Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 7 AL 1003/06
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 10 AL 1119/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 417/08 ER
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers werden das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 22. Mai 2007 aufgehoben und die Bescheide der Beklagten vom 11. Januar 2006 und 7. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 9. März 2006 abgeändert sowie die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 9. Dezember 2005 bis zum 31. Dezember 2005 nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 65,33 EUR zu zahlen.
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1985 geborene Kläger begehrt - auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung - Arbeitslosengeld für die Zeit vom 9. Dezember bis 31. Dezember 2005 nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 65,33 EUR.
In der Zeit vom 1. September 2002 bis 31. August 2005 machte er nach dem Berufsbildungsgesetz eine Ausbildung zum Tischler in einer außerbetrieblichen Einrichtung, dem Berufsbildungszentrum Zeulenroda der Handwerkskammer für Ostthüringen (Gera). Von September 2004 bis August 2005 erhielt er monatlich 225,00 Euro abgerechnet und ausgezahlt.
In der Zeit vom 7. September 2005 bis zum 6. Dezember 2005 war der Kläger bei einem Personaldienstleister (Firma O., G.) beschäftigt. Er arbeitete dort bis zum 31. Oktober 2005 wöchentlich 20 Stunden. In der anschließenden Zeit bis zum 6. Dezember 2005 betrug die Arbeitszeit 30 Stunden wöchentlich. Abgerechnet war bei seinem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Arbeitsentgelt für die Zeit bis zum 30. November 2005. Der Kläger erhielt im Zusammenhang mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Urlaubsabgeltung. Wäre der noch zustehende Urlaub im Anschuss an das Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis genommen worden, hätte der Urlaub nach den gesetzlichen/tarifvertraglichen Bestimmungen bis einschließlich 8. Dezember 2005 gedauert.
Der Kläger meldete sich am 4. November 2005 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld.
Die Beklagte teilte dem Kläger Anfang Januar 2006 mit, seinem Antrag auf Arbeitslosengeld könne für die Zeit vom 7. bis 8. Dezember 2005 nicht entsprochen werden, weil er bis zu diesem Zeitpunkt Urlaubsabgeltung erhalten bzw. zu beanspruchen habe (Bescheid vom 11. Januar 2006). Für die Zeit ab dem 9. Dezember 2005 bewilligte sie dem Kläger ein tägliches Arbeitslosengeld in Höhe von 4,32 EUR (weiterer Bescheid vom 11. Januar 2006).
Der Kläger begründete seinen Widerspruch hiergegen damit, dass er sich in einer außerbetrieblichen Ausbildung befunden habe. Er sei gegenüber dem Auszubildenden gleichzustellen, der eine außerbetriebliche Ausbildung unter Bezug von Leistungen nach dem SGB III abgeschlossen habe.
Anfang März teilte die Beklagte dem Kläger mit, er erhalte ab dem 9. Dezember 2005 Arbeitslosengeld in täglicher Höhe von 4,72 EUR. Der Berechnung liege ein Arbeitsentgelt in Höhe von täglich 9,96 EUR zu Grunde (Bescheid vom 7. März 2006).
Die Beklagte wies den Widerspruch - nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 7. März 2006 - als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 9. März 2006).
Der Kläger hat hiergegen am 6. April 2006 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage mit dem Antrag, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11. Januar 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 7. März 2006 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2006 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 9. Dezember bis einschließlich 31. Dezember 2005 ein höheres Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines nach § 132 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ermittelten Bemessungsentgelts nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren, abgewiesen und die Berufung zugelassen. Auf eine fiktive Bemessung in Anwendung des § 132 SGB III könne sich der Kläger deshalb nicht berufen, weil im Bemessungszeitraum ein Anspruch auf Arbeitsentgelt von mindestens 150 Tagen festgestellt werden könne (Urteil vom 22. Mai 2007, dem Kläger am 14. September 2007 zugestellt).
