bewilligung keinerlei eingehende Überprüfung der Daten angestellt.
Auf Ladungen zu mündlichen Verhandlungen vor dem Senat hat sich die Klägerin jeweils wegen Erkrankung entschuldigt. Schließlich hat sie mit Schreiben vom 07.07.2008 zu Fragen des Senats Stellung genommen, ihre Erfahrungen mit der Beklagten in verschiedenen Verwaltungsangelegenheiten dargelegt, in der vorliegenden Angelegenheit im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und nochmals mitgeteilt, sie sei auf unbestimmte Zeit erkrankt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 10. März 2006 sowie die Bescheide vom 27.12.2002 und vom 30.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.07.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten beider Instanzen und der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die ohne Zulassung (§ 144 Abs.1 S. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§§ 143, 151, 153 Abs.1, 87 Abs.1 S. 2 SGG).
In der Sache hat die Berufung keinen Erfolg. Verfahrensgegenstand sind die Bescheide vom 27. und 30.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2005, mit denen die Beklagte die Bescheide vom 12.07.2002 betreffend die Bewilligung von Alhi für den Zeitraum vom 29.04.2002 bis 20.12.2002 teilweise aufgehoben und in diesem Zeitraum bereits geleistete Alhi in Höhe von 1.772,40 EUR zurückgefordert hat. Das SG hat die als Anfechtungsklage statthafte Klage gegen diese Bescheide zu Recht abgewiesen. Denn die Rücknahme- und Erstattungsbescheide der Beklagten sind rechtmäßig, da die Voraussetzungen der Aufhebungsvorschrift des § 45 SGB X erfüllt sind.
Die Rechtmäßigkeit der Aufhebungsbescheide vom 27. und 30.12.2002 misst sich, da im Hinblick auf die Kenntnis der Beklagten ab 03.07.2002 die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 S. 2 SGB X und offensichtlich auch die Fristen des § 45 Abs. 3 SGB X eingehalten sind, an der Frage der Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides zum Zeitpunkt seines Erlasses und an den den Vertrauensschutz regelnden Vorschriften des § 45 SGB X i.V.m.
§ 330 Abs.2 SGB III.
Diese thematisch hier relevanten Passagen des § 45 SGB X haben folgenden Wortlaut: Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, ist (vgl. § 330 Abs.2 SGB III) er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit (vgl. dazu § 45 Abs. 4 S. 1 SGB X) zurückzunehmen (Abs.1). Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist (Abs. 2
S. 1). Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Abs. 2 S. 3 Nr. 3).
Vorliegend handelt es sich um eine Aufhebung für die Vergangenheit. Auch waren die begünstigenden Bewilligungsbescheide der Beklagten im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig (dazu unter 1). Von den in § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X geregelten Fällen kommt nur
Nr. 3 in Betracht. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt (dazu unter 2).
1. Die begünstigenden Verwaltungsakte in den Bewilligungsbescheiden der Beklagten vom 12.07.2002 waren im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig. Denn der Klägerin stand zum Zeitpunkt des Erlasses der Bewilligungsbescheide eine geringere Alhi aufgrund eines geringeren wöchentlichen Bemessungsentgelts als in den Bewilligungsbescheiden angegeben zu. Das Bruttobemessungsentgelt war falsch festgesetzt, da die Euroumstellung zum Jahreswechsel 2001/2002 keine Berücksichtigung gefunden hatte. Die zugrunde liegenden Berechnungsdaten wurden nicht von DM-Beträgen zu Euro-Beträgen umgerechnet. Ab dem Leistungsbeginn am 29.04.2002 wurde der Klägerin daher für die hier fraglichen Leistungszeiträume ein wöchentlicher Leistungssatz von 136,22 EUR bzw. ab 07.06.2002 133,91 EUR nach einem gerundeten wöchentlichen Bruttobemessungsentgelt von 385,00 EUR anstelle von 390,00 DM (vgl. Bescheid vom 04.07.2002) bewilligt. Tatsächlich stand der Klägerin jedoch nur ein wöchentlicher Leistungssatz von 84,35 EUR bzw. 82,18 EUR nach einem Bruttobemessungsentgelt von 198,01 EUR bzw.
194,80 EUR zu. In Höhe der jeweiligen Differenzbeträge wurde der Klägerin somit rechtswidriger Weise zu viel Alhi bewilligt.
