Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
3
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 10 SB 469/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 SB 1373/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 60 bereits ab 30.03.1999 zuzuerkennen ist.
Der am 23.02.1945 geborene Kläger beantragte erstmals im März 1999 wegen eines Herzinfarktes und eines Zustands nach Bypassoperation die Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz. Mit Bescheid vom 30.03.1999 stellte der Beklagte hierauf nach Auswertung von Arztbriefen des Klinikums A. als Behinderung "Herzerkrankung, Herzinfarkt, Bypass, Hypertonie (Teil-GdB 30), Hyperlipidämie (Teil-GdB 10)" mit einem GdB von 30 seit 04.03.1999 fest. Auf den vom Kläger dagegen eingelegten Widerspruch, den er unter anderem unter Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens des Orthopäden Dr. M. vom 27.04.1999 auch mit orthopädischen Beschwerden begründete, zog der Beklagte den Entlassungsbericht über die stationäre Heilbehandlung des Klägers in der Herz-Kreislauf-Klinik in W., die zwischen dem 25.01. und 22.02.1999 stattfand (Diagnosen: Zustand nach 4-fach aortokoronarer Bypassoperation 05.01.1999 bei koronarer 3-Gefäßerkrankung, Zustand nach Hinterwandinfarkt 21.12.1998, leichtgradig reduzierte linksventrikuläre Funktion, Zustand nach postoperativem Pleuraerguss links, zuletzt fast vollständig zurückgebildet) bei und gab anschließend dem Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.1999 insoweit statt, als zusätzlich als Behinderungen "Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule mit ausstrahlendem Schmerzsyndrom, Schulter-Arm-Syndrom beiderseits, Senk-Spreiz-Füße beiderseits" mit einem Teil-GdB von 20 unter Erhöhung des Gesamt-GdB auf 40 ab 04.03.1999 festgestellt wurden. Die dagegen zum Sozialgericht Freiburg (SG - S 10 SB 2967/99) erhobene Klage nahm der anwaltlich vertretene Kläger wieder zurück.
Den Neufeststellungsantrag und Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" vom September 2001 begründete der Kläger mit einer Verschlimmerung seines Allgemeinzustandes und eines neu aufgetretenen Bandscheibenvorfalls. Diese Anträge lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 12.11.2001 nach Einholung von Befundberichten bei Dr. M. vom 24.09.2001 (Diagnose: Degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Cervikodorsolumbalgie, Zustand nach Herzinfarkt 12/98) und der Ärztin für Allgemeinmedizin H. vom 21.09.2001 (Chk, Zustand nach Infarkt 1998, Zustand nach Bypassoperation, Bradykardieneigung, Extrasystolie; Belastungsatemnot, Verdacht auf instabile Angina pectoris; chronisches LWS-Syndrom; Schulter-Arm-Syndrom), die ergänzend Arztbriefe des Radiologen Dr. B., des Orthopäden Dr. L., des Internisten Dr. K. sowie den Entlassungsbericht über die stationäre Heilbehandlung des Klägers im Jahr 2000 in der S.-Reha-Klinik in C. beifügte, ab. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch zog der Beklagte weitere Befundberichte des Dr. K. vom 29.11.1999, des Dr. M. vom 14.12.2001 und des Dr. O. vom 18.01.2002 bei und wies anschließend den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2002 zurück. Die dagegen zum SG (S 10 SB 1187/02) erhobene Klage nahm der Kläger ebenfalls zurück.
Im März 2004 leitete der Beklagte eine Nachprüfung von Amts wegen ein. Gleichzeitig beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB wegen Depressionen und Schlafstörungen sowie seiner Herzerkrankung. Der Kläger fügte seinem Antrag den Entlassungsbericht über die Rehabilitationsbehandlung in der Rehaklinik E. in Y., die in der Zeit vom 09.03. bis 30.03.2004 stattfand (Diagnosen: Koronare 3-Gefäßerkrankung, mittelgradig reduzierte LV-Funktion, NYHA II, Hinterwandinfarkt 1998, 4fache Myokardrevaskularisierung 1999, Übergewicht, Hypercholesterinämie), und den Arztbrief des Herzzentrums A. vom 07.04.2003 über seinen stationären Aufenthalt vom 26.03. bis 27.03.2003 (Diagnosen: koronare 3-Gefäßerkrankung, gutes Operationsergebnis, reduzierte linksventrikuläre Funktion bei Zustand nach Hinterwandinfarkt, arterielle Hypertonie, Adipositas) bei.
