L 8 AL 420/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 34 AL 358/02
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 AL 420/05
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München
vom 14. September 2005 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des gesamten Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.



Tatbestand:


Die Klägerin, ein Unternehmen im Maschinenbau für Nutzfahrzeuge, wendet sich noch gegen ihre Heranziehung zur Erstattung von Arbeitslosengeld einschließlich hierauf entfallender Sozialversicherungsbeiträge in der Zeit vom 31.01.1996 bis 30.06.1996 gemäß § 128 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) für ihre ehemalige Mitarbeiterin H. W. (W.).

Die 1938 geborene W. war vom 01.07.1957 bis 30.06.1995 bei der Klägerin zuletzt als Sekretärin in A-Stadt beschäftigt. Durch Aufhebungsvertrag vom 20.12.1993 zum 30.06.1995 lösten die Beteiligten das Arbeitsverhältnis aus dringenden betrieblichen Erfordernissen infolge Auflösung des Arbeitsplatzes. Vorruhestandsleistungen und eine Abfindung wurden vereinbart. Ab 01.07.1995 bezog W. Arbeitslosengeld bis zur Feststellung von Altersrente ab dem 01.02.1998 (Bescheid der BfA vom 10. Dezember 1997).

Am 22.07.1999/22.09.1999 hörte die Beklagte zur Rückforderung und Erstattung gemäß § 128 AFG über den gesamten Leistungszeitraum der W. an. Dabei führte sie auch Befreiungstatbestände mit an und forderte zu entsprechendem Sachvortrag auf. Daraufhin stellte sich heraus, dass für das Wirtschaftsjahr 1994/95 mit Bescheid vom 27.09.1994 und laut Bescheid vom 23.07.1997 für das Geschäftsjahr 1996/97 gegenüber der Klägerin nicht personenbezogene/allgemeine Befreiungen vorlagen. Für das Geschäftsjahr 1995/96 war dies noch umstritten (Ablehnungsbescheid vom 20.08.1997/Widerspruchsbescheid vom 10.051999, geschätzte Erstattungsforderungen von insgesamt 3,4888 Millionen DM). Eine Klage war beim Sozialgericht München (S 36 AL 807/99) anhängig. Diese Klage erledigte sich am 31.10.2001, nachdem die Beklagte den angefochtenen Bescheid zurückgenommen hatte. Grund war entsprechend neuerer Rechtsprechung des BSG die Notwendigkeit einzelfallbezogener Bescheide über Erstattungen.

Mit Bescheiden vom 23.11.1999 zog die Beklagte die Klägerin zur Erstattung des für die ehemalige Arbeitnehmerin W. nach Vollendung deren 58. Lebensjahres ab 31.01.1996 bis zur Beendigung des Leistungsbezuges am 31.01.1998 erbrachten Arbeitslosengeldes einschließlich von Sozialversicherungsbeiträgen heran. In dem hiergegen eingelegten Widerspruch vom 01.12.1999 trug die Klägerin vor, sie sei für die Zeit vom 01.07.1996 bis 30.06.1997 allgemein von der Erstattungspflicht befreit. Die Befreiung von der Erstattungspflicht umfasse damit auch Leistungszeiträume, die vor oder nach diesem genannten Zeitraum lägen. Die Klägerin bezog sich dabei auf den Befreiungsbescheid vom 23.07.1997 gemäß § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG für das Geschäftsjahr vom 01.07.1996 bis 30.6.1997.

Durch den Änderungsbescheid vom 07.02.2002 ersetzte das Arbeitsamt A-Stadt die Bescheide vom 23.11.1999, begrenzte die Erstattungspflicht der Klägerin auf den Zeitraum vom 31.1.1996 bis 30.06.1996 und ermäßigte den Erstattungsbetrag auf insgesamt 21.646,56 DM. Zur Begründung führte sie aus, dass nach dem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W. (vom 12.05.1997, Ergänzung vom 03.07.1997) im Geschäftsjahr 1995/96 (01.07.1995 bis 30.06.1996) ein Gewinn von 62 Millionen DM erwirtschaftet worden sei. Die Klägerin sei deshalb in der Lage, die Erstattungsforderung nach § 128 AFG aus dem Unternehmensgewinn zu begleichen, ohne dass deswegen eine Existenzgefährdung des Unternehmens oder eine Gefährdung der verbleibenden Arbeitsplätze erwartet werden müsste. Wegen des für das Geschäftsjahr 1996/97 prognostizierten Verlustes in Höhe von 175 Millionen DM sei der Härtetatbestand des § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG ab 01.07.1996 anerkannt worden. Ab diesem Zeitpunkt entfalle die Erstattungsforderung. Auch seien die geschätzten Erstattungsforderungen der Beklagten für den gesamten Betrieb von 3,488 Millionen DM von angesichts des ermittelten Gewinns von 62 Millionen DM zumutbar und würden diesen nicht wirtschaftlich ruinieren. Später wird noch ausgeführt, dass bei der Klägerin ein Erstattungsvolumen für Austritte vom 01.07.1995 bis 30.06.1996 nach Vollendung des 58. Lebensjahres und für Austritte vor dem 01.07.1995 mit Vollendung des 58. Lebensjahres bis zum 30.06.1996 von 1,8 Mio. Euro mit ca. 180 Erstattungsfällen aufgelaufen sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 12.02.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Darin ist insbesondere ausgeführt, dass W. am 09.04.1999 aufgefordert worden sei mitzuteilen, ob sie während des Erstattungszeitraums arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei oder ob sich ihr Gesundheitszustand seit der Arbeitslosmeldung so sehr verschlechtert habe, dass eine andere Sozialleistung in Betracht gekommen wäre.

Mit der Klage beim Sozialgericht München (SG) vom 13.03.2002 wendet sich die Klägerin noch gegen die Heranziehung zur Erstattung von Arbeitslosengeld einschließlich von Sozialversicherungsbeiträgen für die ehemalige Arbeitnehmerin W. in der Zeit vom 31.01. 1996 bis 30.06.1996 in Höhe von insgesamt 21.646,56 DM (entspricht 11.067,71 Euro). Die Forderung wurde am 08.04.2002 befriedigt.

