Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 9505/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 AS 6052/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten für eine mehrtägige Klassenfahrt und für einen eintägige Besuch eines Musicals streitig.
Die im November 1988 in Thailand geborene Klägerin, die seit 12. September 200x Schülerin der T. G. D. ist, bildet zusammen mit ihrer Mutter, einer Halbschwester und dem Ehemann ihrer Mutter (im Folgenden GS) eine Bedarfsgemeinschaft, die seit 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht - entsprechend dem Weiterbewilligungsantrag vom 8. April 2005 (Bl. 61 VA) für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2005 auf Grund des bestandskräftigen Bescheids vom 22. April 2005 (Bl. 65 VA).
Am 25. August 2006 beantragte GS die Erstattung der Kosten für den Schullandheimaufenthalt der Klägerin in C./G. a M. vom 23. September bis 2. Oktober 2005 in Höhe von 271 EUR sowie des eintägigen Besuchs des Musicals "Mamma Mia" am 3. Mai 2006 in Höhe von 32,40 EUR. Mit - an GS adressierten - Bescheid vom 30. August 2006 lehnte die Beklagte die Übernahme dieser Kosten mit der Begründung ab, der Antrag habe vor Antritt der Fahrten gestellt werden müssen; zudem seien die Kosten bereits beglichen, sodass der Bedarf aus eigenen Mitteln habe gedeckt werden können. Mit seinem Widerspruch machte GS geltend, er habe erst durch einen Zeitungsartikel von der Leistungspflicht der Beklagten erfahren und auch nicht über die Mittel verfügt, sondern seinen bereits überzogenen Dispo-Kredit weiter belastet. Mit - wiederum an GS adressierten - Widerspruchsbescheid vom 15. September 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte zur Begründung aus, der Sonderbedarf des § 23 Abs. 3 SGB II sei personenbezogen und stehe daher nur der Stieftochter des Widerspruchsführers zu. Zwar sei diese zum Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung hilfebedürftig gewesen, die Kosten seien damals jedoch anderweitig gedeckt worden, sodass im Zeitpunkt der Antragstellung kein - gegenwärtiger - Bedarf mehr bestanden habe. Hinsichtlich der eintägigen Klassenfahrt (Besuch des Musicals) gelte, dass derartige Ausfahrten nicht als Sonderbedarf nach § 23 Abs. 3 SGB II anerkannt und daher von der Regelleistung umfasst seien.
Hiergegen hat GS - unter späterer Vorlage einer Vollmacht - für die Klägerin am 21. September 2006 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und am bisherigen Begehren festgehalten. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. Oktober 2007 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Kosten für den Schullandaufenthalt seien zwar grundsätzlich nach § 23 Abs. 3 SGB II erstattungsfähige Leistungen. Vorliegend komme ein Erstattung jedoch nicht in Betracht, weil es sich um einen Anspruch für einen zurückliegenden Bedarf handele. Eine Bedarfsdeckung für die Vergangenheit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30. April 1992 - 5 C 12/87) zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) nicht zulässig. Der Grundsatz, dass eine Bedarfsdeckung für die Vergangenheit nicht möglich sei, gelte auch für die Leistungen nach dem SGB II. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die eintägige Klassenfahrt ergebe sich schon aus dem Wortlaut des § 23 Abs. 3 SGB II nicht. Dieser Bedarf stelle keinen Sonderbedarf dar und sei durch die Regelleistung gedeckt. Das SG hat im Tenor die Berufung unbeschränkt zugelassen; dazu in den Entscheidungsgründen ausgeführt: "Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtsfrage der Erstattung von eintägigen Schulausflügen, soweit ersichtlich, noch nicht obergerichtlich geklärt ist und damit grundsätzliche Bedeutung hat, § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG."
