L 6 U 129/05

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 23 U 95/02
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 129/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 31. August 2005 abgeändert und die Klage insoweit abgewiesen, als das Sozialgericht den Bescheid vom 19. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchs-bescheids vom 25. April 2002 auch bezüglich der Rückforderung von vorläufigen Leistungen in Höhe von 4.588,93 DM aufgehoben hat.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin 3/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen einschließlich der Kosten für das Vorverfahren zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist noch umstritten, ob die Beklagte vorläufige Leistungen in Höhe von 9.500 DM von der Klägerin zurückfordern kann.

Die 1964 geborene Klägerin war bei der Beklagten als selbständige Kurierfahrerin freiwillig unfallversichert. Am 8. Dezember 1998 sei sie nach der Mitteilung der Fach-ärztin für Chirurgie und Durchgangsärztin Dr. K. vom 21. Dezember 1998 beim Einsortieren von Zeitungen von einem Hocker gefallen. Dr. K. diagnostizierte u. a. eine Ruptur des medialen Kapsel-Band-Apparates und teilte mit, die Erstversorgung sei im Krankenhaus S. erfolgt. Mit dem am 11. Januar 1999 bei der Beklagten eingegangen Durchgangsarztbericht wiederholte der Facharzt für Chirurgie und Unfall-chirurg Dr. H. (Krankenhaus S. ) diese Diagnose und teilte zum Unfallher-gang mit, die Klägerin habe sich beim Heruntersteigen von einem Hocker das linke Bein verdreht und starke Schmerzen gehabt. In ihrer Unfallanzeige vom 15. Januar 1999 wiederholte die Klägerin den durch Dr. H. beschriebenen Unfallhergang und gab ergänzend an, sie sei bei der BARMER krankenversichert.

Während eines Telefongesprächs der Klägerin mit einem Mitarbeiter der Beklagten am 8. Februar 1999 bat sie um einen Vorschuss, da sie seit dem Unfall kein Geld mehr erhalte. Mit Schreiben vom 8. Februar 1999 teilte die Beklagte der Klägerin Folgendes mit: " ... wir konnten das Feststellungsverfahren noch nicht abschließen. Um die bis dahin noch vergehende Zeit zu überbrücken und Ihnen finanziell zu helfen, werden wir Ihnen zunächst vorläufige Leistungen in Höhe von 3.500 DM gewähren. Die Leistun-gen sind bemessen nach einem eventuellen Anspruch auf Verletztengeld. Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass Sie mit einer Rückzahlung der vorläufigen Leistungen rechnen müssen, wenn sich herausstellen sollte, dass ein Arbeitsunfall nicht vorgele-gen hat. Sollten Beitragsrückstände bestehen, werden sie berücksichtigt. ". Mit Be-scheid vom 10. Februar 1999 rechnete die Beklagte die "laufende Geldleistung: Ver-letztengeld – Übergangsgeld – Vorschuss - Rente" in Höhe von 3.500 DM mit fälligen Beiträgen in Höhe von 911,07 DM auf und gewährte der Klägerin einen Betrag von 2.588,93 DM. Nachdem die Klägerin am 2. März 1999 telefonisch die Zahlung von Ver-letztengeld angemahnt hatte, gewährte ihr die Beklagte unter dem 4. März 1999 weite-re 2.000,00 DM. Das Schreiben war wortgleich mit dem vom 8. Februar 1999.

Am 25. Februar 1999 stellte das Krankenhaus Sangerhausen der Beklagten für eine stationäre Behandlung der Klägerin im Zeitraum vom 12. bis 16. Februar 1999 wegen einer Phlebothrombose und eines Zustands nach Arthroskopie des linken Kniegelenks einen Betrag in Höhe von 2.136,72 DM in Rechnung.

Am 10. März 1999 teilte Dr. K. mit Befundbericht mit, nach dem ihr nun bekannt gewordenen Hergang sei mit dem linken Bein kein eigentlicher Unfall im gesetzlichen Sinne passiert. Eine bereits durch die Beklagte vorgeschlagene Zusammenhangsbeur-teilung sei zu empfehlen.