Mit Bescheid vom 01.06.2004 lehnte der Beklagte nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. T. eine Neufeststellung des GdB unter Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen als Koronare Herzkrankheit, abgelaufener Herzinfarkt, koronarer Bypass, Bluthochdruck (Teil-GdB 30), Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, Schulter-Arm-Syndrom, Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform (Teil-GdB 20) und Fettstoffwechselstörung (Teil-GdB 10) ab.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, dass sich sein Herzleiden wesentlich verschlechtert habe. Der Beklagte wandte sich hierauf erneut an die Ärztin H., die unter dem 06.08.2004 im Wesentlichen über eine Belastungsherzinsuffizienz berichtete und das Sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 27.04.2004 (Diagnosen: Koronare 3-Gefäßerkrankung, mittelgradig reduzierte LV Funktion, NYHA II, Hinterwandinfarkt 1998, 4-fach Myokardrevaskularisation 1999, Übergewicht, Hypercholesterinämie, chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom) und den Arztbrief des Herzzentrums A. über die stationäre Behandlung des Klägers vom 15. bis 16.06.2004 (Diagnosen: Koronare 3-Gefäßerkrankung) beifügte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2005 gab der Beklagte dem Widerspruch des Klägers gestützt auf eine Stellungnahme des Versorgungsarztes Lange insoweit statt, als der GdB ab 06.04.2004 mit 50 festgestellt wurde. Die kardialen Beeinträchtigungen wurden nunmehr mit einem Teil-GdB von 40 bewertet. Die dagegen erhobene Klage zum SG (S 10 SB 1501/05) hat der Kläger für erledigt erklärt.
Am 18.10.2004 beantragte der Kläger außerdem die Überprüfung der seit 30.03.1999 ergangenen Bescheide. Zur Begründung trug er vor, dass bereits im März 1999 seine orthopädischen Erkrankungen mit einzubeziehen und mit zu berücksichtigen gewesen wären. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 14.09.1999 sei dies nicht in ausreichendem Umfang geschehen. Außerdem sei auch die Herzerkrankung in der Vergangenheit zu gering bewertet worden. Bereits am 30.03.1999 sei deshalb ein Teil-GdB von wenigstens 60 angemessen gewesen.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Versorgungsarztes Lange lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 04.03.2005 den Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab. Bei Erlass des früheren Bescheides sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2006 zurück. Eine Rechtswidrigkeit der vorangegangenen Bescheide könne nicht festgestellt werden. Sowohl die gegen den Bescheid vom 30.03.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.1999 erhobene Klage als auch die Klage gegen den Bescheid vom 12.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2002 seien zurückgenommen worden. Es werde angenommen, dass die Klagerücknahmen aufgrund der seinerzeit vorliegenden Aussichtslosigkeit erfolgt seien. Die jetzige Antragstellung nach § 44 SGB X stehe deshalb nicht in Einklang mit den früheren Feststellungen und abgegebenen Willenserklärungen. Im Übrigen seien die Bescheide im Zeitpunkt ihres Erlasses aufgrund der eingeholten medizinischen Befunde nicht rechtswidrig gewesen. Auch die spätere Überprüfung habe keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Das Herzleiden sei recht weitreichend bewertet. Eine GdB-relevante Gonarthrose sei seinerzeit nicht aktenkundig gewesen.
Hiergegen hat der Kläger am 30.01.2006 Klage zum SG erhoben. Unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens hat er darauf hingewiesen, dass es um Vertrauensschutz im Sinne von § 236 a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) gehe.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen und eines orthopädischen Gutachtens. Dr. G. hat in dem internistischen Gutachten vom 03.07.2006 beim Kläger eine koronare Herzerkrankung mit Hinterwandinfarkt und Bypassoperation diagnostiziert und hierfür einen GdB von 30 seit März 1999 festgestellt. Durch die Erhöhung des GdB auf kardiologischem Gebiet auf 40 mit Bescheid vom 01.01.2005 (?) sei dem Verlauf voll Rechnung getragen. Eine höhere Einstufung sei nicht zu rechtfertigen.
Der Orthopäde Dr. Dr. R. hat in seinem Gutachten vom 12.08.2006, in dem er u.a. auch das von Dr. M. erstattete Gutachten vom 27.04.1999 berücksichtigte, als Diagnosen ein Wirbelsäulensyndrom mäßigen Ausmaßes, ein Supraspinatussyndrom rechts und initiale degenerative Veränderungen der Kniegelenke genannt. Den Gesamt-GdB hat er wie der Beklagte mit 20 eingestuft. Ein höherer GdB habe auch 1999 nicht vorgelegen.
Mit Urteil vom 11.03.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags mit Feststellung eines GdB von 60 bereits ab dem 04.03.1999 bzw. Feststellung eines GdB von 70. Bei Stellung des Rücknahmeantrages am 14.10.2004 sei die in § 44 SGB X genannte Vierjahresfrist im Hinblick auf die Rücknahme des Bescheides vom 30.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.1999 bereits abgelaufen gewesen, so dass eine Rücknahme schon wegen Verjährung ausgeschlossen sei. In Betracht käme allenfalls eine Rücknahme des Bescheides vom 12.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2002. Damals sei auf der Grundlage der vorliegenden medizinischen Unterlagen ein GdB von 60 oder mehr jedoch nicht zu rechtfertigen gewesen.
