L 3 R 400/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RA 6598/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 400/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 05. Dezember 2006 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 01. April 1976 bis zum 31. Dezember 1977 und vom 27. Dezember 1978 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zu dem Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) -AVItech-) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.

Der 1946 geborene Kläger bestand am 24. Juli 1965 im Beitrittsgebiet die Facharbeiterprüfung als Dreher und gehörte vom 01. Februar 1966 bis zum 30. Oktober 1969 der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR an. Mit Bescheid vom 04. Mai 2005 hat die zuständige Wehrbereichsverwaltung Ost diese Zeit als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Sonderversorgungssystem der Angehörigen der NVA (Anlage 2 Nr. 1 AAÜG) und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festgestellt. Nach einer daran anschließenden Ingenieur-Ausbildung in der Fachstudienrichtung Gastechnik an der
Ingenieurschule für Energiewirtschaft M erwarb der Kläger am 28. Juli 1972 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Ingenieur der Fachrichtung Gastechnik zu tragen. Wie sich aus den vorliegenden Arbeitsverträgen ergibt, war er ab dem 01. September 1972 bis zum 31. August 1973 als Betriebsingenieur bei dem Volkseigenen Betrieb (VEB) Energieversorgung M und dann bis zum 31. März 1976 als Schichtingenieur bei dem VEB Verbundnetz Gas beschäftigt. Vom 01. April 1976 bis zum 26. Dezember 1978 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei dem Ingenieurbüro für Rationalisierung der Vereinigung volkseigener Betriebe (VVB) Energieversorgung, das zum 01. Januar 1978 dem Institut für Energieversorgung angegliedert wurde. Schließlich war er ab dem 27. Dezember 1978 bis zum 30. Juni 1990 als Objektbauleiter, Erster Entwurfs-Ingenieur und zuletzt als Gruppenleiter Planung und Projektierung bei dem VEB Wärmeanlagenbau "Deutsch-Sowjetische Freundschaft" (im Folgenden: VEB Wärmeanlagenbau) tätig. Vom 01. Mai 1977 bis zum 30. Juni 1990 entrichtete er Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR).

Im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens beantragte der Kläger auch die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 01. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Oktober 2004 ab, da es sich bei dem VEB Wärmeanlagenbau nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder um einen im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2.
Durchführungsbestimmung vom 24. Mai 1951 (2. DB) gleichgestellten Betrieb gehandelt habe.

Dagegen hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht Berlin erhoben, mit der er geltend gemacht hat, die Voraussetzungen zur Einbeziehung in ein Zusatzversorgungssystem nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) lägen in seinem Fall vor. Er habe die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen, erworben. Er habe außerdem am 30. Juni 1990 bei dem VEB Wärmeanlagenbau
gearbeitet, bei dem es sich um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt habe. In § 1 Abs. 2 der 2. DB seien Betriebe mit Versorgungsauftrag "Gas, Wasser, Wärme" aufgeführt. Der VEB Wärmeanlagenbau habe dem VEB Kombinat Verbundnetze unterstanden und sei daher als Energieversorger den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellt. Die Versorgung mit Energie habe dem Kombinat das Gepräge gegeben und sei damit für die Beurteilung des Betriebs maßgeblich.

Zunächst hat die Beklagte anerkannt, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 AAÜG im Fall des Klägers erfüllt seien und dass die Zeiten vom 01. September 1972 bis zum 31. März 1976 sowie vom 01. Januar bis zum 26. Dezember 1978 als Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech festzustellen seien. Mit Bescheid vom 21. Juli 2005 hat die Beklagte das Teilanerkenntnis ausgeführt.

Daraufhin hat der Kläger die Auffassung vertreten, wenn die Beklagte die Zeit vom 01. Januar bis zum 26. Dezember 1978 als Zeit der Zugehörigkeit zur AVItech anerkenne, dann müsse dies auch für die Zeit vom 01. April 1976 bis zum 31. Dezember 1977 gelten, in der er bei dem Ingenieurbüro für Rationalisierung der VVB Energieversorgung tätig gewesen sei. Es handele sich dabei nämlich nur um eine Namensänderung, ohne dass sich die Aufgaben oder die Struktur des Beschäftigungsbetriebs geändert hätten.

