Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 EG 28/08
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat des am 00.00.2007 geborenen Kindes C.
Die 0000 geborene Klägerin ist verheiratet und kongolesische Staatsangehörige. Sie lebt seit 2004 in Deutschland und besitzt seit 03.12.2005 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Am 27.09.2007 gebar sie das Kind C. Bis dahin war sie nicht erwerbstätig und bezog/bezieht Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 10.01.2008 ab: der erteilte Aufenthaltstitel begründe keinen Anspruch auf Elterngeld.
Dagegen legte die Klägerin am 23.01.2008 Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, die Regelung des § 1 Abs. 7 Bundeselterngeldgesetz (BEEG) sei verfassungswidrig.
Durch Widerspruchsbescheid vom 07.10.2008 wies die Bezirksregierung N. den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei weder berechtigt erwerbstätig noch beziehe sie laufende Leistungen nach dem SGB III noch nehme sie Elternzeit in Anspruch; die Voraussetzungen des § 1 Abs. 7 Ziff. 3 b) BEEG seien damit nicht erfüllt.
Dagegen hat die Klägerin am 28.10.2008 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, aus der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 06.07.2007 (1 BvR 2515/95) ergangenen Entscheidung zum Erziehungsgeld ergebe sich, dass es nicht sachgerecht sei, für den Leistungsanspruch eines Ausländers allein an die Art eines Aufenthaltstitels anzuknüpfen, wenn er sich voraussichtlich auf Dauer im Bundesgebiet aufhalten dürfe. Dies gelte auch für das Elterngeld. Soweit der Gesetzgeber zwischenzeitlich die Erziehungsgeldzugangsvoraussetzungen für Ausländer neu geregelt und auch eine entsprechende Vorschrift in § 1 Abs. 7 BEEG aufgenommen habe, sei der Kreis der Anspruchsberechtigten wieder in diskriminierender Weise eingeschränkt worden. Es gebe keinen sachlichen Grund, den Anspruch auf Elterngeld für Inhaber eines Aufenthaltstitels der in § 1 Abs. 7 Nr. 2 c) BEEG aufgeführten Art von zusätzlichen Voraussetzungen als dem Zugang zum Arbeitsmarkt abhängig zu machen. Dies verstoße gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) und Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).
Die Klägerin beantragt schriftlich,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10.01.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2008 zu verurteilen, ihr für das am 07.09.2007 geborene Kind C. Elterngeld zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, § 1 Abs. 7 BEEG sei nicht verfassungswidrig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG.)
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Elterngeld, da sie insbesondere die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 7 Nr. 3 b) BEEG für den geltend gemachten Zeitraum nicht erfüllt.
Zwar ist die Klägerin als nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt; es handelt sich dabei jedoch um eine solche nach § 25 Abs. 5 AufenthG (§ 1 Abs. 7 Nr. 2 c) BEEG). In einem solchen Fall hängt die Anspruchsberechtigung gemäß § 1 Abs. 7 Nr. 3 davon ab, dass die Ausländerin a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt. Die Klägerin erfüllt zwar die Voraussetzungen des Buchstaben a), nicht aber des Buchstaben b) der Nr. 3 des § 1 Abs. 7 BEEG. Denn sie ist weder berechtigt erwerbstätig noch bezieht sie laufende Geldleistungen nach dem SGB III noch nimmt sie Elternzeit in Anspruch.
