Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 6 (27) R 435/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1.Die Klage wird abgewiesen. 2.Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der am 00.00.1947 in X geborene Kläger heiratete am 27.04.1974 die bei der Beklagten rentenversicherte E N. Am 19.09.1979 kam ihre gemeinsame Tochter K zur Welt. Nach dem seine Ehefrau ihm mitteilte, dass sie an der Ehe nicht mehr festhalten wolle, tötete der Kläger sie am 21.11.1996. Er wurde deshalb wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt (Landgericht Düsseldorf – VIII - 11/97 S – Urteil vom 12.11.1997).
Nach den Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils erfolgte seine Bestrafung für eine vorsätzlich und rechtswidrig begangene Tat (Urt. S. 24). Der Kläger hatte seine Ehefrau in deren Wohnung erwürgt, erdrosselt und erstochen. Das Landgericht ging von verminderter Schuldfähigkeit – nach § 21 StGB (Strafgesetzbuch) – aus (S. 24–27), ein Schuldausschlussgrund – nach § 20 StGB – wurde hingegen ausdrücklich verneint (S. 27–28).
Nach erfolgter Haftverbüßung beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung einer Witwerrente nach § 46 SGB VI (Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung). Die Beklagte lehnte dies nach Auswertung des Strafurteils durch Bescheid vom 11.08.2005 und Widerspruchsbescheid vom 01.11.2005 ab – unter Verweis auf § 105 SGB VI ("Anspruch auf Rente wegen Todes ... besteht nicht für die Personen, die den Tod vorsätzlich herbeigeführt haben.").
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, es habe sich "nicht um eine vorsätzlich herbeigeführte Tat" gehandelt (Schreiben v. 28.11.05). Die Tat habe eine lange Vorgeschichte (Krankheit der Ehefrau) gehabt und er sei mit der Situation völlig überfordert gewesen (Schreiben v. 26.12.05). Außerdem könne auch keiner wegen einer Straftat mehrfach bestraft werden In der mündlichen Verhandlung hat er noch ergänzend ausgeführt, dass er das Geld nicht für sich selbst - sondern zur Unterstützung seiner Tochter - haben wolle.
Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten - einschließlich des darin enthaltenen o.a. Urteils des Landgericht Düsseldorf - beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den restlichen Inhalt der Verwaltungs- und Streitakten verwiesen. Auch dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig aber nicht begründet.
Zu Recht hat die Beklagte die Zahlung einer Witwerrente an den Kläger in Anwendung von § 105 SGB VI abgelehnt. Die Voraussetzungen für den Rentenausschluss sind erfüllt.
Nach § 105 SGB VI besteht ein Anspruch auf Rente wegen Todes nicht für solche Personen, die den Tod eines Versicherten vorsätzlich herbeiführen. Da der Kläger seine Ehefrau, die bei der Beklagten gesetzlich rentenversichert war, vorsätzlich getötet hat, kann er von der Beklagten keine Witwerrente beanspruchen. Mit dem Ausschluss der Rentenleistung durch § 105 SGB VI bei vorsätzlicher Tötung eines Angehörigen wird – ebenso wie dies bei der absichtlichen Herbeiführung einer Erwerbsminderung durch § 103 SGB VI geschieht – ein grober Verstoß gegen dass die gesamte gesetzliche Rentenversicherung beherrschende Solidarprinzip sanktioniert (Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 16). Im Falle einer vorsätzlichen Tötung liegt ein besonders schwerer Verstoß gegen die innerhalb der versicherten Gemeinschaft – einschließlich der sie begünstigenden Hinterbliebenen – erforderliche Solidarität vor, und wegen der Schwere und der Verwerflichkeit der Tötungshandlung soll der vorsätzlich handelnde Hinterbliebene nicht noch einen materiellen Vorteil aus seiner Tat ziehen können. Eine Gewährung von Hinterbliebenenrente wäre als "Lohn der Existenzvernichtung" (so sehr treffend das LSG (Landessozialgericht) Sachsen-Anhalt in seinem Urteil - L 1 RA 15/01 - v. 28.01.2004 (juris Rn. 39)) ein Verstoß gegen die Menschenwürde des Versicherten (Reyels a.a.O.).
