L 7 AS 4334/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 11 AS 504/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 4334/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29. Mai 2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 24. November 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. August 2007 verurteilt wird, der Klägerin für die Zeit vom 11. bis 30. November 2006 Leistungen für Unterkunft und Heizung i. H. v. EUR 268,21 zu zahlen.

Der Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen für Unterkunft und Heizung nach den Vorschriften des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 11. bis 30. November 2006.

Die am 24. Dezember 1955 geborene, alleinstehende Klägerin bewohnt seit 1. April 1984 eine 83,6 m² große Mietwohnung. Die Kaltmiete betrug im Jahr 2006 EUR 332,01 monatlich zzgl. - vierteljährlich fälliger - Nebenkosten i.H.v. monatlich EUR 25,41. Die an den Vermieter zu erbringende monatliche Abschlagszahlung für Heizung/Warmwasser belief sich auf monatlich EUR 51,13, die Kosten für die mitgemietete Garage auf monatlich EUR 15,10. Nach der mietvertraglichen Regelung war die Miete spätestens am dritten Werktag eines Monats im Voraus zu zahlen.

Mit Bescheid vom 23. Mai 2006 bewilligte die Agentur für Arbeit der Klägerin Arbeitslosengeld (Alg) nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Zeit vom 1. Juni bis 10. November 2006 mit einem täglichen Leistungsbetrag von EUR 25,06.

Am 9. Oktober 2006 stellte die Klägerin bei der Agentur für Arbeit ohne zeitliche Beschränkung erstmals den Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II, die den ausgefüllten Antrag am 12. Oktober 2006 entgegennahm. Da eine Arbeitsgemeinschaft i.S.d. § 44b SGB II im Landkreis des Beklagten nicht existiert, reichte die Agentur für Arbeit den auf die Kosten der Unterkunft und Heizung bezogenen Antragsteil an den Beklagten weiter, wo er am 9. November 2006 einging.

Am 2. November 2006 wurde per Dauerauftrag vom Girokonto der Klägerin die Miete für November 2006 abgebucht. Am 16. November 2006 wurde diesem Konto das Alg für 1. bis 10. November 2006 i.H.v. 250,60 gutgeschrieben. Aus einer Nebenbeschäftigung erzielte die Klägerin ein Einkommen von monatlich EUR 120.- (brutto = netto). Die Agentur für Arbeit gewährte der Klägerin mit Bescheid vom 7. November 2006 für den Zeitraum vom 11. bis 30. November 2006 Arbeitslosengeld II ((Alg II), Regelleistung und Zuschlag nach § 24 SGB II) unter Anrechnung des Einkommens aus der Nebentätigkeit i.H.v. EUR 326.-.

Mit Bescheid vom 24. November 2006 bewilligte der Beklagte Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. EUR 402,32 monatlich für die Zeit vom 1. Dezember 2006 bis 31. März 2007. Ausgehend von den tatsächlichen Kosten werde eine bereits in der Regelleistung enthaltene Energiepauschale i.H.v. EUR 6,23 monatlich abgezogen. Die Kosten für eine Garage stellten keinen zu berücksichtigenden Bedarf dar und seien daher nicht zu berücksichtigen. Für den Zeitraum vom 11. bis 30. November 2006 wurde die Leistungsgewährung abgelehnt, da die Kosten der Unterkunft bereits vor Antragstellung von der Klägerin geleistet worden seien und der Bedarf insoweit bereits gedeckt sei.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch wandte sich die Klägerin zunächst nur gegen die im Bescheid enthaltene Kostensenkungsaufforderung. In der Begründung des Widerspruches vom 23. Juli 2007 führte sie jedoch aus, sie habe rechtzeitig einen Antrag gestellt, so dass die Kosten der Unterkunft auch für die Zeit vom 11. bis 30. November 2006 anzuerkennen seien; die Höhe der Energiepauschale sei nicht nachvollziehbar. Des Weiteren habe der Beklagte auch die Kosten für die Garage zu tragen, da diese vom Mietvertrag umfasst und eine Vermietung nicht möglich sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 23. August 2007 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. November 2006 sowie einen Widerspruch gegen einen Bescheid vom 17. April 2007, betreffend die Leistungsgewährung vom 1. Juni bis 30. September 2007, zurück. Die Widersprüche seien unzulässig, soweit sie sich gegen die Kostensenkungsaufforderung richteten; im Übrigen seien sie unbegründet. Die Energiekostenpauschale sei abzuziehen, da die Warmwasserbereitung mittels der Heizungsanlage erfolge. Die Kosten für die Garage seien nicht anzuerkennen, da eine Unmöglichkeit der Weitervermietung nicht belegt sei. Die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 11. bis 30. November 2006 seien nicht zu übernehmen, da dieser Bedarf durch die am 2. November 2006 erfolgte Überweisung vom Konto der Klägerin bereits vor Entstehung des Leistungsanspruches gedeckt worden sei. Hinsichtlich der Feststellung der Hilfebedürftigkeit und damit des Entstehens des Anspruches sei der Beklagte gem. § 44a Abs. 1 S. 1 SGB II an die Entscheidung der Agentur für Arbeit gebunden, die den Anspruch erst ab dem 11. November 2006 zuerkannt habe. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Klägervertreter gegen Empfangsbekenntnis übersandt, der den Empfang unter dem 12. September 2007 bestätigte.

