Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 114/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger seit dem 01.10.2007 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) krankenversicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten ist.
Der am 00.00.1959 geborene Kläger bezog vom 09.07. bis 30.09.2007 Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und war in dieser Zeit bei der Beklagten krankenversichert. Am 12.10.2007 beantragte er Sozialhilfe bei dem Beigeladenen, die dieser am 18.10.2007 bewilligte. Seitdem erhält der Kläger vom Beigeladenen laufende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Am 27.09.2007 hatte der Amtsarzt festgestellt, dass der Kläger außer Stande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, diese Erwerbsminderung jedoch nicht dauerhaft sein müsse.
Am 28.11.2007 meldete sich der Kläger bei der Beklagten zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V an.
Durch Bescheid vom 06.12.2007 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger als Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliege.
Dagegen legte der Kläger am 13.12.2007 Widerspruch ein.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 16.05.2008 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers mit Begleitschreiben vom 16.07.2008 zugesandt.
Dagegen hat der Kläger am 18.08.2008 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, es bestehe für ihn ab 01.10.2007 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.
Der Kläger beantragt dem Sinne seines schriftsätzlichen Vorbringens nach,
den Bescheid der Beklagten vom 06.12.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2008 aufzuheben und fest- zustellen, dass er seit 01.10.2007 in der gesetzlichen Krankenver- sicherung versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und Pflichtmitglied der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, es bestehe für den Kläger seit 01.10.2007 keine Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, weil er als Empfänger laufender Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall, nämlich nach § 48 SGB XII habe.
Der Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag; er schließt sich dem Antrag des Klägers an. Er ist der Auffassung, dass Personen, die - wie der Kläger - ab bzw. nach dem 01.04.2007, dem Datum der Einführung der Versicherungspflicht für Personen ohne Krankenversicherungsschutz gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, erstmals oder nach mindestens einmonatiger Leistungsunterbrechung erneut Leistungen nach dem SGB XII begehren, der Versicherungspflicht nach dieser Bestimmung unterliegen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung der Kammer durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und des Beigeladenen sowie der Akte des Sozialgerichts Aachen (S 2 KR 3/08 ER) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger - und mittelbar auch der Beigeladene - werden durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da diese nicht rechtswidrig sind. Der Kläger ist nicht seit 01.10.2007 krankenversicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V sind in der gesetzlichen Krankenversicherung Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren, versicherungspflichtig. Zwar war der Kläger "zuletzt gesetzlich krankenversichert". Denn während des Bezuges von Arbeitslosengeld II nach dem SGB II war er versicherungspflichtig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V; die Mitgliedschaft aufgrund dieses Versicherungspflichttatbestandes begann mit dem Beginn des Bezugs dieser Leistung am 09.07.2007 (§ 186 Abs. 2a SGB V) und endete mit dem letzten Tag, für den Arbeitslosengeld II bezogen wurde, also am 30.09.2007 (§ 190 Abs. 12 SGB V). Ab 01.10.2007 bestand (und besteht) jedoch keine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, weil der Kläger seit diesem Datum einen "anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" hatte und hat.
Der Kläger hatte nach dem Ende seiner Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V zunächst ab dem 01.10.2007 noch für längstens einen Monat, das heißt bis zum 31.10.2007 Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieser nachgehende Leistungsanspruch des Klägers wurde als anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB nicht durch die Bestimmung des § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V ausgeschlossen.
Nach dieser Bestimmung gilt der Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V nicht als Absicherung im Krankheitsfall, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht. "Im Anschluss daran" bezieht sich auf das Ende des nachgehenden Leistungsanspruchs, meint also im Anschluss an den Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger (hier: nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V). Nur dann, wenn ("sofern") danach kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht, wenn also der Zeitraum des nachgehenden Leistungsanspruchs von maximal einem Monat ausgeschöpft wird, ohne das sich ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall anschließt, besteht für den gesamten Zeitraum (auch des nachgehenden Leistungsanspruchs) Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Wird hingegen im unmittelbaren Anschluss an den Zeitraum des nachgehenden Leistungsanspruchs nach § 19 Abs. 2 SGB V oder im Verlauf desselben eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall begründet, gilt auch der Zeitraum des nachgehenden Leistungsanspruchs als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (vgl: "Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen" vom 20.03.2007, Ziffer 2.3.2, in: Die Beiträge 2007, S. 267, 280; Urteil der Kammer vom 28.10.2008 - S 13 KR 92/08).
