S 12 KA 575/08

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Marburg (HES)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
12
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 575/08
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 33/09
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 8/10 R
Datum
Kategorie
Urteil
Leitsätze
§ 103 Abs. 4 und 4a SGB V sind auf Medizinische Versorgungszentren nicht in der Weise anwendbar, dass Medizinische Versorgungszentren auf eine Vertragsarztstelle zu Gunsten eines anderen Medizinischen Versorgungszentrums verzichten könnten.
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Gerichtskosten und die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu tragen. Weitere Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Frage, ob die Übertragung eines Vertragsarztsitzes von einem MVZ in ein anderes rechtlich statthaft ist.

Die Klägerin übt die Geschäftsführung für das MVZ Universitätsklinikum PK. I (im Folgenden MVZ I) sowie für das MVZ Universitätsklinikum PK. II (im folgenden MVZ II) aus.

Mit Schreiben vom 22.10.2007 beantragte die Klägerin, die Anstellung der Frau Dr. C, einer Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin, mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden im MVZ II zu genehmigen. Frau Dr. C war bislang als angestellte Ärztin in Vollzeit beim MVZ I tätig.

Die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung teilte daraufhin mit Schreiben vom 21.11.2007 mit, dass nicht erkennbar sei, auf welchen Vertragsarztsitz/welcher Angestelltenstelle Frau Dr. C im antragstellenden MVZ II angestellt werden solle. Daher sei das Medizinische Versorgungszentrum Universitätsklinikum PK. II derzeit nicht genehmigungsfähig.

Hierauf teilte der Verfahrensbevollmächtigte der Klägerin mit, dass die Beteiligte Frau Dr. C die Arztstelle, auf welcher dieselbe im neuen MVZ II angestellt werden solle, bisher im MVZ I selbst ausgefüllt habe. Diese Stelle solle mit ihr ab dem 01.01.2008 in das neue MVZ II wechseln. Frau Dr. C solle im MVZ II die ärztliche Leitung übernehmen. Hintergrund sei, dass das bisherige MVZ in ein MVZ mit patientennäheren und sprechstundenintensiveren Leistungen/Pädiatrie, Chirurgie, Neurologie) und weniger sprechstundenintensiven Leistungen aufgeteilt werden solle. Dies wäre insbesondere hinsichtlich der Koordination von Sprechstundenzeiten, der Raumaufteilung, der Personalzuteilung und Abrechnung sinnvoll.

Die zu 1) beigeladene Kassenärztliche Vereinigung teilte daraufhin mit Schreiben vom 27.11.2007 mit, dass ihrer Rechtsauffassung nach eine Angestelltenstelle in einem MVZ nicht auf ein anderes MVZ übertragen werden könne, weil eine rechtliche Grundlage für eine solche Übertragung auf ein anderes MVZ nicht vorhanden sei.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss am 27.11.2007 teilte der Verfahrensbevollmächtigte mit, dass die Arbeitszeit der Frau Dr. C im MVZ I von 40 Stunden auf 31 Stunden reduziert werde. Gleichzeitig solle dieser Beteiligten die Leitungsfunktionen im MVZ II mit einer rechtlichen Arbeitszeit von neun Stunden übertragen werden.

Der Zulassungsausschuss stellte mit Beschluss vom 27.11.2007 fest, dass die wöchentliche Arbeitszeit der Frau Dr. C im MVZ I von 40 Stunden auf 31 Stunden zum 01.01.2008 reduziert werde. Mit weiterem Beschluss vom 27.11.2007 ließ er das MVZ II zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung mit Wirkung zum 01.01.2008 zu.

Mit Schreiben vom 07.12.2007 teilte die Klägerin mit, dass der Antrag auf Wechsel der Arztstelle der Frau Dr. C von dem bereits seit dem Jahr 2005 zugelassenen MVZ I in das MVZ II mitsamt der Anstellung der Frau Dr. C im MVZ II im selben Vollzeitarbeitsverhältnis wie bislang aufrechterhalten werde.

Die Beigeladene zu 1) hielt daraufhin mit Schreiben vom 18.01.2008 an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest, demzufolge eine Weitergabe einer Angestelltenstelle von einem MVZ auf ein anderes im Gesetz nicht vorgesehen und damit nicht zulässig sei. Insbesondere sei eine analoge Anwendung des § 103 Abs. 4a SGB V nicht möglich. Hier sei lediglich die Fallgestaltung geregelt, dass ein Vertragsarzt, welcher sich anschließend in einem Medizinischen Versorgungszentrum anstellen lassen möchte, auf seine Zulassung verzichte. Eine Übertragung dieser Regelung auf Medizinische Versorgungszentren sei nicht möglich. Hätte der Gesetzgeber hier eine Gleichstellung von Vertragsärzten und Medizinischen Versorgungszentren beabsichtigt, wäre eine entsprechende ausdrückliche Regelung erforderlich gewesen, wie sie beispielsweise vom Gesetzgeber in § 121a S. 1 Nr. 2 SGB V vorgenommen worden sei.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte hat mit Beschluss vom 29.01.2008 den Antrag der Klägerin auf Anstellung der Frau Dr. C mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden abgelehnt. Zur Begründung hat er sich der Rechtsauffassung der Beigeladenen zu 1) angeschlossen.

