L 4 KA 299/05

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 7 KA 566/01
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 299/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 15. Dezember 2004 wird zurückgewiesen.

Die Klage gegen den Abänderungsbescheid vom 6. September 2007 wird abgewiesen.

Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Klägerin werden gegeneinander aufgehoben.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Honorarkürzungen im Rahmen einer von der Beklagten durchgeführten Plausibilitätsprüfung in den Quartalen I/1998 und II/1998.

Die Klägerin ist als Gynäkologin in S. nieder- und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen.

Die Beklagte führte ausgehend von den im Vergleich zur Fachgruppe erhöhten Fallwerten der Klägerin eine so genannte Plausibilitätsprüfung durch, wobei sie entsprechend den Vorgaben des Vorstandes anhand von Tagesprofilen die tägliche Arbeitszeit an Werktagen (außer an den Wochenenden) ermittelte. Zur Heranziehung der Abrechnungsunterlagen wurde der zeitliche Aufwand für die von der Klägerin erbrachten und abgerechneten Leistungen pro Arbeitstag ermittelt. Soweit der einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) für die einzelnen Leistungen keine Zeitvorgaben vorsah, legte die Beklagte die vom Vorstand festgelegten Zeiteinheiten zugrunde. Ergab das auf diese Weise ermittelte Arbeitszeitprofil eine - bezogen auf den Zeitraum eines Quartals - durchschnittliche tägliche Arbeitszeit von mehr als zwölf Stunden, so kürzte die Beklagte das Honorar in dem Ausmaß, das dem Anteil der quartalsbezogenen Summe der für einen zwölfstündigen Arbeitstag hinausgehenden Arbeitsstunden an der für das geprüfte Quartal ermittelten Gesamtarbeitszeit entsprach. Betrug die durchschnittliche tägliche Arbeitszeit weniger als zwölf Stunden, ergab die Prüfung einzelner Tage jedoch Tagesarbeitszeiten von mehr als vierzehn Stunden, so kürzte die Beklagte entsprechend der vorgenannten Berechnungsweise das Honorar anteilig um das über die tägliche Arbeitszeit von vierzehn Stunden hinausgehende Arbeitsvolumen.

Unter Maßgabe dieser Bestimmungen forderte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Juni 2000 die Rückerstattung von Honorar für das Quartal I/1998 in Höhe von 18.662,18 DM und für das Quartal II/1998 in Höhe von 18.783,82 DM. Zur Begründung führte sie aus, dass Zweifel an der Richtigkeit der Abrechnung bestünden, weil mehrere Arbeitstage mit Arbeitszeiten zwischen 20,33 und 26,23 Stunden gegeben seien. Soweit die Klägerin an den genannten Arbeitstagen mehr als vierzehn Stunden gearbeitet haben wolle, sei die Abrechnung als implausibel anzusehen und könnte nicht anerkannt werden. Die Kürzungsbeträge entsprächen den Anteilen in Höhe von 15,18 v.H. für das Quartal I/1998 bzw. 18,09 v.H. für das Quartal II/1998.

Der Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2001 zurückgewiesen.

Die dagegen gerichtete Klage hat das Sozialgericht mit Urteil vom 15. Dezember 2004 abgewiesen und ausgeführt, dass der Rückforderungsbescheid der Beklagten rechtmäßig sei und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletze. Die Voraussetzungen für die Rückforderung des Honorars seien gegeben, weil das Abrechnungsverhalten der Klägerin nicht plausibel sei. Aufgrund der in den Tagesprofilen festgestellten Behandlungszeiten stehe zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Klägerin bestimmte Behandlungen in dem abgerechneten Umfang nicht bzw. nicht ordnungsgemäß erbracht haben könne, weshalb die von ihr für die streitgegenständlichen Quartale eingereichten Abrechnungserklärungen falsch seien. Im Wege der sachlich-rechnerischen Richtigstellung sei dies zu korrigieren gewesen.

Hiergegen hat die Klägerin - fristwahrend und ohne nähere Begründung - Berufung eingelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 15. Dezember 2004 und den Bescheid vom 23. Juni 2000 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. März 2001 in der Fassung des Abänderungsbescheides vom 6. September 2007 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Abänderungsbescheid vom 6. September 2007 abzuweisen.