Zur Begründung der Klage hat die Klägerin die Entwicklung der wirtschaftlichen Ergebnisse der Klägerin in den Geschäftsjahren 1993/94, 1994/95, 1995/96 und 1996/97 dargelegt. In den Geschäftsjahren 1993/94 und 1994/95 hätten negative Betriebsergebnisse von 294 Millionen DM bzw. 42 Millionen DM hingenommen werden müssen. Im Geschäftsjahr 1995/96 habe das Betriebsergebnis bei 51 Millionen DM (ohne Beteiligungsergebnisse), bei Berücksichtigung der Beteiligungsergebnisse bei 62 Millionen DM gelegen. Für das Geschäftsjahr 1996/97 sei ein negatives Betriebsergebnis in Höhe von 183 Millionen DM (ohne Beteiligungsergebnisse) nachgewiesen. Selbst bei einer Bereinigung des Jahresergebnisses für 1995/96 um die Sonderfaktoren, wie beispielsweise Strukturmaßnahmen für Personalabbau wäre somit im Zeitraum 01.07.1993 bis 30.06.1996 immer noch ein Verlust von 274 Millionen DM zu verzeichnen gewesen. Nach den Umsatzrückgängen der Jahre 1992/93 um 9 % und 1993/94 um 10 % hätten die Umsatzzuwächse 1994/95 um 8 % und 1995/96 um 13,2 % aufgrund der durch Wettbewerbsdruck verursachten schlechten Erlössituation keine nachhaltige Verbesserung des betrieblichen Ergebnisses bewirkt. 1996/97 sei es wiederum zu einem Umsatzrückgang in der Größenordnung von rund 300 Millionen DM gekommen. Die Klägerin sei durch die Erstattungsforderung unzumutbar belastet, denn die Erstattung könne nicht aus dem Wertzuwachs des Unternehmens und dessen Erträgen erbracht werden. Vielmehr müsse auf die Unternehmenssubstanz zurückgegriffen werden. Auch eine isolierte Betrachtung des abgelaufenen Geschäftsjahres 1995/96 (Gewinn mit Beteiligungen 62 Millionen DM) belege eine Substanzgefährdung des Unternehmens, weil damit die erforderliche Eigenkapitalverzinsung nicht erreicht werde (Im langfristigen Mittel ließen sich mit risikolosen Wertpapieren, z.B. Bundesobligationen, Renditen von etwa 7 % erzielen. Hinzu müsse noch ein angemessener Zuschlag für das unternehmerische Wagnis von etwa 50 % der für risikolose Erträge erzielbaren Zinsen gerechnet werden, so dass von einem hier maßgeblichen Zinssatz von ca. 10,5 % ausgegangen werden müsse.). Bei der Ermittlung der geschützten Unternehmenssubstanz müsse auf die Gewinn- und Verlustrechnung aus der operativen Tätigkeit des Unternehmens, d.h. das Betriebsergebnis, abgestellt werden. Keine Bedeutung hätten in diesem Zusammenhang Erträge von Tochtergesellschaften wegen der gemäß § 128 Abs. 5 AFG eingeschränkten Konzernbetrachtung. Erreiche die operative Tätigkeit eines Unternehmens keine angemessene Eigenkapitalverzinsung, stelle dies eine Gefährdung von Arbeitsplätzen dar und es entfalle die Erstattungspflicht unabhängig von den Beteiligungserträgen. Die geschützte Unternehmenssubstanz umfasse einen Gewinn bis zur Grenze der angemessenen Eigenkapitalverzinsung.

Durch Urteil vom 14. September 2005 hat das SG die Klage abgewiesen. Aus dem Gewinn von 62 Millionen DM im Geschäftsjahr vom 01.07.1995 bis 30.6.1996 sei die Klägerin ohne Gefährdung des Unternehmens in der Lage gewesen, die festgestellte Erstattungsforderung von 21.646,56 DM zu begleichen. Ein Rückgriff auf die Unternehmenssubstanz sei damit nicht gegeben.

Hiergegen hat die Klägerin Berufung zum Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Zur Begründung führte sie an, dass eine Verzinsung von 100,83 Millionen DM auf das eingesetzte Kapital bei dem im Geschäftsjahr 1995/96 erzielten Gewinn von 62 Millionen DM unterschritten und daher eine Gefährdung der Unternehmenssubstanz gegeben sei. Das Eigenkapital der Klägerin habe sich zum 30.6.1996 auf 960,3 Millionen DM belaufen. Für das Geschäftsjahr 1995/96 errechne sich ausgehend von diesen Daten, nach Abzug der entsprechenden Rückstellungen für Erstattungsfälle nach § 128 AFG in Höhe von 3,488 Millionen DM eine Eigenkapitalverzinsung in Höhe von nur 4,9 %. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass die Klägerin in den Geschäftsjahren 1993/94 und 1994/95 Verluste von 294 Millionen DM und 42 Millionen DM gemacht habe. Auch im Geschäftsjahr 1996/97 läge erneut ein Verlust (von 183 Millionen DM) vor. Betrachte man die Ergebnissituation des Zeitraumes 01.07.1993 - 30.06.1996, habe die Klägerin saldiert einen Verlust von 274 Millionen DM hinzunehmen. Insofern relativiere sich der Gewinn des strittigen Geschäftsjahres 1995/96 deutlich. Berücksichtigt werden müsse dabei auch die Tatsache, dass die Klägerin im Zeitraum 01.07.1993 bis 30.06.1996 einen Personalabbau von 1.791 Arbeitnehmer durchführen musste. Dies spreche dafür, dass Erstattungsleistungen nur durch einen weiteren Personalabbau kompensiert werden konnten. In diesem Zusammenhang sei darauf hinzuweisen, dass bei der Klägerin ein Erstattungsvolumen für Austritte vom 01.07.1995 bis 30.06.1996 nach Vollendung des 58. Lebensjahres und für Austritte vor dem 01.07.1995 mit Vollendung des 58. Lebensjahres bis zum 30.06.1996 von 1,8 Millionen Euro mit ca. 180 Erstattungsfällen aufgelaufen sei. Die Schwelle der Unzumutbarkeit sei bereits bei einer wirtschaftlichen Belastung unterhalb der Schwelle der Existenzgefährdung anzunehmen (Bundesverfassungsgericht vom 23.01.1990 - 1 BvL 44186 48/87), wenn durch die Erstattung verbleibende Arbeitsplätze gefährdet werden.

