L 8 R 275/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 52 R 10/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 275/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.10.2007 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist ein Anspruch auf Altersrente unter Berücksichtigung von Ghettobeitragszeiten im Ghetto Ludwipol, Reichskommissariat Ukraine (RKU), Generalbezirk Wolhynien-Podolien in der Zeit von Oktober 1941 bis September 1942.

Die am 00.00.1919 in Rowne/Polen geborene jüdische Klägerin ist als Verfolgte des Nationalsozialismus gemäß § 1 Abs. 1 BEG anerkannt. Vor der Verfolgungszeit absolvierte sie eine landwirtschaftliche Ausbildung in einer Kollektivausbildungsstelle in Radom im Jahre 1939.

Von Geburt an hatte sie zunächst die polnische, nach Wohnsitznahme in Israel nahm sie die israelische Staatsangehörigkeit an.

Im bereits erwähnten Entschädigungsverfahren gab die Klägerin in zwei schriftlichen Erklärungen vom 04.02.1957 und 20.03.1957 zusammenfassend u. a. an, dass sie im Herbst 1939 vom zentralpolnischen Radom zurück nach Rowne geflüchtet sei. Nach Besetzung der Stadt durch die Deutschen seien sofort antijüdische Maßnahmen ergriffen und schließlich das Ghetto Ludwipol errichtet worden, in das sie habe gehen müssen. Sie habe (dort) in der Wäscherei für die Wehrmacht Zwangsarbeiten leisten müssen; sie, wie auch alle anderen, sei zur Arbeit unter Bewachung geführt worden. Sie habe schwere Not und Hunger im Ghetto gelitten. Als das Ghetto Ende 1942 liquidiert worden sei, sei ihr die Flucht in die umliegenden Wälder gelungen, wo sie bis zur Befreiung im Frühling 1944 überlebt habe. Etwa gleichlautend berichtete sie in der Erklärung vom 20.03.1957, dass alle im Ghetto lebenden Juden zwangsweise verschiedene Arbeiten hätten leisten müssen. Ihre Eltern hätten gleichfalls schwere Zwangsarbeit verrichtet und seien unter Bewachung zur Arbeit geführt worden. Sie alle hätten im Ghetto schwere Not und Hunger gelitten.

Die Angaben der Klägerin bestätigten die Zeugen K Q und K M in fast wortgleichen Erklärungen, die sie ebenfalls am 04.02.1957 und 20.03.1957 abfassten. Im Sommer 1941 hätten die Deutschen Rowne besetzt und hätten sofort antijüdische Maßnahmen ergriffen. Sie hätten schließlich mit allen Juden der Stadt in das Ghetto Ludwipol übergehen müssen, welches von Ukrainern und deutscher Gendarmerie bewacht worden sei. Alle seien zu verschiedenen schweren Arbeiten gezwungen worden. Die Klägerin habe in der Wäscherei der Wehrmacht Zwangsarbeit geleistet und im Ghetto schwere Not gelitten. Ende 1942 sei das Ghetto Ludwipol liquidiert worden und fast alle im Ghetto lebenden Juden seien bei der großen Vernichtungsaktion umgekommen. Der Klägerin sei es gelungen, zu entlaufen und in benachbarte Wälder zu flüchten.

Gegenüber der Jewish Claims Conference (JCC) gab die Klägerin am 29.12.1993 an: "Im Sommer 1941, als sie (die deutsche Wehrmacht) Rowne besetzten, wurden sofort antijüdische Maßnahmen ergriffen und alle Juden mussten den gelben Judenstern tragen. Kurz danach mussten alle Juden unserer Stadt und Umgebung in das errichtete Ghetto Ludwipol übersiedeln, welches mit einer Bretterwand und Stacheldraht umzäunt und von Ukrainern und deutscher Gendarmerie bewacht war. Ich habe, wie alle Insassen des Ghettos, schwere Not und Hunger gelitten. Ich arbeitete in der Wäscherei für die Wehrmacht schwere Zwangsarbeit leisten müssen. Zur Arbeit und zurück wurde ich unter schwere Bewachung geführt. Ich arbeitete von ganz früh morgens bis spät abends."

Am 28.02.2003 stellte die Klägerin einen Antrag auf Gewährung von Altersrente auf der Grundlage des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).

Im Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG gab sie an, von Sommer 1941 bis Ende 1942 im Ghetto Ludwipol die ganze Zeit in der Wäscherei gearbeitet zu haben. Eine Beschäftigung sei nicht außerhalb des Ghettos erfolgt. Auf dem Weg zur und von der Arbeit und auch während der Arbeit habe es keine Bewachung gegeben. Der Arbeitseinsatz sei freiwillig durch Vermittlung des Judenrates zustande gekommen. Die Frage, ob sie Einfluss auf die Aufnahme der Arbeit und die Wahl der Arbeitsstätte gehabt habe, blieb unbeantwortet. Sie habe an sechs Tagen pro Woche acht bis zehn Stunden gegen Proviant, Gutscheine, Sachbezüge gearbeitet, die sie vom Judenrat erhalten habe. Diese Angaben wiederholte sie in dem am 28.12.2003 unterschriebenen Formantrag.

Nach Beiziehung der Entschädigungsakten und der der JCC vorliegenden Unterlagen lehnte die Beklagte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 09.11.2005 ab. Es sei angesichts der Angaben im Entschädigungsverfahren und der Schilderungen gegenüber der JCC nicht ausreichend glaubhaft gemacht, dass ein aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenes Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt im Ghetto Ludwipol ausgeübt worden sei. Nach den dortigen Angaben sei die Arbeit in der Ghetto-Wäscherei unter Zwang erfolgt, wobei insbesondere der Weg zur und von der Arbeit unter schwerer Bewachung gestanden habe. Die Arbeitsdauer habe täglich von ganz früh morgens bis spät abends betragen. Wie alle Ghettoinsassen habe auch die Klägerin schwere Not und Hunger gelitten. Diese früheren Angaben stünden im Widerspruch zum jetzigen Sachvortrag und ließen ein aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenes Beschäftigungsverhältnis gegen Entgelt im Sinne des ZRBG im Ghetto Ludwipol unwahrscheinlich erscheinen.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 30.11.2005 mit Hinweis auf eine im RKU bestehende "Tarifordnung", nach der Entgelt geschuldet worden sei, Widerspruch ein. Im Übrigen sei die Wertung der Art der verrichteten Arbeit als Zwangsarbeit im Entschädigungsverfahren unschädlich.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 06.02.2007 zurück. Schon ein Beschäftigungsverhältnis aus eigenem Willensentschluss sei nicht überwiegend wahrscheinlich. Es bestünden nicht aufzulösende Widersprüche zwischen den Angaben im ZRBG-Verfahren zu den früheren Aussagen im Entschädigungsverfahren. Dort sei von einigen Zeugen erklärt worden, dass die Klägerin in der Wäscherei schwere Zwangsarbeit habe verrichten müssen. Zu einer entgeltlichen Beschäftigung seien keine Angaben gemacht worden. Darüber hinaus erfüllten die erhaltenen Sachbezüge nicht den Entgeltbegriff des ZRBG.

