L 9 U 277/07

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 14 U 4012/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 277/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. November 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.10.2005 die Gewährung von Verletztengeld über den 13.1.2006 hinaus.

Der 1940 geborene Kläger fiel am 13.10.2005 beim Verladen von Postkisten im Rahmen einer geringfügigen Beschäftigung aus dem LKW auf ein Band zwischen LKW und Laderampe. Am nächsten Tag suchte er den H-Arzt Dr. N. auf, der multiple Prellungen diagnostizierte und den Hemithorax links sowie das Becken röntgte. Er erhob folgenden Befund: keine äußere Verletzung, starker Druckschmerz am Thorax links dorsal unter dem Schulterblatt, Druckschmerz linker Trochanter, geringer Hüftrotationsschmerz links, geringer Druckschmerz linkes Knie medialer Gelenkspalt, keine Schwellung, kein Erguss, freie Beweglichkeit, Druckschmerz rechter Ellenbogen, keine Schwellung, freie Beweglichkeit, riet dem Kläger zur Schonung und attestierte Arbeitsunfähigkeit ab 14.10.2005 (H-Bericht vom 19.10.2005).

Am 28.10.2005 suchte der Kläger den Chirurgen Dr. J. auf und gab an, er sei beim Zurücklaufen aus dem LKW, der entladen werden sollte, in einen Spalt zwischen LKW und Laderampe gestürzt. Bei dem Sturz habe er sich am linken Fuß, linken Knie, im Beckenbereich und an den linken Rippen verletzt. Die vom Kläger gewünschte MRT-Untersuchung lehnte Dr. J. ab, da der Kläger ausschließlich Prellungen bzw. eine okkulte Rippenfraktur erlitten habe, die keinerlei Therapie bedürften. Bei der Untersuchung gab der Kläger anhaltende Beschwerden im Rippen- und Beckenbereich sowie im linken Fuß an. Dr. J. hielt den Kläger für arbeitsfähig (D-Bericht vom 28.10.2005).

Wegen weiter geklagter Beschwerden und auch neuer Beschwerden (Wasser aus der linken Nase, Ohrgeräusche seit dem Unfall) veranlassten Dr. N. und Kollegen die Vorstellung des Klägers bei Dr. R., Chefarzt der Unfall- und Handchirurgie der St. Vincentius Kliniken K ... Dieser beschrieb im Zwischenbericht vom 21.12.2005 CT-Befunde (CT der Nasennebenhöhlen und Schädel-CT ohne Nachweis von Frakturen oder intrakraniellen Einblutungen), legte ein 2-Phasen-Ganzkörper-Szintigramm (pathologischer Knochenumbau in der 10. Rippe links dorsolateral, erklärt durch eine frische Fraktur im Rahmen des Traumas vom 13.10.2005, und seitendifferente Weichteilspeicherung im Bereich der linken Hüfte wie z.B. bei einem Hämatom) vor und führte aus, bei den ambulanten Vorstellungen am 29.11., 2.12. und 16.12.2005 habe der Kläger über anhaltende Beschwerden vor allem am linken Vorfuß, an der linken Hüfte sowie am Thorax geklagt. Bei der klinischen Untersuchung habe eine freie Beweglichkeit im linken Hüftgelenk bestanden; ein Thoraxkompressionsschmerz und ein Anhalt für Pneu seien nicht vorhanden gewesen. Wegen der Beschwerden auf HNO-ärztlichem Gebiet hätten sie eine HNO-ärztliche Untersuchung veranlasst. Arbeitsunfähigkeit bestehe voraussichtlich noch bis Ende Dezember 2005.

Die Ärzte der HNO-Klinik der St. Vincentius Kliniken diagnostizierten beim Kläger auf Grund seiner Vorstellung vom 15.12.2005 einen Tinnitus links, Schallempfindungsschwerhörigkeit links mehr als rechts, Verdacht auf Liquorrhoe und empfahlen medikamentöse Therapie und weitere Diagnostik, die der Kläger z. T. ablehnte (HNO-Bericht vom 27.1.2006).

