Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 1 R 3022/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 10 R 4243/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12.08.2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 31.03.1952 geborene Kläger war zunächst im erlernten Beruf des Metzgers tätig. Später arbeitete er als Baufachwerker, bei der Bundeswehr, als Fliesenlegerhelfer und ab 1995 bis zuletzt rentenversicherungspflichtig wiederum als Baufachwerker bei der Firma B. Straßenbau GmbH. Es handelte sich um eine Anlerntätigkeit mit einer Anlernzeit bis zu zwölf Monaten. Seither ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Seine gesundheitliche Situation ist geprägt durch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit wiederkehrenden Schmerzzuständen, Belastungsbeschwerden der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke, psychischen Beschwerden in Form einer depressiven Verstimmtheit und einem Tinnitusleiden bei Schwerhörigkeit. Insbesondere im Hinblick auf die Schmerzzustände erfolgten stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahmen in den Jahren 2002, 2004 und 2006, aus denen der Kläger jeweils für zumindest leichte Tätigkeiten mit einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen entlassen wurde. Ein Rentenantrag vom November 2004 wurde auf dieser Grundlage bestandskräftig abgelehnt.
Auch den erneuten Rentenantrag vom 28.12.2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.01.2007 und Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007 ab. Zu Grunde lag der Entlassungsbericht der F. (Aufenthalt vom November bis Dezember 2006; trotz einer chronischen Lumbalgie und Cervicobrachialgie sowie einer mittelgradig depressiven Episode leichte bis allenfalls mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zumutbar) und die Auskunft der Firma B. Straßenbau GmbH (die vom Kläger verrichtete Tätigkeit sei eine angelernte Tätigkeit mit einer Anlernzeit bis zu zwölf Monaten). Unter Darstellung der Rechtsgrundlagen für die begehrte Rente (§ 43 und § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) kam die Beklagte im Widerspruchsbescheid zu dem Ergebnis, dass dem Kläger noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne häufiges Bücken mindestens sechs Stunden täglich zumutbar sind. Sein bisheriger Beruf sei die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als angelernter Baufachwerker. Diese sei dem Leitberuf des angelernten Arbeiters des unteren Bereichs zuzuordnen. Er müsse sich deshalb auf sämtliche angelernten und ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen. Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit sei daher nicht erforderlich. Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe daher nicht.
Das hiergegen am 06.08.2007 angerufene Sozialgericht Ulm hat den behandelnden Hausarzt und den Nervenarzt des Klägers als sachverständige Zeugen vernommen, die beide ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen verneint haben. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A. hat vor allem über eine Angst- und depressive Störung mit deshalb verminderter psychischer Belastbarkeit, der Arzt für Allgemeinmedizin H. hat zusätzlich über die Beschwerden seitens des Bewegungs- und Haltungsapparates und den Tinnitus berichtet, im Vordergrund der Beschwerden aber die depressive Verstimmung gesehen, die verbunden mit Schlaflosigkeit zu erheblicher Müdigkeit und eingeschränkter Konzentrationsfähigkeit führe.
