Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
12
1. Instanz
SG Fulda (HES)
Aktenzeichen
S 2b J 206/8
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 12 J 971/86
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Eine selbständige Erwerbstätigkeit im Sinne von § 1247 Abs. 2 Satz 3 RVO übt nur derjenige aus, dessen Tätigkeit auf die Erzielung eines Gewinnes ausgerichtet ist (Anschluß an BSG, Urteil vom 25. Juni 1987 – 11 a RLW 1/86 – in SozR 5850 § 3 GAL Nr. 3).
2. Ein landwirtschaftlicher Unternehmer führt jedenfalls dann kein selbständiges auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Unternehmen, wenn dieses keine Existenzgrundlage nach dem GAL darstellt und lediglich zwei Schweine und zwei Kühe zum Eigenverbrauch gehalten werden.
2. Ein landwirtschaftlicher Unternehmer führt jedenfalls dann kein selbständiges auf Gewinnerzielung ausgerichtetes Unternehmen, wenn dieses keine Existenzgrundlage nach dem GAL darstellt und lediglich zwei Schweine und zwei Kühe zum Eigenverbrauch gehalten werden.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 9. Mai 1986 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
Der 1933 geborene Kläger hat den Beruf des Schreiners erlernt. Bis 1979 war er als Einschaler beschäftigt. Anschließend war er arbeitsunfähig erkrankt und arbeitslos. Bis zum 30. April 1986 hat er eine kleine Landwirtschaft betrieben, die er mit Wirkung ab 1. Juli 1986 an seine Tochter A. verpachtete. Bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse Hessen-Nassau war er nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer versichertes Mitglied.
Am 26. März 1983 hatte er die Gewährung der Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit beantragt. Die Beklagte holte daraufhin bei dem Nervenarzt Dr. G. B. ein Gutachten vom 29. Juni 1981 ein und ließ den Kläger von Dr. W. Sozialärztliche Dienststelle F. untersuchen. Hierüber liegt ein Gutachten vom 20. Juli 1981 vor. Nach einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 29. Juli 1981 lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 28. August 1981 den Rentenantrag ab. In dem sich anschließenden Streitverfahren vor dem Sozialgericht Fulda (SG), Az: S-2 b/J-112/81, hat das SG bei Dr. P., Klinik am H., Psychosomatische Fachklinik, B., ein nervenärztliches Sachverständigengutachten vom 1. März 1982 eingeholt. Zusätzlich wurde ein röntgenfachärztliches Gutachten des Prof. Dr. H., Chefarzt des Radiologischen Instituts der Stadt. Kliniken F., vom 17. März 1982 erstattet. Aufgrund einer nervenfachärztlichen beratungsärztlichen Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. L. vom 11. Juni 1982 und einer abschließenden Stellungnahme von Frau Dr. E. vom 16. Juli 1982 schlossen die Beteiligten am 17. August 1982 einen Vergleich, wonach dem Kläger Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis zum 31. März 1983 gewährt werden solle.
In der Zeit vom 18. Januar 1983 bis 1. März 1983 nahm der Kläger an einer medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation in der Kurklinik "HW.”, Ba., teil. Es liegt der Entlassungsbericht der Dres. C. R. und K. vom 1. März 1983 vor. Aufgrund einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Leitenden Medizinaldirektors Dr. S. vom 3. Juni 1983 gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 26. Juli 1983 Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit unter Zugrundelegung eines Versicherungsfalles vom 20. November 1979 für die Zeit vom 2. März 1983 bis zum 31. Oktober 1983. Mit Bescheid vom 19. August 1983 wurde dem Kläger vom 3. November 1980 bis 17. Januar 1983 Übergangsgeld bewilligt.
Am 2. September 1983 beantragte der Kläger die Weiterzahlung der Versichertenrente.
Daraufhin stellte ihn die Beklagte dem Nervenarzt Dr. Sp., F., vor, der am 21. Oktober 1983 ein Gutachten erstattete. Zu der Rentenakte kam ferner ein weiteres Gutachten des Dr. W., Sozialärztliche Dienststelle F., vom 23. November 1983. Die Beklagte zog schließlich ein arbeitsamtsärztliches Gutachten des Dr. A. aus dem Jahre 1984 bei.
Mit Bescheid vom 25. Januar 1984 lehnte sie die Weitergewährung der Rente mit der Begründung ab, über den Wegfallzeitpunkt hinaus liege keine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor. Der Gesundheitszustand sei zwar beeinträchtigt durch die operierte Hirngeschwulst, eine Fehlsteuerung des unwillkürlichen Nervensystems mit Herz-Kreislaufbeschwerden, durch Stimmungsschwankungen, eine Hörminderung links und zeitweilige Ischiasbeschwerden. Der Kläger sei aber noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtige Tätigkeiten zu verrichten.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 13. Februar 1984 Widerspruch ein, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 1984 zurückwies.
Am 24. August 1984 hat der Kläger vor dem SG Klage erhoben. Das SG hat die Leistungs- und Rehaakte bei dem Arbeitsamt F., die Schwerbehindertenakte bei dem Versorgungsamt F. und die KV-Mappe bei der Sozialärztlichen Dienststelle F. beigezogen.
Im übrigen kamen zu der Streitakte ein Befundbericht des Arztes für Orthopädie Dr. B., Fulda, vom 27. August 1985 sowie eine Arbeitgeberauskunft der Firma H.-Bau GmbH & Co. KG, F. vom 16. Dezember 1985. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG über die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachtens auf nervenärztlichem Fachgebiet. Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten des Dr. P. vom 24. Dezember 1985 nebst ergänzender Stellungnahme vom 18. März 1986 verwiesen.
Mit Urteil vom 9. Mai 1986 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Januar 1984 und des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 1984 verurteilt, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit seit 1. November 1983 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat das SG im wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei seit 1. November 1983 nicht mehr fähig, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben. Die Kammer folge dem Gutachten des Dr. P ... Danach sei es zwar noch möglich, daß der Kläger sechs bis acht Stunden täglich arbeite, wenn er Pausen selbst bestimmen könne. Es sei allerdings mit einer Verstärkung der Beschwerden zu rechnen. Auf eine Beschäftigung, die zu einer Verschlechterung des Krankheitszustandes führen werde, könne ein Versicherter zumutbar nicht verwiesen werden. Schließlich stehe der Verwertung des Leistungsvermögens entgegen, daß der Kläger nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könne.
Gegen dieses der Beklagten durch Empfangsbekenntnis am 3. Juli 1986 zugestellte Urteil hat diese bei dem Hessischen Landessozialgericht am 21. Juli 1986 Berufung eingelegt.
Der Senat hat eine Auskunft bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse Hessen-Nassau vom 3. September 1987 eingeholt, Dr. P. ergänzend am 2. Oktober 1987 und 14. Oktober 1987 zu seinem Gutachten schriftlich gehört, Auskünfte bei dem Arbeitsamt F. vom 30. Oktober 1987 und bei dem Landesarbeitsamt Hessen vom 24. November 1987 eingeholt und den schriftlichen Pachtvertrag des Klägers mit seiner Tochter A. B. vom 1. Mai 1986 über eine landwirtschaftliche Fläche beigezogen.
