Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
40
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 40 U 252/07
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Der Bescheid der Beklagten vom 25.05.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.08.2007 wird aufgehoben. 2. Es wird festgestellt, dass die Meniskuserkrankungen des Klägers eine Berufskrankheit nach Nr. 2102 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung sind. 3. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Ziffer 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten (BK 2102) - streitig.
Der 1971 geborene Kläger war seit dem 1. Juli 1989 bis Mitte 2007 durchgehend als Berufshandballspieler in der X. Handball-Bundesliga tätig; vom 1. Juli 1989 bis 30. Juni 1993 beim Verein 1 (4-5 Mal wöchentliches Training à 1,5 Stunden, 1 Spiel pro Woche), vom 1. Juli 1993 bis 30. Juni 1997 beim Verein 2, vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 beim Verein 3 (4 Stunden tägliches Training, 30 Meisterschaftsspiele, 6 Pokalspiele), vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 2001 beim Verein 4 (täglich 2 x 1,5 Stunden Training, 1 Spiel pro Woche) sowie von Juli 2001 bis Juni 2007 beim Verein 5 (bis zu 8 x wöchentliches Training, mindestens 1 Spiel pro Woche). Danach war der Kläger kurzzeitig als Trainer in der Schweiz tätig und ist seit Mitte 2007 als Trainer des Verein 5 beschäftigt.
Während dieser Beschäftigungen erlitt der Kläger einige Sportunfälle mit Kniebeteiligung. Nach einem Unfall am XX. April 1997 (Bundesliga-Spiel) wurde am XX. April 1997 eine Magnetresonanztomographie (MRT) des rechten Kniegelenkes durchgeführt. Im Befundbericht des Radiologen Dr. L. wurde hierzu ausgeführt: "Initiale Signalerhöhungen im oberen Drittel des hinteren Kreuzbandes als Ausdruck einer Dehnung. Das vordere Kreuzband ist intakt. Die Kollateralbänder und die Patella- und Quadricepssehne sind intakt. Regelhafte Konfiguration der Patella mit intaktem retropatellaren Knorpelbelag. ( ) Kein Nachweis einer Osteonekrosis dissecans. Zentrale myxoide Degeneration in den Menisci bds. Kein Meniskusriss."
Am XX. Juli 2000 kam es während eines Bundesliga-Spiels zu einem Unfall mit Beteiligung des linken Kniegelenkes. Nach einer am XX. Juli 2000 durchgeführten MRT-Untersuchung dieses Kniegelenkes führte Dr. R. aus: "Unauffälliger Knorpelbelag. Zur Darstellung kommt eine Microfraktur am ventrolateralen Tibiaplateau von ca. 1 cm mit einem kleinen Ödem. Der darüberliegende Knorpelbelag ist intakt. Kein Anhalt für einen Einriss im Bereich des Innenmeniskus. Auffällig ist eine deutliche, vornehmlich interne Degeneration des Hinterhornes des Außenmeniskus, die bis zur Unterfläche reicht."
Am 30. Dezember 2000 verunfallte der Kläger erneut während seiner beruflichen Tätigkeit mit Beteiligung des linken Kniegelenkes. Dr. T. stellte im radiologischen Bericht am 2. Januar 2001 nach einer Kernspintomographie unter anderem fest: "Glatt konturierte korrespondierende Gelenkflächen. ( ) Regelrechte Konfiguration des Innenmeniskus. Abgestumpftes Außenmeniskusvorder- und hinterhorn. Schräg verlaufende Signalanhebung im Außenmeniskusvorder- und hinterhorn, geringer auch im Innenmeniskushinterhorn. Keine Stufe der Meniskusoberfläche. Chondropathia patellae Stadium I. bis II "
Nach einem Unfall am 25. Mai 2001 wurde am rechten Kniegelenk eine MRT durchgeführt. Am 28. Mai 2001 führte Dr. S. hierzu unter anderem aus: "Kein Meniskusriss, keine sonstige Meniskopathie."
Der Radiologe Dr. M. berichtet am 11. Februar 2003 nach einem Unfallereignis vom 8. Februar 2003 über das rechte Kniegelenk des Klägers: "Beginnende Knorpelschädigung im Bereich der Druckzone am medialen Femurcondylus, mukoide Degeneration im Hinterhorn des Innenmeniskus mit Auffasserung an der Unterseite. ( ) Chondropathia patellae II. Grades."
Am XX. Januar 2004 kam es bei einem Europameisterschaftsspiel Deutschland-XXXXX während eines Zweikampfes mit einem gegnerischen Spieler zu einem Zusammenprall, wobei das rechte Knie des Klägers bei fixiertem Unterschenkel verdreht wurde. Später wurde eine Meniskushinterhornschädigung festgestellt und operiert. Im OP-Bericht vom 29. Januar 2004 heißt es: "Innenmeniskus frisch rupturiert am Übergang Corpushinterhorn lappenförmig. An der medialen Condyle zweit- beginnend drittgradiger Knorpelschaden in der Hauptbelastungszone, am Tibiaplateau ebenfalls zweitgradig."
Wegen der Feststellung von Unfallfolgen in Bezug auf beide Kniegelenke waren und sind beim Sozialgericht Detmold einige Klagen des Klägers anhängig (aktuelle Az.: S 1 U 112/05, S 1 U 164/05, S 1 U 196/05 und S 1 U 106/06). Mit Schreiben vom 7. März 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung einer BK 2102. Nachdem die Beklagte Unterlagen zu einigen Unfälle mit Kniegelenksbeteiligung zusammengestellt hatte, holte sie ein fachchirurgisches Gutachten des Dr. B. ein. Dieser gelangte am 25. März 2007 zu der Einschätzung, dass bei einem Vertragshandballspieler wegen der mit der Spielweise beim Handball verbundenen überdurchschnittlichen Belastung durch häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchungen, insbesondere durch das stete Abbremsen und Beschleunigen mit hohen Druck-, Scher-, und Drehkräften die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Entstehen einer BK 2102 vorlägen. Aufgrund der besonderen Dynamik des Spiels, sowie der Hallenboden- und Turnschuhbesonderheiten seien auch Vergleiche mit anderen Feldsportarten (z.B. Fußball) nicht zulässig. Daraus resultiere häufig eine deutliche Überschreitung der Elastizitätsmodule vom Kapsel-Bandsystem und den Menisken. Schon die Häufung der Einzelereignisse mit klinischer Relevanz ließe den Schluss zu, dass große Belastungen, häufig wiederkehrend, auf die Strukturen einwirkten. Zudem lägen keine Befunde dahin gehend vor, dass bei dem Kläger eine anlagebedingte Erkrankung beider Kniegelenke bestünde, die nicht durch berufliche Einwirkungen hervorgerufen worden sei.
Wörtlich führt der Gutachter aus:
"Der dargelegte Expositionszeitraum und die dokumentierte Häufung von Kniebinnentraumata (allein 10 Ereignisse nach Aktenlage) mit nachweislichen, krankhaften Veränderungen lässt mit hoher Wahrscheinlichkeit den Schluss zu, das es sich bei der versicherten Tätigkeit um eine mehrjährige, andauernde und die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeit des Versicherten handelt. Die aktenkundig gewordenen kniebeteiligten Traumata dokumentieren hinlänglich, welche großen Kräfte im Rahmen der Berufsausübung bei Herrn B. wirken und letztendlich zu makroskopisch feststellbaren Verletzungen im Gelenk führen. Dass Mikrotraumatisierungen mit entsprechenden Gewebszerstörungen der Meniskussubstanz und Ausbildung einer über das die alterskorrigierten Norm hinausgehenden Schädigung bei der ausgeübten Sportart und dem dokumentierten Belastungszeitraum des Versicherten in weit höherer Frequenz vorkommen, lässt sich hieraus schlüssig folgern. Die anzunehmende, wiederkehrende Schadensanlage, die in der Vergangenheit bei Herrn B. über den angegebenen Zeitraum eingewirkt hat, ist demzufolge als Voraussetzung für die Anerkennung der Erkrankung nach dem Wortlaut der BK 2102 als gegeben anzunehmen. Aufgrund der fehlenden feingeweblichen Begutachtung der Operationsresektate kann, die die alterskorrigierte Norm übersteigende Meniskusschädigung mit Degeneration und Lösung der Gewebsschichten nicht auf diesem Wege untermauert werden. ( ) Die geforderte histopathologische Untersuchung, die den Beweis wesentlich zu führen hat, steht nicht zur Verfügung. Die apparativen und klinischen Befunde sowie der intraoperative Befund sind allein rechtlich nicht geeignet, um die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2102 mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu erfüllen."