Gegen das ihr am 11. Dezember 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. Dezember 2007 Berufung eingelegt und an ihrem Begehren festgehalten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 2007 sowie den Bescheid vom 30. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für den Schullandheimaufenthalt in C./G. a M. vom 23. September bis 2. Oktober 2005 in Höhe von 271 EUR sowie des eintägigen Besuchs des Musicals "Mamma Mia" am 3. Mai 2006 in Höhe von 32,40 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Im Erörterungstermin vom 7. Mai 2008 hat GS angegeben, der Antrag sei erst so spät gestellt worden, weil er die Förderungsmöglichkeit nicht gekannt habe. Wegen der fehlenden finanziellen Mittel habe er der Tochter zunächst gesagt, dass ihre Teilnahme nicht möglich sei. Nachdem ihm die Klassenlehrerin aber erklärt habe, wie wichtig deren Teilnahme für die Integration in der neuen Klasse sei, habe er zugestimmt und sein Konto weiter überzogen. Den daraufhin vom Berichterstatter vorgeschlagenen und von der Klägerin im Termin angenommenen Vergleich hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Mai 2008 nicht angenommen.
Zum weiteren Vorbringen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist statthaft, weil sie vom SG zugelassen worden ist; an diese Zulassung ist der Senat gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG). Vorliegend ist aber fraglich, in welchem Umfang die Berufung zugelassen worden ist. Im Tenor ist sie unbeschränkt zugelassen, in den Entscheidungsgründen ist jedoch ausgeführt, dass sie zugelassen worden ist, weil "die Rechtsfrage der Erstattung von eintägigen Schulausflügen noch nicht obergerichtlich geklärt ist und damit grundsätzliche Bedeutung hat". Die Zulassung der Berufung bewirkt grundsätzlich die Eröffnung der vollen Berufungsinstanz. Es ist aber möglich, die Zulassung der Berufung auf einen von mehreren selbständigen Ansprüchen zu beschränken (Leitherer in Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Rz 43; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl., IX Rz 10). Nach Literatur und Rechtsprechung ist die Beschränkung der Zulassung grundsätzlich im Tenor vorzunehmen. Den Entscheidungsgründen kann eine Beschränkung der Zulassung trotz unbegrenzten Ausspruchs im Tenor nur entnommen werden, wenn das unter Berücksichtigung des sonstigen Urteilsinhalts und aller Umstände eindeutig ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 160 Rz 28c; Krasney/Udsching, a.a.O.; Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 15. November 1995 (6 RKa 58/94) in SozR 3-1300 § 16 SGB X; vom 23. April 1996 (1 RK 20/95) in BSGE 78, 154, 157; BSG SozR 3-5050 § 15 FRG Nr. 5; BSGE 82, 198, 200). Hier betrifft die Zulassung nach dem Wortlaut in den Entscheidungsgründen - im Gegensatz zum Wortlaut des Tenors - nur den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die eintägige Klassenfahrt. Für eine Beschränkung spricht demnach die Begründung der Zulassung in den Entscheidungsgründen, dagegen der Ausspruch im Tenor, aber auch die erteilte Rechtsmittelbelehrung. Geht man davon aus, dass - wie hier - bei mehreren selbständigen Ansprüchen das SG die Zulassung der Berufung für jeden Anspruch zu prüfen hat, können seine Ausführungen zur Zulassung, die die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur im Hinblick auf die Kostenerstattung für eintägige Klassenfahrten gesehen hat, als Zulassungsbegrenzung auf diesen Teil verstanden werden. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass, wenn das SG die Berufung nur eingeschränkt hätte zulassen wollen, es hinsichtlich des anderen streitigen Anspruchs auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsmittelbelehrung hätte hinweisen müssen. Die gegebene Begründung kann daher auch lediglich unvollständig sein. Im Hinblick darauf sieht der Senat die Zulassung - weil nicht ganz eindeutig - als unbeschränkt an; des Weiteren spricht auch der Gesichtspunkt, dass eine Begründung der Zulassung überhaupt nicht erforderlich und - daraus folgend - eine mangelhafte unschädlich ist, vorliegend für die unbeschränkte Zulassung der Berufung. Da die Berufung im Übrigen frist- und formgerecht (§151 SGG) eingelegt worden ist, ist sie insgesamt zulässig.