Der Kläger hat hiergegen am 9. Oktober 2007 Berufung eingelegt. Es würden auch Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz in außerbetrieblichen Einrichtungen durchgeführt, in denen die Auszubildenden keine Ausbildungsvergütung bezögen und somit auch kein versicherungspflichtiges Entgelt erhielten. Der Versicherungsschutz des SGB III sei durch den Gesetzgeber ausdrücklich auch für Ausbildungsverhältnisse bestimmt worden, die zwar nach dem Berufssbildungsgesetz geführt würden, in denen jedoch keine Ausbildungsvergütung gezahlt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 22. Mai 2007 aufzuheben sowie die Bescheide vom 11. Januar 2006 und 7. März 2006 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 9. März 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Arbeitslosengeld für die Zeit vom 9. Dezember 2005 bis zum 31. Dezember 2005 nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 65,33 EUR zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit der verwaltungsinternen Weisung He/Ga 7/2005 vom 20. Juli 2005 sei der Versuch unternommen worden, eine Gesetzeslücke zu schließen, die mit der Änderung des § 134 Abs. 2 Ziff. 2 SGB III ab dem 1. Januar 2005 entstanden sei. Die Weisung sei aber ausschließlich anwendbar in Fällen, in denen, anders als hier, der Auszubildende keine Ausbildungsvergütung erhalten habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 11. Januar 2006 und 7. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2006, mit dem diese die Zahlung höheren Arbeitslosengeldes als täglich 4,72 EUR (Bemessungsentgelt 9,96 EUR) abgelehnt hat.
Die hiergegen gerichtete Klage ist begründet.
Der Senat war, obwohl die Höhe des Arbeitslosengeldes im Streit ist, am Erlass eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht gehindert, weil diese Regelung nach ihrem Sinn und Zweck (Verfahrensbeschleunigung und Entlastung der Gerichte) der Anwendung auch im Höhenstreit grundsätzlich nicht entgegensteht (vgl. BSG SozR 2200 § 1241 Nr. 22 S. 78).
Ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit richtet sich nach § 118 Abs. 1 SGB III. Danach haben Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben (Nr. 3). Der Kläger hat insbesondere die Anwartschaftszeit erfüllt.
Diese hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der hier nach § 343j Abs. 3 SGB III bis zum 31. Dezember 2003 maßgeblichen Fassung). Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 124 Abs. 1 SGB III in der hier nach § 343j Abs. 3 SGB III bis zum 31. Dezember 2003 maßgeblichen Fassung). Der Kläger befand sich vor dem 9. Dezember bzw. vor dem 7. Dezember 2005 mehr als ein Jahr in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis beziehungsweise in einer gleichgestellten Zeit.
Zunächst stand er in der Zeit vom 7. September 2005 bis zum 6. Dezember 2005 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Firma O. Personaldienstleistungen (G.). In der Zeit vom 1. September 2002 bis zum 31. August 2005 war er bei dem Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer zwar nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis nach §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III tätig, weil er dort in Ermangelung eines betrieblichen Beschäftigungsverhältnisses nicht zur Berufsausbildung beschäftigt war. Er war im Rahmen seiner Ausbildung sicherlich Weisungen auch hinsichtlich des Ortes, der Zeiten und der Art der jeweils zu verrichtenden Tätigkeiten unterworfen. Allerdings ist ein Beschäftigungsverhältnis nicht immer schon dann zu bejahen, wenn jemand in einem Rechtsverhältnis steht, in dem er Weisungen anderer zu beachten hat. Entscheidend ist vielmehr, dass das Direktionsrecht im Rahmen der Leistung von fremdnütziger Arbeit, nicht innerhalb anderer Zielsetzungen, ausgeübt wird (z.B. Unterrichtsveranstaltungen, Lehr- und Übungsveranstaltungen, vgl. BSG vom 29. Januar 2008 - B 7/7a AL70/06 R).
So war es aber hier. Denn ein Weisungsrecht des Maßnahmeträgers (der Handwerkskammer als Träger des Berufsbildungszentrums) bewegte sich nicht im Rahmen der Leistung von Arbeit. Der Charakter des Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Berufsbildungszentrum war vielmehr durch das außerbetriebliche Vertragsverhältnis geprägt. Der Betriebszweck des Berufsbildungszentrums war vielmehr, wie auch die ausführliche Homepage der Handwerkskammer illustriert, "Bildung" in Form von Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung. Auch im Rahmen einer Beschäftigung zur Berufsausbildung muss der Auszubildende aber wie ein Arbeitnehmer in dem Betrieb "beschäftigt" sein, das heißt, seine Ausbildung muss als überwiegend praktische Unterweisung im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs stattfinden. Es sind grundsätzlich nur diejenigen Auszubildenden "beschäftigt", die in der Betriebstätigkeit ausgebildet werden und in den Produktions- und Dienstleistungsbetrieb zum Erwerb von praktischen Kenntnissen und Fertigkeiten eingegliedert sind (vgl. BSG vom 29. Januar 2008 - B 7/7a AL70/06 R). Hieran fehlt es bei außerbetrieblichen Einrichtungen.