Mit Bescheid vom 25. Mai 2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Ziffer 2102 der Anlage zur BKV ab. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass sich ein Meniskusschaden im Sinne der BK 2102 aufgrund des Fehlens eines histopathologischen Gutachtens nicht nachweisen ließe.
Der vom Kläger erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2007 zurückgewiesen. Die Beklagte verwies erneut auf die Ausführungen von Dr. B., dass sich ein Meniskusschaden nicht nachweisen ließe, weil ein histopathologisches Gutachten nicht vorliege.
Mit Schriftsatz vom 5. September 2007 hat der Kläger Klage erhoben und verfolgt sein Begehren weiter. Er trägt vor, durch die ärztlichen Befundberichte seien die Meniskusschäden eindeutig belegt. Zum Nachweis der Schäden bedürfe es zudem keines histopathologischen Gutachtens. Eine primäre Meniskopathie liege zweifelsohne vor.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2007 aufzuheben und die Meniskuserkrankungen beider Kniegelenke als Berufskrankheit nach Ziffer 2102 der Anlage zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Begründung der angefochtenen Bescheide.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes die Verwaltungsakten der Beklagten, Befundberichte und Röntgenaufnahmen der den Kläger behandelnden Ärzten beigezogen. Zudem ist Beweis erhoben worden durch die Einholung eines fachchirurgischen Sachverständigengutachtens des Dr. K ... Der Gutachter hat in seinem Gutachten vom 18. September 2008 zusammengefasst ausgeführt, dass die Anerkennungsfähigkeit einer Meniskuserkrankung als beruflich verursacht damit stehe und falle, ob zuerst die Meniskuserkrankung bestanden habe oder ob die Meniskuserkrankung sich als Folge anderer Beeinträchtigungen und Auswirkungen erkläre. Für das chirurgisch-orthopädische Fachgebiet ergebe sich weiter die Problematik, dass bislang spezifische Veränderungen, die man zweifelsfrei auf exogene mechanische Einwirkungen zurückführen könne, weder makroskopisch noch histopathologisch bestimmt werden könnten. In welchem Ausmaß für die Ausprägung der Schadensbilder körpereigene, d.h. konstitutionelle, prädisponierende gewebliche Faktoren eine Rolle spielen, könne man weder aus den kernspintomographischen Untersuchungen noch den arthroskopischen-makroskopischen Bildbefunden entnehmen, weil man hierfür keine gesicherten Erkenntnisse besitze.
Ein isoliertes Schadensbild am Innenmeniskushinterhorn könne man nicht als Folge einer langjährigen belastungsinduzierten Zerrüttung begründen, weil schon der makroskopische Aspekt dafür keinen Anhalt besäße. Für ein partielles Schadensbild des Außenmeniskus am linken Kniegelenk könne man weder eine äußere Verletzung noch einen pathobiomechanischen Mechanismus nachweisen, den man auf die langjährige berufliche Belastung zurückführen könne. Eine BK 2102 könne nur anerkannt werden, wenn die Veränderungen an den Innenmenisken vom Vorder- bis zum Hinterhorn ausgeprägt vorliegen würde. Nur mit solchen Befunden sei der Nachweis des beruflich bedingten mechanischen Verschleißes zu führen. Ansonsten sei davon auszugehen, dass die Schadensbilder aufgrund anderer konstitutioneller Ursachen, auch genetischer Art, begründet werden. Ein dem Lebensalter vorauseilendes Schadensbild an den Menisken sei beim Kläger nicht nachgewiesen. Aufgrund des Schadensbildes liege beim Kläger keine BK 2102 vor.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 10. Oktober 2008 hat der medizinische Sachverständige sein Gutachten ausführlich erläutert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung der Kammer.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig. Das Gericht hat nach § 106 Abs. 1 SGG darauf hinzuwirken, dass die Beteiligten sachdienliche Anträge stellen. Das ursprüngliche Begehren des Klägers auf die "Anerkennung und Leistungsgewährung" ist daher bei entsprechender Auslegung nicht als Leistungsklage, sondern als Feststellungsklage aufzufassen, mit der der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt, dass die Meniskusschäden eine Berufskrankheit nach Ziffer 2102 sind. Dem wörtlichen Begehren die Beklagte zu verurteilen, "Leistungen zu gewähren" kommt neben dem Feststellungsanspruch keine eigenständige Bedeutung zu. Bei einem solchen Ausspruch würde es sich um ein unzulässiges Grundurteil ohne vollstreckbaren Inhalt handeln (vgl. Bundessozialgericht [BSG] Urteil vom 30. Januar 2007, Az.: B 2 U 6/06 R zitiert nach juris).
Die Klage ist begründet. Die Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf die Feststellung, dass seine Meniskusschäden eine BK 2102 sind, denn diese hat er infolge seiner beruflichen Tätigkeit erlitten.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden.
Nach Ziffer 2102 der Anlage zur BKV gehören zu den Berufskrankheiten auch Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen der BK 2102 sind erfüllt.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit ist neben dem Vorliegen eines berufskrankheitentypischen Erkrankungsbildes (siehe hierzu unter 1.), dass die schädigenden Einwirkungen (so genannte arbeitstechnischen Voraussetzungen; siehe hierzu unter 2.) im Sinne des Berufskrankheitentatbestandes nachgewiesen sind und dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung ("berufliche Einwirkungs- Kausalität"; siehe hierzu unter 3.) sowie zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsbegründende Kausalität; (siehe hierzu unter 4.) vorliegt. Dabei müssen die schädigende Einwirkung, die versicherte Tätigkeit und die als Berufskrankheit geltend gemachte Gesundheitsschädigung im Vollbeweis nachgewiesen sein, während für die Beurteilung der Kausalzusammenhänge die hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt. Das Entstehen von länger andauernden Krankheitsfolgen infolge der beruflichbedingten Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) ist regelmäßig keine Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit.
1. Der Kläger leidet in beiden Kniegelenken an einem Meniskusschaden im Sinne der BK 2102. Die Kammer folgt der ganz herrschenden Auffassung, dass unter die BK 2102 nur die primäre Meniskopathie fällt, nicht die sekundäre (vgl. nur Bay. LSG Urteil vom 5. Dezember 2007, Az.: L 2 U 446/04 in www.sozialgerichtsbarkeit.de m.w.N.). Bei der primären Meniskopathie setzt der vorzeitige Verschleiß im Bereich des Meniskusgewebes mit einer Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit des gesamten Meniskussystems ein (Schönberger/ Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 706). Bei der sekundären Meniskopathie treten zunächst ausgedehnte Knorpelschäden im Gelenk auf, deren Ursachen vielfältig sein können. Erst sekundär folgt ein Meniskusschaden.
