Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 AS 3579/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 AS 2935/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Absenkung der Regelleistung für den Kläger für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 gemäß § 31 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) streitig.
Der 1980 geborene Kläger steht mit seiner Ehefrau und den 2003 und 2006 geborenen Kindern im Leistungsbezug bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 14.02.2007 wurden der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.04.2007 bis 30.09.2007 in Höhe von monatlich 728 EUR (auf den Kläger entfallender Anteil 311 EUR) bewilligt. Für die Monate Oktober 2007 bis März 2008 bewilligte die Beklage der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 29.08.2007 monatliche Leistungen in Höhe von insgesamt 732 EUR (auf den Kläger entfallender Anteil 312 EUR). Die Kosten der Unterkunft wurden daneben vom kommunalen Träger erbracht. Weitere Bewilligungsbescheide befinden sich nicht in der Akte.
Am 05.06.2007 unterbreitete die Beklagte dem Kläger per Post einen Vermittlungsvorschlag zur Arbeitsaufnahme bei dem Verein zur Förderung der beruflichen Bildung e.V. in Schwetzingen.
Unter dem 19.06.2007 teilte der Verein zur Förderung der berufliche Bildung e.V. in Schwetzingen der Beklagten mit, dass sich der Kläger nicht gemeldet bzw. nicht beworben habe.
Im Anhörungsverfahren wegen einer möglichen Absenkung des Arbeitslosengeldes II nach § 31 SGB II teilte der Kläger mit, dass er sich am 06.06.2007 mit dem Verein zur Förderung der beruflichen Bildung e.V. in Speyer telefonisch in Verbindung gesetzt habe. Es sei ihm gesagt worden, dass der Verein sich bei ihm wieder melden wolle. Er habe aber keine Rückantwort bekommen.
Am 11.09.2007 erließ die Beklagte einen Bescheid zur Absenkung des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 SGB II. Darin hieß es wörtlich: "Der Ihnen zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II wird unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlags nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 monatlich um 30 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des Ihnen zustehenden Gesamtauszahlungsbetrages, abgesenkt. Daraus ergibt sich eine Absenkung in Höhe von maximal 94 EUR monatlich. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung wird insoweit ab dem 01.10.2007 gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben. Im Einzelnen sind von der Absenkung betroffen: die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II)." Begründet wurde die Entscheidung damit, dass der Kläger die ihm angebotene Arbeitsgelegenheit als Mitarbeiter bei der Firma VFBB e.V. Speyer trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht angenommen habe. Er habe sich nicht gemeldet bzw. sich nicht vorgestellt. Gründe, die dieses Verhalten erklären und als wichtig im Sinne der Vorschriften des SGB II anerkannt werden könnten, seien nicht erkennbar.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er sich telefonisch vorgestellt und damit gegen keine Regeln verstoßen habe.
Nachdem eine Mitarbeiterin des Vereins noch ein Mal bestätigt hatte, dass sich der Kläger nicht beworben habe, wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2007 zurückgewiesen. Der Kläger habe sich auf eine von der Agentur für Arbeit angebotene Beschäftigung beim VFBB nicht beworben. Damit habe er die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert. Ein wichtiger Grund hierfür liege nicht vor. Das Arbeitslosengeld II sei in einem Zeitraum vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 um 30 % der Regelleistung abzusenken.
Hiergegen hat der Kläger am 18.10.2007 unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.
Auf Nachfrage hat die Beklagte mitgeteilt, dass sich der potentielle Arbeitgeber (VFBB) ausweislich des Vermittlungsvorschlags in Schwetzingen befunden habe. Die Kontaktadresse sowie die Telefonnummer seien dem Vermittlungsvorschlag zu entnehmen gewesen. Der angefochtene Bescheid sei, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in der Regel im Zusammenhang mit einem Absenkungsbescheid neue Bewilligungsbescheide ergingen, aus denen sich die genaue Leistungshöhe ergebe, ausreichend bestimmt.