Einen von den Ärzten der St.-Vincentius-Kliniken anlässlich der Vorstellung des Klägers am 27.12.2005 vereinbarten ambulanten Untersuchungstermin in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. am 12.1.2006 nahm der Kläger nicht wahr. Der Arbeitgeber des Klägers teilte der Beklagten auf Anfrage vom 13.1.2006 mit, der Kläger habe eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, ausgestellt von Dr. R., bis zum 3.1.2006 eingereicht und sich danach nicht mehr gemeldet. Der Arbeitgeber habe den Kläger jetzt abgemeldet und gehe davon aus, dass der Kläger die Arbeit nicht mehr aufnehmen wolle. Daraufhin brach die Beklagte die die weitere Heilbehandlung zu ihren Lasten ab und teilte dies u.a. Dr. R. mit Schreiben vom 16.1.2006 mit.

Am 27. Januar 2006 gingen bei der Beklagten weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Dr. R. vom 3.1.2006 bis zum 12.1.2006 und vom 13.1.2006 bis zum 30.1.2006 ein.

Am 31.1.2006 stellte sich der Kläger in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen vor. Dr. M. teilte der Beklagte am selben Tage telefonisch mit, auf unfallchirurgischem Gebiet lägen keinerlei Beschwerden beim Kläger mehr vor, was dieser auch nicht bestreite. Eine vom Kläger begehrte weitere Krankschreibung komme deswegen wegen Unfallfolgen nicht in Betracht. Der Kläger klage über anhaltenden Schwindel und Ohrprobleme.

Im ausführlichen Krankheitsbericht der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. vom 2.2.2006 über die Vorstellung vom 31.1.2006 heißt es unter Vorgeschichte, der Kläger halte sich auf Grund einer Schwindelsymptomatik und einer vegetativen Symptomatik nicht für arbeitsfähig. Auf Grund der Prellung und der Rippenfraktur wäre er bereits arbeitsfähig. Die Ärzte führten aus, aus unfallchirurgischer Sicht sei der Kläger schon seit langem wieder vollschichtig arbeitsfähig.

Gegenüber dem Neurologen und Psychiater B., Konsiliararzt der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen, nannte der Kläger am 23.2.2006 folgende Beschwerden: Kopfschmerzen, Nackenschmerzen, Schwerhörigkeit links, hohes Summen im linken Ohr vor allem im Sommer und Herbst, Schwindel mit Schwarzwerden vor den Augen, übersteigerte Nasensekretbildung, Riech- und Geschmacksstörung, Schmerzen im rechten Ellenbogen, Schwäche im rechten Arm, Krämpfe im linken Arm, verstärktes Schwitzen und Jucken am ganzen Körper, durch die Beschwerden bedingte Schlafstörungen. Der Arzt B.t stellte folgende vorläufige Diagnosen: 1. Zustand nach Schädelhirntrauma 1. Grades ohne verbliebenes neurologisch/psychopathologisches Defizit 2. Somatoforme Störung ohne Unfallzusammenhang 3. Verdacht auf unfallunabhängige Dysthymia und empfahl eine nervenärztliche und gegebenenfalls verhaltenstherapeutische Behandlung zu Lasten der Krankenkasse (Neurologischer Befundbericht vom 23.2.2006).

Der HNO-Arzt Dr. J. stellte im Gutachten vom 6.3.2006 beim Kläger folgende Gesundheitsstörungen fest: 1. Geringgradige Hochtonschwerhörigkeit rechts im Sinne der Presbyakusis bei kombinierter, überwiegend innenohrbedingter Schwerhörigkeit mittleren bis hohen Grades links, verbunden mit Tinnitus aurium links 2. Nicht objektivierbare Schwindelbeschwerden 3. Hyposmie. Er führte aus, die vom Kläger vorgebrachten Beschwerden könnten nicht im Zusammenhang mit dem Unfall gesehen werden, da dieser die unteren Extremitäten sowie das Schultergelenk links betroffen habe. Eine Traumatisierung am Kopf habe nicht stattgefunden, sodass die Gesundheitsstörungen auf HNO-ärztlichem Gebiet keinesfalls als unfallbedingt angesehen werden könnten. Eine Traumatisierung der unteren Körperhälfte und geringfügig auch einer oberen Extremität sei nicht geeignet, eine Innenohrschwerhörigkeit oder eine kombinierte Schwerhörigkeit eines Ohres zu verursachen. Auch Schwindelbeschwerden seien nicht darauf zurückzuführen, zumal der Kläger keine commotio cerebri erlitten habe. Ein Ursachenzusammenhang zwischen der Störung der Riechfunktion und dem Unfall sei bei nicht erlittenem Schädeltrauma auszuschließen.

