Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AL 2557/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AL 14/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten im Zugunstenverfahren Eingliederungsgeld vom 20. Juni 1992 bis 30. April 1993.
Der am 1962 in S. in der Region Perm (Uralgebiet) geborene Kläger reiste am 20. Juni 1992 zusammen mit seiner Familie in das Bundesgebiet ein. Der Kläger, seit 1. April 1993 Inhaber des Vertriebenenausweises "B", ist als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 100 (Merkzeichen "B", "G" und "H") anerkannt. In der Sowjetunion bezog er aufgrund seiner geistigen Behinderung seit Dezember 1979 eine Invalidenrente nach dortigem Recht; nach wechselnden Beschäftigungen als Arbeiter in einer Sowchose, als Müllwerker und als Hauswart seit Mai 1978 war er zuletzt vor seiner Ausreise von März 1988 bis 8. Juni 1992 als Hausmeister in der kommunalen Wohnungsabteilung eines Stickstoffmineraldüngemittel-Werks in Tadschikistan angestellt. Seit 1. Mai 1993 ist der Kläger in der Werkstatt für behinderte Menschen der Evangelischen Stiftung L. aufgenommen, wobei er bis 30. April 1995 auf Kosten der Beklagten (Bescheid des Arbeitsamts (ArbA) Heilbronn vom 1. Juli 1993) im Arbeitstrainingsbereich eingesetzt war und nunmehr seit 1. Mai 1995 in den Arbeitsbereich übernommen worden ist. Die Zeiten bis 8. Juni 1992 sind nach dem am 6. Oktober 1998 ausgestellten Versicherungsverlauf der Landesversicherungsanstalt Württemberg als Zeiten mit Pflichtbeiträgen nach dem Fremdrentengesetz, diejenigen bis 31. August 1992 außerdem als Rentenbezugszeiten mit Zurechnungszeit vorgemerkt; ab 1. Mai 1993 enthält der Versicherungsverlauf wiederum Zeiten mit Pflichtbeiträgen, während die Zeit vom 1. September 1992 bis 30. April 1993 als Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug mit dem Zusatz "keine Anrechnung" vermerkt ist.
Nach seiner Einreise (Aufnahme in der Landesstelle Unna-Massen am 20. Juni 1992, Weiterleitung an die Landesaufnahmestelle für Aussiedler des Freistaates Sachsen in Bärenstein am 13. Juli 1992) bezog der Vater des Klägers ausweislich der von ihm zu den Akten gereichten Unterlagen zunächst vom 22. Juni bis 4. August 1992 vorläufig Eingliederungsgeld (Bescheid des ArbA Annaberg-Buchholz vom 31. Juli 1992); nach dem Umzug nach Taucha wurde die Bewilligung an den Vater durch das ArbA Leipzig ebenfalls unter Vorbehalt verfügt (Schreiben des ArbA vom 17. September 1992). Hinsichtlich des Klägers hatte das ArbA Annaberg-Buchholz dagegen eine psychologische Begutachtung für erforderlich gehalten, welche anscheinend aufgrund fehlender Einwilligung zur Untersuchung nicht zustande kam. Nach dem Umzug des Klägers in den Raum Heilbronn im Februar 1993 sollen für diesen angeblich wiederholt Eingliederungshilfeleistungen beantragt worden sein. Hinreichend dokumentiert durch vom Kläger vorgelegte Unterlagen ist eine Vorsprache seines Vaters, der seit 1994 als sein gesetzlicher Betreuer bestellt ist, auf dem ArbA Heilbronn am 15. Oktober 1998; hiernach wurde Eingliederungshilfe ab der Einreise rückwirkend bis 30. April 1993 begehrt. Das ArbA Heilbronn, welchem keine Anträge oder Unterlagen aus früherer Zeit vorlagen, leitete den Antrag auf Wunsch des Betreuers an das ArbA Leipzig weiter; von dort wurde ihm mit Schreiben vom 1. Juni 1999 erklärt, dass eine "eventuelle Zahlung der Überbrückungshilfe" nicht erfolgen könne, weil Sozialleistungen "gemäß § 44 Abs. 4 SGB I" längstens für einen Zeitraum von vier Jahren erbracht würden; maßgebend für die Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen erbracht werden könnten, sei der Eingang des Antrages zur Überprüfung.