Schließlich hat der Senat über die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachtens auf nervenärztlichem Fachgebiet. Verwiesen wird insoweit auf das Gutachten des em. Prof. Dr. Bo., Zentrum für Psychiatrie der Universitätsklinik Fr., vom 24. Januar 1989 nebst neuro-radiologischem Zusatzgutachten des Dr. H., Fr., vom 21. September 1988 und psychologischem Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. Ha.-B. vom 12. Dezember 1988.
Die Beklagte folgt dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Dr. P. unter Bezugnahme auf beratungsärztliche Stellungnahmen des Dr. L. nicht, ist jedoch nunmehr vergleichsweise bereit, aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. Bo. ab 1. Oktober 1988 Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 9. Mai 1986 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er nimmt das Vergleichsangebot nicht an, hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und sieht sich durch das Ergebnis der Beweisaufnahme des Senats bestätigt.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen und des weiteren Akteninhalts wird auf die Streitakte, die beigezogene Akte des SG Fulda, die Rentenakte der Beklagten, die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes F. und die Leistungsakte des Arbeitsamts F., auszugsweise Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) und statthaft (§ 143 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet. Das auf die zulässige. Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil war nicht aufzuheben, denn es trifft auch unter Berücksichtigung der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme zu.
Der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 1984 (§ 95 SGG) ist nicht rechtmäßig. Der Kläger hat auch über den 31. Oktober 1983 hinaus auf Dauer Anspruch auf Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 1247 Abs. 1 RVO.
Nach § 1247 Abs. 2 RVO ist der Versicherte erwerbsunfähig, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann. Geringfügige Einkünfte im Sinne des Satzes 1 sind monatliche Einkünfte in Höhe eines Siebtels der monatlichen Bezugsgröße. Nicht erwerbsunfähig ist, wer eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt.
Die Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit sind zugunsten des Klägers erfüllt. § 1247 Abs. 2 Satz 3 RVO steht nicht entgegen. Der Kläger hat auch nicht bis 30. April 1986 eine selbständige Erwerbstätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer ausgeübt. Landwirtschaftlicher Unternehmer ist nach § 1 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) ein Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Wein-, Obst-, Gemüse- und Gartenbaus sowie der Teichwirtschaft und der Fischzucht, deren Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen Unternehmer, eine auf Bodenwirtschaft beruhende Existenzgrundlage bildet. Eine Existenzgrundlage im Sinne des Abs. 3 ist insbesondere gegeben, wenn der Wirtschaftswert, der Flächenwert oder der Arbeitsbedarf des Unternehmens eine von der landwirtschaftlichen Alterskasse im Einvernehmen mit dem Gesamtverband der Landwirtschaftlichen Alterskassen nach billigem Ermessen aufgrund der örtlichen oder bezirklichen Begebenheiten festzusetzende Mindesthöhe erreicht (§ 1 Abs. 4 GAL). Nach § 17 Abs. 1 GAL ist Mitglied der Landwirtschaftlichen Alterskasse jeder landwirtschaftliche Unternehmer, dessen Unternehmen im Bereich der Alterskasse seinen Sitz hat. Nach § 2 der Vorschrift haben die Landwirtschaftlichen Alterskassen Mitgliederverzeichnisse zu führen. Nach Auskunft der zuständigen Landwirtschaftlichen Alterskasse Hessen-Nassau vom 3. September 1987 wurde der Kläger nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer (Mitglied bei der Alterskasse) geführt, denn Verwaltungsvorgänge liegen dort nicht vor. Er erfüllte nicht die Voraussetzungen des GAL, denn bewirtschaftet wurde lediglich eine kleine Restfläche von 1,27 ha Land, das im Eigentum des Klägers stand, von 0,15 ha Ödland sowie 0,62 ha Pachtland. Dies ergibt sich aus dem vorgelegten Pachtvertrag mit der Tochter. Die fehlende Mitgliedschaft in der Landwirtschaftlichen Alterskasse ist zwar nicht alleine entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob ein Versicherter noch eine selbständige Erwerbstätigkeit i.S.d. § 1247 Abs. 2 Satz 3 RVO ausübt, denn auf den Umfang der erzielten Einnahmen oder Gewinne kommt es nicht an (vgl. Urteil des BSG vom 12. Februar 1981 – 4 RJ 137/79 in SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 32).
Sie gewinnt jedoch Bedeutung bei der Beweiswürdigung im Rahmen der nachfolgend dargelegten Grundsätze.
Das Gesetz will vermeiden, daß der Versicherungsträger im Einzelfall oft schwierige Feststellungen über die Höhe der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu treffen hat. Einem leistungsgeminderten Versicherten wird zugemutet, seine selbständige Erwerbstätigkeit völlig aufzugeben, wenn er statt der Rente wegen Berufs-, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beansprucht. Dies setzt jedoch voraus, daß der Versicherte nach wie vor mit Gewinnerzielungsabsicht, wenn auch gegebenenfalls ohne tatsächlich Gewinne zu machen, tätig ist.
Die Voraussetzung der selbständigen Erwerbstätigkeit i.S.d. § 1247 Abs. 2 Satz 3 RVO ist aber dann nicht (mehr) erfüllt, wenn die Tätigkeit nicht auf Erwerb gerichtet ist, also nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung erfolgt. Dementsprechend bezeichnet § 15 Sozialgesetzbuch, 4. Buch (SGB 4) den Gewinn als das Arbeitseinkommen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit. Keine selbständige Erwerbstätigkeit übt aus, wer nur für den Eigenverbrauch ohne Gewinnabsicht tätig wird.
Der Senat schließt sich dieser überzeugenden Rechtsansicht des 11 a-Senats des BSG (Urteil vom 25. Juni 1987 – 11 a RLw 1/86 in SozR 5850 § 3 GAL Nr. 3) und nicht der gegenteiligen Auffassung des LSG Baden-Württemberg an (Urteil vom 19. Februar 1986 – L-2/J-223/85 in Breithaupt 1986, S. 506 ff), nach der es unerheblich ist, daß Erträge nur zur Versorgung der eigenen Familie dienen. Diese Rechtsauffassung trägt der Legaldefinition des § 15 SGB 4 nicht Rechnung.
Im vorliegenden Fall hat der Kläger seine kleine Landwirtschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben. Diese Voraussetzung ist nicht immer, aber umso eher dann erfüllt, wenn der Versicherte kein landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des GAL ist, was hier, wie bereits erörtert, zutrifft. Im übrigen hält der Senat die Angaben des Klägers anläßlich seiner persönlichen Anhörung in der letzten mündlichen Verhandlung für wahr und überzeugend.
Hiernach hatte er zwei Kühe und zwei Schweine. Der Fruchtanbau diente dazu, Futtermittel zu gewinnen. Den Erlös aus dem Verkauf von Kälbern und Milch nutzte der Kläger, um seine Unkosten zu decken. Er mußte nämlich Futtermittel zukaufen und hierfür jährlich mindestens 700 DM aufwenden. Pro Kalb konnte der Kläger zwischen 250 und 400 DM erzielen. Jährlich konnte er ein, höchstens aber zwei Kälber verkaufen.