2. Auch die Rücknahmevoraussetzungen des § 45 Abs. 2 SGB X sind hier gegeben. Nach S. 3 Nr. 3 dieser Vorschrift kann die Klägerin sich auf Vertrauen nicht berufen, soweit sie die Rechtswidrigkeit der ergangenen Verwaltungsakte kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Vorliegend ist ein grob fahrlässiges Nichtkennen der Rechtswidrigkeit der Verwaltungsakte vom 12.07.2002 zu bejahen.
Bezugspunkt für das grob fahrlässige Nichtwissen ist schon nach dem Wortlaut des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes - also das Ergebnis der Tatsachenfeststellung und Rechtsanwendung durch die Behörde. Allerdings können "Fehler im Bereich der Tatsachenermittlung oder im Bereich der Rechtsanwendung", wenn sie nicht Bezugspunkt des grob fahrlässigen Nichtwissens sind (dazu unter a), Anhaltspunkt für den Begünstigten sein, die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes selbst zu erkennen (vgl. BSGE 62, 103, 106 = SozR 1300 § 48 Nr.39). Voraussetzung dafür ist aber, dass sich die tatsächlichen oder rechtlichen Mängel aus dem Bewilligungsbescheid oder anderen Umständen ergeben (dazu unter b) und unter Zugrundelegung des Einsichtsvermögens des Betroffenen ohne weiteres erkennbar sind (dazu unter c).
a. Der Fehler der Beklagten entstand nach den glaubwürdigen Angaben des Beklagtenvertreters vor dem Senat und dem diesbezüglichen Akteninhalt durch eine falsche Eingabe auf dem entsprechenden Datenblatt, betreffend die Höhe der Ermittlung des Bemessungsentgelts. Diesen Fehler konnte die Klägerin nicht erkennen, er fungiert dementsprechend nicht zu Lasten der Klägerin als Bezugspunkt eines grob fahrlässigen Nichtwissens.
b. Die tatsächlichen oder rechtlichen Mängel ergeben sich aber aus dem Bewilligungsbescheid und anderen Umständen.
Der Mangel ergibt sich nur teilweise aus dem Bewilligungsbescheid. Dieser ist in sich schlüssig. Er erläutert zwar den grundsätzlichen Berechnungsweg auch unter Inbezugnahme des Begriffs "Bemessungsentgelt" und stellt auf der Rückseite die Leistungsberechnung in ihren einzelnen Schritten dar, sagt aber nicht, wie die Beklagte das Bemessungsentgelt im konkreten Fall der Klägerin ermittelt hat. Der hier zur Überzahlung führende Fehler liegt im Ansatz, und zwar in dem Eingabeblatt, das die Klägerin nicht kannte. Zur vollen Überzeugung des Senats steht insoweit mithin lediglich fest, dass die Klägerin den Ausgangspunkt und die Abfolge der in den Bewilligungsbescheiden beschriebenen Rechenschritte nachvollziehen konnte.
Die Mängel ergeben sich aber aus dem Bescheid in Verbindung mit anderen Umständen, und zwar aus der Höhe des Zahlbetrags. Insofern ist zunächst ist festzustellen, dass allgemein bekannt war, dass die Umstellung von DM- auf Euro-Beträge zum Jahreswechsel 2002 im Verhältnis von ungefähr 2 zu 1 (2 DM = 1 EUR) erfolgt ist; hiervon geht der erkennende Senat (vgl. dazu die Urteile vom 19.05.2006, Az.: L 8 AL 16/06, 07.07.2006, Az.: 116/05, 25.08.2006, Az.: L 8 AL 218/05) mit den Landessozialgerichten Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 13.06.2007, L 12 AL 97/06), Berlin (Urteil vom 20.10.2004, L 6 AL 65/03) und Baden-Württemberg (Urteil vom 12.09.2006, L 13 AL 1070/05) aus. In Verbindung mit diesen allgemein bekannten Umständen ergeben sich die Mängel der Bewilligungsbescheide vom 12.07.2002 vorliegend daraus, dass die Klägerin in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit diesen Bescheiden einen Alhi-Bewilligungsbescheid vom 04.07.2002 mit einem Betrag von 164,43 DM wöchentlich für das Jahr 2001 erhalten hat. Ferner ergeben sich die Mängel auch im Zusammenspiel mit dem früheren Bescheid vom 05.01.2001, der die niedrigeren Alhi- Beträge in beiden Währungen ausweist (168,14 DM und 85,97 EUR). In diesem Zusammenhang stellt der Senat auch ausdrücklich fest, dass die Klägerin in ihrem Schreiben vom 07.07.2008 selbst einräumt, dass ihr der Betrag der mit den Bescheiden vom 12.07.2002 erfolgten Bewilligung ungewöhnlich hoch erschienen war.
c. Diese tatsächlichen bzw. rechtlichen Mängel waren unter Zugrundelegung des Einsichtsvermögens der Klägerin ohne weiteres erkennbar. Grobe Fahrlässigkeit ist im Sinne des hier maßgeblichen subjektiven Fahrlässigkeitsbegriffs gegeben.