Ein Rentenausschluss nach § 105 SGB VI ist zwingend, der Rentenversicherungsträger hat hier kein Ermessen (Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 51).
§ 105 SGB VI verlangt – anders als § 103 SGB VI – nicht eine absichtliche Herbeiführung des Todes. Die Vorschrift schließt den Anspruch auf Rente bei jeder Art des Vorsatzes aus. Notwendig, aber auch ausreichend ist daher, dass der Hinterbliebene den Tod – mag er ihn auch nicht gewünscht haben – zumindest billigend in Kauf genommen hat (vgl. Urteil des BSG (Bundessozialgericht) - 1 RA 45/81 v. 01.06.1982 (juris Rn. 14); Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 26 m.w.N.).
Auch wenn dies dem Wortlaut des § 105 SGB VI nicht unmittelbar entnommen werden kann, schließt nur eine rechtswidrige Tötung den Rentenanspruch aus, denn eine Handlung, die nicht gegen die Rechtsordnung verstößt, kann nicht mit einem rechtlichen Nachteil belegt sein (Urteil des BSG - 1 RA 45/81 v. 01.06.1982 (juris Rn. 12); Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 31).
Darüber hinaus muss die Tat auch schuldhaft begangen worden sein. An einem vorwerfbaren vorsätzlichen Verhalten im Sinne des § 105 SGB VI fehlt es, wenn der Erfolg des Verhaltens in einem Zustand herbeigeführt wurde, der die Verantwortlichkeit für dieses Handeln ausschließt (vgl. Urteil des LSG Rheinland-Pfalz - L 2 J 86/80 - v. 15.09.1980; bestätigt durch Urteil des BSG - 5b/5 RJ 138/80 - v. 26.11.1981 und Beschluss des BVerfG (Bundesverfassungsgericht) - 1 BvR 43/82 - v. 17.05.1982 sowie Urteil des BSG - 1 RA 45/81 - v. 01.06.1982 (juris Rn. 15) und Urteil des LSG NRW – L 14 RA 39/98 - v. 05.02.1999 (juris Rn. 18)). Anders als Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB schließt eine – lediglich – verminderte Schuldfähigkeit, welche nach § 21 StGB (nur) zu einer Strafmilderung führt, den Rentenanspruch nicht aus. Der Rentenanspruch ist auch dann ausgeschlossen, wenn dem Täter nur eine geringe Schuld anzulasten ist (Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 38 und 39 jeweils m.w.N.).
Nach den im Strafurteil getroffenen Feststellungen, liegen die Voraussetzungen für den Rentenausschluss nach § 105 SGB VI zur vollen Überzeugung des erkennenden Gerichts vor. Zwar kommt der strafgerichtlichen Verurteilung nicht zwingend eine Bindungswirkung zu, die Feststellungen des Strafgerichts entbinden den Rentenversicherungsträger ebenso wenig wie die Sozialgerichte von der eigenen Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 57). Das Strafurteil kann aber – im Wege des Urkundsbeweises – auch der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers – bzw. der diese überprüfenden Sozialgerichtsbarkeit – zu Grunde gelegt werden (Urteil des LSG Rheinland-Pfalz - L 2 J 86/80 - v. 15.09.1980; Reyels a.a.O.).