Der Kläger war nach dem Ablauf des Monats des nachgehenden Leistungsanspruchs (01.10. bis 31.10.2007) also am 01.11.2007 nicht ohne Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall; denn er erhielt schon ab 18.10.2007 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. Dass ein solcher laufender Leistungsbezug im Hinblick auf den damit einhergehenden Krankenhilfeanspruch nach § 48 SGB XII i.V.m. § 264 Abs. 2 SGB V für sich genommen eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall beinhaltet, ergibt sich unmittelbar aus § 5 Abs. 8a Satz 1 i.V.m. Satz 2 SGB V. Wenn aber bereits ab 18.10.2007 und auch noch am 01.11.2007 im Anschluss an den nachgehenden Leistungsanspruchs des § 19 Abs. 2 SGB V eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall bestand, greift der Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V nicht. Dies bedeutet, dass der nachgehende Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V (jedenfalls) in der Zeit vom 01.10. bis 17.10.2007 einen Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V beinhaltete, der die Versicherungspflicht nach dieser Vorschrift ausschloss. Seit dem 18.10.2007 schließt der laufende Bezug der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII mit dem damit verbundenen Anspruch auf Krankenhilfe seinerseits die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bis heute (und noch so lange, wie der Kläger diese laufende Sozialhilfeleistung bezieht,) aus.
Die Regelung des § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V soll - vom Gesetzgeber gewollt - bewirken, dass für Personen, die innerhalb eines Monats nach dem Ende eines anderweitigen Versicherungspflichttatbestandes laufende Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII erhalten, keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Denn diese Personen haben lückenlos Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall, sei es nach § 19 Abs. 2 SGB V oder wegen des Bezugs laufender Hilfe zum Lebensunterhalt mit Krankenhilfeanspruch nach § 48 SGB XII i.V.m. § 264 Abs. 2 SGB V. Nur dann, wenn eine Absicherungslücke entsteht, weil nach dem Ende des einmonatigen nachgehenden Leistungsanspruchs nach § 19 Abs. 2 SGB V kein Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall besteht, ist es notwendig und gerechtfertigt, die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zu begründen (Urteil der Kammer vom 28.10.2008 - S 13 KR 92/08).
Mit der Regelung des § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V wurde ein Anliegenden des Bundesrates aufgegriffen (vgl. BT-Drucksache 16/4247, S. 30 oben). Der Bundesrat hatte seinen Ergänzungsvorschlag - eben den Satz 4 in Abs. 8a - in der BT-Drucksache 16/3950, Anlage 2 S. 8 wie folgt begründet: "Es bedarf Regelungen, die bei der angedachten Versicherungspflicht- lösung eine Kostenverschiebung durch die Sozialhilfeträger ver- hindern und eine Gleichbehandlung der Versicherten - unabhängig davon, ob die Mitgliedschaft im Rahmen der freiwilligen Versicherung oder der neuen Versicherungspflicht geführt wird - für Zeiten des sog. nachgehenden Leistungsanspruchs sicherstellen.
Ausgeschlossen werden muss, dass eine (unter Umständen "ge- steuerte") Unterbrechung des Sozialhilfeleistungsbezugs eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 eintreten lässt, die dann bei einem erneuten Einsetzen der Sozialhilfeleistungen bestehen bleibt. Das könnte dadurch erreicht werden, dass kurz- zeitige Unterbrechungen des Leistungsbezugs die Vorrang- regelung des § 5 Abs. 8a Satz 2 nicht aushebeln. Als kurzzeitiger Unterbrechungszeitraum wäre ein Zeitraum von bis zu einem Monat zu definieren.
Sofern dem Programmsatz der neuen Versicherungspflichtregelung zu entnehmen ist, dass auch der so genannte nachgehende Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall ist, die die neue Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 für diese Zeit (also im ersten Monat) nicht ent- stehen lässt, würden mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrund- satz verfassungsrechtliche Verwerfungen gegenüber den freiwilligen Mitgliedern eintreten, deren beitragspflichtige Mitgliedschaft sich nahtlos an das Ende der vorherigen Pflichtmitgliedschaft anschließt."