Daraufhin hat das Sozialgericht Gutachten beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. und beim Orthopäden Dr. B. eingeholt. Dr. J. hat eine leicht- bis mittelgradige depressive Anpassungsstörung, einen Tinnitus aurium mit Hypakusis sowie eine Lumbalgie ohne radikuläre Beteiligung diagnostiziert und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger zwar nicht mehr eine Tätigkeit als Bauarbeiter im Straßenbau verrichten kann, wohl aber leichte bis allenfalls mittelschwere Tätigkeiten - auch als Metzger - sechs Stunden und mehr. Zu vermeiden sei das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten unter Zwangshaltungen, Akkordarbeiten, Schichtarbeiten und Arbeiten unter Lärmbelästigung. Dr. B. hat rezidivierende Lumbalsyndrome, teilweise mit pseudoradikulären Ausstrahlungen der Schmerzen in die Beine, rezidivierende Cervicobrachialgien, muskuläre Reizerscheinungen in diesen Wirbelsäulenabschnitten ohne Hinweise auf Nervenwurzelreize, Belastungsbeschwerden der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ohne belangvolle pathologische Befunde oder Funktionseinschränkungen diagnostiziert und unter Berücksichtigung der depressiven Anpassungsstörung und des Tinnitus mit Schwerhörigkeit den Kläger ebenfalls für in der Lage gesehen, leichte bis maximal mittelschwere körperliche Arbeiten im Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien ausgesprochen schweres Heben und Tragen, Zwangshaltungen, Klettern, Steigen und Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten unter Absturzgefahr und Tätigkeiten unter ungünstigen Witterungsverhältnissen. Im Hinblick auf die Schwerhörigkeit und den Tinnitus seien Arbeiten mit besonderer Anforderung an das Hörvermögen, unter Lärmexposition und mit hohem Publikumsverkehr zu vermeiden, wegen der psychischen Beschwerden Arbeiten mit besonderer Anforderung an die nervliche Belastbarkeit, das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, Schicht-, Akkord- oder Arbeiten an laufenden Maschinen.
Hierauf gestützt hat das Sozialgericht mit dem Kläger am 15.08.2008 zugestelltem Urteil vom 12.08.2008 die Klage abgewiesen, im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen und die Richtigkeit der Einschätzung der Beklagten als durch die durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt gesehen. Es hat sich den Sachverständigen angeschlossen. Den Angaben des Hausarztes H. in seiner sachverständigen Zeugenaussage und in dem vom Kläger vorgelegten Attest (nur vorübergehende Besserung durch die stationären Rehabilitationsmaßnahmen, wegen der chronischen Erkrankungen ständige Arbeitsunfähigkeit, weshalb er dem Kläger geraten habe, einen Antrag auf vorzeitige Berentung zu stellen, da keine Besserung zu erwarten sei, keine Erwerbsfähigkeit) ist es nicht gefolgt, sondern hat der "Einschätzung des Fachmannes" Dr. J. den Vorzug gegeben.
Am 04.09.2008 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er meint, sein Hausarzt könne seinen Gesundheitszustand und sein Leistungsvermögen besser beurteilen als die Sachverständigen. Außerdem habe der Hausarzt auf die fachärztliche psychiatrische Betreuung durch Dr. A. hingewiesen, der aus fachärztlicher Sicht ebenfalls die psychische Belastbarkeit des Klägers als nicht ausreichend erachte. Dementsprechend hätte das Sozialgericht weitere Ermittlungen anstellen müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12.08.2008 und den Bescheid vom 12.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.01.2007 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Wie das Sozialgericht hält auch der Senat die Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007, sowohl was die Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs (§ 43 und § 240 SGB VI), als auch was die Einordnung des Klägers im Zusammenhang mit seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit in das Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts und auch was die Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers betrifft, für zutreffend. Darüber hinaus hat das Sozialgericht ebenso zutreffend dargelegt, dass die von ihm durchgeführten Ermittlungen die Einschätzung der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid zum Leistungsvermögen des Klägers bestätigt hat. Der Senat sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Soweit der Kläger eine unzureichende Sachaufklärung durch das Sozialgericht rügt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das Sozialgericht hat vielmehr auf dem maßgebenden Gebiet der Orthopädie und Psychiatrie Sachverständigengutachten eingeholt. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt der Beurteilung seines Hausarztes H. keine vorrangige Beweiskraft zu. Vielmehr sind die Hinweise der behandelnden Ärzte auf vorhandene Gesundheitsstörungen und deren erhebliche Auswirkungen auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Klägers gerade Anlass gewesen, insoweit die erforderlichen Ermittlungen in Form von Begutachtungen durchzuführen. Hinzu kommt, dass die Beurteilung der behandelnden Ärzte im Wesentlichen lediglich Diagnosen, jedoch keine konkreten Befunde enthält und hinsichtlich der dargestellten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit vor allem keine Begründung. Demgegenüber hat Dr. J. während seiner Untersuchung des Klägers ausdrücklich keine wesentliche Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit und des Durchhaltevermögens festgestellt. Damit ist die vom Kläger in den Vordergrund seiner Klagebegründung gestellte und vom Hausarzt H. in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht so auch bestätigte Argumentation, der Kläger könne wegen im Zusammenhang mit der depressiven Verstimmung aufgetretener Schlaflosigkeit und damit verbundenen Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit sowie erheblicher Müdigkeit keiner geregelten Tätigkeit mehr nachgehen, widerlegt. Soweit der Kläger auf die fachärztliche Beurteilung des Leistungsvermögens durch den behandelnden Dr. A. verweist, gilt Vergleichbares. Auch Dr. A. hat lediglich Diagnosen und das Ergebnis einer Beurteilung mitgeteilt, nicht aber Befunde, die die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung des Leistungsvermögens rechtfertigen könnten. Diese Beurteilung ist Dr. J. bei der Abfassung seines Gutachtens bekannt gewesen. Die vom Kläger für erforderlich gehaltene ergänzende Stellungnahme von Dr. J. zu der Beurteilung von Dr. A. erübrigt sich damit.