Mit Teilaufhebungs- und Abänderungsbescheid vom 6. September 2007 hat die Beklagte den Rückforderungsbetrag für die Quartale I/1998 und II/1998 auf 27.690,96 DM festgesetzt, was einer Reduzierung der ursprünglichen Rückforderungssumme um 9.755,04 DM (4.987,67 EUR) entspricht.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichts- und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG-). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen liegen vor.

Berufung und Klage sind unbegründet. Über den im Berufungsverfahren ergangenen Abänderungsbescheid der Beklagten entscheidet der Senat als erstinstanzliches Gericht.

Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte tatsächlich die Quartalsleistungen aus den Tagesprofilen herauszurechnen hatte. Die Beklagte hat in ihrem Änderungsbescheid die Position des Sozialgerichts zu diesem Punkt umgesetzt und der Senat hat die danach reduzierten Zeitangaben und die darauf basierenden Honorarrückforderungen seiner Entscheidung zugrundezulegen.

Die unter Außerachtlassung der Quartalsleistungen errechneten täglichen Arbeitszeiten sind in ihrem Umfang nicht mehr plausibel. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Klägerin abrechnungstechnisch manipuliert hat. Der Senat ist davon überzeugt, dass die abgerechneten Leistungen in ihrer Gesamtheit von der Klägerin nicht erbracht sein können, so dass der Beweiswert der Abrechnungssammelerklärung entfällt und die Beklagte bei der Rückforderung das ihr zustehende Ermessen richtig ausgeübt hat.

Plausibilitätsprüfungen dienen der Aufdeckung von Abrechnungsfehlern und unwirtschaftlicher Leistungserbringung. Sie sind kein eigenständiges Verfahren der Honorarkürzungen wie die sachlich-rechnerische Berichtigung oder Wirtschaftlichkeitsprüfung (vgl. Urteil BSG vom 8. März 2000, Az.: B 6 KA 16/99 R). Das bedeutet, dass Plausibilitätskontrollen als solche zwar kein eigenständiges Honorarberichtigungsverfahren darstellen, der Kassenärztlichen Vereinigung jedoch einen Anlass für die sachlich-rechnerische Berichtigung im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte bzw. § 34 Abs. 4 Sätze 1 und 2 des Ersatzkassenvertrages bieten können. Wenn nämlich im Ergebnis der Plausibilitätsprüfung feststeht, dass der Arzt die abgerechneten Leistungen nicht ordnungsgemäß, also unter Verstoß gegen gesetzliche oder vertragliche Bestimmungen erbracht hat (vgl. zum Umfang der sachlich-rechnerischen Berichtigung Urteil des BSG vom 1. Juli 1998, Az.: B 6 KA 48/97 R).

