Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 72 KR 2540/05
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 626/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung eines Beitragszuschlages von 0,25 % in der gesetzlichen Pflegeversicherung ab 1. Januar 2005 für Kinderlose nach Vollendung des 23. Lebensjahres.
Sie ist als versicherungspflichtig Beschäftigte Mitglied der Beklagten, kinderlos und hat nie Pflegekinder aufgenommen. Seit 1. Januar 2005 erhebt die Beklagte einen Zuschlag von 0.25 % auf den Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung. Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 15. Dezember 2004, sie von der Erhöhung freizustellen. Sie werde durch den Zuschlag ungerechtfertigt benachteiligt, weil sie aus gesundheitlichen Gründen keine Kinder habe bekommen können.
Mit Bescheid vom 3. März 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung vom Beitragszuschlag für Kinderlose ab. Auf den Widerspruch der Klägerin hin wies sie mit Schreiben vom 24. März 2005 u. a. daraufhin, dass nach dem Kinderberücksichtigungsgesetz (KiBG) mit Wirkung ab 1. Januar 2005 der Beitragszuschlag zur Pflegeversicherung eingeführt worden sei. Eltern im Sinne der neuen Regelung, die von dem Zuschlag ausgenommen seien, seien nur die in § 56 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) genannten Personen, also Eltern, sonstige Verwandte der aufsteigenden Linie, Stief- und Pflegeeltern.
Sie wies den Widerspruch als Pflegekasse mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2005 zurück. Dagegen hat die Klägerin am 11. Mai 2005 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Die Neuregelung sei verfassungswidrig, da sie die Klägerin gegenüber anderen Kinderlosen wie Adoptiv-, Stief- und Pflegeeltern benachteilige. Aus ihrer Kinderlosigkeit dürfe kein Nachteil gezogen werden. Die Lösung des Gesetzgebers, die Kinderlose mit einer Beitragssatzerhöhung bestrafe, sei ein unzulässiges Maßnahmegesetz, da die Beitragserhöhung lediglich eine versteckte Finanzierung der Pflegeversicherung bezwecke. Die Pflegekasse der Beklagten hob mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2005 den Widerspruchsbescheid auf. Die Beklagte als Krankenkasse erließ stattdessen am 2. November 2005 einen im Tenor und Begründung identischen Widerspruchsbescheid.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 17. Oktober 2007 die Klage abgewiesen. Diese sei als Begehren, unter Aufhebung des Bescheides festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, zusätzlich zur sozialen Pflegeversicherung einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 % aus dem beitragspflichtigen Einnahmen zu entrichten, unbegründet. Die Beklagte sei für den Erlass des Bescheides als Einzugsstelle nach §§ 28 d, 28 h Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zuständig, weil die Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt sei und daher Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu entrichten habe. Der Beitragssatz der Pflegeversicherung betrage gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI 1,7 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Dieser Beitragssatz erhöhe sich gemäß § 55 Abs. 3 SGB XI um 0,25 % für Kinderlose. Sie habe vor dem 1. Januar 2005 das 23. Lebensjahr vollendet und sei kinderlos. Sie sei ferner weder vor dem 1. Januar 1940 geboren, noch habe sie seit dem 1. Januar 2005 Wehr- und Zivildienst geleistet oder Arbeitslosengeld II bezogen. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG; BVerfGE 103, 242) reagiert, das lediglich eine relative Entlastung Erziehender gefordert habe. Dieser Forderung genüge die Regelung mit dem zusätzlichen Beitrag für Kinderlose. Der Gesetzgeber habe auch sachgerecht zwischen den Gruppen der Kinderlosen und der der Erziehenden unterscheiden dürfen. Die Differenzierung sei nicht willkürlich, so dass ein Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) nicht vorliege. Auch Artikel 14 GG sei nicht verletzt. Dieser schütze nicht die Beibehaltung der Höhe des Beitragssatzes in der sozialen Pflegeversicherung.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie habe sich leibliche Kinder sehr gewünscht. Ihre Benachteiligung gegenüber Eltern, die ihr Kind nicht oder nicht mehr erzögen oder deren Kind bereits verstorben sei, und die trotzdem nicht als kinderlos gälten, sei nicht gerechtfertigt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. Oktober 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. März 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2005 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, den Beitragzuschlag nach § 55 Abs. 3 SGB XI zusätzlich zur sozialen Pflegeversicherung zu entrichten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten hat vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist zwar als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig (vgl. Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 5. Juli 2006 – B 12 KR 19/04 R RdNr. 35ff), jedoch unbegründet. Es handelt sich nicht um eine unerlaubte so genannte Elementenfeststellung, bei welcher die Einzugsstelle abstrakte Beitragsbelastungen dem Grunde nach feststellt, anstelle konkrete Beitragspflichten festzusetzen (vgl. BSG, a.a.O. RdNr. 34). Der angefochtene Bescheid ist nämlich kein belastender. Vielmehr hat die Beklagte (als Einzugsstelle gemäß § 28 h SGB IV) lediglich den Erlass einer Begünstigung, nämlich eines Teilerlasses, abgelehnt.
