Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
35
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 35 AS 158/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
1.Die Bescheide vom 13.03.2007 und 05.09.2007 werden aufgehoben. 2.Die weitergehende Klage wird abgewiesen. 3.Die Beklagte trägt die erstattungsfähigen außer- gerichtlichen Kosten der Klägerin zu 1/2.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten in einem Verfahren nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - darum, ob Leistungen als verlorener Zuschuss oder als Darlehen zu gewähren sind.
Die Klägerin erhielt im hier streitigen Leistungszeitraum eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit. Die Klägerin ist Eigentümerin einer Eigentumswohnung in J, die sie von ihren Eltern geerbt hat. Nach Auffassung der Beklagten hat diese einen Wert von ca. 38.000,- Euro. Die Klägerin geht davon aus, dass der Wert nur etwa 30.000,- Euro beträgt. Im Verwaltungsverfahren hat die Klägerin den Verkehrswert des Grundstücks mit 45.000,- Euro angegeben.
Im Januar 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II bei der Beklagten.
Mit Bescheid vom 05.02.2005 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin verfüge über ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 46.500,- Euro, was ihren Grundfreibetrag in Höhe von 10.800,- Euro deutlich überschreite.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 02.05.2005 teilte die Beklagte mit, sie helfe dem Widerspruch in vollem Umfange ab. Zwar könne die Klägerin keine Leistungen nach dem SGB II als verlorenen Zuschuss erhalten, sie könne allerdings ein Darlehen beantragen.
Mit weiterem Bescheid vom 17.06.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin aufgrund des Leistungsantrages vom 25.01.2005 Leistungen in Höhe von 253,- Euro für die Zeit vom 25.01.2005 bis zum 31.01.2005 und in Höhe 1.084,31 Euro monatlich für Februar, März, April, Mai und Juni 2005 als Darlehen.
Unter dem 05.01.2006 wandte sich die Klägerin an die Stadt E und bat darum, ihr die Rückzahlung des Darlehens zu erlassen.
Mit Bescheid vom 24.01.2006 lehnte die Stadt E das Begehren der Klägerin mit der Begründung ab, der Einsatz des Vermögens stelle keine besondere Härte dar.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 20.06.2006 wies die Stadt E den Widerspruch als sachlich unbegründet zurück.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin unter dem 28.07.2006 erneut Widerspruch. Die Stadt Düsseldorf teilte der Klägerin daraufhin unter dem 08.08.2006 mit, sie habe den Widerspruch als Klage an das Sozialgericht Düsseldorf weitergeleitet.
Unter dem 16.10.2006 nahm die Klägerin diese Klage zurück, nachdem die Vorsitzende der 00. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf die Auffassung vertrat, die Klage sei unzulässig. Der Klägerin wurde von der Vorsitzenden der 28. Kammer geraten, einen Antrag nach § 44 SGB X zu stellen.
Unter dem 06.11.2006 kam die Klägerin dem Vorschlag des Gerichts nach.
Mit Bescheid vom 13.03.2007 lehnte die Stadt E den Antrag nach § 44 SGB X mit der Begründung ab, die Eigentumswohnung der Klägerin sei verwertbares Vermögen.
Mit Bescheid vom 05.09.2007 wurde der Widerspruchsbescheid als sachlich unbegründet zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid enthält im Briefkopf rechts oben das Zeichen der ARGE E und führt als Absender aus "ARGE E c/o Stadtverwaltung Amt 00 - 00000 E. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides wird ausgeführt:
Gegen den Bescheid des Amtes für soziale Sicherung und Intregration vom 13.03.2007 kann innerhalb eines Monats ... Klage erhoben werden.
Hiergegen richtet sich die 11. Oktober 2007 bei Gericht eingegangene Klage, die die Klägerin gegen die ARGE E erhoben hat. Die Klägerin vertritt darin die Auffassung, der Wert der Eigentumswohnung könne ihr nicht als Vermögen angerechnet werden, da die Rentenversicherung der Klägerin Lücken aufweise, die Klägerin erwerbsgemindert sei und daher ein besonderer Härtefall vorliege.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2007 zu verurteilen, die der Klägerin vom 21.05.2005 bis zum 31.07.2005 bewilligten Leistungen als Beihilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, vorliegend habe die zuständige Behörde gehandelt und die Anrechnung des Wertes der Eigentumswohnung als Vermögen bei der Klägerin sei rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann vorliegend durch Gerichtsbescheid (§ 105 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) entscheiden, denn der Sachverhalt ist für eine Entscheidung ausreichend aufgeklärt und die Beteiligten wurden vor dem Erlass des Gerichtsbescheides hierzu angehört. Außerdem sind die hier zu entscheidenden Rechtsfragen einfacher Natur.
