Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 3 R 585/07 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 B 33/07 R ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Unzulässiger Befangenheitsantrag "Kompletter Senat"
Die Ablehnungsgesuche der Klägerin gegen die Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht Klamann, die Richter am Landessozialgericht Schäfer und Fischer sowie die Richterin am Sozialgericht Müller–Rivinius werden als unzulässig zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrte die vorläufige Zahlung einer Geschiedenenwitwenrente aus einem bestandskräftigen Bescheid der Beklagten.
Mit Bescheid vom 27. September 2000 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Geschiedenenwitwenrente ab. Das dagegen gerichtete Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren blieb erfolglos. Die von der Klägerin dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundessozialgericht als unzulässig verworfen.
Am 8. November 2006 beantragte die Klägerin gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) die Überprüfung des Bescheides vom 27. September 2000, den die Beklagte mit Bescheid vom 10. Januar 2007 und mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 zurückwies.
Die Klägerin hat dagegen am 10. März 2007 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben (S 3 R 195/07) sowie zusätzlich wegen finanzieller Schwierigkeiten am 12. Juli 2007 eine einstweilige Anordnung beantragt, um vorläufige Zahlungen aus der Geschiedenenwitwenrente zu erlangen.
Mit Beschluss vom 14. September 2007 hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen. Die Klägerin hat gegen den ihr am 20. September 2007 zugestellten Beschluss am 1. Oktober 2007 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 17. Oktober 2007 hat das Sozialgericht Halle der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt vorgelegt.
Mit Urteil vom 16. November 2007 hat das Sozialgericht die Klage im Hauptssacheverfahren abgewiesen (S 3 R 195/07). Die Klägerin hat gegen das ihr am 13. Dezember 2007 zugestellte Urteil am 18. Dezember 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt (L 3 R 488/07).
Im Berufungsverfahren L 3 R 488/07 hat der Berichterstatter, Richter am Landessozialgericht Schäfer, mit Schreiben vom 19. September 2008 (zugestellt am 23. September 2008) die Klägerin darauf hingewiesen, private Vermögensverhältnisse seien für die Entscheidung unbeachtlich. Der Senat beabsichtige, die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückzuweisen, da sie von den Berufsrichtern des Senats einstimmig als unbegründet angesehen werde und es daher keiner mündlichen Verhandlung bedürfe.
Mit Beschluss vom 2. Oktober 2008 hat der 3. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt in der Besetzung der Vorsitzenden Richterin am Landessozialgericht Klamann sowie Richter am Landessozialgericht Schäfer und Richterin am Sozialgericht Müller-Rivinius die Berufung zurückgewiesen sowie in einem weiteren Beschluss vom gleichen Tage in gleicher Besetzung die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 14. September 2007 zurückgewiesen.
Nach Zustellung des Beschlusses am 8. Oktober 2008 hat die Klägerin am 20. Oktober 2008 Beschwerde eingelegt und die mit ihrer Berufung befassten Richter als befangen abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Frau Richterin am Sozialgericht Müller-Rivinius habe bereits in dem abgeschlossenen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Halle im Jahr 2003 zu ihren Lasten entschieden. Im damaligen Berufungsverfahren habe die Klägerin die Berufung nach mündlicher Verhandlung zurückgenommen. Der Senat habe dabei damals in der Besetzung mit dem Vizepräsidenten des Landessozialgerichts Grell sowie der Richterin am Landessozialgericht Klamann und dem Richter am Landessozialgericht Schäfer getagt. Später habe sie erfolglos die Wiederaufnahme begehrt. Frau Klamann und Herr Schäfer seien befangen, weil sie sich nicht unvoreingenommen mit der Ansicht der Beklagten auseinander gesetzt hätten. Es müssten sich nunmehr neutrale Richter mit dem Fall befassen.
Der Berichterstatter des 3. Senats hat diese Erklärung als vollständige Ablehnung des 3. Senats ausgelegt und dem 4. Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Auf ausdrückliche Nachfrage des Berichterstatters des 4. Senats hat die Klägerin am 16. Dezember 2008 ihren Befangenheitsantrag auf den Richter am Landessozialgericht Fischer (weiteres Mitglied des 3. Senats) erweitert, da dieser bei der Senatsabstimmung gemäß § 153 Abs. 4 SGG mitgewirkt habe.