Hiergegen legte die Klägerin am 16.05.2008 Widerspruch ein. Sie wies nochmals auf die organisatorischen Gründe für die Neuordnung hin. Die rechtliche Zulässigkeit der beantragten Übertragung der Arztstelle ergebe sich aus den gesetzlichen Regelungen der §§ 72 Abs. 1 und 103 Absatz 4a S. 1 SGB V. § 103 Absatz 4a S. 1 SGB V befinde sich im selben Kapitel im Sinne des Wortlauts des § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V und enthalte keine abweichende Bestimmung hinsichtlich der durch § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V angeordneten analogen Anwendung dieser Vorschrift auf Medizinische Versorgungszentren. Die Rechtsauffassung des Zulassungsausschusses und der Beigeladenen zu 1) führe dazu, dass MVZ-Arztstellen dort auf immer quasi unübertragbar einzementiert seien, was nicht die Intention des Gesetzgebers gewesen sei. In einem Urteil des Sozialgerichts Marburg (Az. S 12 KA 1079/06 vom 30.01.2008) sei entschieden worden, dass durch § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V auch eine entsprechende Anwendung des § 121 Abs. 2 SGB V auf Medizinische Versorgungszentren normiert sei. Demgemäß kommen danach auch Medizinische Versorgungszentren grundsätzlich als Partner eines Belegarztvertrages in Frage, wobei die Genehmigung aufgrund ihrer Personenbindung dann für einen im MVZ angestellten Arzt zu erteilen sei. Daraus sei zu folgern, dass auch § 103 Abs. 4a S. 1 SGB V entsprechend anwendbar sei. Die Klägerin legte weiter eine ausdrückliche Verzichtserklärung des MVZ I zu Gunsten des MVZ II vor.

Die Beigeladene zu 1) erwiderte mit Schriftsatz vom 04.08.2008, dass die von der Klägerin zitierte Entscheidung des Sozialgerichts Marburg zu einer völlig anderen Rechtsfrage ergangen ist. Auch sei diese Entscheidung nicht rechtskräftig geworden. Sie vertrete weiterhin die Auffassung, dass eine Angestelltenstelle in einem MVZ, die durch Verzicht eines Vertragsarztes auf der Zulassung und nachfolgender Umwandlung entstanden sei, nicht an einen anderen Leistungserbringer weitergegeben werden könne. Eine entsprechende Weitergabe der gebildeten Angestelltenstelle an einen anderen Leistungserbringer sei nur dann möglich, soweit hierfür eine gesetzliche Regelung vorgesehen sei. Dies sei jedoch gerade nicht der Fall. Ausdrücklich beziehe sich § 103 Abs. 4a SGB V nur auf die Zulassung, auf die ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, verzichte, um in einem MVZ tätig zu werden. Eine direkte Anwendung scheide damit aus, da es sich hier nicht um eine Zulassung, sondern um eine Angestelltenstelle handele. § 103 Abs. 4a SGB V sei jedoch auch nicht analog anwendbar. Eine analoge Anwendung einer Rechtsnorm könne nur dann vorgenommen werden, wenn für den bestimmten Sachverhalt eine planwidrige Regelungslücke bestehe, also keine Rechtsnorm existiere, eine andere Norm aber einen vergleichbaren Regelungsgehalt habe. Im vorliegenden Zusammenhang könne dies nicht angenommen werden, da der Gesetzgeber bei der Regelung nicht übersehen habe, eine Regelung zu treffen. Im Übrigen seien die Sachverhalte auch nicht vergleichbar. Vielmehr werde in § 103 Abs. 4a Satz 5 SGB V ausdrücklich geregelt, dass in Medizinischen Versorgungszentren die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich sei, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet seien. Insofern sei die Regelung bewusst getroffen worden, dass trotz Anordnung von Zulassungsbeschränkungen Arztstellen nach Ausscheiden eines angestellten Arztes nachbesetzt werden könnten, ohne die Bedarfsplanung berücksichtigen zu müssen. Jedoch sei die Weitergabe der gebildeten Angestelltenstellen an andere Leistungserbringer, z. B. niedergelassene Ärzte bzw. andere Medizinische Versorgungszentren bewusst gerade nicht zugelassen worden, da diese nicht der Privilegierung von § 103 Abs. 4a SGB V unterliegen sollten, die nur in das Gesetz aufgenommen worden sei, um so in der Anfangszeit die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren zu vereinfachen. Würde man eine analoge Anwendung des § 103 Abs. 4a SGB V für möglich erachten, müsste die Angestelltenstelle bei Weitergabe an einen anderen Leistungserbringer auch ausgeschrieben werden. Im Ergebnis sei folglich davon auszugehen, dass eine Weitergabe der Angestelltenstelle der Frau Dr. C an das MVZ II nicht möglich sei.