Nach § 83 Abs. 2 SGB V in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 waren in den Gesamtverträgen unter anderem Verfahren zu vereinbaren, die die Prüfung der Abrechnung der Vertragsärzte auf Rechtmäßigkeit durch Plausibilitätskontrollen der Kassenärztlichen Vereinigungen, insbesondere auf der Grundlage von Stichproben, ermöglichten. Rechtsgrundlage für Honoraraufhebungs- oder Änderungsbescheide nach einer Plausibilitätsprüfung sind die Bestimmungen der Bundesmantelverträge über die Berechtigung der Kassenärztlichen Vereinigungen zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung (§ 45 Abs.2 Satz 1 BMV-Ä, § 34 Abs.4 Satz 1 und 2 EKV- Ä), die in ihrem Anwendungsbereich die Regeln des § 45 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) verdrängen (BSG, st. Rspr., z.B. Urteil vom 28. September 2005, Az.: B 6 KA 14/04 R = SozR 4-5520 § 32 Nr.2). Nach diesen im Primär- und Ersatzkassenbereich im Wesentlichen gleichlautenden Vorschriften hat die Kassenärztliche Vereinigung die Aufgabe, die von den Vertragsärzten eingereichten Abrechnungen rechnerisch und gebührenordnungsmäßig zu prüfen und ggf. richtigzustellen. Dies kann auch im Wege nachgehender Richtigstellung erfolgen, d.h. die Kassenärztliche Vereinigung kann, soweit Honorarbescheide erlassen wurden, diese ganz oder teilweise ändern oder zurücknehmen und ggf. neu erlassen (BSG a.a.O.). Die Richtigstellung kann von Amts wegen oder auf Antrag einer Krankenkasse erfolgen (vgl. BSGE 89,90,93 f. = SozR 3-2500 § 82 Nr.3 S.6). Die Befugnis zur sachlich-rechnerischen Richtigstellung der Honoraranforderung auf bundesmantelvertraglicher Rechtsgrundlage besteht nicht nur im Falle rechnerischer und gebührenordnungsmäßiger Fehler, sondern erfasst auch Fallgestaltungen, in denen der Vertragsarzt Leistungen unter Verstoß gegen Vorschriften über formale und inhaltliche Voraussetzungen der Leistungserbringung durchgeführt und abgerechnet hat. Auch unter Berücksichtigung des Abänderungsbescheides vom 6. September 2007 mit der Hinausrechnung der sogenannten Quartalsleistungen, die nur einmal im Quartal abgerechnet werden können, an dem Tag der Abrechnung aber nicht gänzlich erbracht sein müssen, liegt eine falsche Abrechnungs-Sammelerklärung vor, die zur Korrektur des Honorars berechtigt. Die Klägerin weist eine Vielzahl von Tagen in den streitgegenständlichen Quartalen auf, an denen sie Arbeitsleistungen von mehr als 18 Stunden erbringt, Quartalsleistungen jeweils außen vor bleibend, die zeitlich jedoch auch irgendwann einmal erbracht sein müssen. Im ersten Quartal 1998 hat der Klägerin an 28 Tagen eine Arbeitszeit von mehr als zwölf Stunden gehabt und im Quartal II/1998 von 23 Tagen. Einzelne Tage ragen besonders heraus, so z. B. der 5. Januar 1998 mit einer Arbeitszeit ohne Quartalsleistungen von 19,28 Stunden. Die Überschreitung der 12-Stundengrenze beträgt 7,28 Stunden. Am 6. Januar 1998 betrug die Arbeitszeit ohne Quartalsleistungen 17,84 Stunden, die Überschreitung der 12-Stundengrenze lag bei 5,84 Stunden. Am 19. Januar 1998 betrug die Arbeitszeit ohne Quartalsleistungen 17,35 Stunden, die Überschreitung der 12-Stundengrenze betrug 5,35 Stunden. Am 16. Februar 1998 betrugen die Arbeitszeit ohne Quartalsleistungen 21,69 Stunden und die Überschreitung 9,69 Stunden. Überschreitungen von mehr als drei Stunden fanden auch statt am 17. Februar 1998, 19. Februar 1998, 23. Februar 1998, 24. Februar 1998, 12. März 1998, 17. März 1998, 19. März 1998, 23. März 1998, 24. März 1998 und 30. März 1998. Im Quartal II/1998 hatte die Klägerin Arbeitszeiten (jeweils ohne Quartalsleistungen) von 18,57 (2. April 1998), 19,49 (14. April 1998), 19,86 (16. April 1998), 19,36 (18. Mai 1998) und 18,20 (19. Mai 1998). Bei den errechneten 18 Stunden (ohne Quartalsleistungen) handelt es sich um reine Arbeitszeit, also ohne Leerlauf, ohne Essenspause oder andere notwendige Unterbrechungen. Ein Arbeitstag von 18 Stunden in diesem Sinne bedeutet eine ununterbrochene Tätigkeit von zum Beispiel 7 Uhr morgens bis 1.00 Uhr morgens am Folgetag, ohne Pause bzw. mit entsprechenden Pausen noch länger. Dies ist fern jeder Realität, was die Klägerin natürlich auch weiß, wenn sie auch mit diesem Verfahren das Gegenteil zu belegen versucht. Wenn dann vorgebracht wird, dass die einzelnen Verrichtungen nicht soviel Zeit wie veranschlagt einnehmen, so ist dies nicht die Rechtfertigung einer solchen Abrechnungsweise, sondern bedeutet Zweifel an der Qualität der Behandlung oder aber an der tatsächlichen Erbringung. Wenn man berücksichtigt, dass die Klägerin am 18. Mai 1998 eine reine Arbeitszeit von 19,36 Stunden hatte und am 19. Mai 1998 von noch einmal 18,20 Stunden, so erscheint zumindest - bei aller Effizienz einer routinierten Ärztin - die Frage nach der ordnungsgemäßen Behandlung der Patienten gestattet. Mangels Anhaltspunkte für eine schlechte Versorgung der Patienten geht der Senat aber davon aus, dass die Abrechnungs-Sammelerklärungen unrichtig sein müssen.