Das Gericht geht zunächst davon aus, dass vorliegend der Bescheid vom 13.03.2007 in der Gestalt eines Widerspruchsbescheides vom 05.09.2007 angefochten ist. In der Verwaltungsakte findet sich nämlich nur ein Widerspruchsbescheid vom 05.09.2007. Das Gericht schließt allerdings nicht aus, dass der Bescheid, den die Klägerin erhalten hat, das Datum vom 07.09.2007 trägt. Jedenfalls ist der Bescheid ausweislich der Verwaltungsakte am 10. September 2007 zur Post gegeben worden, so dass die am 11.10.2007 bei Gericht eingegangene Klage zulässig ist.
Die form- und fristgerecht erhobene und daher zulässige Klage ist hinsichtlich ihres Anfechtungsanteils begründet, hinsichtlich ihres Verpflichtungsanteils jedoch unbegründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide insoweit beschwert, weil diese von der sachlich unzuständigen Behörde erteilt worden sind und daher rechtswidrig und aufzuheben sind.
Mit der Klage ist angefochten der Bescheid der Stadt E vom 13.03.2007 (siehe auch hierzu die Rechtsbehelfsbelehrung im angefochtenen Widerspruchsbescheid). Dieser Bescheid ist von der sachlich unzuständigen Behörde erteilt worden. In dem Bescheid wird die Leistungsbewilligung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geregelt. Für derartige Bescheide ist die ARGE E sachlich zuständig, denn die Stadt E und die Bundesagentur für Arbeit haben in ihrem Vertrag über die Gründung und Ausgestaltung einer Arbeitsgemeinschaft von der gesetzlichen Möglichkeit des § 44b SGB II Gebrauch gemacht.
Soweit die Beklagte sich vorliegend auf § 3 Nr. 3 des Vertrages zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Stadt E beruft, verkennt sie, dass durch diese Vorschrift - nach ihrem eindeutigen Wortlaut - nur geregelt wird, welche Aufgaben für die "ARGE "durch die Stadt E zu erledigen sind. Bei dieser Aufgabenübertragung handelt es sich um eine zulässige Beauftragung einer anderen Behörde durch die eigentlich zuständige ARGE E, für sie bzw. in ihrem Namen Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Eine solche Aufgabenübertragung gibt der Stadt E jedoch nicht das Recht, die Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in eigenem Namen zu regeln. Hieran ändert auch 14.3 des ARGE-Vertrages nichts. Dort wird lediglich geregelt, dass die "Abwicklung der Darlehensgewährung" durch die zentrale Fachstelle für Wohnungsnotfälle des Amtes für soziale Sicherung und Integration erfolgt. Bei dieser Regelung handelt es sich lediglich um eine verwaltungsinterne Aufgabenübertragung auf Mitarbeiter einer anderen Behörde. Diese andere Behörde wird dadurch aber nicht berechtigt, in eigenem Namen für die ARGE zu handeln. Würde man der gegenteiligen Auffassung der Beklagten folgen, würde dies bedeuten, dass Behörden untereinander - unter Umgehung und Abänderung der gesetzlich vorgeschriebenen Zuständigkeitsregelungen - neue Zuständigkeiten vereinbaren könnten. Die gesetzlich vorschriebenen Zuständigkeitsregelungen wären dann Makulatur.
Auch der angefochtene Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig. Zwar ist dieser Bescheid - zumindest teilweise - unter dem Briefkopf der hier beklagten ARGE E ergangen, die ARGE E ist jedoch nicht berufen, Widersprüche gegen Bescheide der Stadt E zu bescheiden. Auch insoweit fehlt es an einer gesetzlichen Zuständigkeitsregel. Da das Gericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben hat, hat die Klägerin Anspruch auf eine Neubescheidung durch die zuständige Behörde.