Am 23. März 1999 zahlte die Beklagte an das Krankenhaus S. 2.136,72 DM für die stationäre Behandlung der Klägerin im Zeitraum vom 12. bis 16. Februar 1999.

Am 30. März 1999 wandte sich die Klägerin erneut telefonisch an die Beklagte und bat um eine weitere Vorschusszahlung. Daraufhin gewährte die Beklagte der Klägerin am 1. April 1999 wiederum mit wortgleichem Schreiben wie am 8. Februar 1999 vorläufige Leistungen in Höhe von 1.000,00 DM. Mit Schreiben vom 20. Mai 1999 beantragte die Klägerin erneut einen "Abschlag" aufgrund des Unfalls vom 8. Dezember 1998. Am 27. Mai 1999 gewährte die Beklagte ihr wiederum mit wortgleichem Schreiben wie am 8. Februar 1999 vorläufige Leistungen in Höhe von 3.000 DM.

Unter dem 31. Mai 1999 kam der Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. Th. in seinem Gutachten zu dem Ergebnis, es habe kein Arbeitsunfall vorgelegen. Es sei oh-ne Fremdeinwirkung zu einem plötzlichen, massiven Schmerzereignis im Bereich des linken Kniegelenks mit einem hieraus resultierenden Sturz aus innerer Ursache ge-kommen. In dessen weiteren Verlauf sei eine mediale Seitenbandverletzung aufgetre-ten. Unabhängig davon bestünden anlagebedingte, degenerative Veränderungen des linken Kniegelenks.

Mit Schreiben vom 11. Juni 1999 meldete die Beklagte bei der BARMER Erstattungs-ansprüche in Höhe von 15.175,71 DM an (9.500,- DM Verletztengeld, Behandlungs-kosten für stationäre Aufenthalte in Höhe von 3.538,99 DM und 2.136,72 DM). Außer-dem hörte die Beklagte die Klägerin mit Schreiben vom selben Tag zu einer beabsich-tigten Rückforderung von zu Unrecht erbrachten Leistungen an.

Unter dem 14. Juni 1999 teilte die BARMER mit, Verletztengeld könne sie nicht erstat-ten, da die Klägerin keinen Anspruch auf Krankengeld habe. Mit Schreiben vom 28. Juni 1999 erklärte die BARMER der Beklagten, da die Mitgliedschaft der Klägerin am 15. Dezember 1998 beendet worden sei, übernehme sie nicht die Kosten für den stati-onären Aufenthalt im Februar 1999.

Mit Bescheid vom 29. Juni 1999 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Ereignisses vom 8. Dezember 1998 als Arbeitsunfall ab. Den dagegen am 19. Juli 1999 erhobenen Widerspruch der Klägerin wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 2000 zurück.

Den Antrag der Klägerin auf Rücknahme des Bescheids vom 29. Juni 1999 in der Ges-talt des Widerspruchsbescheids vom 18. Januar 2000 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 19. Juni 2001 ab. Dazu stützte sie sich auf das zwischenzeitlich auf ihre Veranlas-sung erstellte Gutachten des Chirurgen Dr. W. (Direktor der Klinik für Unfallchi-rurgie der Universität M. ) vom 5. April 2001. Danach sei das Ereignis vom 8. Dezember 1998 nicht wesentliche Teilursache für das Auftreten des Knieschadens gewesen.

Mit Schreiben vom 27. Juni 2001 hörte die Beklagte die Klägerin zu einer beabsichtig-ten Rückforderung in Höhe von 11.636,72 DM an (9.500 DM für vorläufige Leistungen und 2.136,72 DM für den stationären Aufenthalt im Zeitraum von 12. bis 16. Februar 1999), da kein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Bei den unter Vorbehalt gezahlten Leis-tungen auf einen voraussichtlichen Anspruch auf Verletztengeld habe es sich um vor-läufige Leistungen im Sinne einer so genannten Vorwegzahlung gehandelt. Deren Rückforderung sei zulässig, da in den jeweiligen Schreiben darauf hingewiesen worden sei, dass eine Pflicht zur Rückzahlung bestehe, sofern sich herausstellen sollte, dass kein Arbeitsunfall vorgelegen habe. Aufgrund der zu Unrecht übernommenen stationä-ren Behandlungskosten habe die Klägerin einen Vermögensvorteil erlangt, den sie nun zu erstatten habe.