Gleichwohl ist der Kläger in den Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung einbezogen. Denn Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden - wie der Kläger, der bei einem Bildungswerk ausgebildet wurde - stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gleich.
Der Kläger hat auch - auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung (§ 132 SGB III) - Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld.
Nach § 129 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld einen bestimmten Prozentsatz (Nettolohnersatzquote) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird unter anderem auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 SGB III).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rückrechnung des (einjährigen) Bemessungsrahmens ist grundsätzlich das Ende des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (vgl. Coseriu/Jakob in NK/SGB III, 3. Aufl. 2008, § 130 Rz. 14ff).
In der Zeit vom 7. September 2005 bis zum 6. Dezember 2005 stand der Kläger bei dem Personaldienstleister in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Doch hat der Kläger bei dem Personaldienstleister während dieser Beschäftigungszeit kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Umfang von 150 Tagen (abgerechnet) erzielen können.
Aber auch innerhalb der Jahresfrist des Bemessungsrahmens sowie innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens hat der Kläger in keinem weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit Arbeitsentgelt gestanden.
Aus seiner Tätigkeit bei dem Berufsbildungszentrum konnte der Kläger im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht aus einem (versicherungspflichtigen) Beschäftigungsverhältnis ausscheiden. Denn er wurde im Rahmen eines Berufsbildungszentrums, einer außerbetrieblichen, also gerade keiner betrieblichen Einrichtung ausgebildet (vgl. BSG, a.a.O.) mit der Folge, dass er im Anschluss an die oben genannte dortige Zeit auch nicht aus einem Beschäftigungsverhältnis bzw. aus einem Versicherungspflichtverhältnis ausscheiden konnte (vgl. BSG, a.a.O.).
Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen der betrieblichen Ausbildung (§ 7 Abs. 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, SGB IV). Außerbetriebliche Ausbildungen, wie hier, werden indes von dieser Gleichstellung nicht erfasst. Etwas anderes lässt sich auch nicht deshalb annehmen, weil Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz in außerbetrieblichen Einrichtungen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III (normalen) versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gleichgestellt werden. Denn die Gleichstellung dient lediglich dazu, den in außerbetrieblichen Einrichtungen ausgebildeten Personenkreis dem Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung zu unterstellen. Für eine Gleichstellung im Rahmen auch der Regelung des § 130 SGB III besteht (schon) deshalb keine Veranlassung, weil das Gesetz eine fiktive Bemessung zulässt, die im Übrigen regelmäßig gerade dann erforderlich wird, wenn zur Berufsausbildung Beschäftigte im Rahmen der versicherungspflichtigen Beschäftigung kein Entgelt erzielt haben (vgl. Scheidt in NK-SGB III, 3. Aufl. 2008, § 25 Rz. 103).
Schließlich bestätigen auch die Regelungen über die Aufbringung der Mittel (§§ 340 ff SGB III) das hier gefundene Ergebnis. Denn nach § 342 SGB III ist beitragspflichtige Einnahme bei Personen, die beschäftigt sind, das Arbeitsentgelt, bei Personen, die zur Berufsausbildung beschäftigt sind, jedoch mindestens ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Prozent der Bezugsgröße. Für die hier gefundene Lösung des Senats spricht ferner die vom Gesetzgeber für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegte Regelung. Denn mit der dort durch Gleichstellung mit den zur Berufsausbildung Beschäftigten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehenden Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 4a Satz 1 SGB V korrespondiert die Regelung zu den beitragspflichtigen Einnahmen in § 226 Abs. 1 Satz 3 SGB V und die Regelung zur Tragung der Beiträge in § 251 Abs. 4c SGB V (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, § 5 SGB V, Rz. 22, Stand: Dezember 2007).
Unabhängig davon, ob der Kläger beziehungsweise der Träger der außerbetrieblichen Bildungseinrichtung Beiträge abgeführt haben sollten, unterlagen die dem Kläger gezahlten Gelder der Beitragspflicht deshalb nicht, weil die zuvor genannte Regelung ein Beschäftigungsverhältnis voraussetzt, an dem es jedoch, wie bereits oben gezeigt, gerade fehlt. Eine Gleichstellungsregelung analog § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III sehen die §§ 340 ff. SGB III nicht vor.
Lässt sich ein Bemessungszeitraum - von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt - innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen, wie hier, nicht feststellen, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III).
Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (§ 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III).
Dass die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen bezüglich des Klägers in erster Linie auf die Tätigkeit als Tischler beziehungsweise entsprechende Tätigkeiten zu richten hat, weil der Berufsausbildung für die in Betracht kommenden Tätigkeiten regelmäßig, wie hier, das entscheidende Gewicht zukommt (vgl. Coseriu/Jakob in NK-SGB III, 3. Aufl. 2008, § 132 Rz. 14ff.), ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Diese Beschäftigungen entsprechen der Qualifikationsstufe 3, die dann maßgeblich ist, wenn die Beschäftigung eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordert (vgl. § 132 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III). So ist es hier. Denn der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit zweijähriger Regelausbildungsdauer (vgl. §§ 4, 5 Berufsbildungsgesetz), wobei der notwendige Ausbildungsstand aber auch durch einen mindestens zweijährigen gleichwertigen Bildungsgang an einer Berufsfachschule oder ähnlichen berufsbildenden Schule als Vollzeitschule zur Erlangung der vollen Berufsausübung erlangt werden kann (vgl. Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 132 Rn. 41, Stand: Januar 2006).
Infolgedessen hat die Beklagte der Berechnung des Arbeitslosengeldes ein tägliches (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III) Bemessungsentgelt bzw. Arbeitsentgelt in Höhe von 65,33 EUR zugrunde zu legen (Bezugsgröße (West) 2006: 29.400,00 Euro: 450; Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2006 vom 21. Dezember 2005, BGBl. I S. 3627). Die Heranziehung der Bezugsgröße West ergibt sich daraus, dass sich der Kläger für Beschäftigungen im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung gestellt hat (vgl. BSG SozR 4100 § 112 Nr. 42) und nach § 408 Nr. 1 SGB III für das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet die Bezugsgröße Ost (nur) herangezogen werden muss, soweit Vorschriften des SGB III an die Bezugsgröße anknüpfen und der Beschäftigungsort im Beitrittsgebiet liegt.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III deshalb verfassungswidrig sein könnte, weil Facharbeitern Arbeitslosengeld (pauschal) nur auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts unterhalb der jeweils maßgeblichen Bezugsgröße (vgl. § 18 Abs. 1 SGB IV, Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr) zugestanden wird. Denn der Gesetzgeber hat insbesondere im Rahmen der fiktiven Bemessung von Sozialleistungen einen weiten Gestaltungsspielraum.
Inwieweit eine Besserstellung von Auszubildenden in außerbetrieblichen Einrichtungen gegenüber solchen in betrieblicher Ausbildung eintreten könnte, gilt es in diesem Zusammenhang nicht zu bewerten.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung der Vorschrift des § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der 1985 geborene Kläger begehrt - auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung - Arbeitslosengeld für die Zeit vom 9. Dezember bis 31. Dezember 2005 nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 65,33 EUR.
In der Zeit vom 1. September 2002 bis 31. August 2005 machte er nach dem Berufsbildungsgesetz eine Ausbildung zum Tischler in einer außerbetrieblichen Einrichtung, dem Berufsbildungszentrum Zeulenroda der Handwerkskammer für Ostthüringen (Gera). Von September 2004 bis August 2005 erhielt er monatlich 225,00 Euro abgerechnet und ausgezahlt.
In der Zeit vom 7. September 2005 bis zum 6. Dezember 2005 war der Kläger bei einem Personaldienstleister (Firma O., G.) beschäftigt. Er arbeitete dort bis zum 31. Oktober 2005 wöchentlich 20 Stunden. In der anschließenden Zeit bis zum 6. Dezember 2005 betrug die Arbeitszeit 30 Stunden wöchentlich. Abgerechnet war bei seinem Ausscheiden aus dem Beschäftigungsverhältnis Arbeitsentgelt für die Zeit bis zum 30. November 2005. Der Kläger erhielt im Zusammenhang mit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses Urlaubsabgeltung. Wäre der noch zustehende Urlaub im Anschuss an das Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnis genommen worden, hätte der Urlaub nach den gesetzlichen/tarifvertraglichen Bestimmungen bis einschließlich 8. Dezember 2005 gedauert.
Der Kläger meldete sich am 4. November 2005 arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld.
