L 32 AS 1512/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
32
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 21 AS 872/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 32 AS 1512/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt eine Trennungskostenbeihilfe.

Er ist 1963 geboren, ledig und von Beruf Zimmerer. Er war zunächst vom 7. November 2005 bis 22. Dezember 2005 als Einschaler bei der AS GmbH N beschäftigt. Hierzu erhielt er von der Beklagten Reisekosten zum Vorstellungsgespräch, Reisekosten für die Anreise zur Arbeitsaufnahme erstattet sowie Ausrüstungsbeihilfe und Trennungskostenbeihilfe bewilligt. Am 19. Mai 2006 beantragte der Kläger erneut eine Trennungskostenbeihilfe für die neuerliche Beschäftigung bei der S GmbH ab 15. Mai 2006 und fügte eine Kopie des neuen Arbeitsvertrages bei.

Die Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 30. Juni 2006 ab. Eine wiederholte Förderung im Zusammenhang einer Beschäftigung beim selben Arbeitgeber sei ausgeschlossen.

Der Kläger legte hiergegen am 14. Juli 2006 Widerspruch ein. Er habe von der Bewilligung einer Trennungskostenbeihilfe für 6 Monate nur knapp 6 Wochen in Anspruch nehmen können. Er müsse aus eigener Tasche jede Woche Fahrtkosten von 900 km sowie doppelte Miete zahlen, ohne einen finanziellen Ausgleich von seinem Arbeitgeber zu erhalten. Die Arbeitsorte lägen jeweils im Bereich zwischen 30 km und 80 km vom Hauptsitz der Firma in N entfernt. Er habe dort eine Unterkunft und müsse die Baustellen mit dem eigenen PKW anfahren.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21. September 2006 zurück. Nach § 16 Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) i.V.m. § 53 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) könnten erwerbsfähige Hilfsbedürftige, die eine versicherungspflichtige Beschäftigung aufnähmen, durch Mobilitätshilfen gefördert werden, soweit dies zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig sei. Diese Mobilitätshilfe umfasse nach § 53 Abs. 2 Nr. 3 c SGB III bei auswärtiger Arbeitsaufnahme die Übernahme der Kosten für eine getrennte Haushaltsführung (Trennungskostenbeihilfe). Sie könne nach § 54 Abs. 5 SGB III für die ersten 6 Monate der Beschäftigung bis zu einem Betrag von 260,- EUR monatlich betragen. Die Arbeitsgemeinschaft übe das ihr eingeräumte Ermessen regelmäßig in Anbetracht der schwierigen Arbeitsmarktsituation und der hohen Anzahl von förderungsbedürftigen Antragstellern so aus, dass möglichst vielen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine Unterstützung zukommen könne. Hier verblieben dem Widerspruchsführer auch unter Berücksichtigung der Kosten für eine getrennte Haushaltsführung ca. 475,- Euro monatlich mehr an Einkommen als vor der Arbeitsaufnahme. Es bestehe deshalb nicht die Notwendigkeit der Gewährung von Leistungen. Soweit dem Kläger Aufwendungen für Einsatzwechsel entstünden, habe er gegenüber seinem Arbeitgeber einen Anspruch auf Ersatz der Mehraufwendungen.

Gegen die Ablehnung von Trennungskostenbeihilfe hat der Kläger am 2. Oktober 2006 Klage vor dem Sozialgericht Cottbus (SG) erhoben. Er "jongliere" an der Armutsgrenze und sei auf fremde Hilfe angewiesen. Er müsse sich Geld leihen, um zur Arbeit zu gelangen, denn er benötige ein Fahrzeug. Er sei gezwungen, jede Woche nach Hause zu fahren, da seine Mutter schwer krank sei und es keine weiteren Familienmitglieder gäbe. Sein Stundenlohn sei gegenüber der ersten Beschäftigung um 0,20 EUR pro Stunde gesenkt. Andere Kollegen bekämen die Beihilfe.