Mit einem am 29. August 2005 bei der Agentur für Arbeit Heilbronn eingegangenen Schreiben vom selben Tage verwies der Betreuer des Klägers auf ein beigefügtes Schreiben vom 15. März 1993, welches an die Widerspruchsstelle des ArbA Heilbronn gerichtet war und in dem - allerdings ohne einen Bescheid zu bezeichnen - formuliert ist, der Kläger "melde Widerspruch an, Überprüfungsantrag den § 44"; der Betreuer bat nunmehr erneut um Überprüfung. Durch Bescheid vom 5. September 2005 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab, weil Sozialleistungen, unabhängig davon, dass die Unterlagen nach sieben Jahren Aufbewahrungszeit zwischenzeitlich vernichtet seien, nach § 44 Abs. 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren rückwirkend erbracht werden könnten. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, Widersprüche und Vorsprachen hinsichtlich des Eingliederungsgeldes seien nicht nur am 15. März 1993, sondern auch in den Jahren 1992, 1994, 1995, 1998 und 1999 erfolgt; der erste Widerspruch sei im Übrigen gegen einen Ablehnungsbescheid des ArbA Annaberg-Buchholz eingelegt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2005 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Deswegen erhob der Kläger über seinen Betreuer am 3. November 2005 Klage zum Sozialgericht Heilbronn - SG - (S 9 AL 3605/05). Das SG führte am 3. Juli 2007 einen Erörterungstermin durch, zu dem sowohl der Kläger als auch sein Betreuer erschienen. Ausweislich der Niederschrift vom selben Tage verwies die Kammervorsitzende u.a. auf die Bestimmung des § 62a Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), die Eingliederungsgeld nur vorgesehen habe, wenn der Aussiedler der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe, sowie ferner auf die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X und regte deshalb an, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären. In der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung vom 3. Juli 2007 ist anschließend Folgendes protokolliert:
"Der Klägervertreter erklärt daraufhin: Ich erkläre den Rechtsstreit damit für erledigt".
Einen Vermerk über das Vorlesen und die Genehmigung der Prozesserklärung enthält die Niederschrift nicht.
Nach Erhalt der Niederschrift hat der Betreuer des Klägers beim SG am 10. Juli 2007 zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erklärt, er habe den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt; er sei davon überzeugt, dass die Frist zehn Jahre betrage. Im Übrigen habe er am 31. Juli 1992 beim ArbA Hamm mündlich Widerspruch eingelegt, mehrmals im Jahr 1992 beim ArbA Leipzig sowie schriftlich am 15. März 1993 beim ArbA Heilbronn; weitere Gespräche seien beim ArbA Heilbronn geführt und Widersprüche in den Jahren 1994, 1995, 1997 und 2005 eingelegt worden. Der Kläger sei nunmehr in Deutschland schon seit 14 Jahren in der Schreinerei der Behindertenwerkstatt beschäftigt und habe zuvor 13 Jahre lang in Russland und Tadschikistan gearbeitet; all das beweise, dass er auch bei der Einreise zur Verfügung des ArbA gestanden habe. Mit Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2007 (S 9 AL 2557/07) hat das SG festgestellt, dass die Klage "im Erörterungstermin vom 03.07.2007 zurückgenommen worden" sei; in den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger über seinen Betreuer den Rechtsstreit nach ausführlicher Aufklärung über die Rechtslage im Erörterungstermin für erledigt erklärt und damit wirksam zurückgenommen habe.
Gegen den dem Betreuer des Klägers am 17. Dezember 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat sich dieser mit zwei am 28. Dezember 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingereichten Schreiben gewandt. Auf die gerichtliche Verfügung vom 2. Januar 2008 hat der Betreuer mit Schreiben vom 10. Januar 2008 (Eingang 14. Januar 2008) klargestellt, dass der Kläger Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 14. Dezember 2007 eingelegt habe. Der Kläger hat über seinen Betreuer schriftlich u.a. vortragen lassen, dieser habe sofort am 10. Juli 2007 beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle den Rechtsstreit für nicht erledigt erklärt, weil in der Niederschrift des SG vom 3. Juli 2007 Fehler aufgefallen seien; die Richterin und die Beklagte seien nämlich irrtümlich davon ausgegangen, dass es um die neuen Widersprüche gehe. Demgegenüber erinnere er daran, dass sein Betreuer schon am 31. Juli 1992 sowie am 15. März 1993 Widerspruch eingelegt habe; hiermit sei die Vier-Jahresfrist des § 44 Abs. 4 SGB X gewahrt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 5. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Oktober 2005 zu verurteilen, ihm unter Rücknahme entgegenstehender Bescheide in der Zeit vom 20. Juni 1992 bis 30. April 1993 Eingliederungsgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakten des SG (S 9 AL 3605/05 und S 9 AL 2557/07) und die Berufungsakte des Senats (L 7 AL 14/08) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die vom Betreuer des Klägers in dessen Namen eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der hier maßgeblichen, bis 31. März 2008 geltenden Fassung) und, da die Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 SGG gewahrt sind, auch im Übrigen zulässig. Zwar hat der Betreuer, dessen Aufgabenkreis die Besorgung sämtlicher Angelegenheiten des Klägers einschließlich der gesamten Vermögenssorge umfasst (vgl. Betreuerausweis vom 14. Februar 1994), in seinen beiden an das LSG adressierten und dort am 28. Dezember 2007 eingegangenen Schreiben (eines davon datiert vom 22. Dezember 2007) das Rechtsmittel der Berufung nicht ausdrücklich genannt; er hat mit den Schreiben jedoch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger mit dem Gerichtsbescheid des SG vom 12. Dezember 2007 nicht einverstanden sei und eine Überprüfung desselben wünsche. Dies reicht zur Annahme der Einlegung des Rechtsmittels aus (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-1500 § 151 Nrn. 2 und 3), zumal der Betreuer die Berufungseinlegung mit seinem die gerichtliche Verfügung vom 2. Januar 2008 beantwortenden - im Übrigen am 14. Januar 2008 und damit noch innerhalb der Berufungsfrist beim LSG eingegangenen - Schreiben vom 10. Januar 2008 bekräftigt hat.