Mit der am 19.03.2008 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, dass § 44 SGB X auf die Fallgestaltungen im Schwerbehindertenrecht nicht anwendbar ist. Ein Rücknahmeantrag sei nicht auf maximal vier Jahre rückwärts begrenzt. Es gehe nicht, dass man einen Bescheid rückwirkend aufhebe, hieraus aber wegen § 44 Abs. 4 SGB X keine Rechtsfolgen ziehe. Dies stoße an die Grenzen logischer Denkgesetze. Im Übrigen seien die früheren Feststellungen medizinisch nicht zu rechtfertigen. Man hätte für die skelettösen Beschwerden im Jahr 1999 unter Berücksichtigung des von Dr. M. erstatteten Gutachtens auf jeden Fall zu einem Teil-GdB von ca. 30 bis 40 gelangen können, so dass ein GdB von 60 gerechtfertigt gewesen wäre.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 11. März 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 04. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2006 zu verurteilen, den Bescheid vom 30. März 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1999 und den Bescheid vom 12. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2002 und den Bescheid vom 01. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2005 abzuändern und einen GdB von wenigstens 60 ab dem 30. März 1999 bzw. 70 ab 11. September 2001, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass eine über vier Jahre hinausgehende Rückwirkung im Rahmen des § 44 SGB X in Betracht komme, wenn die (finanziellen) Auswirkungen für den Antragsteller erheblich seien. Im Falle des Klägers (Jahrgang 1945) könne ein berechtigtes Interesse an einer rückwirkenden Erhöhung des GdB wohl unterstellt werden. Allerdings ergebe sich keine Möglichkeit für eine abweichende Entscheidung, da die Berufung gestützt auf die von Dr. G. und Dr. Dr. R. erstatteten Gutachten bereits aus materiellen Gründen unbegründet sei. Ein Gesamt-GdB von 50 liege erst ab 06.04.2004 vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht die Feststellung eines GdB von wenigstens 60 nachträglich rückwirkend für die Zeit ab 30.03.1999 abgelehnt.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X, die Feststellung von Behinderungen nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und die Maßstäbe, nach denen sich die Beurteilung des GdB richtet, hat das SG in der angefochtenen Entscheidung ausführlich dargelegt; der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Entgegen den Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil ist nach der Rechtsprechung des BSG bei Feststellungen nach dem Schwerbehindertenrecht § 44 Abs. 1 SGB X mit der Folge der Rücknahme eines Verwaltungsaktes auch für die Vergangenheit und mit der Folge einer möglichen Verjährung indessen nicht anwendbar. § 44 Abs. 1 SGB X ist eine Spezialregelung für Verwaltungsakte über die Gewährung von sozialrechtlichen Leistungen. Die Aufhebungspflicht des § 44 Abs. 1 SGB X ist auf die Fälle beschränkt, in denen die Aufhebung die nachträgliche Erbringung von Sozialleistungen - oder die Rückzahlung von Beiträgen - zur Folge hat. Um solche Leistungsbescheide geht es im Schwerbehindertenrecht nicht. Ein Bescheid über die Feststellung von Behinderungen oder den GdB beschränkt sich auf die feststellende Tätigkeit der Versorgungsbehörde. Es handelt sich um Statusfeststellungen, die mit Wirkung für die Zukunft zu treffen sind. Nur im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung ordnet § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbAwV eine beschränkte Rückwirkung an und trägt damit dem Interesse der Behinderten daran Rechnung, dass sie nicht durch die Dauer eines Verwaltungsverfahrens unzumutbar benachteiligt werden. Bei solchen Statusentscheidungen bestimmt sich die Rücknahme nur nach § 44 Abs. 2 SGB X. Danach erfolgt die Rücknahme eines Verwaltungsakts für die Zukunft. Eine Rücknahme auch für die Vergangenheit steht nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X im Ermessen der Behörde. Sie ist auf offenkundige Fälle beschränkt, in denen das pflichtgemäße Ermessen die rückwirkende Aufhebung gebietet und Dritte nicht oder nicht unzumutbar belastet werden (hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 29.05.1991 - 9a/9 RVs 11/89 in SozR 3-1300 § 44 Nr. 3; bestätigt von BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - in www.juris.de; so auch Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 19.04.2007 - L 11 SB 31/05-26 -; Beschluss des Landessozialgerichts für das Saarland vom 05.11.2002 - L 5 B 12/01 SB - jeweils in www.juris.de; Urteil des erkennenden Senats vom 16.07.2008 - L 3 SB 4352/07 -).
