L 3 R 585/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 2 R 677/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 3 R 585/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Versicherungspflicht
Die Berufung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Anerkennung des Zeitraums vom 1. September 1959 bis zum 1. Oktober 1968 als glaubhaft gemachte Beitragszeit.

Die am 1943 geborene Klägerin war im streitigen Zeitraum als Gehilfin in dem landwirtschaftlichen Betrieb, der zunächst von ihrem Großvater und ab dem 1. Juni 1959 von ihrem Vater betrieben wurde, beschäftigt. Der Vater der Klägerin wurde ausweislich des ihn betreffenden Erfassungsbogens zum Rentenantrag im Oktober 1959 Genossenschaftsbauer in der LPG Völkerfrieden B ... Ab Juli 1959 und für den gesamten hier streitigen Zeitraum wurden freiwillige Beiträge für die Klägerin in Höhe von 3,- M pro Monat abgeführt, die auf einer Beitragskarte eingetragen sind. Der Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (SVA) der Klägerin enthält Eintragungen erst für den Zeitraum ab dem 11. Februar 1972.

Die Klägerin stellte am 1. Oktober 1997 bei der Beklagten einen Antrag auf Kontenklärung. Sie gab an, in der Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 1. Oktober 1959 als landwirtschaftlicher Lehrling und im Anschluss daran bis zum 1. Oktober 1968 als Landwirtschaftsgehilfin bei Verwandten tätig gewesen zu sein. Der elterliche Betrieb sei ca. 15 ha groß gewesen. Ihr den streitigen Zeitraum betreffender SVA sei im Urlaub in der damaligen Tschechoslowakei abhanden gekommen. Für die Zeit vom 2. Januar 1959 bis zum 1. Oktober 1968 seien Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet worden. Sie habe in dieser Zeit auf der Grundlage eines Arbeitsvertrages ein Entgelt von "300 DM pro Monat" bzw. nach später im Verwaltungsverfahren gemachten Angaben "300 DM wöchentlich" sowie freie Kost und Wohnung erhalten.

Ermittlungen der Beklagten bei dem zuständigen Finanzamt zur Erlangung von Unterlagen für den Zeitraum von 1957 bis 1968 und bei der A + B Stelle für die Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 1. Januar 1959 verliefen erfolglos. Letztere teilte mit, Hebelisten bzw. Leistungskarten seien in dem übernommenen Archivmaterial nicht vorhanden. Die Unterlagen bei dem Finanzamt Wittenberg seien nach Angaben des Ehemannes der Klägerin nach einem Hochwasserschaden nicht mehr auffindbar.

Im Rahmen einer schriftlichen Zeugenerklärung hatte die im Jahr 1919 geborene Mutter der Klägerin angegeben, die Klägerin sei nach der Grundschule bis zur Heirat ganztägig erst bei ihrem (bezogen auf die Klägerin) Großvater, dann bei ihrem (im Jahr 1992 verstorbenen) Vater auf dem Hof in der Feld- und Viehwirtschaft angestellt gewesen. Die Klägerin habe 3.600 Mark pro Jahr, freien Unterhalt, freie Wohnung und Kost bezogen. Pflichtbeiträge zur Kranken- und Rentenversicherung seien gezahlt worden.

Mit Bescheid vom 29. Juli 1999 stellte die Beklagte nach § 149 Abs. 5 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Rentenversicherung - SGB VI) die im beigefügten Versicherungsverlauf enthaltenen Daten bis zum 31. Dezember 1992 als für die Beteiligten verbindlich fest. Die von der Klägerin u.a. geltend gemachte Zeit vom 4. April 1964 bis zum 1. Oktober 1968 könne nicht anerkannt werden, da in den vorhandenen Versicherungsunterlagen Beiträge nicht bescheinigt seien und auch nicht als gezahlt gelten würden. Eine Beitragszahlung erscheine nach dem Ergebnis der Ermittlungen auch nicht glaubhaft. Die Zeit vom 2. Januar 1959 bis zum 3. April 1964 könne nicht als Beitragszeit anerkannt werden, weil nach dem seinerzeit geltenden Recht keine Versicherungspflicht bestanden habe. Die für die Zeit vom 1. Januar 1962 bis zum 31. Dezember 1990 gezahlten freiwilligen Beiträge seien nur als Beiträge der Höherversicherung zu berücksichtigen, weil sie nicht in der vom Gesetz geforderten Mindesthöhe gezahlt worden seien.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15. Dezember 1999 wies die Beklagte den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Für den Zeitraum von Oktober 1957 bis April 1964 fehle es sowohl an einer Versicherungspflicht der Klägerin als auch an dem Nachweis einer Beitragszahlung. Für Familienangehörige habe eine Versicherungspflicht nur ab Vollendung des 21. Lebensjahrs bzw. ab einer Wirtschaftsgröße von mehr als 20 ha bestanden. Für die von der Klägerin geleisteten freiwilligen Beiträge habe bei Bestehen einer Pflichtversicherung keine Berechtigung bestanden. Hier habe die Klägerin erst am 3. April 1964 das 21. Lebensjahr vollendet und der väterliche Betrieb sei 15 ha groß gewesen. Der von der Klägerin behauptete Verlust des Versicherungsausweises sei nicht glaubhaft.