Mit Urteil vom 08.05.2008 hat das SG den Absenkungsbescheid vom 11.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2007 aufgehoben und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es insbesondere bezugnehmend auf einen Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17.10.2006 (L 8 AS 4922/06 ER-B, in www.juris.de) ausgeführt, dass der Verwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt sei. Den Kriterien der §§ 31 und 33 SGB X sei nicht Genüge getan. Dies habe zur Konsequenz, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig sei und daher aufgehoben werden müsse. Etwas anderes ergebe sich auch nicht deshalb, weil die Beklagte eingewandt habe, dass in der Regel parallel zu einem Absenkungsbescheid ein neuer Bewilligungsbescheid, aus dem die genauen Beträge entnommen werden könnten, ergehe, nachdem ein solcher Bescheid vorliegend nicht aktenkundig sei. Vom Erfordernis der Bestimmtheit sei auch nicht deshalb abzuweichen, weil die Absenkung immer nur zukünftige Zeiträume betreffe. Diese Situation stelle sich bei jedem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Auf Basis der tatsächlichen Verhältnisse bei Erteilung des Bescheides sei es durchaus möglich, einen hinreichend genau bestimmten Absenkungsbescheid zu erteilen. Wenn sich während des Absenkungszeitraums die maßgeblichen Verhältnisse änderten, sei es möglich, den Absenkungsbescheid unter Beachtung von § 48 SGB X den veränderten Verhältnissen anzupassen.
Gegen das am 20.05.2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 20.06.2008 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie habe die Leistungen des Klägers in den Monaten Oktober bis Dezember 2007 absenken dürfen, da er trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die am 05.06.2007 angebotene Arbeit nicht angenommen habe, indem er sich nicht vorgestellt habe. Der Absenkungsbescheid sei auch hinreichend bestimmt. Einen konkreteren Absenkungsbescheid, der gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II immer nur zukünftige Zeiträume betreffe, habe sie gar nicht erlassen können. Hierzu wäre nämlich schon im Vorhinein die sichere Kenntnis des späteren Bewilligungsbetrages als Ausgangsort für die Absenkung notwendig. Daran werde es regelmäßig fehlen, da die Höhe der noch nicht abgesenkten Regelleistung nicht zuletzt aufgrund erzielten Einkommens variieren könne und daher erst nachträglich feststellbar sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 08. Mai 2008 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 11. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2007 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nach Zulassung der Berufung durch das SG zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG den angefochtenen Absenkungsbescheid vom 11.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2007 aufgehoben. Der Absenkungsbescheid ist nicht hinreichend bestimmt.
Wegen der für die Absenkung des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 SGB II erforderlichen Voraussetzungen nimmt der Senat auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides Bezug und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach § 33 Abs. 1 SGB X ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss. Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Dauerverwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, d.h. die Behörde unter den jetzt objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen, etwa weil der im Bescheid festgestellte Anspruch materiell rechtlich nicht mehr oder nicht mehr in dieser Höhe besteht.