Unter Beachtung dessen ist hier festzustellen, dass im Falle des Klägers durch die Abänderung der angefochtenen Bescheide und Feststellung eines GdB von wenigstens 60 ab 30.03.1999 die Rentenversicherung, die dem Kläger in diesem Fall ab dem Alter von 60 Jahren eine Rente ohne Abschläge zu leisten hätte, belastet würde. Ob dies bereits dem Begehren des Klägers entgegen steht, muss jedoch nicht abschließend entschieden werden, denn abgesehen davon scheitert die Rückwirkung daran, dass es sich hier um keinen offenkundigen Fall handelt, nachdem der Beklagte auf den Antrag des Klägers vom März 1999 mit Bescheid vom 30.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.1999 und auf den Antrag vom September 2001 mit Bescheid vom 12.11.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2002 jeweils einen GdB von 40 seit 04.03.1999 festgestellt hat. Diese Bescheide hat der Kläger zwar dann jeweils noch weiter angefochten und hat dagegen geklagt. Die Klagen wurden von ihm jedoch jeweils wieder zurückgenommen, so dass die Bescheide bindend wurden. Sie wurden - worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat - vom anwaltlich vertretenen Kläger akzeptiert. Dies steht einer offenkundig falschen Entscheidung entgegen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund neuer, bisher unbekannter Befunde über den Gesundheitszustand des Klägers in der Vergangenheit, nachdem solche nicht vorgelegt wurden. Insbesondere das Gutachten von Dr. M. vom 27.04.1999 war bereits bei Erlass der Bescheide bekannt. Abgesehen davon lässt sich ein höherer GdB hierauf angesichts der erhobenen Befunde (vgl. Bl. 22 der Verwaltungsakte) nicht stützen.
Das SG hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass die Feststellung eines GdB von 40 seit 04.03.1999 und 50 seit 06.04.2005 aus versorgungsmedizinischer Sicht nicht zu beanstanden ist. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen seit 1999, insbesondere auch die Entlassungsberichte über die ärztliche Heilbehandlungen in den Jahren 1999 und 2000, die Befundberichte der behandelnden Orthopäden Dr. L. und Dr. M. sowie des Radiologen Dr. B. und das von Dr. M. erstattete Gutachten belegen, dass die beim Kläger vorliegende Herzerkrankung zu Recht mit einem Teil-GdB von 30 (AHP 1996 und 2008 Nr. 26.9), die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule bei Nervenwurzelreizerscheinungen, Schulterarmsyndrom und Funktionsstörung durch beiderseitige Fußfehlform mit einem Teil-GdB von 20 (AHP 1996 und 2008 Nr. 26.18) und die Fettstoffwechselstörung mit einem Teil-GdB von 10 (AHP 1996 und 2008 Nr. 26.13) und insgesamt mit einem Gesamt-GdB von 40 seit 04.03.1999 bewertet wurden. Eine Erhöhung auf einen GdB von 50 lässt sich erst auf der Grundlage des ärztlichen Entlassungsberichts über die Heilbehandlung im Jahr 2004 rechtfertigen. Bestätigt wird dies durch das von Dr. G. im Auftrag des SG erstattete Gutachten auf internistisch-kardiologischem Fachgebiet, der die Herzerkrankung ebenfalls seit März 1999 mit einem GdB von 30 bewertet und eine Erhöhung auf 40 erst neuerdings für gerechtfertigt hält, und das von Dr. Dr. R. erstattete Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet, in dem der GdB des Klägers auf orthopädischen Fachgebiet explizit auch für die Zeit ab 1999 mit 20 eingestuft wurde. Für die Fettstoffwechselstörung kommt kein höherer GdB als 10 in Betracht. Insgesamt hat der Senat deshalb ebenso wie bereits das SG keine Bedenken, den schlüssigen Ausführungen der Versorgungsärzte, die den jeweils bindend gewordenen Bescheiden zu Grunde lagen, und auch der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Arztes Lange zu folgen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob dem Kläger ein Grad der Behinderung (GdB) von wenigstens 60 bereits ab 30.03.1999 zuzuerkennen ist.