Im Schreiben vom 8.3.2006 führten die Ärzte der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik L. aus, bei den multiplen Prellungen und der später nachgewiesenen Rippenfraktur könne keine längere Arbeitsunfähigkeit als drei Monate angenommen werden. Somit sei vollschichtige Arbeitsfähigkeit auf Grund des Unfalls ab 14.1.2006 wieder eingetreten.

Mit Bescheid vom 23.3.2006 gewährte die Beklagte dem Kläger vom 25.11.2005 bis 13.1.2006 Verletztengeld in Höhe von insgesamt 473,34 EUR.

Hiergegen legte der Kläger am 11.4.2006 Widerspruch ein und ärztliche Unterlagen vor. Dabei erklärte der HNO-Arzt und Arzt für Naturheilverfahren Dr. S. im Attest vom 21.5.2006, der Kläger stehe seit sechs Jahren in seiner regelmäßigen Kontrolle. Über Funktionsstörungen im HNO-Bereich - insbesondere des Hörens - habe der Kläger vor dem Unfall vom Oktober 2005 nie geklagt. Der Arzt für Allgemeinmedizin Dr. P. gab unter dem 6.4.2006 an, der Kläger leide derzeit an einer pertrochantären Ansatztendinitis im Bereich der linken Hüfte, nachgewiesen durch ein MRT vom 29.3.2006. Er sollte während der nächsten zwei Monate nicht seiner körperlichen Arbeit (Pakete abladen und verteilen) nachgehen.

Hierzu erklärte der Beratungsarzt der Beklagten Dr. Jung am 14.6.2006, die Prellungen seien folgenlos abgeheilt. Die nunmehr festgestellte Ansatztendinitis im Hüftbereich stehe in keinem Zusammenhang mit dem Arbeitsunfall des Klägers.

Mit Widerspruchsbescheid vom 26.7.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, auch unter Berücksichtigung der übersandten ärztlichen Befunde lasse sich weder auf chirurgischem noch auf HNO-ärztlichem Fachgebiet eine weitere unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit begründen.

Hiergegen erhob der Kläger am 21.8.2006 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe, mit der er die Gewährung von Verletztengeld über den 13.1.2006 hinaus begehrte.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.11.2006 wies das SG die Klage ab. Zur Begründung führte es aus, das SG habe sich nicht davon überzeugen können, dass die über den 13.1.2006 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit des Klägers ursächlich auf den Unfall vom 13.10.2005 zurückzuführen sei. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit über den 13.1.2006 hinaus habe keiner der behandelnden oder untersuchenden Ärzte des Klägers bejaht. Professor Dr. W., Chefarzt der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen, habe bei der Untersuchung des Klägers am 31.1.2006 festgestellt, dass der Kläger von unfallchirurgischer Seite schon lange wieder vollschichtig arbeitsfähig sei. Das werde durch die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Jung bestätigt. Die vom Kläger angegebene Verursachung der Arbeitsunfähigkeit durch Schwindelbeschwerden sei von keinem Arzt bestätigt worden. Dr. J. habe diese nicht objektivieren können und einen Unfallzusammenhang ausgeschlossen, weil eine Traumatisierung des Kopfes nicht erfolgt sei. Eine andere Bewertung des Unfallzusammenhangs erlaubten auch nicht die vom Kläger vorgelegten ärztlichen Berichte. Eine Befragung der Ärzte sei dem SG nicht möglich gewesen, da der Kläger diese trotz mehrmaliger Erinnerungen und Hinweise nicht von der Schweigepflicht entbunden habe.

