L 2 B 308/08 AS ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Halle (Saale) (SAN)
Aktenzeichen
S 20 AS 2282/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 2 B 308/08 AS ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
keine Übernahme von Verpflichtung aus gekündigten Darlehen nach § 22 Abs. 5 SGB II
Die Beschwerde wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Übernahme von Zinsen und Schulden für zwei gekündigte Darlehen der B. sparkasse W. AG, zu deren Gunsten das Wohngrundstück des Antragstellers am 16. Februar 2009 versteigert werden soll.

Der am 1959 geborene Antragsteller bewohnt ein in seinem Eigentum stehendes Haus, das er im Jahr 2000 erworben hatte. Das Grundstück ist mit einem Wohnrecht und Grundschulden in Höhe von 30.000,00 DM und 80.000,00 DM belastet. Diese Belastungen übernahm der Antragsteller beim Erwerb. Das Hausgrundstück dient als Sicherheit für Darlehen, die der Antragsteller bei der W. B. sparkasse AG aufgenommen hat. Das erste Darlehen (Darlehensnummer ) gewährte die B. sparkasse zur tilgungsfreien Zwischenfinanzierung bis zu einer Ablösung durch ein Bauspardarlehen. Ein weiteres Darlehen (Darlehensnummer ) nahm der Antragsteller zu Modernisierungszwecken auf. Die B. sparkasse kündigte am 1. Dezember 2004 beide Darlehensverträge (Bl. 18 der Gerichtsakte) und verlangte mit Schreiben vom 23. Juli 2007 (Bl. 369 der Verwaltungsakte) die sofortige Rückzahlung der Gesamtforderung von 56.280,38 EUR. Zu diesem Zeitpunkt bestanden Zahlungsrückstände in Höhe von 7.461,38 EUR, was sich ebenfalls aus dem Schreiben der B. sparkasse vom 23. Juli 2007 ergibt.

Auf Antrag der W. B. sparkasse AG wurde am 20. März 2007 das Verfahren zur Zwangsversteigerung des Hausgrundstücks angeordnet und am 4. April 2007 erfolgte die Eintragung eines Versteigerungsvermerks im Grundbuch. Das Hausgrundstück sollte zunächst am 18. August 2008 im Amtsgericht Zeitz versteigert werden.

Am 3. Juli 2008 belief sich die Gesamtforderung aus den gekündigten Darlehen auf insgesamt 60.663,44 EUR (Bl. 12 und 13 der Gerichtsakte).

Der Antragsteller bezieht seit dem 1. August 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Mit Bescheid vom 12. Oktober 2005 bewilligte ihm die Antragsgegnerin für den Zeitraum 1. August bis 31. Dezember 2005 Leistungen in Höhe von 725,15 EUR monatlich. Darin waren Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 394,15 EUR enthalten. In diesem Betrag sind die Zinsen für das gekündigte Darlehen Nr. enthalten. Mit weiteren Bescheiden wurden entsprechende Leistungen für sich anschließende Zeiträume bewilligt. Gegen einen Bescheid der Antragsgegnerin vom 2. Oktober 2007 in der Gestalt ihres Widerspruchsbescheides vom 6. Mai 2008 ist eine am 6. Juni 2008 erhobene Klage beim Sozialgericht Halle noch anhängig. Die Bescheide für das Jahr 2008 (vom 8. Januar 2008 und vom 19. Juni 2008) wurden nicht angegriffen und sind bestandskräftig geworden.

Am 10. Juni 2008 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Halle (SG) im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes sinngemäß beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, vorläufig zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung die offenen Schuldbeträge bei der W. B. sparkasse AG für die Bausparverträge darlehensweise zu übernehmen.

Das SG hat den Antrag mit Beschluss vom 23. Juli 2008 abgelehnt. Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 8. Mai 2008 (Az.: L 2 B 94/07 AS ER) bezogen. Die nach Kündigung der Darlehen anfallenden Zinsen seien keine Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1, da es sich um Verzugszinsen und nicht um vertraglich geschuldete Zinsen handele. Auch die zurückzuerstattenden Darlehensbeträge in Höhe von zuletzt insgesamt 60.663,44 EUR seien nicht als Leistungen für Unterkunft und Heizung von der Antragsgegnerin zu übernehmen. Tilgungsleistungen zur Finanzierung von Wohneigentum könnten grundsätzlich nach der Rechtsprechung nicht übernommen werden. Auch eine ausnahmsweise Übernahme komme hier nicht in Betracht. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die geringe Rückzahlungssumme in einem eklatanten Missverhältnis zu schon erbrachten Leistungen stände und es dem Eigentümer nicht zugemutet werden könne, durch die Nichtzahlung der Tilgung sein Eigentum zu verlieren. Ein solcher Fall liege hier jedoch bei über 60.000,00 EUR Schulden nicht vor. Eine darlehensweise Übernahme nach §§ 22 Abs. 5 SGB II oder § 23 Abs. 1 SGB II komme ebenfalls nicht in Betracht. Die darlehensweise Übernahme der Verzugszinsen scheide aus, weil dies zur Sicherung der Unterkunft nicht gerechtfertigt sei. Aufgrund der nicht eingetretenen Reduzierung der Gesamtdarlehensschuld würde auch die Ausgleichung der offenen Rückstände die Zwangsvollstreckung nicht dauerhaft abwenden. Denn der Antragsteller sei aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenslage nicht in der Lage, die Rückzahlungsverpflichtungen zu bedienen. § 23 Abs. 1 SGB II komme als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht, da für die Übernahme von Schulden im Recht der Grundsicherung § 22 Abs. 5 SGB II alleinige Rechtsgrundlage sei.

Gegen den am 24. Juli 2008 zugestellten Beschluss des SG hat der Antragsteller am 28. Juli 2008 Beschwerde bei dem Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) eingelegt. Das SG hat die Beschwerde dem LSG zur Entscheidung vorgelegt.

Der Antragsteller hat seine Beschwerde nicht begründet.

Er beantragt sinngemäß,

den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 23. Juli 2008 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, die offenen Schuldbeträge bei der W. B. sparkasse AG für die Bausparverträge Nr. und Nr. vorläufig darlehensweise zu übernehmen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Nachdem der ursprüngliche Versteigerungstermin aufgehoben worden war, hat das Amtsgericht Zeitz – laut telefonischer Auskunft des Antragstellers – für den 16. Februar 2009 erneut ein Termin zur Versteigerung des Grundstücks anberaumt. Derzeit wohnt der Antragsteller weiterhin in seinem Haus und die Wohnverhältnisse sind unverändert.

Die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin und die Gerichtsakten haben vorgelegen und sind Gegenstand der Beratung gewesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie gemäß § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft und gemäß § 173 SGG form- und fristgerecht eingelegt worden.

Sie ist jedoch unbegründet.

Zur Begründung wird nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage auf die überzeugenden Gründe des SG Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen, § 142 Abs. 2, Satz 3 SGG. Die Entscheidung des SG zitiert die Rechtsprechung des erkennenden Senats (Beschluss vom 08. Mai 2008, L 2 B 94/07 AS ER) und wendet diese zutreffend auf den vorliegenden Fall an. In Anbetracht des neu anberaumten Versteigerungstermins entspricht die Sachlage derjenigen zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung. Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller keine neuen Argumente oder Gesichtspunkte vorgetragen, die nicht bereits vom SG berücksichtigt und gewürdigt worden sind.

Ergänzend wird ausgeführt:

Auch vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), wonach die Berücksichtigung von Tilgungsraten für eine selbst genutzte Eigentumswohnung als Unterkunftskosten nicht von vornherein ausgeschlossen sein soll (Urteil vom 18. Juni 2008, B 14/11b AS 67/06 R, noch nicht veröffentlicht), ergibt sich keine andere Bewertung. Denn dies kommt in bestimmten Konstellationen und nur in Betracht, wenn der Zweck der Leistung der Übernahme der Tilgungen nicht entgegensteht. Es entspricht jedoch nicht dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung zur Übernahme von Unterkunftskosten, dass die sofortige Rückzahlungsverpflichtung des Antragstellers in Höhe von über 60.000,00 EUR ganz oder auch nur teilweise von der Antragsgegnerin erfüllt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG nicht anfechtbar.

gez. Lauterbach gez. Wulff gez. Dr. Peters
Rechtskraft
Aus
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