Der angefochtene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtsmäßig. § 55 Abs. 3 SGB XI in der heutigen Fassung ist verfassungsgemäß. Der Senat verweist auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Berufungsvorbringen gibt zu einer auch nur möglicherweise anderen Beurteilung keinen Anlass:
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass auch Eltern, welche lediglich biologische Eltern seien, ohne tatsächliche Erziehungsleistungen zu erbringen, nicht kinderlos im Sinne der Vorschrift seien, wird jedenfalls nicht sie in Grundrechten verletzt. Wird die Gleichheitswidrigkeit einer gesetzlichen Regelung gerügt, beschränkt sich nämlich die gerichtliche Prüfung auf die Abklärung solcher in Betracht zu ziehender Verfassungsverstöße, bezüglich derer eine Feststellung der Verfassungswidrigkeit dem Betroffenen zumindest die Chance auf eine auch für ihn persönlich sich günstiger auswirkende gesetzgeberische Neuregelung eröffnet (vgl. BVerfG BVerfGE 74, 182, 195f; 93, 386, 395 jeweils zu konkreten Normenkontrollen ). Unverhältnismäßig benachteiligt und deshalb in ihrem Recht aus Art. 3 I GG verletzt, könnten lediglich die "echten" Eltern sein, jedoch nicht gänzlich Kinderlose wie die Klägerin. Entsprechendes gilt für die angebliche Bevorzugung derjenigen Eltern, deren Kind bereits verstorben ist. Die Klägerin selbst wird auch nicht benachteiligt, soweit es den Haupteinwand der Rechtsliteratur gegen § 55 Abs. 3 SGB XI betrifft, das Gesetz benachteilige nach wie vor Eltern mit mehr als einem Kind.
Zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift selbst verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Bundessozialgerichts vom 27.02.2008 –B 2 P 12/07 R-, welche er sich aus eigener Überzeugung zu Eigen gemacht hat:
"9 1. Gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI erhöht sich ab 1.1.2005 der nach § 5 Abs. 1 SGB XI geltende Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung von 1,7 % um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten (Beitragszuschlag für Kinderlose) mit dem Ablauf des Monats, in dem das Mitglied das 23. Lebensjahr vollendet hat. Den Beitragszuschlag für Kinderlose tragen grundsätzlich die Versicherten. Kein Beitragszuschlag ist von versicherten Eltern iS des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 SGB I zu entrichten. Hierzu gehören auch Pflege- und Stiefeltern. Gemäß § 55 Abs. 3 Satz 7 SGB XI zahlen vor dem 1. Januar 1940 geborene Versicherte den Beitragszuschlag nicht, auch von Wehr- und Zivildienstleistenden und Beziehern von Arbeitslosengeld II ist er nicht zu erheben. 10 Der Gesetzgeber hat mit diesen Regelungen das Urteil des BVerfG vom 3. April 2001 ( umgesetzt. Das BVerfG hatte in dieser Entscheidung die beitragsrechtlichen Vorschriften der § 54 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 57 SGB XI für unvereinbar mit Art 3 Abs. 1 i.V.m. Art 6 Abs. 1 GG erklärt, soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung mit Kindern mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag belastet werden wie Mitglieder ohne Kinder. Es hat zur Begründung ausgeführt, Art 3 Abs. 1 i.V.m. Art 6 Abs. 1 GG sei dadurch verletzt, dass die Betreuung und Erziehung von Kindern als konstitutive Leistung bei der Bemessung von Beiträgen beitragspflichtiger Versicherter keine Berücksichtigung finde. Dadurch werde die Gruppe der Versicherten mit Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung, die aus dieser Betreuungs- und Erziehungsleistung im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit Nutzen ziehen würden, in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Da auf die Wertschöpfung durch heranwachsende Generationen jede staatliche Gemeinschaft angewiesen sei und an der Betreuungs- und Erziehungsleistung von Familien ein Interesse der Allgemeinheit bestehe, seien Erziehungsleistungen zugunsten der Familie in einem bestimmten sozialen Leistungssystem zu berücksichtigen. Werde dieser generative Beitrag nicht mehr in der Regel von allen Versicherten erbracht, führe dies zu einer spezifischen Belastung Kinder erziehender Versicherter im Pflegeversicherungssystem, deren benachteiligende Wirkung auch innerhalb dieses Systems auszugleichen sei. Das BVerfG hat damit verbindlich entschieden, dass der Vorteil kinderloser Versicherter in der sozialen Pflegeversicherung systemspezifisch beitragsrechtlich zu kompensieren ist. Für die vom BVerfG geforderte beitragsrechtliche Kompensation des Vorteils kinderloser Versicherter in der sozialen Pflegeversicherung hat der Gesetzgeber allerdings nicht die Beiträge der Versicherten mit Kindern reduziert, sondern die Beiträge für Kinderlose um 0,25 % erhöht. 11 2. Der 1968 geborene Kläger hat dementsprechend seit dem 1.01.2005 gemäß § 60 Abs. 5 i.V.m. § 59 Abs. 5 SGB XI aus seinen beitragspflichtigen Einnahmen Pflegeversicherungsbeiträge unter Berücksichtigung des zusätzlichen Beitragszuschlags für Kinderlose nach einem Beitragssatz von insgesamt 1,95 % zu zahlen. Er gehört nicht zu den Personen, die von dieser Verpflichtung ausgenommen sind. Weder hat er ein Kind noch ein Pflege- bzw. Stiefkind. Die gesetzlichen Vorschriften setzen jedoch bereits nach ihrem Wortlaut für die Elterneigenschaft nur voraus, dass ein Kind vorhanden ist. Die Regelungen stellen nicht darauf ab, ob die Kinderlosigkeit ungewollt ist. Den Gesetzesmaterialien ist ebenfalls zu entnehmen, dass die Verpflichtung zur Zahlung des Beitragszuschlages unabhängig von den Gründen für die Kinderlosigkeit bestehen soll. Der Kläger gehört auch nicht zu einer der genannten Gruppen von kinderlosen Versicherten, die von der Zahlungspflicht ausgenommen sind. 12 3. Der Aussetzung des Verfahrens und der Vorlage an das BVerfG gemäß Art 100 Abs. 1 GG bedurfte es nicht. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass § 55 Abs. 3 SGB XI verfassungswidrig ist, soweit ungewollt kinderlose Versicherte zur Zahlung des Beitragszuschlags von 0,25 % verpflichtet sind. Die gesetzliche Regelung verstößt in ihrer Anwendung auf den Kläger insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs. 1 GG. 13 Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 3.04.2001 ) u.a. ausgeführt, Art 3 Abs. 1 GG verbiete es dem Gesetzgeber, bei seiner Entscheidung, welche Merkmale er beim Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend ansehe, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln, das Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Der Gleichheitssatz sei verletzt, wenn der Gesetzgeber es versäumt habe, Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam seien, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssten. Die beitragsrechtlichen Vorschriften der § 54 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 57 SGB XI hat das BVerfG danach für mit Art 3 Abs. 1 i.V.m. Art 6 Abs. 1 GG unvereinbar gehalten, weil trotz ihres sog generativen Beitrags Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung mit Kindern mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag belastet werden wie Mitglieder ohne Kinder.