Soweit die Klägerin darüber hinaus im Wege der Verpflichtungsklage begehrt, die Beklagte zu verurteilen, die gewährten Leistungen für den Zeitraum vom 25.01.2005 bis zum 31.07.2005 als nicht rückzahlbare Beihilfe zu zahlen, hat die Klage keinen Erfolg. Die Klägerin hat nämlich keinen Anspruch darauf, Leistungen als verlorenen Zuschuss zu erhalten. Es besteht kein Anspruch der Klägerin gemäß § 44 SGB X darauf, dass die Beklagte ihren bestandskräftigen Bescheid vom 17.06.2005 abändert, denn dieser Bescheid ist rechtmäßig.
Die von der Klägerin geerbte Eigentumswohnung ist nämlich anrechenbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift sind Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände. Grundsätzlich ist die von der Klägerin geerbte Eigentumswohnung hier ein verwertbarer Vermögensgegenstand, denn diese Eigentumswohnung lässt sich veräußern oder beleihen. Zugunsten der Klägerin geht das Gericht dabei zunächst einmal davon aus, dass die Eigentumswohnung lediglich einen Verkehrswert von 30.000,- Euro hat sowie dies die Klägerin zuletzt in ihrer Klage angegeben hat.
Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 SGB II, nach denen Vermögen nicht zu berücksichtigen ist, liegen in der Person der Klägerin nicht vor. Die Klägerin ist nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit, so dass § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II nicht in Betracht kommt. Auch § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ist vorliegend nicht einschlägig, weil die Eigentumswohnung nicht von der Klägerin selbst bewohnt wird. Die Verwertung der Eigentumswohnung ist auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6. SGB II. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit liegt nur vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht (Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage § 12 Anm. 84 m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Für ein solches Missverhältnis liegen keine tatsächlichen Anhaltspunkte vor. Zwar trägt die Klägerin vor, die Eigentumswohnung sei wegen eines Preisverfalls von Eigentumswohnungen in der Umgebung statt 38.000,- Euro nur noch 30.000,- Euro wert, ein solcher Preisverfall bedingt jedoch kein Missverhältnis sondern deutet lediglich darauf hin, dass der Wert der Eigentumswohnung gesunken ist. Das Gericht ist deswegen auch nur davon ausgegangen, dass die Eigentumswohnung 30.000,- Euro wert ist, obwohl nach Aktenlage deutliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass auch ein höherer Wert erzielt werden könnte. Allerdings kann allein der Wertverfall einer Immobilie nicht zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II führen, denn eine Immobilie unterliegt - wie auch andere Vermögensgegenstände - einer sich ständig verändernden Bewertung durch den Markt.
Auch eine besondere Härte der Verwertung im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6, 2. Alternative SGB II liegt nicht vor. Der Begriff der besonderen Härte ist nach dem Regelungszweck auszulegen. Danach liegt insbesondere dann eine besondere Härte vor, wenn durch die Verwertung eines Vermögensgegenstandes die Grundlagen einer angemessenen Lebensführung gefährdet würden (Eicher/Spellbrink, a.a.O. Anm. 90). Die Klägerin erhält derzeit eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von ungefähr 660,- Euro monatlich. Dies reicht nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Klägerin wird voraussichtlich auch zukünftig auf Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII angewiesen sein, unabhängig von der Frage, ob sie die Eigentumswohnung verwertet oder nicht. Zudem ist zu berücksichtigen, dass durch das gewährte Darlehen der komplette Einsatz des Vermögens der Klägerin nicht gefordert wird, denn die Klägerin kann die Eigentumswohnung auch beleihen. Unabhängig davon dürfte eine besondere Härte aber auch vorliegend schon deswegen nicht gegeben sein, weil die Klägerin die Eigentumswohnung vergleichsweise zeitnah zur Stellung des Antrages auf Leistungen erst geerbt hat. Sie hat also ihre Altersversorgung und damit ihren Lebensstandard im Alter gerade nicht im Vertrauen auf den Besitz einer Eigentumswohnung aufgebaut.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten in einem Verfahren nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - darum, ob Leistungen als verlorener Zuschuss oder als Darlehen zu gewähren sind.