Die Abgabe einer ordnungsgemäßen Abrechnungs-Sammelerklärung ist eine eigenständige Voraussetzung für die Entstehung des Anspruchs eines Vertragsarztes auf Vergütung der von ihm erbrachten Leistungen. Mit ihr garantiert der Vertragsarzt, dass die Angaben auf den von ihm eingereichten Behandlungsausweisen bzw. Datenträgern zutreffen. Diese Garantiefunktion ist gerade wegen der aufgrund des Sachleistungsprinzips im Vertragsarztrecht auseinanderfallenden Beziehungen bei der Leistungserbringung (Verhältnis Arzt zum Patienten) und der Vergütung (Verhältnis Arzt zur Kassenärztlichen Vereinigung) und den damit verbundenen Kontrolldefiziten unverzichtbar (BSG, Urteil vom 17.09.1997 – 6 RKa 86/95 – S. 7).

Die ordnungsgemäß, also nach bestem Wissen und Gewissen erstellte Abrechnungs-Sammelerklärung ist nach §§ 34 Abs. 1, 35 Abs. 3 EKV bzw. §§ 35 Abs. 2 Satz 3, 42 Abs. 3 BMV-Ä als eigenständige Voraussetzung für das Entstehen des Honoraranspruchs bestimmt worden. Aus dieser Funktion der Abrechnungs-Sammelerklärung als Voraussetzung der Vergütung der von dem Vertragsarzt abgerechneten Leistungen folgt zugleich, dass die Erklärung in den Fällen, in denen sie sich wegen abgerechneter, aber nicht oder nicht ordnungsgemäß erbrachter Leistungen als falsch erweist, ihre Garantiewirkung nicht mehr erfüllt. Wenn die Garantiefunktion der Abrechnungs-Sammelerklärung entfällt und damit eine Voraussetzung für die Festsetzung des Honoraranspruchs des Arztes fehlt, ist der auf der Honorarabrechnung des Vertragsarztes in Verbindung mit seiner Bestätigung der ordnungsgemäßen Abrechnung beruhende Honorarbescheid rechtswidrig. Die KV ist zumindest berechtigt, wenn nicht verpflichtet, den entsprechenden Honorarbescheid aufzuheben und das Honorar neu festzusetzen.

Die Abrechnungs-Sammelerklärung als Ganzes ist bereits dann unrichtig, wenn nur ein mit ihr erfasster Behandlungsausweis eine unrichtige Angabe über erbrachte Leistungen enthält. Damit entfällt für die KV grundsätzlich die Verpflichtung, als Voraussetzung der Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides dem Arzt mehr als eine unrichtige Abrechnung pro Quartal nachzuweisen. Sie ist rechtlich nicht gehalten, in allen Behandlungsfällen, in denen sie unrichtige Abrechnungen vermutet, den Nachweis der Unrichtigkeit zu führen. Im Ergebnis liegt das Honorarrisiko auf der Seite des Arztes, der in seiner Honorarabrechnung unrichtige Angaben gemacht hat (BSG, Urteil vom 17.09.1997 a.a.O.).

Dabei wird darauf hingewiesen, dass ein Zeitansatz für die Leistung nach der GO-Nummer 850 EBM von 10 Minuten nicht unangebracht hoch erscheint. Die Leistungslegende der Ziffer 850 EBM umfasst die differenzial-diagnostische Klärung psychosomatischer Krankheitszustände mit schriftlichem Vermerk über die ätiologischen Zusammenhänge, einschließlich Beratung bis zu zweimal im Behandlungsfall. Die differenzialdiagnostische Klärung der psychosomatischen Krankheitszustände erfordert eine sorgfältige und umfassende Herangehensweise und Bearbeitungsmethodik. Die Anfertigung des schriftlichen Vermerks ist zeitaufwändig und die Beratung des Patienten natürlich noch aufwändiger. Hier etwa nur drei Minuten in Ansatz bringen zu wollen, erscheint dem Senat unrealistisch und wird der Wichtigkeit und den Erfordernissen einer solchen Behandlung nicht gerecht.