Das Gericht hält die strafgerichtlichen Ausführungen auch nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung für überzeugend und hat daher keine Bedenken sie der hier zu treffenden Entscheidung zu Grunde zu legen. Danach erfolgte die Verurteilung wegen einer vorsätzlich und rechtswidrig begangenen Tat. Ein Schuldausschluss nach § 20 StGB wurde ausdrücklich verneint, es wurde lediglich eine verminderte Schuldfähigkeit nach § 21 StGB angenommen. Dem schließt sich die Kammer – nach eigener Prüfung – an.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den gesetzlich angeordneten Rentenausschluss bestehen nicht (dazu schon der Beschluss des BVerfG – 1 BvR 43/82 – vom 17.05.1982).
Anders als der Kläger meint, stellt die Versagung der begehrten Rente auch nicht eine (weitere) Bestrafung dar. § 105 SGB VI ist keine Strafvorschrift. Die Leistungsversagung erfolgt nur deshalb, weil es ansonsten einer Belohnung seiner Tat gleichkäme, wenn ein Mörder oder Totschläger wegen der Folgen seiner Tat auch noch Leistungen der Solidargemeinschaft der Versicherten in Anspruch nehmen könnte.
Auch kann der Kläger mit seiner Argumentation nicht gehört werden, er benötige dieses Geld zur Unterstützung seiner Tochter. Der Rentenausschluss nach § 105 SGB VI betrifft selbstverständlich nur denjenigen, der den Tod des Versicherten vorsätzlich herbeigeführt hat, und nicht etwa auch – in Form einer unzulässigen Sippenhaftung – einen an der Tötung des Versicherten nicht beteiligten Hinterbliebenen. Der Anspruch eines Nichtbeteiligten bleibt von diesem Ausschluss unberührt (Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 53). Wurde eine Versicherte zum Beispiel – wie hier – von ihrem Ehegatten getötet, so bestehen etwaige Ansprüche ihrer Kinder auf Waisenrente unabhängig davon. Ob die gemeinsame Tochter einen entsprechenden Waisenrentenanspruch hat, war hier allerdings nicht zu prüfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG (Sozialgerichtsgesetz).
Tatbestand:
Der am 00.00.1947 in X geborene Kläger heiratete am 27.04.1974 die bei der Beklagten rentenversicherte E N. Am 19.09.1979 kam ihre gemeinsame Tochter K zur Welt. Nach dem seine Ehefrau ihm mitteilte, dass sie an der Ehe nicht mehr festhalten wolle, tötete der Kläger sie am 21.11.1996. Er wurde deshalb wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt (Landgericht Düsseldorf – VIII - 11/97 S – Urteil vom 12.11.1997).
Nach den Feststellungen des rechtskräftigen Strafurteils erfolgte seine Bestrafung für eine vorsätzlich und rechtswidrig begangene Tat (Urt. S. 24). Der Kläger hatte seine Ehefrau in deren Wohnung erwürgt, erdrosselt und erstochen. Das Landgericht ging von verminderter Schuldfähigkeit – nach § 21 StGB (Strafgesetzbuch) – aus (S. 24–27), ein Schuldausschlussgrund – nach § 20 StGB – wurde hingegen ausdrücklich verneint (S. 27–28).
Nach erfolgter Haftverbüßung beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung einer Witwerrente nach § 46 SGB VI (Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung). Die Beklagte lehnte dies nach Auswertung des Strafurteils durch Bescheid vom 11.08.2005 und Widerspruchsbescheid vom 01.11.2005 ab – unter Verweis auf § 105 SGB VI ("Anspruch auf Rente wegen Todes ... besteht nicht für die Personen, die den Tod vorsätzlich herbeigeführt haben.").
Mit seiner Klage macht der Kläger geltend, es habe sich "nicht um eine vorsätzlich herbeigeführte Tat" gehandelt (Schreiben v. 28.11.05). Die Tat habe eine lange Vorgeschichte (Krankheit der Ehefrau) gehabt und er sei mit der Situation völlig überfordert gewesen (Schreiben v. 26.12.05). Außerdem könne auch keiner wegen einer Straftat mehrfach bestraft werden In der mündlichen Verhandlung hat er noch ergänzend ausgeführt, dass er das Geld nicht für sich selbst - sondern zur Unterstützung seiner Tochter - haben wolle.