Die Beklagte hat dem entgegengehalten, bei dem Ingenieurbüro für Rationalisierung habe es sich ebenso wie bei dem VEB Wärmeanlagenbau nicht um einen Betrieb gehandelt, dem die industrielle Fertigung von Sachgütern das Gepräge gegeben habe bzw. deren Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen sei. Der Hauptzweck des VEB Wärmeanlagenbau sei nach § 4 Buchst. c des beigefügten Sta-tuts des übergeordneten VE Kombinat Verbundnetz Energie der eines
Generalauftragnehmers gewesen. Bei dem Ingenieurbüro für Rationalisierung und dem Institut für Energieversorgung habe es sich außerdem um zwei selbständige juristische Einrichtungen gehandelt, die beide im Register der volkseigenen Wirtschaft eingetragen gewesen seien und eigenständige Aufgaben zu lösen gehabt hätten. Es habe also nicht bloß eine Namensänderung vorgelegen. Die Beklagte hat u. a. das Statut des VE Kombinat Verbundnetze Energie und die Betriebsgeschichte des VEB Wärmeanlagebaus 1969 bis 1988 sowie Registerauszüge betreffend den VEB Wärmeanlagenbau, das Ingenieurbüro für Rationalisierung und das Institut für Energieversorgung – jeweils in Kopie – vorgelegt. Daraufhin hat der Kläger ausgeführt, aus der Betriebsgeschichte ergebe sich, dass es sich bei dem VEB Wärmeanlagenbau um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt habe.

Durch Urteil vom 05. Dezember 2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, auch die Zeit vom 01. April 1976 bis zum 31. Dezember 1977 und vom 27. Dezember 1978 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Versorgungssystem festzustellen. Die Vorschriften des AAÜG fänden zwar auf den Kläger Anwendung, er habe jedoch in dem von ihm begehrten Zeitraum keine Zeit der Zugehörigkeit in einem
Versorgungssystem zurückgelegt. Allein in Betracht komme die Zugehörigkeit zur AVItech. Der Kläger sei berechtigt gewesen, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen und er habe auch eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich ausgeübt, er erfülle jedoch nicht die betriebliche Voraussetzung. Der Name des Ingenieurbüros für Rationalisierung zeige bereits, dass es sich dabei um einen Rationalisierungsbetrieb und nicht um einen Produktionsbetrieb im Sinne der Versorgungsordnung gehandelt habe. Nach der Rationalisierungsanordnung (RationalisierungsAO) stellten Rationalisierungsbetriebe auf vertraglicher Basis Dienstleistungen zur Verfügung. Dass das Ingenieurbüro für Rationalisierung auch tatsächlich solche Aufgaben ausgeführt habe, ergebe sich aus der Beschreibung der Tätigkeit des Klägers im Arbeitsvertrag, wonach er Organisationsarbeit durchzuführen gehabt habe zur Lösung komplexer Aufgaben des wissenschaftlich-technischen Vorlaufs für die Intensivierung von Gasversorgungsprozessen.

