Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 P 1964/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 P 5818/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Pflegegeld nach der Pflegestufe I bereits vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 zusteht und ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin im Wege der Zugunsten-Entscheidung nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) entsprechende Leistungen zu bewilligen.
Die am 1984 geborene Klägerin ist bei der Beklagten familienversichert. Sie leidet an einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung im Sinne eines frühkindlichen Autismus. Das Versorgungsamt H. anerkannte einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 seit 15. Juli 1984 sowie die Merkzeichen "B", "G" und "H" (Schwerbehindertenausweis vom 18. April 2002). Ihre am 1982 geborene Schwester S. leidet an einem atypischen Autismus und ihre am 1979 geborene Schwester L. leidet an einer psycho-reaktiven Verhaltungsauffälligkeit.
Die Klägerin beantragte im Oktober 1994 Geldleistungen bei der Beklagten wegen Pflegebedürftigkeit. Die Beklagte ließ sie vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK) begutachten. Dr. B. vom MDK nannte im Gutachten vom 03. Januar 1995 aufgrund einer Untersuchung in der Wohnung der Klägerin am 12. Dezember 1994 (von den Beteiligten häufig als "Gutachten vom 12. Dezember 1994" bezeichnet) als pflegebegründende Diagnosen: Cerebrale Dysfunktion (Teilleistungsstörung), psycho-reaktive Verhaltensauffälligkeiten, Mastocytose und Neurodermitis. Pflegebedürftigkeit liege nicht vor. Es bestehe ein Hilfebedarf zweimal wöchentlich beim Duschen bzw. Baden, manchmal beim An- und Auskleiden sowie bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Es habe sich beim Begutachtungstermin um ein zehnjähriges Mädchen mit Teilleistungsstörung sowie einer Verhaltensstörung gehandelt. Benötigt werde Kontrolle, Aufsicht und Anleitung. Bei der häuslichen Untersuchung habe im Gespräch mit der Mutter der Klägerin nicht geklärt werden können, wo der zusätzliche Hilfebedarf im Vergleich zu einem normal entwickelten Kind liege. Ein angeforderter Pflegebericht sei nicht nachgereicht worden. Nach Angaben der Beklagten wurde der Antrag der Klägerin daraufhin abgelehnt; die Beklagte kann diesen Bescheid jedoch nicht (mehr) vorlegen, da die diesbezüglichen Unterlagen nicht archiviert worden seien. Die Klägerin behauptet, über den Antrag vom Oktober 1994 sei noch nicht entschieden worden.
Am 12. August 1999 ging bei der Beklagten das Schreiben der Eltern der Klägerin vom selben Tag ein, mit dem sie das Gutachten des Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie (Leitender Oberarzt am Klinikum der Universität H. - Psychiatrische Klinik) Dr. K. vom 23. Februar 1999 vorlegte und mitteilte, dass der Antrag auf Pflegegeld vom Oktober 1994 hierdurch weiterhin aufrechterhalten werde. Dr. K. erstattete das Gutachten im Auftrag des Verwaltungsgerichts Karlsruhe wegen Eingliederungshilfe (Az.: 2 K 3392/95, 2 K 3415/95 und 2 K 3416/95), wobei die Klägerin am 03. Februar 1998 auch in ihrer Wohnung untersucht wurde und sowohl ihre Mutter als auch ihr Vater zum Tagesablauf befragt wurden. Danach liege bei der Klägerin eine tiefgreifende Entwicklungsstörung im Sinne eines frühkindlichen Autismus vor. Eine heilpädagogische Maßnahme im Rahmen einer Wiedereingliederungshilfe sei seit dem Grundschulalter erforderlich gewesen.
Mit Schreiben vom 15. September 1999 teilte die Beklagte dem Vater der Klägerin mit, dass man ihn bereits 1994 darüber informiert habe, dass aufgrund der damaligen Gegebenheiten Leistungen der Pflegeversicherung für die Klägerin nicht hätten bewilligt werden können. Ein Aufgreifen des "alten" Falles sei aus diesem Grund heute nicht mehr möglich. Auch aus dem Gutachten des Dr. K. ergebe sich kein Pflegebedarf nach den Vorgaben des Pflegeversicherungsgesetzes. Man empfehle, einen neuen Antrag auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zu stellen. Nachdem die Mutter der Klägerin mitgeteilt hatte, dass sie sich außerstande fühle, ein Pflegetagebuch zu führen (Schreiben vom 29. Dezember 1999), empfahl die Beklagte erneut, einen weiteren Antrag auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zu stellen (Schreiben vom 05. Januar 2000). Die Klägerin machte durch ihren Prozessbevollmächtigten unter dem 27. November 2002 geltend, dass ihr im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs für die Vergangenheit Pflegegeld zustehe. Für die Zukunft stelle sie einen entsprechenden Antrag. Die Beklagte bat daraufhin den MDK um die Erstattung eines Gutachtens, das dieser durch Dr. S. vom MDK anfangs ablehnte, da eine rückwirkende Beurteilung für das Jahr 1995 nicht möglich sei. Die Beklagte erhob sodann das Gutachten der Pflegefachkraft Kr. vom MDK vom 11. März 2003, wobei die Klägerin am 04. März 2003 in ihrer häuslichen Umgebung untersucht worden war. Die Gutachterin nannte als pflegebegründende Diagnosen: Atypischer Autismus und Mastozystose. Sie bewertete den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege pro Tag mit 63 Minuten, nämlich bei der Körperpflege (Duschen 15 Minuten, Zahnpflege vier Minuten, Kämmen vier Minuten und Richten der Bekleidung fünf Minuten) mit 28 Minuten, bei der Ernährung (mundgerechte Zubereitung sechs Minuten und orale Aufnahme der Nahrung neun Minuten) mit 15 Minuten und bei der Mobilität (Aufstehen/Zu-Bett-Gehen zwei Minuten, Ankleiden gesamt fünf Minuten, Entkleiden gesamt drei Minuten und Gehen zehn Minuten) mit 20 Minuten. Den Zeitaufwand für Hauswirtschaft bewertete sie mit 60 Minuten pro Tag. Es liege Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegestufe I seit April 1995 vor. Mit einer pflegestufenrelevanten Besserung sei nicht zu rechnen. In der Stellungnahme des Dr. S. vom MDK vom 24. März 2003 teilte dieser mit, dass der MDK trotz der Schwierigkeit einer rückwirkenden Beurteilung, den Auftrag erhalten habe, die Pflegebedürftigkeit rückwirkend zu beurteilen. Die Einschätzung der Gutachterin Kr., wonach seit 1995 Pflegebedürftigkeit vorliege, sei nachvollziehbar begründet worden.
Mit Bescheid vom 16. Mai 2003 bewilligte die Beklagte Pflegegeld nach der Pflegestufe I in Höhe von monatlich EUR 205,00 ab dem 01. November 2002 sowie mit Bescheid vom 19. Mai 2003 einen zusätzlichen Betreuungsbetrag in Höhe von bis zu EUR 460,00 je Kalenderjahr. Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie sich u.a. gegen den Anspruchsbeginn (01. November 2002) wandte und eine rückwirkende Gewährung von Pflegegeld ab 1994 begehrte. Unter dem 09. Juli 2003 beantragte sie zudem unter Vorlage eines Attests der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 22. Mai 2003 Pflegegeld nach der Pflegestufe II. Dr. A. gab in dem Attest an, die Klägerin sei an einer so schweren seelischen Behinderung erkrankt (schwerer Autismus), dass sie trotz unauffälliger neurologischer Befunde nicht in der Lage sei, mehr als einige Schritte selbstständig in der Wohnung zu tun. Außerhalb müsse sie im Rollstuhl gefahren werden. Die Klägerin übersandte zur weiteren Begründung eine Auskunft der Dr. A. vom 20. August 2003 gegenüber dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG), wobei es in dem dortigen Verfahren L 8 SB 1439/03 um die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" ging. Danach könne die Klägerin nur 100 Meter gehen und benutze ansonsten ständig den Rollstuhl. Die Beklagte veranlasste eine erneute Begutachtung durch Dr. S. vom MDK. Dieser gelangte in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 16. September 2003 zu der Einschätzung, dass keine neuen medizinischen bzw. pflegerischen Erkenntnisse vorlägen, so dass an der Gutachtensbeurteilung vom 11. März 2003 festgehalten werde. Der allgemeine Betreuungs- und Beaufsichtigungsbedarf bei psychischer Behinderung sei grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig. In Bezug auf die Einzelverrichtungen sei der erhöhte Beaufsichtigungsbedarf adäquat berücksichtigt worden.