Die Berufung ist indessen nicht begründet. Dabei ist der Senat bereits an einer Sachentscheidung gehindert, weil der Rechtsstreit vor dem SG im Verfahren S 9 AL 3605/05 durch die vom Betreuer des Klägers in dessen Namen abgegebene Prozesserklärung im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 3. Juli 2007 erledigt worden ist; diese Wirkung hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2007 (S 9 AL 2557/07) zutreffend durch Prozessurteil festgestellt.
Nach § 102 Satz 1 SGG (in der hier anzuwendenden Fassung des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2144); vgl. ab 1. April 2008 § 102 Abs. 1 Satz 1 SGG (Fassung durch das Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008, BGBl. I S. 444)) kann der Kläger die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen; die Klage erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache (Satz 2 a.a.O.). Als Prozesshandlung ist die Klagerücknahme bedingungsfeindlich; sie kann als solche - ebenso wie die Rücknahme der Berufung - weder widerrufen noch nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) wegen Irrtums angefochten werden (vgl. BSGE 14, 138, 141 f.; SozR Nr. 6 zur § 102 SGG; BSG, Beschluss vom 19. März 2002 - B 9 V 75/01 B - (juris)), es sei denn, die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 179 f. SGG, §§ 578 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO)) lägen vor (vgl. BSG SozR 1500 § 102 Nr. 2). Auf die Gründe und Motive für die Rücknahme des Rechtsbehelfs kommt es nicht an (vgl. BSGE 8, 185, 189; Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 26. September 2007 - XII ZB 80/07 - NJW-RR 2008, 85).
Vorliegend hat die - in der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des SG vom 3. Juli 2007 festgestellte - Prozesserklärung des Betreuers des Klägers den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Dabei hat das SG die Erledigungserklärung im angefochtenen Gerichtsbescheid im Ergebnis zutreffend als Rücknahme der Klage im Sinne des § 102 SGG gewertet, da einseitige Erledigungserklärungen in den kostenprivilegierten Verfahren nach § 183 SGG - wie hier - keine eigenständige kostenrechtliche Bedeutung haben (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Dezember 2005 - B 7a AL 192/05 B - (juris)). An der Abgabe der Erledigungserklärung durch den Betreuer hat der Senat mit Blick auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtbescheid und in der gerichtlichen Verfügung vom 30. Oktober 2007 sowie darüber hinaus in Ansehung der Darlegungen der Beklagten im Schriftsatz vom 8. November 2007 keinerlei Zweifel. Im letztgenannten Schriftsatz, der von dem für die Beklagte erstinstanzlich im Erörterungstermin vom 3. Juli 2007 auftretenden Bevollmächtigten Seiffert unterzeichnet ist, ist ausdrücklich festgehalten, dass der Kläger das sozialgerichtliche Verfahren für erledigt erklärt habe, nachdem ihm die Sach- und Rechtslage ausführlichst dargelegt worden sei. Im Übrigen hat der Betreuer des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 22. Januar 2009 selbst eingeräumt, dass er weder der Kammervorsitzenden noch dem Beklagtenbevollmächtigten eine Unwahrhaftigkeit vorwerfen wolle. Soweit er die Erledigungserklärung schon wenige Tage nach ihrer Abgabe hat korrigieren wollen, weil er gemeint hat, der Kläger habe dem ArbA in der streitbefangenen Zeit trotz seiner Behinderung zur Verfügung gestanden, darüber hinaus gelte entgegen der Auffassung des SG eine Ausschlussfrist von zehn Jahren und außerdem sei die Frist des § 44 Abs. 4 SGB X wegen seines Schreibens vom 15. März 1993 noch längst nicht abgelaufen gewesen, ist dies unerheblich, weil es auf die Gründe für die Klagerücknahme nicht ankommt.