Beim Kläger lagen primär keine ausgedehnten Knorpelschäden im Gelenk vor. Bereits am XX. April 1997 wurde beim Kläger durch die MRT-Aufnahme des rechten Kniegelenkes festgestellt, dass die Knorpel und die anderen Strukturen im rechten Kniegelenk intakt waren (Befundbericht von Dr. L.). Bei dieser Untersuchung wurde daraufhingewiesen, dass eine zentrale myxoide Degeneration in den Menisci beidseits vorliege. "Myxoide" Degeneration ist gleichbedeutend mit "muziner" Degeneration. Nach Pschyrembel (261. Auflage 2007, S. 1276) handelt es sich dabei um "Schleimstoffe, die von der Haut oder Schleimhäuten zum Schutz gegen chemische oder mechanische Einwirkungen ausgeschieden werden; ( ) kommen außerdem in Knorpel, Sehnen, Haut ( ) vor". Auch für das linke Kniegelenk liegt eine primäre Meniskopathie vor, denn auch dort konnten am XX. Juli 2000 in der MRT-Untersuchung keine ausgedehnten Knorpelschäden festgestellt worden. Vielmehr wurde ausgeführt: "Unauffälliger Knorpelbelag. ( ) Der darüberliegende Knorpelbelag ist intakt. Kein Anhalt für einen Einriss im Bereich des Innenmeniskus. Auffällig ist eine deutliche, vornehmlich interne Degeneration des Hinterhornes des Außenmeniskus, die bis zur Unterfläche reicht." Damit ist für die Kammer nachgewiesen, dass eine primäre Meniskopathie in den Kniegelenken des Klägers vorgelegen hat, denn es konnten keine ausgedehnten primären Knorpelschäden in den Gelenken festgestellt werden, bevor es zu den nachfolgenden Meniskusschäden kam.
2. Der Kläger hat im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit als Profi-Handballspieler seit dem Jahre 1989 bis zum ersten Auftreten von behandlungsbedürftigen Kniegelenksbeschwerden (1997 rechts, 2000 links) und darüber hinaus bis Mitte 2007 mehrjährig, andauernde oder häufig wiederkehrende, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeiten verrichtet. Nach dem vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Merkblatt für die ärztliche Untersuchung der BK 2102 ist eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke biomechanisch gebunden an eine Dauerzwangshaltung, insbesondere bei Belastungen durch Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung (statische Belastung), oder eine häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung, insbesondere Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen (dynamische Belastung), ggf. auf grob unebener Unterlage (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, S. 708).
Die Kammer geht mit dem Sachverständigen Dr. B. davon aus, dass gerade im Handballsport extreme dynamische Belastungen auftreten, so dass es nicht erforderlich ist, dass die Tätigkeit "auf grob unebener Unterlage", wie z.B. bei Rangierern, verrichtet worden zu sein braucht. Die vom Kläger langjährig ausgeübte versicherte Tätigkeit als Profi-Handballspieler erfüllt die Anforderungen der BK 2102.
3. Die Einwirkungskausalität ist gegeben. Der Kläger war bei seiner versicherten Tätigkeit den schädigenden Einwirkungen wesentlich ausgesetzt. Andere nicht versicherte oder außerberufliche Expositionen sind nicht ersichtlich. Der Begriff "Einwirkungskausalität" wird in Anlehnung an den Begriff "Unfallkausalität" verwendet (vgl. zum Versicherungsfall des Arbeitsunfalles BSGE 96, 196ff; P. Becker "Der Arbeitsunfall", SGb 2007, 721, 726). Die bisherige alleinige Differenzierung bzw. Abgrenzung zwischen haftungsbegründender und haftungsausfüllender Kausalität entspricht nach Auffassung der Kammer nicht der Systematik der Prüfung des Berufskrankheitentatbestandes. Die Einwirkungskausalität stellt den Prüfungsschritt der kausalen Verknüpfung zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen dar, die haftungsbegründende Kausalität hingegen den ursächlichen Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung im Sinne der jeweiligen Berufskrankheit. Die haftungsausfüllende Kausalität ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Versicherungsfalles (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit). Sie bildet den kausalen Zusammenhang zwischen dem Gesundheitserstschaden der Berufskrankheit und dem Entstehen von länger andauernden Gesundheitsfolgen.
4. Der kausale Zusammenhang zwischen den schädigenden Einwirkungen und der Erkrankung liegt vor. Bei der haftungsbegründenden Kausalität geht es um die Ursachenbeziehung zwischen der äußeren schädigenden Einwirkung und der Listenerkrankung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser Theorie werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die zum Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben.
Welche Ursache demnach wesentlich ist und welche nicht, muss nach Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (stRspr BSGE 1, 72, 76). Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob die äußeren schädigenden Einwirkungen wesentlich waren. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG SozR Nr 69 zu § 542 aF RVO; BSG SozR Nr 6 zu § 589 RVO; vgl. Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 RdNr. 314, Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Kap 1.3.6.1, S 80 f).
Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr 27 zu § 542 RVO; BSG SozR Nr 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr 10; BSG SozR 2200 § 548 Nr 75; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15 jeweils RdNr 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr 10; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15 jeweils RdNr 11; ähnlich Schönberger/ Mehrtens/Valentin, aaO). Eine solche Ursache hat sich dann nur zufällig bei der versicherten Tätigkeit realisiert, sie ist "gelegentlich" der versicherten Tätigkeit aufgetreten.
Das BSG hat in der Entscheidung vom 9. Mai 2006 (B 2 U 1/05 R – BSGE 96, 196ff) weiter ausgeführt, dass die Kausalitätsbeurteilung auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeiten von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Einwirkungen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen hat. Das schließt die Prüfung ein, ob die äußeren schädigenden Einwirkungen nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet sind, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen. Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen den Einwirkungen und den Gesundheitsschaden als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit (stRspr BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr 15 zu § 1263 aF RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 128 RdNr 3c).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Kammer nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu der Überzeugung gelangt, dass die Meniskusschädigungen in den Kniegelenken des Klägers durch dessen die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende versicherte Tätigkeit als berufsmäßiger Handballspieler mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich verursacht wurden. Das Verletzungsrisiko beim Handballsport ist besonders hoch.
Es liegt bei 70 – 80 % (vgl. Klümper, Sporttraumatologie, Handbuch der Sportarten, Ecomed-Verlagsgesellschaft, Handball II, S. 24). Dies wird auch durch die gutachterlichen Ausführungen von Dr. B. gestützt, der sogar davon ausgeht, dass beim Handball noch eine erheblich höhere Gefährdung als beim Fußball vorliege. Der Kläger war bei seiner Tätigkeit erheblichen externen Verletzungsrisiken ausgesetzt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der Vielzahl der Spiele sowie des hohen Trainingsumfanges und der dadurch unzureichenden Erholungszeiten für die Menisken das Schädigungsrisiko nochmals erheblich erhöht ist. Als Akutverletzungen im Handballsport zitiert Klümper (a.a.O.) gerade auch Meniskusverletzungen. So treten chronische Schäden an den Kniegelenken vor allem durch die häufig mit Springen und Fallen im Kreis verbundenen Wurfformen auf. Ebenso kommen posttraumatische Arthrosen nach Kapsel-Band-Verletzungen oder Meniskusschäden durch ständige Mikrotraumen der Menisken in Betracht. Der Meniskus stellt keine isolierte Struktur des Bewegungsapparates im Kniegelenk dar. Durch die genannten Bewegungsmuster wirken sehr komplexe Kräfte als Belastungen auf die Menisken ein, die häufig zu einer deutlichen Überschreitung der Elastizitätsmodule führen. Dies bestätigt auch der Sachverständige Dr. B ...