An der mündlichen Verhandlung des Beklagten am 06.08.2008 nahm der Prozessbevollmächtigte der Klägerin in Begleitung der am Verwaltungsverfahren Beteiligten Frau Dr. C teil.

Der Beklagte mies mit Beschluss vom 06.08.2008, der Klägerin am 01.09.2008 zugestellt, den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er aus, ein Anspruch der Klägerin auf die von ihr beantragte Genehmigung des von ihr intendierten Übergangs der pädiatrischen Vertragsarztstelle der Frau Dr. C vom MVZ I auf dass MVZ II sei nicht ersichtlich. Eine unmittelbare Anwendung des § 103 Abs. 4a SGB V scheide aus, da die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt seien. Die Vorschrift regele ihrem Wortlaut nach den Sachverhalt, dass ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für welchen Zulassungsbeschränkungen angeordnet seien, auf seine Zulassung verzichte, um in einem Medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden. Im vorliegenden Fall liege zwar die Verzichterklärung des MVZ I vor, jedoch handelt es sich hier eindeutig nicht darum, dass ein Vertragsarzt auf seine eigene Zulassung verzichte; vielmehr handele es sich um den Verzicht des genannten MVZ I auf eine Stelle eines angestellten Arztes. Auch eine entsprechende Anwendung dieser Vorschrift komme nicht in Betracht. Mit § 103 Abs. 4a SGB V habe der Gesetzgeber eine Privilegierung der Gründer und Betreiber eines MVZ intendiert, um die Gründung eines MVZ zu forcieren. Aus diesem Grunde sei bereits zweifelhaft, ob im Hinblick auf diese Privilegierungsabsicht die vom Verfahrensbevollmächtigten der Klägerin behauptete entsprechende Anwendbarkeit dieser Vorschrift in einer Fallgestaltung möglich sei, in welcher es um die Weitergabe einer bereits in ein MVZ eingebrachten Arztstelle gehe. Dem vom Gesetzgeber intendierten Privilegierungsaspekt werde nämlich bereits durch die erstmalige Einbringung der Arztstelle in ein MVZ Rechnung getragen. Der Privilegierungszweck erscheine damit konsumiert, eine weitere Privilegierung in der Form, dass auch eine Weitergabe einer Stelle eines angestellten Arztes von einem MVZ in ein anderes durch die Zwecksetzung des Gesetzgebers mit abgedeckt sei, erscheine zumindest äußerst zweifelhaft. Letztendlich könne allerdings die Frage, ob über die Gleichstellungsklausel des § 72 Abs. 1 S. 2 SGB V eine Anwendbarkeit des § 103 Abs. 4a S. 1 SGB V auch für Medizinische Versorgungszentren infrage komme, dahinstehen, da jedenfalls die letztgenannte Vorschrift nicht in dem von der Klägerin geschilderten Sinne analogiefähig erscheine. Die Situation, in welcher ein Vertragsarzt auf seine Zulassung verzichte, um in einem Medizinischen Versorgungszentrum als angestellter Arzt tätig zu werden, sei nicht vergleichbar mit der hier vorliegenden Fallgestaltung, dass ein Medizinisches Versorgungszentrum auf die Stelle eines angestellten Arztes verzichte, damit dieser in einem anderen Medizinischen Versorgungszentrum eine Anstellung als Arzt erhalten könne. In dem zweiten Halbsatz des § 103 Abs. 4a SGB V sei ausdrücklich der Fall geregelt, dass bei dem Verzicht eines Vertragsarztes auf seine Zulassung zum Zwecke der Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum eine Fortführung der Praxis nach § 103 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sei. Hier sei gerade keine vollständige Einstellung der vertragsärztlichen Tätigkeit intendiert, wie es dem Grundgedanken des § 103 Absatz 4a SGB V entspreche. Dem Leitbild des Gesetzgebers entspreche es nach wie vor, dass die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit keine "Lizenz" im Sinne gewerberechtlicher Tätigkeiten darstelle und damit eine quasi "verkehrsfähige", zur Weitergabe an andere geeignete Rechtsstellung darstelle. Die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit als Status begründender Verwaltungsakt beinhalte eine Rechtsstellung, die nur im Rahmen der ausdrücklich gesetzlich geregelten Tatbestände weitergegeben werden könne. Dies zeige auch die Tatsache, dass eine Arztstelle, die gemäß § 103 Absatz 4b von einem Vertragsarzt übernommen werde, um deren bisherigen Inhaber als angestellten Arzt zu beschäftigen, nicht wieder in eine Zulassung zurückverwandelt werden könne. Hieraus folge auch, dass ein Vertragsarzt, der den Vertragsarztsitz eines anderen Vertragsarztes übernommen habe, um diesen abgebenden Vertragsarzt als angestellten Arzt anzustellen, diesen übernommenen Vertragsarztsitz nicht an einen anderen Vertragsarzt weitergeben könne. Diese Situation wiederum sei der hier zur Entscheidung anstehenden Fallgestaltung vergleichbar, dass ein Medizinisches Versorgungszentrum die Stelle eines angestellten Arztes an ein anderes Medizinisches Versorgungszentrum weitergeben möchte. Gerade diese – aufgrund der Vergleichbarkeit der zu regelnden Sachverhalte – statthafte Analogie zeige, dass für das Begehren der Klägerin eine Rechtsgrundlage nicht bestehe. Weitere Rechtsgrundlagen, die den Antrag der Klägerin zu tragen in der Lage wären, seien nicht ersichtlich.