Die vom SG in der angefochtenen Entscheidung unter Verweis auf die Beschlüsse des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Beschluss vom 17.10.2006 - L 8 AS 4922/06 ER-B-), des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Beschlüsse vom 12.07.2007 - L 28 B 1087/07 AS ER - und vom 06.12.2007 - L 5 B 1410/07 AS ER - jeweils in www.juris.de) und die Entscheidungen des Sozialgerichts Freiburg (Urteil vom 28.09.2007 - S 12 AS 3045/05 - in www.juris.de) sowie des Sozialgerichts Münster (Beschluss vom 13.01.2007 - S 5 AS 184/06 ER - in www.juris.de) gewonnene Überzeugung, dass der Absenkungsbescheid der Beklagten nicht hinreichend bestimmt und deshalb rechtswidrig und aufzuheben ist, ist in jeder Hinsicht zutreffend und wird deshalb auch vom Senat geteilt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Wie der 8. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 18.10.2006 - S 8 AS 4922/06 ER-B - ist auch der erkennende Senat der Auffassung, dass die Regelung eines Einzelfalles im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X nur dann vorliegt, wenn der (abstrakte) Gesetzestext auf den (konkreten) Einzelfall umgesetzt wird. Es ist nicht ausreichend, den Gesetzestext nur zu wiederholen. Notwendig ist, dass der Inhalt des Gesetzes auf den konkreten Einzelfall angewandt wird. Hierfür ist bei einem Absenkungsbescheid nach § 31 SGB II erforderlich, dass der genaue Betrag, um den die konkret zuerkannte Leistung abgesenkt wird, festgesetzt wird. Nur dann ist es dem Betroffenen möglich, auf eine Absenkung zu reagieren und im Vorhinein zu entscheiden, wie er den fehlenden Betrag decken kann. Dies ist allein mit dem von der Beklagten gewählten Wortlaut im Bescheid, wonach der dem Kläger zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlags nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 monatlich um 30 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm zustehenden Gesamtauszahlungsbetrags, abgesenkt wird und sich daraus eine Absenkung in Höhe von maximal 94 EUR monatlich ergibt, nicht der Fall. Damit wird für den Kläger nicht klar und unzweideutig erkennbar, in welcher Höhe die ihm gewährte Leistung abgesenkt wird. Ein konkreter Absenkungsbetrag ist dem Bescheid nicht zu entnehmen. Der Bescheid benennt lediglich den Rahmen. Um genau zu wissen, in welcher Höhe eine Minderung eintritt, muss der Kläger erst selbst rechnen, wobei fraglich ist, ob er eine konkrete Berechnung überhaupt durchführen kann, da er hierfür wissen muss, ob ihm ein Zuschlag nach § 24 SGB II zusteht. Der Mangel der Bestimmtheit ist auch nicht im Widerspruchsbescheid geheilt worden, denn auch im Widerspruchsbescheid hat die Beklagte den monatlichen Minderungsbetrag nicht eindeutig beziffert, sondern nur ausgeführt, dass das Arbeitslosengeld II um 30 % der Regelleistung abzusenken sei. Dahingestellt bleiben kann, ob dem Bestimmtheitsgebot mit einem zeitgleich mit dem Absenkungsbescheid erteilten neuen Bewilligungsbescheid, aus dem die genauen Beträge entnommen werden können, Genüge getan wird. Denn der Erlass eines solchen Bescheides ist hier nicht belegt. Im Übrigen widerlegt dieser erstinstanzlich vorgebrachte Einwand der Beklagten das nunmehrige Vorbringen, wonach der Leistungsträger einen konkreten Absenkungsbescheid, der gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II immer nur zukünftige Zeiträume betreffe, gar nicht erlassen könne. Wenn dem so wäre, könnte auch nicht parallel zu dem Absenkungsbescheid ein neuer Bewilligungsbescheid erlassen werden. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil an, wonach sich diese Situation bei jedem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung stellt, und die Beklagte deshalb immer nur auf der Basis der tatsächlichen Verhältnisse bei Erteilung des Bescheides den Betrag festsetzen kann und bei einer Änderung der Verhältnisse in der Zukunft die Möglichkeit hat, den Bescheid nach § 48 SGB X den veränderten Verhältnissen anzupassen. Auf der Grundlage des Bewilligungsbescheids vom 29.08.2007 hätte die Beklagte die Absenkung konkret beziffern und dem Kläger mitteilen können.
Ob die verhängte Sanktion an sich rechtmäßig war, bedarf nach alledem keiner Prüfung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers auch im Berufungsverfahren.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Absenkung der Regelleistung für den Kläger für den Zeitraum vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 gemäß § 31 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) streitig.
Der 1980 geborene Kläger steht mit seiner Ehefrau und den 2003 und 2006 geborenen Kindern im Leistungsbezug bei der Beklagten. Mit Bescheid vom 14.02.2007 wurden der Bedarfsgemeinschaft Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.04.2007 bis 30.09.2007 in Höhe von monatlich 728 EUR (auf den Kläger entfallender Anteil 311 EUR) bewilligt. Für die Monate Oktober 2007 bis März 2008 bewilligte die Beklage der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 29.08.2007 monatliche Leistungen in Höhe von insgesamt 732 EUR (auf den Kläger entfallender Anteil 312 EUR). Die Kosten der Unterkunft wurden daneben vom kommunalen Träger erbracht. Weitere Bewilligungsbescheide befinden sich nicht in der Akte.