Bei dem Ingenieurbüro für Rationalisierung handele es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb nach § 1 Abs. 2 der 2. DB. Rationalisierungsbetriebe seien in der dort aufgeführten abschließenden Aufzählung nicht genannt. Bei dem Ingenieurbüro für Rationalisierung handele es sich außerdem nicht um ein Forschungsinstitut, denn betrieblicher Hauptzweck sei nicht die erforderliche zweck- und betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschung (und Entwicklung) gewesen. Die Tatsache, dass der Betrieb später in das Institut für Energieversorgung eingegliedert worden sei, ändere nichts daran, dass das Ingenieurbüro für Rationalisierung als eigenständiger Betrieb kein Forschungsinstitut gewesen sei. Letztlich sei das Ingenieurbüro für Rationalisierung auch kein Versorgungsbetrieb der Energie gewesen, denn es habe die Bevölkerung tatsächlich nicht mit Energie beliefert. Auch bei dem VEB Wärmeanlagenbau habe es sich weder um einen
Produktionsbetrieb noch um einen gleichgestellten Betrieb gehandelt. Wie sich aus den vorgelegten Unterlagen ergebe, sei seine Aufgabe in erster Linie die eines Generalauftragnehmers gewesen. Zwar habe der VEB Wärmeanlagenbau auch produziert, dies sei aber eindeutig nicht seine Hauptaufgabe gewesen. Hauptzweck sei die Erstellung von Wärmeanlagen gewesen. Hierfür habe er zum Teil selbst produziert, sich jedoch im
Wesentlichen für die eigentliche Bautätigkeit anderer Betriebe bedient. Der VEB Wärmeanlagenbau habe projektiert, habe also in erster Linie als Generalauftragnehmer fungiert. Dies sei aber keine Produktion.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er geltend macht, streitig sei die Zugehörigkeit nach Nr. 1 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 2 AAÜG. In der beantragten Zeit habe er eine Beschäftigung inne gehabt, aufgrund derer ihm zwingend eine Versorgungszusage hätte erteilt werden müssen. Zu seiner Zeit der Beschäftigung im Ingenieurbüro für Rationalisierung sei auszuführen, dass die RationalisierungsAO hier nicht anwendbar sei, denn deren Geltungsbereich sei nach § 1 Abs. 1 a. E. der AO auf Betriebe und Einrichtungen beschränkt gewesen, die den Wirtschaftsräten der Bezirke unterstellt gewesen seien. Es werde ausdrücklich bestritten, dass Hauptaufgabe des Ingenieurbüros für Rationalisierung die Rationalisierung gewesen sein soll. Vielmehr, und darauf weise ja auch seine Tä-tigkeitsbezeichnung als wissenschaftlicher Mitarbeiter hin, sei dessen Hauptaufgabe die Erbringung von wissenschaftlichen Tätigkeiten und Forschungsaufgaben im Bereich der Energiewirtschaft gewesen. Hinsichtlich des VEB Wärmeanlagenbau werde ebenfalls ausdrücklich bestritten, dass sich dieser im Wesentlichen für die eigentliche Bautätigkeit anderer Baubetriebe bedient habe. Vielmehr habe der VEB Wärmeanlagenbau über eigene Baukräfte verfügt, die entsprechende Tätigkeiten wahrgenommen hätten. Der VEB sei der Wirtschaftsgruppe 15559 im Betriebsregister der DDR nach der Systematik der Volkswirtschaftszweige den Reparatur- und Montagebetrieben zugeordnet gewesen. Die von der Beklagten vertretene Auffassung, die in der Errichtung und dem Bau von Wärmeanlagen liegende Montagetätigkeit sei keine Produktionstätigkeit im Sinne der Rechtsprechung des BSG, sei insoweit unzutreffend, als sich nach dem Sprachverständnis der DDR die Produktion in zwei große Abteilungen gegliedert habe, nämlich die Produktion von Produktionsmitteln und die Produktion von Konsumtionsmitteln. Damit gehöre zum Bereich der Produktion von Sachgütern auch die Erstellung von Investitionsgütern und damit auch die Errichtung kompletter Wärmeanlagen. Letztlich vertritt der Kläger die Auffassung, das Verständnis des Begriffs Produktion durch das BSG entspreche nicht den Darlegungen von Prof. Dr. Jörg Roesler in seiner Abhandlung "Wirtschafts- und Industriepolitik" in: Die SED-Geschichte Organisation Politik, Berlin 1997, auf die das BSG sich beziehe. Der Kläger hat dazu eine Stellungnahme von Prof. Dr. R vom 16. Mai 2007 vorgelegt und beantragt, diesen als Zeugen zur Begriffsbestimmung "Produktion" im Sinne des § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 der 2. DB zu vernehmen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 05. Dezember 2006 aufzuheben und den Bescheid der Beklagten vom 01. Juli 2004 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheids vom 29. Oktober 2004 in der Fassung des
Bescheids vom 21. Juli 2005 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, die noch geltend gemachten Beschäftigungszeiten als weitere
Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG als Zeit der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem gemäß der Anlage 1 des AAÜG und die dabei erzielten tatsächlichen Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte trägt unter Bezugnahme auf die beigefügten Betriebsunterlagen des VEB Wärmeanlagenbau Berlin vor, unabhängig von der Zuordnung des VEB in die Wirtschaftsgruppe 15559 (Reparatur- und Montagebetriebe für Metallkonstruktionen) habe der Hauptzweck der betrieblichen Tätigkeit des VEB Wärmeanlagenbau Berlin in der Tätigkeit als Generalauftragnehmer bestanden. Als solcher habe der
Beschäftigungsbetrieb die Aufgabe gehabt, Wärmeanlagen zu planen und zu realisieren. Die dabei erbrachten Leistungen hätten im Wesentlichen in der Projektierung der Anlagen, der Organisation, Leitung und Überwachung der Realisierung des Anlagenbaus und in der Abnahme und Übergabe der fertig gestellten Anlage sowie der Einweisung des Erwerbers bestanden. Der VEB Wärmeanlagenbau habe damit Dienstleistungen in Form der Projektierung von industriellen Anlagen sowie der Überwachung und
Planung von werthaltigen Investitionen erbracht. Mit dieser Tätigkeit sei zwar die Voraussetzung für die Produktion von Gütern durch die Investitionsauftraggeber geschaffen worden, die Planung, Projektierung und Überwachung des Baus von industriellen Anlagen sei aber nicht selbst Teil der (Massen-)Produktion. Dass auch eine Neuproduktion von Konsumgütern und die Eigenproduktion (z. B. Rohrleitungsbau,
Nahtstellenarbeit) stattgefunden habe, werde nicht bestritten, nur habe dies dem VEB Wärmeanlagenbau Berlin nicht das Gepräge gegeben. Bei dem VEB Wärmeanlagenbau Berlin handele es sich auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB.

