S 5 KR 207/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KR 207/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 21.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2007 verurteilt, dem Kläger einen EinkaufsFuchs der Firma T als Sachleistung zur Verfügung zu stellen. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des im Jugendalter erblindeten Klägers auf Versorgung mit einem sog. EinkaufsFuchs.

Bei dem am 1971 geborenen und bei der Beklagten gegen Krankheit versicherten Kläger besteht eine beidseitige Erblindung. Er ist gelernter Masseur und Bademeister, zur Zeit jedoch ohne Anstellung. Er führt seinen Haushalt, in dem keine weiteren Personen leben, selbstständig und erledigt die erforderlichen Einkäufe in der Regel ohne fremde Hilfe.

Am 26.01.2007 verordnete ihm der Augenarzt Dr. L einen EinkaufsFuchs als Hilfsmittel. Der Kläger reichte die Verordnung bei der Beklagten ein und fügte ein Angebot der Firma T sowie den Bescheid der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 02.08.2006 über die Aufnahme des EinkaufsFuchses in das Hilfsmittelverzeichnis nach § 128 Sozialgesetzbuch, 5. Buch (SGB V).

Bei dem EinkaufsFuchs handelt es sich um eine Einkaufshilfe mit digitaler Sprachausgabe für blinde und stark sehbehinderte Menschen. Der EinkaufsFuchs erkennt die Produkte durch Auswertung des Strichcodes, der auf den Verpackungen zu finden ist. Die Datenbank des Gerätes enthält inzwischen über eine Million verschiedener Artikel, wobei es sich um die wichtigsten Gebrauchsgüter im Haushalt sowie im Lebensmittelbereich handelt. Ferner sind alle erhältlichen Musik-CD´s und Kassetten enthalten. Die Erweiterung der Daten ist jederzeit möglich durch Austausch der Speicherkarte. Im Übrigen besteht die Möglichkeit, dass neue, noch nicht bekannte Artikel von dem Nutzer selbst eingegeben werden. Zu diesem Zweck ist in das Gerät ein Mikrophon integriert, so dass ein bestimmter Barcode akustisch gekennzeichnet werden kann. Auf diese Weise kann der Nutzer Ordner oder Lernmaterialien kennzeichnen. Nach den Angaben des Herstellers T misst das Basisgerät 15 x 8 x 4 cm und kann am Gürtel oder in der Tasche getragen werden. Dazu gehört ein transportabler Scanner, der - ähnlich wie man ihn von Supermarktkassen kennt - in alle Richtungen gehalten werden kann, um den Strichcode auf den Gegenständen schnell zu finden. Das Gerät ist im Hilfsmittelverzeichnis unter der Hilfsmittelnummer 07.09.03.0001 gelistet und kostet ausweislich eines am 31.01.2007 bei der Beklagten eingegangenen Angebots inklusive Zubehör und Mehrwertsteuer 3.094,00 EUR.

Die Beklagte ließ den Sachverhalt vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Westfalen-Lippe beurteilen und erteilte daraufhin am 21.02.2007 den angefochtenen Bescheid, mit dem der Antrag des Klägers abgelehnt wurde. Das Gerät zeige zunächst nur Waren an, die in die Datenbank des Herstellers eingetragen sind. Einige Handelsketten seien hieran nicht beteiligt, so dass diese nicht erkannt werden könnten. Der gewünschte Warenbereich im Supermarkt müsse im übrigen zunächst erreicht werden, um die Ware differenzieren zu können. Hierfür sei eine Assistenz notwendig, so dass ein eigenständiges Auffinden der Waren mit dem Hilfsmittel nicht möglich sei. Soweit der Kläger das Gerät zur Organisation des Ein-Personen-Haushaltes einsetzen wolle, sei anzumerken, dass dieser Bereich nicht in die Leistungspflicht der Gesetzlichen Krankenversicherung gehört. Ein elementares Grundbedürfnis sei daher nicht betroffen. Insbesondere sei der Kläger auf Leistungen nach § 55 Sozialgesetzbuch, 9. Buch (SGB IX) zu verweisen.