Daher sind die Ausführungen von Dr. B. schlüssig, wenn er aufgrund der umfangreichen und kniebelastenden Tätigkeiten in seinem Gutachten darlegt: " Die anzunehmende, wiederkehrende Schadensanlage, die in der Vergangenheit bei Herrn B. über den angegebenen Zeitraum eingewirkt hat, ist demzufolge als Voraussetzung für die Anerkennung der Erkrankung nach dem Wortlaut der BK 2102 als gegeben anzunehmen.". Die Kammer wertet diese Aussagen im Sinne eines wesentlichen Ursachenzusammenhanges. Gerade weil es für die Wirkungsmechanismen zwischen Profisportbelastungen beim Handball und dadurch eintretenden Meniskusschäden an gesicherten wissenschaftlichen Grundlagen fehlt, wie dies von Dr. K. bestätigt wird, muss die Kausalität am konkreten Einzelfall nach den allgemeinen Grundsätzen der Theorie der wesentlichen Bedingung betrachtet werden.
Dr. B. hat in seinem Gutachten überzeugend darauf hingewiesen, dass das Handballspiel keineswegs nur Sprungbelastungen mit sich bringe, sondern sehr komplexe Kniegelenksbelastungen. Das stete Abbremsen und Beschleunigen mit Richtungsänderung unter gegnerischem Vollkontakt führe zu hohen Druck-, Scher- und Drehkräften in den Kniegelenken. Insbesondere der unvorhersehbar und unvorbereitet auf den Körper auftreffende gegnerische Vollkontakt bei gleichzeitigen Beschleunigungs-, Richtungsänderungs- und/oder Bremsvorgängen mit zur Bewegungsebene ungünstig positionierten Beinachsen führe zu muskulär oft nicht ausreichend kompensierbaren Einwirkungen auf die Kniegelenke. Daraus resultiere eine häufige und deutliche Überschreitung der Elastizitätsmodule vom Kapselband –System und der Menisken.
Nach den Ausführungen im Gutachten von Dr. B. zu den geeigneten Einwirkungen durch die berufliche Tätigkeit beim Kläger spricht daher mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung. Auch konnten von keinem Gutachter nachgewiesene konkurrierende Ursachen benannt werden. Der Kläger hat weder "O-Beine" noch "X-Beine". Eine von Dr. K. benannte genetische Disposition für die Verschleißschäden der Menisken ist beim Kläger zwar möglich, aber nach dem heutigen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht nachweisbar.
Die Kammer folgt ausdrücklich nicht der von Dr. B. gezogenen Schlussfolgerung, dass ohne ein histopathologisches Gutachten der Nachweis einer degenerativen Veränderung der Menisken beim Kläger im Sinne einer die alterskorrigierten Norm hinausgehenden Schädigung nicht zu beweisen sei und es nur damit zu einer Anerkennung einer BK 2102 kommen könne. Insoweit geht die Annahme des Gutachters fehl, dass nur durch ein solches pathologisches Gutachten der Beweis für eine BK 2102 erbracht werden könne. Eine solche "rechtliche" Wertung obliegt nicht dem Gutachter, sondern ist die originäre Aufgabe der Verwaltung bzw. des Gerichts. Der medizinische Sachverständige ist insoweit "Gehilfe", der das fehlende medizinische Fachwissen auf Seiten der Verwaltung bzw. des Gerichts ersetzt.
Ein medizinischer Sachverständige soll daher nur zu medizinischen Fragen Stellung nehmen, welche insbesondere die unfallversicherungsrechtliche Kausalität zwischen bestimmten Einwirkungen und der Entstehung bestimmter Krankheiten betrifft. Er darf sich auch dazu äußern, ob überhaupt eine (Listen-) Erkrankung vorliegt.
Die Anerkennung der BK 2102 erfordert eine primäre Meniskusschädigung durch berufliche Einwirkungen und nicht ausschließlich eine die Altersnorm überschreitende Degeneration der Menisken. Das Vorliegen einer primären Meniskusschädigung und der beruflichen Exposition ist voll bewiesen. Es liegen Auffaserungen und Risse in den Menisken ohne vorausgehende ausgedehnte Knorpel- oder Knochenschädigungen vor. Dr. B. geht vorliegend aber fälschlicherweise davon aus, dass der Kausalzusammenhang nur mit einem histopathologischen Gutachten "voll" bewiesen werden könne. Da es sich um medizinische Zusammenhänge handelt, ist nur die "hinreichende" Wahrscheinlichkeit erforderlich. Das von der Beklagten mit Dr. B. geforderte histopathologische Gutachten stellt allenfalls ein Hilfsmittel zu Bestimmung des Ursachenzusammenhangs dar, dessen Notwendigkeit sich weder den Tatbestandsmerkmalen der BK Nr. 2102 noch dem amtlichen Merkblatt hierzu entnehmen lässt und dessen es vorliegend angesichts der festgestellten Befunde nicht bedarf.
Auch die Ausführungen von Dr. K. zum "Schadensbild" bei den Menisken des Klägers vermögen die Überzeugung der Kammer vom Vorliegen eines wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs zwischen den beruflichen Belastungen und den Meniskusschäden nicht erschüttern. Es mag zwar biomechanisch schlüssig sein, dass die Innenmenisken regelmäßig mehr belastet werden. Bei relativ gleichartigen Bewegungsmustern, wie zum Beispiel beim Marathonlaufen, wäre dies gut nachvollziehbar und möglicherweise auch vergleichbar den im "Konsens" gefundenen belastungskonformen Schadensbildern bei der BK 2108 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule).
Ein rein biomechanischer Ansatz bei den dynamischen Belastungen im Handballsport ist nach Auffassung der Kammer nicht überzeugend, denn gerade hier wirken sehr komplexe Kräfte auf die Menisken (Innen- und Außenmeniskus) und es gibt bisher keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse, dass der Innenmeniskus erheblich mehr geschädigt sein muss (so auch LSG Schleswig-Holstein Urteil vom 21. Februar 2007, Az.: L 8 U 115/05 in www.sozialgerichtsbarkeit.de).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Ziffer 2102 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) - Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten (BK 2102) - streitig.
Der 1971 geborene Kläger war seit dem 1. Juli 1989 bis Mitte 2007 durchgehend als Berufshandballspieler in der X. Handball-Bundesliga tätig; vom 1. Juli 1989 bis 30. Juni 1993 beim Verein 1 (4-5 Mal wöchentliches Training à 1,5 Stunden, 1 Spiel pro Woche), vom 1. Juli 1993 bis 30. Juni 1997 beim Verein 2, vom 1. Juli 1997 bis 30. Juni 1998 beim Verein 3 (4 Stunden tägliches Training, 30 Meisterschaftsspiele, 6 Pokalspiele), vom 1. Juli 1998 bis 30. Juni 2001 beim Verein 4 (täglich 2 x 1,5 Stunden Training, 1 Spiel pro Woche) sowie von Juli 2001 bis Juni 2007 beim Verein 5 (bis zu 8 x wöchentliches Training, mindestens 1 Spiel pro Woche). Danach war der Kläger kurzzeitig als Trainer in der Schweiz tätig und ist seit Mitte 2007 als Trainer des Verein 5 beschäftigt.
Während dieser Beschäftigungen erlitt der Kläger einige Sportunfälle mit Kniebeteiligung. Nach einem Unfall am XX. April 1997 (Bundesliga-Spiel) wurde am XX. April 1997 eine Magnetresonanztomographie (MRT) des rechten Kniegelenkes durchgeführt. Im Befundbericht des Radiologen Dr. L. wurde hierzu ausgeführt: "Initiale Signalerhöhungen im oberen Drittel des hinteren Kreuzbandes als Ausdruck einer Dehnung. Das vordere Kreuzband ist intakt. Die Kollateralbänder und die Patella- und Quadricepssehne sind intakt. Regelhafte Konfiguration der Patella mit intaktem retropatellaren Knorpelbelag. ( ) Kein Nachweis einer Osteonekrosis dissecans. Zentrale myxoide Degeneration in den Menisci bds. Kein Meniskusriss."