Mit Bescheid vom 18. September 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sich der Pflegebedarf zum Vorgutachten vom 11. März 2003 nicht verändert habe und es bei der Einstufung in der Pflegestufe I verbleibe, so dass der Bescheid vom 16. Mai 2003 weiterhin gültig sei. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, wobei sie die Auffassung vertrat, dass es sich bei dem Bescheid vom 18. September 2003 eigentlich um einen Widerspruchsbescheid handeln müsse. Der Vater der Klägerin erhob deswegen am 17. Oktober 2003 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG), mit der er die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe II für die Klägerin und deren Schwestern begehrte (Az.: S 5 P 2987/03). Nach Hinweis des SG, dass Stammversicherte Leistungsansprüche von Familienversicherten nicht geltend machen könnten, führte die Klägerin die Klage fort. Während dieses Klageverfahrens erließ die Beklagte den Bescheid vom 23. Februar 2004, mit dem sie der Klägerin mitteilte, dass die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X nicht vorlägen, da die Ablehnung des Antrags vom Oktober 1994 rechtmäßig gewesen sei, weshalb eine Rücknahme der Entscheidung nicht möglich sei. Das MDK-Gutachten vom 11. März 2003 überzeuge nicht, soweit es das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit seit 01. April 1995 bestätige. Es lege auch in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme (des Dr. S.) vom 24. März 2003 nicht ausreichend dar, warum die am 12. Dezember 1994 erhobenen Befunde sowie der sich daraus ergebende Hilfebedarf nicht richtig festgestellt worden sei. Der Hinweis auf die bei der Erstbegutachtung ungenauen Angaben der Mutter der Klägerin rechtfertige keine Abweichung von den tatsächlichen Feststellungen des Gutachters zum Hilfebedarf. Die späteren Gutachten hätten die Verhältnisse nur rückwirkend nach Aktenlage beurteilen können. Auch sei hinsichtlich der Erstbegutachtung insofern eine Änderung eingetreten, als die Klägerin inzwischen einen Rollstuhl nutze, was die Beurteilung nach Aktenlage zusätzlich erschwere. Nachdem die Klägerin auch hiergegen Widerspruch erhoben hatte, erließ der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruchsbescheid vom 05. Mai 2004, in dem die Widersprüche gegen die Bescheide vom 16. und 19. Mai 2003 sowie 23. Februar 2004 zurückgewiesen wurden. Die Voraussetzungen der Pflegestufe II lägen nach der Stellungnahme des MDK vom 16. September 2003 nicht vor. Trotz der bereits am 15. September 1999 angeregten Antragstellung habe sie (die Klägerin) erst am 27. November 2002 Pflegegeld beantragt. Deshalb könne Pflegegeld erst ab dem 01. November 2002 geleistet werden. Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs lägen nicht vor, da die verzögerte Antragstellung nicht Folge eines Beratungsfehlers sei. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Ablehnung des Antrags im Oktober 1994. Der Widerspruchsbescheid enthielt den Hinweis, dass er nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des anhängigen Verfahrens S 5 P 2987/03 werde. Nachdem das SG den praktischen Arzt Dr. J. als sachverständigen Zeugen vernommen hatte (Auskunft vom 18. Juli 2004) nahm die Klägerin die Klage im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 23. September 2004 zurück.
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16. Februar 2005 bat die Klägerin, den Fall nochmals aufzurollen. Auf Nachfrage der Beklagten beantragte sie unter dem 30. März 2005 die Überprüfung der Ablehnung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I seit dem Jahr 1995 nach § 44 SGB X und nach dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Dass sie bereits seit 1995 Anspruch auf Pflegegeld nach Pflegestufe I habe, ergebe sich aus dem Gutachten des MDK. Mit Bescheid vom 23. Mai 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Ablehnung des Leistungsantrags vom Oktober 1994 überprüft habe, wobei "der Bescheid" nicht zurückzunehmen sei, da Leistungen der Pflegestufe I zu Recht ab 01. April 1995 nicht erbracht worden seien. Grundlage der ursprünglichen Entscheidung sei das Gutachten vom 03. Januar 1995 gewesen, in dem festgestellt worden sei, dass Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege nicht mindestens einmal täglich bei zwei der nach § 14 Abs. 4 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) maßgeblichen Verrichtungen bestanden habe. Soweit der MDK in seinem Gutachten vom 11. März 2003 zu dem Ergebnis gekommen sei, dass Pflegebedürftigkeit seit 01. April 1995 vorliege, folge daraus nicht, dass sie (die Beklagte) bei ihrer Entscheidung von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei. Denn das Gutachten vermöge gegenüber dem Gutachten vom 03. Januar 1995 nicht zu überzeugen. Es werde auch mit der ergänzenden Stellungnahme vom 24. März 2003 nicht schlüssig dargelegt, warum die am 12. Dezember 1994 erhobenen Befunde sowie der sich daraus ergebende Hilfebedarf nicht richtig festgestellt worden sei. Das Gutachten vom 03. Januar 1995 sei hingegen zeitnah nach körperlicher Untersuchung erstellt worden. Auch lägen die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht vor, da die Klägerin nicht dargelegt habe, dass eine fehlerhafte Beratung vorgelegen habe. Eine fehlerhafte Beratung sei auch nicht erkennbar. Den hiergegen von der Klägerin eingelegten Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2006). Bei Erlass "des Bescheids" (vom Oktober 1994) sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe. Im Überprüfungsverfahren seien keine neuen Aspekte aufgezeigt worden, inwieweit von einem falschen Sachverhalt ausgegangen bzw. das Recht unrichtig angewandt worden sei. Das Gutachten des MDK vom 11. März 2003 sei bereits Gegenstand des Überprüfungsverfahrens gewesen, welches mit Bescheid vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 abschlägig beschieden worden sei. An dieser Auffassung werde festgehalten. Auch wenn der Überprüfungsantrag dahingehend auszulegen sei, dass der Bescheid vom 16. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 einer Überprüfung unterzogen werden solle, ergebe sich nichts anderes. Denn damit sei über den Leistungsantrag vom 27. November 2002 entschieden worden. Leistungen würden bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen jedoch erst ab Antragstellung gewährt. Deshalb werde Pflegegeld nach Pflegestufe I zu Recht erst ab dem 01. November 2002 gewährt. Auch seien die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bereits im Widerspruchsbescheid vom 05. Mai 2004 geprüft worden. Die Klägerin habe nicht dargelegt, inwieweit vorliegend ein Beratungsfehler dazu geführt habe, dass sie erst am 27. November 2002 einen erneuten Antrag auf Pflegeleistungen gestellt habe. Des Weiteren sei nicht vorgetragen worden, welcher Beratungsfehler bei der Ablehnung des Antrags vom Oktober 1994 vorgelegen habe. Selbst wenn der "ablehnende Bescheid" zurückzunehmen sei, könnten die Leistungen wegen § 44 Abs. 4 SGB X frühestens ab 01. Januar 2001 gewährt werden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 21. Juni 2006 Klage beim SG (Az.: S 8 P 1964/06) und begehrte "eine entsprechende Pflegeeinstufung mit Pflegestufe I". Sie und ihre Schwestern seien "alle Pflegestufe I". Daher sei Klage zu führen. Zur weiteren Begründung legte die Klägerin eine Stellungnahme des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Dr. I. vom 07. August 2006 vor, in dem dieser auf ein Gutachten vom 07. März 2005, das sich nicht in den Akten befindet, Bezug nimmt. Die Klägerin befinde sich seit 14. Februar 2005 in seiner Behandlung. Die Klägerin müsse im Bereich der Ganzkörperwäsche angeleitet werden (einmal am Tag etwa 30 bis 60 Minuten), ebenso im Bereich der Teilkörperwäsche des Oberkörpers (zweimal pro Tag 30 Minuten) und beim Duschen (einmal am Tag zehn Minuten) bzw. beim Baden (einmal pro Woche 15 Minuten). Für die Zahnpflege seien ca. fünf Minuten dreimal pro Tag notwendig. Hinsichtlich des Kämmens benötige sie zweimal pro Tag 20 Minuten. Hilfe beim Toilettengang sei ca. sechsmal am Tag mit einer Dauer von ca. fünf Minuten notwendig. Hinsichtlich des Stuhlgangs benötige sie Beaufsichtigung, Unterstützung und Anleitung (etwa zweimal am Tag ca. zehn Minuten). Ebenso sei ihr das Richten der Bekleidung nicht mehr selbstständig möglich, da sie praktisch vor ihrem Kleiderschrank stehe, ohne dort angemessene Teile zusammenzufinden. Ebenso benötige sie Anleitung und Kontrolle beim Wechsel kleiner Vorlagen während der 7-Tage-Regelblutung im Monat. Beim An- und Entkleiden sei praktisch eine vollständige Anleitung notwendig (einmal pro Tag 15 bis 20 Minuten). Für das Verlassen bzw. Wiederaufsuchen der Wohnung bestehe ein Zeitbedarf von 30 bis 60 Minuten. 2005. Die Klägerin begehrte aufgrund dieser Stellungnahme vor dem SG zusätzlich eine "höhere Pflegestufe".
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf den Inhalt des Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2006.
Das SG wies mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 darauf hin, dass es beabsichtige, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, wobei mitgeteilt wurde, eine Entscheidung werde nicht vor dem 23. Oktober 2006 ergehen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bestätigte gegen Empfangsbekenntnis vom 12. Oktober 2006 den Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 10. Oktober 2006.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. Oktober 2006 wies das SG die Klage ab. Soweit die Klägerin die Einstufung in eine höhere Pflegestufe begehre, sei die Klage nicht zulässig, da das erforderliche Verwaltungsvorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Die Auslegung des Klageantrags als Untätigkeitsklage komme nicht in Betracht. Im Übrigen habe die Beklagte zu Recht den Antrag auf Überprüfung der "entsprechenden Bescheide" nach § 44 SGB X abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des die Gewährung von Pflegeleistungen ab 1995 ablehnenden Bescheids von 1994 und die Aufhebung bzw. Änderung des Bescheids vom 16. Mai 2003 lägen nicht vor. Die Klägerin habe im Überprüfungsantrag und in der Folge keine wesentlichen neuen Tatsachen und Erkenntnisse vorgetragen, die die Beklagte zwängen, von der Bindungswirkung der genannten Bescheide abzugehen. Weder der Antrag vom 30. März 2005 noch das Vorbringen im Klageverfahren genügten den Mindestanforderungen für ein Überprüfungsverfahren. Die Frage, ob Pflegeleistungen ab 1995 zu gewähren seien, sei bereits durch zwei Verwaltungsverfahren geklärt worden. Über den Widerspruchsbescheid vom 05. Mai 2004 sei darüber hinaus auch Klage vor dem SG geführt worden, die zurückgenommen worden sei. Die Klägerin habe im vorliegenden Verfahren keine neuen Tatsachen und Erkenntnisse mitgeteilt, die eine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage bedingten. Auch das Gutachten des MDK vom 11. März 2003 habe beim Erlass des Bescheids vom 23. Februar 2004 vorgelegen und sei auch Gegenstand des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 gewesen. Darüber hinaus habe die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2006 ausführlich dargelegt, weshalb sich aus diesem Gutachten eine Pflegestufe I ab 1994 nicht entnehmen lasse. Insoweit werde auf die entsprechenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Dies gelte auch für die Ausführungen zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Schließlich ließen sich auch aus der Stellungnahme des Dr. I. vom 07. August 2006 keine anderen Tatsachen entnehmen. Dieser habe mitgeteilt, dass sich die Klägerin erst seit 14. Februar 2005 bei ihm in Behandlung befinde. Er schildere deshalb die aktuellen und seit 2005 bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden, Einschränkungen und Erkrankungen. Die Klägerin erhalte jedoch bereits Leistungen nach der Pflegestufe I. Aussagen zum Pflegebedarf seit 1995 mache Dr. I. nicht und könne dies auch nicht tun. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Ablehnung der Pflegestufe I von 1995 bis 2002 rechtswidrig gewesen sei. Auch insoweit werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2006 Bezug genommen.
Hiergegen hat die Klägerin am 07. November 2006 beim SG schriftlich Berufung zum LSG eingelegt, mit der nur noch die zeitlich frühere Einstufung in die Pflegestufe I begehrt wird, jedoch nicht mehr die Einstufung in eine höhere Pflegestufe. Der Gerichtsbescheid leide darunter, dass davon ausgegangen worden sei, dass nicht direkt am 23. Oktober 2006, sondern geraume Zeit danach eine Entscheidung getroffen werde und man deshalb mit einem Schriftsatz vom 26. Oktober 2006 noch in der Frist sei. Daher sei der Gerichtsbescheid aufzuheben. Im Übrigen erfülle sie die Voraussetzungen der Pflegestufe I. Dies werde auch durch die Ansicht der behandelnden Ärzte untermauert. Über den Antrag vom Oktober 1994 sei "am 12. August 1999" nicht beschieden worden, "sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt". Sie habe dann am 27. November 2002 einen neuen Antrag gestellt. Nur über diesen Antrag sei entschieden worden. Da über den "Ausgangsantrag" sei noch gar nicht entschieden worden, weshalb der komplette Vorgang bis zum Oktober 1994 nochmals aufgerollt werden müsse. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin zwei Schreiben vom 11. Dezember 2006 und 02. Mai 2007 an den MDK Baden-Württemberg vorgelegt, in denen u.a. nochmals die Ansicht vertreten wird, dass über den Bescheid vom Oktober 1994 noch nicht entschieden worden sei. Des Weiteren hat die Klägerin eine gutachterliche Stellungnahme zur Pflegebedürftigkeit des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. G. vom 13. April 2007 vorgelegt, in dem dieser auf das Gutachten des Dr. Ma. vom MDK vom 21. Februar 2005 eingeht, das sich nicht in den Akten befindet. Er (Prof. Dr. G.) habe die Klägerin am 11. April 2007 begutachtet. Es bestehe ein Grundpflegebedarf im Bereich der Körperpflege wie folgt: Teilwäsche Oberkörper zweimal pro Tag 20 Minuten, Teilwäsche Hände und Gesicht fünfmal pro Tag 100 Minuten, Duschen zweimal pro Woche ca. drei Minuten, Baden fünfmal pro Woche ca. 30 Minuten, Zahnpflege zweimal pro Tag zehn Minuten, Kämmen zweimal pro Tag zehn Minuten, Wasserlassen fünfmal pro Tag zehn Minuten, Stuhlgang zweimal pro Tag 30 Minuten und Richten der Bekleidung einmal am Tag zehn Minuten; im Bereich der Ernährung: Mundgerechte Zubereitung dreimal pro Tag sechs Minuten, Aufnahme der Nahrung oral sechsmal pro Tag 180 Minuten; im Bereich der Mobilität: Aufstehen/Zu-Bett-Gehen zweimal pro Tag 120 Minuten, Ankleiden gesamt einmal pro Tag 20 Minuten, Entkleiden gesamt einmal pro Tag 20 Minuten, Gehen dreimal pro Tag 30 Minuten, Transfer zweimal pro Woche zwei Minuten, Treppensteigen dreimal pro Tag 30 Minuten und Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung ein- bis zweimal pro Woche ca. 20 Minuten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 zurückzunehmen und ihr Pflegegeld nach Pflegestufe I für den Zeitraum vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Entscheidungsgründe im angefochtenen Gerichtsbescheid. Der ablehnende Bescheid aus dem Jahr 1994 bezüglich des Vorliegens der Pflegestufe I könne nicht vorgelegt werden, da diese Unterlagen nach Abschluss des damaligen Verwaltungsverfahrens nicht weiter archiviert worden seien. Im Oktober 1994 sei von Seiten der Klägerin ein Pflegeantrag gestellt worden, eine persönliche Begutachtung sei durch den MDK am 12. Dezember 1994 erfolgt, hierbei habe dieser keinen die Pflegestufe I rechtfertigenden Hilfebedarf ermittelt. Gegen die daraufhin erfolgte Ablehnung von Pflegeleistungen sei kein Widerspruch eingelegt worden. Erst am 12. August 1999 habe die Klägerin erklärt, der Antrag vom Oktober 1994 werde aufrechterhalten.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte, auf die Gerichtsakten erster Instanz (Az.: S 5 P 2987/07 und S 8 P 1964/06) und die Senatsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1, 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin für den Zeitraum vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 Pflegegeld nach Pflegestufe I zu bewilligen.
1. Der am 23. Oktober 2006 erlassene Gerichtsbescheid ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht bereits wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben, weil das SG mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 mitgeteilt hatte, eine Entscheidung werde nicht vor dem 23. Oktober 2006 ergehen.
Die Rüge der Klägerin, die dahin auszulegen ist, dass sie vor Erlass des Gerichtsbescheids nicht ordnungsgemäß angehört worden ist, ist zwar berechtigt. § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG schreibt die Anhörung der Beteiligten zwingend vor. Sie gewährleistet den Grundsatz auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG). Eine Frist für die Anhörung sieht das Gesetz nicht vor. Sie muss indessen angemessen sein und sollte 14 Tage nicht unterschreiten, wobei die Postlaufzeit zur Klägerin zusätzlich zu berücksichtigen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 05. Oktober 2004 - L 11 KR 5239/03 - = veröffentlicht in juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 105 Rdnr. 12 m.w.N.). Vorliegend ist die Anhörungsmitteilung erst am 12. Oktober 2006 dem Prozessbevollmächtigten zugegangen, so dass die 14-tägige Frist unterschritten wurde. Dies hat aber nicht zwingend die Zurückverweisung der Sache an das SG nach § 159 SGG zur Folge. Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG steht die Entscheidung, ob die Sache bei wesentlichen Mängeln des sozialgerichtlichen Verfahrens an das Sozialgericht zurückverwiesen wird, im Ermessen des Senats. Es ist abzuwägen zwischen den Interessen der Beteiligten und einer raschen Sachentscheidung und dem Grundsatz der Prozessökonomie einerseits sowie dem Verlust einer Instanz andererseits. Im Zweifel ist die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden, im Interesse einer zügigen Erledigung des Verfahrens vorzugswürdig (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 57). Unter Beachtung der Tatsache, dass die Sache entscheidungsreif ist und keine Ermittlungen durchzuführen sind, überwiegt hier das Interesse an einer Entscheidung durch den Senat.
2. Im Berufungsverfahren ist zwischen den Beteiligten noch streitig, ob die Klägerin für die Zeit vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 Anspruch auf Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe I hat, nachdem sie ab dem 01. November 2002 Pflegegeld nach Pflegestufe I erhält und im Berufungsverfahren nicht mehr Pflegegeld nach einer höheren Pflegestufe beantragt hat. Der Senat konnte daher nicht darüber entscheiden, ob der Klägerin im streitigen Zeitraum Pflegegeld nach Pflegestufe II oder III zusteht. Denn mit der Beschränkung ihres Antrags hat sie ihre ursprünglich auf das Begehren von Geldleistungen nach einer höheren Pflegestufe umfassende Klage teilweise zurückgenommen. Mit der teilweisen Rücknahme der Klage war der Rechtsstreit insoweit erledigt (§ 102 Satz 2 SGG, seit 01. April 2008: § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG).
3. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006. Darin hat die Beklagte es abgelehnt, der Klägerin bereits ab 01. April 1995 Geldleistungen nach Pflegestufe I zu gewähren und hierbei sowohl den Antrag vom Oktober 1994 ablehnenden "Bescheid", als auch die Bescheide vom 16. Mai, 18. September 2003 und 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 überprüft und deren Rücknahme abgelehnt. Die Ermittlungen des Senats haben zwar ergeben, dass der Bescheid, mit dem nach Behauptung der Beklagten der Antrag vom Oktober 1994 ursprünglich abgelehnt worden sein soll, von der Beklagten nicht mehr vorgelegt werden kann, und die Klägerin insoweit behauptet, dass über diesen Antrag noch nicht entschieden worden sei. Dies ist jedoch im Ergebnis unschädlich, denn die Beklagte hat spätestens im Bescheid vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 über den Antrag vom Oktober 1994 entschieden und die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe I bereits ab dem 01. April 1995 abgelehnt. In den Bescheiden vom 16. Mai und 18. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 wurde hingegen lediglich über den Antrag der Klägerin vom 27. November 2002 entschieden. Der Überprüfungsantrag der Klägerin vom 30. März 2005 ist dahin zu verstehen, dass der Bescheid, der ihrem Begehren, Pflegegeld nach der Pflegestufe I auch für die Zeit vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 zu erhalten, entgegenstehen, zurückzunehmen ist, so dass der Senat davon ausgeht, dass das Klagebegehren der Klägerin dahingehend auszulegen ist, dass sie eine Aufhebung des Bescheids vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 und damit Geldleistungen nach Pflegestufe I ab 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 begehrt.
4. Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Rücknahme des Bescheids vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 ist § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass beim Erlass des Bescheids vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist, soweit es die Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I für die Zeit vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 betrifft. Ein Pflegebedarf der Klägerin, der eine Einstufung in Pflegestufe I und damit die Bewilligung von Pflegegeld bereits ab dem 01. April 1995 rechtfertigen würde, ist nicht feststellbar.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Nach § 15 Abs. 2 SGB XI ist bei Kindern für die Zuordnung der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Die Regelung stellt klar, dass "der natürliche, altersentsprechende Pflegebedarf von Kindern" unberücksichtigt bleibt und allein auf den das altersübliche Maß übersteigenden Aufwand, also auf den krankheits- oder behinderungsbedingten Pflegemehraufwand abzustellen ist (vgl. hierzu insbesondere Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-3300 § 14 Nr. 9).
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass diese Voraussetzungen in der Zeit vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 erfüllt waren. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des Dr. B. vom 03. Januar 1995. Dr. B. stellte nach Untersuchung der Klägerin am 12. Dezember 1994 fest, dass wegen einer Dysfunktion (Teilleistungsstörung) und psycho-reaktive Verhaltensauffälligkeiten sowie eine Mastocytose und Neurodermitis die Klägerin zweimal wöchentlich Hilfe beim Duschen/Baden sowie manchmal beim An- und Auskleiden benötigt. Ein weiterer Hilfebedarf wurde von Dr. B. nicht festgestellt, wobei er zutreffend davon ausging, dass lediglich ein im Vergleich zu einem gesunden Kind zusätzlicher Hilfebedarf der damals zehn Jahre alten Klägerin zu berücksichtigen war. Hingewiesen wurde darauf, dass die Klägerin Kontrolle, Aufsicht und Leitung benötige, wobei ein Aufwand der Beaufsichtigung zur Vermeidung einer Selbst- oder Fremdgefährdung bei der Bemessung des Pflegebedarfs nicht zu berücksichtigen wäre (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 9). Da ein Pflegebericht von der Mutter nicht vorgelegt wurde, konnte Dr. B. einen zusätzlichen Hilfebedarf im Vergleich zu einem normal entwickelten Kind nicht feststellen. Die Schlussfolgerung von Dr. B., dass danach Pflegebedürftigkeit nicht vorliege, ist für den Senat deshalb nachvollziehbar und schlüssig. Damit waren zum damaligen Zeitpunkt der Untersuchung die Voraussetzungen für eine Einstufung in Pflegestufe I nicht erfüllt.
Der gesundheitliche Zustand der Klägerin ist in den darauffolgenden Jahren nicht unverändert geblieben, sondern hat sich verschlechtert. Dies entnimmt der Senat zum einen dem Gutachten des Dr. K. vom 23. Februar 1999 und zum anderen dem Gutachten der Pflegefachkraft Kr. vom 11. März 2003. Insbesondere aus letzterem ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung am 04. März 2003 ein Pflegebedarf bei der Körperpflege von täglich insgesamt 28 Minuten, bei der Ernährung von insgesamt 15 Minuten täglich und bei der Mobilität von insgesamt 20 Minuten täglich bestand. Allerdings lässt sich weder aus dem Gutachten vom 11. März 2003 noch aus dem Gutachten vom 23. Februar 1999 entnehmen, dass die Einschätzung von Dr. B. im Gutachten vom 03. Januar 1994 fehlerhaft war. Zwar gelangte Pflegefachkraft Kr. in ihrem Gutachten vom 11. März 2003 zu der Einschätzung, die Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe I liege bereits ab April 1995 vor. Der Senat hält diese Einschätzung jedoch nicht für schlüssig und begründet. Dies ergibt sich daraus, dass Pflegefachkraft Kr. die Klägerin erstmals am 04. März 2003 in ihrem häuslichen Bereich untersucht hat, mithin mehr als acht Jahre nach der Erstuntersuchung durch Dr. B. am 12. Dezember 1994 sowie sich nicht damit auseinandersetzte, dass nur ein im Vergleich zu einem gesunden Kind zusätzlicher Hilfebedarf zu berücksichtigen war. Der Senat misst deshalb für die Frage, ob bereits ab 01. April 1995 Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe I vorgelegen hat, dem Gutachten von Dr. B., welches aufgrund einer häuslichen Untersuchung im Dezember 1994 erstellt wurde, einen höheren Beweiswert bei, da es sich um das Gutachten mit den zeitnahesten Feststellungen zum Pflegebedarf handelt.
Auch das Gutachten des Dr. K. vom 23. Februar 1999 führt nicht dazu, dass zumindest ab 03. Februar 1998 (Tag des Hausbesuchs bei der Klägerin) vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Einstufung in Pflegestufe I ausgegangen werden kann. Zwar wurde am 03. Februar 1998 ein Hausbesuch durchgeführt und sowohl die Mutter als auch der Vater zum Tagesablauf befragt. Aus den diesbezüglichen Angaben (Bl. 16-17, 24 ff. der Verwaltungsakte) lässt sich jedoch - auch in Anbetracht der durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen am 05. November 1997 - ein Hilfebedarf bei der Grundpflege von täglich mehr als 45 Minuten nicht feststellen. Denn in dem Gutachten wird zwar ausführlich und schlüssig dargelegt, dass die Klägerin an einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung im Sinne eines frühkindlichen Autismus leidet und Eingliederungshilfen als notwendig erachtet wurden. Allerdings fehlen genauen Angaben zum Pflegebedarf, aus denen auf ein Hilfebedarf von mehr als 45 Minuten täglich geschlossen werden könnte. Denn die Mutter der Klägerin machte damals gegenüber Dr. K. keine klaren Angaben zum Tagesablauf.
Auch aus der Stellungnahme des Dr. I. vom 07. August 2006 ergibt sich nichts anderes. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach seinen eigenen Angaben die Klägerin erst seit 14. Februar 2005 bei ihm in Behandlung ist, so dass sich seiner Stellungnahme keine Aussagen zum Pflegebedarf seit 01. April 1995 entnehmen lassen. Dies gilt auch für die gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. G. vom 13. April 2007, der die Klägerin am 11. April 2007 begutachtete. Auch seiner Stellungnahme lassen sich Aussagen zum Pflegebedarf seit 01. April 1995 nicht entnehmen.
Einer weiteren Beweiserhebung bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht, da bei der bestehenden Aktenlage ein aktuelles Gutachten keine hinreichend sicheren Aussagen zum Pflegebedarf ab 01. April 1995 treffen könnte, die dazu führen könnten, die schlüssige und nachvollziehbare Einschätzung von Dr. B. im Gutachten vom 03. Januar 1995 in Zweifel zu ziehen.
5. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Dieses richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitut setzt voraus, dass dem Versicherten durch eine der Beklagten zuzurechnende behördliche Pflichtverletzung ein sozialrechtlicher Nachteil entstanden ist, der durch eine zulässige Amtshandlung behoben werden kann (vgl. dazu allgemein BSG SozR 3-2600 § 300 Nr. 5; BSGE 79, 168). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zum einen ist eine behördliche Pflichtverletzung der Beklagten weder von der Klägerin vorgetragen noch ersichtlich, zumal die Beklagte bereits mit Schreiben vom 15. September 1999 eine erneute Antragstellung für Leistungen bei Pflegebedürftigkeit empfohlen hatte. Soweit ein behördlicher Fehler seitens der Beklagten von der Klägerin darin gesehen wird, dass die Beklagte mit Bescheid vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe I bereits ab dem 01. April 1995 abgelehnt hatte, besteht zum anderen schon deshalb kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, weil insoweit die gesetzliche Regelung des § 44 SGB X vorgeht, die speziell für die Rücknahme fehlerhafter Verwaltungsakte vorgesehen ist (vgl. dazu zuletzt BSG, Urteil vom 02. Oktober 2008 - B 9 VH 1/07 R - = veröffentlicht in Juris).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Klägerin Pflegegeld nach der Pflegestufe I bereits vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 zusteht und ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin im Wege der Zugunsten-Entscheidung nach § 44 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X) entsprechende Leistungen zu bewilligen.
Die am 1984 geborene Klägerin ist bei der Beklagten familienversichert. Sie leidet an einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung im Sinne eines frühkindlichen Autismus. Das Versorgungsamt H. anerkannte einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 seit 15. Juli 1984 sowie die Merkzeichen "B", "G" und "H" (Schwerbehindertenausweis vom 18. April 2002). Ihre am 1982 geborene Schwester S. leidet an einem atypischen Autismus und ihre am 1979 geborene Schwester L. leidet an einer psycho-reaktiven Verhaltungsauffälligkeit.
Die Klägerin beantragte im Oktober 1994 Geldleistungen bei der Beklagten wegen Pflegebedürftigkeit. Die Beklagte ließ sie vom Medizinischen Dienst der Krankenkassen Baden-Württemberg (MDK) begutachten. Dr. B. vom MDK nannte im Gutachten vom 03. Januar 1995 aufgrund einer Untersuchung in der Wohnung der Klägerin am 12. Dezember 1994 (von den Beteiligten häufig als "Gutachten vom 12. Dezember 1994" bezeichnet) als pflegebegründende Diagnosen: Cerebrale Dysfunktion (Teilleistungsstörung), psycho-reaktive Verhaltensauffälligkeiten, Mastocytose und Neurodermitis. Pflegebedürftigkeit liege nicht vor. Es bestehe ein Hilfebedarf zweimal wöchentlich beim Duschen bzw. Baden, manchmal beim An- und Auskleiden sowie bei der hauswirtschaftlichen Versorgung. Es habe sich beim Begutachtungstermin um ein zehnjähriges Mädchen mit Teilleistungsstörung sowie einer Verhaltensstörung gehandelt. Benötigt werde Kontrolle, Aufsicht und Anleitung. Bei der häuslichen Untersuchung habe im Gespräch mit der Mutter der Klägerin nicht geklärt werden können, wo der zusätzliche Hilfebedarf im Vergleich zu einem normal entwickelten Kind liege. Ein angeforderter Pflegebericht sei nicht nachgereicht worden. Nach Angaben der Beklagten wurde der Antrag der Klägerin daraufhin abgelehnt; die Beklagte kann diesen Bescheid jedoch nicht (mehr) vorlegen, da die diesbezüglichen Unterlagen nicht archiviert worden seien. Die Klägerin behauptet, über den Antrag vom Oktober 1994 sei noch nicht entschieden worden.
Am 12. August 1999 ging bei der Beklagten das Schreiben der Eltern der Klägerin vom selben Tag ein, mit dem sie das Gutachten des Arztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie (Leitender Oberarzt am Klinikum der Universität H. - Psychiatrische Klinik) Dr. K. vom 23. Februar 1999 vorlegte und mitteilte, dass der Antrag auf Pflegegeld vom Oktober 1994 hierdurch weiterhin aufrechterhalten werde. Dr. K. erstattete das Gutachten im Auftrag des Verwaltungsgerichts Karlsruhe wegen Eingliederungshilfe (Az.: 2 K 3392/95, 2 K 3415/95 und 2 K 3416/95), wobei die Klägerin am 03. Februar 1998 auch in ihrer Wohnung untersucht wurde und sowohl ihre Mutter als auch ihr Vater zum Tagesablauf befragt wurden. Danach liege bei der Klägerin eine tiefgreifende Entwicklungsstörung im Sinne eines frühkindlichen Autismus vor. Eine heilpädagogische Maßnahme im Rahmen einer Wiedereingliederungshilfe sei seit dem Grundschulalter erforderlich gewesen.
Mit Schreiben vom 15. September 1999 teilte die Beklagte dem Vater der Klägerin mit, dass man ihn bereits 1994 darüber informiert habe, dass aufgrund der damaligen Gegebenheiten Leistungen der Pflegeversicherung für die Klägerin nicht hätten bewilligt werden können. Ein Aufgreifen des "alten" Falles sei aus diesem Grund heute nicht mehr möglich. Auch aus dem Gutachten des Dr. K. ergebe sich kein Pflegebedarf nach den Vorgaben des Pflegeversicherungsgesetzes. Man empfehle, einen neuen Antrag auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zu stellen. Nachdem die Mutter der Klägerin mitgeteilt hatte, dass sie sich außerstande fühle, ein Pflegetagebuch zu führen (Schreiben vom 29. Dezember 1999), empfahl die Beklagte erneut, einen weiteren Antrag auf Leistungen bei Pflegebedürftigkeit zu stellen (Schreiben vom 05. Januar 2000). Die Klägerin machte durch ihren Prozessbevollmächtigten unter dem 27. November 2002 geltend, dass ihr im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs für die Vergangenheit Pflegegeld zustehe. Für die Zukunft stelle sie einen entsprechenden Antrag. Die Beklagte bat daraufhin den MDK um die Erstattung eines Gutachtens, das dieser durch Dr. S. vom MDK anfangs ablehnte, da eine rückwirkende Beurteilung für das Jahr 1995 nicht möglich sei. Die Beklagte erhob sodann das Gutachten der Pflegefachkraft Kr. vom MDK vom 11. März 2003, wobei die Klägerin am 04. März 2003 in ihrer häuslichen Umgebung untersucht worden war. Die Gutachterin nannte als pflegebegründende Diagnosen: Atypischer Autismus und Mastozystose. Sie bewertete den Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege pro Tag mit 63 Minuten, nämlich bei der Körperpflege (Duschen 15 Minuten, Zahnpflege vier Minuten, Kämmen vier Minuten und Richten der Bekleidung fünf Minuten) mit 28 Minuten, bei der Ernährung (mundgerechte Zubereitung sechs Minuten und orale Aufnahme der Nahrung neun Minuten) mit 15 Minuten und bei der Mobilität (Aufstehen/Zu-Bett-Gehen zwei Minuten, Ankleiden gesamt fünf Minuten, Entkleiden gesamt drei Minuten und Gehen zehn Minuten) mit 20 Minuten. Den Zeitaufwand für Hauswirtschaft bewertete sie mit 60 Minuten pro Tag. Es liege Pflegebedürftigkeit im Sinne der Pflegestufe I seit April 1995 vor. Mit einer pflegestufenrelevanten Besserung sei nicht zu rechnen. In der Stellungnahme des Dr. S. vom MDK vom 24. März 2003 teilte dieser mit, dass der MDK trotz der Schwierigkeit einer rückwirkenden Beurteilung, den Auftrag erhalten habe, die Pflegebedürftigkeit rückwirkend zu beurteilen. Die Einschätzung der Gutachterin Kr., wonach seit 1995 Pflegebedürftigkeit vorliege, sei nachvollziehbar begründet worden.
Mit Bescheid vom 16. Mai 2003 bewilligte die Beklagte Pflegegeld nach der Pflegestufe I in Höhe von monatlich EUR 205,00 ab dem 01. November 2002 sowie mit Bescheid vom 19. Mai 2003 einen zusätzlichen Betreuungsbetrag in Höhe von bis zu EUR 460,00 je Kalenderjahr. Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin Widerspruch, mit dem sie sich u.a. gegen den Anspruchsbeginn (01. November 2002) wandte und eine rückwirkende Gewährung von Pflegegeld ab 1994 begehrte. Unter dem 09. Juli 2003 beantragte sie zudem unter Vorlage eines Attests der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. A. vom 22. Mai 2003 Pflegegeld nach der Pflegestufe II. Dr. A. gab in dem Attest an, die Klägerin sei an einer so schweren seelischen Behinderung erkrankt (schwerer Autismus), dass sie trotz unauffälliger neurologischer Befunde nicht in der Lage sei, mehr als einige Schritte selbstständig in der Wohnung zu tun. Außerhalb müsse sie im Rollstuhl gefahren werden. Die Klägerin übersandte zur weiteren Begründung eine Auskunft der Dr. A. vom 20. August 2003 gegenüber dem Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG), wobei es in dem dortigen Verfahren L 8 SB 1439/03 um die Zuerkennung des Merkzeichens "aG" ging. Danach könne die Klägerin nur 100 Meter gehen und benutze ansonsten ständig den Rollstuhl. Die Beklagte veranlasste eine erneute Begutachtung durch Dr. S. vom MDK. Dieser gelangte in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 16. September 2003 zu der Einschätzung, dass keine neuen medizinischen bzw. pflegerischen Erkenntnisse vorlägen, so dass an der Gutachtensbeurteilung vom 11. März 2003 festgehalten werde. Der allgemeine Betreuungs- und Beaufsichtigungsbedarf bei psychischer Behinderung sei grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähig. In Bezug auf die Einzelverrichtungen sei der erhöhte Beaufsichtigungsbedarf adäquat berücksichtigt worden.
Mit Bescheid vom 18. September 2003 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sich der Pflegebedarf zum Vorgutachten vom 11. März 2003 nicht verändert habe und es bei der Einstufung in der Pflegestufe I verbleibe, so dass der Bescheid vom 16. Mai 2003 weiterhin gültig sei. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch, wobei sie die Auffassung vertrat, dass es sich bei dem Bescheid vom 18. September 2003 eigentlich um einen Widerspruchsbescheid handeln müsse. Der Vater der Klägerin erhob deswegen am 17. Oktober 2003 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG), mit der er die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe II für die Klägerin und deren Schwestern begehrte (Az.: S 5 P 2987/03). Nach Hinweis des SG, dass Stammversicherte Leistungsansprüche von Familienversicherten nicht geltend machen könnten, führte die Klägerin die Klage fort. Während dieses Klageverfahrens erließ die Beklagte den Bescheid vom 23. Februar 2004, mit dem sie der Klägerin mitteilte, dass die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X nicht vorlägen, da die Ablehnung des Antrags vom Oktober 1994 rechtmäßig gewesen sei, weshalb eine Rücknahme der Entscheidung nicht möglich sei. Das MDK-Gutachten vom 11. März 2003 überzeuge nicht, soweit es das Vorliegen von Pflegebedürftigkeit seit 01. April 1995 bestätige. Es lege auch in Verbindung mit der ergänzenden Stellungnahme (des Dr. S.) vom 24. März 2003 nicht ausreichend dar, warum die am 12. Dezember 1994 erhobenen Befunde sowie der sich daraus ergebende Hilfebedarf nicht richtig festgestellt worden sei. Der Hinweis auf die bei der Erstbegutachtung ungenauen Angaben der Mutter der Klägerin rechtfertige keine Abweichung von den tatsächlichen Feststellungen des Gutachters zum Hilfebedarf. Die späteren Gutachten hätten die Verhältnisse nur rückwirkend nach Aktenlage beurteilen können. Auch sei hinsichtlich der Erstbegutachtung insofern eine Änderung eingetreten, als die Klägerin inzwischen einen Rollstuhl nutze, was die Beurteilung nach Aktenlage zusätzlich erschwere. Nachdem die Klägerin auch hiergegen Widerspruch erhoben hatte, erließ der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruchsbescheid vom 05. Mai 2004, in dem die Widersprüche gegen die Bescheide vom 16. und 19. Mai 2003 sowie 23. Februar 2004 zurückgewiesen wurden. Die Voraussetzungen der Pflegestufe II lägen nach der Stellungnahme des MDK vom 16. September 2003 nicht vor. Trotz der bereits am 15. September 1999 angeregten Antragstellung habe sie (die Klägerin) erst am 27. November 2002 Pflegegeld beantragt. Deshalb könne Pflegegeld erst ab dem 01. November 2002 geleistet werden. Die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs lägen nicht vor, da die verzögerte Antragstellung nicht Folge eines Beratungsfehlers sei. Es gebe keine Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Ablehnung des Antrags im Oktober 1994. Der Widerspruchsbescheid enthielt den Hinweis, dass er nach § 96 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) Gegenstand des anhängigen Verfahrens S 5 P 2987/03 werde. Nachdem das SG den praktischen Arzt Dr. J. als sachverständigen Zeugen vernommen hatte (Auskunft vom 18. Juli 2004) nahm die Klägerin die Klage im Termin zur Erörterung des Sachverhalts am 23. September 2004 zurück.
Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 16. Februar 2005 bat die Klägerin, den Fall nochmals aufzurollen. Auf Nachfrage der Beklagten beantragte sie unter dem 30. März 2005 die Überprüfung der Ablehnung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I seit dem Jahr 1995 nach § 44 SGB X und nach dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Dass sie bereits seit 1995 Anspruch auf Pflegegeld nach Pflegestufe I habe, ergebe sich aus dem Gutachten des MDK. Mit Bescheid vom 23. Mai 2005 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie die Ablehnung des Leistungsantrags vom Oktober 1994 überprüft habe, wobei "der Bescheid" nicht zurückzunehmen sei, da Leistungen der Pflegestufe I zu Recht ab 01. April 1995 nicht erbracht worden seien. Grundlage der ursprünglichen Entscheidung sei das Gutachten vom 03. Januar 1995 gewesen, in dem festgestellt worden sei, dass Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege nicht mindestens einmal täglich bei zwei der nach § 14 Abs. 4 des Elften Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB XI) maßgeblichen Verrichtungen bestanden habe. Soweit der MDK in seinem Gutachten vom 11. März 2003 zu dem Ergebnis gekommen sei, dass Pflegebedürftigkeit seit 01. April 1995 vorliege, folge daraus nicht, dass sie (die Beklagte) bei ihrer Entscheidung von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen sei. Denn das Gutachten vermöge gegenüber dem Gutachten vom 03. Januar 1995 nicht zu überzeugen. Es werde auch mit der ergänzenden Stellungnahme vom 24. März 2003 nicht schlüssig dargelegt, warum die am 12. Dezember 1994 erhobenen Befunde sowie der sich daraus ergebende Hilfebedarf nicht richtig festgestellt worden sei. Das Gutachten vom 03. Januar 1995 sei hingegen zeitnah nach körperlicher Untersuchung erstellt worden. Auch lägen die Voraussetzungen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs nicht vor, da die Klägerin nicht dargelegt habe, dass eine fehlerhafte Beratung vorgelegen habe. Eine fehlerhafte Beratung sei auch nicht erkennbar. Den hiergegen von der Klägerin eingelegten Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten zurück (Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2006). Bei Erlass "des Bescheids" (vom Oktober 1994) sei weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe. Im Überprüfungsverfahren seien keine neuen Aspekte aufgezeigt worden, inwieweit von einem falschen Sachverhalt ausgegangen bzw. das Recht unrichtig angewandt worden sei. Das Gutachten des MDK vom 11. März 2003 sei bereits Gegenstand des Überprüfungsverfahrens gewesen, welches mit Bescheid vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 abschlägig beschieden worden sei. An dieser Auffassung werde festgehalten. Auch wenn der Überprüfungsantrag dahingehend auszulegen sei, dass der Bescheid vom 16. Mai 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 einer Überprüfung unterzogen werden solle, ergebe sich nichts anderes. Denn damit sei über den Leistungsantrag vom 27. November 2002 entschieden worden. Leistungen würden bei Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen jedoch erst ab Antragstellung gewährt. Deshalb werde Pflegegeld nach Pflegestufe I zu Recht erst ab dem 01. November 2002 gewährt. Auch seien die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs bereits im Widerspruchsbescheid vom 05. Mai 2004 geprüft worden. Die Klägerin habe nicht dargelegt, inwieweit vorliegend ein Beratungsfehler dazu geführt habe, dass sie erst am 27. November 2002 einen erneuten Antrag auf Pflegeleistungen gestellt habe. Des Weiteren sei nicht vorgetragen worden, welcher Beratungsfehler bei der Ablehnung des Antrags vom Oktober 1994 vorgelegen habe. Selbst wenn der "ablehnende Bescheid" zurückzunehmen sei, könnten die Leistungen wegen § 44 Abs. 4 SGB X frühestens ab 01. Januar 2001 gewährt werden.
Hiergegen erhob die Klägerin am 21. Juni 2006 Klage beim SG (Az.: S 8 P 1964/06) und begehrte "eine entsprechende Pflegeeinstufung mit Pflegestufe I". Sie und ihre Schwestern seien "alle Pflegestufe I". Daher sei Klage zu führen. Zur weiteren Begründung legte die Klägerin eine Stellungnahme des Facharztes für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie Dr. I. vom 07. August 2006 vor, in dem dieser auf ein Gutachten vom 07. März 2005, das sich nicht in den Akten befindet, Bezug nimmt. Die Klägerin befinde sich seit 14. Februar 2005 in seiner Behandlung. Die Klägerin müsse im Bereich der Ganzkörperwäsche angeleitet werden (einmal am Tag etwa 30 bis 60 Minuten), ebenso im Bereich der Teilkörperwäsche des Oberkörpers (zweimal pro Tag 30 Minuten) und beim Duschen (einmal am Tag zehn Minuten) bzw. beim Baden (einmal pro Woche 15 Minuten). Für die Zahnpflege seien ca. fünf Minuten dreimal pro Tag notwendig. Hinsichtlich des Kämmens benötige sie zweimal pro Tag 20 Minuten. Hilfe beim Toilettengang sei ca. sechsmal am Tag mit einer Dauer von ca. fünf Minuten notwendig. Hinsichtlich des Stuhlgangs benötige sie Beaufsichtigung, Unterstützung und Anleitung (etwa zweimal am Tag ca. zehn Minuten). Ebenso sei ihr das Richten der Bekleidung nicht mehr selbstständig möglich, da sie praktisch vor ihrem Kleiderschrank stehe, ohne dort angemessene Teile zusammenzufinden. Ebenso benötige sie Anleitung und Kontrolle beim Wechsel kleiner Vorlagen während der 7-Tage-Regelblutung im Monat. Beim An- und Entkleiden sei praktisch eine vollständige Anleitung notwendig (einmal pro Tag 15 bis 20 Minuten). Für das Verlassen bzw. Wiederaufsuchen der Wohnung bestehe ein Zeitbedarf von 30 bis 60 Minuten. 2005. Die Klägerin begehrte aufgrund dieser Stellungnahme vor dem SG zusätzlich eine "höhere Pflegestufe".
Die Beklagte trat der Klage entgegen und verwies auf den Inhalt des Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2006.
Das SG wies mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 darauf hin, dass es beabsichtige, den Rechtsstreit ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, wobei mitgeteilt wurde, eine Entscheidung werde nicht vor dem 23. Oktober 2006 ergehen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bestätigte gegen Empfangsbekenntnis vom 12. Oktober 2006 den Erhalt des gerichtlichen Schreibens vom 10. Oktober 2006.
Mit Gerichtsbescheid vom 23. Oktober 2006 wies das SG die Klage ab. Soweit die Klägerin die Einstufung in eine höhere Pflegestufe begehre, sei die Klage nicht zulässig, da das erforderliche Verwaltungsvorverfahren nicht durchgeführt worden sei. Die Auslegung des Klageantrags als Untätigkeitsklage komme nicht in Betracht. Im Übrigen habe die Beklagte zu Recht den Antrag auf Überprüfung der "entsprechenden Bescheide" nach § 44 SGB X abgelehnt. Die Voraussetzungen für eine Aufhebung des die Gewährung von Pflegeleistungen ab 1995 ablehnenden Bescheids von 1994 und die Aufhebung bzw. Änderung des Bescheids vom 16. Mai 2003 lägen nicht vor. Die Klägerin habe im Überprüfungsantrag und in der Folge keine wesentlichen neuen Tatsachen und Erkenntnisse vorgetragen, die die Beklagte zwängen, von der Bindungswirkung der genannten Bescheide abzugehen. Weder der Antrag vom 30. März 2005 noch das Vorbringen im Klageverfahren genügten den Mindestanforderungen für ein Überprüfungsverfahren. Die Frage, ob Pflegeleistungen ab 1995 zu gewähren seien, sei bereits durch zwei Verwaltungsverfahren geklärt worden. Über den Widerspruchsbescheid vom 05. Mai 2004 sei darüber hinaus auch Klage vor dem SG geführt worden, die zurückgenommen worden sei. Die Klägerin habe im vorliegenden Verfahren keine neuen Tatsachen und Erkenntnisse mitgeteilt, die eine andere Beurteilung der Sach- und Rechtslage bedingten. Auch das Gutachten des MDK vom 11. März 2003 habe beim Erlass des Bescheids vom 23. Februar 2004 vorgelegen und sei auch Gegenstand des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 gewesen. Darüber hinaus habe die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2006 ausführlich dargelegt, weshalb sich aus diesem Gutachten eine Pflegestufe I ab 1994 nicht entnehmen lasse. Insoweit werde auf die entsprechenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen. Dies gelte auch für die Ausführungen zum sozialrechtlichen Herstellungsanspruch. Schließlich ließen sich auch aus der Stellungnahme des Dr. I. vom 07. August 2006 keine anderen Tatsachen entnehmen. Dieser habe mitgeteilt, dass sich die Klägerin erst seit 14. Februar 2005 bei ihm in Behandlung befinde. Er schildere deshalb die aktuellen und seit 2005 bei der Klägerin vorliegenden Beschwerden, Einschränkungen und Erkrankungen. Die Klägerin erhalte jedoch bereits Leistungen nach der Pflegestufe I. Aussagen zum Pflegebedarf seit 1995 mache Dr. I. nicht und könne dies auch nicht tun. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Ablehnung der Pflegestufe I von 1995 bis 2002 rechtswidrig gewesen sei. Auch insoweit werde auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2006 Bezug genommen.