Aber selbst wenn man von einem niedrigeren Zeitansatz ausgeht, ändert sich im Ergebnis nichts. Exemplarisch soll dies an jeweils einem Tag aus den betroffenen Quartalen aufgezeigt werden. Am 16. Februar 1998 (Quartal I/1998) sind von der Klägerin (ohne Quartalsleistungen) Leistungen im Umfang von 21,69 Stunden erbracht worden (9,69 Stunden über die 12 Stunden-Grenze). Dabei wurde 38 Mal die GO-Nummer 850 EBM erbracht. Ausgehend von einem Zeitansatz von nur drei Minuten wären dies (38 x 3 =) 114 Minuten d.h. 1,9 Stunden (anstelle von 380 Minuten d.h. 6,33 Stunden). Zieht man von den 21,69 Stunden 4,43 Stunden (Differenz zwischen 6,33 und 1,9 Stunden) ab, so verbleiben noch immer 17,26 Stunden, also eine Überschreitung. 5,26 Stunden. Auch dies ist nicht plausibel. Für das Quartal II/1998 soll exemplarisch der 14. April 1998 genannt werden. An diesem Tag wurden 19,49 Stunden an Leistungen abgerechnet. Ausgehend davon, dass 37 Mal die GO-Nummer 850 EBM mit einem Zeitansatz von 3 Minuten pro Leistungserbringung vorliegen würden, wären von den 19,49 Stunden 4,31 Stunden abzuziehen. Es verblieben 15,18 Stunden und damit eine Überschreitung von 3,18 Stunden. Auch dies ist noch immens. Selbst wenn an beiden Tagen die GO-Nummer 850 EBM gänzlich außen vor bliebe, läge noch eine Überschreitung der 12 Stunden-Grenze vor. Die übrigen Zeitansätze für die Ziffern 17, 18 und 851 nimmt der EBM selbst vor.

Es kommt nicht darauf an, ob der vom Vorstand des Beklagten gewählte Zeitansatz vorher veröffentlich worden ist. Jeder Vertragsarzt ist sich bewusst, dass er eine Leistung umfassend und sorgfältig zu erbringen hat, um sie abrechnen zu dürfen. Es reicht nicht aus, dass sich Patient oder Krankheitsbild generell für die Abrechnung einer GO-Nummer anbieten. Und in den Fällen, in denen Krankheitsbild und Patient der Leistungsziffer 850 EBM zugänglich sind, ist allen Betroffenen klar, dass ein solches Gespräch einschließlich Dokumentation im Schnitt eher länger als 10 Minuten dauert denn weniger.

Rechtsfolge des Wegfalls der Garantiefunktion der Abrechnungs-Sammelerklärung ist die Rechtswidrigkeit des Honorarbescheides für das jeweilige Quartal insgesamt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass dem Arzt überhaupt kein Anspruch auf Vergütung zusteht. Vielmehr hat die KV das Honorar neu festzusetzen. Ihr steht dabei ein weiter Beurteilungsspielraum zu (vgl. BSG, Urteil vom 17. September 1997, Az.: 6 RKa 86/95). Vorliegend erfolgt die Reduzierung des Quartalhonorars um den prozentualen Honoraranteil der Arbeitszeitüberschreitungen von 12 Stunden (ohne Quartalsleistungen). Dies ist nicht zu beanstanden.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten, insbesondere dem Vortrag der Klägerin im Klageverfahren, wird auf die umfassenden und zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung nach § 153 Abs. 2 SGG Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 2 SGG in der bis zum Inkrafttreten des 6. SGG-ÄndG vom 17. August 2001 (BGBl. I, Seite 2144) am 2. Januar 2002 geltenden alten Fassung. Diese kommt hier noch zur Anwendung, weil es sich vorliegend um ein Verfahren nach § 197 a SGG n.F. handelt, das noch vor Inkrafttreten des 6. SGG-ÄndG rechtshängig geworden ist (Artikel 17 Abs. 1 Satz 2 6. SGG-ÄndG; vgl. BSG Urteile vom 11. April 2002 - B 3 KR 25/01 R - und vom 30. Januar 2002 - B 6 KA 12/01 R - SozR 3-2500 § 116 Nr. 24). Bei der Kostenentscheidung wurde berücksichtigt, dass die Klägerin mit einem Teil ihres Begehrens (und zwar der Reduzierung der Erstattung) durchgedrungen ist. Deshalb hat sie der Beklagten keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten. In Anbetracht dessen, dass Implausibilität des Abrechnungsverhaltens im gravierenden Maße nach wie vor besteht, ist es nicht angezeigt, die Beklagte an den außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu beteiligen. Da keine Gerichtskosten anfallen, bietet sich in einem solchen Fall die gegenseitige Kostenaufhebung an.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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