Die Beklagte ist vom Senat um Stellungnahme zur jüngsten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 10.05.2007, Aktenzeichen B 7a AL 14/06 R) gebeten worden. Insbesondere zu den Fragen der Berücksichtigung der wirtschaftlichen Gesamtsituation des Unternehmens, des Abstellens auf die wirtschaftliche Situation "des Unternehmens" (früher schon BSG, Urteil vom 22.03.2001 - B 11 AL 50/00 R - BSGE 88, 31, 39). Danach muss zwischen der Arbeitsplatzgefährdung und der Erstattungspflicht ein ursächlicher Zusammenhang bestehen ("Theorie der wesentlichen Bedingung", vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1991 - 11 RAr 81/90 - BSGE 69, 108, 111 f.) und die Erstattungsforderung muss im Verhältnis zur Einsparung durch die vorgenommene Personalverminderung nicht unwesentlich sein (vgl. BSG, Urteil vom 21.11.2002 - B 11 AL 37/02 R, juris Rn. 29). Als Antwort hat die Beklagte am 31.03.2008 geäußert, dass eine Saldierung der Gewinne mit den Verlusten der Vor- und Folgejahre bereits wegen des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit der M. AG ausscheide. Danach würden die Verluste der Beklagten von der M. AG übernommen, so dass der erhebliche Gewinn im Geschäftsjahr 1995/96 isoliert betrachtet werden könne. Darüber hinaus ergebe sich auch aus § 128 AFG, dass Erstattungen vierteljährlich nachträglich zu leisten seien, also gerade nicht nach Betrachtung des Verlaufs folgender Geschäftsjahre. Im Hinblick auf einen Gewinn von 62 Millionen DM sei angesichts der im Verhältnis unwesentlichen Erstattungssumme von geschätzten 3,488 Millionen DM nicht nachvollziehbar, dass die Erstattungspflicht wesentliche Bedingung für einen angeblich drohenden Arbeitsplatzabbau sein könne. Eine prognostische Wertung könne also nicht zu dem Ergebnis führen, dass die Auswirkungen der Erstattungsforderung verbleibende Arbeitsplätze gefährden würde. Es würde nochmals darauf hingewiesen, dass in den Vor- und Folgejahren aufgrund der Betriebsergebnisse auf Erstattung verzichtet worden sei, wodurch der wirtschaftlichen Situation der Klägerin insgesamt ausreichend Rechnung getragen worden sei. Darauf folge auch, dass über mehrere Jahre hin zwar Kosten durch den Personalabbau gespart würden, aber nur für ein Jahr eine Erstattung gefordert werde. Auch deshalb sei die Erstattungssumme im Verhältnis über die über Jahre hinweg gesparten Personalkosten nur unwesentlich.

Die Erwiderung der Klägerin merkt an, dass bei der Frage der unzumutbaren Belastung auf das Unternehmen und nicht auf den Konzern abzustellen sei. Letztlich gehe es um die Frage der Auslegung einer unzumutbaren Belastung im Lichte der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Dieser Begriff sei sehr weit auszulegen.

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 14. September 2005 sowie die Bescheide des Arbeitsamts A-Stadt vom 23.11.1999 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 07.02.2002 jeweils in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 12.02.2002 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 14.09.2005 zurückzuweisen.

Beigezogen sind die Akten beider Instanzen und die Leistungsakte der Agentur für Arbeit A-Stadt A. in Sachen H. W., daneben Sozialgerichtsakten wegen allgemeiner Befreiung und in Sachen D. B. sowie zwei Betriebsakten über die Klägerin.



Entscheidungsgründe:


Die Berufung ist angesichts der Rückforderungssumme ohne Zulassung zulässig. Dem Gegenstand nach ist sie auf Kassation des Forderungsbescheides gerichtet. Die isolierte Anfechtungsklage reicht aus, um optimalen Rechtsschutz sicherzustellen. Bei deren Erfolg ist auch zu erwarten, dass die Beklagte, da die Erstattung bereits geleistet worden ist, die Rückzahlung erbringt.

Die Berufung ist unbegründet.

Gegenstand der Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG) ist der Bescheid vom 23.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 12.02.2002 im Sinne von § 96 SGG geändert durch den Änderungsbescheid vom 07.02.2002, mit dem letztlich festgestellt wird, dass die Klägerin und Berufungsklägerin (im folgenden Klägerin) als ehemalige Arbeitgeberin gemäß § 128 AFG zur Erstattung des an W. geleisteten Arbeitslosengeldes im Zeitraum vom 31.01.1996 bis 30.06.1996 in Höhe von 21.646,56 DM (11.067,71 Euro) verpflichtet ist.

Der Bescheid vom 07.02.2002 berührt die Klägerin nicht in ihren verfassungsgemäßen Rechten. Die Beklagte hatte hierzu eine Befugnis durch eine Norm des öffentlichen Rechts, die der Verfassung entspricht, und deren Voraussetzungen erfüllt waren. § 128 AFG erlaubt diesen Eingriff, ohne dass Entlastungstatbestände vorliegen. An der Verfassungsgemäßheit dieser Norm bestehen keine Zweifel (zuletzt Urteil des BSG vom 20.06.2002, Az.: B 7 AL 8/01 R, aber auch vom 7. Februar 2002). Beide mit dem Arbeitsförderungsrecht befassten Senate des BSG sind der Auffassung, dass die Erstattungspflicht des Arbeitgebers gemäß § 128 AFG bzw. § 147a SGB III als solche keine verfassungsrechtlichen Bedenken aufwirft (Urteil des 11. Senat vom 22. März 2001, BSGE 88, 31, 41 = SozR 3-4100 § 128 Nr. 12). Diese Normen stehen mit der Verfassung in Einklang, insbesondere nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 23.01.1990 (BVerfGE 81, 156 = SozR 3-4100 § 128 Nr. 1).

§ 128 AFG in der hier maßgeblichen Fassung vom 26.07.1994 (eingef. durch Art. 1 Nr. 36 G. vom 18.12.1992 I 2044) lautet auszugsweise folgendermaßen:

(1) Der Arbeitgeber, bei dem der Arbeitslose innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs. 2 die Rahmenfrist bestimmt wird, mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden hat, erstattet der Bundesanstalt vierteljährlich das Arbeitslosengeld für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen, längstens für 624 Tage; § 104 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Satz 3 gilt entsprechend. Die Erstattungspflicht tritt nicht ein, wenn das Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 56. Lebensjahres des Arbeitslosen beendet worden ist, der Arbeitslose auch die Voraussetzungen für eine der in § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 genannten Leistungen oder für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit erfüllt oder der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass
1. a) bei Arbeitslosen deren Arbeitsverhältnis vor Vollendung des 57. Lebensjahres beendet worden ist: der Arbeitslose innerhalb der letzten 18 Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs. 2 die Rahmenfrist bestimmt wird, insgesamt weniger als 15 Jahre
b) bei den übrigen Arbeitslosen: der Arbeitslose innerhalb der letzten zwölf Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs. 2 die Rahmenfrist bestimmt wird, insgesamt weniger als zehn Jahre
zu ihm in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat,
2. er in der Regel nicht mehr als 20 Arbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten beschäftigt; § 10 Abs. 2 Satz 2 bis 6 des Lohnfortzahlungsgesetzes gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das Kalenderjahr maßgebend ist, das dem Kalenderjahr vorausgeht, in dem die Voraussetzungen des Satzes 1 für die Erstattungspflicht erfüllt sind,
3. der Arbeitslose das Arbeitsverhältnis durch Kündigung beendet und weder eine Abfindung noch eine Entschädigung oder ähnliche Leistung wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhalten oder zu beanspruchen hat,
4. er das Arbeitsverhältnis durch sozial gerechtfertigte Kündigung beendet hat; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes findet keine Anwendung, das Arbeitsamt ist an eine rechtskräftige Entscheidung des Arbeitsgerichts über die soziale Rechtfertigung einer Kündigung gebunden,
5. er bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt war, das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist oder mit sozialer Auslauffrist zu kündigen,
6. sich die Zahl der Arbeitnehmer in dem Betrieb, in dem der Arbeitslose zuletzt mindestens zwei Jahre beschäftigt war, um mehr als 3 vom Hundert innerhalb eines Jahres vermindert und unter den in diesem Zeitraum ausscheidenden Arbeitnehmern der Anteil der Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet haben, nicht höher ist als es ihrem Anteil an der Gesamtzahl der im Betrieb Beschäftigten zu Beginn des Jahreszeitraumes entspricht. Vermindert sich die Zahl der Beschäftigten im gleichen Zeitraum um mindestens 10 vom Hundert, verdoppelt sich der Anteil der älteren Arbeitnehmer, der bei der Verminderung der Zahl der Arbeitnehmer nicht überschritten werden darf. Rechnerische Bruchteile werden aufgerundet. Wird der gerundete Anteil überschritten, ist in allen Fällen eine Einzelfallentscheidung erforderlich,
7. der Arbeitnehmer im Rahmen eines kurzfristigen drastischen Personalabbaus von mindestens 20 vom Hundert aus dem Betrieb, in dem er zuletzt mindestens zwei Jahre beschäftigt war, ausgeschieden ist und dieser Personalabbau für den örtlichen Arbeitsmarkt von erheblicher Bedeutung ist.
(2) Die Erstattungspflicht entfällt, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass
1. in dem Kalenderjahr, das dem Kalenderjahr vorausgeht, für das der Wegfall geltend gemacht wird, die Voraussetzungen für den Nichteintritt der Erstattungspflicht nach Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 erfüllt sind, oder
2. die Erstattung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde, weil durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens oder die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet wären. Insoweit ist zum Nachweis die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle erforderlich.
(3) Die Erstattungsforderung mindert sich, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass er
1. nicht mehr als 40 Arbeitnehmer oder
2. nicht mehr als 60 Arbeitnehmer
im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 2 beschäftigt, um zwei Drittel im Falle der Nummer 1 und um ein Drittel im Falle der Nummer 2. Für eine nachträgliche Minderung der Erstattungsforderung gilt Absatz 2 Nr. 1 entsprechend.
(4) Soweit nach Absatz 1 Arbeitslosengeld zu erstatten ist, schließt dies die auf diese Leistung entfallenden Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung ein.
(5) Konzernunternehmen im Sinne des § 18 des Aktiengesetzes gelten bei der Ermittlung der Beschäftigungszeiten als ein Arbeitgeber. Die Erstattungspflicht richtet sich gegen den Arbeitgeber, bei dem der Arbeitnehmer zuletzt in einem Arbeitsverhältnis gestanden hat ...

Die Anwendung dieser Norm ist weder ausgeschlossen durch den in Bezug genommenen Leistungszeitraum der Arbeitnehmerin W., noch den Entscheidungszeitpunkt des erkennenden Gerichts nach der Ersetzung dieser Norm. Dies folgt trotz der Aufhebung des § 128 AFG durch Art. 11 Nr. 27 des Arbeitsförderungs-Reformgesetzes (AFRG) vom 24.03.1997 (BGBl I 594) mit Wirkung ab 01.04.1997 (Art. 83 Abs. 3 AFRG) und der Einführung des § 147a Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) erst ab 01.04.1999 aus § 431 Abs. 1 SGB III, der die Geltung der Übergangsvorschrift zum AFRG in § 242x Abs. 6 AFG weiterhin anordnet; § 431 Abs. 2 SGB III ist demgegenüber nicht anwendbar (vgl. Urteil des BSG vom 13. Juli 2006, B 7a AL 32/05 R, SozR 4-4100 § 128 Nr. 5, Rdnr. 13). Nach § 242x Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 AFG ist § 128 AFG weiterhin anzuwenden, wenn die Erstattung Leistungen für Personen betrifft, die innerhalb der Rahmenfrist mindestens 360 Kalendertage vor dem 01.04.1997 in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden haben. Dies war bei W. der Fall.

Alle Tatbestandsmerkmale der Befugnis zum Eingriff liegen vor.

So war W. vom 01.07.1957 bis 30.06.1995 bei der Klägerin beschäftigt und stand damit bei der Klägerin mindestens 720 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung innerhalb der letzten vier Jahre vor dem Tag der Arbeitslosigkeit, durch den nach § 104 Abs. 2 AFG die Rahmenfrist bestimmt wird. Weiter hatte die 1938 geborene W. am 31.01.1996 das 58. Lebensjahr vollendet, so dass die Forderung für die Zeit nach Vollendung des 58. Lebensjahres des Arbeitslosen erfolgt. Schließlich ist das Arbeitsverhältnis nicht vor Vollendung des 56. Lebensjahres der W. beendet worden. Dieses wurde zwar schon durch Aufhebungsvertrag vom 20.12.1993 aber erst zum 30.06.1995 beendet. Es kommt nicht auf den Abschluss des Vertrages, sondern die tatsächlichen Rechtswirkungen (Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 30.06.1995 an (vgl. Spellbrink/Eicher, Rdnr. 18 zu § 147a SGB III zur gleichen Problematik wie früher). Auch die Dauer der maximalen Erstattungsforderung von längstens 624 Tage ist bei einer Erstattung für die Zeit vom 31.01.1996 bis 30.6.1996, ausgehend vom 01.07.1995 nicht überschritten.