Am 8. Oktober 2007 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben, mit der sie u.a. die Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung auch für die Zeit vom 11. bis 30. November 2006 und zwar "ohne Abzug einer Energiepauschale" begehrt hat. Mit Beschluss vom 19. Februar 2008 hat das SG diesen Klageantrag vom Verfahren abgetrennt und unter dem neuen Az. S 11 AL 504/08 weitergeführt.

Mit Urteil vom 29. Mai 2008 hat das SG den Beklagten verurteilt, "der Klägerin für den Zeitraum vom 11.11. bis 30.11.2006 dem Grunde nach Leistungen für Unterkunft und Heizung unter Abzug der entsprechenden Energiepauschale zu bewilligen und nachzuzahlen"; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auch die Leistungen für Unterkunft und Heizung seien nach § 41 SGB II anteilig zu erbringen, soweit dem Hilfebedürftigen Leistungen nicht für einen vollen Monat zustünden. Die Überweisung der Miete vom Konto der Klägerin bereits am 2. November 2006 habe den entsprechenden Bedarf nicht entfallen lassen. Denn bei der Miete handle es sich nicht um einmalige, sondern um laufende Kosten, die auf den gesamten Monat anzurechnen seien. Bestehe der Leistungsanspruch nur für einen Teil des Monats, seien diese Kosten anteilig zu erstatten (Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Oktober 2007 - L 8 AS 587/07 - (juris)). Von diesem Leistungsanspruch der Klägerin sei jedoch eine Energiepauschale abzuziehen, denn die Kosten für die Warmwasseraufbereitung seien bereits in der Regelleistung enthalten und dürften über die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht nochmals erstattet werden. Da sich diese Kosten aus den Nebenkostenabrechnungen nicht isoliert entnehmen ließen, sei ein pauschaler Abzug i.H.v. EUR 6,23 zulässig.