14 Danach verstoßen die mit dem KiBG zur Umsetzung dieses Urteils geschaffenen, den Kläger belastenden Regelungen nicht gegen Art 3 Abs. 1 GG. § 55 Abs. 3 SGB XI führt zu unterschiedlichen Beitragsbelastungen von Versicherten. Während durch die Neuregelung für Versicherte mit Kindern sowie für weitere Gruppen von Versicherten die Beitragsbelastung bei ansonsten unveränderten Umständen ab 1.01.2005 gleich bleibt, erhöht sich bei den übrigen Versicherten - wie auch dem Kläger - ab Vollendung des 23. Lebensjahres der Beitragssatz von 1,7 % um 0,25 % auf 1,95 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Der Gesetzgeber hat damit allein an das Vorhandensein von Kindern angeknüpft, nicht dagegen an den jeweils entstehenden Aufwand für Kinder oder die Gründe für die Kinderlosigkeit. Diese Differenzierung ist nicht zu beanstanden. 15 a) Nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des Gesetzgebers, zur Umsetzung des Urteils des BVerfG Kinderlose wie den Kläger mit einem erhöhten Beitrag zu belasten, während Versicherte mit Kindern weiter Beiträge nach dem bisherigen Beitragssatz zahlen. Entgegen der Auffassung des Klägers wird hierdurch die verfassungsrechtlich geforderte relative Beitragsentlastung bewirkt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers dahin eingeschränkt war, dass nur eine Beitragsreduktion verfassungsrechtlich zulässig gewesen wäre. Eine solche Regelung hätte zu Beitragsausfällen geführt, die mit Beitragssatzerhöhungen hätten kompensiert werden müssen. Der Ausgleich einer relativen Beitragsentlastung im Beitragssystem der sozialen Pflegeversicherung setzte bei angestrebter Beibehaltung des Beitragsaufkommens voraus, dass Kinderlose höhere Beiträge als bisher zu zahlen haben. 16 b) Soweit der Kläger die Gleichbehandlung von ungewollt kinderlosen Versicherten mit Versicherten mit Kindern begehrt, findet eine solche Forderung im Verfassungsrecht keine Stütze. Das BVerfG hat gerade im Vergleich mit kinderlosen Versicherten eine Entlastung der Gruppe der Versicherten mit Kindern gefordert, mit der der Kläger die Gleichbehandlung begehrt (dazu s bereits oben), ohne dabei auf die Gründe der Kinderlosigkeit abzustellen. Sollte im übrigen auch die unfreiwillige Kinderlosigkeit aus medizinischen Gründen zu einem niedrigeren Beitragssatz führen, wie vom Kläger gefordert, wäre nicht zu erkennen, weshalb nicht auch aus anderen Gründen kinderlose Versicherte, z.B. Versicherte ohne Partner, von der Beitragsbelastung ausgenommen werden müssten. 17 c) Die Ungleichbehandlung des Klägers ist auch dann gerechtfertigt, wenn Versicherte allein aufgrund der Elterneigenschaft dauerhaft keinen Beitragszuschlag tragen müssen, selbst wenn sie keine Aufwendungen für Kinder haben oder von ihnen keine Erziehungs- und Betreuungsleistungen erbracht werden. Der Gesetzgeber durfte in Ausübung seines ihm eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung eines Art 3 Abs. 1 i.V.m. Art 6 Abs. 1 GG entsprechenden Beitragsrechts in der sozialen Pflegeversicherung vom Regelfall ausgehen und die vom BVerfG geforderte Entlastung an das (bloße) Vorhandensein eines Kindes knüpfen sowie ab dessen Geburt eine dauerhafte Beitragsentlastung vorsehen. Das GG verpflichtet den Gesetzgeber entsprechend dem Urteil des BVerfG lediglich dazu, bei der gebotenen Differenzierung der Beitragshöhe den sog generativen Beitrag zu berücksichtigen und die beitragspflichtigen Mitglieder mit einem oder mehreren Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung bei der Bemessung der Beiträge relativ zu entlasten. Dies kann durch die Berücksichtigung allein der Tatsache, dass ein Kind vorhanden ist, bei der Beitragsbemessung geschehen. Die geforderte Berücksichtigung des sog generativen Beitrags rechtfertigt es, an die Stellung als Eltern anzuknüpfen, ohne danach zu differenzieren, ob und inwieweit Eltern in der Erziehungsphase tatsächlich im Einzelfall Nachteile entstehen und inwieweit Kinder tatsächlich später zur sozialen Pflegeversicherung Beiträge leisten. Die Feststellung tatsächlicher Nachteile durch die Pflegekassen wäre darüber hinaus mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Schon im Hinblick auf die relativ geringe Differenz von 0,25 % Beitragssatzpunkten zwischen kinderlosen Versicherten und solchen mit Kindern steht die Beitragsentlastung letzterer über das Ende der Betreuungsphase und auch der Erwerbsphase der Versicherten hinaus nicht außer Verhältnis. Nach Umfang oder der Dauer der Kindererziehung und -betreuung musste deshalb nicht differenziert werden. 