Der Kläger hat einleuchtend ausgeführt, daß er keinen Gewinn erzielt und die Landwirtschaft nur deshalb weiterbetrieben habe, weil er sie von seinem Vater übernommen hatte.
Die Schweine wurden für den Eigenbedarf verwertet. Für die Milch wurden zwar 0,60 DM pro Liter vergütet, und der Kläger verkaufte zwischen 9.000 und 10.000 Liter jährlich. Dieser Erlös kann dem Kläger aber nicht als Grundlage einer Gewinnerzielungsabsicht zugerechnet werden. Zu bedenken ist, daß die Familie des Klägers nicht die gesamte Menge der erzeugten Milch selbst verbrauchen konnte, andererseits ohne den Verkauf der nicht selbst verbrauchten Menge die Kühe für den Eigenverbrauch überhaupt nicht hätte halten können. Hierauf hat der Kläger ebenfalls hingewiesen. Dem Kläger konnte auch nicht zugemutet werden, die restliche Menge Milch zu vernichten.
Das Erzielen von Einnahmen alleine, bedeutet nicht bereits die Ausübung einer Erwerbstätigkeit (BSG a.a.O.). Die selbständige Erwerbstätigkeit ist von der Vermögensnutzung oder -verwaltung bzw. der Kapitalnutzung abzugrenzen. Der Kläger hat lediglich die landwirtschaftliche Restfläche und das Vieh von seinem Vater übernommen und diese nicht erweitert. Er hat vorgefundenes "landwirtschaftliches Vermögen” ohne die Absicht, Gewinn zu erzielen, weiter genutzt und den Erlös aus dem Verkauf dafür verwendet, um die Nutzung des landwirtschaftlichen Kapitals zum eigenen Verbrauch, weiter zu ermöglichen. Zusätzlich zahlte er aus dem Arbeitsentgelt aus abhängiger Arbeit für den Erhalt der Landwirtschaft noch zu.
Diese Fallgestaltung ist derjenigen gleichzusetzen, in der ein Versicherter eine Ferienwohnung oder eine geringe Zahl von Zimmern (unter vier) vermietet, ohne sonstige Leistungen zu erbringen. Diese Vermietung ist dem privaten Bereich zuzuordnen und begründet keinen Gewerbebetrieb (BSG, Urteil vom 25. Juni 1987 a.a.O.).
Der Kläger ist zudem über den 31. Oktober 1983 hinaus nicht mehr in der Lage, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit ohne die Notwendigkeit, jede Stunde eine fünf- bis zehnminütige Pause zur Regeneration einzulegen, zu verrichten. Spätestens seit September 1988 ist er überhaupt nicht mehr fähig, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben.
Nach dem Gutachten des Dr. P. vom 1. März 1982 bestanden als Folgen des Hirnhauttumors und der Hirnoperation neurologische Störungen, eine leichtere Kraftminderung im linken Bein und linken Arm, Mißempfindungen der linken Körperhälfte sowie eine Potenzstörung. Hinzu kamen psycho-organische Störungen, d.h. Funktionsstörungen des Gehirns, die auf eine organische Hirnschädigung zurückzuführen sind, hier eine vorzeitige Ermüdung, Herabsetzung der Konzentrationsfähigkeit, Störungen des Kurzzeitgedächtnisses, der Affektregulierung und der Fähigkeit, größere Informationsmengen zu verarbeiten. Im psychischen Bereich läßt sich eine Fehlverarbeitung der Minderung der körperlichen Leistungsfähigkeit feststellen, die sich u.a. in Rückenschmerzen äußert. An der Grenze zwischen neurologischen und psycho-organischen Symptomen ist der Schwindel anzusiedeln, der den Kläger subjektiv am meisten beeinträchtigte, und der sich auch nach der Operation nicht besserte. Dr. P. hielt eine halbschichtige Tätigkeit für möglich, wobei der Kläger die Möglichkeit haben mußte, die Arbeit wegen der jederzeit möglichen Schwindelerscheinungen unterbrechen zu können. Eine Besserung des Zustandes war nach seiner Auffassung möglich, und er empfahl eine Nachuntersuchung nach einem Jahr. Diesem Gutachten steht die Äußerung der Medizinaldirektorin Dr. L. nicht entgegen, denn auch sie kam zu dem Ergebnis, daß ohne erfolgreichen Abschluß einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme einer psychosomatischen Klinik eine berufliche Einsatzfähigkeit nicht gegeben sei. Ziel der Kur sollte nach ihrer Auffassung sein, das aus organischen Gründen nicht gerechtfertigte Insuffizienzgefühl zu bessern. Die Gewährung einer Zeitrente würde dagegen dieses Gefühl verstärken. Frau Dr. E., die das Gutachten des Dr. P. und die Stellungnahme von Frau Dr. L. ausgewertet hat, bestätigte das Ergebnis des Gutachtens, soweit nach erfolgreichem Abschluß der vorgeschlagenen Behandlung keine andere Beurteilung angezeigt sei.
Die Rehabilitationsmaßnahme in der Kurklinik "HW.” konnte den Gesundheitszustand allerdings nicht entscheidend bessern. Der ärztliche Entlassungsbericht kam zu dem Ergebnis, daß Arbeiten nur mit Unterbrechungen und zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen vollschichtig möglich seien, was die Kurärztin Dr. C. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 26. Mai 1983 nochmals bestätigte. Geteilt wurde diese Beurteilung auch von dem Leitenden Medizinaldirektor Dr. S. Ärztliche Gutachten-Prüfdienststelle, Fr., vom 3. Juni 1983, der ausdrücklich ausführte, der Kläger sei wegen der Forderung nach betriebsunüblichen zusätzlichen Pausen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt derzeit nicht eingliederungsfähig. Das nervenärztliche Gutachten des Dr. Sp. vom 21. Oktober 1983 stellt keine Grundlage für eine abweichende Einschätzung des Leistungsvermögens dar. Dr. Sp. stellte ebenfalls noch nennenswerte Folgen des Tumors und der Operation fest, eine vegetative Fehlsteuerung und eine reaktiv depressive Entwicklung. Schwindel, Kopfdruck, rasche Ermüdung und Erschöpfbarkeit zog er nicht in Zweifel. Er hielt aber gleichwohl eine berufliche Anlernung im Rahmen von Schreinertätigkeiten für möglich. Zum konkreten Leistungsvermögen hat er sich genauso wenig geäußert wie er sich mit den Vorbeurteilungen auseinandergesetzt hat.