Die vom Betreuer des Klägers abgegebene Prozesserklärung ist sonach wirksam; sie bindet den Kläger, weil sein Betreuer ihn im Rahmen seines Aufgabenkreises (hier: der umfassenden Vermögenssorge) gerichtlich und außergerichtlich vertritt (vgl. § 1902 BGB). Wiederaufnahmegründe im Sinne der §§ 179 f. SGG, 579, 580 ZPO sind nicht gegeben.
Der Wirksamkeit der - als Klagerücknahme zu wertenden - Prozesserklärung des Betreuers des Klägers steht ferner nicht entgegen, dass in der Sitzungsniederschrift vom 3. Juli 2007 zwar das Gebot des § 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. Nr. 8 ZPO, nämlich die Feststellung der Zurücknahme der Klage, beachtet worden ist, indes die Einhaltung der Förmlichkeiten des § 162 Abs. 1 ZPO, also das Vorlesen oder das Abspielen sowie die Erteilung der Genehmigung, aus der Niederschrift nicht ersichtlich ist. Denn die Wirksamkeit der Klagerücknahme ist weder davon abhängig, dass die Rücknahmeerklärung vorgelesen worden ist, noch dass das Protokoll genehmigt worden ist (vgl. BSG SozR 1500 § 102 Nr. 4; BGH, Beschluss vom 18. Januar 1984 - IV ZB 53/83 - NJW 1984, 1465; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Auflage, § 102 Rdnr. 8), wenn nur feststeht, dass der Kläger die als Klagerücknahme zu behandelnde Prozesserklärung eindeutig erklärt hat (vgl. hierzu BSG SozR Nr. 8 zu § 102 SGG). Dies war aber hier - wie oben ausgeführt - der Fall.
Nach alledem war der Rechtsstreit durch die in der nichtöffentlichen Sitzung des SG vom 3. Juli 2007 abgegebene Prozesserklärung des Betreuers des Klägers erledigt. Diese Klagerücknahme stand einer erneuten Klage mit demselben Streitgegenstand grundsätzlich entgegen (vgl. BSG SozR 1500 § 12 Nr. 5; BSG, Urteil vom 31. März 1993 - 13 RJ 33/91 - (juris)). Selbst wenn mit der in der Literatur zum Teil vertretenen Auffassung eine erneute Klageerhebung bei Einhaltung der Klagefrist noch für möglich erachtet würde (vgl. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rdnr. 11), wäre dies hier ausgeschlossen, weil die Klagefrist des § 87 SGG zum Zeitpunkt der Protokollierung der Erklärung des Betreuers des Klägers durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des SG am 10. Juli 2007 bereits längst verstrichen war.
Aus den vorstehenden Gründen ist dem Senat eine Sachentscheidung verwehrt. Darauf, ob der erhobene Anspruch - ungeachtet der gesetzlichen Voraussetzungen für das Eingliederungsgeld (vgl. § 62a Abs. 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung, § 242n AFG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2094)) - bereits an der Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X scheitern müsste, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an, wenngleich darauf hinzuweisen ist, dass der Kläger zu seinen behaupteten diversen Widersprüchen und Überprüfungsanträgen als einzige Verwaltungsverlautbarung das Schreiben des ArbA Leipzig vom 1. Juni 1999 vorzulegen vermochte; schon zum Zeitpunkt des dem vorausgegangenen Überprüfungsantrags vom 15. Oktober 1998 wäre indes die vorgenannte Ausschlussfrist abgelaufen gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt von der Beklagten im Zugunstenverfahren Eingliederungsgeld vom 20. Juni 1992 bis 30. April 1993.