Der am 23.02.1945 geborene Kläger beantragte erstmals im März 1999 wegen eines Herzinfarktes und eines Zustands nach Bypassoperation die Feststellung von Behinderungen nach dem Schwerbehindertengesetz. Mit Bescheid vom 30.03.1999 stellte der Beklagte hierauf nach Auswertung von Arztbriefen des Klinikums A. als Behinderung "Herzerkrankung, Herzinfarkt, Bypass, Hypertonie (Teil-GdB 30), Hyperlipidämie (Teil-GdB 10)" mit einem GdB von 30 seit 04.03.1999 fest. Auf den vom Kläger dagegen eingelegten Widerspruch, den er unter anderem unter Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens des Orthopäden Dr. M. vom 27.04.1999 auch mit orthopädischen Beschwerden begründete, zog der Beklagte den Entlassungsbericht über die stationäre Heilbehandlung des Klägers in der Herz-Kreislauf-Klinik in W., die zwischen dem 25.01. und 22.02.1999 stattfand (Diagnosen: Zustand nach 4-fach aortokoronarer Bypassoperation 05.01.1999 bei koronarer 3-Gefäßerkrankung, Zustand nach Hinterwandinfarkt 21.12.1998, leichtgradig reduzierte linksventrikuläre Funktion, Zustand nach postoperativem Pleuraerguss links, zuletzt fast vollständig zurückgebildet) bei und gab anschließend dem Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.09.1999 insoweit statt, als zusätzlich als Behinderungen "Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule mit ausstrahlendem Schmerzsyndrom, Schulter-Arm-Syndrom beiderseits, Senk-Spreiz-Füße beiderseits" mit einem Teil-GdB von 20 unter Erhöhung des Gesamt-GdB auf 40 ab 04.03.1999 festgestellt wurden. Die dagegen zum Sozialgericht Freiburg (SG - S 10 SB 2967/99) erhobene Klage nahm der anwaltlich vertretene Kläger wieder zurück.
Den Neufeststellungsantrag und Antrag auf Zuerkennung des Merkzeichens "G" vom September 2001 begründete der Kläger mit einer Verschlimmerung seines Allgemeinzustandes und eines neu aufgetretenen Bandscheibenvorfalls. Diese Anträge lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 12.11.2001 nach Einholung von Befundberichten bei Dr. M. vom 24.09.2001 (Diagnose: Degeneratives Wirbelsäulensyndrom, Cervikodorsolumbalgie, Zustand nach Herzinfarkt 12/98) und der Ärztin für Allgemeinmedizin H. vom 21.09.2001 (Chk, Zustand nach Infarkt 1998, Zustand nach Bypassoperation, Bradykardieneigung, Extrasystolie; Belastungsatemnot, Verdacht auf instabile Angina pectoris; chronisches LWS-Syndrom; Schulter-Arm-Syndrom), die ergänzend Arztbriefe des Radiologen Dr. B., des Orthopäden Dr. L., des Internisten Dr. K. sowie den Entlassungsbericht über die stationäre Heilbehandlung des Klägers im Jahr 2000 in der S.-Reha-Klinik in C. beifügte, ab. Auf den hiergegen eingelegten Widerspruch zog der Beklagte weitere Befundberichte des Dr. K. vom 29.11.1999, des Dr. M. vom 14.12.2001 und des Dr. O. vom 18.01.2002 bei und wies anschließend den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.04.2002 zurück. Die dagegen zum SG (S 10 SB 1187/02) erhobene Klage nahm der Kläger ebenfalls zurück.
Im März 2004 leitete der Beklagte eine Nachprüfung von Amts wegen ein. Gleichzeitig beantragte der Kläger die Erhöhung des GdB wegen Depressionen und Schlafstörungen sowie seiner Herzerkrankung. Der Kläger fügte seinem Antrag den Entlassungsbericht über die Rehabilitationsbehandlung in der Rehaklinik E. in Y., die in der Zeit vom 09.03. bis 30.03.2004 stattfand (Diagnosen: Koronare 3-Gefäßerkrankung, mittelgradig reduzierte LV-Funktion, NYHA II, Hinterwandinfarkt 1998, 4fache Myokardrevaskularisierung 1999, Übergewicht, Hypercholesterinämie), und den Arztbrief des Herzzentrums A. vom 07.04.2003 über seinen stationären Aufenthalt vom 26.03. bis 27.03.2003 (Diagnosen: koronare 3-Gefäßerkrankung, gutes Operationsergebnis, reduzierte linksventrikuläre Funktion bei Zustand nach Hinterwandinfarkt, arterielle Hypertonie, Adipositas) bei.
Mit Bescheid vom 01.06.2004 lehnte der Beklagte nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme bei Dr. T. eine Neufeststellung des GdB unter Bezeichnung der Funktionsbeeinträchtigungen als Koronare Herzkrankheit, abgelaufener Herzinfarkt, koronarer Bypass, Bluthochdruck (Teil-GdB 30), Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Nervenwurzelreizerscheinungen, Schulter-Arm-Syndrom, Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform (Teil-GdB 20) und Fettstoffwechselstörung (Teil-GdB 10) ab.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein mit der Begründung, dass sich sein Herzleiden wesentlich verschlechtert habe. Der Beklagte wandte sich hierauf erneut an die Ärztin H., die unter dem 06.08.2004 im Wesentlichen über eine Belastungsherzinsuffizienz berichtete und das Sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vom 27.04.2004 (Diagnosen: Koronare 3-Gefäßerkrankung, mittelgradig reduzierte LV Funktion, NYHA II, Hinterwandinfarkt 1998, 4-fach Myokardrevaskularisation 1999, Übergewicht, Hypercholesterinämie, chronisch rezidivierendes Lumbalsyndrom) und den Arztbrief des Herzzentrums A. über die stationäre Behandlung des Klägers vom 15. bis 16.06.2004 (Diagnosen: Koronare 3-Gefäßerkrankung) beifügte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.04.2005 gab der Beklagte dem Widerspruch des Klägers gestützt auf eine Stellungnahme des Versorgungsarztes Lange insoweit statt, als der GdB ab 06.04.2004 mit 50 festgestellt wurde. Die kardialen Beeinträchtigungen wurden nunmehr mit einem Teil-GdB von 40 bewertet. Die dagegen erhobene Klage zum SG (S 10 SB 1501/05) hat der Kläger für erledigt erklärt.
Am 18.10.2004 beantragte der Kläger außerdem die Überprüfung der seit 30.03.1999 ergangenen Bescheide. Zur Begründung trug er vor, dass bereits im März 1999 seine orthopädischen Erkrankungen mit einzubeziehen und mit zu berücksichtigen gewesen wären. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 14.09.1999 sei dies nicht in ausreichendem Umfang geschehen. Außerdem sei auch die Herzerkrankung in der Vergangenheit zu gering bewertet worden. Bereits am 30.03.1999 sei deshalb ein Teil-GdB von wenigstens 60 angemessen gewesen.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Versorgungsarztes Lange lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 04.03.2005 den Antrag auf Erteilung eines Rücknahmebescheides nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ab. Bei Erlass des früheren Bescheides sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25.01.2006 zurück. Eine Rechtswidrigkeit der vorangegangenen Bescheide könne nicht festgestellt werden. Sowohl die gegen den Bescheid vom 30.03.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.09.1999 erhobene Klage als auch die Klage gegen den Bescheid vom 12.11.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2002 seien zurückgenommen worden. Es werde angenommen, dass die Klagerücknahmen aufgrund der seinerzeit vorliegenden Aussichtslosigkeit erfolgt seien. Die jetzige Antragstellung nach § 44 SGB X stehe deshalb nicht in Einklang mit den früheren Feststellungen und abgegebenen Willenserklärungen. Im Übrigen seien die Bescheide im Zeitpunkt ihres Erlasses aufgrund der eingeholten medizinischen Befunde nicht rechtswidrig gewesen. Auch die spätere Überprüfung habe keine neuen Gesichtspunkte ergeben. Das Herzleiden sei recht weitreichend bewertet. Eine GdB-relevante Gonarthrose sei seinerzeit nicht aktenkundig gewesen.
Hiergegen hat der Kläger am 30.01.2006 Klage zum SG erhoben. Unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens hat er darauf hingewiesen, dass es um Vertrauensschutz im Sinne von § 236 a Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) gehe.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines internistischen und eines orthopädischen Gutachtens. Dr. G. hat in dem internistischen Gutachten vom 03.07.2006 beim Kläger eine koronare Herzerkrankung mit Hinterwandinfarkt und Bypassoperation diagnostiziert und hierfür einen GdB von 30 seit März 1999 festgestellt. Durch die Erhöhung des GdB auf kardiologischem Gebiet auf 40 mit Bescheid vom 01.01.2005 (?) sei dem Verlauf voll Rechnung getragen. Eine höhere Einstufung sei nicht zu rechtfertigen.
Der Orthopäde Dr. Dr. R. hat in seinem Gutachten vom 12.08.2006, in dem er u.a. auch das von Dr. M. erstattete Gutachten vom 27.04.1999 berücksichtigte, als Diagnosen ein Wirbelsäulensyndrom mäßigen Ausmaßes, ein Supraspinatussyndrom rechts und initiale degenerative Veränderungen der Kniegelenke genannt. Den Gesamt-GdB hat er wie der Beklagte mit 20 eingestuft. Ein höherer GdB habe auch 1999 nicht vorgelegen.
Mit Urteil vom 11.03.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Kläger habe keinen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags mit Feststellung eines GdB von 60 bereits ab dem 04.03.1999 bzw. Feststellung eines GdB von 70. Bei Stellung des Rücknahmeantrages am 14.10.2004 sei die in § 44 SGB X genannte Vierjahresfrist im Hinblick auf die Rücknahme des Bescheides vom 30.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.09.1999 bereits abgelaufen gewesen, so dass eine Rücknahme schon wegen Verjährung ausgeschlossen sei. In Betracht käme allenfalls eine Rücknahme des Bescheides vom 12.11.2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2002. Damals sei auf der Grundlage der vorliegenden medizinischen Unterlagen ein GdB von 60 oder mehr jedoch nicht zu rechtfertigen gewesen.