18 d) Der Senat lässt offen, ob sich der Kläger darauf berufen kann, dass weitere Gruppen von Versicherten den zusätzlichen Beitragszuschlag ebenfalls nicht zu zahlen haben, obwohl deren Begünstigung gerade nicht auf den Grund der Kinderlosigkeit abstellt, sondern jeweils an andere Sachverhalte anknüpft. Der Kläger macht insoweit auch allein geltend, für deren Begünstigung fehle eine Rechtfertigung, ohne auch zu fordern, er müsse gemessen an Art 3 Abs. 1 GG mit diesen Gruppen gleich behandelt werden. Eine Verletzung von Art 3 Abs. 1 GG käme insoweit allein in Betracht, wenn ein Versicherter wie der Kläger geltend machte, die bloße ungerechtfertigte Besserstellung anderer Versicherter führe wegen des Ausfalls der an sich sachgerechten Zahlungsverpflichtung dieser Versicherten zu messbaren Auswirkungen auf das Beitragsaufkommen und signifikant höheren Beiträgen für die benachteiligten Versicherten. 19 Soweit der Kläger die fehlende Beitragsbelastung der vor dem 1.01.1940 geborenen kinderlosen Versicherten geltend macht, könnten wegen der Größe dieser Gruppe solche Auswirkungen auf das Beitragsaufkommen bestehen. Der Senat konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass die Begünstigung dieser Gruppe im Verhältnis zum 1968 geborenen Kläger den allgemeinen Gleichheitssatz verletzt und deshalb verfassungswidrig ist. Das BVerfG hat in seiner oben genannten Entscheidung die Berücksichtigung von Erziehungsleistungen im Beitragsrecht dann für verfassungsrechtlich geboten erachtet, wenn nicht mehr die Mehrheit der Versicherten Kinder erzieht. Es ist daher im Hinblick auf Art 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei der Regelung des § 55 Abs. 3 SGB XI berücksichtigt hat, dass von den vor dem 1.01.1940 geborenen Versicherten noch überwiegend Kinder geboren (und erzogen) wurden und deshalb auch die kinderlosen Versicherten dieser Jahrgänge nicht zu einem finanziellen Beitrag zur Entlastung der Versicherten mit Kindern herangezogen werden. 20 Auf die fehlende Zahlungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Ob allerdings wie in den Gesetzesmaterialien die Ungleichbehandlung damit begründet werden kann, dass das Existenzminimum zu schonen ist , erscheint fraglich. Auch ist zweifelhaft, ob das prognostizierte Verhältnis des zusätzlichen Verwaltungsaufwandes zur lediglich geringen Höhe der durch die Erhebung des Beitragszuschlags zu erwartenden zusätzlichen Beitragseinnahmen diese Ungleichbehandlung rechtfertigen kann. Es kann offenbleiben, ob es andere, die Begünstigung dieser Gruppe rechtfertigende Gründe gibt. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz könnte jedoch nur zu einer Belastung auch dieses Personenkreises mit dem Beitragszuschlag führen. Eine Benachteiligung des Klägers durch die Beitragsentlastung dieser Gruppe, die zumindest eine deutliche Auswirkung der Beitragsentlastung auf das gesamte Beitragsaufkommen aus dem Beitragszuschlag zur Voraussetzung hätte, ist jedoch auszuschließen. Dies folgt aus der relativ geringen Größe der begünstigten Gruppe und dem geringen Beitragsaufkommen je Versicherten aus den zugrunde liegenden beitragspflichtigen Einnahmen. 21 Gleiches gilt für die Gruppe der Wehr- und Zivildienstleistenden. Es handelt sich um eine relativ kleine Gruppe von Versicherten, da nur diejenigen betroffen sind, die den Dienst nach Vollendung des 23. Lebensjahres abzuleisten haben und deshalb andernfalls einen Beitragszuschlag zu zahlen hätten. Die Beitragsentlastung ist hier aber gemessen an Art 3 Abs. 1 GG auch sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat in Wahrnehmung des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums aus sozialen Gründen von der Erhebung des Beitragszuschlags bei dieser Gruppe abgesehen. Der Charakter dieses Dienstes als verpflichtender, zeitlich nicht frei wählbarer Dienst für die Allgemeinheit rechtfertigt die fehlende Pflicht zur Zahlung des Beitragszuschlags. "
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt. Zwar hat die Frage, ob eine der Entschei¬dung zugrunde liegende Gesetzesnorm verfassungswidrig ist, regelmäßig grundsätzliche Bedeutung (BVerfG, B. v. 14. Juni 1994 -1 BvR 1022/88- BVerfGE 91, 93,105f). Mittlerweile liegt aber eine Entscheidung des BSG vor.
Tatbestand:
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung eines Beitragszuschlages von 0,25 % in der gesetzlichen Pflegeversicherung ab 1. Januar 2005 für Kinderlose nach Vollendung des 23. Lebensjahres.
Sie ist als versicherungspflichtig Beschäftigte Mitglied der Beklagten, kinderlos und hat nie Pflegekinder aufgenommen. Seit 1. Januar 2005 erhebt die Beklagte einen Zuschlag von 0.25 % auf den Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung. Die Klägerin beantragte mit Schreiben vom 15. Dezember 2004, sie von der Erhöhung freizustellen. Sie werde durch den Zuschlag ungerechtfertigt benachteiligt, weil sie aus gesundheitlichen Gründen keine Kinder habe bekommen können.