Am XX. Juli 2000 kam es während eines Bundesliga-Spiels zu einem Unfall mit Beteiligung des linken Kniegelenkes. Nach einer am XX. Juli 2000 durchgeführten MRT-Untersuchung dieses Kniegelenkes führte Dr. R. aus: "Unauffälliger Knorpelbelag. Zur Darstellung kommt eine Microfraktur am ventrolateralen Tibiaplateau von ca. 1 cm mit einem kleinen Ödem. Der darüberliegende Knorpelbelag ist intakt. Kein Anhalt für einen Einriss im Bereich des Innenmeniskus. Auffällig ist eine deutliche, vornehmlich interne Degeneration des Hinterhornes des Außenmeniskus, die bis zur Unterfläche reicht."
Am 30. Dezember 2000 verunfallte der Kläger erneut während seiner beruflichen Tätigkeit mit Beteiligung des linken Kniegelenkes. Dr. T. stellte im radiologischen Bericht am 2. Januar 2001 nach einer Kernspintomographie unter anderem fest: "Glatt konturierte korrespondierende Gelenkflächen. ( ) Regelrechte Konfiguration des Innenmeniskus. Abgestumpftes Außenmeniskusvorder- und hinterhorn. Schräg verlaufende Signalanhebung im Außenmeniskusvorder- und hinterhorn, geringer auch im Innenmeniskushinterhorn. Keine Stufe der Meniskusoberfläche. Chondropathia patellae Stadium I. bis II "
Nach einem Unfall am 25. Mai 2001 wurde am rechten Kniegelenk eine MRT durchgeführt. Am 28. Mai 2001 führte Dr. S. hierzu unter anderem aus: "Kein Meniskusriss, keine sonstige Meniskopathie."
Der Radiologe Dr. M. berichtet am 11. Februar 2003 nach einem Unfallereignis vom 8. Februar 2003 über das rechte Kniegelenk des Klägers: "Beginnende Knorpelschädigung im Bereich der Druckzone am medialen Femurcondylus, mukoide Degeneration im Hinterhorn des Innenmeniskus mit Auffasserung an der Unterseite. ( ) Chondropathia patellae II. Grades."
Am XX. Januar 2004 kam es bei einem Europameisterschaftsspiel Deutschland-XXXXX während eines Zweikampfes mit einem gegnerischen Spieler zu einem Zusammenprall, wobei das rechte Knie des Klägers bei fixiertem Unterschenkel verdreht wurde. Später wurde eine Meniskushinterhornschädigung festgestellt und operiert. Im OP-Bericht vom 29. Januar 2004 heißt es: "Innenmeniskus frisch rupturiert am Übergang Corpushinterhorn lappenförmig. An der medialen Condyle zweit- beginnend drittgradiger Knorpelschaden in der Hauptbelastungszone, am Tibiaplateau ebenfalls zweitgradig."
Wegen der Feststellung von Unfallfolgen in Bezug auf beide Kniegelenke waren und sind beim Sozialgericht Detmold einige Klagen des Klägers anhängig (aktuelle Az.: S 1 U 112/05, S 1 U 164/05, S 1 U 196/05 und S 1 U 106/06). Mit Schreiben vom 7. März 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung einer BK 2102. Nachdem die Beklagte Unterlagen zu einigen Unfälle mit Kniegelenksbeteiligung zusammengestellt hatte, holte sie ein fachchirurgisches Gutachten des Dr. B. ein. Dieser gelangte am 25. März 2007 zu der Einschätzung, dass bei einem Vertragshandballspieler wegen der mit der Spielweise beim Handball verbundenen überdurchschnittlichen Belastung durch häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchungen, insbesondere durch das stete Abbremsen und Beschleunigen mit hohen Druck-, Scher-, und Drehkräften die arbeitstechnischen Voraussetzungen für das Entstehen einer BK 2102 vorlägen. Aufgrund der besonderen Dynamik des Spiels, sowie der Hallenboden- und Turnschuhbesonderheiten seien auch Vergleiche mit anderen Feldsportarten (z.B. Fußball) nicht zulässig. Daraus resultiere häufig eine deutliche Überschreitung der Elastizitätsmodule vom Kapsel-Bandsystem und den Menisken. Schon die Häufung der Einzelereignisse mit klinischer Relevanz ließe den Schluss zu, dass große Belastungen, häufig wiederkehrend, auf die Strukturen einwirkten. Zudem lägen keine Befunde dahin gehend vor, dass bei dem Kläger eine anlagebedingte Erkrankung beider Kniegelenke bestünde, die nicht durch berufliche Einwirkungen hervorgerufen worden sei.
Wörtlich führt der Gutachter aus:
"Der dargelegte Expositionszeitraum und die dokumentierte Häufung von Kniebinnentraumata (allein 10 Ereignisse nach Aktenlage) mit nachweislichen, krankhaften Veränderungen lässt mit hoher Wahrscheinlichkeit den Schluss zu, das es sich bei der versicherten Tätigkeit um eine mehrjährige, andauernde und die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeit des Versicherten handelt. Die aktenkundig gewordenen kniebeteiligten Traumata dokumentieren hinlänglich, welche großen Kräfte im Rahmen der Berufsausübung bei Herrn B. wirken und letztendlich zu makroskopisch feststellbaren Verletzungen im Gelenk führen. Dass Mikrotraumatisierungen mit entsprechenden Gewebszerstörungen der Meniskussubstanz und Ausbildung einer über das die alterskorrigierten Norm hinausgehenden Schädigung bei der ausgeübten Sportart und dem dokumentierten Belastungszeitraum des Versicherten in weit höherer Frequenz vorkommen, lässt sich hieraus schlüssig folgern. Die anzunehmende, wiederkehrende Schadensanlage, die in der Vergangenheit bei Herrn B. über den angegebenen Zeitraum eingewirkt hat, ist demzufolge als Voraussetzung für die Anerkennung der Erkrankung nach dem Wortlaut der BK 2102 als gegeben anzunehmen. Aufgrund der fehlenden feingeweblichen Begutachtung der Operationsresektate kann, die die alterskorrigierte Norm übersteigende Meniskusschädigung mit Degeneration und Lösung der Gewebsschichten nicht auf diesem Wege untermauert werden. ( ) Die geforderte histopathologische Untersuchung, die den Beweis wesentlich zu führen hat, steht nicht zur Verfügung. Die apparativen und klinischen Befunde sowie der intraoperative Befund sind allein rechtlich nicht geeignet, um die Voraussetzungen für die Anerkennung einer BK 2102 mit ausreichender Wahrscheinlichkeit zu erfüllen."
Mit Bescheid vom 25. Mai 2007 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer Berufskrankheit nach Ziffer 2102 der Anlage zur BKV ab. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass sich ein Meniskusschaden im Sinne der BK 2102 aufgrund des Fehlens eines histopathologischen Gutachtens nicht nachweisen ließe.
Der vom Kläger erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 15. August 2007 zurückgewiesen. Die Beklagte verwies erneut auf die Ausführungen von Dr. B., dass sich ein Meniskusschaden nicht nachweisen ließe, weil ein histopathologisches Gutachten nicht vorliege.