Dagegen hat die Klägerin am 06.03.2007 Klage erhoben. Die Voraussetzungen für die Anerkennung fiktiver Beitragszeiten nach dem ZRBG lägen vor. Die von der Beklagten aus den Angaben, ihren, der Klägerin und der Zeugen im Entschädigungsverfahren und gegenüber der JCC erfolgten Angaben gezogenen Schlussfolgerungen seien nicht haltbar. Es sei zunächst darauf hinzuweisen, dass die Verwendung des Ausdruckes "Zwangsarbeit" keine rechtliche Würdigung darstelle. Sie, die Klägerin, habe (lediglich) ihre subjektiven Empfindungen wiedergegeben. Diese seien selbstverständlich von den gesamten Lebensumständen im Ghetto und daher von Zwang geprägt gewesen. Trotzdem habe sie im Rahmen der ihr verbliebenen Wahlmöglichkeiten die Ghettoarbeit aus eigenem Willensentschluss aufgenommen. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 a ZRBG gerade keine Freiwilligkeit gefordert werde. Zwangsaufenthalt und Freiwilligkeit schlössen sich aus, so dass das ZRBG bewusst nur den eigenen Willensentschluss fordere. Die Verwendung des Ausdrucks "Zwangsarbeit" im Entschädigungsverfahren sei daher für die Anerkennung von Zeiten nach dem ZRBG unschädlich, was auch der höchstrichterlichen Rechtsprechung entspreche. Weiterhin verkenne die Beklagte, dass sie die Beweislast für das Vorliegen von Zwangsarbeit trage. Der bisherige Vortrag der Beklagten habe aber keinen Beweis für regelmäßige, tägliche Zwangsarbeit erbracht. Soweit die Beklagte mehrfach wiederhole, dass sie, die Klägerin, im Entschädigungsverfahren davon gesprochen habe, auf dem Weg zur Arbeit und während der Arbeit bewacht worden zu sein, so könne auch dies nicht anspruchsvernichtend wirken, denn eine nur den Zwangsaufenthalt im Ghetto aufrechterhaltene, also vor allem eine Flucht verhindernde Bewachung bei Beschäftigungen außerhalb des räumlichen Ghettobereiches begründe noch keine Zwangsarbeit. Auch soweit die Beklagte bestreite, dass ein Entgelt für die Ghettoarbeit gezahlt worden bzw. geeignet gewesen sei, Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu begründen, entspreche dies nicht der Rechtslage. Für die Anerkennung fiktiver Beiträge nach § 2 ZRBG werde kein Entgelt im wesentlichen Umfang gefordert, so dass Überlegungen zur Mindesthöhe, bzw. zu einer angemessenen Gegenleistung fehl am Platze seien. Die für die Arbeit gewährte Gegenleistung stelle deshalb ein Entgelt im Sinne des ZRBG dar, unabhängig davon, ob sie angemessen gewesen sei. Ergänzend sei auf die bestehenden Lohnanordnungen des Reichskommissars für die Ukraine hinzuweisen. Nach dessen Lohnanordnung vom 01.12.1941 habe gemäß § 2 Abs. 5 für Juden ein Anspruch in Höhe von 80 v.H. der sich aus Ziffer 2 ergebenden Lohnsätze bestanden. Diese Lohnanordnung sei geändert worden durch die Anordnung vom 01.04.1942 und in der geänderten Fassung nochmals veröffentlicht worden im Verordnungsblatt des Reichskommissars für die Ukraine vom 10. Juli 1942. Bei bestehendem Lohnanspruch müsse von der Entgeltlichkeit einer Tätigkeit im Sinne des ZRBG auch dann aussgegangen werden, wenn dieser nicht befriedigt worden sei. Insgesamt hat die Klägerin ihre Rechtsposition gestützt durch das Urteil des BSG vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R - gesehen.

Die Klägerin hat schriftlich zur Sache beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 09.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr aufgrund ihrer Beschäftigung im Ghetto Ludwipol von Oktober 1941 bis September 1942 nach den Vorschriften des ZRBG und unter Berücksichtigung von Ersatzzeiten wegen NS-Verfolgung nach dem SGB VI eine Regelaltersrente ab dem 01.07.1997 zu gewähren.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat sich hierbei insbesondere auf ihre Ausführungen im angefochtenen Bescheid und im Widerspruchsbescheid bezogen.

Mit Zustimmung der Beteiligten hat das SG die Beklagte zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mit Urteil vom 16.10.2007 unter Aufhebung des Bescheides vom 09.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.02.2007 verurteilt, der Klägerin rückwirkend ab dem 01.07.1997 eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten für die Tätigkeit im Ghetto Ludwipol vom 01.10.1941 bis 30.09.1942 sowie unter weiterer Berücksichtigung von Ersatzzeiten - ggf. nach Entrichtung freiwilliger Beiträge - nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Altersrente, da sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt habe. Sie könne insbesondere nach den §§ 1, 2 ZRBG Beitragszeiten geltend machen. Im Sinne einer guten Möglichkeit habe sie eine freiwillige Beschäftigung im Ghetto glaubhaft gemacht. Über dieses Tatbestandsmerkmal seien Ghettoarbeitszeiten nach dem Typus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung einerseits von der nicht versicherten Zwangsarbeit andererseits abzugrenzen. Zwangsarbeit liege danach (nur) vor, wenn der Arbeitende von hoher Hand unter Ausschluss jeder freien Willensbetätigung zur Arbeit gezwungen worden sei. Demgegenüber bestehe ein eigener Willensentschluss, wenn die Arbeit vor dem Hintergrund der wirklichen Lebenslage jedenfalls auch noch auf einer, wenn auch auf das Elementarste reduzierten, Wahl zwischen wenigstens zwei Verhaltensmöglichkeiten beruht habe. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei es glaubhaft, dass die Klägerin die Beschäftigung im Ghetto Ludwipol aus freiem Willensentschluss aufgenommen habe. Schon im Entschädigungsverfahren und auch im Verfahren vor der JCC sei die Beschäftigung erwähnt worden. Der Annahme eines freiwilligen Beschäftigungsverhältnisses stehe nicht entgegen, dass die Klägerin selbst diese als Zwangsarbeit bezeichnet habe. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Furcht vor Deportation und die wirtschaftliche Not auf die jüdische arbeitsfähige Bevölkerung einen massiven, mittelbaren Druck ausgeübt hätten. Sie hätten sich in einer Zwangslage befunden, die es begreiflich erscheinen lasse, dass in den Entschädigungsverfahren von erzwungenen Arbeitsleistungen berichtet worden sei. Im Übrigen ist die Kammer davon ausgegangen, dass die Klägerin eine Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt hat. Hierfür sei mit dem BSG, Urteil vom 04.12.2006 - B 4 R 29/06 R, allein entscheidend, ob der Betroffene überhaupt eine Zuwendung für die ausgeübte Tätigkeit erhalten habe und diese tatsächlich wegen der geleisteten Arbeit und nicht aus anderen Gründen erfolgt sei. Unerheblich sei auch, in welcher Form die Einnahmen bezogen worden seien; es könnten auch Geld- oder Sachbezüge gewesen sein. Dies habe die Klägerin aber glaubhaft dargelegt.