Mit Bescheid vom 3. März 2005 lehnte die Beklagte den Antrag auf Befreiung vom Beitragszuschlag für Kinderlose ab. Auf den Widerspruch der Klägerin hin wies sie mit Schreiben vom 24. März 2005 u. a. daraufhin, dass nach dem Kinderberücksichtigungsgesetz (KiBG) mit Wirkung ab 1. Januar 2005 der Beitragszuschlag zur Pflegeversicherung eingeführt worden sei. Eltern im Sinne der neuen Regelung, die von dem Zuschlag ausgenommen seien, seien nur die in § 56 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) genannten Personen, also Eltern, sonstige Verwandte der aufsteigenden Linie, Stief- und Pflegeeltern.
Sie wies den Widerspruch als Pflegekasse mit Widerspruchsbescheid vom 10. Mai 2005 zurück. Dagegen hat die Klägerin am 11. Mai 2005 Klage beim Sozialgericht Berlin (SG) erhoben. Die Neuregelung sei verfassungswidrig, da sie die Klägerin gegenüber anderen Kinderlosen wie Adoptiv-, Stief- und Pflegeeltern benachteilige. Aus ihrer Kinderlosigkeit dürfe kein Nachteil gezogen werden. Die Lösung des Gesetzgebers, die Kinderlose mit einer Beitragssatzerhöhung bestrafe, sei ein unzulässiges Maßnahmegesetz, da die Beitragserhöhung lediglich eine versteckte Finanzierung der Pflegeversicherung bezwecke. Die Pflegekasse der Beklagten hob mit Schriftsatz vom 24. Oktober 2005 den Widerspruchsbescheid auf. Die Beklagte als Krankenkasse erließ stattdessen am 2. November 2005 einen im Tenor und Begründung identischen Widerspruchsbescheid.
Das SG hat mit Gerichtsbescheid vom 17. Oktober 2007 die Klage abgewiesen. Diese sei als Begehren, unter Aufhebung des Bescheides festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, zusätzlich zur sozialen Pflegeversicherung einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 % aus dem beitragspflichtigen Einnahmen zu entrichten, unbegründet. Die Beklagte sei für den Erlass des Bescheides als Einzugsstelle nach §§ 28 d, 28 h Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) zuständig, weil die Klägerin versicherungspflichtig beschäftigt sei und daher Gesamtsozialversicherungsbeiträge zu entrichten habe. Der Beitragssatz der Pflegeversicherung betrage gemäß § 55 Abs. 1 Satz 1 SGB XI 1,7 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Dieser Beitragssatz erhöhe sich gemäß § 55 Abs. 3 SGB XI um 0,25 % für Kinderlose. Sie habe vor dem 1. Januar 2005 das 23. Lebensjahr vollendet und sei kinderlos. Sie sei ferner weder vor dem 1. Januar 1940 geboren, noch habe sie seit dem 1. Januar 2005 Wehr- und Zivildienst geleistet oder Arbeitslosengeld II bezogen. Der Gesetzgeber habe mit der Neuregelung auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG; BVerfGE 103, 242) reagiert, das lediglich eine relative Entlastung Erziehender gefordert habe. Dieser Forderung genüge die Regelung mit dem zusätzlichen Beitrag für Kinderlose. Der Gesetzgeber habe auch sachgerecht zwischen den Gruppen der Kinderlosen und der der Erziehenden unterscheiden dürfen. Die Differenzierung sei nicht willkürlich, so dass ein Verstoß gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) nicht vorliege. Auch Artikel 14 GG sei nicht verletzt. Dieser schütze nicht die Beibehaltung der Höhe des Beitragssatzes in der sozialen Pflegeversicherung.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin. Sie habe sich leibliche Kinder sehr gewünscht. Ihre Benachteiligung gegenüber Eltern, die ihr Kind nicht oder nicht mehr erzögen oder deren Kind bereits verstorben sei, und die trotzdem nicht als kinderlos gälten, sei nicht gerechtfertigt.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 17. Oktober 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 3. März 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 2. November 2005 aufzuheben und festzustellen, dass die Klägerin nicht verpflichtet ist, den Beitragzuschlag nach § 55 Abs. 3 SGB XI zusätzlich zur sozialen Pflegeversicherung zu entrichten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Der Verwaltungsvorgang der Beklagten hat vorgelegen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung hat keinen Erfolg. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Sie ist zwar als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig (vgl. Bundessozialgericht – BSG – Urteil vom 5. Juli 2006 – B 12 KR 19/04 R RdNr. 35ff), jedoch unbegründet. Es handelt sich nicht um eine unerlaubte so genannte Elementenfeststellung, bei welcher die Einzugsstelle abstrakte Beitragsbelastungen dem Grunde nach feststellt, anstelle konkrete Beitragspflichten festzusetzen (vgl. BSG, a.a.O. RdNr. 34). Der angefochtene Bescheid ist nämlich kein belastender. Vielmehr hat die Beklagte (als Einzugsstelle gemäß § 28 h SGB IV) lediglich den Erlass einer Begünstigung, nämlich eines Teilerlasses, abgelehnt.
Der angefochtene Bescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides ist rechtsmäßig. § 55 Abs. 3 SGB XI in der heutigen Fassung ist verfassungsgemäß. Der Senat verweist auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Gerichtsbescheid, § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Das Berufungsvorbringen gibt zu einer auch nur möglicherweise anderen Beurteilung keinen Anlass:
Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass auch Eltern, welche lediglich biologische Eltern seien, ohne tatsächliche Erziehungsleistungen zu erbringen, nicht kinderlos im Sinne der Vorschrift seien, wird jedenfalls nicht sie in Grundrechten verletzt. Wird die Gleichheitswidrigkeit einer gesetzlichen Regelung gerügt, beschränkt sich nämlich die gerichtliche Prüfung auf die Abklärung solcher in Betracht zu ziehender Verfassungsverstöße, bezüglich derer eine Feststellung der Verfassungswidrigkeit dem Betroffenen zumindest die Chance auf eine auch für ihn persönlich sich günstiger auswirkende gesetzgeberische Neuregelung eröffnet (vgl. BVerfG BVerfGE 74, 182, 195f; 93, 386, 395 jeweils zu konkreten Normenkontrollen ). Unverhältnismäßig benachteiligt und deshalb in ihrem Recht aus Art. 3 I GG verletzt, könnten lediglich die "echten" Eltern sein, jedoch nicht gänzlich Kinderlose wie die Klägerin. Entsprechendes gilt für die angebliche Bevorzugung derjenigen Eltern, deren Kind bereits verstorben ist. Die Klägerin selbst wird auch nicht benachteiligt, soweit es den Haupteinwand der Rechtsliteratur gegen § 55 Abs. 3 SGB XI betrifft, das Gesetz benachteilige nach wie vor Eltern mit mehr als einem Kind.