Mit Schriftsatz vom 5. September 2007 hat der Kläger Klage erhoben und verfolgt sein Begehren weiter. Er trägt vor, durch die ärztlichen Befundberichte seien die Meniskusschäden eindeutig belegt. Zum Nachweis der Schäden bedürfe es zudem keines histopathologischen Gutachtens. Eine primäre Meniskopathie liege zweifelsohne vor.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 25. Mai 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. August 2007 aufzuheben und die Meniskuserkrankungen beider Kniegelenke als Berufskrankheit nach Ziffer 2102 der Anlage zur BKV festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie bezieht sich auf die Begründung der angefochtenen Bescheide.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes die Verwaltungsakten der Beklagten, Befundberichte und Röntgenaufnahmen der den Kläger behandelnden Ärzten beigezogen. Zudem ist Beweis erhoben worden durch die Einholung eines fachchirurgischen Sachverständigengutachtens des Dr. K ... Der Gutachter hat in seinem Gutachten vom 18. September 2008 zusammengefasst ausgeführt, dass die Anerkennungsfähigkeit einer Meniskuserkrankung als beruflich verursacht damit stehe und falle, ob zuerst die Meniskuserkrankung bestanden habe oder ob die Meniskuserkrankung sich als Folge anderer Beeinträchtigungen und Auswirkungen erkläre. Für das chirurgisch-orthopädische Fachgebiet ergebe sich weiter die Problematik, dass bislang spezifische Veränderungen, die man zweifelsfrei auf exogene mechanische Einwirkungen zurückführen könne, weder makroskopisch noch histopathologisch bestimmt werden könnten. In welchem Ausmaß für die Ausprägung der Schadensbilder körpereigene, d.h. konstitutionelle, prädisponierende gewebliche Faktoren eine Rolle spielen, könne man weder aus den kernspintomographischen Untersuchungen noch den arthroskopischen-makroskopischen Bildbefunden entnehmen, weil man hierfür keine gesicherten Erkenntnisse besitze.
Ein isoliertes Schadensbild am Innenmeniskushinterhorn könne man nicht als Folge einer langjährigen belastungsinduzierten Zerrüttung begründen, weil schon der makroskopische Aspekt dafür keinen Anhalt besäße. Für ein partielles Schadensbild des Außenmeniskus am linken Kniegelenk könne man weder eine äußere Verletzung noch einen pathobiomechanischen Mechanismus nachweisen, den man auf die langjährige berufliche Belastung zurückführen könne. Eine BK 2102 könne nur anerkannt werden, wenn die Veränderungen an den Innenmenisken vom Vorder- bis zum Hinterhorn ausgeprägt vorliegen würde. Nur mit solchen Befunden sei der Nachweis des beruflich bedingten mechanischen Verschleißes zu führen. Ansonsten sei davon auszugehen, dass die Schadensbilder aufgrund anderer konstitutioneller Ursachen, auch genetischer Art, begründet werden. Ein dem Lebensalter vorauseilendes Schadensbild an den Menisken sei beim Kläger nicht nachgewiesen. Aufgrund des Schadensbildes liege beim Kläger keine BK 2102 vor.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 10. Oktober 2008 hat der medizinische Sachverständige sein Gutachten ausführlich erläutert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Akten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidungsfindung der Kammer.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist als Feststellungsklage nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG zulässig. Das Gericht hat nach § 106 Abs. 1 SGG darauf hinzuwirken, dass die Beteiligten sachdienliche Anträge stellen. Das ursprüngliche Begehren des Klägers auf die "Anerkennung und Leistungsgewährung" ist daher bei entsprechender Auslegung nicht als Leistungsklage, sondern als Feststellungsklage aufzufassen, mit der der Kläger die gerichtliche Feststellung begehrt, dass die Meniskusschäden eine Berufskrankheit nach Ziffer 2102 sind. Dem wörtlichen Begehren die Beklagte zu verurteilen, "Leistungen zu gewähren" kommt neben dem Feststellungsanspruch keine eigenständige Bedeutung zu. Bei einem solchen Ausspruch würde es sich um ein unzulässiges Grundurteil ohne vollstreckbaren Inhalt handeln (vgl. Bundessozialgericht [BSG] Urteil vom 30. Januar 2007, Az.: B 2 U 6/06 R zitiert nach juris).
Die Klage ist begründet. Die Bescheide der Beklagten sind rechtswidrig und verletzen den Kläger daher in seinen Rechten. Der Kläger hat Anspruch auf die Feststellung, dass seine Meniskusschäden eine BK 2102 sind, denn diese hat er infolge seiner beruflichen Tätigkeit erlitten.
Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit erleiden.
Nach Ziffer 2102 der Anlage zur BKV gehören zu den Berufskrankheiten auch Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen der BK 2102 sind erfüllt.
Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit ist neben dem Vorliegen eines berufskrankheitentypischen Erkrankungsbildes (siehe hierzu unter 1.), dass die schädigenden Einwirkungen (so genannte arbeitstechnischen Voraussetzungen; siehe hierzu unter 2.) im Sinne des Berufskrankheitentatbestandes nachgewiesen sind und dass ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung ("berufliche Einwirkungs- Kausalität"; siehe hierzu unter 3.) sowie zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsbegründende Kausalität; (siehe hierzu unter 4.) vorliegt. Dabei müssen die schädigende Einwirkung, die versicherte Tätigkeit und die als Berufskrankheit geltend gemachte Gesundheitsschädigung im Vollbeweis nachgewiesen sein, während für die Beurteilung der Kausalzusammenhänge die hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt. Das Entstehen von länger andauernden Krankheitsfolgen infolge der beruflichbedingten Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) ist regelmäßig keine Voraussetzung für die Anerkennung einer Berufskrankheit.
1. Der Kläger leidet in beiden Kniegelenken an einem Meniskusschaden im Sinne der BK 2102. Die Kammer folgt der ganz herrschenden Auffassung, dass unter die BK 2102 nur die primäre Meniskopathie fällt, nicht die sekundäre (vgl. nur Bay. LSG Urteil vom 5. Dezember 2007, Az.: L 2 U 446/04 in www.sozialgerichtsbarkeit.de m.w.N.). Bei der primären Meniskopathie setzt der vorzeitige Verschleiß im Bereich des Meniskusgewebes mit einer Einbuße an Elastizität und Gleitfähigkeit des gesamten Meniskussystems ein (Schönberger/ Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl., S. 706). Bei der sekundären Meniskopathie treten zunächst ausgedehnte Knorpelschäden im Gelenk auf, deren Ursachen vielfältig sein können. Erst sekundär folgt ein Meniskusschaden.
Beim Kläger lagen primär keine ausgedehnten Knorpelschäden im Gelenk vor. Bereits am XX. April 1997 wurde beim Kläger durch die MRT-Aufnahme des rechten Kniegelenkes festgestellt, dass die Knorpel und die anderen Strukturen im rechten Kniegelenk intakt waren (Befundbericht von Dr. L.). Bei dieser Untersuchung wurde daraufhingewiesen, dass eine zentrale myxoide Degeneration in den Menisci beidseits vorliege. "Myxoide" Degeneration ist gleichbedeutend mit "muziner" Degeneration. Nach Pschyrembel (261. Auflage 2007, S. 1276) handelt es sich dabei um "Schleimstoffe, die von der Haut oder Schleimhäuten zum Schutz gegen chemische oder mechanische Einwirkungen ausgeschieden werden; ( ) kommen außerdem in Knorpel, Sehnen, Haut ( ) vor". Auch für das linke Kniegelenk liegt eine primäre Meniskopathie vor, denn auch dort konnten am XX. Juli 2000 in der MRT-Untersuchung keine ausgedehnten Knorpelschäden festgestellt worden. Vielmehr wurde ausgeführt: "Unauffälliger Knorpelbelag. ( ) Der darüberliegende Knorpelbelag ist intakt. Kein Anhalt für einen Einriss im Bereich des Innenmeniskus. Auffällig ist eine deutliche, vornehmlich interne Degeneration des Hinterhornes des Außenmeniskus, die bis zur Unterfläche reicht." Damit ist für die Kammer nachgewiesen, dass eine primäre Meniskopathie in den Kniegelenken des Klägers vorgelegen hat, denn es konnten keine ausgedehnten primären Knorpelschäden in den Gelenken festgestellt werden, bevor es zu den nachfolgenden Meniskusschäden kam.
2. Der Kläger hat im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit als Profi-Handballspieler seit dem Jahre 1989 bis zum ersten Auftreten von behandlungsbedürftigen Kniegelenksbeschwerden (1997 rechts, 2000 links) und darüber hinaus bis Mitte 2007 mehrjährig, andauernde oder häufig wiederkehrende, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende Tätigkeiten verrichtet. Nach dem vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Merkblatt für die ärztliche Untersuchung der BK 2102 ist eine überdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke biomechanisch gebunden an eine Dauerzwangshaltung, insbesondere bei Belastungen durch Hocken oder Knien bei gleichzeitiger Kraftaufwendung (statische Belastung), oder eine häufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung, insbesondere Laufen oder Springen mit häufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen (dynamische Belastung), ggf. auf grob unebener Unterlage (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage 2003, S. 708).
Die Kammer geht mit dem Sachverständigen Dr. B. davon aus, dass gerade im Handballsport extreme dynamische Belastungen auftreten, so dass es nicht erforderlich ist, dass die Tätigkeit "auf grob unebener Unterlage", wie z.B. bei Rangierern, verrichtet worden zu sein braucht. Die vom Kläger langjährig ausgeübte versicherte Tätigkeit als Profi-Handballspieler erfüllt die Anforderungen der BK 2102.
3. Die Einwirkungskausalität ist gegeben. Der Kläger war bei seiner versicherten Tätigkeit den schädigenden Einwirkungen wesentlich ausgesetzt. Andere nicht versicherte oder außerberufliche Expositionen sind nicht ersichtlich. Der Begriff "Einwirkungskausalität" wird in Anlehnung an den Begriff "Unfallkausalität" verwendet (vgl. zum Versicherungsfall des Arbeitsunfalles BSGE 96, 196ff; P. Becker "Der Arbeitsunfall", SGb 2007, 721, 726). Die bisherige alleinige Differenzierung bzw. Abgrenzung zwischen haftungsbegründender und haftungsausfüllender Kausalität entspricht nach Auffassung der Kammer nicht der Systematik der Prüfung des Berufskrankheitentatbestandes. Die Einwirkungskausalität stellt den Prüfungsschritt der kausalen Verknüpfung zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen dar, die haftungsbegründende Kausalität hingegen den ursächlichen Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung im Sinne der jeweiligen Berufskrankheit. Die haftungsausfüllende Kausalität ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Versicherungsfalles (Arbeitsunfall oder Berufskrankheit). Sie bildet den kausalen Zusammenhang zwischen dem Gesundheitserstschaden der Berufskrankheit und dem Entstehen von länger andauernden Gesundheitsfolgen.
4. Der kausale Zusammenhang zwischen den schädigenden Einwirkungen und der Erkrankung liegt vor. Bei der haftungsbegründenden Kausalität geht es um die Ursachenbeziehung zwischen der äußeren schädigenden Einwirkung und der Listenerkrankung nach der Theorie der wesentlichen Bedingung. Nach dieser Theorie werden als kausal und rechtserheblich nur solche Ursachen angesehen, die zum Eintritt des Erfolges wesentlich mitgewirkt haben.
Welche Ursache demnach wesentlich ist und welche nicht, muss nach Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden (stRspr BSGE 1, 72, 76). Für die wertende Entscheidung über die Wesentlichkeit einer Ursache hat die Rechtsprechung folgende Grundsätze herausgearbeitet: Es kann mehrere rechtlich wesentliche Mitursachen geben. Sozialrechtlich ist allein relevant, ob die äußeren schädigenden Einwirkungen wesentlich waren. Ob eine konkurrierende Ursache es war, ist unerheblich. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben) (BSG SozR Nr 69 zu § 542 aF RVO; BSG SozR Nr 6 zu § 589 RVO; vgl. Krasney in Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, Bd. 3, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Januar 2006, § 8 RdNr. 314, Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Aufl. 2003, Kap 1.3.6.1, S 80 f).
Ist jedoch eine Ursache oder sind mehrere Ursachen gemeinsam gegenüber einer anderen von überragender Bedeutung, so ist oder sind nur die erstgenannte(n) Ursache(n) "wesentlich" und damit Ursache(n) im Sinne des Sozialrechts (BSGE 12, 242, 245 = SozR Nr 27 zu § 542 RVO; BSG SozR Nr 6 zu § 589 RVO). Die andere Ursache, die zwar naturwissenschaftlich ursächlich, aber nicht als "wesentlich" anzusehen ist und damit als Ursache nach der Theorie der wesentlichen Bedingung und im Sinne des Sozialrechts ausscheidet, kann in bestimmten Fallgestaltungen als "Gelegenheitsursache" oder Auslöser bezeichnet werden (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr 10; BSG SozR 2200 § 548 Nr 75; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15 jeweils RdNr 11). Für den Fall, dass die kausale Bedeutung einer äußeren Einwirkung mit derjenigen einer bereits vorhandenen krankhaften Anlage zu vergleichen und abzuwägen ist, ist darauf abzustellen, ob die Krankheitsanlage so stark oder so leicht ansprechbar war, dass die "Auslösung" akuter Erscheinungen aus ihr nicht besonderer, in ihrer Art unersetzlicher äußerer Einwirkungen bedurfte, sondern dass jedes andere alltäglich vorkommende Ereignis zu derselben Zeit die Erscheinung ausgelöst hätte (BSGE 62, 220, 222 f = SozR 2200 § 589 Nr 10; BSG vom 12. April 2005 - B 2 U 27/04 R - BSGE 94, 269 = SozR 4-2700 § 8 Nr 15 jeweils RdNr 11; ähnlich Schönberger/ Mehrtens/Valentin, aaO). Eine solche Ursache hat sich dann nur zufällig bei der versicherten Tätigkeit realisiert, sie ist "gelegentlich" der versicherten Tätigkeit aufgetreten.
Das BSG hat in der Entscheidung vom 9. Mai 2006 (B 2 U 1/05 R – BSGE 96, 196ff) weiter ausgeführt, dass die Kausalitätsbeurteilung auf der Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeiten von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Einwirkungen und der Entstehung bestimmter Krankheiten zu erfolgen hat. Das schließt die Prüfung ein, ob die äußeren schädigenden Einwirkungen nach wissenschaftlichen Maßstäben überhaupt geeignet sind, eine bestimmte körperliche Störung hervorzurufen. Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der aus einem oder mehreren Schritten bestehende Ursachenzusammenhang zwischen den Einwirkungen und den Gesundheitsschaden als anspruchsbegründende Voraussetzung positiv festgestellt werden muss. Für die Feststellung dieses Ursachenzusammenhangs genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit (stRspr BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSGE 32, 203, 209 = SozR Nr 15 zu § 1263 aF RVO; BSGE 45, 285, 287 = SozR 2200 § 548 Nr 38, BSGE 58, 80, 83 = SozR 2200 § 555a Nr 1). Diese liegt vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden; die reine Möglichkeit genügt nicht (BSG SozR Nr 41 zu § 128 SGG; BSG SozR Nr 20 zu § 542 aF RVO; BSGE 19, 52 = SozR Nr 62 zu § 542 aF RVO; BSG SozR 3-1300 § 48 Nr 67; Schönberger/Mehrtens/Valentin aaO, Kap 1.8.2, S 119 f; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 128 RdNr 3c).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Kammer nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens zu der Überzeugung gelangt, dass die Meniskusschädigungen in den Kniegelenken des Klägers durch dessen die Kniegelenke überdurchschnittlich belastende versicherte Tätigkeit als berufsmäßiger Handballspieler mit hinreichender Wahrscheinlichkeit wesentlich verursacht wurden. Das Verletzungsrisiko beim Handballsport ist besonders hoch.