Gegen das der Beklagten am 22.10.2007 zugestellte Urteil hat diese am 25.10.2007 Berufung eingelegt.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.10.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin, die in der mündlichen Verhandlung vom 19.11.2008 nicht erschienen oder vertreten war, beantragt schriftsätzlich,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und weiter vorsorglich

1.den Sachverständigen Prof. Dr. Golczewski, Universität Hamburg, Edmund-Siemens-Allee 1, 20146 Hamburg, zur Situation der Ghettoarbeiter im Ghetto Ludwipol betreffend den eigenen Willensentschluss und die Entgeltlichkeit der verrichteten Arbeiten zu hören.

Es wird in das Wissen des Sachverständigen gestellt, dass Beschäftigungen im Ghetto Ludwipol nur aufgrund eines eigenen Willensentschlusses entgeltlich ausgeführt wurden.

2.Den Sachverständigen (siehe oben) zur Glaubwürdigkeit des Vortrages der Klägerin über die Beschäftigungsaufnahme aufgrund eines eigenen Willensentschlusses und die Entlohnung zu hören. Der Sachverständige wird die Richtigkeit und Glaubwürdigkeit dieses Vortrages bestätigen.

Der Sachverständige ist zu beauftragen, in den Archiven des Ghettos Ludwipol nach individuellen Unterlagen für die Klägerin über ihre Beschäftigung von Oktober 1941 bis September 1943 als Arbeiterin in der Wäscherei i.S. von § 1 ZRBG zu forschen.

3.Diese Unterlagen werden den klägerischen Vortrag zur Beschäftigung nach § 1 ZRBG bestätigen.

4.Das persönliche Erscheinen der Klägerin zum Termin zur mündlichen Verhandlung anzuordnen, um sie zu ihrer Ghettoarbeit anzuhören und zu befragen.

Zur Begründung nimmt sie Bezug auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils sowie das von Prof. Dr. Golczewski im Verfahren L 8 R 39/07 zum Ghetto Ludwipol erstattete Gutachten.

Das Gericht hat die Klägerin schriftlich befragt, woraufhin diese in ihrer Erklärung vom 28.06.2008 u. a. die folgenden Angaben gemacht hat: Sie habe im Ghetto für ihre Arbeit Gemüse, Brot, Kartoffeln, Hering, Erbsen erhalten, als Sachbezüge Bekleidung, daneben auch Gutscheine, die zum Warenerhalt im Magazin berechtigt hätten. Die Sachbezüge/Lebensmittelgutscheine seien ausreichend gewesen, um zu überleben, ja sogar ausreichend, um den Eltern behilflich zu sein. Sie habe zusammen mit den Eltern im Ghetto gewohnt, die ebenfalls Aushilfstätigkeiten jeglicher Art, die der Judenrat benötigt habe, ausgeführt hätten. Arbeitende hätten sich selbst ernähren können. Nichtarbeitende seien auf den Judenrat mit geringster Verpflegung angewiesen gewesen. Zeugen könnten nicht mehr benannt werden. Auf differenziertere Nachfragen des Senats lässt die Klägerin mitteilen, dass sie sich an "filigranere Sachverhalte" aufgrund ihres Alters und ihres Gesundheitszustandes nicht mehr erinnern könne.

Der Senat hat noch einen Auszug der Untersuchung von Spector, The Holocaust of Volhynien Jews (S. 93 - 162) in deutscher Übersetzung zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Die Verwaltungsakten der Beklagten und die die Klägerin betreffende Entschädigungsakte sind beigezogen worden und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte gem. der §§ 153 Abs. 1, 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Abwesenheit der Klägerin und ihrer Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden, weil diese in der Terminsmitteilung, die ihr am 31.10.2008 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden ist, auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Die in zulässiger Weise auf die Gewährung von Altersrente unter Berücksichtigung einer Ghettobeitragszeit von Juli 1941 bis September 1942 gerichtete Klage ist unbegründet, weil die Voraussetzungen eines Rentenanspruchs nicht bestehen, insbesondere, weil die Voraussetzungen einer Ghettobeitragszeit nicht glaubhaft gemacht sind (I.). Weiterer Feststellungen bzw. Beweiserhebungen im Sinne der von der Klägerin gestellten Hilfsanträge bedurfte es nicht (II.).

I.

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist nicht rechtswidrig und beschwert die Klägerin daher nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Altersrente.

Wie der Senat bereits mit näherer Begründung entschieden hat (z.B. Urteil vom 06.06.2007, L 8 R 54/05, sozialgerichtsbarkeit.de), folgt der Anspruch auf Altersrente allein aus dem Sechsten Buch des Sozialgesetzbuches (SGB VI), ohne dass das Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) eine eigenständige Anspruchsgrundlage darstellen würde (ebenso BSG, Urteil vom 26.07.2007, B 13 R 28/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr. 4, aA BSG, Urteil vom 14.12.2006, B 4 R 29/06 R, SozR 4-5075 § 1 Nr. 3). Rechtsgrundlage für den Anspruch auf Altersrente kann daher im Fall der Klägerin nur § 35 SGB VI sein. Diese Vorschrift ist trotz Auslandswohnsitzes der Klägerin (vgl. § 30 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch) anwendbar (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, Juris; BSG, Urteil vom 13.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 17).

Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben. Als auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten kommen hier nur Beitrags- und Ersatzzeiten im Sinne der §§ 50 Abs. 1 Nr. 1, 51 Abs. 1 und 4 SGB VI in Betracht. Dabei finden nach § 250 Abs. 1 SGB VI Ersatzzeiten allerdings nur dann Berücksichtigung, wenn vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist, oder als wirksam entrichtet gilt; denn Ersatzzeiten sollen nach dem Gesetzeswortlaut nur "Versicherten", d.h. Personen zugute kommen, die bereits Beitragsleistungen erbracht haben (BSG, Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, SozR 4-5050 § 15 Nr. 1, m.w.N.).

Die Klägerin hat jedoch keine auf die Wartezeit anrechenbaren Beitragszeiten zurückgelegt. Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht, oder dem Reichsversicherungsgesetz Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind (§§ 55 Abs. 1 Satz 1, 247 Abs. 3 Abs. 1 SGB VI), oder als gezahlt gelten (§ 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Solche Beitragszeiten bestehen hier weder nach § 2 Abs. 1 ZRBG, noch nach Vorschriften des Fremdrentenrechts.

1. Nach § 2 Abs. 1 ZRBG gelten Beiträge als gezahlt für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto. Voraussetzung ist gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG, dass die Verfolgten sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten haben, das in einem vom Deutschen Reich besetzten, oder ihm eingegliederten Gebiet gelegen hat und dort eine Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt ausgeübt haben. Ferner darf für die betreffenden Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht werden. Die Anspruchsvoraussetzungen müssen glaubhaft gemacht werden (§ 1 Abs. 2 ZRBG i.V.m. § 3 Gesetz zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung [WGSVG]). Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche verfügbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, d.h. mehr für als gegen sie spricht, wobei gewisse noch verbleibende Zweifel unschädlich sind (vgl. BSG, Beschluss vom 08.08.2001, B 9 V 23/01 B, SozR 3-3900 § 15 Nr. 4).

a) Es ist zunächst glaubhaft, dass die Klägerin sich zwangsweise im Ghetto Ludwipol aufgehalten hat. Ihr dortiger Aufenthalt ist durch ihre eigenen Bekundungen sowie durch die genannten Zeugenerklärungen aus dem Entschädigungsverfahren belegt. Schließlich lag Ludwipol im damaligen Reichskommissariat Ukraine (RKU), Generalbezirk Wolhynien, und damit in einem vom Deutschen Reich besetzten Gebiet.

b) Die Klägerin ist als Verfolgte iS des § 1 Abs. 1 BEG anerkannt und damit auch Verfolgte iSv § 1 Abs. 1 ZRBG.

c) Weiter ist glaubhaft, dass die Klägerin im Ghetto Ludwipol Arbeiten in einer Wäscherei verrichtet hat. Hieran bestehen für den Senat keine durchgreifenden Zweifel, auch wenn die konkrete Tätigkeit im Entschädigungsverfahren und auch in den Beschreibungen der Verfolgungszeit der Klägerin gegenüber der JCC keine Erwähnung gefunden hat. Bei den vorgenannten Verfahren bestand kein Anlass zu einer entsprechenden detaillierten Schilderung. Im übrigen hat die Klägerin aber während des gesamten Verfahrens hierzu widerspruchsfrei ausgeführt.

d) Allerdings ist nicht davon auszugehen, dass die Klägerin die vorbeschriebenen Tätigkeiten gegen Entgelt im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 b ZRBG ausgeübt hat.

Zur Definition des Entgeltbegriffs der Vorschrift ist zunächst zu berücksichtigen, dass der in § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG beschriebene Typus der Beschäftigung nach dem Vorbild des sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auch durch dieses Merkmal von der nicht von § 1 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG erfassten Zwangsarbeit abzugrenzen ist. Danach ist neben der Aufnahme und Ausübung der Arbeit aus eigenem Willensentschluss auch die Gewährung eines Entgelts erforderlich, das nach Art und Höhe eine versicherungspflichtige Beschäftigung begründen kann (Senat, Urteil vom 21.11.2007, L 8 R 98/07; sozialgerichtsbarkeit.de). Maßgebend hierfür sind die Kriterien, die das BSG in seiner sogenannten Ghetto-Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 18.06.1997, 5 RJ 66/95, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 15; vom 21.04.1999 B 5 RJ 48/98 R, SozR 3-2200 § 1248 Nr. 16; vom 14.07.1999, B 13 RJ 75/98 R, aaO.) entwickelt hat (vgl. hierzu im einzelnen BSG Urteil vom 07.10.2004, aaO.; Senatsurteile vom 21.11.2007; 12.12.2007, L 8 R 187/07; 28.01.2008, L 8 RJ 139/04; jeweils aaO.).

(1) Die im Zusammenhang mit Streitigkeiten nach dem ZRBG auftretenden Fallgruppen lassen sich wie folgt systematisieren: Die Gewährung von Entgelt in der ortsüblichen Währung, von Ghettogeld oder zum Tausch bestimmten Bezugsscheinen ist Entgelt in Sachen von § 1 Abs. 1 Nr. 1 b ZRBG, soweit ihr Umfang zumindest 1/6 des ortsüblichen Arbeitsentgelts für ungelernte Arbeiter (-innen) übersteigt. Bei der Gewährung von Sachbezügen ist dagegen zu unterscheiden: Übersteigen die Sachbezüge (insbesondere Verpflegung, Unterkunft und Kleidung) nicht das Maß freien Unterhalts, d.h. derjenigen wirtschaftlichen Güter, die zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse des Einzelnen erforderlich sind, liegt kein Entgelt vor. Bei Lebensmitteln kommt es darauf an, ob sie nach Art und Umfang des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch oder Gebrauch gegeben werden. Wird das Maß des persönlichen Bedarfs hingegen überschritte und werden die Lebensmittel zur freien Verfügung gewährt, ist von Entgelt auszugehen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn glaubhaft gemacht wird, dass gewährte Lebensmittel objektiv auch den Bedarf eines sonst unversorgten Angehörigen sicherstellen. Stehen Art und Umfang gewährter Lebensmittel bzw. Sachbezüge nach Ausschöpfung aller sonstigen Beweismittel, z.B. der glaubhaften Angaben der Klägerin bzw. des Klägers, vernommener Zeugen, Angaben in einem Sachverständigengutachten, oder aufgrund eindeutiger historischer Quellen nicht fest, so kann ein entsprechender Umfang im Einzelnen als glaubhaft gemacht angesehen werden, wenn die gute Möglichkeit besteht, dass ein Dritter, insbesondere ein Familienangehöriger, hiervon über einen erheblichen Zeitraum zumindest entscheidend mitversorgt worden ist. Ohne Bedeutung ist es dagegen, ob die Lebensmittel unmittelbar in Naturalien gewährt worden sind, oder ob die Betroffenen Lebensmittelcoupons erhalten haben, die sie gegen Lebensmittel eintauschen konnten.