Grobe Fahrlässigkeit ist nach der Legaldefinition des § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X nur gegeben, wenn der Kläger die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt, wer schon einfachste, ganz nahe liegende Überlegungen nicht anstellt und daher nicht beachtet, was im gegebenen Fall jedem einleuchten muss (BSGE 42, 184, 187; BSGE 62, 32, 35). Entscheidend für die Beurteilung der groben Fahrlässigkeit sind stets die besonderen Umstände des Einzelfalles und die individuellen Fähigkeiten des Betroffenen, d.h. seine Urteils- und Kritikfähigkeit, sein Einsichtsvermögen und im Übrigen auch sein Verhalten. Dabei ist das Maß der Fahrlässigkeit insbesondere nach der persönlichen Urteils- und Kritikfähigkeit, dem Einsichtsvermögen des Beteiligten sowie den besonderen Umständen des Falles zu beurteilen (subjektiver Fahrlässigkeitsbegriff; BSGE 35, 108, 112; 44, 264, 273, Urteil vom 05.02.2006, Az.: B 70 AL 58/05 R). Ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, ist im Wesentlichen eine Frage der Würdigung des Einzelfalles, die dem Tatsachengericht obliegt (BSGE SozR 2200 § 1301 Nr. 7; dazu auch Urteile des Senats vom 25.08.2006, L 8 AL 218/05; 07.07.2006, L 8 AL 116/05; vom 19.05.2006, L 8 AL 16/06).
Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze ist ein besonders schwerer Sorgfaltsverstoß der Klägerin zu bejahen.
Zum Einsichtsvermögen der Klägerin trifft der Senat folgende Feststellungen: Die Klägerin hat eine gute Schulbildung, sie hat ein langjähriges Studium unter anderem in Rechtswissenschaften durchgeführt, hat also trotz Fehlens eines entsprechenden Abschlusses juristische Vorkenntnisse, sie vermag sich sehr gut auszudrücken, stellt auch komplizierte Zusammenhänge schlüssig dar und war auch schon als Verwaltungsangestellte tätig. Anhaltspunkte für ein eingeschränktes Einsichtsvermögen konnte der Senat bei der Klägerin auch unter Berücksichtigung ihrer Erkrankung nicht feststellen. Schließlich lagen zur Überzeugung des Senats keine gesundheitlichen Gründe vor, die es der Klägerin unmöglich gemacht hätten, sich an die Beklagte zu wenden, um Aufklärung zu erlangen. Die Klägerin ist im Zusammenhang mit Zweifeln an Ihrer vollschichtigen Verfügbarkeit gerade zu der Zeit, als die hier involvierten Bewilligungsbescheide ergangen sind, gründlich medizinisch exploriert worden. Insbesondere das neurologisch/psychiatrische Gutachten der Dr. P. vom 03.04.2002, zeigt auf, das bei der Klägerin keine kognitiven Defizite bestehen. Die auch in Bezug auf die subjektiven Tatsachen erforderliche Überzeugung konnte der Senat, nachdem die Klägerin krankheitsbedingt am Erscheinen in einer mündlichen Verhandlung gehindert war, aufgrund der ausführlichen schriftlichen Äußerungen, insbesondere in ihrem Schreiben vom 07.07.2008, mit dem die Klägerin Fragen des Senats beantwortete, und aufgrund des Akteninhalts im Übrigen gewinnen.
Das Einsichtsvermögen der Klägerin zugrundelegend ist ein besonders schwerer Sorgfaltsverstoß gegeben.
Die Klägerin hat die erforderliche Sorgfalt verletzt. Auch wenn dies nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist, besteht eine Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001, B 11 AL 21/00 R). Diese Sorgfalt hat die Klägerin verletzt. Dies steht zur vollen Überzeugung des Senats aufgrund der eigenen Angaben der Klägerin fest. Sie räumt selbst ein, die Bewilligungsbescheide nur flüchtig zur Kenntnis genommen zu haben. Über die Pflicht zur Kenntnisnahme und Prüfung der Richtigkeit war die Klägerin durch Merkblätter, deren Erhalt und Kenntnisnahme sie mehrfach unterschriftlich bestätigt hat, belehrt worden.