Hiergegen hat die Klägerin am 01.10.2008 die Klage erhoben. Sie ist unter weitgehender Wiederholung ihres Vorbringens im Verwaltungsverfahren weiterhin der Auffassung, ihr Anspruch ergebe sich aus § 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V mit der daraus herzuleitenden entsprechenden Anwendung des § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V. Es gehe ihr um die erleichterte Anstellung auf eine Arztstelle in einem neuen MVZ nach Verzicht (hier entsprechend durch das MVZ I) und ohne dortige Fortführung der Arztstelle entsprechend der in der direkten Anwendung des § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V angesprochenen Praxis. Wegen der Eindeutigkeit der Rechtslage werde diese Frage in der juristischen Literatur einzig im MVZ-Beratungshandbuch von Isringhaus/Kroel/Wendland in ihrem Sinne kommentiert. Es sei hervorzuheben, dass der streitgegenständlich beantragte Wechsel der Arztstelle von Frau Dr. C die Patientenversorgung insoweit verbessern, erleichtern und wirtschaftlicher machen würde, als eine Bündelung der patientennahen Fächer unter Einschluss der Pädiater im MVZ II mit der dann dort möglichen einheitlichen Verwaltung die Terminvergabe, Personalplanung, Raumplanung, insgesamt also die Organisation der ärztlichen Behandlung reibungsloser, wirtschaftlicher und für die kleinen Patienten angenehm machen würde. Dies habe der Beklagte nicht hinreichend gewürdigt. Ein neu gegründetes MVZ könne die Privilegierung für sich neu und eigenständig in Anspruch nehmen. Die Analogiefähigkeit der Regelung liege vor. Mit der Nichtfortführung einer Praxis im Sinne des § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V sei auch die Nichtfortführung des zulassungsbezogenen Teils einer Gemeinschaftspraxis gemeint und erfasst, wenn ein Arzt in direkter Anwendung des § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V vorher Mitglied einer Gemeinschaftspraxis gewesen sei und nur dieser Sitz der Praxis in ein MVZ eingebracht werden solle, dann könne die restliche Praxis ohne den ausscheidenden Kollegen und ohne dessen anteilige Mitarbeit fortgeführt werden. Es gehe auch nicht um die Rückverwandlung einer Arztstelle in eine freiberufliche Zulassung.

Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Beschlusses des Beklagten vom 06.08.2008 den Beklagten zu verurteilen, sie über ihren Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Unter Verweis auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss im Übrigen führt er ergänzend aus, § 103 Abs. 4a SGB V regele nur den Fall, dass ein Vertragsarzt seine Zulassung aufgebe, um in einem MVZ tätig zu werden. Eine solche Fallgestaltung liege hier nicht vor, da hier ein MVZ eine ihm zurechenbare Vertragsarztstelle an ein anderes MVZ weiterreichen wolle. Die rechtswissenschaftliche Literatur habe sich mit der Frage einer Analogie nicht beschäftigt. Eine Analogie komme aber nicht in Betracht, da die vom Gesetzgeber intendierte Privilegierung mit der Einbringung einer Vertragsarztstelle endgültig vollzogen und damit konsumiert sei. Mit dem Eintritt in das MVZ beende der Vertragsarzt jedwede vertragsärztliche Tätigkeit in eigener Verantwortung, demgegenüber sei das abgebende MVZ weiterhin tätig. Auch bei der Anstellung von Ärzten finde eine nicht wieder umkehrbare Verwandlung einer vertragsärztlichen Zulassung in eine Angestelltenstelle statt.