Die Klägerin erhielt im hier streitigen Leistungszeitraum eine Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit. Die Klägerin ist Eigentümerin einer Eigentumswohnung in J, die sie von ihren Eltern geerbt hat. Nach Auffassung der Beklagten hat diese einen Wert von ca. 38.000,- Euro. Die Klägerin geht davon aus, dass der Wert nur etwa 30.000,- Euro beträgt. Im Verwaltungsverfahren hat die Klägerin den Verkehrswert des Grundstücks mit 45.000,- Euro angegeben.
Im Januar 2005 stellte die Klägerin einen Antrag auf Leistungen nach dem SGB II bei der Beklagten.
Mit Bescheid vom 05.02.2005 lehnte die Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin verfüge über ein zu berücksichtigendes Vermögen in Höhe von 46.500,- Euro, was ihren Grundfreibetrag in Höhe von 10.800,- Euro deutlich überschreite.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 02.05.2005 teilte die Beklagte mit, sie helfe dem Widerspruch in vollem Umfange ab. Zwar könne die Klägerin keine Leistungen nach dem SGB II als verlorenen Zuschuss erhalten, sie könne allerdings ein Darlehen beantragen.
Mit weiterem Bescheid vom 17.06.2005 bewilligte die Beklagte der Klägerin aufgrund des Leistungsantrages vom 25.01.2005 Leistungen in Höhe von 253,- Euro für die Zeit vom 25.01.2005 bis zum 31.01.2005 und in Höhe 1.084,31 Euro monatlich für Februar, März, April, Mai und Juni 2005 als Darlehen.
Unter dem 05.01.2006 wandte sich die Klägerin an die Stadt E und bat darum, ihr die Rückzahlung des Darlehens zu erlassen.
Mit Bescheid vom 24.01.2006 lehnte die Stadt E das Begehren der Klägerin mit der Begründung ab, der Einsatz des Vermögens stelle keine besondere Härte dar.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 20.06.2006 wies die Stadt E den Widerspruch als sachlich unbegründet zurück.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin unter dem 28.07.2006 erneut Widerspruch. Die Stadt Düsseldorf teilte der Klägerin daraufhin unter dem 08.08.2006 mit, sie habe den Widerspruch als Klage an das Sozialgericht Düsseldorf weitergeleitet.
Unter dem 16.10.2006 nahm die Klägerin diese Klage zurück, nachdem die Vorsitzende der 00. Kammer des Sozialgerichts Düsseldorf die Auffassung vertrat, die Klage sei unzulässig. Der Klägerin wurde von der Vorsitzenden der 28. Kammer geraten, einen Antrag nach § 44 SGB X zu stellen.
Unter dem 06.11.2006 kam die Klägerin dem Vorschlag des Gerichts nach.
Mit Bescheid vom 13.03.2007 lehnte die Stadt E den Antrag nach § 44 SGB X mit der Begründung ab, die Eigentumswohnung der Klägerin sei verwertbares Vermögen.
Mit Bescheid vom 05.09.2007 wurde der Widerspruchsbescheid als sachlich unbegründet zurückgewiesen. Der Widerspruchsbescheid enthält im Briefkopf rechts oben das Zeichen der ARGE E und führt als Absender aus "ARGE E c/o Stadtverwaltung Amt 00 - 00000 E. In der Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheides wird ausgeführt:
Gegen den Bescheid des Amtes für soziale Sicherung und Intregration vom 13.03.2007 kann innerhalb eines Monats ... Klage erhoben werden.
Hiergegen richtet sich die 11. Oktober 2007 bei Gericht eingegangene Klage, die die Klägerin gegen die ARGE E erhoben hat. Die Klägerin vertritt darin die Auffassung, der Wert der Eigentumswohnung könne ihr nicht als Vermögen angerechnet werden, da die Rentenversicherung der Klägerin Lücken aufweise, die Klägerin erwerbsgemindert sei und daher ein besonderer Härtefall vorliege.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.03.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.09.2007 zu verurteilen, die der Klägerin vom 21.05.2005 bis zum 31.07.2005 bewilligten Leistungen als Beihilfe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, vorliegend habe die zuständige Behörde gehandelt und die Anrechnung des Wertes der Eigentumswohnung als Vermögen bei der Klägerin sei rechtmäßig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht kann vorliegend durch Gerichtsbescheid (§ 105 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -) entscheiden, denn der Sachverhalt ist für eine Entscheidung ausreichend aufgeklärt und die Beteiligten wurden vor dem Erlass des Gerichtsbescheides hierzu angehört. Außerdem sind die hier zu entscheidenden Rechtsfragen einfacher Natur.