(2) Nach Maßgabe dieser Grundsätze ist die von der Klägerin ausgeübte Tätigkeit nicht als entgeltlich anzusehen.

Insoweit steht zunächst nach ihren eigenen unmissverständlichen Angaben fest, dass sie für ihre Tätigkeiten in der Wäscherei kein Bargeld oder vergleichbare Zahlungsmittel, sondern lediglich Lebensmittel, ggf. andere Sachbezüge und Lebensmittelgutscheine erhalten hat. Weder im ZRBG-Fragebogen im Verwaltungsverfahren noch im von ihr am 28.12.2003 unterzeichneten Rentenformantrag hat sie behauptet, Bargeld erhalten zu haben. Stattdessen hat sie Proviant, Gutscheine, Sachbezüge als Gegenleistung für die verrichteten Arbeiten angegeben. Entsprechende Angaben hat sie auch auf die unmissverständlichen Fragen des Senats im Juni 2008 gemacht. Darüberhinaus ist weder bei den Angaben gegenüber der JCC noch im Entschädigungsverfahren eine erhaltene Gegenleistung für die verrichteten Tätigkeiten erwähnt worden. Schließlich hat Prof. Dr. Golczewski in seinem im Wege des Urkundsbeweises verwerteten Gutachten vom 23.09.2007 ebenfalls ausgeführt, dass es für Ludwipol keine konkreten Hinweise dafür gebe, ob und ggf. wie Barlöhne an jüdische Beschäftigte gezahlt worden seien, so dass den Angaben der Klägerin keine historischen Erkenntnisse entgegenstehen.

Bezüglich der erhaltenen Lebensmittel und sonstigen Sachbezüge kann nicht im Sinne einer guten Möglichkeit festgestellt werden, dass diese nach dem vorbestimmten Maß zur beliebigen Verfügung geeignet gewesen, d.h. über den unmittelbaren Bedarf der Klägerin hinausgegangen wären. Hierzu hat die Klägerin keine detaillierten, nachvollziehbaren Angaben gemacht und kann dies auch nach eigenem Bekunden nicht mehr. So hat sie auf die Fragen des Senats nach dem konkreten mengenmäßigen Umfang der erhaltenen Lebensmittel, Lebensmittelgutscheine und sonstigen Sachbezüge mitgeteilt, dass sie sich hieran nicht mehr erinnern könne. Für den Senat besteht daher nur die Möglichkeit, diesbezüglich auf die vorliegenden historischen Erkenntnisse abzustellen. In den Untersuchungen von Spector wird die Versorgungssituation im RKU als katastrophal beschrieben. So stellt Spector in seinen Ausführungen dar, dass zur Ghettozeit einem Arbeiter lediglich 260 - 390 Kalorien täglich bei einem tatsächlichen täglichen Bedarf von etwa 4.500 Kalorien zur Verfügung standen. Auf diese Schilderung bezieht sich auch Golczewski in dem in das Verfahren eingeführten Gutachten. Nach diesen historischen Erkenntnissen muss daher davon ausgegangen werden, dass die bezogenen Nahrungsmittel objektiv nicht einmal dazu geeignet waren, den mit der Arbeit verbundenen Kalorienbedarf zu decken, so dass ein Erhalt von Sachbezügen über den freien Unterhalt hinaus unwahrscheinlich zumindest aber nicht überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. so z.B. Senat, Urteil vom 09.01.2008, L 8 R 149/06, www.sozialgerichtsbarkeit.de, vom 03.09.2008, L 8 R 265/07, www.sozialgerichtsbarkeit.de). Die Ernährung und Versorgung zum Zwecke des Erhalts der eigenen Arbeitskraft ist jedoch ein Umstand, der in gleicher Weise für Zwangsarbeit typisch ist - schon aus reinem eigenem Interesse desjenigen, der die Arbeitskraft der Zwangsarbeiter für sich ausbeutet. Einen deutlichen Unterschied sieht der Senat erst dann als gegeben an, wenn das Maß der empfangenen Gegenleistung - unabhängig davon, ob in Form von Coupons oder Naturalien gewährt - objektiv bewertet dazu ausreicht, um nicht nur dem Arbeitenden selbst, sondern mindestens eine weitere Person für einen erheblichen Zeitraum zu ernähren oder hierzu einen entscheidenen Beitrag zu leisten, und sei es nur auf dem im Ghetto allgemein herrschenden außerordentlich niedrigen Ernährungsniveau. Diese Voraussetzungen sind hier aber nicht erfüllt, auch wenn die Klägerin auf die Fragen des Senats angegeben hat, die erhaltenen Sachbezüge/Lebensmittel/Gutscheine seien ausreichend gewesen, um ihren Eltern behilflich zu sein. Dieser Vortrag reicht nicht aus, eine maßgebliche Mitversorgung der Eltern der Klägerin anzunehmen. Denn die Eltern der Klägerin haben - wie diese selber ausführt - selbst für den Judenrat des Ghetto Ludwipols gearbeitet. Zum Anderen aber auch im Hinblick auf den Umstand, dass die Eltern der Klägerin - wie diese selber ausführt - selbst für den Judenrat des Ghetto Ludwipols gearbeitet und so eigene Lebensmittelrationen erwirtschaftet. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Klägerin und ihre Eltern sich gegenseitig mit dem wenigen, was sie hatten, unterstützt haben, ohne dass dies an der Qualität bzw. Quantität des Erhaltenen für diese Subsumierung unter den Entgeltbegriff etwas ändern würde.

Auch Barlohnzahlungen vermeintlicher Arbeitgeber (der Wehrmacht) der Klägerin an den Judenrat sind nicht überwiegend wahrscheinlich im Sinne einer guten Möglichkeit. Zwar dokumentiert Golczewski in seinem Gutachten, dass es rechtliche Vorgaben zur Entlohnung von Juden im Reichskommissariat Ukraine gegeben hat. Er geht aber davon aus, dass es zu Barlohnauszahlungen an jüdische Arbeiter nicht gekommen ist. Insofern entspricht der Vortrag der Klägerin der historischen Einschätzung von Golczewski. Darüber hinaus kann der Gutachter für Ludwipol auch nicht belegen, dass Löhne für die jüdischen Arbeiter an die Judenräte abgeführt worden sind. Hierfür gibt es vorliegend auch keine konkreten Anhaltspunkte, von denen auf eine entsprechende gute Möglichkeit zu schließen wäre. Die historische Situation wird auch von Spector im RKU als geprägt durch die Willkür der ukrainischen Bürokratie beschrieben. Er verweist hierzu auf jüdische Zeugenaussagen, nach denen die Zahlung oder Nichtzahlung von Löhnen von der Laune der örtlichen Statthalter und der ukrainischen Bürokratie, einschließlich der sich in diesem Gebiet durch besondere Willkür auszeichnenden Polizei abhing.

Ohne Erfolg macht die Klägerin weiter geltend, für das Merkmal einer Beschäftigung "gegen Entgelt" iSv § 1 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b) ZRBG reiche es aus, dass sie für ihre Arbeitsleistung einen Rechtsanspruch auf Entgelt gehabt habe, auch wenn dieses nicht gezahlt worden sei.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin einen solchen Rechtsanspruch zu Recht aus § 2 Abs. 5 der ab dem 01.12.1941 geltenden Anordnung des Reichskommissars der Ukraine zur Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen gewerblicher Arbeitskräfte (Amtliche Mitteilungen des Reichskommissars Nr. 8 v. 13.12.1941) herleitet. Danach erhielten Juden 80 v. H. der in § 2 Abs. 2 der Anordnung näher geregelten Grundlöhne für in der Ukraine ansässige gewerbliche Arbeitnehmer nichtdeutscher Staatsangehörigkeit. Ob der Reichskommissar mit dieser Anordnung tatsächlich individuelle Lohnansprüche der jüdischen Arbeiterinnen und Arbeiter begründen wollte, bedarf indessen keiner Entscheidung. Denn allein das Bestehen eines solchen individuellen Lohnanspruchs führt nicht zur Entgeltlichkeit der Beschäftigung, wenn - wie im vorliegenden Fall - die zugrunde liegende Regelung nicht umgesetzt und tatsächlich kein Entgelt gezahlt worden ist.

Die Zahlung von Entgelt kann nicht fingiert werden, weil sie - gegebenenfalls - verfolgungsbedingt unterblieben ist. § 12 WGSVG erlaubt lediglich die Fiktion der Beitragszahlung. Ist darüber hinaus verfolgungsbedingt auch kein Entgelt gezahlt worden, so ist als Ausgleich hierfür innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung die Ersatzzeit gemäß § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI vorgesehen, nicht aber die Anerkennung einer fiktiven Beitragszeit.

Allein der Rechtsanspruch auf Entgelt führt auch nicht nach den Grundsätzen der vom Reichsversicherungsamt (RVA) entwickelten Rechtsprechung zur Entgeltlichkeit der Beschäftigung, wonach für die Berechnung der Beiträge zur Sozialversicherung nicht das tatsächliche gezahlte Entgelt, sondern das Gehalt maßgebend war, auf dessen Zahlung bei Fälligkeit der Beiträge ein Rechtsanspruch bestand (sog. Fälligkeits- bzw. Entstehungsprinzip - z.T. auch als "Rechtsanspruchstheorie" bezeichnet - im Gegensatz zum sog. Zuflussprinzip; vgl. RVA, Entscheidung v. 29.10.1930, III AV. 44/30 B, Amtlich Nachrichten für Reichsversicherung (AN) 1931, IV 34; Entscheidung v. 08.12.1931, Entscheidungen und Mitteilungen [EuM]) 31 [1932], S. 537; Entscheidung v. 22.04.1936, III Ar. 60/35 BS, AN 1936, IV 275; Entscheidung v. 09.03.1938, II K 47/37 BS, AN 1938, IV 193).

Zunächst ist davon auszugehen, dass das Entstehungsprinzip mit Wirkung vom 01.07.1942 durch das Zuflussprinzip ersetzt worden ist. Ab diesem Zeitpunkt ordnete § 19 Abs. 1 der Zweiten Verordnung über die Vereinfachung des Lohnabzugs (Zweite LAV) v. 24.04.1942 (RGBl I, S. 252) nämlich an, dass die gesetzlichen Lohnabzüge, zu denen neben der Lohnsteuer auch die Beiträge zur Rentenversicherung gehörten (vgl. §§ 6 ff. Zweite LAV), grundsätzlich von derselben Bemessungsgrundlage zu berechnen waren. Daher ist anzunehmen, dass jedenfalls ab dem 01.07.1942 in der Sozialversicherung des Deutschen Reiches das Zuflussprinzip maßgebend war. Dies ist durch Ziff. 1 Satz 1 des Gemeinsamen Erlasses des Reichsministers der Finanzen und des Reichsarbeitsministers v. 10.09.1944 (AN 1944 II, S. 281) mit Wirkung vom 01.10.1944 nochmals klar gestellt worden.

Unabhängig davon setzt die Anwendung des Fälligkeits- bzw. Entstehungsprinzips das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Sinne einer Vereinbarung über den Austausch wirtschaftlicher Werte (Arbeitsleistung gegen Entgelt) und die tatsächliche Durchführung dieses Austauschverhältnisses voraus. Nur unter dieser Bedingung hat das RVA aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalles den Fortbestand eines seit mehreren Jahren bestehenden Beschäftigungsverhältnisses angenommen, wenn der tatsächliche Austausch von Arbeitsleistung und Entgelt für einen kurzen Zeitraum, d.h. wenige Tage bis Wochen, unterbrochen war. Längere Unterbrechungen der Entgeltzahlung haben demgegenüber zum Erlöschen des Beschäftigungsverhältnisses geführt (vgl. hierzu RVA, Entscheidung v. 16.01.1920, II K. 17.19 B, EuM 12 [1921], 93; Entscheidung v. 26.01.1924, II K 113/1923 B, Amtliche Nachrichten des RVA 1924, 84; jeweils m.w.N.). Vor diesem Hintergrund kann das Fälligkeits- oder Entstehungsprinzip daher nicht dazu herangezogen werden, eine nicht getroffene Vereinbarung über ein Beschäftigungsverhältnis bzw. eine tatsächlich zu keinem Zeitpunkt vorgenommene Entgeltzahlung zu ersetzen.

e) Da eine Entgeltlichkeit der Beschäftigung nicht gegeben ist, kann der Senat offenlassen, ob die Klägerin, wie von § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG gefordert, die von ihr verrichteten Arbeiten "aus eigenem Willensentschluss", d.h. freiwillig und nicht gezwungenermaßen aufgenommen hat.

2. Die von der Klägerin im Ghetto Ludwipol von Oktober 1941 bis September 1942 verrichteten Arbeiten können auch nicht nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw. §§ 15, 16 Fremdrentengesetz (FRG) i.V.m. § 20 WGSVG bzw. §17 a FRG oder § 12 WGSVG als Versicherungszeiten angerechnet werden.