Die Klägerin hat die Sorgfalt auch in besonders schwerem Maß verletzt.
Zwar war die falsche Eingabe auf dem entsprechenden Datenblatt betreffend die Höhe der Ermittlung des Bemessungsentgelts für die Klägerin nicht erkennbar. Die Klägerin hat aber die Bewilligungsbescheide mit ihren Zahlbeträgen zur Kenntnis genommen, wie ihre diesbezüglichen substantiierten Darlegungen im Klage- und Berufungsverfahren belegen. Zur vollen Überzeugung des Senats steht fest, dass die Klägerin die Zahlenangaben in dem Bewilligungsbescheid zutreffend zuordnen konnte. Diese Angaben lassen unter Zugrundelegung des Einsichtsvermögens der Klägerin eine Unrichtigkeit ohne weiteres erkennen. Sie hätte danach aufgrund einfachster und ganz nahe liegender Überlegungen bei Erhalt der Bescheide vom 12.07.2002 erkennen können, dass ihr ab dem 29.04.2002 die zu hohe Leistung nicht zustand. Auf der Rückseite der Bescheide ist unter anderem in verständlicher Weise erklärt, was Bemessungsgeld und Leistungsentgelt ist und wie die Berechnung der Leistung im Einzelnen vollzogen wird. Aufgrund dieser Hinweise konnte die Klägerin mit ihrer Schulbildung und ihren intellektuellen Fähigkeiten, von denen sich der Senat aufgrund ihrer zahlreichen Schriftsätze der Klägerin, zuletzt in einer auf Anfrage des Senats abgegebenen 19-seitigen handschriftlichen Stellungnahme, ein Bild machen konnte, die Unrichtigkeit der Leistungsberechnung ohne weiteres erkennen. Die Bewilligungsbescheide stellen auf der Rückseite die Leistungsberechnung in ihren einzelnen Schritten dar. Zur vollen Überzeugung des Senats steht fest, dass die Klägerin den Ausgangspunkt und die Abfolge dieser Rechenschritte nachvollziehen konnte. Das "Gesetzesdeutsch" ist für die Klägerin im Hinblick auf ihren Bildungsstand und ihre juristische Vorbildung gut verständlich. Zudem bezog die Klägerin ab 15.09.1997 Arbeitslosengeld und dann ab 07.06.1998 immer wieder Alhi-Leistungen von der Beklagten. Sie hatte auch schon Aufhebungs- und Erstattungsbescheide von der Beklagten erhalten, und zwar wegen Krankengeldbezugs (Aufhebungsbescheid vom 08.03.2000) und wegen fehlender Verfügbarkeit (Aufhebungsbescheid vom 07.03.2001), und diesbezüglich Erfahrungen in Widerspruchs- und Klageverfahren gemacht. Die Klägerin hatte insofern einschlägige Vorkenntnisse in Verwaltungsangelegenheiten, die sie auch in ihrem Schreiben vom 07.07.2008 nochmals darlegte.