Die Beigeladene zu 1) beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hat sich in der mündlichen Verhandlung den Ausführungen des Beklagten angeschlossen.

Die Beigeladenen zu 2) bis 8) haben keinen Antrag gestellt und sich schriftsätzlich nicht zum Verfahren geäußert.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 06.10.2008 die Beiladung ausgesprochen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit je einem Vertreter der Vertragsärzte und Psychotherapeuten sowie der Krankenkassen verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die Kammer konnte trotz Abwesenheit der Beigeladenen zu 8) verhandeln und entscheiden, weil diese ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist (§ 110 Abs. 1 SGG).

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Beschluss des Beklagten vom 06.08.2008 ist rechtmäßig und war daher nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Neubescheidung ihres Widerspruchs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Die Klage war abzuweisen.

Der Beschluss des Beklagten vom 06.08.2008 ist rechtmäßig.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Anstellung der Frau Dr. C mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden im MVZ II, da hierfür keine zu besetzende Vertragsarztstelle in diesem Umfang vorhanden ist und eine entsprechende, bei dem MVZ I vorhandene Vertragsarztstelle nicht auf das MVZ II übertragen werden kann.

Für eine Übertragung einer bei dem MVZ I vorhandene Vertragsarztstelle auf das MVZ II ist eine Rechtsgrundlage nicht vorhanden.

§ 103 Abs. 4 und 4a SGB V sind auf Medizinische Versorgungszentren nicht in der Weise anwendbar, dass Medizinische Versorgungszentren auf eine Vertragsarztstelle zu Gunsten eines anderen Medizinischen Versorgungszentrums verzichten könnten.

Nach § 103 Abs. 4 SGB V hat der Zulassungsausschuss, soweit ein Vertragsarzt in einem Planungsbereich, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, auf seine Zulassung verzichtet, um in einem Medizinischen Versorgungszentrum tätig zu werden, die Anstellung zu genehmigen; eine Fortführung der Praxis nach Absatz 4 ist nicht möglich. Soll die vertragsärztliche Tätigkeit in den Fällen der Beendigung der Zulassung nach Absatz 4 Satz 1 von einem Praxisnachfolger weitergeführt werden, kann die Praxis auch in der Form weitergeführt werden, dass ein Medizinisches Versorgungszentrum den Vertragsarztsitz übernimmt und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt in der Einrichtung weiterführt. Die Absätze 4 und 5 gelten entsprechend. Nach einer Tätigkeit von mindestens fünf Jahren in einem Medizinischen Versorgungszentrum, dessen Sitz in einem Planungsbereich liegt, für den Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind, erhält ein Arzt unbeschadet der Zulassungsbeschränkungen auf Antrag eine Zulassung in diesem Planungsbereich; dies gilt nicht für Ärzte, die auf Grund einer Nachbesetzung nach Satz 5 oder erst seit dem 1. Januar 2007 in einem Medizinischen Versorgungszentrum tätig sind. Medizinischen Versorgungszentren ist die Nachbesetzung einer Arztstelle möglich, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind.

§ 103 Abs. 4a SGB V privilegiert die Gründer und Betreiber eines Medizinischen Versorgungszentrums, das als weiterer Leistungserbringer in der vertragsärztlichen Versorgung durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz in § 95 Abs. 1 eingefügt wurde. Die Norm schafft weitere Ausnahmeregelungen zu den Zulassungsbeschränkungen in überversorgten Planungsbereichen, um die Gründung von Medizinischen Versorgungszentren zu forcieren. Die Möglichkeiten, nach fünfjähriger Tätigkeit in einem Medizinischen Versorgungszentrum sich selbständig niederzulassen, dienten, da bedarfsunabhängig, nicht der Bedarfssteuerung, sondern der Förderung einer bestimmten Versorgungsstruktur innerhalb der ambulanten Versorgung. Insofern hatte der Gesetzgeber selbst sein Bedarfssteuerungsinstrumentarium beschränkt.