Gegen das dem Beklagten am 3. Juni 2008 zugestellte Urteil hat dieser am 30. Juni 2008 Nichtzulassungsbeschwerde beim LSG eingelegt, auf die der Senat die Berufung mit Beschluss vom 10. September 2008 zugelassen hat. Zur Begründung des Rechtsmittels hat der Beklagte ausgeführt, ein Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung setze jedenfalls voraus, dass zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Miete und der Mietzahlung Hilfebedürftigkeit i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II bestehe, also zumindest das Stammrecht bereits entstanden gewesen sei. Hieran fehle es im vorliegenden Fall, da der Bedarf bis zum 10. November 2006 durch die Zahlung von Alg gedeckt worden sei. Bei Eintritt der Hilfebedürftigkeit am 11. November 2006 habe der Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung für den Monat November 2006 durch die vorherige Überweisung nicht mehr bestanden. Die vom SG angeführte Rechtsprechung betreffe hingegen eine Fallkonstellation, in der zwar das Stammrecht i.S.d. Erfüllung aller materiellen Anspruchsvoraussetzungen bei Abbuchung der Miete bereits entstanden gewesen, jedoch der Antrag verspätet gestellt worden sei. Vorliegend könne jedoch das erst später entstehende Stammrecht die frühere Bedarfsdeckung nicht nachträglich entfallen lassen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 29. Mai 2008 teilweise aufzuheben und die Klage in vollem Umfange abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Alg habe ihren Bedarf bei Fälligkeit der Miete nicht gedeckt. Das Alg werde monatlich nachträglich, das Alg II hingegen monatlich im Voraus gezahlt. Letzteres umfasse daher auch den Unterkunftsbedarf ab 11. November 2006. Das vom Beklagten angeführte Bedarfsdeckungsprinzip stelle lediglich ein in der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte entwickeltes Ordnungsmuster dar, habe aber keine Gesetzesqualität. Im vorliegenden Fall führe dessen Anwendung zu einem Widerspruch mit der verfassungsrechtlich verankerten Forderung, ihr Existenzminimum zu decken. Des Weiteren habe sie die Miete durch eigene Finanzmittel bezahlt, die ihr dann ab dem 11. November 2006 gefehlt hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verwaltungsakten des Beklagten, der Verfahrensakten des SG und des Senats sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die vom Senat zugelassene Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

Nachdem die Klägerin gegen das Urteil des SG vom 29. Mai 2008 kein Rechtsmittel eingelegt hat, ist Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens allein die Verpflichtung des Beklagten zur Gewährung von Leistungen für Unterkunft und Heizung im Zeitraum vom 11. bis 30. November 2006 in der vom SG zugesprochenen Höhe.

Die Berufung des Beklagten ist nicht schon wegen der Unzulässigkeit der Klage wegen Versäumung der Klagefrist begründet. Der Widerspruchsbescheid vom 23. August 2007 wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin ausweislich des Empfangsbekenntnisses erst am 12. September 2007 zugestellt. Wählt die Verwaltung wie hier eine der Zustellungsarten des Landesverwaltungszustellungsgesetzes - LVwZG - (hier § 5 LVwZG), gelten für den Zeitpunkt der Bekanntgabe dessen Regelungen; die Fiktion des § 37 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch findet keine Anwendung (Hk-SGG, 3. Aufl., § 87 Rdnr. 5). Die am 8. Oktober 2007 erhobene Klage hat somit die am 13. September 2007 beginnende, einmonatige Klagefrist des § 87 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gewahrt. Der inhaltlichen Prüfung des Anspruches durch das Gericht steht auch nicht entgegen, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. November 2006 zunächst allein gegen die darin enthaltene Kostensenkungsaufforderung gerichtet war. Die später folgende Widerspruchsbegründung stellt einen - verspäteten - Widerspruch gegen die Versagung der Leistungen für Unterkunft und Heizung dar, über den der Beklagte in der Sache entschieden hat. Die gerichtliche Sachprüfung ist daher eröffnet.

Das SG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin im Zeitraum vom 11. bis 30. November 2006 Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung hatte. Nach § 19 Satz 1 SGB II erhalten Hilfebedürftige als Alg II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung, die in § 22 SGB II näher bestimmt sind.

Entgegen der Ansicht des Beklagten war das Stammrecht der Klägerin i.S.d. Erfüllung aller materiellen Anspruchsvoraussetzungen nicht erst nach Ende der Gewährung von Alg am 11. November 2006 entstanden, sondern bestand bereits am 1. November 2006. Denn die erwerbsfähige Klägerin im Alter von 50 Jahren war bereits zu diesem Zeitpunkt hilfebedürftig i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II.