Mit der am 19.03.2008 eingelegten Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, dass § 44 SGB X auf die Fallgestaltungen im Schwerbehindertenrecht nicht anwendbar ist. Ein Rücknahmeantrag sei nicht auf maximal vier Jahre rückwärts begrenzt. Es gehe nicht, dass man einen Bescheid rückwirkend aufhebe, hieraus aber wegen § 44 Abs. 4 SGB X keine Rechtsfolgen ziehe. Dies stoße an die Grenzen logischer Denkgesetze. Im Übrigen seien die früheren Feststellungen medizinisch nicht zu rechtfertigen. Man hätte für die skelettösen Beschwerden im Jahr 1999 unter Berücksichtigung des von Dr. M. erstatteten Gutachtens auf jeden Fall zu einem Teil-GdB von ca. 30 bis 40 gelangen können, so dass ein GdB von 60 gerechtfertigt gewesen wäre.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 11. März 2008 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 04. März 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2006 zu verurteilen, den Bescheid vom 30. März 1999 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. September 1999 und den Bescheid vom 12. November 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. April 2002 und den Bescheid vom 01. Juni 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. April 2005 abzuändern und einen GdB von wenigstens 60 ab dem 30. März 1999 bzw. 70 ab 11. September 2001, hilfsweise zu einem späteren Zeitpunkt festzustellen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass eine über vier Jahre hinausgehende Rückwirkung im Rahmen des § 44 SGB X in Betracht komme, wenn die (finanziellen) Auswirkungen für den Antragsteller erheblich seien. Im Falle des Klägers (Jahrgang 1945) könne ein berechtigtes Interesse an einer rückwirkenden Erhöhung des GdB wohl unterstellt werden. Allerdings ergebe sich keine Möglichkeit für eine abweichende Entscheidung, da die Berufung gestützt auf die von Dr. G. und Dr. Dr. R. erstatteten Gutachten bereits aus materiellen Gründen unbegründet sei. Ein Gesamt-GdB von 50 liege erst ab 06.04.2004 vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Der Beklagte hat zu Recht die Feststellung eines GdB von wenigstens 60 nachträglich rückwirkend für die Zeit ab 30.03.1999 abgelehnt.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Rücknahme eines Verwaltungsakts nach § 44 SGB X, die Feststellung von Behinderungen nach dem Sozialgesetzbuch Neuntes Buch (SGB IX) und die Maßstäbe, nach denen sich die Beurteilung des GdB richtet, hat das SG in der angefochtenen Entscheidung ausführlich dargelegt; der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG Bezug.
Entgegen den Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil ist nach der Rechtsprechung des BSG bei Feststellungen nach dem Schwerbehindertenrecht § 44 Abs. 1 SGB X mit der Folge der Rücknahme eines Verwaltungsaktes auch für die Vergangenheit und mit der Folge einer möglichen Verjährung indessen nicht anwendbar. § 44 Abs. 1 SGB X ist eine Spezialregelung für Verwaltungsakte über die Gewährung von sozialrechtlichen Leistungen. Die Aufhebungspflicht des § 44 Abs. 1 SGB X ist auf die Fälle beschränkt, in denen die Aufhebung die nachträgliche Erbringung von Sozialleistungen - oder die Rückzahlung von Beiträgen - zur Folge hat. Um solche Leistungsbescheide geht es im Schwerbehindertenrecht nicht. Ein Bescheid über die Feststellung von Behinderungen oder den GdB beschränkt sich auf die feststellende Tätigkeit der Versorgungsbehörde. Es handelt sich um Statusfeststellungen, die mit Wirkung für die Zukunft zu treffen sind. Nur im Hinblick auf den Zeitpunkt der Antragstellung ordnet § 6 Abs. 1 Satz 1 SchwbAwV eine beschränkte Rückwirkung an und trägt damit dem Interesse der Behinderten daran Rechnung, dass sie nicht durch die Dauer eines Verwaltungsverfahrens unzumutbar benachteiligt werden. Bei solchen Statusentscheidungen bestimmt sich die Rücknahme nur nach § 44 Abs. 2 SGB X. Danach erfolgt die Rücknahme eines Verwaltungsakts für die Zukunft. Eine Rücknahme auch für die Vergangenheit steht nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB X im Ermessen der Behörde. Sie ist auf offenkundige Fälle beschränkt, in denen das pflichtgemäße Ermessen die rückwirkende Aufhebung gebietet und Dritte nicht oder nicht unzumutbar belastet werden (hierzu ausführlich BSG, Urteil vom 29.05.1991 - 9a/9 RVs 11/89 in SozR 3-1300 § 44 Nr. 3; bestätigt von BSG, Urteil vom 24.04.2008 - B 9/9a SB 10/06 R - in www.juris.de; so auch Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 19.04.2007 - L 11 SB 31/05-26 -; Beschluss des Landessozialgerichts für das Saarland vom 05.11.2002 - L 5 B 12/01 SB - jeweils in www.juris.de; Urteil des erkennenden Senats vom 16.07.2008 - L 3 SB 4352/07 -).