Zur Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift selbst verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen im Urteil des Bundessozialgerichts vom 27.02.2008 –B 2 P 12/07 R-, welche er sich aus eigener Überzeugung zu Eigen gemacht hat:
"9 1. Gemäß § 55 Abs. 3 Satz 1 SGB XI erhöht sich ab 1.1.2005 der nach § 5 Abs. 1 SGB XI geltende Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung von 1,7 % um einen Beitragszuschlag in Höhe von 0,25 Beitragssatzpunkten (Beitragszuschlag für Kinderlose) mit dem Ablauf des Monats, in dem das Mitglied das 23. Lebensjahr vollendet hat. Den Beitragszuschlag für Kinderlose tragen grundsätzlich die Versicherten. Kein Beitragszuschlag ist von versicherten Eltern iS des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 3 Nr. 2 und 3 SGB I zu entrichten. Hierzu gehören auch Pflege- und Stiefeltern. Gemäß § 55 Abs. 3 Satz 7 SGB XI zahlen vor dem 1. Januar 1940 geborene Versicherte den Beitragszuschlag nicht, auch von Wehr- und Zivildienstleistenden und Beziehern von Arbeitslosengeld II ist er nicht zu erheben. 10 Der Gesetzgeber hat mit diesen Regelungen das Urteil des BVerfG vom 3. April 2001 ( umgesetzt. Das BVerfG hatte in dieser Entscheidung die beitragsrechtlichen Vorschriften der § 54 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 57 SGB XI für unvereinbar mit Art 3 Abs. 1 i.V.m. Art 6 Abs. 1 GG erklärt, soweit Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung mit Kindern mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag belastet werden wie Mitglieder ohne Kinder. Es hat zur Begründung ausgeführt, Art 3 Abs. 1 i.V.m. Art 6 Abs. 1 GG sei dadurch verletzt, dass die Betreuung und Erziehung von Kindern als konstitutive Leistung bei der Bemessung von Beiträgen beitragspflichtiger Versicherter keine Berücksichtigung finde. Dadurch werde die Gruppe der Versicherten mit Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung, die aus dieser Betreuungs- und Erziehungsleistung im Falle ihrer Pflegebedürftigkeit Nutzen ziehen würden, in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Da auf die Wertschöpfung durch heranwachsende Generationen jede staatliche Gemeinschaft angewiesen sei und an der Betreuungs- und Erziehungsleistung von Familien ein Interesse der Allgemeinheit bestehe, seien Erziehungsleistungen zugunsten der Familie in einem bestimmten sozialen Leistungssystem zu berücksichtigen. Werde dieser generative Beitrag nicht mehr in der Regel von allen Versicherten erbracht, führe dies zu einer spezifischen Belastung Kinder erziehender Versicherter im Pflegeversicherungssystem, deren benachteiligende Wirkung auch innerhalb dieses Systems auszugleichen sei. Das BVerfG hat damit verbindlich entschieden, dass der Vorteil kinderloser Versicherter in der sozialen Pflegeversicherung systemspezifisch beitragsrechtlich zu kompensieren ist. Für die vom BVerfG geforderte beitragsrechtliche Kompensation des Vorteils kinderloser Versicherter in der sozialen Pflegeversicherung hat der Gesetzgeber allerdings nicht die Beiträge der Versicherten mit Kindern reduziert, sondern die Beiträge für Kinderlose um 0,25 % erhöht. 11 2. Der 1968 geborene Kläger hat dementsprechend seit dem 1.01.2005 gemäß § 60 Abs. 5 i.V.m. § 59 Abs. 5 SGB XI aus seinen beitragspflichtigen Einnahmen Pflegeversicherungsbeiträge unter Berücksichtigung des zusätzlichen Beitragszuschlags für Kinderlose nach einem Beitragssatz von insgesamt 1,95 % zu zahlen. Er gehört nicht zu den Personen, die von dieser Verpflichtung ausgenommen sind. Weder hat er ein Kind noch ein Pflege- bzw. Stiefkind. Die gesetzlichen Vorschriften setzen jedoch bereits nach ihrem Wortlaut für die Elterneigenschaft nur voraus, dass ein Kind vorhanden ist. Die Regelungen stellen nicht darauf ab, ob die Kinderlosigkeit ungewollt ist. Den Gesetzesmaterialien ist ebenfalls zu entnehmen, dass die Verpflichtung zur Zahlung des Beitragszuschlages unabhängig von den Gründen für die Kinderlosigkeit bestehen soll. Der Kläger gehört auch nicht zu einer der genannten Gruppen von kinderlosen Versicherten, die von der Zahlungspflicht ausgenommen sind. 12 3. Der Aussetzung des Verfahrens und der Vorlage an das BVerfG gemäß Art 100 Abs. 1 GG bedurfte es nicht. Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass § 55 Abs. 3 SGB XI verfassungswidrig ist, soweit ungewollt kinderlose Versicherte zur Zahlung des Beitragszuschlags von 0,25 % verpflichtet sind. Die gesetzliche Regelung verstößt in ihrer Anwendung auf den Kläger insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs. 1 GG. 13 Das BVerfG hat in seinem Urteil vom 3.04.2001 ) u.a. ausgeführt, Art 3 Abs. 1 GG verbiete es dem Gesetzgeber, bei seiner Entscheidung, welche Merkmale er beim Vergleich von Lebenssachverhalten als maßgebend ansehe, um sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln, das Ausmaß der tatsächlichen Unterschiede sachwidrig außer Acht zu lassen. Der Gleichheitssatz sei verletzt, wenn der Gesetzgeber es versäumt habe, Ungleichheiten der zu ordnenden Lebenssachverhalte zu berücksichtigen, die so bedeutsam seien, dass sie bei einer am Gerechtigkeitsdenken orientierten Betrachtungsweise beachtet werden müssten. Die beitragsrechtlichen Vorschriften der § 54 Abs. 1 und 2, § 55 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sowie § 57 SGB XI hat das BVerfG danach für mit Art 3 Abs. 1 i.V.m. Art 6 Abs. 1 GG unvereinbar gehalten, weil trotz ihres sog generativen Beitrags Mitglieder der sozialen Pflegeversicherung mit Kindern mit einem gleich hohen Pflegeversicherungsbeitrag belastet werden wie Mitglieder ohne Kinder.