Das Sachverständigengutachten des Dr. P. vom 24. Dezember 1985, das das SG eingeholt hat, beschrieb eine Besserung der organisch bedingten Störungen und Ausfälle auf neurologischem und psycho-organischem Gebiet sowie der depressiven Verarbeitung der Leistungsminderung. Dagegen verfestigte sich inzwischen die Vorstellung, durch körperliche Arbeit nur geschädigt zu werden. Es handelt sich um ein psychosomatisches Krankheitsbild mit Verspannungsbeschwerden der Lendenwirbelsäulenmuskulatur. Die Beschwerden sind tatsächlich vorhanden und unterliegen zum größeren Teil nicht der bewußten Kontrolle. Dr. P. hielt eine sechs- bis achtstündige Tätigkeit für zumutbar und stellte in seiner ergänzenden Stellungnahme heraus, daß eher von der unteren Grenze auszugehen sei, da der Kläger sonst überfordert würde. Gleichzeitig betonte er bereits in dem Gutachten, daß bei einer Arbeitsaufnahme mit einer Zunahme der Beschwerden fest zu rechnen sei. Außerdem seien wegen der noch bestehenden vorzeitigen geistigen und körperlichen Ermüdbarkeit selbst bestimmte, häufigere, kürzere Pausen erforderlich. Er konkretisierte diese Aussage auf Anfrage des Senats dahin, daß etwa stündlich fünf- bis zehnminütige Pausen einzulegen seien. Insgesamt seien die Störungen sehr wahrscheinlich keiner weiteren Besserung mehr zugänglich. Auch in dieser Bewertung wird das Sachverständigengutachten von der nervenärztlichen Stellungnahme von Dr. L. gestützt, die darlegte, mit Sicherheit werde der Kläger nach einjähriger Berentung nicht bereit und fähig sein, vorhandene Willenskräfte zu aktivieren und für eine andere berufliche Tätigkeit einzusetzen.
Schließlich hat sich der Gesundheitszustand auch nach der letzten gutachterlichen Untersuchung im Jahre 1985 nicht mehr gebessert. Zur Klärung dieser Frage hat der Senat das nervenärztliche Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Bo. eingeholt, denn aufgrund des nervenärztlichen Gutachtens des Dr. Pl. vom 3. November 1987, das in der Schwerbehindertenakte vorliegt, der, wie auch Prof. Bo. aus führt, eine Besserung insoweit zu erkennen glaubte, als eine Hirnleistungsschwäche oder eine hirnorganische Wesensänderung nicht mehr beobachtet werden könnten und des zutreffenden Hinweises des Dr. P. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. Oktober 1987, er könne sich nur auf die Untersuchungsbefunde von 1985 stützen, war der Senat gehalten, im Wege seiner Verpflichtung zur Amtsermittlung (§ 103 SGG) den Sachverhalt noch weiter aufzuklären.
Nunmehr steht fest, daß sich der Zustand des Klägers 1987/88 sogar verschlimmert hat, und er überhaupt nicht mehr in der Lage ist, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Zurückzuführen ist dies auf eine Zunahme der hirnorganischen Wesensänderung mit deutlicher Einschränkung der kognitiven Leistungs- und affektiven Steuerungsfähigkeit. Eine neurotische Verarbeitung konnte der Sachverständige zum Untersuchungszeitpunkt nicht feststellen, betont aber, daß sich heute nicht mehr abschätzen lasse, ob zu einem früheren Zeitpunkt eine derartige Störung bestanden habe. Dieses Gutachten setzt sich daher nicht in Widerspruch zu den Gutachten des Dr. P. und den Stellungnahmen der Ärzte der Beklagten aus dem Verwaltungsverfahren. Die Sachverständigengutachten, das Gutachten des Dr. P. aus dem Verwaltungsverfahren und die Stellungnahmen der Ärzte der Beklagten aus der Rentenakte sind nachvollziehbar und schlüssig, weshalb sich der Senat ihnen nach eigener Überprüfung und Meinungsbildung anschließt. Der Kläger wurde eingehend bei stationärer Beobachtung untersucht. Den Gutachten liegt eine ausführliche Exploration zugrunde. Die Ärzte haben die üblichen Testverfahren angewandt und ausgewertet. Sie kamen zu im wesentlichen übereinstimmenden Ergebnissen. Die Mediziner sind mit der sozialmedizinischen Begutachtung in Rentenverfahren alle besonders vertraut und haben langjährige klinische Erfahrung. Der Senat hat keinerlei Zweifel daran, daß die Beurteilungen zutreffend sind.
Nicht zu folgen ist dagegen den beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. L., zuletzt vom 4. Februar 1988. Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, deutet Dr. L. die von Dr. P. für erforderlich gehaltenen Leistungseinschränkungen um, ohne von anderen Befunden auszugehen und obwohl Dr. P. auf ergänzende Frage des Senats die Erforderlichkeit der Pausen bestätigt und deren zeitlichen Umfang konkretisiert hat. Darüber hinaus stützt er sich auf einen Befundbericht des Dr. K. und auf das nervenärztliche Gutachten des Dr. Pl. beide in der Schwerbehindertenakte vorhanden. Das ausführliche Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Bo. das den Gesundheitszustand auf aktueller medizinisch-wissenschaftlicher Grundlage beleuchtet, hat die Beurteilung des Dr. Pl. überzeugend widerlegt.
Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger über den 30. Oktober 1983 hinaus erwerbsunfähig. Selbst wenn man bis zum Untersuchungszeitpunkt durch Prof. Dr. Bo. noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen annehmen würde, hätte der Kläger jedenfalls zusätzliche Arbeitspausen, wie oben dargelegt, einlegen müssen. Arbeitsplätze, die solchen Anforderungen gerecht werden, gibt es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht. Es handelt sich um betriebsunübliche Arbeitsbedingungen, wie die Auskunft des Landesarbeitsamtes Hessen vom 24. November 1987 bestätigt. Der Senat folgt ihr, denn das Landesarbeitsamt hat als zuständige Fachbehörde einen genauen Überblick über den Arbeitsmarkt und Kenntnis der üblichen Arbeitsbedingungen. Gegen den Inhalt dieser Auskunft sind begründete Einwände zudem nicht erhoben worden. Ist ein Versicherter aber nicht mehr in der Lage, zu betriebsüblichen Bedingungen zu arbeiten, hat er praktisch keine Chance, sein restliches Leistungsvermögen tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt umzusetzen. Deshalb ist selbst bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit in diesem Fall ein Anspruch auf Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit gegeben, da ihm nicht wenigstens ein seinem eingeschränkten Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz benannt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 6. Juni 1986 – 5 b RJ 42/85 in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 136 und ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. z.B. Urteile vom 10. Mai 1988 – L-12/J-941/84 und vom 28. Juni 1988 – L-12/J-377/87). Dieses Ergebnis fügt sich in die geltende Rechtslage ein, nach der grundsätzlich kein Anspruch auf zusätzliche Pausen besteht, die nicht in § 12 Abs. 2 der Arbeitszeitordnung (AZO) vom 30. April 1938 vorgesehen sind. Nur bei bestehenden Beschäftigungsverhältnissen kann etwas anderes gelten.
Spätestens seit der Untersuchung durch Prof. Dr. Bo. ist der Kläger überhaupt nicht mehr fähig, Arbeiten zu verrichten, so daß sich die rechtliche Beurteilung im Ergebnis nicht ändert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit.
Der 1933 geborene Kläger hat den Beruf des Schreiners erlernt. Bis 1979 war er als Einschaler beschäftigt. Anschließend war er arbeitsunfähig erkrankt und arbeitslos. Bis zum 30. April 1986 hat er eine kleine Landwirtschaft betrieben, die er mit Wirkung ab 1. Juli 1986 an seine Tochter A. verpachtete. Bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse Hessen-Nassau war er nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer versichertes Mitglied.