Am 16. Juli 2001 erhob die Klägerin gegen den Bescheid vom 19. Juni 2001 Wider-spruch.

Mit Bescheid vom 19. Dezember 2001 forderte die Beklagte von der Klägerin Behand-lungskosten in Höhe von 2.136,72 DM und vorläufige Leistungen in Höhe von 9.500 DM zurück. Dagegen erhob die Klägerin am 7. Januar 2002 Widerspruch.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2002 (abgesendet per Einschreiben am 29. April 2002) wies die Beklagte die Widersprüche gegen die Bescheide vom 19. Juni 2001 und 19. Dezember 2001 zurück.

Am 30. Mai 2002 hat die Klägerin beim Sozialgericht Magdeburg Klage erhoben. In der nichtöffentlichen Sitzung vom 26. August 2005 hat eine Zeugeneinvernahme von Frau Viola Hartmann, mit der die Klägerin am 8. Dezember 1998 zusammen gearbeitet hat-te, stattgefunden. Danach hat die Klägerin die Klage gegen den Bescheid vom 19. Juni 2001 zurückgenommen und sich nur noch gegen die Rückforderung der Behandlungs-kosten und der vorläufigen Leistungen gewendet.

Mit Urteil vom 31. August 2005 hat das Sozialgericht den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2002 auf-gehoben, soweit die Beklagte die stationären Behandlungskosten und Verletztengeld zurückgefordert hat. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Beklagte habe das Verletz-tengeld nicht nach § 42 Abs. 2 des Ersten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB I) zu-rückfordern dürfen, da von Anfang an fraglich gewesen sei, ob ein Arbeitsunfall im Sin-ne der gesetzlichen Unfallversicherung überhaupt vorgelegen habe. Für die Rückforde-rung sei § 45 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB X) zu beachten, doch lägen die Tatbestandsvoraussetzungen des § 45 Abs. 4 SGB X nicht vor.

Gegen das ihr am 13. September 2005 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 11. Ok-tober 2005 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt. In der öffent-lichen Sitzung vom 11. Dezember 2008 hat die Beklagte ihre Berufung auf die Rück-forderung der Vorschussleistungen beschränkt.

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 31. August 2005 ab-zuändern und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2002 insoweit abzuweisen, als die Vorschussleistungen für das Verletztengeld zurückgefor-dert werden.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 31. August 2005 zurückzuweisen.

Sie hält den Gerichtsbescheid für zutreffend.

Im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die Verwaltungsakten der Beklagten ver-wiesen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung gemacht worden sind.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 143 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässige Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg. Zu Recht hat die Beklagte vorläufig gewährte Leistungen von der Klägerin zurückgefordert, doch besteht nur ein Erstattungsanspruch in Höhe von 4.588,93 DM. Soweit die Beklagte darüber hinaus vorläufige Zahlungen zurückgefor-dert hat, sind die Bescheide rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten nach § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Die Beklagte kann den Rückforderungsanspruch nicht auf § 42 Abs. 2 Satz 2 SGB I stützen. Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 SGB I kann der zuständige Leistungsträger auch Vorschüsse zahlen, deren Höhe er nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmt, wenn ein Anspruch auf Geldleistungen dem Grunde nach besteht und zur Feststellung seiner Höhe voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist. Soweit ein Leistungsträger von einem tatsächlich bestehenden Anspruch ausgeht, richtet sich die Rückabwicklung einer sol-chen Leistung nach § 42 Abs. 2 SGB I (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007 – B 2 U 5/06 R – zitiert nach juris). Es kommt nicht auf deren objektives Vorliegen an, sondern es reicht als Grundlage für die Vorschusszahlung aus, dass der Anspruch auf Geldleis-tungen zur Überzeugung des Sozialleistungsträgers nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen gegeben ist (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, a.a.O.). Soweit sich im Nachhinein herausstellt, dass die zustehende Leistung bei Null liegt, der geleistete Vorschuss diese dann in vollem Umfang übersteigt, ist dieser vollständig zu erstatten (BSG, Urteil vom 26. Juni 2007, a.a.O.). Diese Voraussetzungen liegen hier aber nicht vor, denn die Beklagte ist zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen nach ihrer Überzeugung davon ausgegangen, dass ein Ar-beitsunfall dem Grunde nach gegeben ist.