Die Berufung ist aber sachlich nicht begründet. Zwar ist gemäß § 78 SGG die Klage zulässig, denn im Hinblick auf § 38 SGB II ist es unschädlich, dass nicht die Klägerin selbst, sondern GS die Leistung beantragt hat und auch der ablehnende Bescheid/Widerspruchsbescheid an ihn gerichtet war. Aber der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die ein- und mehrtägige Klassenfahrt.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 30. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2006, mit dem die Beklagte die Übernahme dieser Kosten abgelehnt hat. Auf diesem im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch ist das ab 1. Januar 2005 geltende Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) anwendbar. Dass die Klägerin im Übrigen grundsätzlich leistungsberechtigt nach den §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 9, 19 und 20 SGB II ist, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Die konkrete Anspruchsgrundlage hinsichtlich der Kosten für die mehrtägige Klassenfahrt stellt - wie das SG zutreffend erkannt hat - § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II dar. Danach sind Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst, sondern bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen vom Leistungsträger als Sonderbedarf zusätzlich (zum Regelbedarf) zu erbringen.
Der Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten der mehrtägigen Klassenfahrt scheitert vorliegend aber daran, dass sie diese Leistung nicht rechtzeitig beantragt hat. Nach § 37 Abs. 1 SGB II werden die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende auf Antrag erbracht. Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift bestimmt weiter, dass Leistungen der Grundsicherung nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden. Damit ist eine rückwirkende Leistungserbringung - bis auf die in Satz 2 geregelte Ausnahme (Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen an einem Tag, an dem der zuständige Träger von Leistungen nach diesem Buch nicht geöffnet hat)- gesetzlich nicht vorgesehen (Müller in Hauck/Noftz, SGB II, K § 37 Rz 15; Münder, SGB II, 2. Aufl. § 37 Rz 17; Löschau in Estelmann, SGB II, § 37 Rz 14; Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 37 Rz 24). Eine Rückwirkung nach der Ausnahmeregelung des Satzes 2 erfolgt nur, wenn die Antragstellung wegen fehlender Öffnung des Leistungsträgers unterblieben ist, andere Gründe werden nicht berücksichtigt. Das gilt auch dann, wenn die frühere Antragstellung aus Gründen unterblieben ist, die von dem Berechtigten nicht zu vertreten sind. Unterbleibt eine Antragstellung, weil der Berechtigte nicht weiß, dass der Bezug von Leistungen nach dem SGB II eine Antragstellung voraussetzt, liegt kein von Abs. 1 Satz 2 erfasster Fall vor (Wagner in jurisPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 37 Nr. 32-34). Ein nicht unmittelbar nach Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen gestellter Antrag führt somit zu einem (begrenzten) Rechtsverlust (Link a.a.O. Rz 17). Ein Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs. 1 SGB X besteht nicht, da es sich bei der Regelung des § 37 Abs. 2 S 1 SGB II nicht um eine gesetzliche Frist handelt (Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., RdNr 33a m.w.H.)
Vorliegend hat GS den Antrag im August 2006 - etwa zehn Monate nach Durchführung der mehrtägigen Klassenfahrt - gestellt. Der hierfür benannte - glaubhafte - Grund der Unkenntnis der Förderungsmöglichkeit ist - wie oben dargelegt - nicht entscheidungserheblich, ebenso wenig sein Einwand, er habe seinen Dispo-Kredit weiter belastet. Ein Sachverhalt wie in der Satz 2 geregelten Ausnahme (s.o.) oder wie in § 28 SGB X (wiederholte Antragstellung) geregelt, liegt hier eindeutig nicht vor. Auch die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs liegen nicht vor. Nach Aktenlage deutet nichts darauf hin, dass GS vor der Antragstellung Ende August 2006 mit der Beklagten wegen der Kosten von Klassenfahrten in Kontakt gestanden hätte; entsprechendes hat auch GS im gesamten Verfahren nicht vorgetragen. Allein die aus dem Erstantrag für die Beklagte erkennbare Tatsache, dass die Klägerin noch die Schule besucht und deshalb entsprechend ihrem Jahrgang eine mehrtägige Klassenfahrt in Betracht kommen könnte, begründet nach Auffassung des Senats noch keine spontane Beratungspflicht der Beklagten. Damit ist - unabhängig von der Prüfung der weiteren Voraussetzung "im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen" - nach § 37 SGB II der Rechtsverlust eingetreten. Dem steht das Urteil des BSG vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 27/06 R - nicht entgegen. Dort hat der 11b-Senat zwar ausgeführt, dass auch für Ansprüche auf Leistungen der Grundsicherung alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu überprüfen sind, wozu auch Ansprüche auf Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II) oder für unabweisbare Bedarfe oder Sonderbedarfe zählen. Der 11b-Senat hat deshalb - auch ohne ausdrücklichen Antrag - im Hinblick auf ein vorgelegtes ärztliches Attest die Prüfung der Voraussetzungen der §§ 21 und 23 SGB II gefordert. Dem ist zuzustimmen, weil insoweit auf Grund tatsächlicher Umstände (ärztliches Attest) die Prüfung von Mehr- bzw. Sonder- oder unabweisbaren Bedarfen geboten war, zumal in der Vorlage des Attests auch eine entsprechende Antragstellung zu sehen ist. Im vorliegenden Fall aber hatte die Beklagte bis zur Entscheidung über den Weiterbewilligungsantrag vom 8. April 2005 am 22. April 2005 - zudem während des gesamten Bewilligungszeitraums Mai bis Oktober 2005 und darüber hinaus bis zur Antragstellung Ende August 2006 - keinen Hinweis darauf, dass bei der Klägerin im September/Oktober 2005 ein Sonderbedarf wegen einer mehrtägigen Klassenfahrt entstanden sein könnte. Dass sich dieser Sonderbedarf ergeben könnte, war auch GS zum Zeitpunkt seines Antrags auf Weiteerbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht bekannt; von daher gesehen kann sein Weiterbewilligungsantrag vom 8. April 2005 den streitigen Sonderbedarf auch nicht "mit umfasst" haben, sodass es vorliegend nach Auffassung des Senats eines eigenständigen Antrags bedurfte, der aber - wie oben dargelegt - nicht rechtzeitig gestellt worden ist.
Auch der Anspruch auf Erstattung der Kosten für die eintägige Klassenfahrt ist nicht begründet. Insoweit fehlt es bereits an einer Anspruchsgrundlage. § 23 Abs. 3 SGB II erfasst ausdrücklich nur mehrtägige Klassenfahrten. Mit der Schaffung des SGB II wurden die bis dahin nach § 21 Abs. 1a Nr. 3 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewährten Einmalleistungen für "Besondere Lernmittel für Schüler, Klassenfahrten und Nachhilfeunterricht" nicht mehr in vollem Umfang berücksichtigt, sondern der Anspruch reduziert auf die Finanzierung mehrtägiger Klassenfahrten (Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. § 23 Rz 108, 109). Der durch eintägige Klassenfahrten entstehende Bedarf ist daher nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II kein Sonderbedarf. Er ist von der bereits bestandskräftig bewilligten Regelleistung im Bescheid vom 22. April 2005 umfasst und daher aus dieser zu finanzieren.
Eine Prüfung nach § 23 Abs. 1 SGB II ist vorliegend schon deshalb nicht erforderlich, weil die Klägerin eine darlehensweise Gewährung nicht begehrt hat.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 27/06 - wegen grundsätzlicher Bedeutung bezüglich der Reichweite eines Antrags bzw. der Erforderlichkeit eines eigenständigen Antrags auf Mehr-, Sonder- und unabweisbare Bedarfe und der Anwendung des § 37 SGB II zugelassen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten für eine mehrtägige Klassenfahrt und für einen eintägige Besuch eines Musicals streitig.
Die im November 1988 in Thailand geborene Klägerin, die seit 12. September 200x Schülerin der T. G. D. ist, bildet zusammen mit ihrer Mutter, einer Halbschwester und dem Ehemann ihrer Mutter (im Folgenden GS) eine Bedarfsgemeinschaft, die seit 1. Januar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht - entsprechend dem Weiterbewilligungsantrag vom 8. April 2005 (Bl. 61 VA) für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Oktober 2005 auf Grund des bestandskräftigen Bescheids vom 22. April 2005 (Bl. 65 VA).