Mit Schreiben vom 12. Januar 2000, dessen datumsmäßiger Eingang bei der Beklagten nicht aktenkundig ist, beantragte die Klägerin die Überprüfung des Vormerkungsbescheides. Durch Zeugenerklärung sei ihre Lehrlingszeit nachgewiesen. Während ihrer nachfolgenden Tätigkeit habe sie ärztliche Hilfe in Anspruch genommen und müsse deshalb versichert gewesen sein. Ihr Hauptanliegen sei es, die Versicherungsdauer von 35 Jahren zu erreichen. Hilfsweise wolle sie für die Zeit von 1959 bis 1969 auf der Grundlage von § 208 SGB VI Beiträge nachzahlen.

Die Beklagte lehnte eine Änderung des Vormerkungsbescheides im Zugunstenverfahren mit Bescheid vom 29. Mai 2000 ab. Die Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 31. August 1959 könne nicht anerkannt werden, weil eine Ausbildungszeit nicht nachgewiesen sei. § 208 SGB VI finde auf landwirtschaftliche Unternehmer und deren Familienangehörige im Beitrittsgebiet keine Anwendung.

Die Beklagte wies auch den hiergegen gerichteten Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. Oktober 2000 im Hinblick auf die Berücksichtigung der Lehrzeit mit den Gründen des ersten Widerspruchsbescheides zurück. Auch die Voraussetzungen einer Beitragsnachzahlung für den Zeitraum vom 1. September 1959 bis zum 31. Dezember 1969 lägen nicht vor.

Die Klägerin verfolgte im Rahmen des ersten Klageverfahrens vor dem Sozialgericht (SG) Dessau (Az. S 4 RJ 362/00) ihr Begehren weiter. Das SG vernahm den Ehemann der Klägerin, den sie im Jahr 1963 kennen gelernt hatte. Er habe den SVA der Klägerin mit Eintragungen von ca. 3.500 M auf einer Seite des Ausweises gesehen, der bei einem Zelturlaub 1968/1969 gestohlen worden sei. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des SG vom 26. August 2002 Bezug genommen. Die an die Mutter der Klägerin gerichtete Anfrage des SG vom 26. Mai 2003 bezüglich einer Pflichtbeitragszahlung der Klägerin in den Jahren 1957 bis 1968 beantwortete die Schwester der Klägerin unter Hinweis auf den schlechten Gesundheits- und wechselnden Gedächtniszustand ihrer Mutter. Die Klägerin sei ganztags bei ihrem Großvater und ihrem Vater angestellt gewesen. Im Rahmen der nachfolgenden Zeugenvernehmung gab die Mutter der Klägerin an, die Klägerin sei 1957 in den landwirtschaftlichen Betrieb ihres Großvaters wohl nach Ostern im Rahmen einer Lehre eingetreten. Der Betrieb sei damals mit landwirtschaftlichen Flächen 18 ha groß gewesen, mit reinen Ackerflächen von 15 ha oder mehr. Die Klägerin habe auch nach dem Übergang des Betriebs Ende der 50er Jahre auf ihren Vater dort bis zu ihrer Heirat im Jahr 1968 weitergearbeitet. In dem Betrieb sei nur die Klägerin beschäftigt gewesen. Vorher habe man ein Dienstmädchen gehabt. Der Eintritt in die LPG sei etwa im Jahr 1959 erfolgt. Der Betrieb sei gut gelaufen. Die Abführung von Beiträgen zur Sozialversicherung einschließlich der Eintragungen in den SVA sei durch den Vater der Klägerin, d.h. nicht über die LPG, erfolgt. Ob sie den SVA der Klägerin gesehen habe, wisse sie nicht mehr. Die Klägerin habe etwa genauso viel verdient und Beiträge in derselben Höhe abgeführt wie die anderen im Dorf, sonst hätte diese sich eine andere Arbeit gesucht. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des SG vom 29. September 2003 Bezug genommen.