Nach der Begründung des unverändert übernommenen Gesetzesentwurfs durch das Gesundheitsmodernisierungsgesetz soll § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V es ermöglichen, dass niedergelassene Ärzte in einer überversorgten Region ihren Zulassungsstatus aufgeben und künftig als angestellte Ärzte eines Medizinischen Versorgungszentrums ihre Leistungen erbringen können. Der Zulassungsausschuss habe diese "Übertragung der Zulassung" zu genehmigen. Der zweite Halbsatz sei die Konsequenz daraus, dass der in ein Medizinisches Versorgungszentrum wechselnde Vertragsarzt seine Zulassung in das Medizinische Versorgungszentrum mitnehme und deshalb eine Praxisübergabe seiner bisherigen Vertragsarztpraxis nicht möglich sei; anderenfalls würden trotz Zulassungsbeschränkungen zusätzliche Ärzte zugelassen werden. Die Veräußerung der Privatpraxis bleibe davon unberührt. In den Fällen, in denen die Zulassung ende und der Arzt nicht weiter tätig sein werde (z. B. Erreichen der Altersgrenze nach § 95 Abs. 7 oder Tod des Vertragsarztes) und die Praxis daher von einem Nachfolger fortgeführt werden solle, könne die Praxis auch von einem Medizinischen Versorgungszentrum übernommen und weitergeführt werden (Satz 2). In diesem Fall der "Übertragung" einer Zulassung in ein Zentrum sei das in § 103 Abs. 4 und 5 beschriebene Verfahren, insbesondere die Bestimmung des Praxisnachfolgers durch den Zulassungsausschuss nach § 103 Abs. 4 zu beachten. Durch diese Übertragungsmöglichkeiten würden die Möglichkeiten der Neugründung von Zentren verbessert, da auch bei Sperrung wegen Überversorgung neue Zentren gegründet werden könnten. Da die Übertragung "bedarfsplanungsneutral" erfolge, werde gleichzeitig vermieden, dass es zur Steigerung der Zahl der vertragsärztlichen Leistungserbringer komme. Satz 4 erlaube angestellten Ärzten eines Medizinischen Versorgungszentrums, die durch ihre Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum dessen Gründung oder die Erweiterung dessen ärztlichen Behandlungsangebots ermöglicht hätten, nach mindestens 5 Jahren in dem betreffenden Planungsbereich auch dann in die Niederlassung zu wechseln, wenn dieser Planungsbereich wegen Überversorgung gesperrt sei. Gleichzeitig dürfe das Medizinische Versorgungszentrum die durch den Wechsel in die Freiberuflichkeit in dem Zentrum frei werdende Arztstelle nachbesetzen. Diese Ausnahme von dem grundsätzlichen Verbot, in gesperrten Planungsbereichen neue Vertragsärzte zuzulassen, sei notwendig, um die Gründung und Erweiterung von Medizinischen Versorgungszentren zu fördern (eine ähnliche, dort der Bestandssicherung dienende Regelung enthalte das geltende Recht bereits in § 311 Abs. 2 Satz 9 für die Bestandssicherung der Einrichtungen nach § 311). Diese besondere Niederlassungsmöglichkeit erhöhe die Attraktivität des Medizinischen Versorgungszentrums für junge Ärzte, da diese Ärzte durch eine fünfjährige Tätigkeit als angestellte Ärzte einer derartigen Einrichtung nicht nur Erfahrungen für eine spätere freiberufliche Tätigkeit sammelten, sondern auf Grund dieser Regelung auch die Möglichkeit erhielten, in einem gesperrten Gebiet in die Freiberuflichkeit zu wechseln, ohne den normalerweise notwendigen Weg über die Praxisübergabe nach § 103 Abs. 4 gehen zu müssen (allerdings müssten diese Ärzte – wie andere zulassungswillige Ärzte auch – die sonstigen Voraussetzungen wie z. B. Geeignetheit, Altersgrenze von 55 Jahren, erfüllen; Satz 4 befreie lediglich von dem Verbot der Zulassung in einem gesperrten Planungsbereich). Außerdem werde durch die Möglichkeit der Nachbesetzung der freigewordenen Arztstellen verhindert, dass das Medizinische Versorgungszentrum durch einen Wechsel in die Freiberuflichkeit ausblute (Satz 5). Diese Privilegierung der angestellten Ärzte in den Medizinischen Versorgungszentren in Verbindung mit der Nachbesetzungsmöglichkeit der freiwerdenden Arztstellen durch das Zentrum sei nach Satz 6 (Anmerkung der Kammer: gemeint ist Satz 4 2. Halbsatz) auf die Einstellung zum Zwecke der Neugründung oder der Erweiterung der medizinischen Angebotspalette des Medizinischen Versorgungszentrums beschränkt, denn nur in diesen Fällen sei eine derartige Förderung angesichts der damit verbundenen Vergrößerung der Überversorgung in dem betreffenden Planungsbereich vertretbar. Angestellten, die zum Zwecke der Nachbesetzung einer bereits vorhandenen Arztstelle in einem Medizinischen Versorgungszentrum angestellt würden, stehe deshalb der Wechsel in Freiberuflichkeit in einem gesperrten Planungsbereich – wie jedem anderen Arzt auch – nur im Wege der Praxisübergabe nach § 103 Abs. 3 offen (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 112 (zu Nr. 80 c (§ 103)).