Am 25. August 2006 beantragte GS die Erstattung der Kosten für den Schullandheimaufenthalt der Klägerin in C./G. a M. vom 23. September bis 2. Oktober 2005 in Höhe von 271 EUR sowie des eintägigen Besuchs des Musicals "Mamma Mia" am 3. Mai 2006 in Höhe von 32,40 EUR. Mit - an GS adressierten - Bescheid vom 30. August 2006 lehnte die Beklagte die Übernahme dieser Kosten mit der Begründung ab, der Antrag habe vor Antritt der Fahrten gestellt werden müssen; zudem seien die Kosten bereits beglichen, sodass der Bedarf aus eigenen Mitteln habe gedeckt werden können. Mit seinem Widerspruch machte GS geltend, er habe erst durch einen Zeitungsartikel von der Leistungspflicht der Beklagten erfahren und auch nicht über die Mittel verfügt, sondern seinen bereits überzogenen Dispo-Kredit weiter belastet. Mit - wiederum an GS adressierten - Widerspruchsbescheid vom 15. September 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie führte zur Begründung aus, der Sonderbedarf des § 23 Abs. 3 SGB II sei personenbezogen und stehe daher nur der Stieftochter des Widerspruchsführers zu. Zwar sei diese zum Zeitpunkt der Zahlungsverpflichtung hilfebedürftig gewesen, die Kosten seien damals jedoch anderweitig gedeckt worden, sodass im Zeitpunkt der Antragstellung kein - gegenwärtiger - Bedarf mehr bestanden habe. Hinsichtlich der eintägigen Klassenfahrt (Besuch des Musicals) gelte, dass derartige Ausfahrten nicht als Sonderbedarf nach § 23 Abs. 3 SGB II anerkannt und daher von der Regelleistung umfasst seien.
Hiergegen hat GS - unter späterer Vorlage einer Vollmacht - für die Klägerin am 21. September 2006 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben und am bisherigen Begehren festgehalten. Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. Oktober 2007 abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Kosten für den Schullandaufenthalt seien zwar grundsätzlich nach § 23 Abs. 3 SGB II erstattungsfähige Leistungen. Vorliegend komme ein Erstattung jedoch nicht in Betracht, weil es sich um einen Anspruch für einen zurückliegenden Bedarf handele. Eine Bedarfsdeckung für die Vergangenheit sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30. April 1992 - 5 C 12/87) zum Bundessozialhilfegesetz (BSHG) nicht zulässig. Der Grundsatz, dass eine Bedarfsdeckung für die Vergangenheit nicht möglich sei, gelte auch für die Leistungen nach dem SGB II. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die eintägige Klassenfahrt ergebe sich schon aus dem Wortlaut des § 23 Abs. 3 SGB II nicht. Dieser Bedarf stelle keinen Sonderbedarf dar und sei durch die Regelleistung gedeckt. Das SG hat im Tenor die Berufung unbeschränkt zugelassen; dazu in den Entscheidungsgründen ausgeführt: "Die Berufung war zuzulassen, da die Rechtsfrage der Erstattung von eintägigen Schulausflügen, soweit ersichtlich, noch nicht obergerichtlich geklärt ist und damit grundsätzliche Bedeutung hat, § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG."
Gegen das ihr am 11. Dezember 2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 20. Dezember 2007 Berufung eingelegt und an ihrem Begehren festgehalten.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 23. Oktober 2007 sowie den Bescheid vom 30. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. September 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten für den Schullandheimaufenthalt in C./G. a M. vom 23. September bis 2. Oktober 2005 in Höhe von 271 EUR sowie des eintägigen Besuchs des Musicals "Mamma Mia" am 3. Mai 2006 in Höhe von 32,40 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Im Erörterungstermin vom 7. Mai 2008 hat GS angegeben, der Antrag sei erst so spät gestellt worden, weil er die Förderungsmöglichkeit nicht gekannt habe. Wegen der fehlenden finanziellen Mittel habe er der Tochter zunächst gesagt, dass ihre Teilnahme nicht möglich sei. Nachdem ihm die Klassenlehrerin aber erklärt habe, wie wichtig deren Teilnahme für die Integration in der neuen Klasse sei, habe er zugestimmt und sein Konto weiter überzogen. Den daraufhin vom Berichterstatter vorgeschlagenen und von der Klägerin im Termin angenommenen Vergleich hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 25. Mai 2008 nicht angenommen.