14 Danach verstoßen die mit dem KiBG zur Umsetzung dieses Urteils geschaffenen, den Kläger belastenden Regelungen nicht gegen Art 3 Abs. 1 GG. § 55 Abs. 3 SGB XI führt zu unterschiedlichen Beitragsbelastungen von Versicherten. Während durch die Neuregelung für Versicherte mit Kindern sowie für weitere Gruppen von Versicherten die Beitragsbelastung bei ansonsten unveränderten Umständen ab 1.01.2005 gleich bleibt, erhöht sich bei den übrigen Versicherten - wie auch dem Kläger - ab Vollendung des 23. Lebensjahres der Beitragssatz von 1,7 % um 0,25 % auf 1,95 % der beitragspflichtigen Einnahmen. Der Gesetzgeber hat damit allein an das Vorhandensein von Kindern angeknüpft, nicht dagegen an den jeweils entstehenden Aufwand für Kinder oder die Gründe für die Kinderlosigkeit. Diese Differenzierung ist nicht zu beanstanden. 15 a) Nicht zu beanstanden ist die Entscheidung des Gesetzgebers, zur Umsetzung des Urteils des BVerfG Kinderlose wie den Kläger mit einem erhöhten Beitrag zu belasten, während Versicherte mit Kindern weiter Beiträge nach dem bisherigen Beitragssatz zahlen. Entgegen der Auffassung des Klägers wird hierdurch die verfassungsrechtlich geforderte relative Beitragsentlastung bewirkt. Es ist nicht ersichtlich, dass der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers dahin eingeschränkt war, dass nur eine Beitragsreduktion verfassungsrechtlich zulässig gewesen wäre. Eine solche Regelung hätte zu Beitragsausfällen geführt, die mit Beitragssatzerhöhungen hätten kompensiert werden müssen. Der Ausgleich einer relativen Beitragsentlastung im Beitragssystem der sozialen Pflegeversicherung setzte bei angestrebter Beibehaltung des Beitragsaufkommens voraus, dass Kinderlose höhere Beiträge als bisher zu zahlen haben. 16 b) Soweit der Kläger die Gleichbehandlung von ungewollt kinderlosen Versicherten mit Versicherten mit Kindern begehrt, findet eine solche Forderung im Verfassungsrecht keine Stütze. Das BVerfG hat gerade im Vergleich mit kinderlosen Versicherten eine Entlastung der Gruppe der Versicherten mit Kindern gefordert, mit der der Kläger die Gleichbehandlung begehrt (dazu s bereits oben), ohne dabei auf die Gründe der Kinderlosigkeit abzustellen. Sollte im übrigen auch die unfreiwillige Kinderlosigkeit aus medizinischen Gründen zu einem niedrigeren Beitragssatz führen, wie vom Kläger gefordert, wäre nicht zu erkennen, weshalb nicht auch aus anderen Gründen kinderlose Versicherte, z.B. Versicherte ohne Partner, von der Beitragsbelastung ausgenommen werden müssten. 17 c) Die Ungleichbehandlung des Klägers ist auch dann gerechtfertigt, wenn Versicherte allein aufgrund der Elterneigenschaft dauerhaft keinen Beitragszuschlag tragen müssen, selbst wenn sie keine Aufwendungen für Kinder haben oder von ihnen keine Erziehungs- und Betreuungsleistungen erbracht werden. Der Gesetzgeber durfte in Ausübung seines ihm eingeräumten Spielraums bei der Ausgestaltung eines Art 3 Abs. 1 i.V.m. Art 6 Abs. 1 GG entsprechenden Beitragsrechts in der sozialen Pflegeversicherung vom Regelfall ausgehen und die vom BVerfG geforderte Entlastung an das (bloße) Vorhandensein eines Kindes knüpfen sowie ab dessen Geburt eine dauerhafte Beitragsentlastung vorsehen. Das GG verpflichtet den Gesetzgeber entsprechend dem Urteil des BVerfG lediglich dazu, bei der gebotenen Differenzierung der Beitragshöhe den sog generativen Beitrag zu berücksichtigen und die beitragspflichtigen Mitglieder mit einem oder mehreren Kindern gegenüber kinderlosen Mitgliedern der sozialen Pflegeversicherung bei der Bemessung der Beiträge relativ zu entlasten. Dies kann durch die Berücksichtigung allein der Tatsache, dass ein Kind vorhanden ist, bei der Beitragsbemessung geschehen. Die geforderte Berücksichtigung des sog generativen Beitrags rechtfertigt es, an die Stellung als Eltern anzuknüpfen, ohne danach zu differenzieren, ob und inwieweit Eltern in der Erziehungsphase tatsächlich im Einzelfall Nachteile entstehen und inwieweit Kinder tatsächlich später zur sozialen Pflegeversicherung Beiträge leisten. Die Feststellung tatsächlicher Nachteile durch die Pflegekassen wäre darüber hinaus mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Schon im Hinblick auf die relativ geringe Differenz von 0,25 % Beitragssatzpunkten zwischen kinderlosen Versicherten und solchen mit Kindern steht die Beitragsentlastung letzterer über das Ende der Betreuungsphase und auch der Erwerbsphase der Versicherten hinaus nicht außer Verhältnis. Nach Umfang oder der Dauer der Kindererziehung und -betreuung musste deshalb nicht differenziert werden. 