Am 26. März 1983 hatte er die Gewährung der Versichertenrente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit beantragt. Die Beklagte holte daraufhin bei dem Nervenarzt Dr. G. B. ein Gutachten vom 29. Juni 1981 ein und ließ den Kläger von Dr. W. Sozialärztliche Dienststelle F. untersuchen. Hierüber liegt ein Gutachten vom 20. Juli 1981 vor. Nach einer beratungsärztlichen Stellungnahme vom 29. Juli 1981 lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 28. August 1981 den Rentenantrag ab. In dem sich anschließenden Streitverfahren vor dem Sozialgericht Fulda (SG), Az: S-2 b/J-112/81, hat das SG bei Dr. P., Klinik am H., Psychosomatische Fachklinik, B., ein nervenärztliches Sachverständigengutachten vom 1. März 1982 eingeholt. Zusätzlich wurde ein röntgenfachärztliches Gutachten des Prof. Dr. H., Chefarzt des Radiologischen Instituts der Stadt. Kliniken F., vom 17. März 1982 erstattet. Aufgrund einer nervenfachärztlichen beratungsärztlichen Stellungnahme der Medizinaldirektorin Dr. L. vom 11. Juni 1982 und einer abschließenden Stellungnahme von Frau Dr. E. vom 16. Juli 1982 schlossen die Beteiligten am 17. August 1982 einen Vergleich, wonach dem Kläger Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit bis zum 31. März 1983 gewährt werden solle.
In der Zeit vom 18. Januar 1983 bis 1. März 1983 nahm der Kläger an einer medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation in der Kurklinik "HW.”, Ba., teil. Es liegt der Entlassungsbericht der Dres. C. R. und K. vom 1. März 1983 vor. Aufgrund einer beratungsärztlichen Stellungnahme des Leitenden Medizinaldirektors Dr. S. vom 3. Juni 1983 gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 26. Juli 1983 Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit auf Zeit unter Zugrundelegung eines Versicherungsfalles vom 20. November 1979 für die Zeit vom 2. März 1983 bis zum 31. Oktober 1983. Mit Bescheid vom 19. August 1983 wurde dem Kläger vom 3. November 1980 bis 17. Januar 1983 Übergangsgeld bewilligt.
Am 2. September 1983 beantragte der Kläger die Weiterzahlung der Versichertenrente.
Daraufhin stellte ihn die Beklagte dem Nervenarzt Dr. Sp., F., vor, der am 21. Oktober 1983 ein Gutachten erstattete. Zu der Rentenakte kam ferner ein weiteres Gutachten des Dr. W., Sozialärztliche Dienststelle F., vom 23. November 1983. Die Beklagte zog schließlich ein arbeitsamtsärztliches Gutachten des Dr. A. aus dem Jahre 1984 bei.
Mit Bescheid vom 25. Januar 1984 lehnte sie die Weitergewährung der Rente mit der Begründung ab, über den Wegfallzeitpunkt hinaus liege keine Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit vor. Der Gesundheitszustand sei zwar beeinträchtigt durch die operierte Hirngeschwulst, eine Fehlsteuerung des unwillkürlichen Nervensystems mit Herz-Kreislaufbeschwerden, durch Stimmungsschwankungen, eine Hörminderung links und zeitweilige Ischiasbeschwerden. Der Kläger sei aber noch in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt vollschichtige Tätigkeiten zu verrichten.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 13. Februar 1984 Widerspruch ein, den die Beklagte durch Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 1984 zurückwies.
Am 24. August 1984 hat der Kläger vor dem SG Klage erhoben. Das SG hat die Leistungs- und Rehaakte bei dem Arbeitsamt F., die Schwerbehindertenakte bei dem Versorgungsamt F. und die KV-Mappe bei der Sozialärztlichen Dienststelle F. beigezogen.
Im übrigen kamen zu der Streitakte ein Befundbericht des Arztes für Orthopädie Dr. B., Fulda, vom 27. August 1985 sowie eine Arbeitgeberauskunft der Firma H.-Bau GmbH & Co. KG, F. vom 16. Dezember 1985. Auf Antrag des Klägers gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat das SG über die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachtens auf nervenärztlichem Fachgebiet. Wegen des Ergebnisses wird auf das Gutachten des Dr. P. vom 24. Dezember 1985 nebst ergänzender Stellungnahme vom 18. März 1986 verwiesen.
Mit Urteil vom 9. Mai 1986 hat das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 25. Januar 1984 und des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 1984 verurteilt, dem Kläger Rente wegen Erwerbsunfähigkeit seit 1. November 1983 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat das SG im wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei seit 1. November 1983 nicht mehr fähig, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben. Die Kammer folge dem Gutachten des Dr. P ... Danach sei es zwar noch möglich, daß der Kläger sechs bis acht Stunden täglich arbeite, wenn er Pausen selbst bestimmen könne. Es sei allerdings mit einer Verstärkung der Beschwerden zu rechnen. Auf eine Beschäftigung, die zu einer Verschlechterung des Krankheitszustandes führen werde, könne ein Versicherter zumutbar nicht verwiesen werden. Schließlich stehe der Verwertung des Leistungsvermögens entgegen, daß der Kläger nicht mehr unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes tätig sein könne.
Gegen dieses der Beklagten durch Empfangsbekenntnis am 3. Juli 1986 zugestellte Urteil hat diese bei dem Hessischen Landessozialgericht am 21. Juli 1986 Berufung eingelegt.
Der Senat hat eine Auskunft bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse Hessen-Nassau vom 3. September 1987 eingeholt, Dr. P. ergänzend am 2. Oktober 1987 und 14. Oktober 1987 zu seinem Gutachten schriftlich gehört, Auskünfte bei dem Arbeitsamt F. vom 30. Oktober 1987 und bei dem Landesarbeitsamt Hessen vom 24. November 1987 eingeholt und den schriftlichen Pachtvertrag des Klägers mit seiner Tochter A. B. vom 1. Mai 1986 über eine landwirtschaftliche Fläche beigezogen.
Schließlich hat der Senat über die Minderung der Erwerbsfähigkeit des Klägers Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen medizinischen Sachverständigengutachtens auf nervenärztlichem Fachgebiet. Verwiesen wird insoweit auf das Gutachten des em. Prof. Dr. Bo., Zentrum für Psychiatrie der Universitätsklinik Fr., vom 24. Januar 1989 nebst neuro-radiologischem Zusatzgutachten des Dr. H., Fr., vom 21. September 1988 und psychologischem Zusatzgutachten der Dipl.-Psych. Ha.-B. vom 12. Dezember 1988.
Die Beklagte folgt dem im erstinstanzlichen Verfahren eingeholten Gutachten des Dr. P. unter Bezugnahme auf beratungsärztliche Stellungnahmen des Dr. L. nicht, ist jedoch nunmehr vergleichsweise bereit, aufgrund des Gutachtens des Prof. Dr. Bo. ab 1. Oktober 1988 Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Fulda vom 9. Mai 1986 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er nimmt das Vergleichsangebot nicht an, hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und sieht sich durch das Ergebnis der Beweisaufnahme des Senats bestätigt.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im einzelnen und des weiteren Akteninhalts wird auf die Streitakte, die beigezogene Akte des SG Fulda, die Rentenakte der Beklagten, die Schwerbehindertenakte des Versorgungsamtes F. und die Leistungsakte des Arbeitsamts F., auszugsweise Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 Abs. 1 und 2 SGG) und statthaft (§ 143 SGG).