Gegen den am 8.12.2006 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 5.1.2007 Berufung eingelegt, mit der er die Gewährung von Verletztengeld über den 13.1.2006 hinaus weiter verfolgt. Er hat zahlreiche ärztliche Unterlagen vorgelegt und vorgetragen, bei den Erstbefunden sei offensichtlich übersehen worden, dass er auf Grund des Unfalls eine Schambeinfraktur links symphysennah mit angrenzendem reaktivem Knochenmarksödem erlitten habe. Er verweise insoweit auf das Attest von Dr. W. vom Zentrum für Radiologie und Nuklearmedizin vom 29.12.2006 und auf ein Schreiben von Dr. Clemens an die Beklagte vom 9.11.2007, wonach angesichts der zahlreichen von verschiedenen Ärzten und Kliniken erhobenen Befunde die Situation inzwischen unüberschaubar geworden sei, weswegen er anrege, von einem bisher nicht am Heilverfahren beteiligten medizinischen Sachverständigen ein Zusammenhangsgutachten erstellen zu lassen, damit definitiv geklärt werden könne, ob noch Unfallfolgen bestünden oder nicht. Außerdem habe ihm Dr. R. ausweislich seiner ärztlichen Bescheinigung vom 17.8.2007 aufgrund der Folgen des Unfalles vom 13.10.2005 Arbeitsunfähigkeit bis zum 31.1.2006 attestiert.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. November 2006 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 23. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. Juli 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm über den 13. Januar 2006 hinaus wegen des Arbeitsunfalls vom 13. Oktober 2005 Verletztengeld zu gewähren, hilfsweise ein Gutachten nach § 109 SGG einzuholen, wobei der zu hörende Arzt binnen einer Frist von 2 Wochen benannt werden wird.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, die zeitnah zum Unfall vom 13.10.2005 durchgeführten umfangreichen Untersuchungen auf verschiedenen medizinischen Fachgebieten hätten an Unfallfolgen eine Rippenfraktur links sowie Prellungen im Bereich der linken Hüfte ergeben. Weitergehende Unfallfolgen hätten nicht vorgelegen. Das vom Kläger unverändert geltend gemachte diffuse Beschwerdebild, das auf Grund zahlreicher, von verschiedenen Ärzten und Kliniken erhobenen Befunde z. T. unüberschaubar geworden sei, stehe in keinem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen.

Der Senat hat eine Auskunft bei der Barmer Ersatzkasse K. eingeholt und Dr. P. schriftlich als sachverständigen Zeugen gehört.

Die Barmer Ersatzkasse hat am 16.8.2007 mitgeteilt, der Kläger habe nach dem 13.1.2006 keine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigungen eingereicht und von ihr kein Krankengeld erhalten. Dr. P. hat unter den 3.10.2007 erklärt, wegen des Arbeitsunfalls vom 13.10.2005 habe sich der Kläger nach dem 13.1.2006 erstmals am 7.3.2006 bei ihm vorgestellt und angegeben, seit dem Arbeitsunfall bestünden Schwindel und ein Tinnitus; auch laufe immer wieder Flüssigkeit aus der Nase. Wegen Schmerzen an der linken Hüfte unklarer Ursache habe er den Kläger am 30.3.2006 zum Chirurgen Dr. J. überwiesen. Dessen Bericht habe er am 4.4.2006 mit dem Kläger besprochen, Schonung und Antirheumagel empfohlen. Ferner hat er über weitere Vorstellungen des Klägers bis September 2007 berichtet.

Zur weiteren Darstellung des Tatbestandes wird auf die Akten der Beklagten, des SG sowie des Senats Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgemäß eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Die Berufung des Klägers ist jedoch nicht begründet. Der angefochtene Gerichtsbescheid des SG sowie die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht zu beanstanden, da der Kläger keinen Anspruch auf Verletztengeld über den 13.1.2006 hinaus hat.

Gem. § 45 Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) Siebtes Buch (VII) wird Verletztengeld erbracht, wenn Versicherte 1. in Folge des Versicherungsfalls arbeitsunfähig sind oder wegen einer Maßnahme der Heilbehandlung eine ganztägige Erwerbstätigkeit nicht ausüben können und 2. unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder der Heilbehandlung Anspruch auf Arbeitsentgelt, Arbeitseinkommen, Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Unterhaltsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, nicht nur darlehensweise gewährtes Arbeitslosengeld II oder nicht nur Leistungen für Erstausstattungen für Bekleidung bei Schwangerschaft und Geburt nach dem Zweiten Buch oder Mutterschaftsgeld hatten.

Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit in der gesetzlichen Unfallversicherung entspricht dem in der gesetzlichen Krankenversicherung. Danach ist Arbeitsunfähigkeit gegeben, wenn der Versicherte seine zuletzt vor dem Eintritt des Versicherungsfalls konkret ausgeübte Tätigkeit wegen Krankheit bzw. im Bereich der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen des Arbeitsunfalls nicht (weiter) verrichten kann. Gibt er nach Eintritt der Arbeitunfähigkeit die zuletzt innegehabte Arbeitsstelle auf, ändert sich der rechtliche Maßstab insofern, als für die Beurteilung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr die konkreten Verhältnisse an diesem Arbeitplatz maßgebend sind, sondern nunmehr abstrakt auf die Art der zuletzt ausgeübten Beschäftigung abzustellen ist. Der Versicherte darf dann auf gleich oder ähnlich geartete Tätigkeiten "verwiesen" werden, wobei aber der Kreis möglicher Verweisungstätigkeiten entsprechend der Funktion des Kranken- bzw. Verletztengeldes eng zu ziehen ist (BSG SozR 4-2700 § 46 Nr 3 mwN). Für die tatsächliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit, die zur Begründung eines Anspruchs auf Verletztengeld durch die Folgen des Arbeitsunfalls hervorgerufen sein muss, ist die ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ein Beweismittel wie jedes andere. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG sind Krankenkassen bzw. Unfallversicherungsträger und Gerichte an den Inhalt einer ärztlichen Bescheinigung über die Arbeitsunfähigkeit nicht gebunden. Der durch die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bescheinigte Inhalt kann durch andere Beweismittel widerlegt werden (BSG SozR 4-2500 § 44 Nr 7).

Von diesen Grundsätzen ausgehend kann der Senat nicht feststellen, dass der Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 13.10.2005 über den 13.1.2006 hinaus arbeitsunfähig war und ihm deshalb über diesen Zeitpunkt hinaus Anspruch auf Verletztengeld zusteht.

Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat auf Grund der Beurteilungen von Professor Dr. W. in den Stellungnahmen vom 2.2.2006 aufgrund der Untersuchung am 31.1.2006 und vom 8.3.2006 sowie von Dr. R. vom 21.12.2005. Professor Dr. W. hat in der Stellungnahme vom 8.3.2006 nachvollziehbar dargelegt, dass bei den durch den Arbeitsunfall erlittenen multiplen Prellungen und der durch das Ganzkörperszintigramm vom 25.11.2005 nachgewiesenen Rippenfraktur links keine längere Arbeitsunfähigkeit angenommen werden könne als drei Monate, d. h. bis zum 13.1.2006. Nachdem bereits Dr. R. bei der ambulanten Vorstellung des Klägers am 16.12.2005 eine freie Beweglichkeit im linken Hüftgelenk und keinen Thoraxkompressionsschmerz mehr feststellen konnte, weswegen er aus unfallchirurgischer Sicht noch eine Arbeitunfähigkeit bis Ende Dezember 2005 prognostizierte (Zwischenbericht vom 21.12.2005), fand auch Professor Dr. W. am 31.1.2006 beim Kläger eine freie Beweglichkeit der linken Hüfte (ohne jegliche Auffälligkeiten im Bereich der linken Hüfte) und führte nachvollziehbar aus, dass der Kläger aus unfallchirurgischer Sicht schon lange wieder vollschichtig arbeitsfähig sei. Damit im Ergebnis übereinstimmend hatte auch der Kläger gegenüber Prof. Dr. W. am 31.1.2006 erklärt, er wäre auf Grund der Prellungen und Rippenfraktur bereits wieder arbeitsfähig, seine Arbeitsunfähigkeit beruhe auf der Schwindelsymptomatik und einer vegetativen Symptomatik.

Diese vom Kläger geklagten Beschwerden (nicht objektivierbarer Schwindel, Schwerhörigkeit, Tinnitus, Hyposmie) sind aber nicht mit Wahrscheinlichkeit auf den Arbeitsunfall vom 13.10.2005 zurückzuführen. Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat auf Grund der Beurteilung von Dr. J., der nachvollziehbar dargelegt hat, dass der Unfall die unteren Extremitäten und das Schultergelenk links betroffen habe, eine Traumatisierung des Kopfes etwa im Sinne einer commotio cerebri jedoch nicht stattgefunden habe. Eine Beteiligung des Kopfes wird in den vorliegenden Unterlagen zu keinem Zeitpunkt beschrieben. Somit hat der Neurologe und Psychiater B. beim Kläger zu Unrecht einen Zustand nach Schädelhirntraum 1. Grades angenommen, aber auch von dieser unzutreffenden Annahme ausgehend kein neurologisch-psychiatrisches Defizit festgestellt.