§ 1 Abs. 7 BEEG ist nach Auffassung der Kammer nicht verfassungswidrig (und verstößt auch nicht gegen die EMRK). Die Vorschrift trägt den Vorgaben des BVerfG zu der Erziehungsgeld-Entscheidung vom 06.07.2004 Rechnung, indem sie nicht allein an die formale Art des Aufenthaltstitels, sondern an weitere Kriterien anknüpft, die für den Anspruch einer nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländerin - wie der Klägerin - erfüllt sein müssen. Das BVerfG hat es als legitimes Ziel des Gesetzgebers anerkannt, Erziehungsgeld nur denjenigen Ausländern zukommen zu lassen, von denen erwartet werden kann, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben; dies gilt entsprechend für das Elterngeld. Das Differenzierungskriterium eines bestimmten Aufenthaltstitels in Kombination mit einem engen Bezug zum Erwerbsleben in Deutschland ist geeignet, diesen Personenkreis adäquat zu erfassen. Zwar wäre der Gesetzgeber nicht gehindert gewesen, die Kriterien weiter zu fassen und bereits die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit genügen zu lassen, wie sie die Klägerin besitzt. Bei der Gestaltung sozialer Leistungsansprüche steht dem Gesetzgeber jedoch ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Indem er für Ausländer, die eine der in § 1 Abs. 7 Nr. 2 c) BEEG aufgezählten Aufenthaltserlaubnisse besitzen, nicht nur die Berechtigung zu einer Erwerbstätigkeit, sondern weitergehend die tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder - nachgehend - den Bezug von SGB III-Leistungen oder die Inanspruchnahme von Elternzeit verlangt, hat er sich für eine engere Bindung an das Erwerbsleben als nur die Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt entschieden, wie er sie bei Ausländern genügen lässt, die eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, die nicht zu den in § 1 Abs. 7 Nr. 2 a) bis d) genannten Aufenthaltstiteln gehört. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift des § 1 Abs. 7 Nr. 3 b) BEEG ("erwerbstätig ist"), lässt auch eine erweiternde Auslegung, dass die Voraussetzungen dieser Norm bereits erfüllt, wer - wie die Klägerin - zu einer Erwerbstätigkeit berechtigt ist, ohne eine solche tatsächlich auszuüben oder SGB III-Leistungen zu beziehen oder Elterngeld in Anspruch zu nehmen, nicht zu (so aber zum Erziehungsgeld in Bezug auf die Neuregelung des § 1 Abs. 6 Nr. 3 b) BErzGG: SG Würzburg, Urteil vom 28.03.2008 - S 4 EG 49/06; SG Münster, Urteil vom 31.03.2008 - S 2 EG 25/07).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch auf Elterngeld für den ersten bis zwölften Lebensmonat des am 00.00.2007 geborenen Kindes C.
Die 0000 geborene Klägerin ist verheiratet und kongolesische Staatsangehörige. Sie lebt seit 2004 in Deutschland und besitzt seit 03.12.2005 eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Am 27.09.2007 gebar sie das Kind C. Bis dahin war sie nicht erwerbstätig und bezog/bezieht Leistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III).
Der Beklagte lehnte den Antrag durch Bescheid vom 10.01.2008 ab: der erteilte Aufenthaltstitel begründe keinen Anspruch auf Elterngeld.
Dagegen legte die Klägerin am 23.01.2008 Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, die Regelung des § 1 Abs. 7 Bundeselterngeldgesetz (BEEG) sei verfassungswidrig.
Durch Widerspruchsbescheid vom 07.10.2008 wies die Bezirksregierung N. den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus, die Klägerin sei weder berechtigt erwerbstätig noch beziehe sie laufende Leistungen nach dem SGB III noch nehme sie Elternzeit in Anspruch; die Voraussetzungen des § 1 Abs. 7 Ziff. 3 b) BEEG seien damit nicht erfüllt.
Dagegen hat die Klägerin am 28.10.2008 Klage erhoben. Sie ist der Auffassung, aus der vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) am 06.07.2007 (1 BvR 2515/95) ergangenen Entscheidung zum Erziehungsgeld ergebe sich, dass es nicht sachgerecht sei, für den Leistungsanspruch eines Ausländers allein an die Art eines Aufenthaltstitels anzuknüpfen, wenn er sich voraussichtlich auf Dauer im Bundesgebiet aufhalten dürfe. Dies gelte auch für das Elterngeld. Soweit der Gesetzgeber zwischenzeitlich die Erziehungsgeldzugangsvoraussetzungen für Ausländer neu geregelt und auch eine entsprechende Vorschrift in § 1 Abs. 7 BEEG aufgenommen habe, sei der Kreis der Anspruchsberechtigten wieder in diskriminierender Weise eingeschränkt worden. Es gebe keinen sachlichen Grund, den Anspruch auf Elterngeld für Inhaber eines Aufenthaltstitels der in § 1 Abs. 7 Nr. 2 c) BEEG aufgeführten Art von zusätzlichen Voraussetzungen als dem Zugang zum Arbeitsmarkt abhängig zu machen. Dies verstoße gegen Artikel 3 des Grundgesetzes (GG) und Artikel 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK).