Im Ergebnis bleibt es somit dabei, dass der Kläger zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von den gerichtlichen Sachverständigen aufgeführten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben kann. Er ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Da er im Hinblick auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Arbeiter im Straßenbau, mit der er sich von seinem erlernten Beruf als Metzger löste, wie von der Beklagten zutreffend dargelegt, keinen besonderen Berufsschutz genießt, ist er auch nicht berufsunfähig.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie den Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen.
Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits Rechnung getragen, wenn ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass Dr. B. zwar im Hinblick auf die psychische Erkrankung des Klägers besondere Anforderungen in vielfacher Hinsicht ausschließt. Ob dem angesichts solcher von Dr. J. aus nervenärztlicher Sicht gerade nicht vorgenommener Einschränkungen zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben. Denn auch Dr. B. sieht Einschränkungen nur für besondere Anforderungen, normalen Anforderungen kann der Kläger auch nach den Ausführungen von Dr. B. genügen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.
Der am 31.03.1952 geborene Kläger war zunächst im erlernten Beruf des Metzgers tätig. Später arbeitete er als Baufachwerker, bei der Bundeswehr, als Fliesenlegerhelfer und ab 1995 bis zuletzt rentenversicherungspflichtig wiederum als Baufachwerker bei der Firma B. Straßenbau GmbH. Es handelte sich um eine Anlerntätigkeit mit einer Anlernzeit bis zu zwölf Monaten. Seither ist der Kläger arbeitsunfähig bzw. arbeitslos. Seine gesundheitliche Situation ist geprägt durch degenerative Veränderungen der Wirbelsäule mit wiederkehrenden Schmerzzuständen, Belastungsbeschwerden der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke, psychischen Beschwerden in Form einer depressiven Verstimmtheit und einem Tinnitusleiden bei Schwerhörigkeit. Insbesondere im Hinblick auf die Schmerzzustände erfolgten stationäre medizinische Rehabilitationsmaßnahmen in den Jahren 2002, 2004 und 2006, aus denen der Kläger jeweils für zumindest leichte Tätigkeiten mit einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen entlassen wurde. Ein Rentenantrag vom November 2004 wurde auf dieser Grundlage bestandskräftig abgelehnt.
Auch den erneuten Rentenantrag vom 28.12.2006 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 12.01.2007 und Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007 ab. Zu Grunde lag der Entlassungsbericht der F. (Aufenthalt vom November bis Dezember 2006; trotz einer chronischen Lumbalgie und Cervicobrachialgie sowie einer mittelgradig depressiven Episode leichte bis allenfalls mittelschwere Tätigkeiten unter Beachtung einiger qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zumutbar) und die Auskunft der Firma B. Straßenbau GmbH (die vom Kläger verrichtete Tätigkeit sei eine angelernte Tätigkeit mit einer Anlernzeit bis zu zwölf Monaten). Unter Darstellung der Rechtsgrundlagen für die begehrte Rente (§ 43 und § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI -) kam die Beklagte im Widerspruchsbescheid zu dem Ergebnis, dass dem Kläger noch leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes ohne längere Wirbelsäulenzwangshaltungen und ohne häufiges Bücken mindestens sechs Stunden täglich zumutbar sind. Sein bisheriger Beruf sei die zuletzt ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung als angelernter Baufachwerker. Diese sei dem Leitberuf des angelernten Arbeiters des unteren Bereichs zuzuordnen. Er müsse sich deshalb auf sämtliche angelernten und ungelernten Tätigkeiten verweisen lassen. Eine konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit sei daher nicht erforderlich. Ein Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe daher nicht.