Hiergegen hat die Klägerin am 07. November 2006 beim SG schriftlich Berufung zum LSG eingelegt, mit der nur noch die zeitlich frühere Einstufung in die Pflegestufe I begehrt wird, jedoch nicht mehr die Einstufung in eine höhere Pflegestufe. Der Gerichtsbescheid leide darunter, dass davon ausgegangen worden sei, dass nicht direkt am 23. Oktober 2006, sondern geraume Zeit danach eine Entscheidung getroffen werde und man deshalb mit einem Schriftsatz vom 26. Oktober 2006 noch in der Frist sei. Daher sei der Gerichtsbescheid aufzuheben. Im Übrigen erfülle sie die Voraussetzungen der Pflegestufe I. Dies werde auch durch die Ansicht der behandelnden Ärzte untermauert. Über den Antrag vom Oktober 1994 sei "am 12. August 1999" nicht beschieden worden, "sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt". Sie habe dann am 27. November 2002 einen neuen Antrag gestellt. Nur über diesen Antrag sei entschieden worden. Da über den "Ausgangsantrag" sei noch gar nicht entschieden worden, weshalb der komplette Vorgang bis zum Oktober 1994 nochmals aufgerollt werden müsse. Zur weiteren Begründung hat die Klägerin zwei Schreiben vom 11. Dezember 2006 und 02. Mai 2007 an den MDK Baden-Württemberg vorgelegt, in denen u.a. nochmals die Ansicht vertreten wird, dass über den Bescheid vom Oktober 1994 noch nicht entschieden worden sei. Des Weiteren hat die Klägerin eine gutachterliche Stellungnahme zur Pflegebedürftigkeit des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Prof. Dr. G. vom 13. April 2007 vorgelegt, in dem dieser auf das Gutachten des Dr. Ma. vom MDK vom 21. Februar 2005 eingeht, das sich nicht in den Akten befindet. Er (Prof. Dr. G.) habe die Klägerin am 11. April 2007 begutachtet. Es bestehe ein Grundpflegebedarf im Bereich der Körperpflege wie folgt: Teilwäsche Oberkörper zweimal pro Tag 20 Minuten, Teilwäsche Hände und Gesicht fünfmal pro Tag 100 Minuten, Duschen zweimal pro Woche ca. drei Minuten, Baden fünfmal pro Woche ca. 30 Minuten, Zahnpflege zweimal pro Tag zehn Minuten, Kämmen zweimal pro Tag zehn Minuten, Wasserlassen fünfmal pro Tag zehn Minuten, Stuhlgang zweimal pro Tag 30 Minuten und Richten der Bekleidung einmal am Tag zehn Minuten; im Bereich der Ernährung: Mundgerechte Zubereitung dreimal pro Tag sechs Minuten, Aufnahme der Nahrung oral sechsmal pro Tag 180 Minuten; im Bereich der Mobilität: Aufstehen/Zu-Bett-Gehen zweimal pro Tag 120 Minuten, Ankleiden gesamt einmal pro Tag 20 Minuten, Entkleiden gesamt einmal pro Tag 20 Minuten, Gehen dreimal pro Tag 30 Minuten, Transfer zweimal pro Woche zwei Minuten, Treppensteigen dreimal pro Tag 30 Minuten und Verlassen/Wiederaufsuchen der Wohnung ein- bis zweimal pro Woche ca. 20 Minuten.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2006 und den Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 zurückzunehmen und ihr Pflegegeld nach Pflegestufe I für den Zeitraum vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und verweist auf die Entscheidungsgründe im angefochtenen Gerichtsbescheid. Der ablehnende Bescheid aus dem Jahr 1994 bezüglich des Vorliegens der Pflegestufe I könne nicht vorgelegt werden, da diese Unterlagen nach Abschluss des damaligen Verwaltungsverfahrens nicht weiter archiviert worden seien. Im Oktober 1994 sei von Seiten der Klägerin ein Pflegeantrag gestellt worden, eine persönliche Begutachtung sei durch den MDK am 12. Dezember 1994 erfolgt, hierbei habe dieser keinen die Pflegestufe I rechtfertigenden Hilfebedarf ermittelt. Gegen die daraufhin erfolgte Ablehnung von Pflegeleistungen sei kein Widerspruch eingelegt worden. Erst am 12. August 1999 habe die Klägerin erklärt, der Antrag vom Oktober 1994 werde aufrechterhalten.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsakte, auf die Gerichtsakten erster Instanz (Az.: S 5 P 2987/07 und S 8 P 1964/06) und die Senatsakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß § 151 Abs. 1, 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten nach §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden hat, ist statthaft und zulässig, aber nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin für den Zeitraum vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 Pflegegeld nach Pflegestufe I zu bewilligen.
1. Der am 23. Oktober 2006 erlassene Gerichtsbescheid ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht bereits wegen eines Verfahrensfehlers aufzuheben, weil das SG mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 mitgeteilt hatte, eine Entscheidung werde nicht vor dem 23. Oktober 2006 ergehen.
Die Rüge der Klägerin, die dahin auszulegen ist, dass sie vor Erlass des Gerichtsbescheids nicht ordnungsgemäß angehört worden ist, ist zwar berechtigt. § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG schreibt die Anhörung der Beteiligten zwingend vor. Sie gewährleistet den Grundsatz auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG). Eine Frist für die Anhörung sieht das Gesetz nicht vor. Sie muss indessen angemessen sein und sollte 14 Tage nicht unterschreiten, wobei die Postlaufzeit zur Klägerin zusätzlich zu berücksichtigen ist (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 05. Oktober 2004 - L 11 KR 5239/03 - = veröffentlicht in juris; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 9. Aufl. 2008, § 105 Rdnr. 12 m.w.N.). Vorliegend ist die Anhörungsmitteilung erst am 12. Oktober 2006 dem Prozessbevollmächtigten zugegangen, so dass die 14-tägige Frist unterschritten wurde. Dies hat aber nicht zwingend die Zurückverweisung der Sache an das SG nach § 159 SGG zur Folge. Nach § 159 Abs. 1 Nr. 2 SGG steht die Entscheidung, ob die Sache bei wesentlichen Mängeln des sozialgerichtlichen Verfahrens an das Sozialgericht zurückverwiesen wird, im Ermessen des Senats. Es ist abzuwägen zwischen den Interessen der Beteiligten und einer raschen Sachentscheidung und dem Grundsatz der Prozessökonomie einerseits sowie dem Verlust einer Instanz andererseits. Im Zweifel ist die Entscheidung des Berufungsgerichts, den Rechtsstreit selbst zu entscheiden, im Interesse einer zügigen Erledigung des Verfahrens vorzugswürdig (BSG SozR 3-2500 § 106 Nr. 57). Unter Beachtung der Tatsache, dass die Sache entscheidungsreif ist und keine Ermittlungen durchzuführen sind, überwiegt hier das Interesse an einer Entscheidung durch den Senat.
2. Im Berufungsverfahren ist zwischen den Beteiligten noch streitig, ob die Klägerin für die Zeit vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 Anspruch auf Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe I hat, nachdem sie ab dem 01. November 2002 Pflegegeld nach Pflegestufe I erhält und im Berufungsverfahren nicht mehr Pflegegeld nach einer höheren Pflegestufe beantragt hat. Der Senat konnte daher nicht darüber entscheiden, ob der Klägerin im streitigen Zeitraum Pflegegeld nach Pflegestufe II oder III zusteht. Denn mit der Beschränkung ihres Antrags hat sie ihre ursprünglich auf das Begehren von Geldleistungen nach einer höheren Pflegestufe umfassende Klage teilweise zurückgenommen. Mit der teilweisen Rücknahme der Klage war der Rechtsstreit insoweit erledigt (§ 102 Satz 2 SGG, seit 01. April 2008: § 102 Abs. 1 Satz 2 SGG).
3. Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 23. Mai 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14. Juni 2006. Darin hat die Beklagte es abgelehnt, der Klägerin bereits ab 01. April 1995 Geldleistungen nach Pflegestufe I zu gewähren und hierbei sowohl den Antrag vom Oktober 1994 ablehnenden "Bescheid", als auch die Bescheide vom 16. Mai, 18. September 2003 und 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 überprüft und deren Rücknahme abgelehnt. Die Ermittlungen des Senats haben zwar ergeben, dass der Bescheid, mit dem nach Behauptung der Beklagten der Antrag vom Oktober 1994 ursprünglich abgelehnt worden sein soll, von der Beklagten nicht mehr vorgelegt werden kann, und die Klägerin insoweit behauptet, dass über diesen Antrag noch nicht entschieden worden sei. Dies ist jedoch im Ergebnis unschädlich, denn die Beklagte hat spätestens im Bescheid vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 über den Antrag vom Oktober 1994 entschieden und die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe I bereits ab dem 01. April 1995 abgelehnt. In den Bescheiden vom 16. Mai und 18. September 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 wurde hingegen lediglich über den Antrag der Klägerin vom 27. November 2002 entschieden. Der Überprüfungsantrag der Klägerin vom 30. März 2005 ist dahin zu verstehen, dass der Bescheid, der ihrem Begehren, Pflegegeld nach der Pflegestufe I auch für die Zeit vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 zu erhalten, entgegenstehen, zurückzunehmen ist, so dass der Senat davon ausgeht, dass das Klagebegehren der Klägerin dahingehend auszulegen ist, dass sie eine Aufhebung des Bescheids vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 und damit Geldleistungen nach Pflegestufe I ab 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 begehrt.
4. Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin begehrte Rücknahme des Bescheids vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 ist § 44 Abs. 1 SGB X. Danach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Es steht zur Überzeugung des Senats fest, dass beim Erlass des Bescheids vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden ist, soweit es die Zahlung von Pflegegeld nach der Pflegestufe I für die Zeit vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 betrifft. Ein Pflegebedarf der Klägerin, der eine Einstufung in Pflegestufe I und damit die Bewilligung von Pflegegeld bereits ab dem 01. April 1995 rechtfertigen würde, ist nicht feststellbar.
Nach § 37 Abs. 1 Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige anstelle der häuslichen Pflegehilfe ein Pflegegeld beantragen. Pflegebedürftig sind nach § 14 Abs. 1 SGB XI Personen, die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen des täglichen Lebens, die im Einzelnen in § 14 Abs. 4 SGB XI genannt sind, auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate in erheblichem oder höherem Maß (§ 15 SGB XI) der Hilfe bedürfen. Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) sind nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens zwei Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, muss wöchentlich im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen (§ 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI). Die Grundpflege umfasst die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen aus den Bereichen der Körperpflege (§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI), der Ernährung (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 SGB XI) und der Mobilität (§ 14 Abs. 4 Nr. 3 SGB XI). Zur Grundpflege zählt ein Hilfebedarf im Bereich der Körperpflege beim Waschen, Duschen, Baden, der Zahnpflege, dem Kämmen, Rasieren, der Darm- und Blasenentleerung, im Bereich der Ernährung beim mundgerechten Zubereiten der Nahrung und der Aufnahme der Nahrung sowie im Bereich der Mobilität beim selbstständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen, dem An- und Auskleiden, Gehen, Stehen, Treppensteigen und dem Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung. Nach § 15 Abs. 2 SGB XI ist bei Kindern für die Zuordnung der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend. Die Regelung stellt klar, dass "der natürliche, altersentsprechende Pflegebedarf von Kindern" unberücksichtigt bleibt und allein auf den das altersübliche Maß übersteigenden Aufwand, also auf den krankheits- oder behinderungsbedingten Pflegemehraufwand abzustellen ist (vgl. hierzu insbesondere Bundessozialgericht [BSG] SozR 3-3300 § 14 Nr. 9).
Der Senat vermag nicht festzustellen, dass diese Voraussetzungen in der Zeit vom 01. April 1995 bis 31. Oktober 2002 erfüllt waren. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des Dr. B. vom 03. Januar 1995. Dr. B. stellte nach Untersuchung der Klägerin am 12. Dezember 1994 fest, dass wegen einer Dysfunktion (Teilleistungsstörung) und psycho-reaktive Verhaltensauffälligkeiten sowie eine Mastocytose und Neurodermitis die Klägerin zweimal wöchentlich Hilfe beim Duschen/Baden sowie manchmal beim An- und Auskleiden benötigt. Ein weiterer Hilfebedarf wurde von Dr. B. nicht festgestellt, wobei er zutreffend davon ausging, dass lediglich ein im Vergleich zu einem gesunden Kind zusätzlicher Hilfebedarf der damals zehn Jahre alten Klägerin zu berücksichtigen war. Hingewiesen wurde darauf, dass die Klägerin Kontrolle, Aufsicht und Leitung benötige, wobei ein Aufwand der Beaufsichtigung zur Vermeidung einer Selbst- oder Fremdgefährdung bei der Bemessung des Pflegebedarfs nicht zu berücksichtigen wäre (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 9). Da ein Pflegebericht von der Mutter nicht vorgelegt wurde, konnte Dr. B. einen zusätzlichen Hilfebedarf im Vergleich zu einem normal entwickelten Kind nicht feststellen. Die Schlussfolgerung von Dr. B., dass danach Pflegebedürftigkeit nicht vorliege, ist für den Senat deshalb nachvollziehbar und schlüssig. Damit waren zum damaligen Zeitpunkt der Untersuchung die Voraussetzungen für eine Einstufung in Pflegestufe I nicht erfüllt.
Der gesundheitliche Zustand der Klägerin ist in den darauffolgenden Jahren nicht unverändert geblieben, sondern hat sich verschlechtert. Dies entnimmt der Senat zum einen dem Gutachten des Dr. K. vom 23. Februar 1999 und zum anderen dem Gutachten der Pflegefachkraft Kr. vom 11. März 2003. Insbesondere aus letzterem ergibt sich, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung am 04. März 2003 ein Pflegebedarf bei der Körperpflege von täglich insgesamt 28 Minuten, bei der Ernährung von insgesamt 15 Minuten täglich und bei der Mobilität von insgesamt 20 Minuten täglich bestand. Allerdings lässt sich weder aus dem Gutachten vom 11. März 2003 noch aus dem Gutachten vom 23. Februar 1999 entnehmen, dass die Einschätzung von Dr. B. im Gutachten vom 03. Januar 1994 fehlerhaft war. Zwar gelangte Pflegefachkraft Kr. in ihrem Gutachten vom 11. März 2003 zu der Einschätzung, die Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe I liege bereits ab April 1995 vor. Der Senat hält diese Einschätzung jedoch nicht für schlüssig und begründet. Dies ergibt sich daraus, dass Pflegefachkraft Kr. die Klägerin erstmals am 04. März 2003 in ihrem häuslichen Bereich untersucht hat, mithin mehr als acht Jahre nach der Erstuntersuchung durch Dr. B. am 12. Dezember 1994 sowie sich nicht damit auseinandersetzte, dass nur ein im Vergleich zu einem gesunden Kind zusätzlicher Hilfebedarf zu berücksichtigen war. Der Senat misst deshalb für die Frage, ob bereits ab 01. April 1995 Pflegebedürftigkeit nach der Pflegestufe I vorgelegen hat, dem Gutachten von Dr. B., welches aufgrund einer häuslichen Untersuchung im Dezember 1994 erstellt wurde, einen höheren Beweiswert bei, da es sich um das Gutachten mit den zeitnahesten Feststellungen zum Pflegebedarf handelt.
Auch das Gutachten des Dr. K. vom 23. Februar 1999 führt nicht dazu, dass zumindest ab 03. Februar 1998 (Tag des Hausbesuchs bei der Klägerin) vom Vorliegen der Voraussetzungen für die Einstufung in Pflegestufe I ausgegangen werden kann. Zwar wurde am 03. Februar 1998 ein Hausbesuch durchgeführt und sowohl die Mutter als auch der Vater zum Tagesablauf befragt. Aus den diesbezüglichen Angaben (Bl. 16-17, 24 ff. der Verwaltungsakte) lässt sich jedoch - auch in Anbetracht der durchgeführten testpsychologischen Untersuchungen am 05. November 1997 - ein Hilfebedarf bei der Grundpflege von täglich mehr als 45 Minuten nicht feststellen. Denn in dem Gutachten wird zwar ausführlich und schlüssig dargelegt, dass die Klägerin an einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung im Sinne eines frühkindlichen Autismus leidet und Eingliederungshilfen als notwendig erachtet wurden. Allerdings fehlen genauen Angaben zum Pflegebedarf, aus denen auf ein Hilfebedarf von mehr als 45 Minuten täglich geschlossen werden könnte. Denn die Mutter der Klägerin machte damals gegenüber Dr. K. keine klaren Angaben zum Tagesablauf.
Auch aus der Stellungnahme des Dr. I. vom 07. August 2006 ergibt sich nichts anderes. Das SG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass nach seinen eigenen Angaben die Klägerin erst seit 14. Februar 2005 bei ihm in Behandlung ist, so dass sich seiner Stellungnahme keine Aussagen zum Pflegebedarf seit 01. April 1995 entnehmen lassen. Dies gilt auch für die gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. G. vom 13. April 2007, der die Klägerin am 11. April 2007 begutachtete. Auch seiner Stellungnahme lassen sich Aussagen zum Pflegebedarf seit 01. April 1995 nicht entnehmen.
Einer weiteren Beweiserhebung bedurfte es vor diesem Hintergrund nicht, da bei der bestehenden Aktenlage ein aktuelles Gutachten keine hinreichend sicheren Aussagen zum Pflegebedarf ab 01. April 1995 treffen könnte, die dazu führen könnten, die schlüssige und nachvollziehbare Einschätzung von Dr. B. im Gutachten vom 03. Januar 1995 in Zweifel zu ziehen.
5. Die Klägerin kann ihren Anspruch auch nicht auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch stützen. Dieses richterrechtlich entwickelte Rechtsinstitut setzt voraus, dass dem Versicherten durch eine der Beklagten zuzurechnende behördliche Pflichtverletzung ein sozialrechtlicher Nachteil entstanden ist, der durch eine zulässige Amtshandlung behoben werden kann (vgl. dazu allgemein BSG SozR 3-2600 § 300 Nr. 5; BSGE 79, 168). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Zum einen ist eine behördliche Pflichtverletzung der Beklagten weder von der Klägerin vorgetragen noch ersichtlich, zumal die Beklagte bereits mit Schreiben vom 15. September 1999 eine erneute Antragstellung für Leistungen bei Pflegebedürftigkeit empfohlen hatte. Soweit ein behördlicher Fehler seitens der Beklagten von der Klägerin darin gesehen wird, dass die Beklagte mit Bescheid vom 23. Februar 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05. Mai 2004 die Voraussetzungen für die Gewährung von Pflegegeld nach Pflegestufe I bereits ab dem 01. April 1995 abgelehnt hatte, besteht zum anderen schon deshalb kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch, weil insoweit die gesetzliche Regelung des § 44 SGB X vorgeht, die speziell für die Rücknahme fehlerhafter Verwaltungsakte vorgesehen ist (vgl. dazu zuletzt BSG, Urteil vom 02. Oktober 2008 - B 9 VH 1/07 R - = veröffentlicht in Juris).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
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