Der am 1962 in S. in der Region Perm (Uralgebiet) geborene Kläger reiste am 20. Juni 1992 zusammen mit seiner Familie in das Bundesgebiet ein. Der Kläger, seit 1. April 1993 Inhaber des Vertriebenenausweises "B", ist als Schwerbehinderter mit einem Grad der Behinderung von 100 (Merkzeichen "B", "G" und "H") anerkannt. In der Sowjetunion bezog er aufgrund seiner geistigen Behinderung seit Dezember 1979 eine Invalidenrente nach dortigem Recht; nach wechselnden Beschäftigungen als Arbeiter in einer Sowchose, als Müllwerker und als Hauswart seit Mai 1978 war er zuletzt vor seiner Ausreise von März 1988 bis 8. Juni 1992 als Hausmeister in der kommunalen Wohnungsabteilung eines Stickstoffmineraldüngemittel-Werks in Tadschikistan angestellt. Seit 1. Mai 1993 ist der Kläger in der Werkstatt für behinderte Menschen der Evangelischen Stiftung L. aufgenommen, wobei er bis 30. April 1995 auf Kosten der Beklagten (Bescheid des Arbeitsamts (ArbA) Heilbronn vom 1. Juli 1993) im Arbeitstrainingsbereich eingesetzt war und nunmehr seit 1. Mai 1995 in den Arbeitsbereich übernommen worden ist. Die Zeiten bis 8. Juni 1992 sind nach dem am 6. Oktober 1998 ausgestellten Versicherungsverlauf der Landesversicherungsanstalt Württemberg als Zeiten mit Pflichtbeiträgen nach dem Fremdrentengesetz, diejenigen bis 31. August 1992 außerdem als Rentenbezugszeiten mit Zurechnungszeit vorgemerkt; ab 1. Mai 1993 enthält der Versicherungsverlauf wiederum Zeiten mit Pflichtbeiträgen, während die Zeit vom 1. September 1992 bis 30. April 1993 als Zeit der Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug mit dem Zusatz "keine Anrechnung" vermerkt ist.
Nach seiner Einreise (Aufnahme in der Landesstelle Unna-Massen am 20. Juni 1992, Weiterleitung an die Landesaufnahmestelle für Aussiedler des Freistaates Sachsen in Bärenstein am 13. Juli 1992) bezog der Vater des Klägers ausweislich der von ihm zu den Akten gereichten Unterlagen zunächst vom 22. Juni bis 4. August 1992 vorläufig Eingliederungsgeld (Bescheid des ArbA Annaberg-Buchholz vom 31. Juli 1992); nach dem Umzug nach Taucha wurde die Bewilligung an den Vater durch das ArbA Leipzig ebenfalls unter Vorbehalt verfügt (Schreiben des ArbA vom 17. September 1992). Hinsichtlich des Klägers hatte das ArbA Annaberg-Buchholz dagegen eine psychologische Begutachtung für erforderlich gehalten, welche anscheinend aufgrund fehlender Einwilligung zur Untersuchung nicht zustande kam. Nach dem Umzug des Klägers in den Raum Heilbronn im Februar 1993 sollen für diesen angeblich wiederholt Eingliederungshilfeleistungen beantragt worden sein. Hinreichend dokumentiert durch vom Kläger vorgelegte Unterlagen ist eine Vorsprache seines Vaters, der seit 1994 als sein gesetzlicher Betreuer bestellt ist, auf dem ArbA Heilbronn am 15. Oktober 1998; hiernach wurde Eingliederungshilfe ab der Einreise rückwirkend bis 30. April 1993 begehrt. Das ArbA Heilbronn, welchem keine Anträge oder Unterlagen aus früherer Zeit vorlagen, leitete den Antrag auf Wunsch des Betreuers an das ArbA Leipzig weiter; von dort wurde ihm mit Schreiben vom 1. Juni 1999 erklärt, dass eine "eventuelle Zahlung der Überbrückungshilfe" nicht erfolgen könne, weil Sozialleistungen "gemäß § 44 Abs. 4 SGB I" längstens für einen Zeitraum von vier Jahren erbracht würden; maßgebend für die Berechnung des Zeitraumes, für den rückwirkend Leistungen erbracht werden könnten, sei der Eingang des Antrages zur Überprüfung.