Es liegt bei 70 – 80 % (vgl. Klümper, Sporttraumatologie, Handbuch der Sportarten, Ecomed-Verlagsgesellschaft, Handball II, S. 24). Dies wird auch durch die gutachterlichen Ausführungen von Dr. B. gestützt, der sogar davon ausgeht, dass beim Handball noch eine erheblich höhere Gefährdung als beim Fußball vorliege. Der Kläger war bei seiner Tätigkeit erheblichen externen Verletzungsrisiken ausgesetzt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass aufgrund der Vielzahl der Spiele sowie des hohen Trainingsumfanges und der dadurch unzureichenden Erholungszeiten für die Menisken das Schädigungsrisiko nochmals erheblich erhöht ist. Als Akutverletzungen im Handballsport zitiert Klümper (a.a.O.) gerade auch Meniskusverletzungen. So treten chronische Schäden an den Kniegelenken vor allem durch die häufig mit Springen und Fallen im Kreis verbundenen Wurfformen auf. Ebenso kommen posttraumatische Arthrosen nach Kapsel-Band-Verletzungen oder Meniskusschäden durch ständige Mikrotraumen der Menisken in Betracht. Der Meniskus stellt keine isolierte Struktur des Bewegungsapparates im Kniegelenk dar. Durch die genannten Bewegungsmuster wirken sehr komplexe Kräfte als Belastungen auf die Menisken ein, die häufig zu einer deutlichen Überschreitung der Elastizitätsmodule führen. Dies bestätigt auch der Sachverständige Dr. B ...
Daher sind die Ausführungen von Dr. B. schlüssig, wenn er aufgrund der umfangreichen und kniebelastenden Tätigkeiten in seinem Gutachten darlegt: " Die anzunehmende, wiederkehrende Schadensanlage, die in der Vergangenheit bei Herrn B. über den angegebenen Zeitraum eingewirkt hat, ist demzufolge als Voraussetzung für die Anerkennung der Erkrankung nach dem Wortlaut der BK 2102 als gegeben anzunehmen.". Die Kammer wertet diese Aussagen im Sinne eines wesentlichen Ursachenzusammenhanges. Gerade weil es für die Wirkungsmechanismen zwischen Profisportbelastungen beim Handball und dadurch eintretenden Meniskusschäden an gesicherten wissenschaftlichen Grundlagen fehlt, wie dies von Dr. K. bestätigt wird, muss die Kausalität am konkreten Einzelfall nach den allgemeinen Grundsätzen der Theorie der wesentlichen Bedingung betrachtet werden.
Dr. B. hat in seinem Gutachten überzeugend darauf hingewiesen, dass das Handballspiel keineswegs nur Sprungbelastungen mit sich bringe, sondern sehr komplexe Kniegelenksbelastungen. Das stete Abbremsen und Beschleunigen mit Richtungsänderung unter gegnerischem Vollkontakt führe zu hohen Druck-, Scher- und Drehkräften in den Kniegelenken. Insbesondere der unvorhersehbar und unvorbereitet auf den Körper auftreffende gegnerische Vollkontakt bei gleichzeitigen Beschleunigungs-, Richtungsänderungs- und/oder Bremsvorgängen mit zur Bewegungsebene ungünstig positionierten Beinachsen führe zu muskulär oft nicht ausreichend kompensierbaren Einwirkungen auf die Kniegelenke. Daraus resultiere eine häufige und deutliche Überschreitung der Elastizitätsmodule vom Kapselband –System und der Menisken.
Nach den Ausführungen im Gutachten von Dr. B. zu den geeigneten Einwirkungen durch die berufliche Tätigkeit beim Kläger spricht daher mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung. Auch konnten von keinem Gutachter nachgewiesene konkurrierende Ursachen benannt werden. Der Kläger hat weder "O-Beine" noch "X-Beine". Eine von Dr. K. benannte genetische Disposition für die Verschleißschäden der Menisken ist beim Kläger zwar möglich, aber nach dem heutigen aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand nicht nachweisbar.
Die Kammer folgt ausdrücklich nicht der von Dr. B. gezogenen Schlussfolgerung, dass ohne ein histopathologisches Gutachten der Nachweis einer degenerativen Veränderung der Menisken beim Kläger im Sinne einer die alterskorrigierten Norm hinausgehenden Schädigung nicht zu beweisen sei und es nur damit zu einer Anerkennung einer BK 2102 kommen könne. Insoweit geht die Annahme des Gutachters fehl, dass nur durch ein solches pathologisches Gutachten der Beweis für eine BK 2102 erbracht werden könne. Eine solche "rechtliche" Wertung obliegt nicht dem Gutachter, sondern ist die originäre Aufgabe der Verwaltung bzw. des Gerichts. Der medizinische Sachverständige ist insoweit "Gehilfe", der das fehlende medizinische Fachwissen auf Seiten der Verwaltung bzw. des Gerichts ersetzt.
Ein medizinischer Sachverständige soll daher nur zu medizinischen Fragen Stellung nehmen, welche insbesondere die unfallversicherungsrechtliche Kausalität zwischen bestimmten Einwirkungen und der Entstehung bestimmter Krankheiten betrifft. Er darf sich auch dazu äußern, ob überhaupt eine (Listen-) Erkrankung vorliegt.
Die Anerkennung der BK 2102 erfordert eine primäre Meniskusschädigung durch berufliche Einwirkungen und nicht ausschließlich eine die Altersnorm überschreitende Degeneration der Menisken. Das Vorliegen einer primären Meniskusschädigung und der beruflichen Exposition ist voll bewiesen. Es liegen Auffaserungen und Risse in den Menisken ohne vorausgehende ausgedehnte Knorpel- oder Knochenschädigungen vor. Dr. B. geht vorliegend aber fälschlicherweise davon aus, dass der Kausalzusammenhang nur mit einem histopathologischen Gutachten "voll" bewiesen werden könne. Da es sich um medizinische Zusammenhänge handelt, ist nur die "hinreichende" Wahrscheinlichkeit erforderlich. Das von der Beklagten mit Dr. B. geforderte histopathologische Gutachten stellt allenfalls ein Hilfsmittel zu Bestimmung des Ursachenzusammenhangs dar, dessen Notwendigkeit sich weder den Tatbestandsmerkmalen der BK Nr. 2102 noch dem amtlichen Merkblatt hierzu entnehmen lässt und dessen es vorliegend angesichts der festgestellten Befunde nicht bedarf.
Auch die Ausführungen von Dr. K. zum "Schadensbild" bei den Menisken des Klägers vermögen die Überzeugung der Kammer vom Vorliegen eines wahrscheinlichen Ursachenzusammenhangs zwischen den beruflichen Belastungen und den Meniskusschäden nicht erschüttern. Es mag zwar biomechanisch schlüssig sein, dass die Innenmenisken regelmäßig mehr belastet werden. Bei relativ gleichartigen Bewegungsmustern, wie zum Beispiel beim Marathonlaufen, wäre dies gut nachvollziehbar und möglicherweise auch vergleichbar den im "Konsens" gefundenen belastungskonformen Schadensbildern bei der BK 2108 (bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule).
Ein rein biomechanischer Ansatz bei den dynamischen Belastungen im Handballsport ist nach Auffassung der Kammer nicht überzeugend, denn gerade hier wirken sehr komplexe Kräfte auf die Menisken (Innen- und Außenmeniskus) und es gibt bisher keine gesicherten medizinischen Erkenntnisse, dass der Innenmeniskus erheblich mehr geschädigt sein muss (so auch LSG Schleswig-Holstein Urteil vom 21. Februar 2007, Az.: L 8 U 115/05 in www.sozialgerichtsbarkeit.de).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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