Die Klägerin beantragt schriftlich,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 10.01.2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 07.10.2008 zu verurteilen, ihr für das am 07.09.2007 geborene Kind C. Elterngeld zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er ist der Auffassung, § 1 Abs. 7 BEEG sei nicht verfassungswidrig.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen die Klägerin betreffende Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten übereinstimmend mit dieser Verfahrensweise einverstanden erklärt haben (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG.)
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Klägerin wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Sie hat keinen Anspruch auf Elterngeld, da sie insbesondere die Voraussetzungen nach § 1 Abs. 7 Nr. 3 b) BEEG für den geltend gemachten Zeitraum nicht erfüllt.
Zwar ist die Klägerin als nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländerin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, die zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt; es handelt sich dabei jedoch um eine solche nach § 25 Abs. 5 AufenthG (§ 1 Abs. 7 Nr. 2 c) BEEG). In einem solchen Fall hängt die Anspruchsberechtigung gemäß § 1 Abs. 7 Nr. 3 davon ab, dass die Ausländerin a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt. Die Klägerin erfüllt zwar die Voraussetzungen des Buchstaben a), nicht aber des Buchstaben b) der Nr. 3 des § 1 Abs. 7 BEEG. Denn sie ist weder berechtigt erwerbstätig noch bezieht sie laufende Geldleistungen nach dem SGB III noch nimmt sie Elternzeit in Anspruch.
§ 1 Abs. 7 BEEG ist nach Auffassung der Kammer nicht verfassungswidrig (und verstößt auch nicht gegen die EMRK). Die Vorschrift trägt den Vorgaben des BVerfG zu der Erziehungsgeld-Entscheidung vom 06.07.2004 Rechnung, indem sie nicht allein an die formale Art des Aufenthaltstitels, sondern an weitere Kriterien anknüpft, die für den Anspruch einer nicht freizügigkeitsberechtigten Ausländerin - wie der Klägerin - erfüllt sein müssen. Das BVerfG hat es als legitimes Ziel des Gesetzgebers anerkannt, Erziehungsgeld nur denjenigen Ausländern zukommen zu lassen, von denen erwartet werden kann, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben; dies gilt entsprechend für das Elterngeld. Das Differenzierungskriterium eines bestimmten Aufenthaltstitels in Kombination mit einem engen Bezug zum Erwerbsleben in Deutschland ist geeignet, diesen Personenkreis adäquat zu erfassen. Zwar wäre der Gesetzgeber nicht gehindert gewesen, die Kriterien weiter zu fassen und bereits die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit genügen zu lassen, wie sie die Klägerin besitzt. Bei der Gestaltung sozialer Leistungsansprüche steht dem Gesetzgeber jedoch ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Indem er für Ausländer, die eine der in § 1 Abs. 7 Nr. 2 c) BEEG aufgezählten Aufenthaltserlaubnisse besitzen, nicht nur die Berechtigung zu einer Erwerbstätigkeit, sondern weitergehend die tatsächliche Ausübung einer Erwerbstätigkeit oder - nachgehend - den Bezug von SGB III-Leistungen oder die Inanspruchnahme von Elternzeit verlangt, hat er sich für eine engere Bindung an das Erwerbsleben als nur die Zugangsmöglichkeit zum Arbeitsmarkt entschieden, wie er sie bei Ausländern genügen lässt, die eine Aufenthaltserlaubnis besitzen, die nicht zu den in § 1 Abs. 7 Nr. 2 a) bis d) genannten Aufenthaltstiteln gehört. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Der eindeutige Wortlaut der Vorschrift des § 1 Abs. 7 Nr. 3 b) BEEG ("erwerbstätig ist"), lässt auch eine erweiternde Auslegung, dass die Voraussetzungen dieser Norm bereits erfüllt, wer - wie die Klägerin - zu einer Erwerbstätigkeit berechtigt ist, ohne eine solche tatsächlich auszuüben oder SGB III-Leistungen zu beziehen oder Elterngeld in Anspruch zu nehmen, nicht zu (so aber zum Erziehungsgeld in Bezug auf die Neuregelung des § 1 Abs. 6 Nr. 3 b) BErzGG: SG Würzburg, Urteil vom 28.03.2008 - S 4 EG 49/06; SG Münster, Urteil vom 31.03.2008 - S 2 EG 25/07).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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