Die Beklagte teilte dem Kläger Anfang Januar 2006 mit, seinem Antrag auf Arbeitslosengeld könne für die Zeit vom 7. bis 8. Dezember 2005 nicht entsprochen werden, weil er bis zu diesem Zeitpunkt Urlaubsabgeltung erhalten bzw. zu beanspruchen habe (Bescheid vom 11. Januar 2006). Für die Zeit ab dem 9. Dezember 2005 bewilligte sie dem Kläger ein tägliches Arbeitslosengeld in Höhe von 4,32 EUR (weiterer Bescheid vom 11. Januar 2006).
Der Kläger begründete seinen Widerspruch hiergegen damit, dass er sich in einer außerbetrieblichen Ausbildung befunden habe. Er sei gegenüber dem Auszubildenden gleichzustellen, der eine außerbetriebliche Ausbildung unter Bezug von Leistungen nach dem SGB III abgeschlossen habe.
Anfang März teilte die Beklagte dem Kläger mit, er erhalte ab dem 9. Dezember 2005 Arbeitslosengeld in täglicher Höhe von 4,72 EUR. Der Berechnung liege ein Arbeitsentgelt in Höhe von täglich 9,96 EUR zu Grunde (Bescheid vom 7. März 2006).
Die Beklagte wies den Widerspruch - nach Erteilung des Änderungsbescheides vom 7. März 2006 - als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 9. März 2006).
Der Kläger hat hiergegen am 6. April 2006 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat die Klage mit dem Antrag, die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11. Januar 2006 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 7. März 2006 sowie in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2006 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 9. Dezember bis einschließlich 31. Dezember 2005 ein höheres Arbeitslosengeld unter Zugrundelegung eines nach § 132 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) ermittelten Bemessungsentgelts nach den gesetzlichen Vorschriften zu gewähren, abgewiesen und die Berufung zugelassen. Auf eine fiktive Bemessung in Anwendung des § 132 SGB III könne sich der Kläger deshalb nicht berufen, weil im Bemessungszeitraum ein Anspruch auf Arbeitsentgelt von mindestens 150 Tagen festgestellt werden könne (Urteil vom 22. Mai 2007, dem Kläger am 14. September 2007 zugestellt).
Der Kläger hat hiergegen am 9. Oktober 2007 Berufung eingelegt. Es würden auch Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz in außerbetrieblichen Einrichtungen durchgeführt, in denen die Auszubildenden keine Ausbildungsvergütung bezögen und somit auch kein versicherungspflichtiges Entgelt erhielten. Der Versicherungsschutz des SGB III sei durch den Gesetzgeber ausdrücklich auch für Ausbildungsverhältnisse bestimmt worden, die zwar nach dem Berufssbildungsgesetz geführt würden, in denen jedoch keine Ausbildungsvergütung gezahlt werde.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Altenburg vom 22. Mai 2007 aufzuheben sowie die Bescheide vom 11. Januar 2006 und 7. März 2006 in Gestalt des Widerspruchbescheides vom 9. März 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, Arbeitslosengeld für die Zeit vom 9. Dezember 2005 bis zum 31. Dezember 2005 nach einem täglichen Bemessungsentgelt von 65,33 EUR zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Mit der verwaltungsinternen Weisung He/Ga 7/2005 vom 20. Juli 2005 sei der Versuch unternommen worden, eine Gesetzeslücke zu schließen, die mit der Änderung des § 134 Abs. 2 Ziff. 2 SGB III ab dem 1. Januar 2005 entstanden sei. Die Weisung sei aber ausschließlich anwendbar in Fällen, in denen, anders als hier, der Auszubildende keine Ausbildungsvergütung erhalten habe.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird Bezug genommen auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet.
Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 11. Januar 2006 und 7. März 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 9. März 2006, mit dem diese die Zahlung höheren Arbeitslosengeldes als täglich 4,72 EUR (Bemessungsentgelt 9,96 EUR) abgelehnt hat.
Die hiergegen gerichtete Klage ist begründet.
Der Senat war, obwohl die Höhe des Arbeitslosengeldes im Streit ist, am Erlass eines Grundurteils nach § 130 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht gehindert, weil diese Regelung nach ihrem Sinn und Zweck (Verfahrensbeschleunigung und Entlastung der Gerichte) der Anwendung auch im Höhenstreit grundsätzlich nicht entgegensteht (vgl. BSG SozR 2200 § 1241 Nr. 22 S. 78).
Ein Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit richtet sich nach § 118 Abs. 1 SGB III. Danach haben Anspruch auf Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit Arbeitnehmer, die arbeitslos sind (Nr. 1), sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet (Nr. 2) und die Anwartschaftszeit erfüllt haben (Nr. 3). Der Kläger hat insbesondere die Anwartschaftszeit erfüllt.
