S 2 EG 28/08

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
2
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 2 EG 28/08
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten werden nicht erstattet.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung weiteren Elterngeldes für ihre am 22. April 2007 geborene Tochter C.

Die Klägerin erzielte in der Zeit von März 2006 bis Oktober 2006 und von Januar bis Februar 2007 ein monatliches Bruttoeinkommen aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit in Höhe von 1.600 Euro monatlich. Aufgrund einer Erkrankung wegen eines Arbeitsunfalls erzielte die Klägerin nach Auslaufen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall im November 2006 ein Bruttoeinkommen von 1.013,33 Euro und im Dezember 2006 von 1.440 Euro. Zusätzlich erhielt sie in der Zeit vom 20. November 2006 bis 3. Dezember 2006 Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe von insgesamt 500,50 Euro.

Auf ihren Antrag vom 10. Mai 2007 bewilligte der Beklagte der Klägerin mit Bescheid des Bezirksamtes Neukölln von Berlin vom 19. Juli 2007 Elterngeld für die Zeit vom 22. April 2007 bis 21. April 2008. Hierbei legte er lediglich das im Kalenderjahr vor der Geburt des Kindes vom Arbeitgeber der Klägerin gewährte Bruttoerwerbseinkommen seiner Berechnung zu Grunde, ohne das zur Kompensation des Verdienstausfalles im November und Dezember 2006 gewährte Verletztengeld zu berücksichtigen.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin vom 26. Juli 2007 wies der Beklagte mit Bescheid des Bezirksamtes Neukölln von Berlin vom 20. August 2007 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass steuerfreie Einnahmen, zu denen auch Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zählten, nicht als elterngeldrelevantes Referenzeinkommen zu berücksichtigen seien.

Mit der am 19. September 2007 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie ist der Ansicht, dass auch das Verletztengeld als elterngeldrelevantes Einkommen zu berücksichtigen sei, da es für einen unverschuldeten Arbeitsunfall gewährt worden sei. Ihr Fall dürfe nicht anders behandelt werden, als derjenige einer ebenfalls unverschuldeten schwangerschaftsbedingten Erkrankung, für die der Gesetzgeber selbst ein Überspringen der Monate mit Verdienstausfall vorgesehen habe.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Änderung des Bescheides des Bezirksamtes Neukölln von Berlin vom 19. Juli 2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 20. August 2007 zu verpflichten, der Klägerin Elterngeld unter Zugrundelegung eines Bruttoeinkommens von 1.600 Euro monatlich auch in den Monaten November und Dezember 2006 zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte sowie auf den Verwaltungsvorgang des Beklagten, der vorgelegen hat und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen ist, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angegriffenen Bescheide des Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Sie hat keinen Anspruch auf Gewährung weiteren Elterngeldes.

Gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG) vom 5. Dezember 2006 (BGBl. I S. 2748) hat Anspruch auf Elterngeld, wer (1.) einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat, (2.) mit seinem Kind in einem Haushalt lebt, (3.) dieses Kind selbst betreut und erzieht und (4.) keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübt. Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG wird Elterngeld in Höhe von 67 Prozent des in den zwölf Kalendermonaten vor dem Monat der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommens aus Erwerbstätigkeit bis zu einem Höchstbetrag von 1.800 Euro monatlich für volle Monate gezahlt, in denen die berechtigte Person kein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielt. Nach Satz 2 der Vorschrift ist als Einkommen aus Erwerbstätigkeit die Summe der positiven Einkünfte unter anderem aus nichtselbständiger Arbeit im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 des Einkommenssteuergesetzes nach Maßgabe der Absätze 7 bis 9 zu berücksichtigen. Gemäß § 3 Nr. 1 a) des Einkommenssteuergesetzes sind Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung steuerfrei.

Ausgehend hiervon hat die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung weiteren Elterngeldes als vom Beklagten mit streitgegenständlichem Bescheid bewilligt. Insbesondere ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass das der Klägerin in den Monaten November und Dezember 2006 gewährte Verletztengeld nicht als elterngeldrelevantes Einkommen zu berücksichtigen war.

Zwar bestimmt § 2 Abs. 1 BEEG die Summe der positiven Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Ausgangspunkt zur Ermittlung des elterngeldrechtlichen Referenzeinkommens. Durch die Bezugnahme in § 2 Abs. 1 Satz 2 BEEG auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EStG, der die grundsätzliche Steuerpflichtigkeit bestimmter Einkünfte vorsieht, hat der Gesetzgeber jedoch klargestellt, dass elterngeldrelevant nur die steuerpflichtigen Einkünfte sein können (ebenso etwa LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 12. Dezember 2008 – L 13 EG 32/08 -). Ausweislich § 3 Nr. 1 a) EStG sind jedoch Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung steuerfrei. Das der Klägerin gewährte Verletztengeld stellt nach den §§ 45 ff. SGB VII eine solche Leistung der gesetzlichen Unfallversicherung dar, so dass dieses mangels Steuerpflichtigkeit auch nicht zur Bestimmung der Bemessungsgrundlage des Elterngeldes herangezogen werden kann.

Diese dem textlichen Befund nach eindeutige Regelung begegnet – entgegen der Ansicht der Klägerin – auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG. Die Ausklammerung von steuerfreien Lohnersatzleistungen, wie solchen der gesetzlichen Unfallversicherung und damit im vorliegenden Fall des der Klägerin gewährten Verletztengeldes erscheint auch in Ansehung der klägerisch bemühten Tatsache, dass bei schwangerschaftsbedingten Erkrankungen durch Vorverlegung des Referenzzeitraumes eine faktische Nichtberücksichtigung der Einkommensabsenkung erfolgt, nicht willkürlich.

Zum einen handelt es sich bereits der Sache nach um völlig unterschiedliche Regelungsmechanismen, da es im Falle der schwangerschaftsbedingten Erkrankung gerade nicht zur Berücksichtigung der Krankheitsmonate kommt, die durch substantiellen Einkommensverlust gekennzeichnet sind (vgl. § 2 Abs. 7 Satz 6 BEEG). Insofern dürfte es bereits an einer Vergleichbarkeit der Fallgestaltungen im Hinblick auf eine Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG fehlen. Darüber hinaus ist jedoch die faktische Besserstellung von Leistungsempfängern, bei denen ein Verdienstausfall durch eine schwangerschaftsbedingte Erkrankung eingetreten ist, gegenüber Fällen der vorliegenden Art dadurch gekennzeichnet, dass es sich im ersten Fall im Ursachen für den Gehaltsverlust handelt, die in einem inneren Zusammenhang zur erwarteten Geburt des Kindes, an die ja auch die Gewährung des Elterngeldes selbst anknüpft, stehen. Der Verdienstausfall und dessen Ausgleich durch Gewährung von Verletztengeld im Fall eines Arbeitsunfalls steht jedoch in keinerlei Zusammenhang zur erwarteten Geburt des Kindes, so dass es für eine unterschiedliche Behandlung beider Fallgruppen jedenfalls plausible Gründe gibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 183 SGG).
Rechtskraft
Aus
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