Mit einem am 29. August 2005 bei der Agentur für Arbeit Heilbronn eingegangenen Schreiben vom selben Tage verwies der Betreuer des Klägers auf ein beigefügtes Schreiben vom 15. März 1993, welches an die Widerspruchsstelle des ArbA Heilbronn gerichtet war und in dem - allerdings ohne einen Bescheid zu bezeichnen - formuliert ist, der Kläger "melde Widerspruch an, Überprüfungsantrag den § 44"; der Betreuer bat nunmehr erneut um Überprüfung. Durch Bescheid vom 5. September 2005 lehnte die Beklagte den Überprüfungsantrag ab, weil Sozialleistungen, unabhängig davon, dass die Unterlagen nach sieben Jahren Aufbewahrungszeit zwischenzeitlich vernichtet seien, nach § 44 Abs. 4 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahren rückwirkend erbracht werden könnten. Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, Widersprüche und Vorsprachen hinsichtlich des Eingliederungsgeldes seien nicht nur am 15. März 1993, sondern auch in den Jahren 1992, 1994, 1995, 1998 und 1999 erfolgt; der erste Widerspruch sei im Übrigen gegen einen Ablehnungsbescheid des ArbA Annaberg-Buchholz eingelegt worden. Mit Widerspruchsbescheid vom 13. Oktober 2005 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Deswegen erhob der Kläger über seinen Betreuer am 3. November 2005 Klage zum Sozialgericht Heilbronn - SG - (S 9 AL 3605/05). Das SG führte am 3. Juli 2007 einen Erörterungstermin durch, zu dem sowohl der Kläger als auch sein Betreuer erschienen. Ausweislich der Niederschrift vom selben Tage verwies die Kammervorsitzende u.a. auf die Bestimmung des § 62a Abs. 1 Nr. 1 des Arbeitsförderungsgesetzes (AFG), die Eingliederungsgeld nur vorgesehen habe, wenn der Aussiedler der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden habe, sowie ferner auf die Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X und regte deshalb an, den Rechtsstreit für erledigt zu erklären. In der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung vom 3. Juli 2007 ist anschließend Folgendes protokolliert:
"Der Klägervertreter erklärt daraufhin: Ich erkläre den Rechtsstreit damit für erledigt".
Einen Vermerk über das Vorlesen und die Genehmigung der Prozesserklärung enthält die Niederschrift nicht.
Nach Erhalt der Niederschrift hat der Betreuer des Klägers beim SG am 10. Juli 2007 zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erklärt, er habe den Rechtsstreit nicht für erledigt erklärt; er sei davon überzeugt, dass die Frist zehn Jahre betrage. Im Übrigen habe er am 31. Juli 1992 beim ArbA Hamm mündlich Widerspruch eingelegt, mehrmals im Jahr 1992 beim ArbA Leipzig sowie schriftlich am 15. März 1993 beim ArbA Heilbronn; weitere Gespräche seien beim ArbA Heilbronn geführt und Widersprüche in den Jahren 1994, 1995, 1997 und 2005 eingelegt worden. Der Kläger sei nunmehr in Deutschland schon seit 14 Jahren in der Schreinerei der Behindertenwerkstatt beschäftigt und habe zuvor 13 Jahre lang in Russland und Tadschikistan gearbeitet; all das beweise, dass er auch bei der Einreise zur Verfügung des ArbA gestanden habe. Mit Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2007 (S 9 AL 2557/07) hat das SG festgestellt, dass die Klage "im Erörterungstermin vom 03.07.2007 zurückgenommen worden" sei; in den Gründen ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger über seinen Betreuer den Rechtsstreit nach ausführlicher Aufklärung über die Rechtslage im Erörterungstermin für erledigt erklärt und damit wirksam zurückgenommen habe.
Gegen den dem Betreuer des Klägers am 17. Dezember 2007 zugestellten Gerichtsbescheid hat sich dieser mit zwei am 28. Dezember 2007 beim Landessozialgericht (LSG) eingereichten Schreiben gewandt. Auf die gerichtliche Verfügung vom 2. Januar 2008 hat der Betreuer mit Schreiben vom 10. Januar 2008 (Eingang 14. Januar 2008) klargestellt, dass der Kläger Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 14. Dezember 2007 eingelegt habe. Der Kläger hat über seinen Betreuer schriftlich u.a. vortragen lassen, dieser habe sofort am 10. Juli 2007 beim Urkundsbeamten der Geschäftsstelle den Rechtsstreit für nicht erledigt erklärt, weil in der Niederschrift des SG vom 3. Juli 2007 Fehler aufgefallen seien; die Richterin und die Beklagte seien nämlich irrtümlich davon ausgegangen, dass es um die neuen Widersprüche gehe. Demgegenüber erinnere er daran, dass sein Betreuer schon am 31. Juli 1992 sowie am 15. März 1993 Widerspruch eingelegt habe; hiermit sei die Vier-Jahresfrist des § 44 Abs. 4 SGB X gewahrt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 12. Dezember 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 5. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13. Oktober 2005 zu verurteilen, ihm unter Rücknahme entgegenstehender Bescheide in der Zeit vom 20. Juni 1992 bis 30. April 1993 Eingliederungsgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den angefochtenen Gerichtsbescheid und die streitbefangenen Bescheide für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die Klageakten des SG (S 9 AL 3605/05 und S 9 AL 2557/07) und die Berufungsakte des Senats (L 7 AL 14/08) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die vom Betreuer des Klägers in dessen Namen eingelegte Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) in der hier maßgeblichen, bis 31. März 2008 geltenden Fassung) und, da die Form- und Fristvorschriften des § 151 Abs. 1 SGG gewahrt sind, auch im Übrigen zulässig. Zwar hat der Betreuer, dessen Aufgabenkreis die Besorgung sämtlicher Angelegenheiten des Klägers einschließlich der gesamten Vermögenssorge umfasst (vgl. Betreuerausweis vom 14. Februar 1994), in seinen beiden an das LSG adressierten und dort am 28. Dezember 2007 eingegangenen Schreiben (eines davon datiert vom 22. Dezember 2007) das Rechtsmittel der Berufung nicht ausdrücklich genannt; er hat mit den Schreiben jedoch deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Kläger mit dem Gerichtsbescheid des SG vom 12. Dezember 2007 nicht einverstanden sei und eine Überprüfung desselben wünsche. Dies reicht zur Annahme der Einlegung des Rechtsmittels aus (vgl. Bundessozialgericht (BSG) SozR 4-1500 § 151 Nrn. 2 und 3), zumal der Betreuer die Berufungseinlegung mit seinem die gerichtliche Verfügung vom 2. Januar 2008 beantwortenden - im Übrigen am 14. Januar 2008 und damit noch innerhalb der Berufungsfrist beim LSG eingegangenen - Schreiben vom 10. Januar 2008 bekräftigt hat.