Diese hat erfüllt, wer in der Rahmenfrist mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden hat (§ 123 Satz 1 Nr. 1 SGB III in der hier nach § 343j Abs. 3 SGB III bis zum 31. Dezember 2003 maßgeblichen Fassung). Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Tag vor der Erfüllung aller sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld (§ 124 Abs. 1 SGB III in der hier nach § 343j Abs. 3 SGB III bis zum 31. Dezember 2003 maßgeblichen Fassung). Der Kläger befand sich vor dem 9. Dezember bzw. vor dem 7. Dezember 2005 mehr als ein Jahr in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis beziehungsweise in einer gleichgestellten Zeit.
Zunächst stand er in der Zeit vom 7. September 2005 bis zum 6. Dezember 2005 in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis bei der Firma O. Personaldienstleistungen (G.). In der Zeit vom 1. September 2002 bis zum 31. August 2005 war er bei dem Berufsbildungszentrum der Handwerkskammer zwar nicht in einem Versicherungspflichtverhältnis nach §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III tätig, weil er dort in Ermangelung eines betrieblichen Beschäftigungsverhältnisses nicht zur Berufsausbildung beschäftigt war. Er war im Rahmen seiner Ausbildung sicherlich Weisungen auch hinsichtlich des Ortes, der Zeiten und der Art der jeweils zu verrichtenden Tätigkeiten unterworfen. Allerdings ist ein Beschäftigungsverhältnis nicht immer schon dann zu bejahen, wenn jemand in einem Rechtsverhältnis steht, in dem er Weisungen anderer zu beachten hat. Entscheidend ist vielmehr, dass das Direktionsrecht im Rahmen der Leistung von fremdnütziger Arbeit, nicht innerhalb anderer Zielsetzungen, ausgeübt wird (z.B. Unterrichtsveranstaltungen, Lehr- und Übungsveranstaltungen, vgl. BSG vom 29. Januar 2008 - B 7/7a AL70/06 R).
So war es aber hier. Denn ein Weisungsrecht des Maßnahmeträgers (der Handwerkskammer als Träger des Berufsbildungszentrums) bewegte sich nicht im Rahmen der Leistung von Arbeit. Der Charakter des Rechtsverhältnisses zwischen dem Kläger und dem Berufsbildungszentrum war vielmehr durch das außerbetriebliche Vertragsverhältnis geprägt. Der Betriebszweck des Berufsbildungszentrums war vielmehr, wie auch die ausführliche Homepage der Handwerkskammer illustriert, "Bildung" in Form von Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung. Auch im Rahmen einer Beschäftigung zur Berufsausbildung muss der Auszubildende aber wie ein Arbeitnehmer in dem Betrieb "beschäftigt" sein, das heißt, seine Ausbildung muss als überwiegend praktische Unterweisung im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs stattfinden. Es sind grundsätzlich nur diejenigen Auszubildenden "beschäftigt", die in der Betriebstätigkeit ausgebildet werden und in den Produktions- und Dienstleistungsbetrieb zum Erwerb von praktischen Kenntnissen und Fertigkeiten eingegliedert sind (vgl. BSG vom 29. Januar 2008 - B 7/7a AL70/06 R). Hieran fehlt es bei außerbetrieblichen Einrichtungen.
Gleichwohl ist der Kläger in den Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung einbezogen. Denn Auszubildende, die im Rahmen eines Berufsausbildungsvertrages nach dem Berufsbildungsgesetz in einer außerbetrieblichen Einrichtung ausgebildet werden - wie der Kläger, der bei einem Bildungswerk ausgebildet wurde - stehen den Beschäftigten zur Berufsausbildung im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gleich.
Der Kläger hat auch - auf der Grundlage einer fiktiven Bemessung (§ 132 SGB III) - Anspruch auf höheres Arbeitslosengeld.
Nach § 129 SGB III beträgt das Arbeitslosengeld einen bestimmten Prozentsatz (Nettolohnersatzquote) des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt), das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt).