Das Gericht geht zunächst davon aus, dass vorliegend der Bescheid vom 13.03.2007 in der Gestalt eines Widerspruchsbescheides vom 05.09.2007 angefochten ist. In der Verwaltungsakte findet sich nämlich nur ein Widerspruchsbescheid vom 05.09.2007. Das Gericht schließt allerdings nicht aus, dass der Bescheid, den die Klägerin erhalten hat, das Datum vom 07.09.2007 trägt. Jedenfalls ist der Bescheid ausweislich der Verwaltungsakte am 10. September 2007 zur Post gegeben worden, so dass die am 11.10.2007 bei Gericht eingegangene Klage zulässig ist.
Die form- und fristgerecht erhobene und daher zulässige Klage ist hinsichtlich ihres Anfechtungsanteils begründet, hinsichtlich ihres Verpflichtungsanteils jedoch unbegründet.
Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide insoweit beschwert, weil diese von der sachlich unzuständigen Behörde erteilt worden sind und daher rechtswidrig und aufzuheben sind.
Mit der Klage ist angefochten der Bescheid der Stadt E vom 13.03.2007 (siehe auch hierzu die Rechtsbehelfsbelehrung im angefochtenen Widerspruchsbescheid). Dieser Bescheid ist von der sachlich unzuständigen Behörde erteilt worden. In dem Bescheid wird die Leistungsbewilligung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch geregelt. Für derartige Bescheide ist die ARGE E sachlich zuständig, denn die Stadt E und die Bundesagentur für Arbeit haben in ihrem Vertrag über die Gründung und Ausgestaltung einer Arbeitsgemeinschaft von der gesetzlichen Möglichkeit des § 44b SGB II Gebrauch gemacht.
Soweit die Beklagte sich vorliegend auf § 3 Nr. 3 des Vertrages zwischen der Bundesagentur für Arbeit und der Stadt E beruft, verkennt sie, dass durch diese Vorschrift - nach ihrem eindeutigen Wortlaut - nur geregelt wird, welche Aufgaben für die "ARGE "durch die Stadt E zu erledigen sind. Bei dieser Aufgabenübertragung handelt es sich um eine zulässige Beauftragung einer anderen Behörde durch die eigentlich zuständige ARGE E, für sie bzw. in ihrem Namen Verwaltungsaufgaben wahrzunehmen. Eine solche Aufgabenübertragung gibt der Stadt E jedoch nicht das Recht, die Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch in eigenem Namen zu regeln. Hieran ändert auch 14.3 des ARGE-Vertrages nichts. Dort wird lediglich geregelt, dass die "Abwicklung der Darlehensgewährung" durch die zentrale Fachstelle für Wohnungsnotfälle des Amtes für soziale Sicherung und Integration erfolgt. Bei dieser Regelung handelt es sich lediglich um eine verwaltungsinterne Aufgabenübertragung auf Mitarbeiter einer anderen Behörde. Diese andere Behörde wird dadurch aber nicht berechtigt, in eigenem Namen für die ARGE zu handeln. Würde man der gegenteiligen Auffassung der Beklagten folgen, würde dies bedeuten, dass Behörden untereinander - unter Umgehung und Abänderung der gesetzlich vorgeschriebenen Zuständigkeitsregelungen - neue Zuständigkeiten vereinbaren könnten. Die gesetzlich vorschriebenen Zuständigkeitsregelungen wären dann Makulatur.
Auch der angefochtene Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig. Zwar ist dieser Bescheid - zumindest teilweise - unter dem Briefkopf der hier beklagten ARGE E ergangen, die ARGE E ist jedoch nicht berufen, Widersprüche gegen Bescheide der Stadt E zu bescheiden. Auch insoweit fehlt es an einer gesetzlichen Zuständigkeitsregel. Da das Gericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben hat, hat die Klägerin Anspruch auf eine Neubescheidung durch die zuständige Behörde.