Das Gericht hat die Verwaltungsakten der Beklagten - einschließlich des darin enthaltenen o.a. Urteils des Landgericht Düsseldorf - beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den restlichen Inhalt der Verwaltungs- und Streitakten verwiesen. Auch dieser ist Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig aber nicht begründet.
Zu Recht hat die Beklagte die Zahlung einer Witwerrente an den Kläger in Anwendung von § 105 SGB VI abgelehnt. Die Voraussetzungen für den Rentenausschluss sind erfüllt.
Nach § 105 SGB VI besteht ein Anspruch auf Rente wegen Todes nicht für solche Personen, die den Tod eines Versicherten vorsätzlich herbeiführen. Da der Kläger seine Ehefrau, die bei der Beklagten gesetzlich rentenversichert war, vorsätzlich getötet hat, kann er von der Beklagten keine Witwerrente beanspruchen. Mit dem Ausschluss der Rentenleistung durch § 105 SGB VI bei vorsätzlicher Tötung eines Angehörigen wird – ebenso wie dies bei der absichtlichen Herbeiführung einer Erwerbsminderung durch § 103 SGB VI geschieht – ein grober Verstoß gegen dass die gesamte gesetzliche Rentenversicherung beherrschende Solidarprinzip sanktioniert (Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 16). Im Falle einer vorsätzlichen Tötung liegt ein besonders schwerer Verstoß gegen die innerhalb der versicherten Gemeinschaft – einschließlich der sie begünstigenden Hinterbliebenen – erforderliche Solidarität vor, und wegen der Schwere und der Verwerflichkeit der Tötungshandlung soll der vorsätzlich handelnde Hinterbliebene nicht noch einen materiellen Vorteil aus seiner Tat ziehen können. Eine Gewährung von Hinterbliebenenrente wäre als "Lohn der Existenzvernichtung" (so sehr treffend das LSG (Landessozialgericht) Sachsen-Anhalt in seinem Urteil - L 1 RA 15/01 - v. 28.01.2004 (juris Rn. 39)) ein Verstoß gegen die Menschenwürde des Versicherten (Reyels a.a.O.).
Ein Rentenausschluss nach § 105 SGB VI ist zwingend, der Rentenversicherungsträger hat hier kein Ermessen (Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 51).
§ 105 SGB VI verlangt – anders als § 103 SGB VI – nicht eine absichtliche Herbeiführung des Todes. Die Vorschrift schließt den Anspruch auf Rente bei jeder Art des Vorsatzes aus. Notwendig, aber auch ausreichend ist daher, dass der Hinterbliebene den Tod – mag er ihn auch nicht gewünscht haben – zumindest billigend in Kauf genommen hat (vgl. Urteil des BSG (Bundessozialgericht) - 1 RA 45/81 v. 01.06.1982 (juris Rn. 14); Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 26 m.w.N.).
Auch wenn dies dem Wortlaut des § 105 SGB VI nicht unmittelbar entnommen werden kann, schließt nur eine rechtswidrige Tötung den Rentenanspruch aus, denn eine Handlung, die nicht gegen die Rechtsordnung verstößt, kann nicht mit einem rechtlichen Nachteil belegt sein (Urteil des BSG - 1 RA 45/81 v. 01.06.1982 (juris Rn. 12); Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 31).