Die Tatsache, dass Dr. R. dem Kläger Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 3.1.2006 bis zum 12.1.2006 und vom 13.1.2006 bis zum 30.1.2006 ausgestellt hat, führt zu keinem anderen Ergebnis. Der Senat entnimmt seinem Bericht vom 21.12.2005, dass er wegen der auf HNO-ärztlichem Gebiet geklagten Beschwerden eine Untersuchung in der HNO-Klinik veranlasst hatte und ihm ein Untersuchungsbefund zum Zeitpunkt der Erstellung des Berichtes vom 21.12.2005 nicht vorlag. Der Bericht der HNO-Klinik vom 27.1.2006 über die Untersuchung vom 15.12.2005 ging erst am 1.2.2006 bei der Beklagten ein, sodass es nahe liegt, dass die weiteren Arbeitsunfähigkeitbescheinigungen von Dr. R. auf der im Zeitpunkt ihrer Erstellung ungeklärten Situation im HNO-ärztlichen Bereich beruhten.

Ferner ist auch nicht feststellbar, dass weitere Unfallfolgen vorlagen, die eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers über den 13.1.2006 hinaus begründen könnten. Der von Dr. W. im Befundbericht vom 29. 12.2006 aufgrund einer Kernspintomographie des Beckens diagnostizierte Zustand nach Schambeinfraktur links symphysennah mit angrenzend reaktivem Knochenmarksödem bei gleichzeitig bestehendem geringfügigem Knochenmarksödem auf der kontralateralen Seite wurde bei einer vergleichenden Kontrolluntersuchung am 6.3.2007 von dessen Kollegen Dr. R. in Frage gestellt, nachdem sich am 6.3.2007 unverändert eine Ödemzone im Ramus superior ossis pubis links mehr als auf der rechten Seite parasymphysär zeigte. Dr. R. interpretierte den Befund mehr als 17 Monate nach dem Unfall als aktivierte Arthrose der symphysären Syndesmose, was auch deshalb überzeugt, weil das zeitnah zum Unfall am 25.11.2005 durchgeführte, den Untersuchern Dr. W. und Dr. R. wohl nicht bekannte Ganzkörperszintigramm im Beckenbereich keinerlei Auffälligkeiten gezeigt hatte. Unabhängig davon hatte der Kläger im Dezember 2005/Januar 2006 auch nicht über Beschwerden in diesem Bereich geklagt, sondern sich insbesondere auf Grund des Schwindels für arbeitsunfähig gehalten. Der Senat sah daher keine Veranlassung, der Empfehlung von Dr. C. nachzukommen und weitere Ermittlungen anzustellen.

Der Senat lehnt auch den schriftsätzlich per Fax am 15.12.2008, 16.43 Uhr und im Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.12.2008 mündlich gestellten Hilfsantrag des Klägers ab, ein Gutachten gemäß § 109 SSG einzuholen, wobei der zu hörende Arzt binnen einer Frist von 2 Wochen benannt werden wird. Dieser Antrag genügt schon nicht den Voraussetzungen des § 109 Abs. 1 Satz 1 SGG, wonach auf Antrag des Versicherten ein bestimmter Arzt gutachtlich gehört werden muss. Der Antrag muss somit auf Anhörung eines bestimmten Arztes gehen, der mit Name und Anschrift bezeichnet werden soll; es genügt, wenn die Angaben ausreichen, um den Arzt bestimmbar zu machen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, Kommentar, 9. Auflage, § 109, Rdnr. 4, mwN). Dem Hilfsantrag können solche Angaben nicht entnommen werden. Darüber hinaus wäre der Antrag auch gemäß § 109 Abs. 2 SGG abzulehnen, da durch die Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits verzögert werden würde und der - unvollständige - Antrag nach der freien Überzeugung des Gerichts aus grober Nachlässigkeit nicht früher vorgebracht wurde. Die Berichterstatterin hatte bereits unter dem 3.9.2008 mitgeteilt, dass Gründe für eine weitere Fristverlängerung für die Vorlage einer ergänzenden Berufungsbegründung in dem seit Januar 2007 anhängigen Berufungsverfahren nicht ersichtlich seien. Auch nach der am 13.11.2008 zugegangenen Terminsmitteilung erfolgte weiterer Vortrag erst mit dem per Fax am 15.12.2008, um 16.43 Uhr eingegangenen Schriftsatz.

Nach alledem sind der angefochtene Gerichtsbescheid und die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Berufung des Klägers musste deswegen zurückgewiesen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved