L 3 B 38/08 R

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Stendal (SAN)
Aktenzeichen
S 2 R 140/07
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 B 38/08 R
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Ordnungsgeld/fehlende Ermessensausübung
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Stendal vom 6. Mai 2008 aufgehoben.

Gründe:

I.

Der Kläger wendet sich gegen den Beschluss des Sozialgerichts Stendal vom 6. Mai 2008, mit dem ihm ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 EUR auferlegt worden ist.

Der am 1963 geborene Kläger hat mit der am 4. Mai 2007 beim Sozialgericht Stendal erhobenen Klage die Bewilligung einer Rente wegen Erwerbsminderung begehrt. Das Sozialgericht hat den Kläger zu einem Erörterungstermin am 6. Mai 2008 um 13.00 Uhr geladen und sein persönliches Erscheinen angeordnet. Dieser hat die Ladung ausweislich der Postzustellungsurkunde am 4. April 2008 erhalten. Mit der Ladung ist er darauf hingewiesen worden, dass gegen ihn ein Ordnungsgeld bis zu 1.000,00 EUR festgesetzt werden könne, sofern er zum Termin nicht erscheine und das Ausbleiben nicht genügend entschuldige.

Gemäß der Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung vom 6. Mai 2008 hat der Vorsitzende die Sache zunächst um 13.00 Uhr aufgerufen und bis 13.25 Uhr gewartet. Der Kläger ist jedoch zum Termin nicht erschienen. Das Sozialgericht hat in der Sitzung den aus der Anlage zum Protokoll ersichtlichen Ordnungsgeldbeschluss verkündet, mit welchem es dem Kläger ein Ordnungsgeld in Höhe von 300,00 EUR wegen seines unentschuldigten Ausbleibens unter Hinweis auf § 202 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) auferlegt hat. Es hat ausgeführt, bei der Bemessung des Ordnungsgeldes habe sich das Gericht von den Einkünften des Klägers leiten lassen.

Der Kläger hat gegen den an ihn unter dem 29. Mai 2008 versandten Ordnungsgeldbeschluss, dessen ordnungsgemäße Zustellung (§ 133 S. 2 SGG) nicht feststellbar ist, am 24. Juni 2008 beim Sozialgericht Beschwerde eingelegt und geltend gemacht, er habe zu dem Termin am 6. Mai 2008 nicht erscheinen können, da sein altes Auto gestreikt habe. Als Bezieher von Arbeitslosengeld II habe er aus finanziellen Gründen nicht mit anderen Verkehrsmitteln zu dem Erörterungstermin nach Stendal fahren können. Er habe das Sozialgericht auch nicht rechtzeitig genug über sein Nichterscheinen informieren können, da seine Telefonkarte gesperrt gewesen sei. Da er kein Geld besitze, treffe ihn die Strafe hart. Obwohl er allein erziehender Vater eines 13 Jahre alten Sohnes sei, werde er die Strafe absitzen müssen. Das Sozialgericht hat die Beschwerde sodann dem Landessozialgericht zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

Der Beschluss des Sozialgerichts vom 6. Mai 2008 leidet unter dem Mangel einer fehlenden Ermessensausübung.

Nach § 141 Abs. 1 Satz 1 ZPO soll das Gericht das persönliche Erscheinen beider Beteiligten anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Bleibt der Beteiligte im Termin aus, kann nach § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO gegen ihn ein Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienen Zeugen festgesetzt werden. Der Beteiligte ist nach § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO auf die Folgen des Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen. Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden - ohne dass es eines Antrags bedarf - nach § 380 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt; es wird zugleich ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

Die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen einen Beteiligten setzt nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes - im Gegensatz zu der für Zeugen geltenden Regelung - zwingend eine Ermessensausübung voraus (vgl. z.B. Greger in: Zöller, ZPO, 26. Aufl. § 141 RdNr. 12). Die erforderlichen Ermessenserwägungen vermag der Senat dem Beschluss nicht zu entnehmen. Dort wird ausschließlich auf das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für die Verhängung eines Ordnungsgeldes hingewiesen. Dagegen fehlen Gesichtspunkte, die erkennen lassen, dass das Gericht – bei Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen – im Rahmen des Ermessens eine pflichtgemäße Abwägung der für und gegen ein Ordnungsgeld sprechenden Gründe vorgenommen hat. Die Beschwerde hat bereits deshalb Erfolg.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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