Da im gesamten Verfahren bereits dem Grunde nach die Leistungsvoraussetzungen - also die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls - streitig waren, ist die Rechtsgrundlage für die Rückforderung von vorläufigen Leistungen der bei einer vor-läufigen Regelung gemachte Rückforderungsvorbehalt selbst. Dieser begründet im Falle einer endgültigen negativen Entscheidung das unmittelbare Recht des Versiche-rungsträgers, die vorläufig und zu Unrecht gewährte Leistung zurückzufordern (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 – 2 RU 12/94 –, zitiert nach juris). Die Befugnis zum Er-lass eines einstweiligen Verwaltungsakts vom Typ der Vorwegzahlung schafft somit unabhängig von den Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 SGB I eine Ermächtigungs-grundlage für eine Bewilligung von beantragten Geldleistungen, wenn eine abschlie-ßende Entscheidung nach dem Stand der Ermittlungen im Entscheidungszeitpunkt dem Grunde nach noch nicht möglich war (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994, a.a.O.). Weitere Voraussetzung ist, dass der gesetzliche Zweck der Leistung nur ermöglicht werden kann, wenn sie möglichst zeitnah zur Entscheidung des Bedarfs, dem sie ab-helfen soll, erbracht wird, jedoch zwingende verfahrenstechnische Gründe die endgül-tige Gewährung oder Vorschussbewilligung noch unmöglich machen (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994, a.a.O.). Um eine wirksame Ermächtigung für eine Rückforderung zu schaffen, muss dem Adressaten einer solchen Vorwegzahlung vom Empfängerhori-zont ausgehend hinreichend verdeutlicht werden, dass noch nicht feststeht, ob ihm überhaupt ein Recht auf eine Geldleistung zusteht und dass er nicht vertrauen könne, er dürfe nur auch nur einen Teil des Wertes des jetzt Gezahlten behalten (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 a.a.O.; BSG, Urteil vom 29. April 1997 – 4 RA 46/96 – zitiert nach juris). Damit soll der Bürger in die Lage versetzt werden, in eigener Verantwor-tung zu entscheiden, ob er die ihm bewilligte Begünstigung überhaupt annehmen oder als aufgedrängte Zuwendung ablehnen will und ob er bis zum Erlass des endgültigen Verwaltungsakts von ihr wirtschaftlich Gebrauch macht oder im Hinblick auf mögliche Rückzahlungspflichten davon absieht (BSG, Urteil vom 29. April 1997, a.a.O.).

Nach diesem Maßstab besteht ein wirksamer Rückforderungsvorbehalt für die Zahlun-gen vom 10. Februar 1999 (2.588,93 DM) und vom 4. März 1999 (2.000,00 DM). Der Rückforderungsvorbehalt greift ein, weil bestandskräftig mit Bescheid vom 29. Juni 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Januar 2000 die Anerken-nung des Ereignisses vom 8. Dezember 1998 als Arbeitsunfall abgelehnt worden ist. In den Schreiben vom 8. Februar und 4. März 1999 hat die Beklagte die Klägerin auf das zu diesem Zeitpunkt bereits tatsächlich laufende, aber noch nicht abgeschlossene Feststellungsverfahren hingewiesen. Sie hat ihr auch mitgeteilt, dass die Leistungen nur vorläufig seien. Zudem hat sie die Klägerin ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sie mit einer Rückzahlung der vorläufigen Leistungen rechnen müsse, wenn sich her-ausstellen sollte, dass ein Arbeitsunfall nicht vorgelegen habe. Vom Empfängerhorizont ausgehend war damit deutlich, dass es sich nicht um eine endgültige Anerkennung des Verletztengeldanspruchs gehandelt hat. Der Warnfunktion ist die Beklagte mit dem ausdrücklichen Hinweis auf eine mögliche Rückzahlungspflicht auch hinreichend nach-gekommen. Die Klägerin konnte somit eigenverantwortlich entscheiden, ob sie unter dem dargelegten Risiko der Rückzahlung die Vorwegzahlungen annimmt.