Auch die bereits erwähnten allgemein bekannten Modalitäten der DM/Euro-Umstellung sprechen für eine grobe Fahrlässigkeit der Klägerin. Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür finden können, dass die Klägerin das Wissen um die allgemein bekannten Umstände der DM/EUR-Umstellung nicht hatte; dies wird auch von der Klägerin selbst nicht behauptet. Umgekehrt begründet sie ihre Rechtsbehelfe damit, dass sie von einer durch die Umstellung von DM auf Euro bedingten Teuerung und einer aus diesem Grunde höheren Leistung ausgegangen sei. Diese Ausführungen - ihre Richtigkeit unterstellt - lassen den Sorgfaltsverstoß nicht in einem milderen Licht erscheinen. Der Klägerin war bekannt, dass ihr Alhi unmittelbar vor der hier fraglichen Bewilligung noch in Höhe von wöchentlich 164,43 DM bewilligt worden ist. Schon aus diesem Grund hätte ihr auffallen müssen, dass die Alhi ab April nicht 134,89 EUR und damit um circa 60 % mehr betragen kann. Dieser Fehler ist so augenfällig, dass er der Klägerin "ins Auge springen" musste. Es entlastet die Klägerin auch nicht, dass sie die Bewilligungsbescheide nur flüchtig gelesen haben will (S. 15 des genannten Schreibens). Denn auch wenn dies nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt ist, besteht - wie bereits ausgeführt - eine Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001, B 11 AL 21/00 R). Zudem räumt die Klägerin selbst ein, die Bewilligungsbescheide ein zweites Mal zur Hand genommen zu haben, wobei ihr dann einiges aufgefallen sei (vgl. z.B. S.14 ihres Schreibens vom 07.07.2008, wonach sie gedacht habe, das sei ja ein eigenartiger Betrag). Die Klägerin hätte sich auch selbst mit der von ihr vorgebrachten Erklärung zu dem Besitzstandsbetrag in Ziffer 6 der Leistungsbescheide auseinander setzen können. Aus dieser Ziffer lässt sich unmöglich entnehmen, dass damit ein Kaufkraftausgleich in der Weise erfolgen sollte, wie ihn die Klägerin zu ihrer Rechtfertigung angenommen haben will. Wenn die Klägerin insoweit ausführt, sie habe gedacht, es handle sich hierbei um eine Angleichung der DM an den EUR, da sich ja die allgemeine Preisentwicklung seit 01.01.2002 kontinuierlich in Richtung eins zu eins (EUR im Verhältnis zu DM) bewegt habe, ist dies für den Senat unglaubwürdig. Dies widerspricht dem sonst gezeigten Intellekt und dem Erkenntnisvermögen der Klägerin.
Der Klägerin ist zwar zuzugestehen, dass sie die Überzahlung nicht verursacht hat und sie grundsätzlich nicht gehalten ist, zu Gunsten der Fachbehörde einen Bewilligungsbescheid des Näheren auf seine Richtigkeit zu überprüfen. Aber auch Leistungsempfängern, die richtige und vollständige Angaben gemacht haben, ist grobe Fahrlässigkeit dann vorzuwerfen, wenn der Fehler geradezu "in die Augen springt" (vgl. BSG, Urteil vom 08.02.2001 - Az.: B 11 AL 21/00 R). Dies ist vorliegend aus den genannten Gründen der Fall. Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass der Fehler, der zu der Überzahlung führte, allein in der Sphäre der Beklagten liegt, vermag dies die Klägerin mithin nicht zu entlasten. Entscheidend ist allein, dass auch der Klägerin grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen ist, was der Senat mit dem SG bejaht. Für eine Abwägung der Schwere der beiderseitigen Fahrlässigkeit bietet die gesetzliche Regelung des § 45 SGB X keinen tatbestandlichen Anknüpfungspunkt. Solchen Überlegungen hätte allenfalls im Rahmen einer Ermessensentscheidung Rechnung getragen werden können, die jedoch gemäß § 330 Abs. 2
SGB III nicht stattfindet (vgl. dazu auch LSG Berlin, Urteil vom 20.10.2004, L 6 AL 65/03).
Grob fahrlässig war das Verhalten der Klägerin insbesondere deshalb, weil sie sich ohne weiteres Rat bezüglich der Richtigkeit der Leistungsberechnung einholen konnte. Der Klägerin ist insofern vorzuwerfen, dass sie ihre Zweifel hat auf sich beruhen lassen und sich nicht um deren Aufklärung bemüht hat. Dieser Vorwurf erhebt sich in einem Ausmaß, der den Tatbestand einer groben Fahrlässigkeit erfüllt. Denn die Zweifel mussten angesichts des vorliegenden Sachverhaltes massiv sein. Daran ändert auch die im Klageverfahren abgegebene Einlassung der Klägerin nichts, ihr sei generell von Mitarbeitern der Arbeitsagentur stets über den Mund gefahren worden, wenn sie diese früher auf etwaige Fehler hingewiesen habe, so dass sie schließlich resigniert habe und die vermeintliche Unfehlbarkeit der Beklagten außer in himmelschreienden