Hieraus wird deutlich, dass es der Wille des Gesetzgebers war zu verhindern, dass die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zu einer generellen Verschiebung der Krankenhilfekosten zu Gunsten der Sozialhilfeträger führt. Wenn die Sozialhilfe binnen eines Monats nach dem Ende des vorherigen Versicherungspflichttatbestandes einsetzt, schließt diese in Verbindung mit dem nachgehenden Leistungsanspruch als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V aus. Wenn aber eine Absicherungslücke nach Ablauf des einmonatigen nachgehenden Leistungsanspruchs nach § 19 Abs. 2 SGB V die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V begründet, aber auch nur dann soll sich diese nahtlos an das Ende der vorherigen Pflichtmitgliedschaft anschließen, um in diesen Fällen eine Gleichbehandlung mit freiwilligen Mitgliedern nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB V zu gewährleisten; denn deren Mitgliedschaft beginnt gem. § 188 Abs. 2 Satz 1 SGB V ebenfalls nahtlos mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder mit dem Tag nach dem Ende der Familienversicherung. Und lediglich in den Fällen, wenn wegen einer ansonsten drohenden Absicherungslücke eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V begründet worden ist, endet diese nicht dadurch, dass - mehr als einen Monat nach dem Ende des vorhergehenden Versicherungspflichttatbestandes - Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII bezogen werden (Urteil der Kammer vom 28.10.2008 - S 13 KR 92/08).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger seit dem 01.10.2007 nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) krankenversicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten ist.
Der am 00.00.1959 geborene Kläger bezog vom 09.07. bis 30.09.2007 Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und war in dieser Zeit bei der Beklagten krankenversichert. Am 12.10.2007 beantragte er Sozialhilfe bei dem Beigeladenen, die dieser am 18.10.2007 bewilligte. Seitdem erhält der Kläger vom Beigeladenen laufende Leistungen nach dem Dritten Kapitel des Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII). Am 27.09.2007 hatte der Amtsarzt festgestellt, dass der Kläger außer Stande sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, diese Erwerbsminderung jedoch nicht dauerhaft sein müsse.
Am 28.11.2007 meldete sich der Kläger bei der Beklagten zur Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V an.
Durch Bescheid vom 06.12.2007 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger als Empfänger laufender Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung unterliege.
Dagegen legte der Kläger am 13.12.2007 Widerspruch ein.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 16.05.2008 zurück. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Bevollmächtigten des Klägers mit Begleitschreiben vom 16.07.2008 zugesandt.
Dagegen hat der Kläger am 18.08.2008 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, es bestehe für ihn ab 01.10.2007 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.
Der Kläger beantragt dem Sinne seines schriftsätzlichen Vorbringens nach,
den Bescheid der Beklagten vom 06.12.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2008 aufzuheben und fest- zustellen, dass er seit 01.10.2007 in der gesetzlichen Krankenver- sicherung versicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V und Pflichtmitglied der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, es bestehe für den Kläger seit 01.10.2007 keine Krankenversicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, weil er als Empfänger laufender Leistungen zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII einen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall, nämlich nach § 48 SGB XII habe.
Der Beigeladene stellt keinen eigenen Antrag; er schließt sich dem Antrag des Klägers an. Er ist der Auffassung, dass Personen, die - wie der Kläger - ab bzw. nach dem 01.04.2007, dem Datum der Einführung der Versicherungspflicht für Personen ohne Krankenversicherungsschutz gem. § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, erstmals oder nach mindestens einmonatiger Leistungsunterbrechung erneut Leistungen nach dem SGB XII begehren, der Versicherungspflicht nach dieser Bestimmung unterliegen.
Die Beteiligten haben sich übereinstimmend mit einer Entscheidung der Kammer durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten und des Beigeladenen sowie der Akte des Sozialgerichts Aachen (S 2 KR 3/08 ER) Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger - und mittelbar auch der Beigeladene - werden durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da diese nicht rechtswidrig sind. Der Kläger ist nicht seit 01.10.2007 krankenversicherungspflichtig nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.
Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 a) SGB V sind in der gesetzlichen Krankenversicherung Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und zuletzt gesetzlich krankenversichert waren, versicherungspflichtig. Zwar war der Kläger "zuletzt gesetzlich krankenversichert". Denn während des Bezuges von Arbeitslosengeld II nach dem SGB II war er versicherungspflichtig gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V; die Mitgliedschaft aufgrund dieses Versicherungspflichttatbestandes begann mit dem Beginn des Bezugs dieser Leistung am 09.07.2007 (§ 186 Abs. 2a SGB V) und endete mit dem letzten Tag, für den Arbeitslosengeld II bezogen wurde, also am 30.09.2007 (§ 190 Abs. 12 SGB V). Ab 01.10.2007 bestand (und besteht) jedoch keine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, weil der Kläger seit diesem Datum einen "anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall" hatte und hat.
Der Kläger hatte nach dem Ende seiner Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V zunächst ab dem 01.10.2007 noch für längstens einen Monat, das heißt bis zum 31.10.2007 Anspruch auf Leistungen aus der gesetzlichen Krankenversicherung. Dieser nachgehende Leistungsanspruch des Klägers wurde als anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB nicht durch die Bestimmung des § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V ausgeschlossen.
Nach dieser Bestimmung gilt der Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V nicht als Absicherung im Krankheitsfall, sofern im Anschluss daran kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht. "Im Anschluss daran" bezieht sich auf das Ende des nachgehenden Leistungsanspruchs, meint also im Anschluss an den Monat nach dem Ende der Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger (hier: nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V). Nur dann, wenn ("sofern") danach kein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall besteht, wenn also der Zeitraum des nachgehenden Leistungsanspruchs von maximal einem Monat ausgeschöpft wird, ohne das sich ein anderweitiger Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall anschließt, besteht für den gesamten Zeitraum (auch des nachgehenden Leistungsanspruchs) Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V. Wird hingegen im unmittelbaren Anschluss an den Zeitraum des nachgehenden Leistungsanspruchs nach § 19 Abs. 2 SGB V oder im Verlauf desselben eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall begründet, gilt auch der Zeitraum des nachgehenden Leistungsanspruchs als Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V (vgl: "Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen" vom 20.03.2007, Ziffer 2.3.2, in: Die Beiträge 2007, S. 267, 280; Urteil der Kammer vom 28.10.2008 - S 13 KR 92/08).
Der Kläger war nach dem Ablauf des Monats des nachgehenden Leistungsanspruchs (01.10. bis 31.10.2007) also am 01.11.2007 nicht ohne Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall; denn er erhielt schon ab 18.10.2007 laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. Dass ein solcher laufender Leistungsbezug im Hinblick auf den damit einhergehenden Krankenhilfeanspruch nach § 48 SGB XII i.V.m. § 264 Abs. 2 SGB V für sich genommen eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall beinhaltet, ergibt sich unmittelbar aus § 5 Abs. 8a Satz 1 i.V.m. Satz 2 SGB V. Wenn aber bereits ab 18.10.2007 und auch noch am 01.11.2007 im Anschluss an den nachgehenden Leistungsanspruchs des § 19 Abs. 2 SGB V eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall bestand, greift der Ausschlusstatbestand des § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V nicht. Dies bedeutet, dass der nachgehende Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 SGB V (jedenfalls) in der Zeit vom 01.10. bis 17.10.2007 einen Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V beinhaltete, der die Versicherungspflicht nach dieser Vorschrift ausschloss. Seit dem 18.10.2007 schließt der laufende Bezug der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII mit dem damit verbundenen Anspruch auf Krankenhilfe seinerseits die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V bis heute (und noch so lange, wie der Kläger diese laufende Sozialhilfeleistung bezieht,) aus.