Das hiergegen am 06.08.2007 angerufene Sozialgericht Ulm hat den behandelnden Hausarzt und den Nervenarzt des Klägers als sachverständige Zeugen vernommen, die beide ein mindestens sechsstündiges Leistungsvermögen verneint haben. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. A. hat vor allem über eine Angst- und depressive Störung mit deshalb verminderter psychischer Belastbarkeit, der Arzt für Allgemeinmedizin H. hat zusätzlich über die Beschwerden seitens des Bewegungs- und Haltungsapparates und den Tinnitus berichtet, im Vordergrund der Beschwerden aber die depressive Verstimmung gesehen, die verbunden mit Schlaflosigkeit zu erheblicher Müdigkeit und eingeschränkter Konzentrationsfähigkeit führe.
Daraufhin hat das Sozialgericht Gutachten beim Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. J. und beim Orthopäden Dr. B. eingeholt. Dr. J. hat eine leicht- bis mittelgradige depressive Anpassungsstörung, einen Tinnitus aurium mit Hypakusis sowie eine Lumbalgie ohne radikuläre Beteiligung diagnostiziert und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger zwar nicht mehr eine Tätigkeit als Bauarbeiter im Straßenbau verrichten kann, wohl aber leichte bis allenfalls mittelschwere Tätigkeiten - auch als Metzger - sechs Stunden und mehr. Zu vermeiden sei das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Arbeiten unter Zwangshaltungen, Akkordarbeiten, Schichtarbeiten und Arbeiten unter Lärmbelästigung. Dr. B. hat rezidivierende Lumbalsyndrome, teilweise mit pseudoradikulären Ausstrahlungen der Schmerzen in die Beine, rezidivierende Cervicobrachialgien, muskuläre Reizerscheinungen in diesen Wirbelsäulenabschnitten ohne Hinweise auf Nervenwurzelreize, Belastungsbeschwerden der Hüft-, Knie- und Sprunggelenke ohne belangvolle pathologische Befunde oder Funktionseinschränkungen diagnostiziert und unter Berücksichtigung der depressiven Anpassungsstörung und des Tinnitus mit Schwerhörigkeit den Kläger ebenfalls für in der Lage gesehen, leichte bis maximal mittelschwere körperliche Arbeiten im Wechselrhythmus zwischen Sitzen, Gehen und Stehen sechs Stunden und mehr täglich zu verrichten. Zu vermeiden seien ausgesprochen schweres Heben und Tragen, Zwangshaltungen, Klettern, Steigen und Tätigkeiten auf Leitern oder Gerüsten unter Absturzgefahr und Tätigkeiten unter ungünstigen Witterungsverhältnissen. Im Hinblick auf die Schwerhörigkeit und den Tinnitus seien Arbeiten mit besonderer Anforderung an das Hörvermögen, unter Lärmexposition und mit hohem Publikumsverkehr zu vermeiden, wegen der psychischen Beschwerden Arbeiten mit besonderer Anforderung an die nervliche Belastbarkeit, das Konzentrations- und Reaktionsvermögen sowie die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit, Arbeiten unter besonderem Zeitdruck, Schicht-, Akkord- oder Arbeiten an laufenden Maschinen.