Die Arbeit der Klägerin im Ghetto Ludwipol unterfiel nicht den Reichsversicherungsgesetzen. Im RKU galten diese nicht für Personen, die - wie die Klägerin - nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2001, B 13 RJ 59/00 R, zum sog. Generalgouvernement).

Eine Anrechnung als Versicherungszeit kann sich daher allein nach den §§ 15, 16 FRG in Verbindung mit § 20 WGSVG bzw. § 17 a FRG richten. Eine Anrechnung als Beitragszeiten nach § 15 Abs. 1 FRG kommt indes nicht in Betracht, weil eine Beitragsentrichtung zu einem nicht-deutschem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung nicht glaubhaft gemacht und von der Klägerin auch gar nicht dargestellt worden ist. Die Voraussetzungen des § 15 Abs. 3 FRG sind bereits deshalb nicht erfüllt, da - wie oben bereits ausgeführt worden ist - ein nach deutschem Recht dem Grunde nach rentenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis nicht im Sinne einer guten Möglichkeit festgestellt werden kann. Auch § 16 FRG greift nicht zugunsten der Klägerin ein, da die von ihr ausgeübten Tätigkeiten nicht nach dem am 01.03.1957 geltenden Bundesrecht (§§ 1227 und 1228 RVO nF) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung begründet hätten, wenn sie im Gebiet der Bundesrepublik ohne das Beitrittsgebiet verrichtet worden wären. Da nicht im Sinne einer Glaubhaftmachung festgestellt werden kann, dass die Klägerin eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt hat, liegen die Voraussetzungen des § 12 WGSVG ebenfalls nicht vor.

II.

Der Senat hatte keinen Anlass, den als Hilfsanträgen auszulegenden weiteren Anträgen der Klägerin nachzukommen.

1. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens entsprechend den Hilfsanträgen der Klägerin zu 1) und 2) bedarf es nicht.

Ob die Klägerin eine entgeltliche Beschäftigung im Ghetto Ludwipol ausgeübt hat, ist in erster Linie eine Frage des Einzelfalles und aufgrund der individuellen Umstände zu beurteilen, die unter die definitionsbedürftigen Rechtsbegriffe des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG zu subsumieren sind. Dies ist allein Aufgabe des erkennenden Gerichts, die nicht auf einen Sachverständigen übertragen werden kann. Aufgabe des historischen Sachverständigen ist es regelmäßig lediglich, die historischen Rahmenbedingungen zu klären, so dass das Gericht in die Lage versetzt wird die Plausibilität des klägerischen Vortrags bzw. der Erklärungen von Zeugen durch einen Abgleich mit den historischen Erkenntnissen beurteilen zu können. Demgegenüber ist es regelmäßig nicht Aufgabe eines Sachverständigengutachtens, fehlenden oder unvollständigen Vortrag der Beteiligten zu ersetzen.

Zur für den vorliegenden Fall ausreichenden Klärung des historischen Hintergrunds hat der Senat zudem ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Golczewski vom 23.09.2007 im Wege des Urkundsbeweises verwertet. Ob und welche relevanten anderweitigen oder ergänzenden historischen Erkenntnisse bezüglich der Entgeltlichkeit von Tätigkeiten im Ghetto Ludwipol von einer erneuten Befragung des Sachverständigen zu erwarten wären, ist von der Klägerin gar nicht dargelegt worden und für den Senat aus dem Verfahren heraus auch nicht ersichtlich. Auf die weiter aufgeworfene Frage, ob Beschäftigungen im Ghetto Ludwipol üblicherweise nur aus eigenem Willensentschluss aufgenommen worden sind, kommt es im vorliegenden Fall darüber hinaus schon deshalb nicht an, weil der Anspruch der Klägerin jedenfalls an der fehlenden Entgeltlichkeit der ausgeübten Tätigkeit scheitert.

Der Senat braucht den Sachverständigen auch nicht zur Glaubhaftigkeit des klägerischen Vortrags zu hören, weil er in seiner Entscheidung den Vortrag der Klägerin als zutreffend unterstellt. Dies sieht der Senat im Übrigen - wie oben dargelegt - durch die aus dem verwerten Gutachten gewonnenen historischen Erkenntnisse bestätigt.

Der Senat sieht sich auch nicht gedrängt, den historischen Sachverständigen Prof. Dr. Golczewski gemäß der klägerischen Anregung im (Hilfs-)Antrag zu 2. in den Archiven des Ghettos Ludwipol nach individuellen Unterlagen für die Klägerin suchen zu lassen. Hierbei handelt es sich nicht um einen förmlichen Beweisantrag, sondern lediglich um eine Ermittlungsanregung. Denn das Aufspüren oder Herbeischaffen von Beweismitteln ist kein förmliches Beweismittel. Im übrigen zwingt auch der Amtsermittlungsgrundsatz nicht dazu, mit erheblichem Kostenaufwand jedwede nur erdenkliche Möglichkeit auszunutzen, einem Anspruchssteller bzw einer Anspruchsstellerin aus seiner oder ihrer Beweisnot zu helfen, gerade wenn im Einzelfall - wie oben dargestellt - vor einem originär im Sachverständigenbeweis ermittelten historischen Hintergrund mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass eine Barlohnzahlung - was sich auch noch mit dem klägerischen Vortrag deckt - nicht erfolgt ist und sich im Übrigen bei zuvor erfolgten historischen Ermittlungen keine Zahlungen potentieller Arbeitgeber an den Judenrat des Ghettos nachvollziehen ließen.

2. Der Senat hat ferner entgegen dem Hilfsantrag zu 3) im Rahmen seines Ermessens davon abgesehen, das persönliche Erscheinen der Klägerin zum Termin zur mündlichen Verhandlung anzuordnen.

Die Entscheidung über die Anordnung des persönlichen Erscheinens zur mündlichen Verhandlung liegt nach § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG im Ermessen des Gerichts. Die Anordnung dient vor allem der Erforschung des Sachverhalts unter Heranziehung der Beteiligten (§ 103 Satz 1 SGG). Das ergibt sich bereits aus dem über § 202 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbaren § 141 Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach das Gericht das persönliche Erscheinen anordnen soll, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Darüber hinaus kann das persönliche Erscheinen angeordnet werden, um das Sach- und Streitverhältnis mit den Beteiligten zu erörtern und darauf zu wirken, dass sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären sowie angemessene und sachdienliche Anträge stellen (§ 112 Abs. 2 Satz 2 SGG). Dagegen hat die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht die Funktion, das rechtliche Gehör der Beteiligten (vgl. hierzu Art 103 Abs. 1 Grundgesetz [GG], § 62 SGG) sicherzustellen. Insofern darf die Zielrichtung des § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht mit der in § 112 Abs. 2 Satz 1 SGG geregelten Möglichkeit der Beteiligten verwechselt werden, in der mündlichen Verhandlung das Wort zu ergreifen.

Das geschilderte Verständnis des § 111 Abs. 1 Satz 1 SGG entspricht allgemeiner Auffassung in Rechtsprechung und Literatur (BSG, Beschluss v. 31.01.2008, B 2 U 311/07 B; Beschluss v. 31.10.2005, B 7a AL 14/05 B; Urteil v. 21.06.1983, 4 RJ 3/83; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 03.02.2006, L 4 R 47/05; Beschluss v. 10.10.2001, L 16 KR 42/01; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 11.05.2005, L 3 AL 1306/00; Knittel in Hennig, SGG; § 111 Rdnr. 3; Kolmetz in Jansen, SGG, 2. Aufl. [2005], § 111 Rdnr. 3; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. [2008], § 111 Rdnr. 2 ff.; Peters/Sautter/Wolff, SGG, Stand 2004, § 111 Rdnr. 3 ff.; Roller in Hk-SGG, § 111 Rdnr. 3; Rohwer-Kahlmann, SGG, Stand 2002, § 111 Rdnr. 1). Soweit der Senat abweichend hiervon und im Gegensatz zu seiner ständigen bisherigen Rechtspraxis in seinem Urteil vom 19.03.2008, L 8 R 264/07, die Ansicht vertreten hat, es komme für die Entscheidung über die Anordnung des persönlichen Erscheinens maßgeblich auf den Willen des Verfahrensbeteiligten selbst an, weil die Vorschrift des § 111 Abs. 1 SGG einfachgesetzlicher Ausdruck des Grundrechts aus Art 103 Abs. 1 GG sei, hält er hieran nicht fest.

Bei der Erfüllung seiner Pflichten nach §§ 103 Satz 1 SGG, 112 Abs. 2 Satz 2 SGG stehen den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit auch außerhalb der Anordnung des persönlichen Erscheinens vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung, die Beteiligten zur Aufklärung des Sachverhalts heranzuziehen und darauf hinzuwirken, dass sie sich über erhebliche Tatsachen vollständig erklären. So können sich die entscheidungserheblichen Tatsachen zunächst aus den vorbereitenden Schriftsätzen der Beteiligten ergeben (§ 108 Satz 1 SGG). Ist der Beteiligte anwaltlich vertreten, darf das Gericht grundsätzlich davon ausgehen, dass die Prozessbevollmächtigten sich im Rahmen ihrer Verpflichtung zur gewissenhaften Berufsausübung (vgl. § 43 Satz 1 Bundesrechtsanwaltsordnung) zumindest bemühen, den maßgeblichen Prozessstoff vollständig und wahrheitsgemäß vorzutragen. Zudem kann das Gericht den Beteiligten aufgeben, zu bestimmten Vorgängen Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen (§ 106a Abs. 2 Nr. 1 SGG). Es kann die Verwaltungsakte der Beklagten und anderer Behörden beiziehen (§§ 104 Satz 3, 119 SGG) und die darin enthaltenen Erklärungen der Beteiligten verwerten. Ferner kann das Gericht sich im Besitz Dritter befindliche Urkunden über anderweitige Erklärungen der Beteiligten vorlegen lassen (§ 106 Abs. 3 Nr. 1 SGG iVm §§ 428 ff. ZPO) oder hierüber Auskünfte einholen (§ 106 Abs. 3 Nr. 3 SGG). Die Anhörung der Beteiligten im Termin und die Anordnung ihres persönlichen Erscheinens hierzu kommt daher nur als eines von mehreren Erkenntnismitteln in Betracht, insbesondere wenn und soweit das Gericht die bislang vorliegenden Erklärungen nicht für ausreichend hält und sich von einer persönlichen Befragung weitere Aufklärung erhofft. Dagegen bedarf es einer Anordnung des persönlichen Erscheinens beispielsweise nicht, wenn das Gericht auf der Grundlage der bisherigen Angaben der Beteiligten den Sachverhalt als ausreichend geklärt ansieht (Senat, Urteil v. 05.03.2008, L 8 R 321/06).

Auf dieser Grundlage war die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin im vorliegenden Fall nicht geboten. Der Sachverhalt erscheint aufgrund der persönlichen Angaben der Klägerin, denen der Senat uneingeschränkt folgt, ausreichend geklärt. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, zu welchen weiteren Erkenntnissen ihre persönliche Anhörung führen könnte.

Die Klägerin konnte auch nicht darauf vertrauen, der Senat werde ihr persönliches Erscheinen anordnen und nicht ohne sie verhandeln oder entscheiden. Auf die Möglichkeit, dass auch im Falle ihres Ausbleibens verhandelt und entschieden werden kann, ist ihre Prozessbevollmächtigte mit der ordnungsgemäßen Ladung hingewiesen worden (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 73 Abs. 3 SGG). Dass das persönliche Erscheinen der Klägerin erforderlichenfalls auch kurzfristig nach erfolgter Ladung hätte angeordnet werden können bzw. dass im Falle seines persönlichen Erscheinens ohne eine solche Anordnung die Möglichkeit der Auslagenvergütung nach § 191 2. Halbsatz SGG bestanden hätte, bleibt hiervon unberührt.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 183, 193 SGG. Anlass die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, hat nicht bestanden. Der Angelegenheit kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Denn zu den anzuwendenden gesetzlichen Begriffen sind schon mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung geben (vgl. BSG SozR 3-1500, § 160 Nr. 8; BSG Beschluss vom 06.08.2008 - B 5 R 69/07 B). Es liegt auch keine Divergenz im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG vor. Denn der Zulassungsgrund der Divergenz verlangt, dass die anzufechtende Entscheidung einen Rechtssatz enthielte, der zu einem abstrakten Rechtssatz einer höchstrichterlichen Entscheidung in Widerspruch stünde. Eine solche Abweichung liegt aber insbesondere gegenüber der Entscheidung des BSG vom 14.12.2006 - B 4 R 29/06 R - nicht vor, da die dort vorgenommene Definition von Rechtsbegrifflichkeiten wie des freien Willensentschlusses und der Entgeltlichkeit im Sinne des ZRBG keine für die dortige Entscheidung tragenden Rechtssätze sind. Die Entscheidung befasst sich mit den Begrifflichkeiten lediglich in einem sogenannten obiter dictum (mit ähnlicher Argumentation BSG, Beschluss vom 06.08.2008, B 5 R 69/07 B).
Rechtskraft
Aus
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