Der Bemessungszeitraum umfasst die beim Ausscheiden des Arbeitslosen aus dem jeweiligen Beschäftigungsverhältnis abgerechneten Entgeltabrechnungszeiträume der versicherungspflichtigen Beschäftigungen im Bemessungsrahmen (§ 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III). Der Bemessungsrahmen umfasst ein Jahr; er endet mit dem letzten Tag des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (§ 130 Abs. 1 Satz 2 SGB III). Der Bemessungsrahmen wird unter anderem auf zwei Jahre erweitert, wenn der Bemessungszeitraum weniger als 150 Tage mit Anspruch auf Arbeitsentgelt enthält (§ 130 Abs. 3 Satz 1 Nr.1 SGB III).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Rückrechnung des (einjährigen) Bemessungsrahmens ist grundsätzlich das Ende des letzten Versicherungspflichtverhältnisses vor der Entstehung des Anspruchs (vgl. Coseriu/Jakob in NK/SGB III, 3. Aufl. 2008, § 130 Rz. 14ff).
In der Zeit vom 7. September 2005 bis zum 6. Dezember 2005 stand der Kläger bei dem Personaldienstleister in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis. Doch hat der Kläger bei dem Personaldienstleister während dieser Beschäftigungszeit kein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt im Umfang von 150 Tagen (abgerechnet) erzielen können.
Aber auch innerhalb der Jahresfrist des Bemessungsrahmens sowie innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmens hat der Kläger in keinem weiteren versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis mit Arbeitsentgelt gestanden.
Aus seiner Tätigkeit bei dem Berufsbildungszentrum konnte der Kläger im Sinne von § 130 Abs. 1 Satz 1 SGB III nicht aus einem (versicherungspflichtigen) Beschäftigungsverhältnis ausscheiden. Denn er wurde im Rahmen eines Berufsbildungszentrums, einer außerbetrieblichen, also gerade keiner betrieblichen Einrichtung ausgebildet (vgl. BSG, a.a.O.) mit der Folge, dass er im Anschluss an die oben genannte dortige Zeit auch nicht aus einem Beschäftigungsverhältnis bzw. aus einem Versicherungspflichtverhältnis ausscheiden konnte (vgl. BSG, a.a.O.).
Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen der betrieblichen Ausbildung (§ 7 Abs. 2 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch, SGB IV). Außerbetriebliche Ausbildungen, wie hier, werden indes von dieser Gleichstellung nicht erfasst. Etwas anderes lässt sich auch nicht deshalb annehmen, weil Ausbildungen nach dem Berufsbildungsgesetz in außerbetrieblichen Einrichtungen nach § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III (normalen) versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen gleichgestellt werden. Denn die Gleichstellung dient lediglich dazu, den in außerbetrieblichen Einrichtungen ausgebildeten Personenkreis dem Schutzbereich der Arbeitslosenversicherung zu unterstellen. Für eine Gleichstellung im Rahmen auch der Regelung des § 130 SGB III besteht (schon) deshalb keine Veranlassung, weil das Gesetz eine fiktive Bemessung zulässt, die im Übrigen regelmäßig gerade dann erforderlich wird, wenn zur Berufsausbildung Beschäftigte im Rahmen der versicherungspflichtigen Beschäftigung kein Entgelt erzielt haben (vgl. Scheidt in NK-SGB III, 3. Aufl. 2008, § 25 Rz. 103).
Schließlich bestätigen auch die Regelungen über die Aufbringung der Mittel (§§ 340 ff SGB III) das hier gefundene Ergebnis. Denn nach § 342 SGB III ist beitragspflichtige Einnahme bei Personen, die beschäftigt sind, das Arbeitsentgelt, bei Personen, die zur Berufsausbildung beschäftigt sind, jedoch mindestens ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Prozent der Bezugsgröße. Für die hier gefundene Lösung des Senats spricht ferner die vom Gesetzgeber für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung festgelegte Regelung. Denn mit der dort durch Gleichstellung mit den zur Berufsausbildung Beschäftigten nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) bestehenden Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 4a Satz 1 SGB V korrespondiert die Regelung zu den beitragspflichtigen Einnahmen in § 226 Abs. 1 Satz 3 SGB V und die Regelung zur Tragung der Beiträge in § 251 Abs. 4c SGB V (vgl. Peters in Kasseler Kommentar, § 5 SGB V, Rz. 22, Stand: Dezember 2007).
Unabhängig davon, ob der Kläger beziehungsweise der Träger der außerbetrieblichen Bildungseinrichtung Beiträge abgeführt haben sollten, unterlagen die dem Kläger gezahlten Gelder der Beitragspflicht deshalb nicht, weil die zuvor genannte Regelung ein Beschäftigungsverhältnis voraussetzt, an dem es jedoch, wie bereits oben gezeigt, gerade fehlt. Eine Gleichstellungsregelung analog § 25 Abs. 1 Satz 2 SGB III sehen die §§ 340 ff. SGB III nicht vor.