Hierauf gestützt hat das Sozialgericht mit dem Kläger am 15.08.2008 zugestelltem Urteil vom 12.08.2008 die Klage abgewiesen, im Wesentlichen auf die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid Bezug genommen und die Richtigkeit der Einschätzung der Beklagten als durch die durchgeführte Beweisaufnahme bestätigt gesehen. Es hat sich den Sachverständigen angeschlossen. Den Angaben des Hausarztes H. in seiner sachverständigen Zeugenaussage und in dem vom Kläger vorgelegten Attest (nur vorübergehende Besserung durch die stationären Rehabilitationsmaßnahmen, wegen der chronischen Erkrankungen ständige Arbeitsunfähigkeit, weshalb er dem Kläger geraten habe, einen Antrag auf vorzeitige Berentung zu stellen, da keine Besserung zu erwarten sei, keine Erwerbsfähigkeit) ist es nicht gefolgt, sondern hat der "Einschätzung des Fachmannes" Dr. J. den Vorzug gegeben.
Am 04.09.2008 hat der Kläger Berufung eingelegt. Er meint, sein Hausarzt könne seinen Gesundheitszustand und sein Leistungsvermögen besser beurteilen als die Sachverständigen. Außerdem habe der Hausarzt auf die fachärztliche psychiatrische Betreuung durch Dr. A. hingewiesen, der aus fachärztlicher Sicht ebenfalls die psychische Belastbarkeit des Klägers als nicht ausreichend erachte. Dementsprechend hätte das Sozialgericht weitere Ermittlungen anstellen müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 12.08.2008 und den Bescheid vom 12.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab 01.01.2007 Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
II.
Der Senat entscheidet über die nach den §§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Wie das Sozialgericht hält auch der Senat die Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid vom 25.07.2007, sowohl was die Rechtsgrundlage des geltend gemachten Anspruchs (§ 43 und § 240 SGB VI), als auch was die Einordnung des Klägers im Zusammenhang mit seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit in das Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts und auch was die Beurteilung des Leistungsvermögens des Klägers betrifft, für zutreffend. Darüber hinaus hat das Sozialgericht ebenso zutreffend dargelegt, dass die von ihm durchgeführten Ermittlungen die Einschätzung der Beklagten im angefochtenen Widerspruchsbescheid zum Leistungsvermögen des Klägers bestätigt hat. Der Senat sieht daher von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe gemäß § 153 Abs. 2 SGG ab und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück.
Soweit der Kläger eine unzureichende Sachaufklärung durch das Sozialgericht rügt, vermag der Senat dem nicht zu folgen. Das Sozialgericht hat vielmehr auf dem maßgebenden Gebiet der Orthopädie und Psychiatrie Sachverständigengutachten eingeholt. Entgegen der Auffassung des Klägers kommt der Beurteilung seines Hausarztes H. keine vorrangige Beweiskraft zu. Vielmehr sind die Hinweise der behandelnden Ärzte auf vorhandene Gesundheitsstörungen und deren erhebliche Auswirkungen auf die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit des Klägers gerade Anlass gewesen, insoweit die erforderlichen Ermittlungen in Form von Begutachtungen durchzuführen. Hinzu kommt, dass die Beurteilung der behandelnden Ärzte im Wesentlichen lediglich Diagnosen, jedoch keine konkreten Befunde enthält und hinsichtlich der dargestellten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit vor allem keine Begründung. Demgegenüber hat Dr. J. während seiner Untersuchung des Klägers ausdrücklich keine wesentliche Beeinträchtigung der Konzentrationsfähigkeit und des Durchhaltevermögens festgestellt. Damit ist die vom Kläger in den Vordergrund seiner Klagebegründung gestellte und vom Hausarzt H. in seiner sachverständigen Zeugenaussage gegenüber dem Sozialgericht so auch bestätigte Argumentation, der Kläger könne wegen im Zusammenhang mit der depressiven Verstimmung aufgetretener Schlaflosigkeit und damit verbundenen Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit sowie erheblicher Müdigkeit keiner geregelten Tätigkeit mehr nachgehen, widerlegt. Soweit der Kläger auf die fachärztliche Beurteilung des Leistungsvermögens durch den behandelnden Dr. A. verweist, gilt Vergleichbares. Auch Dr. A. hat lediglich Diagnosen und das Ergebnis einer Beurteilung mitgeteilt, nicht aber Befunde, die die Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung des Leistungsvermögens rechtfertigen könnten. Diese Beurteilung ist Dr. J. bei der Abfassung seines Gutachtens bekannt gewesen. Die vom Kläger für erforderlich gehaltene ergänzende Stellungnahme von Dr. J. zu der Beurteilung von Dr. A. erübrigt sich damit.