Zum weiteren Vorbringen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Prozessakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist statthaft, weil sie vom SG zugelassen worden ist; an diese Zulassung ist der Senat gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG). Vorliegend ist aber fraglich, in welchem Umfang die Berufung zugelassen worden ist. Im Tenor ist sie unbeschränkt zugelassen, in den Entscheidungsgründen ist jedoch ausgeführt, dass sie zugelassen worden ist, weil "die Rechtsfrage der Erstattung von eintägigen Schulausflügen noch nicht obergerichtlich geklärt ist und damit grundsätzliche Bedeutung hat". Die Zulassung der Berufung bewirkt grundsätzlich die Eröffnung der vollen Berufungsinstanz. Es ist aber möglich, die Zulassung der Berufung auf einen von mehreren selbständigen Ansprüchen zu beschränken (Leitherer in Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 144 Rz 43; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 5. Aufl., IX Rz 10). Nach Literatur und Rechtsprechung ist die Beschränkung der Zulassung grundsätzlich im Tenor vorzunehmen. Den Entscheidungsgründen kann eine Beschränkung der Zulassung trotz unbegrenzten Ausspruchs im Tenor nur entnommen werden, wenn das unter Berücksichtigung des sonstigen Urteilsinhalts und aller Umstände eindeutig ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Kel-ler/Leitherer, SGG, 9. Aufl., § 160 Rz 28c; Krasney/Udsching, a.a.O.; Bundessozialgericht (BSG), Urteile vom 15. November 1995 (6 RKa 58/94) in SozR 3-1300 § 16 SGB X; vom 23. April 1996 (1 RK 20/95) in BSGE 78, 154, 157; BSG SozR 3-5050 § 15 FRG Nr. 5; BSGE 82, 198, 200). Hier betrifft die Zulassung nach dem Wortlaut in den Entscheidungsgründen - im Gegensatz zum Wortlaut des Tenors - nur den geltend gemachten Anspruch auf Erstattung der Kosten für die eintägige Klassenfahrt. Für eine Beschränkung spricht demnach die Begründung der Zulassung in den Entscheidungsgründen, dagegen der Ausspruch im Tenor, aber auch die erteilte Rechtsmittelbelehrung. Geht man davon aus, dass - wie hier - bei mehreren selbständigen Ansprüchen das SG die Zulassung der Berufung für jeden Anspruch zu prüfen hat, können seine Ausführungen zur Zulassung, die die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nur im Hinblick auf die Kostenerstattung für eintägige Klassenfahrten gesehen hat, als Zulassungsbegrenzung auf diesen Teil verstanden werden. Andererseits ist zu berücksichtigen, dass, wenn das SG die Berufung nur eingeschränkt hätte zulassen wollen, es hinsichtlich des anderen streitigen Anspruchs auf die Möglichkeit der Nichtzulassungsbeschwerde in der Rechtsmittelbelehrung hätte hinweisen müssen. Die gegebene Begründung kann daher auch lediglich unvollständig sein. Im Hinblick darauf sieht der Senat die Zulassung - weil nicht ganz eindeutig - als unbeschränkt an; des Weiteren spricht auch der Gesichtspunkt, dass eine Begründung der Zulassung überhaupt nicht erforderlich und - daraus folgend - eine mangelhafte unschädlich ist, vorliegend für die unbeschränkte Zulassung der Berufung. Da die Berufung im Übrigen frist- und formgerecht (§151 SGG) eingelegt worden ist, ist sie insgesamt zulässig.