Entgegen der im Widerspruchsbescheid geäußerten Auffassung des Beklagten ist dieser nicht an die Entscheidung der Agentur für Arbeit gebunden, dass ein Anspruch auf Alg II erst ab 11. November 2006 bestehe. Anderes ergibt sich auch nicht aus § 44a Abs. 1 SGB II, wonach die Agentur für Arbeit feststellt, ob der Arbeitsuchende erwerbsfähig und hilfebedürftig ist. Anders als bei der Beurteilung der Erwerbsfähigkeit hat der jeweils zuständige Leistungsträger seine Leistungen ohne Bindung an die Entscheidung des anderen zu erbringen. Während durch die Fiktion der Erwerbsfähigkeit und die Anrufung der Einigungsstelle gesichert werden muss, dass zumindest einer der Grundsicherungsträger eine Leistung erbringt und sich nicht jeder Leistungsträger auf die Zuständigkeit des anderen beruft, ginge es bei einer Anrufung der Einigungsstelle in Fällen unterschiedlicher Beurteilung der Hilfebedürftigkeit zwischen den Leistungsträgern (nur) bei gespaltener Trägerschaft allein um eine Einheitlichkeit der Entscheidungen der jeweils zuständigen Leistungsträger; die Gerichte sind ohnedies an eine Beurteilung der Einigungsstelle nicht gebunden (BSG SozR 4-4200 § 7 Nr. 4). Der Eintritt der Hilfebedürftigkeit und damit auch der Zeitpunkt des Entstehens des Stammrechts ist somit im vorliegenden Verfahren selbständig und unabhängig vom Bewilligungsbescheid der Agentur für Arbeit zu beurteilen.

Hilfebedürftig ist, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigendem Einkommen oder Vermögen (§§ 11, 12 SGB II), sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen erhält (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II).

Sowohl das Alg als auch das Alg II werden zwar kalendertäglich gewährt (vgl. § 134 SGB III bzw. § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB II); § 41 Abs. 1 SGB II legt aber für das Alg II die Zahlungsabschnitte grundsätzlich auf einen Monat fest. Auch die Regelleistung wird nach § 20 Abs. 2 SGB II als Monatsleistung ausgewiesen (BSG, Urteil vom 30. Juni 2008 - B 14 AS 26/07 R - (juris)). Nichts anderes gilt für die Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Denn danach werden diese Leistungen in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Es handelt sich dabei nicht um einmalige, sondern um laufende Kosten, die zwar zu einem bestimmten Zeitpunkt, jedoch für den gesamten Monat zu entrichten sind. Dementsprechend erfolgt auch die Gewährung der diesen Bedarf deckenden Leistungen monatlich (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. 10 2007 - L 8 AS 587/07 - (juris)). Mit dieser Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts korreliert die monatsweise Berücksichtigung von Einkommen (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 1 der Arbeitslosengeld II-Verordnung vom 20. Oktober 2004, BGBl. I S. 2622, (Alg II-V)). Bei einem Anspruch nur für einen Teil des Monats sollen nach dem gesetzlichen Konzept sowohl Bedarf als auch Einkommen zunächst monatsweise einander gegenübergestellt und dann in entsprechende Teilbeträge umgerechnet werden (BSG a.a.O. m.w.N.; BT-Drucks. 15/1516 S. 63). Dass der Leistungsanspruch in diesem Sinne für einen Teil des Monats besteht, ergibt sich daher nicht aus dem Umstand, dass "für" den anderen Teil bereits Alg gewährt wurde. Das Alg ist vorliegend nicht nur für die Zeit vom 1. bis 10. November 2006 zu berücksichtigen; es ist gerade nicht entscheidend, für welchen Zeitraum es bewilligt wurde. Vielmehr ist das Alg als Einkommen für den ganzen Monat zu berücksichtigen (BSG a.a.O.). Der Leistungsanspruch der Klägerin wäre im vorliegenden Fall daher nur dann auf einen Teil des Monats begrenzt gewesen, wenn sie den Leistungsantrag erst im Laufe des Monats November 2006 gestellt hätte. Die Klägerin hat jedoch den Antrag bereits am 9. Oktober 2006 bei der Agentur für Arbeit gestellt. Nicht entscheidend ist insoweit, wann die Klägerin das ausgefüllte Antragsformular abgegeben oder der Antrag von der Agentur für Arbeit an den Beklagten weitergeleitet wurde. Dass der Antrag bereits im Oktober 2006 gestellt war, wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt. Eine Einschränkung dahingehend, dass etwa das Alg II erst ab dem 11. November 2006 begehrt werde, ist dem Antrag nicht zu entnehmen.