Es ist auch nicht nachgewiesen, dass W. für eine der in § 118 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 bis 4 AFG genannten Leistungen oder für eine Rente wegen Berufsunfähigkeit die Voraussetzungen erfüllt. Die dort genannten Lohnersatzleistungen sind: Krankengeld, Versorgungskrankengeld, Verletztengeld, Mutterschaftsgeld, Übergangsgeld, Rente wegen Erwerbsunfähigkeit, Altersruhegeld. Altersruhegeld war damals frühestens nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich (bei W. im Jahre 1998) und wurde laut Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt Deutsche Rentenversicherung Bund) erst am 10.12.1997 festgestellt. Gesundheitliche Einschränkungen bestanden nicht. Die beigezogene Leistungsakte von W. gibt darauf keinerlei Hinweise. W. wurde dazu selbst schon im Verwaltungsverfahren der Klägerin befragt und gab am 19.05.1999 negative Antworten.

Auch weitere Entlastungstatbestände nach § 128 Abs. 1 AFG liegen nicht vor. Diese sind von der Klägerin weder dargelegt noch nachgewiesen. So war (vgl. § 128 Abs. 1 Nr. 1 AFG) W. 38 Jahre bei der Klägerin beschäftigt (nicht insgesamt weniger als 15 Jahre bei Vollendung des 57. Lebensjahres). Des Weiteren waren bei der Klägerin selbstverständlich mehr als 20 Arbeitnehmer beschäftigt (§ 128 Abs. 1 Nr. 2 AFG). Auch löste sich das Arbeitsverhältnis der Klägerin nicht durch eine Kündigung (vgl. § 128 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 und 5 AFG). Auch hat die Klägerin nicht massive Entlassungen im Sinne von § 128 Abs. 1 Nrn. 6 und 7 AFG darlegt und nachgewiesen. Im maßgeblichen Zeitraum der Erstattung hat sich damit die Zahl der Arbeitnehmer nicht um mehr als 3 vom Hundert innerhalb eines Jahres mit einem unterdurchschnittlichen Anteil älterer Arbeitnehmer, die das 56. Lebensjahr vollendet haben, vermindert. Für eine Verminderung um mindestens 10 vom Hundert liegen keine Anhaltspunkte vor. Schon gar nicht fand ein kurzfristiger drastischer Personalabbau von mindestens 20 vom Hundert statt. So musste nach Angaben der Klägerin vom Stand 30.06.1993 von 21.980 Mitarbeitern bis Ende des Geschäftsjahres 1995/1996 eine Anpassung auf 20.196 Mitarbeiter erfolgen, was einem Abbau von 1.791 Arbeitnehmern, d.h. 8,15% über drei Jahre entspricht.

Die Erstattungspflicht entfällt auch nicht deswegen, weil sich die Klägerin auf Entlastungstatbestände nach § 127 Abs. 2 AFG berufen könnte. Während § 127 Abs. 2 Nr. 1 AFG dieses Tatbestandes schon tatbestandlich ausscheidet, ist nach § 127 Abs. 2 Nr. 2 AFG folgendes bestimmt:

Die Erstattungspflicht entfällt, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass die Erstattung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde, weil durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens (1. Alternative) oder die nach Durchführung des Personalabbaus verbleibenden Arbeitsplätze gefährdet (2. Alternative) wären. Insoweit ist zum Nachweis die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle erforderlich.

Hinsichtlich der Gefährdung des Fortbestandes des Unternehmens ist das Eigentumsrechts der Beklagten und die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten. Nach dem Senatsurteil des Bundesverfassungsgerichts vom 23.01.1990 (Aktenzeichen: 1 BvL 44/86, 1 BvL 48/87) ist bei der Auslegung von AFG § 128 Abs. 4 S. 1 i.d.F. vom 22.12.1981 (unzumutbare wirtschaftliche Belastung) zu berücksichtigen, dass die Schwelle der Unzumutbarkeit bereits bei einer wirtschaftlichen Belastung vor der Existenzgefährdung anzusetzen ist und auch Umstände nicht finanzieller Art zu berücksichtigen sind (vgl. BSG, 1984-08-22, 7 RAr 112/83, SozR 4100 § 128 Nr.3).

Die Klägerin beruft sich aber zu Unrecht auf den Befreiungstatbestand des § 128 Abs. 2 Nr. 2 (1. Alternative) AFG, weil die Erstattung für sie keine unzumutbare Belastung in dem Sinne bedeutet, dass durch die Erstattung der Fortbestand des Unternehmens gefährdet ist. Dabei ist eine umfassende Betrachtung der wirtschaftlichen Situation anzustellen (vgl. Urteil des BSG vom 10.05.2007, Az.: B 7a AL 14/06 R). Dies entspricht der bisherigen Rechtsprechung des BSG. Danach wird nicht auf die Situation im Betrieb oder in Teilen des Unternehmens, sondern im gesamten Unternehmen abgestellt (BSGE 88, 31, 39 = SozR 3-4100 § 128 Nr. 12). Auch das BAG behandelt in seiner Rechtsprechung zu § 16 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) das "operative Ergebnis" eines Wirtschaftsjahres nur als Anhaltspunkt für die Beurteilung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (BAGE 83, 1, 9 f = AP Nr. 35 zu § 16 BetrAVG). Aussagekräftig ist es nur, wenn es Schlüsse auf die tatsächliche wirtschaftliche Entwicklung zulässt. Danach sind Erträge aus Beteiligungen zu berücksichtigen und nicht nur das operative Geschäft. Dies ergibt sich auch aus einer unternehmensbezogenen Betrachtungsweise (vgl. dazu Urteil des BSG vom 10.05.2007, Rndnr. 15 in der Veröffentlichung von Juris).