Die Berufung ist aber sachlich nicht begründet. Zwar ist gemäß § 78 SGG die Klage zulässig, denn im Hinblick auf § 38 SGB II ist es unschädlich, dass nicht die Klägerin selbst, sondern GS die Leistung beantragt hat und auch der ablehnende Bescheid/Widerspruchsbescheid an ihn gerichtet war. Aber der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die ein- und mehrtägige Klassenfahrt.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 30. August 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. September 2006, mit dem die Beklagte die Übernahme dieser Kosten abgelehnt hat. Auf diesem im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch ist das ab 1. Januar 2005 geltende Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) anwendbar. Dass die Klägerin im Übrigen grundsätzlich leistungsberechtigt nach den §§ 7 Abs. 1 Satz 1, 9, 19 und 20 SGB II ist, ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten. Die konkrete Anspruchsgrundlage hinsichtlich der Kosten für die mehrtägige Klassenfahrt stellt - wie das SG zutreffend erkannt hat - § 23 Abs. 3 Nr. 3 SGB II dar. Danach sind Leistungen für mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen nicht von der Regelleistung umfasst, sondern bei Erfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen vom Leistungsträger als Sonderbedarf zusätzlich (zum Regelbedarf) zu erbringen.
Der Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Kosten der mehrtägigen Klassenfahrt scheitert vorliegend aber daran, dass sie diese Leistung nicht rechtzeitig beantragt hat. Nach § 37 Abs. 1 SGB II werden die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende auf Antrag erbracht. Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift bestimmt weiter, dass Leistungen der Grundsicherung nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht werden. Damit ist eine rückwirkende Leistungserbringung - bis auf die in Satz 2 geregelte Ausnahme (Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen an einem Tag, an dem der zuständige Träger von Leistungen nach diesem Buch nicht geöffnet hat)- gesetzlich nicht vorgesehen (Müller in Hauck/Noftz, SGB II, K § 37 Rz 15; Münder, SGB II, 2. Aufl. § 37 Rz 17; Löschau in Estelmann, SGB II, § 37 Rz 14; Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 37 Rz 24). Eine Rückwirkung nach der Ausnahmeregelung des Satzes 2 erfolgt nur, wenn die Antragstellung wegen fehlender Öffnung des Leistungsträgers unterblieben ist, andere Gründe werden nicht berücksichtigt. Das gilt auch dann, wenn die frühere Antragstellung aus Gründen unterblieben ist, die von dem Berechtigten nicht zu vertreten sind. Unterbleibt eine Antragstellung, weil der Berechtigte nicht weiß, dass der Bezug von Leistungen nach dem SGB II eine Antragstellung voraussetzt, liegt kein von Abs. 1 Satz 2 erfasster Fall vor (Wagner in jurisPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 37 Nr. 32-34). Ein nicht unmittelbar nach Eintritt der Anspruchsvoraussetzungen gestellter Antrag führt somit zu einem (begrenzten) Rechtsverlust (Link a.a.O. Rz 17). Ein Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 Abs. 1 SGB X besteht nicht, da es sich bei der Regelung des § 37 Abs. 2 S 1 SGB II nicht um eine gesetzliche Frist handelt (Link in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., RdNr 33a m.w.H.)