Durch Einfügen der Worte "oder erst seit dem 1. Januar 2007" in Satz 4 durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz in Satz 4 entfällt aber wieder das Privileg für Ärzte, die mindestens fünf Jahre in einem Medizinischem Versorgungszentrum tätig waren, unbeschadet angeordneter Zulassungsbeschränkungen in dem selben Planungsbereich eine Zulassung zu erhalten. Die Streichung erfolgt nach der Begründung des Gesundheitsausschusses, auf dessen Vorschlag die Änderung vorgenommen wurde, da es zum einen die Überversorgung fördere und zum anderen auch eine Ungleichbehandlung derjenigen Ärzte darstelle, die nicht als Angestellte in einem Medizinischen Versorgungszentrum, sondern – wie nach künftigem Recht möglich – als Angestellte in einer Arztpraxis tätig würden. Ärzte, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes in einem Medizinischem Versorgungszentrum tätig seien, würden aus Gründen des Bestandsschutzes von der Änderung ausgenommen (vgl. BTDrs. 16/3157, S. 24).

§ 103 Abs. 4a SGB V schaffte insoweit eine Privilegierung des Medizinischen Versorgungszentrums, als es Ärzten den Wechsel aus der vertragsarztrechtlichen Zulassung und Niederlassung in die Angestelltentätigkeit in einem Medizinischen Versorgungszentrum erleichtert und es einem Medizinischen Versorgungszentrum ermöglicht, einen zur Nachfolge ausgeschriebenen Vertragsarztsitz zu übernehmen und die vertragsärztliche Tätigkeit durch einen angestellten Arzt weiterzuführen. § 103 Abs. 4a Satz 2 SGB V fingiert unabhängig von den tatsächlichen Verhältnissen, dass eine Praxisfortführung erfolgt. Eine darüber hinausgehende Fortführungsabsicht ist nicht erforderlich. Nach § 103 Abs. 4 Satz 5 SGB V können Medizinische Versorgungszentren generell ihre Arztstellen nach Satz 5 nachbesetzen, auch wenn Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind. Ohne diese Vorschrift wäre eine Neubesetzung nur im Wege eines Ausschreibungsverfahrens entsprechend § 103 Abs. 4 SGB V möglich. Die Nachbesetzungsoption ermöglicht es dem Medizinischen Versorgungszentrum, den Bewerber allein auszusuchen. Dies war eine weitere Privilegierung gegenüber Gemeinschaftspraxen; mit der Einfügung des Abs. 4b hat das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz Vertragsärzte gleichgestellt. Soweit der Bewerber die allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt (§ 95 Abs. 2 SGB V), hat der Zulassungsausschuss dessen Anstellung zu genehmigen.

§ 103 Abs. 4a SGB V regelt insgesamt dezidiert die Möglichkeiten, die ein Medizinisches Versorgungszentrum bei der Übernahme von Vertragsarztsitzen hat. Diese Vertragsarztsitze benötigt es, da für ein Medizinisches Versorgungszentrum das Bedarfsplanungsrecht gleichermaßen wie für Vertragsärzte gilt, und es ohne die Regelung keine Ärzte anstellen könnte. Eine analoge Anwendung auf Medizinische Versorgungszentren scheidet damit aus.

Soweit das SGB V eine Gesetzesanalogie anordnet, wird diese, was im Übrigen selbstverständlich wäre, eingeschränkt. Die Vorschriften des Vertragsarztrechts, die sich auf Ärzte beziehen, gelten nur entsprechend für Zahnärzte, Psychotherapeuten und Medizinische Versorgungszentren, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist (§ 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V).

§ 103 Abs. 4a SGB V trifft aber gerade eine abweichende Regelung für Medizinische Versorgungszentren. Bereits vom Wortlaut her gilt diese Vorschrift nicht für Ärzte, sondern nur für Medizinische Versorgungszentren. In der ursprünglichen Fassung stand diese Regelung allein und fehlten entsprechende Regelungen für Ärzte. Erst das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz hat mit der Einfügung des Abs. 4b in § 103 SGB V eine weitgehende Gleichstellung der Ärzte mit denen eines Medizinischen Versorgungszentrums gebracht. Dies gilt auch für § 103 Abs. 4a Satz 1 SGB V. Antragsteller für die Genehmigung ist nur das Medizinische Versorgungszentrum (§ 95 Abs. 2 Satz 6 SGB V). Es folgt lediglich darüber hinaus auch ein Anspruch des Arztes auf Genehmigung. Wortlaut, Entstehungsgeschichte und jetzt auch die Systematik der Abs. 4a und 4b des § 103 SGB V zeigen damit aber eindeutig, dass der Gesetzgeber in diesem Bereich unterschiedliche Regelungen für Medizinische Versorgungszentren und Ärzte geschaffen hat, so dass eine weitergehende Anlogie nicht in Betracht kommt.