Die Berufung ist nicht begründet. Das auf die zulässige. Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil war nicht aufzuheben, denn es trifft auch unter Berücksichtigung der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme zu.
Der Bescheid der Beklagten vom 25. Januar 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 1984 (§ 95 SGG) ist nicht rechtmäßig. Der Kläger hat auch über den 31. Oktober 1983 hinaus auf Dauer Anspruch auf Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit nach § 1247 Abs. 1 RVO.
Nach § 1247 Abs. 2 RVO ist der Versicherte erwerbsunfähig, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann. Geringfügige Einkünfte im Sinne des Satzes 1 sind monatliche Einkünfte in Höhe eines Siebtels der monatlichen Bezugsgröße. Nicht erwerbsunfähig ist, wer eine selbständige Erwerbstätigkeit ausübt.
Die Voraussetzungen der Erwerbsunfähigkeit sind zugunsten des Klägers erfüllt. § 1247 Abs. 2 Satz 3 RVO steht nicht entgegen. Der Kläger hat auch nicht bis 30. April 1986 eine selbständige Erwerbstätigkeit als landwirtschaftlicher Unternehmer ausgeübt. Landwirtschaftlicher Unternehmer ist nach § 1 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes über eine Altershilfe für Landwirte (GAL) ein Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Wein-, Obst-, Gemüse- und Gartenbaus sowie der Teichwirtschaft und der Fischzucht, deren Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen Unternehmer, eine auf Bodenwirtschaft beruhende Existenzgrundlage bildet. Eine Existenzgrundlage im Sinne des Abs. 3 ist insbesondere gegeben, wenn der Wirtschaftswert, der Flächenwert oder der Arbeitsbedarf des Unternehmens eine von der landwirtschaftlichen Alterskasse im Einvernehmen mit dem Gesamtverband der Landwirtschaftlichen Alterskassen nach billigem Ermessen aufgrund der örtlichen oder bezirklichen Begebenheiten festzusetzende Mindesthöhe erreicht (§ 1 Abs. 4 GAL). Nach § 17 Abs. 1 GAL ist Mitglied der Landwirtschaftlichen Alterskasse jeder landwirtschaftliche Unternehmer, dessen Unternehmen im Bereich der Alterskasse seinen Sitz hat. Nach § 2 der Vorschrift haben die Landwirtschaftlichen Alterskassen Mitgliederverzeichnisse zu führen. Nach Auskunft der zuständigen Landwirtschaftlichen Alterskasse Hessen-Nassau vom 3. September 1987 wurde der Kläger nicht als landwirtschaftlicher Unternehmer (Mitglied bei der Alterskasse) geführt, denn Verwaltungsvorgänge liegen dort nicht vor. Er erfüllte nicht die Voraussetzungen des GAL, denn bewirtschaftet wurde lediglich eine kleine Restfläche von 1,27 ha Land, das im Eigentum des Klägers stand, von 0,15 ha Ödland sowie 0,62 ha Pachtland. Dies ergibt sich aus dem vorgelegten Pachtvertrag mit der Tochter. Die fehlende Mitgliedschaft in der Landwirtschaftlichen Alterskasse ist zwar nicht alleine entscheidend für die Beurteilung der Frage, ob ein Versicherter noch eine selbständige Erwerbstätigkeit i.S.d. § 1247 Abs. 2 Satz 3 RVO ausübt, denn auf den Umfang der erzielten Einnahmen oder Gewinne kommt es nicht an (vgl. Urteil des BSG vom 12. Februar 1981 – 4 RJ 137/79 in SozR 2200 § 1247 RVO Nr. 32).
Sie gewinnt jedoch Bedeutung bei der Beweiswürdigung im Rahmen der nachfolgend dargelegten Grundsätze.
Das Gesetz will vermeiden, daß der Versicherungsträger im Einzelfall oft schwierige Feststellungen über die Höhe der Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit zu treffen hat. Einem leistungsgeminderten Versicherten wird zugemutet, seine selbständige Erwerbstätigkeit völlig aufzugeben, wenn er statt der Rente wegen Berufs-, die Rente wegen Erwerbsunfähigkeit beansprucht. Dies setzt jedoch voraus, daß der Versicherte nach wie vor mit Gewinnerzielungsabsicht, wenn auch gegebenenfalls ohne tatsächlich Gewinne zu machen, tätig ist.
Die Voraussetzung der selbständigen Erwerbstätigkeit i.S.d. § 1247 Abs. 2 Satz 3 RVO ist aber dann nicht (mehr) erfüllt, wenn die Tätigkeit nicht auf Erwerb gerichtet ist, also nicht mit der Absicht der Gewinnerzielung erfolgt. Dementsprechend bezeichnet § 15 Sozialgesetzbuch, 4. Buch (SGB 4) den Gewinn als das Arbeitseinkommen aus der selbständigen Erwerbstätigkeit. Keine selbständige Erwerbstätigkeit übt aus, wer nur für den Eigenverbrauch ohne Gewinnabsicht tätig wird.
Der Senat schließt sich dieser überzeugenden Rechtsansicht des 11 a-Senats des BSG (Urteil vom 25. Juni 1987 – 11 a RLw 1/86 in SozR 5850 § 3 GAL Nr. 3) und nicht der gegenteiligen Auffassung des LSG Baden-Württemberg an (Urteil vom 19. Februar 1986 – L-2/J-223/85 in Breithaupt 1986, S. 506 ff), nach der es unerheblich ist, daß Erträge nur zur Versorgung der eigenen Familie dienen. Diese Rechtsauffassung trägt der Legaldefinition des § 15 SGB 4 nicht Rechnung.
Im vorliegenden Fall hat der Kläger seine kleine Landwirtschaft ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben. Diese Voraussetzung ist nicht immer, aber umso eher dann erfüllt, wenn der Versicherte kein landwirtschaftlicher Unternehmer im Sinne des GAL ist, was hier, wie bereits erörtert, zutrifft. Im übrigen hält der Senat die Angaben des Klägers anläßlich seiner persönlichen Anhörung in der letzten mündlichen Verhandlung für wahr und überzeugend.
Hiernach hatte er zwei Kühe und zwei Schweine. Der Fruchtanbau diente dazu, Futtermittel zu gewinnen. Den Erlös aus dem Verkauf von Kälbern und Milch nutzte der Kläger, um seine Unkosten zu decken. Er mußte nämlich Futtermittel zukaufen und hierfür jährlich mindestens 700 DM aufwenden. Pro Kalb konnte der Kläger zwischen 250 und 400 DM erzielen. Jährlich konnte er ein, höchstens aber zwei Kälber verkaufen.
Der Kläger hat einleuchtend ausgeführt, daß er keinen Gewinn erzielt und die Landwirtschaft nur deshalb weiterbetrieben habe, weil er sie von seinem Vater übernommen hatte.