Danach liegt zur Überzeugung des Senats, die sich aus den vorliegenden Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W. vom 12.05.1997 mit Ergänzungen vom 03.07.1997 ergibt, im Wirtschaftsjahr 1995/96 ein Gewinn von 62 Millionen DM vor, der voll (also mit Ergebnisübernahmen aus Gewinnabführungsverträgen) zu berücksichtigen ist (vgl. dazu das Urteil des Bundessozialgerichts vom 10.05.2007, Az.B 7a AL 14/06 R). Dieser Zeitraum betrifft denjenigen der Rückforderung wegen der Arbeitnehmerin W. vom 31.01.1996 bis 30.06.1996. Bei Betrachtung eines größeren Zeitraums mit Berücksichtigung der davor und danach liegenden Verluste sind die Relationen von Erstattungsforderungen und Gewinn - und Verlustzahlen derart disproportional, dass von einer Kausalität im Sinne einer Gefährdung des Fortbestands des Unternehmens zur Überzeugung des Senats nicht ausgegangen werden kann. Insoweit ist weiter festzustellen, dass, ausgehend von den von der Klägerin aufgelieferten Daten, wie sie sich in den genannten Gutachten der genannten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft vom 12.05.1997 ausweisen, im Zeitraum des gesamten Wirtschaftsjahres (1. Juli 1995 bis 30. Juni 1996) Erstattungsforderungen im Umfang von 3 Millionen DM (nach Erkenntnissen der Beklagten: 3,488 Millionen DM) bei ca. 180 Erstattungsfällen (Austritte vom 1. Juli 1995 bis 30. Juni 1996 und Kosten in diesem Zeitraum für bereits in der Vergangenheit liegende Austritte vor dem 1. Juli 1995) bestehen. Im Geschäftsjahr 1995/1996 (1. Juli 1995 bis 30. Juni 1996) hat die Klägerin einen Gewinn von 62 Millionen DM erwirtschaftet. 10 Millionen DM davon stammen aus zufließenden Beteiligungen. Für das folgende Geschäftsjahr ist ein Verlust in Höhe von 183 Millionen DM prognostiziert, der sich bei einem positiven Jahresergebnis vor Ergebnisabführung in Höhe von 52 Millionen DM nur aus betriebsfremden, außerordentlichen und periodenfremden Umständen ergibt (vgl. S. 10 des Gutachtens der deutschen Industrie-Treuhand). Hierunter mögen zwar auch die fortgeschriebenen Erstattungsforderungen in der bekannten Größenordnung von 3 Millionen DM fallen; sie stellen aber angesichts der Verschlechterung des betrieblichen Ergebnisses um 234 Millionen nur einen verschwindend geringen Teil dar. Zudem sind die Einsparungen zu berücksichtigen, die mit dem Abbau von Personal einhergehen, so die durch die Zahlung von Arbeitslosengeld ersparten Lohnkosten, ohne es unberücksichtigt zu lassen, dass weiterbestehende Unkosten durch Zahlungen aus der geplanten Personalreduzierung anfallen.

Die Betrachtung eines größeren als des Erstattungszeitraums mit Berücksichtigung der davor und danach liegenden Verluste führt auch zu keinem anderen Ergebnis, wenn die Verluste einer genaueren Analyse unterzogen werden. Damit ist zwar keine Saldierung vorzunehmen, wie es die Klägerbevollmächtigte fordert. Aber es ist anzuerkennen, dass vor diesem Geschäftsjahr und danach massive Verluste bestehen. In Würdigung aller in der Betriebsakte befindlichen Gutachten der genannten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft sowie des Unternehmens D. und T. zeigt sich, dass die insoweit ermittelten operativen Ergebnisse auf der nach der Rechtsprechung des BSG zu berücksichtigenden Beteiligungen beruhen. So zeigt schon das Gutachten vom 07.12.1995 für das Geschäftsjahr 1994/95 ein Jahresergebnis vor Ergebnisabführung von 133 Millionen DM auf, das sich als Fabrikationsergebnis zu einem Minus von 42 Millionen DM entwickelt. Zu einem ähnlichen Resultat gelangt das Gutachten vom 12. Mai 1997 für das Geschäftsjahr 1995/96 mit einem Jahresergebnis vor Ergebnisabführung von 159 Millionen DM und einem Fabrikationsergebnis von 51 Millionen DM. Für 1996/97 gelten 52 Millionen DM vor Ergebnisabführung und danach ein Minus von 183 Millionen DM. Dieses Ergebnis setzt sich nach dem Gutachten der Firma D. und T. vom 08.08.2003 fort, als in den Jahren 2000 bis 2003 positive Betriebsergebnisse von 78 Millionen DM , 44 Millionen DM, in 109 Millionen DM, in 171 Millionen DM angesichts von Abführungen von 12,1 Millionen DM, 129,75 Millionen DM und einer Million teilweise zu negativen operativen Ergebnissen führen. Diese Zahlen zeigen nach Ansicht des Senats auf, dass das wirtschaftliche Schicksal der Klägerin nicht von den relativ bescheidenen Erstattungszahlungen an die Beklagte bestimmt sind, sondern von der Konzerneinbindung und damit wieder von der Gesamtlage des Konzerns. Angesichts dieser Gesamtlage, die im Übrigen prognostisch betrachtet im Jahre 2003 zu einem massiven positiven Ergebnis von Jahr 128 Millionen Euro als operativen Ergebnis geführt hat, bestand wegen der Gesamterstattungen im ersten Halbjahr des Jahres 1996 keine Gefährdung des Fortbestandes der Klägerin. Schließlich wurde die Klägerin wegen der Beschränkung der Rückforderung nur auf das erste Halbjahr 1996 nicht unzumutbar im Sinne von § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG belastet. Insoweit beschränkte sich die Beklagte auf einen Teil der Rückforderung der gesamten Leistungen an die hier involvierte Arbeitnehmerin.