18 d) Der Senat lässt offen, ob sich der Kläger darauf berufen kann, dass weitere Gruppen von Versicherten den zusätzlichen Beitragszuschlag ebenfalls nicht zu zahlen haben, obwohl deren Begünstigung gerade nicht auf den Grund der Kinderlosigkeit abstellt, sondern jeweils an andere Sachverhalte anknüpft. Der Kläger macht insoweit auch allein geltend, für deren Begünstigung fehle eine Rechtfertigung, ohne auch zu fordern, er müsse gemessen an Art 3 Abs. 1 GG mit diesen Gruppen gleich behandelt werden. Eine Verletzung von Art 3 Abs. 1 GG käme insoweit allein in Betracht, wenn ein Versicherter wie der Kläger geltend machte, die bloße ungerechtfertigte Besserstellung anderer Versicherter führe wegen des Ausfalls der an sich sachgerechten Zahlungsverpflichtung dieser Versicherten zu messbaren Auswirkungen auf das Beitragsaufkommen und signifikant höheren Beiträgen für die benachteiligten Versicherten. 19 Soweit der Kläger die fehlende Beitragsbelastung der vor dem 1.01.1940 geborenen kinderlosen Versicherten geltend macht, könnten wegen der Größe dieser Gruppe solche Auswirkungen auf das Beitragsaufkommen bestehen. Der Senat konnte sich aber nicht davon überzeugen, dass die Begünstigung dieser Gruppe im Verhältnis zum 1968 geborenen Kläger den allgemeinen Gleichheitssatz verletzt und deshalb verfassungswidrig ist. Das BVerfG hat in seiner oben genannten Entscheidung die Berücksichtigung von Erziehungsleistungen im Beitragsrecht dann für verfassungsrechtlich geboten erachtet, wenn nicht mehr die Mehrheit der Versicherten Kinder erzieht. Es ist daher im Hinblick auf Art 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden, wenn der Gesetzgeber bei der Regelung des § 55 Abs. 3 SGB XI berücksichtigt hat, dass von den vor dem 1.01.1940 geborenen Versicherten noch überwiegend Kinder geboren (und erzogen) wurden und deshalb auch die kinderlosen Versicherten dieser Jahrgänge nicht zu einem finanziellen Beitrag zur Entlastung der Versicherten mit Kindern herangezogen werden. 20 Auf die fehlende Zahlungspflicht der Bezieher von Arbeitslosengeld II kann sich der Kläger nicht mit Erfolg berufen. Ob allerdings wie in den Gesetzesmaterialien die Ungleichbehandlung damit begründet werden kann, dass das Existenzminimum zu schonen ist , erscheint fraglich. Auch ist zweifelhaft, ob das prognostizierte Verhältnis des zusätzlichen Verwaltungsaufwandes zur lediglich geringen Höhe der durch die Erhebung des Beitragszuschlags zu erwartenden zusätzlichen Beitragseinnahmen diese Ungleichbehandlung rechtfertigen kann. Es kann offenbleiben, ob es andere, die Begünstigung dieser Gruppe rechtfertigende Gründe gibt. Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz könnte jedoch nur zu einer Belastung auch dieses Personenkreises mit dem Beitragszuschlag führen. Eine Benachteiligung des Klägers durch die Beitragsentlastung dieser Gruppe, die zumindest eine deutliche Auswirkung der Beitragsentlastung auf das gesamte Beitragsaufkommen aus dem Beitragszuschlag zur Voraussetzung hätte, ist jedoch auszuschließen. Dies folgt aus der relativ geringen Größe der begünstigten Gruppe und dem geringen Beitragsaufkommen je Versicherten aus den zugrunde liegenden beitragspflichtigen Einnahmen. 21 Gleiches gilt für die Gruppe der Wehr- und Zivildienstleistenden. Es handelt sich um eine relativ kleine Gruppe von Versicherten, da nur diejenigen betroffen sind, die den Dienst nach Vollendung des 23. Lebensjahres abzuleisten haben und deshalb andernfalls einen Beitragszuschlag zu zahlen hätten. Die Beitragsentlastung ist hier aber gemessen an Art 3 Abs. 1 GG auch sachlich gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat in Wahrnehmung des ihm eingeräumten Gestaltungsspielraums aus sozialen Gründen von der Erhebung des Beitragszuschlags bei dieser Gruppe abgesehen. Der Charakter dieses Dienstes als verpflichtender, zeitlich nicht frei wählbarer Dienst für die Allgemeinheit rechtfertigt die fehlende Pflicht zur Zahlung des Beitragszuschlags. "
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegt. Zwar hat die Frage, ob eine der Entschei¬dung zugrunde liegende Gesetzesnorm verfassungswidrig ist, regelmäßig grundsätzliche Bedeutung (BVerfG, B. v. 14. Juni 1994 -1 BvR 1022/88- BVerfGE 91, 93,105f). Mittlerweile liegt aber eine Entscheidung des BSG vor.
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