Die Schweine wurden für den Eigenbedarf verwertet. Für die Milch wurden zwar 0,60 DM pro Liter vergütet, und der Kläger verkaufte zwischen 9.000 und 10.000 Liter jährlich. Dieser Erlös kann dem Kläger aber nicht als Grundlage einer Gewinnerzielungsabsicht zugerechnet werden. Zu bedenken ist, daß die Familie des Klägers nicht die gesamte Menge der erzeugten Milch selbst verbrauchen konnte, andererseits ohne den Verkauf der nicht selbst verbrauchten Menge die Kühe für den Eigenverbrauch überhaupt nicht hätte halten können. Hierauf hat der Kläger ebenfalls hingewiesen. Dem Kläger konnte auch nicht zugemutet werden, die restliche Menge Milch zu vernichten.
Das Erzielen von Einnahmen alleine, bedeutet nicht bereits die Ausübung einer Erwerbstätigkeit (BSG a.a.O.). Die selbständige Erwerbstätigkeit ist von der Vermögensnutzung oder -verwaltung bzw. der Kapitalnutzung abzugrenzen. Der Kläger hat lediglich die landwirtschaftliche Restfläche und das Vieh von seinem Vater übernommen und diese nicht erweitert. Er hat vorgefundenes "landwirtschaftliches Vermögen” ohne die Absicht, Gewinn zu erzielen, weiter genutzt und den Erlös aus dem Verkauf dafür verwendet, um die Nutzung des landwirtschaftlichen Kapitals zum eigenen Verbrauch, weiter zu ermöglichen. Zusätzlich zahlte er aus dem Arbeitsentgelt aus abhängiger Arbeit für den Erhalt der Landwirtschaft noch zu.
Diese Fallgestaltung ist derjenigen gleichzusetzen, in der ein Versicherter eine Ferienwohnung oder eine geringe Zahl von Zimmern (unter vier) vermietet, ohne sonstige Leistungen zu erbringen. Diese Vermietung ist dem privaten Bereich zuzuordnen und begründet keinen Gewerbebetrieb (BSG, Urteil vom 25. Juni 1987 a.a.O.).
Der Kläger ist zudem über den 31. Oktober 1983 hinaus nicht mehr in der Lage, eine vollschichtige Erwerbstätigkeit ohne die Notwendigkeit, jede Stunde eine fünf- bis zehnminütige Pause zur Regeneration einzulegen, zu verrichten. Spätestens seit September 1988 ist er überhaupt nicht mehr fähig, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben.
Nach dem Gutachten des Dr. P. vom 1. März 1982 bestanden als Folgen des Hirnhauttumors und der Hirnoperation neurologische Störungen, eine leichtere Kraftminderung im linken Bein und linken Arm, Mißempfindungen der linken Körperhälfte sowie eine Potenzstörung. Hinzu kamen psycho-organische Störungen, d.h. Funktionsstörungen des Gehirns, die auf eine organische Hirnschädigung zurückzuführen sind, hier eine vorzeitige Ermüdung, Herabsetzung der Konzentrationsfähigkeit, Störungen des Kurzzeitgedächtnisses, der Affektregulierung und der Fähigkeit, größere Informationsmengen zu verarbeiten. Im psychischen Bereich läßt sich eine Fehlverarbeitung der Minderung der körperlichen Leistungsfähigkeit feststellen, die sich u.a. in Rückenschmerzen äußert. An der Grenze zwischen neurologischen und psycho-organischen Symptomen ist der Schwindel anzusiedeln, der den Kläger subjektiv am meisten beeinträchtigte, und der sich auch nach der Operation nicht besserte. Dr. P. hielt eine halbschichtige Tätigkeit für möglich, wobei der Kläger die Möglichkeit haben mußte, die Arbeit wegen der jederzeit möglichen Schwindelerscheinungen unterbrechen zu können. Eine Besserung des Zustandes war nach seiner Auffassung möglich, und er empfahl eine Nachuntersuchung nach einem Jahr. Diesem Gutachten steht die Äußerung der Medizinaldirektorin Dr. L. nicht entgegen, denn auch sie kam zu dem Ergebnis, daß ohne erfolgreichen Abschluß einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme einer psychosomatischen Klinik eine berufliche Einsatzfähigkeit nicht gegeben sei. Ziel der Kur sollte nach ihrer Auffassung sein, das aus organischen Gründen nicht gerechtfertigte Insuffizienzgefühl zu bessern. Die Gewährung einer Zeitrente würde dagegen dieses Gefühl verstärken. Frau Dr. E., die das Gutachten des Dr. P. und die Stellungnahme von Frau Dr. L. ausgewertet hat, bestätigte das Ergebnis des Gutachtens, soweit nach erfolgreichem Abschluß der vorgeschlagenen Behandlung keine andere Beurteilung angezeigt sei.
Die Rehabilitationsmaßnahme in der Kurklinik "HW.” konnte den Gesundheitszustand allerdings nicht entscheidend bessern. Der ärztliche Entlassungsbericht kam zu dem Ergebnis, daß Arbeiten nur mit Unterbrechungen und zusätzlichen betriebsunüblichen Pausen vollschichtig möglich seien, was die Kurärztin Dr. C. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 26. Mai 1983 nochmals bestätigte. Geteilt wurde diese Beurteilung auch von dem Leitenden Medizinaldirektor Dr. S. Ärztliche Gutachten-Prüfdienststelle, Fr., vom 3. Juni 1983, der ausdrücklich ausführte, der Kläger sei wegen der Forderung nach betriebsunüblichen zusätzlichen Pausen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt derzeit nicht eingliederungsfähig. Das nervenärztliche Gutachten des Dr. Sp. vom 21. Oktober 1983 stellt keine Grundlage für eine abweichende Einschätzung des Leistungsvermögens dar. Dr. Sp. stellte ebenfalls noch nennenswerte Folgen des Tumors und der Operation fest, eine vegetative Fehlsteuerung und eine reaktiv depressive Entwicklung. Schwindel, Kopfdruck, rasche Ermüdung und Erschöpfbarkeit zog er nicht in Zweifel. Er hielt aber gleichwohl eine berufliche Anlernung im Rahmen von Schreinertätigkeiten für möglich. Zum konkreten Leistungsvermögen hat er sich genauso wenig geäußert wie er sich mit den Vorbeurteilungen auseinandergesetzt hat.