Fehlentscheidungen für sie Gesetz geworden sei. Zum einen waren - wie ausgeführt - mit den Bescheiden vom 09.07.2002 für die Klägerin ohne weiteres erkennbare Fehlentscheidungen gegeben. Zum anderen hält der Senat diesen Erklärungsversuch für eine unterlassene Aufklärung durch Nachfrage bei der Beklagten für unglaubwürdig. Denn die Klägerin hat im gesamten Verwaltungsverfahren gezeigt, dass sie ihre Rechte sehr stringent verfolgt hatte. Ferner würde das von der Klägerin beschriebene (und hier als wahr unterstellte) Verhalten der Mitarbeiter der Beklagten den Sorgfaltsverstoß, der mit dem angegebenen resignativen Hinnehmen von sich zugunsten der Klägerin auswirkenden Verwaltungsfehlern verbunden war, nicht in einem Maße abmildern, dass dies zur Annahme einer geringeren Fahrlässigkeit führen würde. Nach ihren eigenen Angaben ist der Klägerin die Überzahlung aufgefallen (vgl. z.B. S. 14 ihres Schreibens vom 07.07.2008, wonach sie gedacht habe, das sei ja ein eigenartiger Betrag). Insofern wäre sie zumindest verpflichtet gewesen, bei der Beklagten nachzufragen und sich nicht mit ihrer - nach dem oben Gesagten nicht nachvollziehbaren - Vermutung der Währungsumstellung oder einer Besitzstandsregelung zufrieden zu geben, zumal sie sich kurz darauf nach ihren Angaben selbst fragte, warum sie "gleich so viel mehr als vorher" bekomme (S.15 des genannten Schreibens). Eine einfache Nachfrage bei der Beklagten hätte die Fehlerhaftigkeit sofort zu Tage gefördert. Bezeichnend für das sorgfaltswidrige Verhalten der Klägerin ist auch ihre Einlassung im Schreiben vom 07.07.2008, dass sie immer dann, wenn sie Kontakt mit der Beklagten aufgenommen habe, finanzielle Nachteile erlitten habe. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist mithin ein besonders schwerer Verstoß gegen die Sorgfaltspflichten zu bejahen. Hinzu kommt, dass die Klägerin unter Zugrundelegung ihres Einsichtsvermögens und ihrer in zahlreichen Schriftsätzen unter Beweis gestellten sprachlichen Fertigkeiten ohne weiteres erkennen hätte können, dass mit einer Besitzstandswahrung allenfalls eine Erhaltung einer bereits innegehabten Position, aber keine, schon gar keine so umfangreiche Besserstellung gegenüber den Leistungen zu DM-Zeiten verbunden sein konnte. Legt man die Kenntnisnahme der Klägerin von dem entsprechenden Hinweis in den Bescheiden auf eine Besitzstandsregelung zugrunde, hätte sie auch insofern zumindest bei der Beklagten nachfragen müssen, was es mit dem Hinweis auf sich hat. Dass die erfolgte Überzahlung - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - von der Klägerin nicht zu vertreten ist, mindert den Verschuldensgrad nicht in einem Ausmaß herab, das die Bejahung grober Fahrlässigkeit ausschließt.
Die Klägerin war trotz ihrer Antriebsarmut auch im Stande, die erforderliche Sorgfalt aufzubringen und die gebotene Aufklärung herbeizuführen. Dies ergibt sich insbesondere aus den von der Klägerin in anderen Angelegenheiten durchgeführten Verwaltungsverfahren, ihrem intellektuellen Zuschnitt, ihrer Vorbildung und ihren gesundheitlichen Verhältnissen, die gerade für den hier fraglichen Zeitraum sehr gut dokumentiert sind.
Nach alledem wird bei der Klägerin unter Berücksichtigung ihrer Einsichts- und Urteilsfähigkeit durch die Verkennung der Fehlerhaftigkeit der Leistungshöhe und die Nichteinholung einer Beratung durch die Beklagte das Ausmaß einer schweren Obliegenheitsverletzung im Sinne einer groben Fahrlässigkeit nach § 45 Abs. 2 Nr. 3 2. Alt. SGB X erreicht.
Da die entsprechende Bewilligung rechtmäßig aufgehoben worden ist, sind die bereits erbrachten Leistungen gemäß § 50 Abs. 1 SGB X zu erstatten. An der Richtigkeit der Erstattungsforderung, die auch von der Klägerin der Höhe nach nicht in Frage gestellt wurde, hat der Senat keine Zweifel. Auf die entsprechenden aktenkundigen Berechnungen der Beklagten wird daher Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Sie trägt dem Umstand Rechnung, dass Klage und Berufung erfolglos blieben.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG nicht gegeben sind. Insbesondere handelt es sich bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit um eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls, bei der der Senat von den vom Bundessozialgericht aufgestellten Grundsätzen (dazu z.B. BSG, Urteil vom 08.02.2001, Az: B 11 AL 21/00 R = SozR 3-1300 § 45 Nr.45) ausgegangen ist.
Rechtskraft
Aus
Login
FSB
Saved