Am 05.06.2007 unterbreitete die Beklagte dem Kläger per Post einen Vermittlungsvorschlag zur Arbeitsaufnahme bei dem Verein zur Förderung der beruflichen Bildung e.V. in Schwetzingen.
Unter dem 19.06.2007 teilte der Verein zur Förderung der berufliche Bildung e.V. in Schwetzingen der Beklagten mit, dass sich der Kläger nicht gemeldet bzw. nicht beworben habe.
Im Anhörungsverfahren wegen einer möglichen Absenkung des Arbeitslosengeldes II nach § 31 SGB II teilte der Kläger mit, dass er sich am 06.06.2007 mit dem Verein zur Förderung der beruflichen Bildung e.V. in Speyer telefonisch in Verbindung gesetzt habe. Es sei ihm gesagt worden, dass der Verein sich bei ihm wieder melden wolle. Er habe aber keine Rückantwort bekommen.
Am 11.09.2007 erließ die Beklagte einen Bescheid zur Absenkung des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 SGB II. Darin hieß es wörtlich: "Der Ihnen zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II wird unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlags nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 monatlich um 30 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des Ihnen zustehenden Gesamtauszahlungsbetrages, abgesenkt. Daraus ergibt sich eine Absenkung in Höhe von maximal 94 EUR monatlich. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung wird insoweit ab dem 01.10.2007 gemäß § 48 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben. Im Einzelnen sind von der Absenkung betroffen: die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 20 SGB II)." Begründet wurde die Entscheidung damit, dass der Kläger die ihm angebotene Arbeitsgelegenheit als Mitarbeiter bei der Firma VFBB e.V. Speyer trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht angenommen habe. Er habe sich nicht gemeldet bzw. sich nicht vorgestellt. Gründe, die dieses Verhalten erklären und als wichtig im Sinne der Vorschriften des SGB II anerkannt werden könnten, seien nicht erkennbar.
Den hiergegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger damit, dass er sich telefonisch vorgestellt und damit gegen keine Regeln verstoßen habe.
Nachdem eine Mitarbeiterin des Vereins noch ein Mal bestätigt hatte, dass sich der Kläger nicht beworben habe, wurde der Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 16.10.2007 zurückgewiesen. Der Kläger habe sich auf eine von der Agentur für Arbeit angebotene Beschäftigung beim VFBB nicht beworben. Damit habe er die Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses verhindert. Ein wichtiger Grund hierfür liege nicht vor. Das Arbeitslosengeld II sei in einem Zeitraum vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 um 30 % der Regelleistung abzusenken.
Hiergegen hat der Kläger am 18.10.2007 unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben.
Auf Nachfrage hat die Beklagte mitgeteilt, dass sich der potentielle Arbeitgeber (VFBB) ausweislich des Vermittlungsvorschlags in Schwetzingen befunden habe. Die Kontaktadresse sowie die Telefonnummer seien dem Vermittlungsvorschlag zu entnehmen gewesen. Der angefochtene Bescheid sei, insbesondere unter Berücksichtigung der Tatsache, dass in der Regel im Zusammenhang mit einem Absenkungsbescheid neue Bewilligungsbescheide ergingen, aus denen sich die genaue Leistungshöhe ergebe, ausreichend bestimmt.