Auch die von der Klägerin geführte Argumentation zur Unterschreitung einer vermeintlich verfassungsrechtlich garantierten Eigenkapitalverzinsung überzeugt den Senat nicht. Sie führt an, dass dazu die Rechtsprechung des BAG zu § 16 BetrAVG heranzuziehen sei. Danach seien Rentenanpassungen auszusetzen, wenn der Gewinn nicht mehr einer angemessenen Eigenkapitalverzinsung zzgl. eines Risikozuschlags von ca. 3 % entspreche. Einen solchen Erstattungstatbestand hat der Gesetzgeber aber gerade nicht geschaffen, obwohl er § 128 AFG aufgrund der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 23. Januar 1990 nachgebessert hat. Das BVerfG hat in seinem Urteil die Erstattungspflicht im Wesentlichen für verfassungsgemäß erachtet, allerdings Teile der von ihm geprüften Regelungen für nichtig erklärt oder einer verfassungskonformen Auslegung zugeführt (vgl. BVerfGE 81, 156). Nachdem § 128 AFG in der Zeit vom 1. Juli 1991 bis zum 31. Dezember 1992 aufgehoben war, wurde der Erstattungstatbestand durch Art. 1 Nr. 36 des Gesetzes zur Änderung von Fördervoraussetzungen im Arbeitsförderungsgesetz und in anderen Gesetzen vom 18. Dezember 1992 (BGBl I S. 2044) mit Wirkung vom 1. Januar 1993 wieder in das Arbeitsförderungsgesetz eingefügt, ohne dass ein von der Klägerin gewünschter Tatbestand der Unterschreitung einer gewissen Eigenkapitalverzinsung Eingang das Gesetz gefunden hätte. Schließlich ist auch der Zweck des § 16 BetrAVG ein ganz anderer: Da Betriebsrenten langfristig zu zahlen sind und jede Erhöhung somit dauerhafte Auswirkungen auch für künftige Geschäftsjahre hat, ist es bei Rentenerhöhungen erforderlich, längerfristige Entwicklungen zu berücksichtigen. Insgesamt geht es aber dabei in der Rechtsfolge lediglich um eine Erhöhung um Betriebsrenten, nicht wie hier um Erstattungsforderungen, die als öffentlichrechtliche Verpflichtung nur in Härtefällen auszusetzen sind. Letztlich bedeutet es noch lange keine Gefährdung des Fortbestandes des Unternehmens, wenn eine derartige Verzinsung nicht erfolgt. Dann liegt lediglich eine geringere Rentabilität des Betriebes vor, die eventuell wirtschaftliche Entscheidungen erfordert. Der Zielkonflikt zwischen der Verantwortung der Arbeitgeber für ältere Arbeitnehmer und dem Schutz des Eigentums verlangt aber nicht, dass bei einem Überschuss von 62 Millionen, auf Erstattungsforderungen von 2,5 bzw. 1,75 Millionen verzichtet werden muss, was angesichts des Rückforderungszeitraums in etwa der Hälfte der im Geschäftsjahr angefallen Erstattungen entspricht.

Ebenso wenig kann sich die Klägerin auf den Befreiungstatbestand des § 128 Abs. 2 Nr. 2 zweite Alternative AFG berufen. Danach bedeutet die Erstattung eine unzumutbare Belastung, wenn durch die Erstattung nach Durchführung des Personalabbaus verbleibende Arbeitsplätze gefährdet wären. Dabei genügt der Vortrag des Arbeitgebers, dass der Verlust von weiteren Arbeitsplätzen abstrakt droht, die gefährdeten Arbeitsplätze oder Arbeitnehmer müssen nicht konkret bezeichnet werden (BSGE 88, 31, 38 = SozR 3-4100 § 128 Nr. 12). Denn durch die Anwendung der Härteregelung soll gerade vermieden werden, dass dem Arbeitgeber hypothetische Darlegungen abverlangt werden (vgl. Urteil des BSG vom 10.05.2007, Aktenzeichen: B /a AL 14/06 R). Sie stützt sich dabei zum Nachweis wiederum auf die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle, die Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft W. vom 12. Mai 1997, Ergänzungen vom 3. Juli 1997. Damals wurde - zeitaktuell - für das Jahr 1997, in dem die Begutachtung stattgefunden hat, aber retrospektiv für den Erstattungszeitraum ein Verlust für das Geschäftsjahr 1996/97 von 175 Millionen DM prognostiziert. Nach Ansicht der Klägerin müsste dann bei Hinzutritt der Erstattungsforderung eine weitere Kompensation der Finanzlage durch weiteren Personalabbau erfolgen. Diese Arbeitsplatzgefährdung stelle eine unzumutbare Härte dar.

Tatsächlich aber zeigt sich nach diesem insoweit vom Senat nicht in Zweifel gezogenen Gutachten, dass im Geschäftsjahr 1995/1996 eine Personalaufstockung um 421 Mitarbeiter erfolgt ist.

Echte prognostische Daten lagen angesichts des am 12.05.1997 erstellten Gutachtens ohnehin nicht mehr vor. Damit ist für den maßgeblichen Erstattungszeitraum von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen. Diese Betrachtungsweise erlaubt insbesondere die Rechtsprechung des BSG zu prognostischen Einschätzungen. Die Richtigkeit einer Prognose hängt danach zwar grundsätzlich nicht davon ab, ob sie durch die weitere wirtschaftliche Entwicklung bestätigt wird (Urteil des BSG vom 21.09.2000, Aktenzeichen: B 11 AL 7/00 R). Da § 128 AFG eine Ermächtigungsgrundlage für Teilentscheidungen im Sinne von Grundlagen- oder Befreiungsbescheiden nicht zu entnehmen ist, Erstattungsbeträge nach § 128 Abs. 1 Satz 1 AFG vierteljährlich fällig werden und allein die aktuelle Zahlungsverpflichtung eine Gefährdung verursachen kann, ist der Zeitpunkt für die Prognose maßgeblich, in dem der jeweilige Erstattungsbetrag zu erheben ist (vgl. Gagel, AFG, § 128 RdNr. 239; ders, Sozialgesetzbuch III, § 147a RdNr. 220 - Stand Juli 1999), das heißt hier für Januar bis Juli 1996. Macht die Klägerin erst später mit einer fachkundigen Stellungnahme geltend, die Erstattung gefährde die nach dem Personalabbau verbleibenden Arbeitsplätze, ist eine nachträgliche Prognose erforderlich. Die Richtigkeit einer Prognose hängt dann zwar grundsätzlich nicht davon ab, ob sie durch die weitere Entwicklung bestätigt wird (vgl. u.a. Entscheidung des BSG vom 21.09.2000, Az.: B 11 AL 7/00 R). Maßgeblicher Zeitpunkt für die Prognoseentscheidung ist der Zeitraum, in dem die Erstattung zu erbringen gewesen wäre; hier also die Leistungen für W. im Zeitraum Januar bis Juli 1996. Für die Prognose sind aber dennoch die zum maßgebenden Zeitpunkt verfügbaren Daten heranzuziehen. Das schließt aber die bestätigende oder bekräftigende Berücksichtigung weiterer Entwicklungen nicht aus (vgl. etwa: BSGE 70, 226, 228 = SozR 3-4100 § 45 Nr. 2 m.w.N.; BAGE 83, 1, 9 f = AP Nr. 35 zu § 16 BetrAVG). Eine gesetzlich geforderte Prognose ist fehlerfrei und verbindlich, wenn sie auf sorgfältig ermittelten Tatsachen gründet und nachvollziehbar ist, weil sie insbesondere nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (Urteil des BSG vom 30.08.2007 - B 10 EG 6/06 R im Anschluss an die Entscheidung vom 02.10.1997 - 14 Reg 10/96 - SozR 3-7833 § 6 Nr. 15). Es wäre aber wirklichkeitsfremd, bei Vorliegen der im Zeitraum tatsächlich betreffenden Daten, die sie außer acht zu lassen. Letztlich lagen aber auch keine abweichenden prognostischen Daten vor, wonach für das Wirtschaftsjahr 1995/1996 ein Personalabbau vorausgesagt worden wäre.