Liegen damit die Voraussetzungen für einen wirksamen Rückforderungsvorbehalt vor, kann die Beklagte die Zahlungen in Höhe von 2.588,93 DM und 2.000,00 DM zurück-fordern. Dabei wurde berücksichtigt, dass die am 8. Februar 1999 als Vorwegzahlung deklarierten 3.500,00 DM nur in Höhe von 2.588,93 DM am 10. Februar 1999 tatsäch-lich auch zur Auszahlung gekommen sind, denn nur der tatsächlich ausgezahlte Betrag kann auch vom Rückforderungsvorbehalt erfasst werden. Der Rückforderungsvorbe-halt bietet keine Rechtsgrundlage, um über das Instrument der Vorwegzahlung Bei-tragsrückstände einzuziehen.

Die Voraussetzungen für einen wirksamen Rückforderungsvorbehalt liegen nach dem am 10. März 1999 eingegangenen Befundbericht von Dr. K. , mit dem diese mitge-teilte hatte, es sei kein eigentlicher Unfall passiert, aber nicht mehr vor. Das betrifft die Vorwegzahlungen vom 1. April 1999 (1.000 DM) und vom 27. Mai 1999 (3.000 DM). Nach den Ausführungen von Dr. K. war zwar immer noch von einem laufenden Feststellungsverfahren auszugehen, denn eine Zusammenhangsbegutachtung wurde eingeleitet. Doch war der Ausgang des Verfahrens nicht mehr völlig offen, sondern es bestanden bereits medizinisch begründete Bedenken gegen die Annahme eines Ar-beitsunfalls. Damit liegen nach dem oben dargelegten Maßstab die Voraussetzungen für einen wirksamen Rückforderungsvorbehalt nicht mehr vor, weil die Beklagte die ihr durch Dr. K. bekannt gegebene medizinische Einschätzung nicht an die Klägerin weitergegeben, sondern für die weiteren Vorwegzahlungen wortgleiche Schreiben wie am 8. Februar 1999 und 4. März 1999 verwendet hat. Somit war vom Empfängerhori-zont ausgehend keine Veränderung im Feststellungsverfahren erkennbar, obwohl be-reits eine für die Klägerin negative Einschätzung durch ihre behandelnde Ärztin abge-geben worden war. Aufgrund dieser fehlenden Information kannte die Klägerin nicht alle Umstände, um in eigener Verantwortung darüber zu entscheiden, ob sie auch nach dieser für sie negativen Einschätzung ihrer behandelnden Ärztin die ihr bewilligte Be-günstigung durch die Beklagte noch annehmen oder im Hinblick auf mögliche Rück-zahlungspflichten davon absehen will. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichti-gen, dass auch eine scheinbare Begünstigung bei einer Rückzahlungspflicht weitrei-chende wirtschaftliche Folgen haben kann. Denn soweit die Klägerin aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit keiner Tätigkeit nachgehen und somit auch kein Einkommen erzie-len konnte, hätte sie sich an den Sozialhilfeträger wenden können. Die vom Sozialhilfe-träger im Falle der Bedürftigkeit gewährten Leistungen hätte sie aber nicht zurückzah-len müssen.

Nach alledem kann die Beklagte von der Klägerin lediglich 4.588,93 DM der vorläufi-gen Zahlungen aufgrund eines wirksamen Rückforderungsvorbehalts zurückfordern.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dabei hat der Senat die Höhe des Teilerfolgs der Beklagten berücksichtigt.

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die in § 160 Abs. 2 SGG aufgeführten Gründe nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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