Von daher scheidet eine direkte oder analoge Anwendung des § 103 Abs. 4a SGB V auf Medizinische Versorgungszentren aus.

Eine Praxisnachfolge nach § 103 Abs. 4 SGB V scheidet für Medizinische Versorgungszentren ebf. aus. Bei Beendigung einer Angestelltentätigkeit hat das Medizinische Versorgungszentrum die Möglichkeit zur Nachbesetzung trotz bestehender Zulassungsbeschränkungen (§ 103 Abs. 4a Satz 5 SGB V). Diese Möglichkeit besteht unbegrenzt, solange das Medizinische Versorgungszentrum besteht. Vor einer Beendigung des Medizinischen Versorgungszentrums durch Ausscheiden der Gesellschafter kommt im Regelfall die Fortführung des Medizinischen Versorgungszentrums durch Gesellschafterwechsel in Betracht. Die Gesellschafter müssen lediglich die Gründervoraussetzung als zugelassene Leistungserbringer (§ 95 Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 2 SGB V) haben.

Der Gesetzgeber geht aufgrund dieser Regelungen offensichtlich davon aus, dass Medizinische Versorgungszentren, die sich aller zulässigen Organisationsformen bedienen dürfen (§ 95 Abs. 1 Satz 6 Halbsatz 1 SGB V), als Gesellschaft unabhängig vom Bestand ihrer ärztlichen Mitarbeiter fortbestehen. Der Fortbestand wird gerade durch die genannte Nachbesetzungsklausel und der Möglichkeit des Gesellschafterwechsels garantiert.

Die einem Medizinischen Versorgungszentrum zugeordneten Vertragsarztstellen sind aber nach der vertragsarztrechtlichen Systematik nicht verkehrsfähig, auch wenn man, da Vertragsarztsitze als solche generell nicht verkehrsfähig sind, fingieren würde, dass ein Praxisteil mit ihnen abgegeben werden könnte. Vertragsarztsitze, die mit angestellten Ärzten besetzt sind, können nicht wieder in Vertragsarztsitze freiberuflich tätiger Vertragsärzte zurückverwandelt werden. Dies gilt im Übrigen auch für Vertragsarztsitze in Arztpraxen, die mit angestellten Ärzten auf der Grundlage des § 103 Abs. 4b SGB V besetzt sind (vgl. Bonvie, Bindung des Vertragsarztsitzes an das Unternehmen "Arztpraxis", GesR 2008, S. 505 ff., 506 f.). Eine Praxisnachfolge in solche Stellen scheidet schon begrifflich aus, da es sich bei diesen Stellen gerade nicht um Arztpraxen handelt. Ein Medizinisches Versorgungszentrum kann damit zwar die Zahl seiner angestellten Ärzte reduzieren, soweit es nicht die Mindestvoraussetzungen verliert. Eine Rückführung der Arztstellen belässt auch wenigstens für einen gewissen Zeitraum die Option der Nachbesetzung. Eine Rückführung der Arztstellen ermöglicht aber weder den Verkauf dieser Stellen noch die Abgabe an andere Medizinische Versorgungszentren bzw. die Ausschreibung zur Nachfolge. Auch bei der endgültigen Aufgabe eines Medizinischen Versorgungszentrums kommt eine Praxisnachfolge nach § 103 Abs. 4 SGB V nicht in Betracht. Hierfür bedürfte es einer ausdrücklichen Regelung, die nicht ersichtlich ist. Die Kammer hält diesen Rechtszustand aufgrund der unterschiedlichen Struktur von vertragsärztlicher Tätigkeit in Einzel- oder Gemeinschaftspraxis einerseits und als Medizinisches Versorgungszentrum andererseits für verfassungsrechtlich vereinbar.

Soweit die Klägerin auf organisatorische Veränderungen ihrerseits verweist, kommt es hierauf nicht an. Rechtlich ist allein maßgebend, das Arztstellen nicht an ein anderes MVZ, unabhängig von dessen Trägerschaft, abgegeben werden kann.

Nach allem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1. VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
Rechtskraft
Aus
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