Soweit die Klägerin darüber hinaus im Wege der Verpflichtungsklage begehrt, die Beklagte zu verurteilen, die gewährten Leistungen für den Zeitraum vom 25.01.2005 bis zum 31.07.2005 als nicht rückzahlbare Beihilfe zu zahlen, hat die Klage keinen Erfolg. Die Klägerin hat nämlich keinen Anspruch darauf, Leistungen als verlorenen Zuschuss zu erhalten. Es besteht kein Anspruch der Klägerin gemäß § 44 SGB X darauf, dass die Beklagte ihren bestandskräftigen Bescheid vom 17.06.2005 abändert, denn dieser Bescheid ist rechtmäßig.
Die von der Klägerin geerbte Eigentumswohnung ist nämlich anrechenbares Vermögen im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB II. Nach dieser Vorschrift sind Vermögen alle verwertbaren Vermögensgegenstände. Grundsätzlich ist die von der Klägerin geerbte Eigentumswohnung hier ein verwertbarer Vermögensgegenstand, denn diese Eigentumswohnung lässt sich veräußern oder beleihen. Zugunsten der Klägerin geht das Gericht dabei zunächst einmal davon aus, dass die Eigentumswohnung lediglich einen Verkehrswert von 30.000,- Euro hat sowie dies die Klägerin zuletzt in ihrer Klage angegeben hat.
Die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 SGB II, nach denen Vermögen nicht zu berücksichtigen ist, liegen in der Person der Klägerin nicht vor. Die Klägerin ist nicht von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit, so dass § 12 Abs. 3 Nr. 3 SGB II nicht in Betracht kommt. Auch § 12 Abs. 3 Nr. 4 SGB II ist vorliegend nicht einschlägig, weil die Eigentumswohnung nicht von der Klägerin selbst bewohnt wird. Die Verwertung der Eigentumswohnung ist auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6. SGB II. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit liegt nur vor, wenn der zu erzielende Gegenwert in einem deutlichen Missverhältnis zum wirklichen Wert des zu verwertenden Vermögensgegenstandes steht (Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage § 12 Anm. 84 m.w.N. zur Rechtsprechung des Bundessozialgerichts). Für ein solches Missverhältnis liegen keine tatsächlichen Anhaltspunkte vor. Zwar trägt die Klägerin vor, die Eigentumswohnung sei wegen eines Preisverfalls von Eigentumswohnungen in der Umgebung statt 38.000,- Euro nur noch 30.000,- Euro wert, ein solcher Preisverfall bedingt jedoch kein Missverhältnis sondern deutet lediglich darauf hin, dass der Wert der Eigentumswohnung gesunken ist. Das Gericht ist deswegen auch nur davon ausgegangen, dass die Eigentumswohnung 30.000,- Euro wert ist, obwohl nach Aktenlage deutliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass auch ein höherer Wert erzielt werden könnte. Allerdings kann allein der Wertverfall einer Immobilie nicht zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 Nr. 6 SGB II führen, denn eine Immobilie unterliegt - wie auch andere Vermögensgegenstände - einer sich ständig verändernden Bewertung durch den Markt.
Auch eine besondere Härte der Verwertung im Sinne des § 12 Abs. 3 Nr. 6, 2. Alternative SGB II liegt nicht vor. Der Begriff der besonderen Härte ist nach dem Regelungszweck auszulegen. Danach liegt insbesondere dann eine besondere Härte vor, wenn durch die Verwertung eines Vermögensgegenstandes die Grundlagen einer angemessenen Lebensführung gefährdet würden (Eicher/Spellbrink, a.a.O. Anm. 90). Die Klägerin erhält derzeit eine Erwerbsminderungsrente in Höhe von ungefähr 660,- Euro monatlich. Dies reicht nicht aus, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Klägerin wird voraussichtlich auch zukünftig auf Leistungen nach dem SGB II oder SGB XII angewiesen sein, unabhängig von der Frage, ob sie die Eigentumswohnung verwertet oder nicht. Zudem ist zu berücksichtigen, dass durch das gewährte Darlehen der komplette Einsatz des Vermögens der Klägerin nicht gefordert wird, denn die Klägerin kann die Eigentumswohnung auch beleihen. Unabhängig davon dürfte eine besondere Härte aber auch vorliegend schon deswegen nicht gegeben sein, weil die Klägerin die Eigentumswohnung vergleichsweise zeitnah zur Stellung des Antrages auf Leistungen erst geerbt hat. Sie hat also ihre Altersversorgung und damit ihren Lebensstandard im Alter gerade nicht im Vertrauen auf den Besitz einer Eigentumswohnung aufgebaut.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG
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