Das Sachverständigengutachten des Dr. P. vom 24. Dezember 1985, das das SG eingeholt hat, beschrieb eine Besserung der organisch bedingten Störungen und Ausfälle auf neurologischem und psycho-organischem Gebiet sowie der depressiven Verarbeitung der Leistungsminderung. Dagegen verfestigte sich inzwischen die Vorstellung, durch körperliche Arbeit nur geschädigt zu werden. Es handelt sich um ein psychosomatisches Krankheitsbild mit Verspannungsbeschwerden der Lendenwirbelsäulenmuskulatur. Die Beschwerden sind tatsächlich vorhanden und unterliegen zum größeren Teil nicht der bewußten Kontrolle. Dr. P. hielt eine sechs- bis achtstündige Tätigkeit für zumutbar und stellte in seiner ergänzenden Stellungnahme heraus, daß eher von der unteren Grenze auszugehen sei, da der Kläger sonst überfordert würde. Gleichzeitig betonte er bereits in dem Gutachten, daß bei einer Arbeitsaufnahme mit einer Zunahme der Beschwerden fest zu rechnen sei. Außerdem seien wegen der noch bestehenden vorzeitigen geistigen und körperlichen Ermüdbarkeit selbst bestimmte, häufigere, kürzere Pausen erforderlich. Er konkretisierte diese Aussage auf Anfrage des Senats dahin, daß etwa stündlich fünf- bis zehnminütige Pausen einzulegen seien. Insgesamt seien die Störungen sehr wahrscheinlich keiner weiteren Besserung mehr zugänglich. Auch in dieser Bewertung wird das Sachverständigengutachten von der nervenärztlichen Stellungnahme von Dr. L. gestützt, die darlegte, mit Sicherheit werde der Kläger nach einjähriger Berentung nicht bereit und fähig sein, vorhandene Willenskräfte zu aktivieren und für eine andere berufliche Tätigkeit einzusetzen.
Schließlich hat sich der Gesundheitszustand auch nach der letzten gutachterlichen Untersuchung im Jahre 1985 nicht mehr gebessert. Zur Klärung dieser Frage hat der Senat das nervenärztliche Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Bo. eingeholt, denn aufgrund des nervenärztlichen Gutachtens des Dr. Pl. vom 3. November 1987, das in der Schwerbehindertenakte vorliegt, der, wie auch Prof. Bo. aus führt, eine Besserung insoweit zu erkennen glaubte, als eine Hirnleistungsschwäche oder eine hirnorganische Wesensänderung nicht mehr beobachtet werden könnten und des zutreffenden Hinweises des Dr. P. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 2. Oktober 1987, er könne sich nur auf die Untersuchungsbefunde von 1985 stützen, war der Senat gehalten, im Wege seiner Verpflichtung zur Amtsermittlung (§ 103 SGG) den Sachverhalt noch weiter aufzuklären.
Nunmehr steht fest, daß sich der Zustand des Klägers 1987/88 sogar verschlimmert hat, und er überhaupt nicht mehr in der Lage ist, eine Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Zurückzuführen ist dies auf eine Zunahme der hirnorganischen Wesensänderung mit deutlicher Einschränkung der kognitiven Leistungs- und affektiven Steuerungsfähigkeit. Eine neurotische Verarbeitung konnte der Sachverständige zum Untersuchungszeitpunkt nicht feststellen, betont aber, daß sich heute nicht mehr abschätzen lasse, ob zu einem früheren Zeitpunkt eine derartige Störung bestanden habe. Dieses Gutachten setzt sich daher nicht in Widerspruch zu den Gutachten des Dr. P. und den Stellungnahmen der Ärzte der Beklagten aus dem Verwaltungsverfahren. Die Sachverständigengutachten, das Gutachten des Dr. P. aus dem Verwaltungsverfahren und die Stellungnahmen der Ärzte der Beklagten aus der Rentenakte sind nachvollziehbar und schlüssig, weshalb sich der Senat ihnen nach eigener Überprüfung und Meinungsbildung anschließt. Der Kläger wurde eingehend bei stationärer Beobachtung untersucht. Den Gutachten liegt eine ausführliche Exploration zugrunde. Die Ärzte haben die üblichen Testverfahren angewandt und ausgewertet. Sie kamen zu im wesentlichen übereinstimmenden Ergebnissen. Die Mediziner sind mit der sozialmedizinischen Begutachtung in Rentenverfahren alle besonders vertraut und haben langjährige klinische Erfahrung. Der Senat hat keinerlei Zweifel daran, daß die Beurteilungen zutreffend sind.
Nicht zu folgen ist dagegen den beratungsärztlichen Stellungnahmen des Dr. L., zuletzt vom 4. Februar 1988. Wie bereits das SG zutreffend ausgeführt hat, deutet Dr. L. die von Dr. P. für erforderlich gehaltenen Leistungseinschränkungen um, ohne von anderen Befunden auszugehen und obwohl Dr. P. auf ergänzende Frage des Senats die Erforderlichkeit der Pausen bestätigt und deren zeitlichen Umfang konkretisiert hat. Darüber hinaus stützt er sich auf einen Befundbericht des Dr. K. und auf das nervenärztliche Gutachten des Dr. Pl. beide in der Schwerbehindertenakte vorhanden. Das ausführliche Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Bo. das den Gesundheitszustand auf aktueller medizinisch-wissenschaftlicher Grundlage beleuchtet, hat die Beurteilung des Dr. Pl. überzeugend widerlegt.
Mit diesem Leistungsvermögen ist der Kläger über den 30. Oktober 1983 hinaus erwerbsunfähig. Selbst wenn man bis zum Untersuchungszeitpunkt durch Prof. Dr. Bo. noch ein vollschichtiges Leistungsvermögen annehmen würde, hätte der Kläger jedenfalls zusätzliche Arbeitspausen, wie oben dargelegt, einlegen müssen. Arbeitsplätze, die solchen Anforderungen gerecht werden, gibt es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht. Es handelt sich um betriebsunübliche Arbeitsbedingungen, wie die Auskunft des Landesarbeitsamtes Hessen vom 24. November 1987 bestätigt. Der Senat folgt ihr, denn das Landesarbeitsamt hat als zuständige Fachbehörde einen genauen Überblick über den Arbeitsmarkt und Kenntnis der üblichen Arbeitsbedingungen. Gegen den Inhalt dieser Auskunft sind begründete Einwände zudem nicht erhoben worden. Ist ein Versicherter aber nicht mehr in der Lage, zu betriebsüblichen Bedingungen zu arbeiten, hat er praktisch keine Chance, sein restliches Leistungsvermögen tatsächlich auf dem Arbeitsmarkt umzusetzen. Deshalb ist selbst bei vollschichtiger Einsatzfähigkeit in diesem Fall ein Anspruch auf Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit gegeben, da ihm nicht wenigstens ein seinem eingeschränkten Leistungsvermögen entsprechender Arbeitsplatz benannt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 6. Juni 1986 – 5 b RJ 42/85 in SozR 2200 § 1246 RVO Nr. 136 und ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. z.B. Urteile vom 10. Mai 1988 – L-12/J-941/84 und vom 28. Juni 1988 – L-12/J-377/87). Dieses Ergebnis fügt sich in die geltende Rechtslage ein, nach der grundsätzlich kein Anspruch auf zusätzliche Pausen besteht, die nicht in § 12 Abs. 2 der Arbeitszeitordnung (AZO) vom 30. April 1938 vorgesehen sind. Nur bei bestehenden Beschäftigungsverhältnissen kann etwas anderes gelten.
Spätestens seit der Untersuchung durch Prof. Dr. Bo. ist der Kläger überhaupt nicht mehr fähig, Arbeiten zu verrichten, so daß sich die rechtliche Beurteilung im Ergebnis nicht ändert.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Rechtskraft
Aus
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