Unter Beachtung dessen ist hier festzustellen, dass im Falle des Klägers durch die Abänderung der angefochtenen Bescheide und Feststellung eines GdB von wenigstens 60 ab 30.03.1999 die Rentenversicherung, die dem Kläger in diesem Fall ab dem Alter von 60 Jahren eine Rente ohne Abschläge zu leisten hätte, belastet würde. Ob dies bereits dem Begehren des Klägers entgegen steht, muss jedoch nicht abschließend entschieden werden, denn abgesehen davon scheitert die Rückwirkung daran, dass es sich hier um keinen offenkundigen Fall handelt, nachdem der Beklagte auf den Antrag des Klägers vom März 1999 mit Bescheid vom 30.03.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.04.1999 und auf den Antrag vom September 2001 mit Bescheid vom 12.11.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.04.2002 jeweils einen GdB von 40 seit 04.03.1999 festgestellt hat. Diese Bescheide hat der Kläger zwar dann jeweils noch weiter angefochten und hat dagegen geklagt. Die Klagen wurden von ihm jedoch jeweils wieder zurückgenommen, so dass die Bescheide bindend wurden. Sie wurden - worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat - vom anwaltlich vertretenen Kläger akzeptiert. Dies steht einer offenkundig falschen Entscheidung entgegen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aufgrund neuer, bisher unbekannter Befunde über den Gesundheitszustand des Klägers in der Vergangenheit, nachdem solche nicht vorgelegt wurden. Insbesondere das Gutachten von Dr. M. vom 27.04.1999 war bereits bei Erlass der Bescheide bekannt. Abgesehen davon lässt sich ein höherer GdB hierauf angesichts der erhobenen Befunde (vgl. Bl. 22 der Verwaltungsakte) nicht stützen.
Das SG hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass die Feststellung eines GdB von 40 seit 04.03.1999 und 50 seit 06.04.2005 aus versorgungsmedizinischer Sicht nicht zu beanstanden ist. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen seit 1999, insbesondere auch die Entlassungsberichte über die ärztliche Heilbehandlungen in den Jahren 1999 und 2000, die Befundberichte der behandelnden Orthopäden Dr. L. und Dr. M. sowie des Radiologen Dr. B. und das von Dr. M. erstattete Gutachten belegen, dass die beim Kläger vorliegende Herzerkrankung zu Recht mit einem Teil-GdB von 30 (AHP 1996 und 2008 Nr. 26.9), die degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule bei Nervenwurzelreizerscheinungen, Schulterarmsyndrom und Funktionsstörung durch beiderseitige Fußfehlform mit einem Teil-GdB von 20 (AHP 1996 und 2008 Nr. 26.18) und die Fettstoffwechselstörung mit einem Teil-GdB von 10 (AHP 1996 und 2008 Nr. 26.13) und insgesamt mit einem Gesamt-GdB von 40 seit 04.03.1999 bewertet wurden. Eine Erhöhung auf einen GdB von 50 lässt sich erst auf der Grundlage des ärztlichen Entlassungsberichts über die Heilbehandlung im Jahr 2004 rechtfertigen. Bestätigt wird dies durch das von Dr. G. im Auftrag des SG erstattete Gutachten auf internistisch-kardiologischem Fachgebiet, der die Herzerkrankung ebenfalls seit März 1999 mit einem GdB von 30 bewertet und eine Erhöhung auf 40 erst neuerdings für gerechtfertigt hält, und das von Dr. Dr. R. erstattete Gutachten auf orthopädischem Fachgebiet, in dem der GdB des Klägers auf orthopädischen Fachgebiet explizit auch für die Zeit ab 1999 mit 20 eingestuft wurde. Für die Fettstoffwechselstörung kommt kein höherer GdB als 10 in Betracht. Insgesamt hat der Senat deshalb ebenso wie bereits das SG keine Bedenken, den schlüssigen Ausführungen der Versorgungsärzte, die den jeweils bindend gewordenen Bescheiden zu Grunde lagen, und auch der versorgungsärztlichen Stellungnahme des Arztes Lange zu folgen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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