Mit Urteil vom 08.05.2008 hat das SG den Absenkungsbescheid vom 11.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16.10.2007 aufgehoben und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat es insbesondere bezugnehmend auf einen Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17.10.2006 (L 8 AS 4922/06 ER-B, in www.juris.de) ausgeführt, dass der Verwaltungsakt nicht hinreichend bestimmt sei. Den Kriterien der §§ 31 und 33 SGB X sei nicht Genüge getan. Dies habe zur Konsequenz, dass der angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig sei und daher aufgehoben werden müsse. Etwas anderes ergebe sich auch nicht deshalb, weil die Beklagte eingewandt habe, dass in der Regel parallel zu einem Absenkungsbescheid ein neuer Bewilligungsbescheid, aus dem die genauen Beträge entnommen werden könnten, ergehe, nachdem ein solcher Bescheid vorliegend nicht aktenkundig sei. Vom Erfordernis der Bestimmtheit sei auch nicht deshalb abzuweichen, weil die Absenkung immer nur zukünftige Zeiträume betreffe. Diese Situation stelle sich bei jedem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Auf Basis der tatsächlichen Verhältnisse bei Erteilung des Bescheides sei es durchaus möglich, einen hinreichend genau bestimmten Absenkungsbescheid zu erteilen. Wenn sich während des Absenkungszeitraums die maßgeblichen Verhältnisse änderten, sei es möglich, den Absenkungsbescheid unter Beachtung von § 48 SGB X den veränderten Verhältnissen anzupassen.
Gegen das am 20.05.2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 20.06.2008 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie habe die Leistungen des Klägers in den Monaten Oktober bis Dezember 2007 absenken dürfen, da er trotz Belehrung über die Rechtsfolgen die am 05.06.2007 angebotene Arbeit nicht angenommen habe, indem er sich nicht vorgestellt habe. Der Absenkungsbescheid sei auch hinreichend bestimmt. Einen konkreteren Absenkungsbescheid, der gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II immer nur zukünftige Zeiträume betreffe, habe sie gar nicht erlassen können. Hierzu wäre nämlich schon im Vorhinein die sichere Kenntnis des späteren Bewilligungsbetrages als Ausgangsort für die Absenkung notwendig. Daran werde es regelmäßig fehlen, da die Höhe der noch nicht abgesenkten Regelleistung nicht zuletzt aufgrund erzielten Einkommens variieren könne und daher erst nachträglich feststellbar sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 08. Mai 2008 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 11. September 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2007 abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG einverstanden erklärt.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nach Zulassung der Berufung durch das SG zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das SG den angefochtenen Absenkungsbescheid vom 11.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.10.2007 aufgehoben. Der Absenkungsbescheid ist nicht hinreichend bestimmt.
Wegen der für die Absenkung des Arbeitslosengeldes II gemäß § 31 SGB II erforderlichen Voraussetzungen nimmt der Senat auf die Begründung des angefochtenen Widerspruchsbescheides Bezug und sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 136 Abs. 3 SGG). Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass nach § 33 Abs. 1 SGB X ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein muss. Nach § 48 Abs. 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass des Dauerverwaltungsaktes vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, d.h. die Behörde unter den jetzt objektiv vorliegenden Verhältnissen den Verwaltungsakt nicht hätte erlassen dürfen, etwa weil der im Bescheid festgestellte Anspruch materiell rechtlich nicht mehr oder nicht mehr in dieser Höhe besteht.
Die vom SG in der angefochtenen Entscheidung unter Verweis auf die Beschlüsse des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Beschluss vom 17.10.2006 - L 8 AS 4922/06 ER-B-), des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg (Beschlüsse vom 12.07.2007 - L 28 B 1087/07 AS ER - und vom 06.12.2007 - L 5 B 1410/07 AS ER - jeweils in www.juris.de) und die Entscheidungen des Sozialgerichts Freiburg (Urteil vom 28.09.2007 - S 12 AS 3045/05 - in www.juris.de) sowie des Sozialgerichts Münster (Beschluss vom 13.01.2007 - S 5 AS 184/06 ER - in www.juris.de) gewonnene Überzeugung, dass der Absenkungsbescheid der Beklagten nicht hinreichend bestimmt und deshalb rechtswidrig und aufzuheben ist, ist in jeder Hinsicht zutreffend und wird deshalb auch vom Senat geteilt. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Gründe des Urteils gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen.