II.
Die Befangenheitsanträge der Klägerin gegen die Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht Klamann, den Richter am Landessozialgericht Schäfer (jetzt: Vorsitzender Richter am Landessozialgericht) und die Richterin am Sozialgericht Müller-Rivinius sowie gegen den Richter am Landessozialgericht Fischer sind unzulässig. Die Befangenheitsanträge sind nicht rechtzeitig erhoben (im Folgenden: 1.), aber auch unbegründet und von Tatsachen nicht gedeckt (im Folgenden: 2.).
1. Ein Richter kann gemäß § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 ff Zivilprozessordnung (ZPO) wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Gründe für ein derartiges Misstrauen sind gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Nach dem Sinn und Zweck des § 43 ZPO hat der Ablehnungsberechtigte sofort nach Kenntnis eines Befangenheitsgrundes zu entscheiden, ob er sich darauf berufen will oder nicht. Ein Ablehnungsgesuch muss daher rechtzeitig bis zur Beendigung der jeweiligen Instanz geltend gemacht werden. Hat der betroffene Richter seine richterliche Tätigkeit durch eine Sachentscheidung beendet, ist eine Befangenheitsrüge prozessual überholt und damit unzulässig (BSG, Beschluss vom 9. Februar 2005 – B 10 KG 9/04 B, zitiert nach juris). Dies gilt selbst dann, wenn ein Beteiligter von dem Ablehnungsgrund erst nach Verkündung des angefochtenen Urteils Kenntnis erhalten hat (vgl. BSG, Beschluss vom 2. August 2001 - B 7 AL 28/01 B, zitiert nach juris).
Am 23. September 2008 hatte der Berichterstatter des 3. Senats die Klägerin im Berufungsverfahren L 3 R 488/07 über die Absicht des 3. Senats informiert, im Beschlusswege entscheiden zu wollen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Klägerin mögliche Befangenheitsgründe gegen Richter des 3. Senats vortragen müssen, die ihr aus dem bereits abgeschlossenen ersten Klage- und Berufungsverfahren bekannt waren. Dies hat sie jedoch unterlassen. Erst am 20. Oktober 2008, d.h. nach der das Verfahren beendenden Entscheidung des 3. Senats vom 2. Oktober 2008, hat die Klägerin erstmals die Befangenheit der entscheidenden Richter gerügt. Das Ablehnungsgesuch ist daher verspätet und als unzulässig zurückzuweisen.
Die abgelehnten Richter waren zu keinem Zeitpunkt kraft Gesetzes ausgeschlossen. Nach § 41 Nr. 6 ZPO ist ein Richter kraft Gesetzes nur dann ausgeschlossen, wenn er in einem früheren Rechtszug an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat. Ein derartiger Fall liegt nicht vor. Die Vorbefassung mit dem Ursprungsbescheid vom 27. September 2000 im ersten Klageverfahren endete mit der erfolglosen Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG. Aus dem Wortlaut des § 41 Nr. 6 ZPO und dem Fehlen einer speziellen Regelung im SGG ist zu schließen, dass die Überprüfung von bestandskräftigen Verwaltungsakten gemäß § 44 SGB X in einem nachfolgenden zweiten Klageverfahren kein Fall einer Vorbefassung ist. So gilt § 41 Nr. 6 ZPO beispielsweise auch nicht für ein Wiederaufnahmeverfahren, das einem Verwaltungsverfahren nach § 44 SGB X zumindest vergleichbar wäre (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 60 Rdnr. 4e). Die im ersten Klageverfahren gegen den Bescheid vom 27. September 2000 beteiligten Richter waren daher nicht kraft Gesetzes von der Entscheidung vom 2. Oktober 2008 ausgeschlossen.
2. Auch die Ablehnung des Richters am Landessozialgericht Fischer durch die Klägerin ist unzulässig.
Die Ablehnungsgründe sind nach § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 44 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Es müssen hinreichend substantiierte und nachvollziehbare Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die bei objektiver Betrachtung die Besorgnis rechtfertigen könnten, der Richter werde nicht unvoreingenommen entscheiden. Ohne Angabe von Tatsachen liegt daher kein zulässiges Ablehnungsgesuch vor (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller SGG, 9.Auflage 2008, § 60 Rdn. 10b)
Die pauschale Behauptung der Klägerin, der Richter am Landessozialgericht Fischer habe an der Vorentscheidung des 3. Senats zur Anwendung von § 153 Abs. 4 SGG mitgewirkt, ist unzutreffend. Der Richter am Landessozialgericht Fischer ist zwar Mitglied des Spruchkörpers des 3. Senats. Er gehörte jedoch nicht der für die Klägerin zuständigen Sitzgruppe des Senats an und hat an ihrem Verfahren deshalb nicht mitgewirkt. Anhaltspunkte dafür, er habe trotz fehlender Zuständigkeit dennoch auf die Senatsentscheidung Einfluss genommen oder daran mitgewirkt, sind der Gerichtsakte nicht zu entnehmen. Offenbar geht die Klägerin rechtsirrig davon aus, dass bei einer einstimmigen Entscheidung eines Senats alle Mitglieder des Spruchkörpers teilnehmen müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall, da, wie ausgeführt, der Senat aus mehr als drei Richtern besteht, deren Mitwirkung durch Bildung von Sitzgruppen geregelt worden ist.
Die Ablehnungsgesuche sind daher bereits unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin unzulässig. Einer dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richter bedurfte es nicht.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
gez. Fock gez. Dr. Fechner gez. Dr. Waßer
Gründe:
I.
Die Klägerin begehrte die vorläufige Zahlung einer Geschiedenenwitwenrente aus einem bestandskräftigen Bescheid der Beklagten.
Mit Bescheid vom 27. September 2000 lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin auf Gewährung einer Geschiedenenwitwenrente ab. Das dagegen gerichtete Widerspruchs-, Klage- und Berufungsverfahren blieb erfolglos. Die von der Klägerin dagegen erhobene Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom Bundessozialgericht als unzulässig verworfen.
Am 8. November 2006 beantragte die Klägerin gemäß § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) die Überprüfung des Bescheides vom 27. September 2000, den die Beklagte mit Bescheid vom 10. Januar 2007 und mit Widerspruchsbescheid vom 20. Februar 2007 zurückwies.
Die Klägerin hat dagegen am 10. März 2007 Klage beim Sozialgericht Halle erhoben (S 3 R 195/07) sowie zusätzlich wegen finanzieller Schwierigkeiten am 12. Juli 2007 eine einstweilige Anordnung beantragt, um vorläufige Zahlungen aus der Geschiedenenwitwenrente zu erlangen.
Mit Beschluss vom 14. September 2007 hat das Sozialgericht den Antrag zurückgewiesen. Die Klägerin hat gegen den ihr am 20. September 2007 zugestellten Beschluss am 1. Oktober 2007 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 17. Oktober 2007 hat das Sozialgericht Halle der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt vorgelegt.
Mit Urteil vom 16. November 2007 hat das Sozialgericht die Klage im Hauptssacheverfahren abgewiesen (S 3 R 195/07). Die Klägerin hat gegen das ihr am 13. Dezember 2007 zugestellte Urteil am 18. Dezember 2007 Berufung beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegt (L 3 R 488/07).
Im Berufungsverfahren L 3 R 488/07 hat der Berichterstatter, Richter am Landessozialgericht Schäfer, mit Schreiben vom 19. September 2008 (zugestellt am 23. September 2008) die Klägerin darauf hingewiesen, private Vermögensverhältnisse seien für die Entscheidung unbeachtlich. Der Senat beabsichtige, die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Beschluss zurückzuweisen, da sie von den Berufsrichtern des Senats einstimmig als unbegründet angesehen werde und es daher keiner mündlichen Verhandlung bedürfe.
Mit Beschluss vom 2. Oktober 2008 hat der 3. Senat des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt in der Besetzung der Vorsitzenden Richterin am Landessozialgericht Klamann sowie Richter am Landessozialgericht Schäfer und Richterin am Sozialgericht Müller-Rivinius die Berufung zurückgewiesen sowie in einem weiteren Beschluss vom gleichen Tage in gleicher Besetzung die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 14. September 2007 zurückgewiesen.
Nach Zustellung des Beschlusses am 8. Oktober 2008 hat die Klägerin am 20. Oktober 2008 Beschwerde eingelegt und die mit ihrer Berufung befassten Richter als befangen abgelehnt. Zur Begründung hat sie ausgeführt: Frau Richterin am Sozialgericht Müller-Rivinius habe bereits in dem abgeschlossenen Klageverfahren vor dem Sozialgericht Halle im Jahr 2003 zu ihren Lasten entschieden. Im damaligen Berufungsverfahren habe die Klägerin die Berufung nach mündlicher Verhandlung zurückgenommen. Der Senat habe dabei damals in der Besetzung mit dem Vizepräsidenten des Landessozialgerichts Grell sowie der Richterin am Landessozialgericht Klamann und dem Richter am Landessozialgericht Schäfer getagt. Später habe sie erfolglos die Wiederaufnahme begehrt. Frau Klamann und Herr Schäfer seien befangen, weil sie sich nicht unvoreingenommen mit der Ansicht der Beklagten auseinander gesetzt hätten. Es müssten sich nunmehr neutrale Richter mit dem Fall befassen.
Der Berichterstatter des 3. Senats hat diese Erklärung als vollständige Ablehnung des 3. Senats ausgelegt und dem 4. Senat zur Entscheidung vorgelegt.
Auf ausdrückliche Nachfrage des Berichterstatters des 4. Senats hat die Klägerin am 16. Dezember 2008 ihren Befangenheitsantrag auf den Richter am Landessozialgericht Fischer (weiteres Mitglied des 3. Senats) erweitert, da dieser bei der Senatsabstimmung gemäß § 153 Abs. 4 SGG mitgewirkt habe.
II.
Die Befangenheitsanträge der Klägerin gegen die Vorsitzende Richterin am Landessozialgericht Klamann, den Richter am Landessozialgericht Schäfer (jetzt: Vorsitzender Richter am Landessozialgericht) und die Richterin am Sozialgericht Müller-Rivinius sowie gegen den Richter am Landessozialgericht Fischer sind unzulässig. Die Befangenheitsanträge sind nicht rechtzeitig erhoben (im Folgenden: 1.), aber auch unbegründet und von Tatsachen nicht gedeckt (im Folgenden: 2.).
1. Ein Richter kann gemäß § 60 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 42 ff Zivilprozessordnung (ZPO) wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen. Gründe für ein derartiges Misstrauen sind gegeben, wenn ein Beteiligter von seinem Standpunkt aus bei vernünftiger, objektiver Betrachtung davon ausgehen kann, dass der Richter nicht unvoreingenommen entscheiden werde. Nach dem Sinn und Zweck des § 43 ZPO hat der Ablehnungsberechtigte sofort nach Kenntnis eines Befangenheitsgrundes zu entscheiden, ob er sich darauf berufen will oder nicht. Ein Ablehnungsgesuch muss daher rechtzeitig bis zur Beendigung der jeweiligen Instanz geltend gemacht werden. Hat der betroffene Richter seine richterliche Tätigkeit durch eine Sachentscheidung beendet, ist eine Befangenheitsrüge prozessual überholt und damit unzulässig (BSG, Beschluss vom 9. Februar 2005 – B 10 KG 9/04 B, zitiert nach juris). Dies gilt selbst dann, wenn ein Beteiligter von dem Ablehnungsgrund erst nach Verkündung des angefochtenen Urteils Kenntnis erhalten hat (vgl. BSG, Beschluss vom 2. August 2001 - B 7 AL 28/01 B, zitiert nach juris).
Am 23. September 2008 hatte der Berichterstatter des 3. Senats die Klägerin im Berufungsverfahren L 3 R 488/07 über die Absicht des 3. Senats informiert, im Beschlusswege entscheiden zu wollen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Klägerin mögliche Befangenheitsgründe gegen Richter des 3. Senats vortragen müssen, die ihr aus dem bereits abgeschlossenen ersten Klage- und Berufungsverfahren bekannt waren. Dies hat sie jedoch unterlassen. Erst am 20. Oktober 2008, d.h. nach der das Verfahren beendenden Entscheidung des 3. Senats vom 2. Oktober 2008, hat die Klägerin erstmals die Befangenheit der entscheidenden Richter gerügt. Das Ablehnungsgesuch ist daher verspätet und als unzulässig zurückzuweisen.
Die abgelehnten Richter waren zu keinem Zeitpunkt kraft Gesetzes ausgeschlossen. Nach § 41 Nr. 6 ZPO ist ein Richter kraft Gesetzes nur dann ausgeschlossen, wenn er in einem früheren Rechtszug an der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat. Ein derartiger Fall liegt nicht vor. Die Vorbefassung mit dem Ursprungsbescheid vom 27. September 2000 im ersten Klageverfahren endete mit der erfolglosen Nichtzulassungsbeschwerde beim BSG. Aus dem Wortlaut des § 41 Nr. 6 ZPO und dem Fehlen einer speziellen Regelung im SGG ist zu schließen, dass die Überprüfung von bestandskräftigen Verwaltungsakten gemäß § 44 SGB X in einem nachfolgenden zweiten Klageverfahren kein Fall einer Vorbefassung ist. So gilt § 41 Nr. 6 ZPO beispielsweise auch nicht für ein Wiederaufnahmeverfahren, das einem Verwaltungsverfahren nach § 44 SGB X zumindest vergleichbar wäre (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage 2008, § 60 Rdnr. 4e). Die im ersten Klageverfahren gegen den Bescheid vom 27. September 2000 beteiligten Richter waren daher nicht kraft Gesetzes von der Entscheidung vom 2. Oktober 2008 ausgeschlossen.
2. Auch die Ablehnung des Richters am Landessozialgericht Fischer durch die Klägerin ist unzulässig.
Die Ablehnungsgründe sind nach § 60 Abs. 1 SGG i.V.m. § 44 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen. Es müssen hinreichend substantiierte und nachvollziehbare Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die bei objektiver Betrachtung die Besorgnis rechtfertigen könnten, der Richter werde nicht unvoreingenommen entscheiden. Ohne Angabe von Tatsachen liegt daher kein zulässiges Ablehnungsgesuch vor (vgl. Meyer-Ladewig/Leitherer/Keller SGG, 9.Auflage 2008, § 60 Rdn. 10b)
Die pauschale Behauptung der Klägerin, der Richter am Landessozialgericht Fischer habe an der Vorentscheidung des 3. Senats zur Anwendung von § 153 Abs. 4 SGG mitgewirkt, ist unzutreffend. Der Richter am Landessozialgericht Fischer ist zwar Mitglied des Spruchkörpers des 3. Senats. Er gehörte jedoch nicht der für die Klägerin zuständigen Sitzgruppe des Senats an und hat an ihrem Verfahren deshalb nicht mitgewirkt. Anhaltspunkte dafür, er habe trotz fehlender Zuständigkeit dennoch auf die Senatsentscheidung Einfluss genommen oder daran mitgewirkt, sind der Gerichtsakte nicht zu entnehmen. Offenbar geht die Klägerin rechtsirrig davon aus, dass bei einer einstimmigen Entscheidung eines Senats alle Mitglieder des Spruchkörpers teilnehmen müssen. Dies ist jedoch nicht der Fall, da, wie ausgeführt, der Senat aus mehr als drei Richtern besteht, deren Mitwirkung durch Bildung von Sitzgruppen geregelt worden ist.
Die Ablehnungsgesuche sind daher bereits unter Berücksichtigung des Vortrags der Klägerin unzulässig. Einer dienstlichen Äußerung der abgelehnten Richter bedurfte es nicht.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde zum Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
gez. Fock gez. Dr. Fechner gez. Dr. Waßer
Rechtskraft
Aus
Login
SAN
Saved