Die Beklagte hat Kopien des Aufsatzes von Gühmann u. a. "Die Ermittlung des langfristigen Bedarfs an Fernwärmeversorgungsanlagen mit Hilfe der EDV" in Energietechnik 1972, S. 59 ff.; aus dem Werk Kurs DDR 40 – Beiträge zur Betriebsgeschichte des VEB Wärmeanlagenbau "DSF" im VE Kombinat Verbundnetze Energie; eines Auszugs aus der Festschrift für den VEB Wärmeanlagenbau "DSF" – vbb 1969 – 1979 -, und der Grundsatzordnung für die Generalauftragnehmer bei strukturbestimmenden Industrieinvestitionen vom 26. Juni 1968 in GBl. II S. 677 ff. zu den Akten gereicht.

Mit gerichtlichen Schreiben vom 26. Mai, 17. Oktober und 26. November 2008 sowie 13. Januar 2009 sind die Beteiligten zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen. II.

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich.

Streitgegenstand des Verfahrens sind der Bescheid vom 01. Juli 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 29. Oktober 2004 und der Bescheid vom 21. Juli 2005, der gemäß § 96 Abs. 1 SGG bereits Gegenstand des Klageverfahrens geworden ist, weil er den Ursprungsbescheid abändert.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung des streitigen Zeitraums als solchen der Zugehörigkeit zu einem Zusatzversorgungssystem und der in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte. In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. Bundessozialgericht (BSG) in SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), ist die Beklagte nur dann zu den von dem Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn dieser dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob er Beschäftigungszeiten zurückgelegt hat, die einem
Zusatzversorgungssystem zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG). Mangels entgegenstehender Anhaltspunkte kommt hier allein das Zusatzversorgungssystem der AVItech in Betracht. Zwar hat der Kläger im Berufungsverfahren nicht ausdrücklich beantragt, zu welchem Zusatzversorgungssystem er die Feststellung seiner Zugehörigkeit begehrt, er hat jedoch in der Begründung seiner Berufung ausgeführt, streitig sei die Zugehörigkeit nach Nr. 1 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 2 AAÜG.