Im Ergebnis bleibt es somit dabei, dass der Kläger zumindest noch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der von den gerichtlichen Sachverständigen aufgeführten qualitativen Einschränkungen sechs Stunden täglich ausüben kann. Er ist daher nicht erwerbsgemindert. Dabei ist es unerheblich, ob ein dem Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz vermittelt werden kann, weil nach § 43 Abs. 3 zweiter Halbsatz SGB VI die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist. Da er im Hinblick auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Arbeiter im Straßenbau, mit der er sich von seinem erlernten Beruf als Metzger löste, wie von der Beklagten zutreffend dargelegt, keinen besonderen Berufsschutz genießt, ist er auch nicht berufsunfähig.
Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist in einem solchen Fall regelmäßig nicht erforderlich (BSG, Urteil vom 14.09.1995, 5 RJ 50/94 in SozR 3-2200 § 1246 Nr. 50, auch zum Nachfolgenden). Denn nach der Rechtsprechung des BSG steht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt eine so große Anzahl von Tätigkeitsarten zur Verfügung, dass das Vorhandensein einer geeigneten Verweisungstätigkeit offensichtlich ist. Nur ausnahmsweise ist für einen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbaren Versicherten wie den Kläger mit zumindest sechsstündigem Leistungsvermögen für leichte Arbeiten die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit erforderlich, wenn die Erwerbsfähigkeit durch mehrere schwerwiegende gesundheitliche Einschränkungen oder eine besonders einschneidende Behinderung gemindert ist. In der Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes sind bestimmte Fälle anerkannt (z.B. Einarmigkeit, vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), zu denen der vorliegende Fall aber nicht gehört. Vielmehr braucht eine Verweisungstätigkeit erst benannt zu werden, wenn die gesundheitliche Fähigkeit zur Verrichtung selbst leichter Tätigkeiten in vielfältiger, außergewöhnlicher Weise eingeschränkt ist. Dies ist jedenfalls dann nicht der Fall, wenn ein Versicherter noch vollschichtig körperlich leichte Arbeiten ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 5 kg, ohne überwiegendes Stehen und Gehen oder ständiges Sitzen, nicht in Nässe, Kälte oder Zugluft, ohne häufiges Bücken, ohne Zwangshaltungen, ohne besondere Anforderungen an die Fingerfertigkeit und nicht unter besonderen Unfallgefahren zu verrichten vermag (BSG, a.a.O.; Urteil vom 27.04.1982, 1 RJ 132/80 in SozR 2200 § 1246 Nr. 90). Denn ein Teil dieser Einschränkungen stimmt bereits mit den Tätigkeitsmerkmalen einer körperlich leichten Arbeit überein; dies gilt insbesondere für die geminderte Fähigkeiten, Lasten zu bewältigen und die geringe Belastbarkeit der Wirbelsäule (BSG, SozR 3 a.a.O.) mit den hierauf beruhenden Einschränkungen.
Nicht anders liegt der Fall des Klägers. Auch bei ihm wird den qualitativen Einschränkungen im Wesentlichen bereits Rechnung getragen, wenn ihm nur noch leichte Arbeiten zugemutet werden. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass Dr. B. zwar im Hinblick auf die psychische Erkrankung des Klägers besondere Anforderungen in vielfacher Hinsicht ausschließt. Ob dem angesichts solcher von Dr. J. aus nervenärztlicher Sicht gerade nicht vorgenommener Einschränkungen zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben. Denn auch Dr. B. sieht Einschränkungen nur für besondere Anforderungen, normalen Anforderungen kann der Kläger auch nach den Ausführungen von Dr. B. genügen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Login
BWB
Saved