Die Berufung ist indessen nicht begründet. Dabei ist der Senat bereits an einer Sachentscheidung gehindert, weil der Rechtsstreit vor dem SG im Verfahren S 9 AL 3605/05 durch die vom Betreuer des Klägers in dessen Namen abgegebene Prozesserklärung im Termin zur Erörterung des Sachverhalts vom 3. Juli 2007 erledigt worden ist; diese Wirkung hat das SG im angefochtenen Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2007 (S 9 AL 2557/07) zutreffend durch Prozessurteil festgestellt.
Nach § 102 Satz 1 SGG (in der hier anzuwendenden Fassung des 6. SGG-Änderungsgesetzes vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2144); vgl. ab 1. April 2008 § 102 Abs. 1 Satz 1 SGG (Fassung durch das Gesetz zur Änderung des SGG und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008, BGBl. I S. 444)) kann der Kläger die Klage bis zur Rechtskraft des Urteils zurücknehmen; die Klage erledigt den Rechtsstreit in der Hauptsache (Satz 2 a.a.O.). Als Prozesshandlung ist die Klagerücknahme bedingungsfeindlich; sie kann als solche - ebenso wie die Rücknahme der Berufung - weder widerrufen noch nach den Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) wegen Irrtums angefochten werden (vgl. BSGE 14, 138, 141 f.; SozR Nr. 6 zur § 102 SGG; BSG, Beschluss vom 19. März 2002 - B 9 V 75/01 B - (juris)), es sei denn, die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens (§§ 179 f. SGG, §§ 578 ff. der Zivilprozessordnung (ZPO)) lägen vor (vgl. BSG SozR 1500 § 102 Nr. 2). Auf die Gründe und Motive für die Rücknahme des Rechtsbehelfs kommt es nicht an (vgl. BSGE 8, 185, 189; Bundesgerichtshof (BGH), Beschluss vom 26. September 2007 - XII ZB 80/07 - NJW-RR 2008, 85).
Vorliegend hat die - in der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des SG vom 3. Juli 2007 festgestellte - Prozesserklärung des Betreuers des Klägers den Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt. Dabei hat das SG die Erledigungserklärung im angefochtenen Gerichtsbescheid im Ergebnis zutreffend als Rücknahme der Klage im Sinne des § 102 SGG gewertet, da einseitige Erledigungserklärungen in den kostenprivilegierten Verfahren nach § 183 SGG - wie hier - keine eigenständige kostenrechtliche Bedeutung haben (vgl. BSG, Beschluss vom 29. Dezember 2005 - B 7a AL 192/05 B - (juris)). An der Abgabe der Erledigungserklärung durch den Betreuer hat der Senat mit Blick auf die Ausführungen des SG im angefochtenen Gerichtbescheid und in der gerichtlichen Verfügung vom 30. Oktober 2007 sowie darüber hinaus in Ansehung der Darlegungen der Beklagten im Schriftsatz vom 8. November 2007 keinerlei Zweifel. Im letztgenannten Schriftsatz, der von dem für die Beklagte erstinstanzlich im Erörterungstermin vom 3. Juli 2007 auftretenden Bevollmächtigten Seiffert unterzeichnet ist, ist ausdrücklich festgehalten, dass der Kläger das sozialgerichtliche Verfahren für erledigt erklärt habe, nachdem ihm die Sach- und Rechtslage ausführlichst dargelegt worden sei. Im Übrigen hat der Betreuer des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 22. Januar 2009 selbst eingeräumt, dass er weder der Kammervorsitzenden noch dem Beklagtenbevollmächtigten eine Unwahrhaftigkeit vorwerfen wolle. Soweit er die Erledigungserklärung schon wenige Tage nach ihrer Abgabe hat korrigieren wollen, weil er gemeint hat, der Kläger habe dem ArbA in der streitbefangenen Zeit trotz seiner Behinderung zur Verfügung gestanden, darüber hinaus gelte entgegen der Auffassung des SG eine Ausschlussfrist von zehn Jahren und außerdem sei die Frist des § 44 Abs. 4 SGB X wegen seines Schreibens vom 15. März 1993 noch längst nicht abgelaufen gewesen, ist dies unerheblich, weil es auf die Gründe für die Klagerücknahme nicht ankommt.