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 21. Juli 2005 das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 AAÜG anerkannt. Diese positive Statusentscheidung ist in dem Bescheid als feststellender Entscheidungssatz kenntlich gemacht worden und unzweifelhaft zu
erkennen.

Da eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der AVItech bis zum 30. Juni 1990 nicht erfolgt ist und keine für den Kläger positive Rehabilitierungsbescheinigung ergangen ist, kommt eine Anerkennung von Beschäftigungszeiten nur in Betracht, wenn die Beschäftigung des Klägers bei dem Ingenieurbüro für Rationalisierung in der Zeit vom 01. April 1976 bis zum 31. Dezember 1977 sowie bei dem VEB Wärmeanlagenbau in der Zeit vom 27. Dezember 1978 bis zum 30. Juni 1990 die Voraussetzungen der VO-AVItech sowie der 2. DB erfüllt. Nach § 1 VO-AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 der 2. DB hängt ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell ist gemäß § 1 der VO-AVItech und der 2. DB erforderlich 1. die Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die Ausführung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der Deutschen Demokratischen Repu-blik am 02. Oktober 1990 (vgl. BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2).

Die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage haben bei dem Kläger nicht vorgelegen. Der Senat kann deshalb ausdrücklich offen lassen, ob er der oben zitierten Rechtsprechung des BSG folgt. Denn nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (- 1 BvR 1921/04 -, - 1 BvR 203/05 -, - 1 BvR 445/05 - und - 1 BvR 1144/05 - vom 26. Oktober 2005, veröffentlicht in SozR 4-8560 § 22 Nr. 1) ist die Gleichbehandlung mit Inhabern einer Versorgungszusage verfassungsrechtlich nicht geboten.