Gegen diese Entscheidung legte der Kläger Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, mit dem Gerät könne er in bestimmten Bereichen mehr Selbstständigkeit erlangen. Es sei nicht richtig, dass ein Blinder Einkäufe nicht alleine tätigen kann, da häufig ein Supermarkt aufgesucht werde, den man ohnehin kenne, so dass es kein Problem sei, das entsprechende Regal zu finden. Das Problem fange vielmehr dann erst an, wenn man vor dem Regal oder der Truhe stehe und nicht wisse, welchen Artikel man in der Hand halte. Auch wenn man den EinkaufsFuchs nicht den ganzen Tag benötigt, sei er für seine persönlichen Verhältnisse durchaus praktikabel.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.06.2007 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, das Gerät sei nicht geeignet, fehlende Körperfunktionen vollumfänglich auszugleichen. Ein Ausgleich werde lediglich in Teilbereichen der selbstständigen Lebensführung (Einkaufen, Nahrungszubereitung) und auch dort nur unvollständig erreicht. Ein wesentlicher Ausgleich der Behinderung sei damit nicht gegeben. Der EinkaufsFuchs diene nicht der medizinischen Rehabilitation, die Verpflichtung zur Versorgung liege daher außerhalb des Aufgabenbereiches der Gesetzlichen Krankenversicherung, so dass eine Übernahme der Kosten durch die Kasse ausscheiden müsse. In diesem Zusammenhang sei bereits auf die Möglichkeit der Antragstellung beim Träger der Sozialhilfe hingewiesen worden.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 05.07.2007 erhobene Klage. Der Kläger meint, er benötige das streitige Hilfsmittel, um seine unmittelbaren Grundbedürfnisse im Rahmen eines selbstbestimmten Lebens zu verwirklichen. Dazu gehöre auch die eigenständige Versorgung mit Lebensmitteln und den Gütern des täglichen Bedarfs. Zur weiteren Begründung nimmt er Bezug auf seine Ausführungen im Verwaltungsverfahren.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 21.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2007 zu verurteilen, ihm einen EinkaufsFuchs der Firma T als Sachleistung zur Verfügung zu stellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, der angefochtene Bescheid entspreche der Sach- und Rechtslage. Zur Begründung nimmt sie zunächst Bezug auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 19.06.2007. Ergänzend weist sie darauf hin, dass der Kläger zur Sicherstellung der Grundbedürfnisse mit einem Blindenvorlesegerät, einer Braillezeile, einem Blinden-Langstock, einem Farberkennungsgerät, einem Alu-Telefaltstock sowie einem Blindenleitgerät mit einem Mowat-Sensor ausgestattet ist. Da wichtige Daten in der Datenbank des Herstellers des streitigen Hilfsmittels wie z.B. die Haltbarkeit oder ein Inhaltsstoffverzeichnis nicht enthalten sind, sei ein Einkaufen ohne fremde Hilfe auch mit dem EinkaufsFuchs nicht möglich.

Der Kläger trägt hierzu vor, zwischenzeitlich habe die Firma T einen neuen Vertrag mit einem Warenlogistikunternehmen abgeschlossen, so dass es in Zukunft auch gewährleistet sei, bestimmte Inhaltsstoffe als Information über den Strichcode zu erhalten. Der Beratungsbedarf eines Blinden werde durch den EinkaufsFuchs ganz erheblich reduziert. Zu bedenken sei darüber hinaus, dass auch Sehende im Hinblick auf die genaue Zusammensetzung eines Produktes noch Beratungsbedarf haben, der mit den Informationen auf der Verpackung nicht vollständig befriedigt werden kann.

Das Gericht hat einen Erörterungstermin mit den Beteiligten durchgeführt und den Kläger zu den Einsatzmöglichkeiten des EinkaufsFuchses befragt. Auf die Sitzungsniederschrift vom 20.02.2008 wird insoweit Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten im Sach- und Streitstand nimmt die Kammer Bezug auf den Inhalt der Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 21.02.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.06.2007 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), denn der Bescheid ist rechtswidrig. Der Kläger hat Anspruch auf Versorgung mit einem EinkaufsFuchs zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung.

Gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 SGB V ausgeschlossen sind.

Ein Ausschluss nach § 34 Abs. 4 SGB V existiert für den EinkaufsFuchs nicht. Dieses Hilfsmittel stellt sich auch nicht als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens dar, da der EinkaufsFuchs lediglich für die speziellen Bedürfnisse sehbehinderter Menschen gedacht ist und nur von diesem Personenkreis genutzt wird.

Ein Ausschluss des EinkaufsFuchses aus der Leistungspflicht der Krankenkassen kann sich vorliegend auch nicht aus den Bestimmungen des Hilfsmittelverzeichnisses ergeben. Zum einen wurde das streitige Gerät mit Bescheid vom 02.08.2006 in das Hilfsmittelverzeichnis durch die Spitzenverbände der Krankenkassen aufgenommen und zum anderen beinhaltet das nach § 128 SGB V erstellte Hilfsmittelverzeichnis lediglich eine für die Gerichte unverbindliche Auslegungshilfe (BSG, Urt. vom 23.08.1995, SozR 3-2500 § 33 Nr. 16), so dass auch nicht gelistete Gegenstände als Hilfsmittel angesehen werden können.