Die vom Betreuer des Klägers abgegebene Prozesserklärung ist sonach wirksam; sie bindet den Kläger, weil sein Betreuer ihn im Rahmen seines Aufgabenkreises (hier: der umfassenden Vermögenssorge) gerichtlich und außergerichtlich vertritt (vgl. § 1902 BGB). Wiederaufnahmegründe im Sinne der §§ 179 f. SGG, 579, 580 ZPO sind nicht gegeben.
Der Wirksamkeit der - als Klagerücknahme zu wertenden - Prozesserklärung des Betreuers des Klägers steht ferner nicht entgegen, dass in der Sitzungsniederschrift vom 3. Juli 2007 zwar das Gebot des § 122 SGG i.V.m. § 160 Abs. Nr. 8 ZPO, nämlich die Feststellung der Zurücknahme der Klage, beachtet worden ist, indes die Einhaltung der Förmlichkeiten des § 162 Abs. 1 ZPO, also das Vorlesen oder das Abspielen sowie die Erteilung der Genehmigung, aus der Niederschrift nicht ersichtlich ist. Denn die Wirksamkeit der Klagerücknahme ist weder davon abhängig, dass die Rücknahmeerklärung vorgelesen worden ist, noch dass das Protokoll genehmigt worden ist (vgl. BSG SozR 1500 § 102 Nr. 4; BGH, Beschluss vom 18. Januar 1984 - IV ZB 53/83 - NJW 1984, 1465; Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 9. Auflage, § 102 Rdnr. 8), wenn nur feststeht, dass der Kläger die als Klagerücknahme zu behandelnde Prozesserklärung eindeutig erklärt hat (vgl. hierzu BSG SozR Nr. 8 zu § 102 SGG). Dies war aber hier - wie oben ausgeführt - der Fall.
Nach alledem war der Rechtsstreit durch die in der nichtöffentlichen Sitzung des SG vom 3. Juli 2007 abgegebene Prozesserklärung des Betreuers des Klägers erledigt. Diese Klagerücknahme stand einer erneuten Klage mit demselben Streitgegenstand grundsätzlich entgegen (vgl. BSG SozR 1500 § 12 Nr. 5; BSG, Urteil vom 31. März 1993 - 13 RJ 33/91 - (juris)). Selbst wenn mit der in der Literatur zum Teil vertretenen Auffassung eine erneute Klageerhebung bei Einhaltung der Klagefrist noch für möglich erachtet würde (vgl. hierzu Leitherer in Meyer-Ladewig u.a., a.a.O., Rdnr. 11), wäre dies hier ausgeschlossen, weil die Klagefrist des § 87 SGG zum Zeitpunkt der Protokollierung der Erklärung des Betreuers des Klägers durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des SG am 10. Juli 2007 bereits längst verstrichen war.
Aus den vorstehenden Gründen ist dem Senat eine Sachentscheidung verwehrt. Darauf, ob der erhobene Anspruch - ungeachtet der gesetzlichen Voraussetzungen für das Eingliederungsgeld (vgl. § 62a Abs. 1 AFG in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung, § 242n AFG in der Fassung des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2094)) - bereits an der Ausschlussfrist des § 44 Abs. 4 SGB X scheitern müsste, kommt es unter diesen Umständen nicht mehr an, wenngleich darauf hinzuweisen ist, dass der Kläger zu seinen behaupteten diversen Widersprüchen und Überprüfungsanträgen als einzige Verwaltungsverlautbarung das Schreiben des ArbA Leipzig vom 1. Juni 1999 vorzulegen vermochte; schon zum Zeitpunkt des dem vorausgegangenen Überprüfungsantrags vom 15. Oktober 1998 wäre indes die vorgenannte Ausschlussfrist abgelaufen gewesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
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