Ergänzend ist Folgendes auszuführen: Wie der 8. Senat des Landessozialgerichts Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 18.10.2006 - S 8 AS 4922/06 ER-B - ist auch der erkennende Senat der Auffassung, dass die Regelung eines Einzelfalles im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X nur dann vorliegt, wenn der (abstrakte) Gesetzestext auf den (konkreten) Einzelfall umgesetzt wird. Es ist nicht ausreichend, den Gesetzestext nur zu wiederholen. Notwendig ist, dass der Inhalt des Gesetzes auf den konkreten Einzelfall angewandt wird. Hierfür ist bei einem Absenkungsbescheid nach § 31 SGB II erforderlich, dass der genaue Betrag, um den die konkret zuerkannte Leistung abgesenkt wird, festgesetzt wird. Nur dann ist es dem Betroffenen möglich, auf eine Absenkung zu reagieren und im Vorhinein zu entscheiden, wie er den fehlenden Betrag decken kann. Dies ist allein mit dem von der Beklagten gewählten Wortlaut im Bescheid, wonach der dem Kläger zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II unter Wegfall des eventuell zustehenden Zuschlags nach § 24 SGB II für die Zeit vom 01.10.2007 bis 31.12.2007 monatlich um 30 % der Regelleistung, höchstens jedoch in Höhe des ihm zustehenden Gesamtauszahlungsbetrags, abgesenkt wird und sich daraus eine Absenkung in Höhe von maximal 94 EUR monatlich ergibt, nicht der Fall. Damit wird für den Kläger nicht klar und unzweideutig erkennbar, in welcher Höhe die ihm gewährte Leistung abgesenkt wird. Ein konkreter Absenkungsbetrag ist dem Bescheid nicht zu entnehmen. Der Bescheid benennt lediglich den Rahmen. Um genau zu wissen, in welcher Höhe eine Minderung eintritt, muss der Kläger erst selbst rechnen, wobei fraglich ist, ob er eine konkrete Berechnung überhaupt durchführen kann, da er hierfür wissen muss, ob ihm ein Zuschlag nach § 24 SGB II zusteht. Der Mangel der Bestimmtheit ist auch nicht im Widerspruchsbescheid geheilt worden, denn auch im Widerspruchsbescheid hat die Beklagte den monatlichen Minderungsbetrag nicht eindeutig beziffert, sondern nur ausgeführt, dass das Arbeitslosengeld II um 30 % der Regelleistung abzusenken sei. Dahingestellt bleiben kann, ob dem Bestimmtheitsgebot mit einem zeitgleich mit dem Absenkungsbescheid erteilten neuen Bewilligungsbescheid, aus dem die genauen Beträge entnommen werden können, Genüge getan wird. Denn der Erlass eines solchen Bescheides ist hier nicht belegt. Im Übrigen widerlegt dieser erstinstanzlich vorgebrachte Einwand der Beklagten das nunmehrige Vorbringen, wonach der Leistungsträger einen konkreten Absenkungsbescheid, der gemäß § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB II immer nur zukünftige Zeiträume betreffe, gar nicht erlassen könne. Wenn dem so wäre, könnte auch nicht parallel zu dem Absenkungsbescheid ein neuer Bewilligungsbescheid erlassen werden. Der Senat schließt sich insoweit den Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil an, wonach sich diese Situation bei jedem Verwaltungsakt mit Dauerwirkung stellt, und die Beklagte deshalb immer nur auf der Basis der tatsächlichen Verhältnisse bei Erteilung des Bescheides den Betrag festsetzen kann und bei einer Änderung der Verhältnisse in der Zukunft die Möglichkeit hat, den Bescheid nach § 48 SGB X den veränderten Verhältnissen anzupassen. Auf der Grundlage des Bewilligungsbescheids vom 29.08.2007 hätte die Beklagte die Absenkung konkret beziffern und dem Kläger mitteilen können.
Ob die verhängte Sanktion an sich rechtmäßig war, bedarf nach alledem keiner Prüfung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
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