Der geltend gemachte Anspruch des Klägers, der berechtigt ist, die Berufsbezeichnung Ingenieur zu führen, scheitert an den betrieblichen Voraussetzungen, denn bei dem Ingenieurbüro für Rationalisierung und dem VEB Wärmeanlagenbau handelt es es sich weder um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB. Dies hat das
Sozialgericht ausführlich und zutreffend und in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BSG ausgeführt. Der Senat hat keine Bedenken, den sachkundigen Aus-führungen zu folgen. Die Auffassung des Sozialgerichts zu den Aufgaben eines Projektierungsbetriebs wird durch das Urteil des BSG vom 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R – bestätigt. Der Senat sieht deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und verweist auf das Urteil des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Auffassung des Klägers, das BSG habe seiner Entscheidung nur die tatbestandlichen Feststellungen der Untergerichte zugrunde gelegt, soweit sie nicht angegriffen worden seien, vermag der Senat nicht zu teilen. Denn das BSG hat unter Bezugnahme auf eine vorhergehende Entscheidung vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 8/04 R - erkennbar allgemeine Ausführungen zu der Frage gemacht, was unter Projektierung und dem Begriff des Generalauftragnehmers zu verstehen ist. Auch die Bezugnahme des Sozialgerichts auf die Anordnung über die Aufgaben, die Arbeitsweise und die Finanzierung der volkseigenen Betriebe für Rationalisierung, der volkseigenen Ingenieurbüros für Rationalisierung und der volkseigenen Organisations- und Rechenzentren der Wirtschaftsräte der Bezirke vom 29. März 1973 (RationalisierungsAO, GBl. I S. 152) ist nicht zu beanstanden, denn das BSG (Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R –) hat diese als faktischen Anknüpfungspunkt bei der Beurteilung der Frage, ob in der DDR nach dem Stand der Versorgungsordnung am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ihrer Art nach in einem Betrieb ausgeübt worden ist, die von der AVI-tech erfasst war, angesehen. Der Kläger selbst behauptet nicht, dass es sich bei dem Ingenieurbüro für Rationalisierung um einen Produktionsbetrieb gehandelt hat. Bei diesem Betrieb handelt es sich aber auch nicht um einen gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB, insbesondere nicht um ein Forschungsinstitut. Forschungsinstitute i. S. d. § 1 Abs. 2 der 2. DB müssen rechtlich selbständige Wirtschaftseinheiten sein, nämlich Betriebe, bei denen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Beschäftigungsverhältnis, also im Regelfall ein Arbeitsverhältnis, besteht (vgl. BSG in SozR 4-8570 § 1 Nr. 2). Betrieblicher Hauptzweck dieser Einrichtungen der Wirtschaft muss die zweck- und betriebsbezogene (wissenschaftliche) Forschung (und Entwicklung) gewesen sein. Diese Auslegung ergibt sich auch aus der Präambel der VO-AVItech. In dieses Versorgungssystem sollten grundsätzlich nur solche Personen einbezogen werden, die für die Entwicklung der wissenschaftlichen Forschungsarbeit und der Technik zuständig waren, also diejenigen, die mit ihrer technischen Qualifikation aktiv den Produktionsprozess, sei es in der Forschung oder bei der Produktion, förderten (vgl. Urteil des BSG vom 31. März 2004 - B 4 RA 31/03 R-, zitiert nach juris). Zu den durch § 1 Abs. 2 der 2. DB als Forschungsinstitute gleichgestellten Betrieben gehören demnach vor allem volkseigene (Kombinats-)-Betriebe, die nicht Produktionsbetriebe waren, aber deren Aufgabe die Forschung und Entwicklung war (vgl. hierzu umfassend und grundlegend: BSG in SozR 4-8570 § 5 Nr. 5). Weder seine Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter für Rationalisierungsvorbereitung Gas noch die Angliederung des Ingenieurbüros für Rationalisierung zum 01. Januar 1978 an das Institut für Energieversorgung Dresden rechtfertigt die durch nichts belegte, unsubstantiierte Behauptung des Klägers, bei dem Ingenieurbüro für Rationalisierung habe es sich entgegen seiner eigenen Betriebsbezeichnung um ein wissenschaftliches Institut gehandelt. Laut der Aufgabenbeschreibung in dem Arbeitsvertrag vom 21. April 1976 war es Aufgabe des Klägers, eine selbständige Ingenieurtätigkeit und Organisationsarbeit zur Lösung komplexer Aufgaben des wissenschaftlich-technischen Vorlaufes, der Entscheidungsvorbereitung und –durchsetzung zu verrichten sowie die Auftragsvorbereitung für die Intensivierung von Gasversorgungsprozessen und die Bearbeitung von Dienstgeheimnissen VD durchzuführen. Dabei handelt es sich keineswegs um Forschungsarbeit im o. g. Sinn, sondern um typische Rationalisierungsarbeit (vgl. Ökonomisches Lexikon der DDR, Verlag Die Wirtschaft2. Aufl. 1970, Stichwort "Rationalisierung, sozialistische"). Letztlich kann der Kläger aus der Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Novem-ber 2005 – L 17 R 216/05 – und Zurückverweisung durch das BSG (SozR 4-1500 § 155 Nr. 1) keine für sich positiven Schlüsse ziehen, denn die Entscheidung des BSG beruht allein auf formellen Gründen.