Lässt sich ein Bemessungszeitraum - von mindestens 150 Tagen mit Anspruch auf Arbeitsentgelt - innerhalb des auf zwei Jahre erweiterten Bemessungsrahmen, wie hier, nicht feststellen, ist als Bemessungsentgelt ein fiktives Arbeitsentgelt zugrunde zu legen (§ 132 Abs. 1 SGB III).
Für die Festsetzung des fiktiven Arbeitsentgelts ist der Arbeitslose der Qualifikationsgruppe zuzuordnen, die der beruflichen Qualifikation entspricht, die für die Beschäftigung erforderlich ist, auf die die Agentur für Arbeit die Vermittlungsbemühungen für den Arbeitslosen in erster Linie zu erstrecken hat (§ 132 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Dabei ist zugrunde zu legen für Beschäftigungen, die eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordern (Qualifikationsgruppe 3), ein Arbeitsentgelt in Höhe von einem Vierhundertfünfzigstel der Bezugsgröße (§ 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III).
Dass die Beklagte ihre Vermittlungsbemühungen bezüglich des Klägers in erster Linie auf die Tätigkeit als Tischler beziehungsweise entsprechende Tätigkeiten zu richten hat, weil der Berufsausbildung für die in Betracht kommenden Tätigkeiten regelmäßig, wie hier, das entscheidende Gewicht zukommt (vgl. Coseriu/Jakob in NK-SGB III, 3. Aufl. 2008, § 132 Rz. 14ff.), ist zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Diese Beschäftigungen entsprechen der Qualifikationsstufe 3, die dann maßgeblich ist, wenn die Beschäftigung eine abgeschlossene Ausbildung in einem Ausbildungsberuf erfordert (vgl. § 132 Abs. 2 S. 2 Nr. 3 SGB III). So ist es hier. Denn der Kläger verfügt über eine abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf mit zweijähriger Regelausbildungsdauer (vgl. §§ 4, 5 Berufsbildungsgesetz), wobei der notwendige Ausbildungsstand aber auch durch einen mindestens zweijährigen gleichwertigen Bildungsgang an einer Berufsfachschule oder ähnlichen berufsbildenden Schule als Vollzeitschule zur Erlangung der vollen Berufsausübung erlangt werden kann (vgl. Behrend in Eicher/Schlegel, SGB III, § 132 Rn. 41, Stand: Januar 2006).
Infolgedessen hat die Beklagte der Berechnung des Arbeitslosengeldes ein tägliches (vgl. § 131 Abs. 1 Satz 1 SGB III) Bemessungsentgelt bzw. Arbeitsentgelt in Höhe von 65,33 EUR zugrunde zu legen (Bezugsgröße (West) 2006: 29.400,00 Euro: 450; Verordnung über maßgebende Rechengrößen der Sozialversicherung für 2006 vom 21. Dezember 2005, BGBl. I S. 3627). Die Heranziehung der Bezugsgröße West ergibt sich daraus, dass sich der Kläger für Beschäftigungen im gesamten Bundesgebiet zur Verfügung gestellt hat (vgl. BSG SozR 4100 § 112 Nr. 42) und nach § 408 Nr. 1 SGB III für das in Art. 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet die Bezugsgröße Ost (nur) herangezogen werden muss, soweit Vorschriften des SGB III an die Bezugsgröße anknüpfen und der Beschäftigungsort im Beitrittsgebiet liegt.
Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass § 132 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB III deshalb verfassungswidrig sein könnte, weil Facharbeitern Arbeitslosengeld (pauschal) nur auf der Grundlage eines Bemessungsentgelts unterhalb der jeweils maßgeblichen Bezugsgröße (vgl. § 18 Abs. 1 SGB IV, Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr) zugestanden wird. Denn der Gesetzgeber hat insbesondere im Rahmen der fiktiven Bemessung von Sozialleistungen einen weiten Gestaltungsspielraum.
Inwieweit eine Besserstellung von Auszubildenden in außerbetrieblichen Einrichtungen gegenüber solchen in betrieblicher Ausbildung eintreten könnte, gilt es in diesem Zusammenhang nicht zu bewerten.
Die Kostenentscheidung beruht auf der Anwendung der Vorschrift des § 193 Abs. 1 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen (vgl. § 160 Abs. 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
Login
FST
Saved