Vorliegend hat GS den Antrag im August 2006 - etwa zehn Monate nach Durchführung der mehrtägigen Klassenfahrt - gestellt. Der hierfür benannte - glaubhafte - Grund der Unkenntnis der Förderungsmöglichkeit ist - wie oben dargelegt - nicht entscheidungserheblich, ebenso wenig sein Einwand, er habe seinen Dispo-Kredit weiter belastet. Ein Sachverhalt wie in der Satz 2 geregelten Ausnahme (s.o.) oder wie in § 28 SGB X (wiederholte Antragstellung) geregelt, liegt hier eindeutig nicht vor. Auch die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs liegen nicht vor. Nach Aktenlage deutet nichts darauf hin, dass GS vor der Antragstellung Ende August 2006 mit der Beklagten wegen der Kosten von Klassenfahrten in Kontakt gestanden hätte; entsprechendes hat auch GS im gesamten Verfahren nicht vorgetragen. Allein die aus dem Erstantrag für die Beklagte erkennbare Tatsache, dass die Klägerin noch die Schule besucht und deshalb entsprechend ihrem Jahrgang eine mehrtägige Klassenfahrt in Betracht kommen könnte, begründet nach Auffassung des Senats noch keine spontane Beratungspflicht der Beklagten. Damit ist - unabhängig von der Prüfung der weiteren Voraussetzung "im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen" - nach § 37 SGB II der Rechtsverlust eingetreten. Dem steht das Urteil des BSG vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 27/06 R - nicht entgegen. Dort hat der 11b-Senat zwar ausgeführt, dass auch für Ansprüche auf Leistungen der Grundsicherung alle Anspruchsvoraussetzungen dem Grunde und der Höhe nach zu überprüfen sind, wozu auch Ansprüche auf Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt (§ 21 SGB II) oder für unabweisbare Bedarfe oder Sonderbedarfe zählen. Der 11b-Senat hat deshalb - auch ohne ausdrücklichen Antrag - im Hinblick auf ein vorgelegtes ärztliches Attest die Prüfung der Voraussetzungen der §§ 21 und 23 SGB II gefordert. Dem ist zuzustimmen, weil insoweit auf Grund tatsächlicher Umstände (ärztliches Attest) die Prüfung von Mehr- bzw. Sonder- oder unabweisbaren Bedarfen geboten war, zumal in der Vorlage des Attests auch eine entsprechende Antragstellung zu sehen ist. Im vorliegenden Fall aber hatte die Beklagte bis zur Entscheidung über den Weiterbewilligungsantrag vom 8. April 2005 am 22. April 2005 - zudem während des gesamten Bewilligungszeitraums Mai bis Oktober 2005 und darüber hinaus bis zur Antragstellung Ende August 2006 - keinen Hinweis darauf, dass bei der Klägerin im September/Oktober 2005 ein Sonderbedarf wegen einer mehrtägigen Klassenfahrt entstanden sein könnte. Dass sich dieser Sonderbedarf ergeben könnte, war auch GS zum Zeitpunkt seines Antrags auf Weiteerbewilligung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht bekannt; von daher gesehen kann sein Weiterbewilligungsantrag vom 8. April 2005 den streitigen Sonderbedarf auch nicht "mit umfasst" haben, sodass es vorliegend nach Auffassung des Senats eines eigenständigen Antrags bedurfte, der aber - wie oben dargelegt - nicht rechtzeitig gestellt worden ist.
Auch der Anspruch auf Erstattung der Kosten für die eintägige Klassenfahrt ist nicht begründet. Insoweit fehlt es bereits an einer Anspruchsgrundlage. § 23 Abs. 3 SGB II erfasst ausdrücklich nur mehrtägige Klassenfahrten. Mit der Schaffung des SGB II wurden die bis dahin nach § 21 Abs. 1a Nr. 3 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gewährten Einmalleistungen für "Besondere Lernmittel für Schüler, Klassenfahrten und Nachhilfeunterricht" nicht mehr in vollem Umfang berücksichtigt, sondern der Anspruch reduziert auf die Finanzierung mehrtägiger Klassenfahrten (Lang/Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. § 23 Rz 108, 109). Der durch eintägige Klassenfahrten entstehende Bedarf ist daher nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB II kein Sonderbedarf. Er ist von der bereits bestandskräftig bewilligten Regelleistung im Bescheid vom 22. April 2005 umfasst und daher aus dieser zu finanzieren.
Eine Prüfung nach § 23 Abs. 1 SGB II ist vorliegend schon deshalb nicht erforderlich, weil die Klägerin eine darlehensweise Gewährung nicht begehrt hat.
Die Berufung ist daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision im Hinblick auf das Urteil des BSG vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 27/06 - wegen grundsätzlicher Bedeutung bezüglich der Reichweite eines Antrags bzw. der Erforderlichkeit eines eigenständigen Antrags auf Mehr-, Sonder- und unabweisbare Bedarfe und der Anwendung des § 37 SGB II zugelassen.
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