Schließlich kann dem Kläger auch nicht in seiner Auffassung, der VEB Wärmeanlagenbau Berlin sei als Produktionsbetrieb anzusehen, gefolgt werden. Ein solcher Betrieb lag nur dann vor, wenn es sich erstens um einen VEB, was hier unstreitig gegeben ist, handelte, der organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der DDR-Planwirtschaft zugeordnet war und zweitens der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von
Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. Urteil des BSG vom 09. April 2002 – B 4 RA 41/01 R - veröffentlicht in SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (vgl. Urteile des BSG vom 10. April 2002 – B 4 RA 10/02 R – in SozR 3-8570 § 1 Nr. 5, 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R –, 06. Mai 2004 – B 4 RA 44/03 R – und 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R - jeweils zitiert nach juris). Der Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und –tätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden (vgl. Urteil des BSG vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R -). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, so führen auch produkttechni-sche Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nach- bzw. nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (vgl. Urteile des BSG vom 18.
Dezember 2003 – B 4 RA 14/03 R -, 06. Mai 2004 – B 4 RA 44/03 R – und 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R -). Auch in seinen letzten Entscheidungen vom 24. April 2008 – B 4 RS 31/07 R – (zitiert nach juris) und 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R – hat das BSG an dem von ihm entwickelten Produktionsbegriff festgehalten und ausgeführt, nach dem Beschluss über die Anwendung der Grundsätze des neuen ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft im Bauwesen vom 14. Juni 1963 (GBl. II 437) sei u. a. zwischen der von Bau- und Montagebetrieben durchzuführenden Erstellung von Bauwerken in stark standardisierter Massenproduktion und anderen Baubetrieben unterschieden worden vgl. auch BSG inSozR 4-8570 § 1 Nr. 3).

Der Senat hat keine Bedenken, dem BSG insoweit zu folgen. In seinem Beschluss vom 13. Oktober 2008 – B 13 RS 56/08 B – hat das BSG die von dem Kläger unter Bezugnahme auf ein Schreiben von Prof. Dr. R vom 16. Mai 2007 auch hier aufgeworfene Frage, ob der Begriff der Produktionsbetriebe nur solche umfasst, deren Hauptaufgabe der Massenausstoß standardisierter Produkte war, angesichts seiner
umfänglichen Rechtsprechung als nicht klärungsbedüftig angesehen. Dem Antrag, Prof. Dr. R als Zeugen zu der Begriffsbestimmung "Produktion" im Sinne des § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 der 2. DB zu vernehmen, brauchte der Senat – unabhängig davon, ob es sich dabei um einen zulässigen Beweisantrag handelt – auch deshalb nicht nachzugehen, weil nur Tatsachen dem Beweis zugänglich sind, während die Auslegung des Begriffs Produktion aber eine Rechtsfrage ist, die das angerufene Gericht selbst zu lösen hat.

Ausgehend von dem vom BSG entwickelten Verständnis der Produktion belegen die von der Beklagten eingereichten Unterlagen ebenso wie das beigezogene Statut, dass Hauptaufgabe des VEB die eines Generalauftragnehmers war. Auch die Zuordnung des VEB Wärmeanlagenbau in die Wirtschaftsgruppe 15559 der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR, denen Reparatur- und Montagebetriebe für Metallkonstruktionen angehörten, spricht gegen die Annahme eines Produktionsbetriebs. Der massenhafte Bau von standardisierten Wärmeanlagen wird weder von dem Kläger behauptet oder gar im Einzelnen belegt, noch sieht der Senat Anhaltspunkte dafür. Dagegen spricht auch, dass der VEB Wärmeanlagenbau Berlin nach der Eintragung im Register der volkseigenen Wirtschaft unter der Registernummer 945 mit Wirkung zum 01. Januar 1969 Rechtsnachfolger des VEB Projektierungs- und Konstruktionsbüro "Kohle" wurde, soweit die Rechtsnachfolge nicht von dem VEB Kombinat Robotron oder vom Ingenieurbüro für Rationalisierung der Braunkohleindustrie angetreten wurde. Auch aus den vorgelegten Betriebsunterlagen ergeben sich keine gegenteiligen Erkenntnisse. In den Beiträgen zur Betriebsgeschichte des VEB Wärmeanlagenbau, S. 18, wird von 397 Produktionsarbeitern berichtet, die in den Jahren 1982 bis 1987 für die Erbringung materieller Eigenleistungen eingesetzt wurden. Dem standen, wie sich aus der Übersicht über die Qualitätsstruktur, S. 55, ergibt, im Jahr 1987 1.739 Gesamtbeschäftigte gegenüber. Auch dies ist ein Indiz dafür, dass die Produktion nicht prägend für den VEB Wärmeanlagenbau gewesen sein kann.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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