Darüber hinaus muss die Tat auch schuldhaft begangen worden sein. An einem vorwerfbaren vorsätzlichen Verhalten im Sinne des § 105 SGB VI fehlt es, wenn der Erfolg des Verhaltens in einem Zustand herbeigeführt wurde, der die Verantwortlichkeit für dieses Handeln ausschließt (vgl. Urteil des LSG Rheinland-Pfalz - L 2 J 86/80 - v. 15.09.1980; bestätigt durch Urteil des BSG - 5b/5 RJ 138/80 - v. 26.11.1981 und Beschluss des BVerfG (Bundesverfassungsgericht) - 1 BvR 43/82 - v. 17.05.1982 sowie Urteil des BSG - 1 RA 45/81 - v. 01.06.1982 (juris Rn. 15) und Urteil des LSG NRW – L 14 RA 39/98 - v. 05.02.1999 (juris Rn. 18)). Anders als Schuldunfähigkeit nach § 20 StGB schließt eine – lediglich – verminderte Schuldfähigkeit, welche nach § 21 StGB (nur) zu einer Strafmilderung führt, den Rentenanspruch nicht aus. Der Rentenanspruch ist auch dann ausgeschlossen, wenn dem Täter nur eine geringe Schuld anzulasten ist (Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 38 und 39 jeweils m.w.N.).
Nach den im Strafurteil getroffenen Feststellungen, liegen die Voraussetzungen für den Rentenausschluss nach § 105 SGB VI zur vollen Überzeugung des erkennenden Gerichts vor. Zwar kommt der strafgerichtlichen Verurteilung nicht zwingend eine Bindungswirkung zu, die Feststellungen des Strafgerichts entbinden den Rentenversicherungsträger ebenso wenig wie die Sozialgerichte von der eigenen Verpflichtung, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen (Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 57). Das Strafurteil kann aber – im Wege des Urkundsbeweises – auch der Entscheidung des Rentenversicherungsträgers – bzw. der diese überprüfenden Sozialgerichtsbarkeit – zu Grunde gelegt werden (Urteil des LSG Rheinland-Pfalz - L 2 J 86/80 - v. 15.09.1980; Reyels a.a.O.).
Das Gericht hält die strafgerichtlichen Ausführungen auch nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung für überzeugend und hat daher keine Bedenken sie der hier zu treffenden Entscheidung zu Grunde zu legen. Danach erfolgte die Verurteilung wegen einer vorsätzlich und rechtswidrig begangenen Tat. Ein Schuldausschluss nach § 20 StGB wurde ausdrücklich verneint, es wurde lediglich eine verminderte Schuldfähigkeit nach § 21 StGB angenommen. Dem schließt sich die Kammer – nach eigener Prüfung – an.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den gesetzlich angeordneten Rentenausschluss bestehen nicht (dazu schon der Beschluss des BVerfG – 1 BvR 43/82 – vom 17.05.1982).
Anders als der Kläger meint, stellt die Versagung der begehrten Rente auch nicht eine (weitere) Bestrafung dar. § 105 SGB VI ist keine Strafvorschrift. Die Leistungsversagung erfolgt nur deshalb, weil es ansonsten einer Belohnung seiner Tat gleichkäme, wenn ein Mörder oder Totschläger wegen der Folgen seiner Tat auch noch Leistungen der Solidargemeinschaft der Versicherten in Anspruch nehmen könnte.
Auch kann der Kläger mit seiner Argumentation nicht gehört werden, er benötige dieses Geld zur Unterstützung seiner Tochter. Der Rentenausschluss nach § 105 SGB VI betrifft selbstverständlich nur denjenigen, der den Tod des Versicherten vorsätzlich herbeigeführt hat, und nicht etwa auch – in Form einer unzulässigen Sippenhaftung – einen an der Tötung des Versicherten nicht beteiligten Hinterbliebenen. Der Anspruch eines Nichtbeteiligten bleibt von diesem Ausschluss unberührt (Reyels in: jurisPK-SGB VI, § 105 Rn. 53). Wurde eine Versicherte zum Beispiel – wie hier – von ihrem Ehegatten getötet, so bestehen etwaige Ansprüche ihrer Kinder auf Waisenrente unabhängig davon. Ob die gemeinsame Tochter einen entsprechenden Waisenrentenanspruch hat, war hier allerdings nicht zu prüfen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG (Sozialgerichtsgesetz).
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