Die Regelung des § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V soll - vom Gesetzgeber gewollt - bewirken, dass für Personen, die innerhalb eines Monats nach dem Ende eines anderweitigen Versicherungspflichttatbestandes laufende Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII erhalten, keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung besteht. Denn diese Personen haben lückenlos Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall, sei es nach § 19 Abs. 2 SGB V oder wegen des Bezugs laufender Hilfe zum Lebensunterhalt mit Krankenhilfeanspruch nach § 48 SGB XII i.V.m. § 264 Abs. 2 SGB V. Nur dann, wenn eine Absicherungslücke entsteht, weil nach dem Ende des einmonatigen nachgehenden Leistungsanspruchs nach § 19 Abs. 2 SGB V kein Anspruch auf anderweitige Absicherung im Krankheitsfall besteht, ist es notwendig und gerechtfertigt, die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zu begründen (Urteil der Kammer vom 28.10.2008 - S 13 KR 92/08).
Mit der Regelung des § 5 Abs. 8a Satz 4 SGB V wurde ein Anliegenden des Bundesrates aufgegriffen (vgl. BT-Drucksache 16/4247, S. 30 oben). Der Bundesrat hatte seinen Ergänzungsvorschlag - eben den Satz 4 in Abs. 8a - in der BT-Drucksache 16/3950, Anlage 2 S. 8 wie folgt begründet: "Es bedarf Regelungen, die bei der angedachten Versicherungspflicht- lösung eine Kostenverschiebung durch die Sozialhilfeträger ver- hindern und eine Gleichbehandlung der Versicherten - unabhängig davon, ob die Mitgliedschaft im Rahmen der freiwilligen Versicherung oder der neuen Versicherungspflicht geführt wird - für Zeiten des sog. nachgehenden Leistungsanspruchs sicherstellen.
Ausgeschlossen werden muss, dass eine (unter Umständen "ge- steuerte") Unterbrechung des Sozialhilfeleistungsbezugs eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 eintreten lässt, die dann bei einem erneuten Einsetzen der Sozialhilfeleistungen bestehen bleibt. Das könnte dadurch erreicht werden, dass kurz- zeitige Unterbrechungen des Leistungsbezugs die Vorrang- regelung des § 5 Abs. 8a Satz 2 nicht aushebeln. Als kurzzeitiger Unterbrechungszeitraum wäre ein Zeitraum von bis zu einem Monat zu definieren.
Sofern dem Programmsatz der neuen Versicherungspflichtregelung zu entnehmen ist, dass auch der so genannte nachgehende Leistungsanspruch nach § 19 Abs. 2 eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall ist, die die neue Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 für diese Zeit (also im ersten Monat) nicht ent- stehen lässt, würden mit Blick auf den Gleichbehandlungsgrund- satz verfassungsrechtliche Verwerfungen gegenüber den freiwilligen Mitgliedern eintreten, deren beitragspflichtige Mitgliedschaft sich nahtlos an das Ende der vorherigen Pflichtmitgliedschaft anschließt."
Hieraus wird deutlich, dass es der Wille des Gesetzgebers war zu verhindern, dass die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zu einer generellen Verschiebung der Krankenhilfekosten zu Gunsten der Sozialhilfeträger führt. Wenn die Sozialhilfe binnen eines Monats nach dem Ende des vorherigen Versicherungspflichttatbestandes einsetzt, schließt diese in Verbindung mit dem nachgehenden Leistungsanspruch als anderweitige Absicherung im Krankheitsfall die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V aus. Wenn aber eine Absicherungslücke nach Ablauf des einmonatigen nachgehenden Leistungsanspruchs nach § 19 Abs. 2 SGB V die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V begründet, aber auch nur dann soll sich diese nahtlos an das Ende der vorherigen Pflichtmitgliedschaft anschließen, um in diesen Fällen eine Gleichbehandlung mit freiwilligen Mitgliedern nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB V zu gewährleisten; denn deren Mitgliedschaft beginnt gem. § 188 Abs. 2 Satz 1 SGB V ebenfalls nahtlos mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder mit dem Tag nach dem Ende der Familienversicherung. Und lediglich in den Fällen, wenn wegen einer ansonsten drohenden Absicherungslücke eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V begründet worden ist, endet diese nicht dadurch, dass - mehr als einen Monat nach dem Ende des vorhergehenden Versicherungspflichttatbestandes - Leistungen nach dem Dritten, Vierten, Sechsten und Siebten Kapitel des SGB XII bezogen werden (Urteil der Kammer vom 28.10.2008 - S 13 KR 92/08).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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