Bezogen auf den individuellen Bedarf des Klägers ist der EinkaufsFuchs als Hilfsmittel im Sinne der 2. Alternative des § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V anzusehen. Er dient dem - jedenfalls teilweise - ersetzenden Ausgleich der bei dem Kläger bestehenden Sehunfähigkeit. Bereits mehrfach hat das Bundessozialgericht entschieden, dass solche Geräte bei von Blindheit betroffenenen Versicherten als geeignetes Hilfsmittel anzuerkennen sind (Optakon-Lesegerät: SozR 2200 § 182b Nr. 34, SozR 5420 § 16 Nr. 1, Farberkennungsgerät: BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 18, elektronisches Lesesprechgerät: BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 16).

Der Einsatz des begehrten Hilfsmittels ist nach Auffassung der Kammer der alltäglichen Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse eines Menschen zuzuordnen. Nach ständiger Rechtsprechung fallen hierunter nicht nur die allgemeinen Verrichtungen des täglichen Lebens wie Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, elementare Körperpflege und das selbstständige Wohnen (BSG, Urt. vom 23.07.2002, SozR 3-2500 § 33 Nr. 46), sondern auch die Schaffung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 7). Dazu gehört auch die Fähigkeit, sich selbstständig und möglichst ohne fremde Hilfe im eigenen Umfeld zu orientieren, zurechtzufinden und bewegen zu können (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 18). Hierzu zählt nach Auffassung der Kammer ebenfalls die eigenständige Beschaffung der für die Lebensführung notwendigen Nahrungsmittel und der Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens. Ebenso fällt in diesen Grundbereich der eigenständigen Orientierung die selbstständige Haushaltsführung. Das Erkennen und Unterscheiden von Gegenständen ist im Rahmen dieser Lebensbereiche wesentlich, um eine freie Willensbetätigung entfalten zu können. So ermöglicht der EinkaufsFuchs dem Blinden auf akustische Weise das, was der Sehende auf einen Blick erkennt. Im Rahmen der Haushaltsführung kann der Kläger auf diese Weise seine Einkäufe gezielt sortieren und erhält eine Hilfe beim Wiederauffinden der Gegenstände.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der EinkaufsFuchs als wirtschaftlich im Sinne des § 12 SGB V anzusehen. Nach dieser Vorschrift müssen die Leistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen.

Das Argument der Beklagten, das Hilfsmittel komme nur in geringen Teilbereichen des täglichen Lebens zum Einsatz und sei damit weder praktikabel noch wirtschaftlich im Sinne des § 12 SGB V, vermag die Kammer nicht zu teilen. Zwar ist richtig, dass der EinkaufsFuchs erst dann zum Tragen kommen kann, wenn der sehunfähige Versicherte einen Gegenstand in der Hand hält, den er nicht zuordnen kann. Dementsprechend muss der Versicherte sich zunächst in den jeweiligen Gang des Supermarktes begeben, in dem sich das gewünschte Lebensmittel bzw. der Gegenstand, den er erwerben möchte, befindet. Erst wenn er unmittelbar vor dem Regal steht und einen Gegenstand herausnimmt, kann das Gerät zum Einsatz kommen, so dass angesichts der Vielzahl der angebotenen Artikel der Einsatz eines solchen EinkaufsFuchses im Bereich eines Supermarktes einen höheren Zeitaufwand darstellen könnte als die Inanspruchnahme einer Hilfsperson. Andererseits bietet das Gerät die Möglichkeit, im eigenen sowie auch in fremden Haushalten Lebensmittel zu identifizieren, um auf diese Weise bei der Zubereitung von Mahlzeiten die richtigen Zutaten heraussuchen zu können.

Aber auch in anderen Bereichen kann der EinkaufsFuchs zum Einsatz kommen. So ist für die Kammer durchaus nachvollziehbar, dass der Kläger zur Befriedigung seines Informationsbedürfnisses mit Hilfe des EinkaufsFuchses Bücher oder CD´s identifizieren kann, um auf diese Weise eine Vorauswahl zu treffen, welche dieser Medien er sich anschaffen möchte. Schließlich bietet der EinkaufsFuchs über die Barcodeerkennung auch die Möglichkeit, akustisch darzustellen, von welchem Interpreten eine bestimmte CD ist und wie der Titel eines Buches lautet. Vor diesem Hintergrund sind sehr vielfältige Einsatzmöglichkeiten denkbar, die viele Bereiche des täglichen Lebens betreffen.