Maßgeblich für die Bestimmung der Hilfebedürftigkeit sind somit die Bedarfs- sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse im gesamten Monat November 2006. Auf Einkommensseite ist somit das Alg zu berücksichtigen, das nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Alg II-V als laufende Einnahme (vgl. BSG a.a.O. sowie SozR 3-1500 § 144 Nr. 16) für den Monat anzurechnen ist, in dem es zufließt. Bei einem Restanspruch im November 2006 von zehn Tagen und einem täglichen Leistungssatz von EUR 25,06 ergibt dies einen Gesamtbetrag von EUR 250,60. Des Weiteren bezog die Klägerin ein Nebeneinkommen i.H.v. EUR 120.-. Von diesem sind als Freibeträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 30 Satz 1 Nr. 1 SGB II EUR 4.- sowie nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II EUR 100.-, insgesamt somit EUR 104.- abzusetzen. Als zu berücksichtigendes Einkommen verbleibt damit ein Betrag von EUR 266,60. Dieser deckt bereits nicht den Bedarf in Höhe der Regelleistung von EUR 345.-. Da die Klägerin auch über kein einzusetzendes Vermögen i.S.d. § 12 SGB II verfügte, war sie im ganzen Monat November 2006 hilfebedürftig. Sie war damit bereits am 1. November 2006 dem Grunde nach anspruchsberechtigt. Die Zahlung der Miete aus dem nach § 12 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II nicht zu berücksichtigenden Schonvermögen lässt diese Hilfebedürftigkeit nicht entfallen; denn Selbsthilfe darf im Einzelfall nicht gefordert werden, wenn sie persönlich nicht zumutbar ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 8. November 2007 - L 9 AS 67/06 - (juris); Brühl/Schoch in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 9 Rdnr. 19). Entgegen der Ansicht des Beklagten stellt die Überweisung der Miete am 2. November 2006 somit keine Bedarfsdeckung vor Entstehung des Anspruches dar.

Da das Einkommen der Klägerin nach § 19 Satz 3 SGB II vorrangig auf die Geldleistung der Agentur für Arbeit anzurechnen ist, jedoch bereits die Regelleistung i.H.v. EUR 345.- nicht vollständig deckt, vermindert es nicht den Anspruch auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung.

Hinsichtlich der Höhe der Leistungen für Unterkunft und Heizung ist der Senat insoweit an die Entscheidung des SG gebunden, als er über die dort der Klägerin zugesprochene Höhe nicht hinaus gehen darf. Denn die Klägerin hat das Urteil ihrerseits nicht angefochten; im Umfange der Klageabweisung ist es daher rechtskräftig geworden. Eine Abweichung wäre nur zugunsten des Beklagten möglich. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit sie den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen nicht möglich oder zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermietung oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (§ 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Angesichts der Wohnungsgröße bestehen zwar erhebliche Zweifel an der Angemessenheit der Kosten der Unterkunft, jedoch sind im Falle der Klägerin im ersten Monat des Alg II-Bezugs die Voraussetzungen des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II erfüllt. Dies wird auch vom Beklagten nicht in Abrede gestellt, zumal dieser auch für die Folgemonate der Bewilligung die tatsächlichen Aufwendungen zugrunde gelegt hat.

Die Klägerin hat erstinstanzlich Kosten der Unterkunft und Heizung in monatlicher Höhe von EUR 408,55 geltend gemacht. Dies ergibt sich aus dem erstinstanzlich im Schriftsatz vom 28. Dezember 2007 gestellten Antrag, wonach die Leistungen für Unterkunft und Heizung auch für die hier streitige Zeit begehrt wurden und zwar ohne Abzug einer Energiepauschale. Anders als noch im Widerspruchsverfahren hat die Klägerin mithin im gerichtlichen Verfahren die Kosten für die Garage nicht mehr geltend gemacht. Die geltend gemachten monatlichen Kosten umfassen somit die Kaltmiete i.H.v. EUR 332,01, Nebenkosten i.H.v. EUR 25,41 sowie für Heizung/Warmwasser i.H.v. EUR 51,13. Hinsichtlich des Abzugs einer Energiepauschale, die das SG ausweislich der Entscheidungsgründe mit EUR 6,23 angesetzt hat (vgl. hierzu allerdings BSG SozR 4-4200 § 22 Nr. 5: EUR 6,22), ist der Senat gebunden, da die Klägerin ein Rechtsmittel nicht eingelegt hat.