Auch der Umstand, dass die Klägerin anführt, dass ein breiter gezogener Zeitraum betrachtet werden müsse, führt nicht zur Entlastung von der Erstattungsverpflichtung. Betrachtet man die gesamte wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens, hier im Hinblick auf die Personalentwicklung. Denn es zeigt sich gerade, dass der massivste Personalabbau weit vor dem hier involvierten Zeitraum stattgefunden hat, nämlich in der Wirtschaftsperiode 1992/1994. Darüber hinaus wurden zwar 1996/1997 insgesamt 576 Arbeitnehmer abgebaut, aber für die Jahre 2001 und 2002 war wieder ein Mitarbeiterstand zu verzeichnen ist, der immer noch über dem des Wirtschaftsjahres 1995/1996 gelegen war. Diese Erkenntnis lässt sich aus dem Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft D. und T. für die Geschäftsjahre 2001 und 2002 gewinnen. Demnach erhält der Senat auch aus der Betrachtung der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung im Hinblick auf einen Personalrückgang nicht die volle Überzeugung davon, dass gerade durch Realisierung der Erstattungsforderungen weitere Arbeitsplätze gefährdet worden wären.

Schließlich trägt die Beklagte der Gesamtsituation ohnehin schon dadurch Rechnung, dass sie sich in ihrer Rückforderung bezogen auf die gesamte Leistungsdauer der hier involvierten Arbeitnehmerin/Versicherten auf ein halbes Jahr beschränkt.

Insgesamt ist der Senat bzw. die Beklagte nicht verpflichtet, die im Gutachten der Deutschen Industrie- Treuhand gezogenen Schlussfolgerungen unbesehen zu übernehmen. § 128 Abs. 2 Nr. 2 AFG führt zwar an, dass die Erstattungspflicht entfällt, wenn der Arbeitgeber darlegt und nachweist, dass die Erstattung für ihn eine unzumutbare Belastung bedeuten würde und dass zum Nachweis die Vorlage einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle erforderlich ist. Das genannte Gutachten bindet seinem Inhalt nach die Beklagte nicht in ihrer Entscheidung. Die o.g. Vorschrift besagt lediglich, dass Elemente des Beibringungsgrundsatzes im Sinne einer Darlegung eingebracht werden und keine Ermittlung von Amts wegen ausgelöst wird. Die Gerichte haben aber derartige Stellungnahmen auf ihre Schlüssigkeit hin zu überprüfen. Gegebenenfalls sind Nachbesserungen nach Hinweis durch die Gerichte beziehungsweise hier auf Aufforderung der Beklagten durch die Ergänzung durch die Deutsche Industrie - Treuhand am 3. Juli 1997 vorzunehmen (vgl. Rndnr. 88 zu § 147 SGB III in Niesel/Brand, 3. Aufl.; Spellbrink, Eicher Rndnr. 303 ff. zu § 147a 48. Ergänzung, Juni 2004). Die Schlussfolgerungen aus den genannten Gutachten teilte der Senat insbesondere deswegen nicht, weil keine konkreten Aussagen zum maßgeblichen Erstattungszeitraum getroffen worden sind, sondern die jeweils günstigsten Zeiträume hinsichtlich einer Verlustprognose beziehungsweise des Personalabbaus herangezogen worden sind. So ist keinesfalls ein Vergleich mit der Geschäftsperiode 1993 bis 1996 (Personalabbau 1791 Mitarbeiter) heranzuziehen, wie aber auf Seite 12 des Gutachtens geschehen. Zudem wird hier noch auf eine nicht mehr bestehende Rechtslage (AFG 1987) Bezug genommen. Es fehlt eine Auseinandersetzung mit der tatsächlich positiven Beschäftigtenentwicklung im Erstattungszeitraum. Ebenso fehlt die Auseinandersetzung mit dem positiven Fabrikationsergebnis im Erstattungszeitraum sowie eine Aussage zur Ursache des darauf folgenden massiven negativen Fabrikationsergebnisses. Denn der Entlassungtatbestand erfordert nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 10.05.2007, Az.: B 7a AL 14/06 R) auch eine Kausalität der Erstattungsforderungen zur wirtschaftlichen Belastung. Danach (vgl. a.a.O., Rndnr. 20) muss zwischen der Gefährdung der verbliebenen Arbeitsplätze und der Erstattungspflicht ein ursächlicher Zusammenhang prognostiziert werden. Nach der im Sozialrecht und auch im Arbeitsförderungsrecht herrschenden Theorie der wesentlichen Bedingung (vgl. BSGE 69, 108, 111 f = SozR 3-4100 § 119 Nr. 6 m.w.N.) ist im Wege der Wertung zu beurteilen, welche Bedingungen wesentlich sind. Dabei ist bei der Prognoseentscheidung zu beachten, dass Gründe, die außerhalb der wirtschaftlichen Situation des von der Erstattungsforderung betroffenen Unternehmens liegen, außer Betracht zu bleiben haben (vgl. BSGE 88, 31, 39 = SozR 3-4100 § 128 Nr. 12). Insoweit hätte es, wenn schon die Ertragssituation für spätere Zeiträume außerhalb des Erstattungszeitraums zur Argumentation herangezogen werden, einer Diskussion bedurft, weswegen das durch Abführungen an den Konzern verursachte negative Betriebsergebnis der wirtschaftlichen Situation des hier involvierten Unternehmens (der Klägerin) zuzurechnen ist.

Gegen die Höhe der Erstattungsforderung bestehen keine Bedenken. Die Bemessung des Arbeitslosengeldes mit wöchentlich 564,00 DM aus einem gerundeten wöchentlichen Bemessungsentgelt von 1870,00 DM unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe A und des allgemeinen Leistungssatzes im Bewilligungsbescheid vom 12.01.1996 ist nicht zu beanstanden.

Insgesamt ist daher das Urteil des SG nicht zu beanstanden. Die Erstattungsforderung der Beklagten besteht zu Recht. Die Berufung ist zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG. Der Klageeingang erfolgte nach dem 1. Januar 2002, womit das 6. SGG-ÄndG gilt. Die Klägerin hat den Prozess verloren und trägt damit alle Kosten.

Gründe zur Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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