Ebenso wie das seit dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 17.01.1996 (SozR 3-2500 § 33 Nr. 18) allgemein als Hilfsmittel anerkannte Farberkennungsgerät bietet der EinkaufsFuchs ebenfalls Einsatzmöglichkeiten in vielen Lebensbereichen. Im Gegensatz zu dem Farberkennungsgerät, das der Kläger nach seinen eigenen Angaben lediglich zur Sortierung seiner Wäsche einsetzt, fördert der EinkaufsFuchs die Selbstständigkeit des blinden Versicherten und versetzt ihn zumindest ansatzweise in die Lage, einen Gegenstand auf einen "Blick" mit dem Scanner zu identifizieren. Es ist durchaus vorstellbar, dass das Gerät gewissermaßen als transportables Lesesprechgerät für Gegenstände einge-setzt wird, deren Aufdruck von einem Lesegerät in der Regel nicht eingescannt werden kann.

Da das System mit der Eigenanfertigung von Barcodes eine gute Sortierung seines Haushalts ermöglicht, bietet der EinkaufsFuchs auch auf diese Weise eine zusätzliche Erkennungshilfe, wenn die sonstigen Erkenntnismöglichkeiten versagen. So kann der Kläger unterschiedliche Ordner, in denen sich persönliche Unterlagen befinden, entsprechend kennzeichnen und schnell auffinden. Dosen oder Einmachgläser gleicher Größe müssen auf diese Weise nicht mehr streng geordnet und verwahrt werden. Bereits im Rahmen der Entscheidung über den Anspruch auf ein Farberkennungsgerät hat das Bundessozialgericht darauf hingewiesen, dass auch der blinde Mensch trotz der antrainierten strengen Ordnung in der Haushaltsführung, Erinnerungslücken haben kann. So diene das Farberkennungsgerät der Stärkung des Selbstwertgefühls, wenn der Blinde im Bedarfsfall auf technische Errungenschaften zurückgreifen kann, die ihm in dieser Hinsicht das Leben erleichtern.

Ebenso wenig kann der Kläger auf die Unterstützung Angehöriger verwiesen werden. Auch insoweit hat das Bundessozialgericht bereits mehrfach entschieden, dass sich innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung keine generelle vorrangige Selbsthilfe bzw. Hilfe von Angehörigen gegenüber Versicherungsansprüchen begründen lässt (BSG SozR 3 2500 § 33 Nr. 16). Auch wenn der Kläger wegen seines Funktionsdefizit weiterhin in vielen Bereichen auf fremde Hilfe angewiesen ist, kann er nach Auffassung der Kammer jedenfalls dann nicht auf die Unterstützung durch Dritte verwiesen werden, wenn der technische Fortschritt Erkenntnismöglichkeiten mit sich bringt, die ihn jedenfalls teilweise unabhängig von fremder Hilfe machen. Diese Sichtweise ist insbesondere vor dem Hintergrund einer grundrechtsorientierten Auslegung des § 33 SGB V geboten.

Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung war für die Kammer insbesondere entscheidend, dass der Kläger seinen Haushalt eigenständig führt und in der Lage ist, Einkäufe selbst zu tätigen. Darüber hinaus erleichtert ihm der EinkaufsFuchs die Beschaffung von Kleidungsstücken, zumal der Strichcode regelmäßig die Angabe der Farbe des Kleidungsstückes beinhaltet. Auf diese Weise geht die Funktion des Gerätes über die eines Farberkennungsgerätes durch die Angabe zusätzlicher Informationen hinaus.

Bereits diese Gesichtspunkte sprechen nach Auffassung der Kammer für die Wirtschaftlichkeit des Hilfsmittels im Sinne einer vernünftigen Relation zwischen Kosten und Gebrauchsvorteil. So erscheint ein Einsatz in einem zeitlichen Umfang von vier bis fünf Stunden pro Woche durchaus nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass der Kläger ca. zweimal wöchentlich einkaufen geht und er bei der täglichen Zubereitung der Mahlzeiten das Gerät einsetzt.

Da die Kammer im Gegensatz zu der Beklagten ein im Rahmen des § 33 SGB V geschütztes Grundbedürfnis als tangiert ansieht, kommt eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers gem. § 55 Sozialgesetzbuch, 9. Buch (SGB IX) nicht in Betracht, so dass der Anregung zur Beiladung nicht Folge zu leisten war.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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