Die Klägerin hatte somit im November 2006 Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung zumindest i.H.v. EUR 402,32. Nach Auffassung des Senats ist dieser monatliche Endzahlbetrag nicht gem. § 41 Abs. 2 SGB II auf einen vollen Eurobetrag abzurunden. Diese Vorschrift findet auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung keine Anwendung (wie hier wohl Conradis in LPK-SGB II, 2. Aufl., § 41 Rdnr. 12; a.A. Eicher in Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl., § 41 Rdnr. 17; M. Mayer in Oestreicher, SGB XII/SGB II, § 41 SBG II, Rdnr. 33; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 26. Oktober 2007 - L 8 AS 587/07 - (juris); SG Karlsruhe, Urteil vom 12. Februar 2008 - S 7 AS 3809/07 - (juris)). In der Rechtsprechung des BSG findet sich eine klare Stellungnahme hierzu nicht. Im Urteil vom 7. November 2006 (SozR 4-4200 § 22 Nr. 1) verweist der 7b-Senat des BSG in einem auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung beschränkten Rechtsstreit auf die Anwendung des § 41 Abs. 2 SGB II. Auch in der Entscheidung vom 16. Mai 2007 (B 11b AS 29/06 R - (juris)) wird - unterschiedslos - die Anwendung der Rundungsregelung auf alle Auszahlungsbeträge angenommen. In neueren Entscheidungen vom 6. Dezember 2007 - B 14/7b AS 20/07 R, B 14/7b AS 22/07 R, B 14/7b AS 54/06 R und B 14/7b AS 62/06 R - hat das BSG eine Rundung des Auszahlungsbetrags nicht vorgenommen. § 41 Abs. 2 SGB II spricht zwar unterschiedslos von "Beträgen", so dass nach dem gesetzlichen Wortlaut auch die Leistungen für Unterkunft und Heizung hierunter gefasst werden könnten. Amtliche Materialien, die Aufschluss über den hinter der Vorschrift stehenden gesetzgeberischen Willen geben könnten, sind für die erst durch den Vermittlungsausschuss in das Gesetz aufgenommene Regelung nicht vorhanden. Nach der ausdrücklichen Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden die Leistungen für Unterkunft und Heizung jedoch - im Rahmen der Angemessenheit - in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Anders als bei den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts wird nicht auf einen pauschalierten, sondern den konkreten Bedarf abgestellt. Eine Auf- oder Abrundung des Leistungsbetrages widerspricht somit dieser Orientierung am tatsächlichen Bedarf (unter Hinweis auf diesen Gesichtspunkt die Anwendung des § 41 Abs. 2 SGB II auf die Leistungen für Unterkunft und Heizung ausdrücklich offen lassend BSG, Urteil vom 19. März 2008 - B 11b AS 23/06 R - (juris)). Auch wenn es sich monatlich lediglich um "Bagatellbeträge" handelt, läge bei Anwendung der Rundungsregel eine gegen § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II verstoßende Bedarfsunter- oder -überdeckung vor.

Die Klägerin hatte jedoch ihr Begehren bereits erstinstanzlich - prozessual - auf die Zeit vom 11. bis 30. November 2006 beschränkt. Von den ihr im gesamten November 2006 (an sich) zustehenden EUR 402,32 entfallen somit auf die streitige Zeit EUR 268,21(402,32/30-20), die der Klägerin vom SG im Ergebnis zugesprochen worden waren.

Die Leistungen für Unterkunft und Heizung waren nicht nur dem Grunde nach, sondern auch in ihrer Höhe umstritten; des Weiteren handelt es sich bei diesen um einen bezifferbaren Betrag. Da das SG den Beklagten im Stile eines Grundurteiles verurteilt hatte, sah es der Senat als geboten an, die Verurteilung - unter Abänderung der angefochtenen Bescheide - durch den bezifferten Betrag klarstellend zu konkretisieren.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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