Mit Urteil vom 18. Juli 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Förderung u.a. von Trennungskostenbeihilfen stehe im Ermessen. Ermessensfehler seien hier nicht ersichtlich.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Beklagte nicht die ursprünglich genehmigte Trennungskostenbeihilfe für die restliche Zeit weiter zahle. Auch seien Arbeitnehmer der Baubranche bis zum Eintritt der neuen Schlechtwetter-Regelung immer zum Winter entlassen worden. Das angenommene Nettoeinkommen von 1.450,- EUR sei falsch und habe um rund 240,- EUR pro Monat niedriger gelegen. Sein Arbeitgeber käme für Mehrkosten wie Auslöse und Fahrgeld nicht auf. Auch sei nicht berücksichtigt worden, dass er Unterhalt für ein Kind zu zahlen gehabt habe. Die Beklagte könne ihm nicht vorschreiben, nur einmal pro Monat nach Hause zu fahren.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 18. Juli 2008 sowie den Bescheid der Beklagte vom 30. Juni 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. September 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 19. Mai 2006 Trennungskostenbeihilfe zu gewähren bzw. hilfsweise über diesen Antrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Beide Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt. Auf die von ihnen eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgang der Beklagte hat zur Beratung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Wie das SG richtig ausgeführt hat, steht die Bewilligung einer Trennungskostenbeihilfe nach § 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 53 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 c SGB III im Ermessen der Bewilligungsbehörde. Das Gericht darf bei einer Ermessensüberprüfung nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle der Behörde setzen. Es findet nur eine Rechtskontrolle statt, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist (§ 39 Abs. 1 Satz Sozialgesetzbuch Erstes Buch, § 54 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG -).

Die Klage kann also keinen Erfolg haben, auch wenn die Behörde anders hätte entscheiden können, hier also rechtmäßig eine Trennungskostenhilfe hätte bewilligen dürfen.

So ist der Fall hier. Durchgreifende Ermessensfehler sind nicht ersichtlich:

Die Beklagte musste nicht berücksichtigen, dass der Kläger von der ersten Bewilligung nur für sechs Wochen statt für sechs Monate profitieren konnte. Die Mobilitätshilfe in Form der Trennungskostenbeihilfe setzt voraus, dass sie zur Aufnahme der Beschäftigung notwendig ist (§ 53 Abs. 1 SGB III). Ist die Beschäftigung wieder beendet, gibt es keine Mobilitätshilfe mehr. Der Grundsatz der Beklagten, ein erneutes Beschäftigungsverhältnis beim selben Arbeitgeber nicht mehr zu fördern, worauf sich die Beklagte maßgeblich im Ausgangsbescheid gestützt hat, ist sachgerecht und verstößt auch nicht gegen höherrangiges Recht. Die Beklagte darf die Mittel für die aktive Arbeitsmarktförderung auf möglichst viele Personen verteilen und deshalb wiederholte Förderungen ausschließen. Zudem darf sie davon ausgehen, dass bei einer wiederholten Einstellung die dauerhafte Wiedereingliederung den Arbeitsmarkt entweder bereits erfolgt ist oder Mobilitätshilfen zur Aufnahme der Beschäftigung offenbar nicht notwendig sind.

Die Beklagte musste nicht konkret berücksichtigen, dass der Kläger aufgrund der Erkrankung seiner Mutter jedes Wochenende nach Hause gefahren ist. Dieser Lebensumstand betrifft die persönliche Lebenssphäre des Klägers und ist nicht arbeitsmarktbezogen. Die Mobilitätsförderung ist keine Hilfe in besonderen Lebenslagen.

Es ist schließlich auch nicht ersichtlich, dass die Behörde die Einkommenssituation des Klägers grob fehlerhaft eingeschätzt hat. Ausweislich der von ihm eingereichten Lohnabrechnungen für die Monate ab Mai 2006 ist die Schätzung der Beklagten von 1.450,- EUR netto recht exakt gewesen (2. Hälfte Mai: 905,18 EUR Nettoverdienst, Juni 1.482,55 EUR und Juli 1.416,82 EUR).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt.
Rechtskraft
Aus
Saved