Mit Urteil vom 17. November 2003 verurteilte das SG die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 29. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 1999, die Zeit vom 1. Oktober 1957 bis zum 1. Oktober 1968 als glaubhaft gemachte Beitragszeit im Beitrittsgebiet "bei dem Versicherungskonto der Klägerin zu berücksichtigen". Auf Grund der Kommentierung von Weser in dem Werk "Die gesetzliche Rentenversicherung in der sowjetischen Rentenversicherung" habe die Klägerin ab einem nicht genau festzulegenden Zeitpunkt im Jahr 1957 der Versicherungspflicht unterlegen. Die sich damit überschneidende Zahlung von freiwilligen Beiträgen stehe der Annahme einer Versicherungspflicht nicht entgegen. Im Anschluss an die Lehrzeit der Klägerin habe nach der allgemeinen Regelung in § 3 der Verordnung über die Sozialpflichtversicherung der Verordnung über die Sozialpflichtversicherung (VSV) vom 28. Januar 1947 (abgedruckt in "Arbeit und Sozialfürsorge" Jahrgang 1947, S. 92) Versicherungspflicht bestanden. Die Mutter der Klägerin habe sehr plastisch dargelegt, dass die Klägerin im Hinblick auf Arbeitsentgelt und Sozialversicherungsbeiträge so gestellt gewesen sei wie die schon in der LPG tätigen Dorfbewohnerinnen. Damit sei die Leistung von Pflichtbeiträgen für die Klägerin zur gesetzlichen Rentenversicherung in dem hier streitigen Zeitraum zwar nicht im eigentlichen Sinne bewiesen, aber glaubhaft gemacht.

Auf die Berufung der Beklagten gegen dieses Urteil vor dem Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt (Az. L 3 RJ 240/03) schlossen die Beteiligten folgenden Vergleich: 1. Die Beklagte verpflichtet sich, die Zeit der landwirtschaftlichen Ausbildung der Klägerin vom 1. September 1957 bis 31. August 1959 als glaubhaft gemachte Pflichtbeitragszeit anzuerkennen. 2. Soweit ihr Begehren über den Vergleich zu 1. hinausgeht, nimmt die Klägerin die Klage zurück und leitet keine Rechte aus dem Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 17. November 2003 her. 3. Die Beteiligten erklären den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt. 4. Zugleich stellt die Klägerin hiermit an die Beklagte einen Antrag gemäß § 44 SGB X hinsichtlich der Anerkennung der Zeiten vom 1. September 1959 bis zum 1. Oktober 1968.

Mit Bescheid vom 1. Dezember 2004 teilte die Beklagte der Klägerin mit, der Feststellungsbescheid vom 29. Juli 1999 werde nicht gemäß § 44 Abs. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - SGB X) zurückgenommen. Die Klägerin habe in dem Zeitraum vom 1. September 1959 bis zum 1. Oktober 1968 im großelterlichen Landwirtschaftsbetrieb gearbeitet. Der Nachweis der Zahlung von Pflichtbeiträgen könne von ihr jedoch nicht mehr geführt werden, da ihr den Zeitraum betreffender SVA abhanden gekommen sei. Bei einer Bodenfläche des landwirtschaftlichen Betriebes von 15 ha habe erst ab dem Zeitpunkt der Vollendung des 21. Lebensjahres am 3. April 1964 Versicherungspflicht bestanden. Auch für die Zeit vom 1. Mai 1964 bis zum 1. Oktober 1968 erscheine die Zahlung von Pflichtbeiträgen nicht glaubhaft, da für diesen Zeitraum freiwillige Beiträge entrichtet worden seien. Voraussetzung hierfür sei eine Versicherungsfreiheit gewesen.

Zur Begründung ihres hiergegen eingelegten Widerspruchs führte die Klägerin im Wesentlichen aus, eine Pflichtversicherung im streitigen Zeitraum habe der Entrichtung freiwilliger Beiträge nicht entgegengestanden. Diese Auffassung werde auch durch die heutige Regelung in § 5 und § 97 ALG und die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 11. Dezember 2003 - B 10 LW 12/02 R - gestützt. Mit Überführung des Betriebs in die LPG etwa im Jahr 1959 sei die bis dahin geltende Regelung, die an die Grundfläche des Betriebs angeknüpft habe, nicht mehr anzuwenden gewesen, sodass eine Pflichtversicherung nach § 3 VSV bestanden habe.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 11. Oktober 2005 mit der Begründung des angefochtenen Bescheides zurück.

Mit ihrer am 8. November 2005 beim SG Dessau erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Mit dem Eintritt des elterlichen Landwirtschaftsbetriebs in die LPG ca. 1959 sei sie nach § 3 VSV versicherungspflichtig geworden, da lediglich der Viehbestand in der Eigenverantwortung ihrer Eltern geblieben sei. Einzelne Flächen seien bei dem Eintritt in die LPG nicht auf diese übertragen, sondern weiter privat gehalten worden. Im Übrigen sei zu berücksichtigen, dass der "eigentliche Betrieb", d.h. auch die "Bereiche der Viehzucht", insgesamt eine Fläche von 20 ha erreicht habe. Ohne die Tierhaltung seien ca. 15 ha oder mehr Ackerflächen und 3 ha Waldflächen vorhanden gewesen. Auch eine Beitragsentrichtung sei auf Grund ihrer Entlohnung mit der durch die Zeugenaussagen ihres Ehemannes und ihrer Mutter belegten Beitragsentrichtung überwiegend wahrscheinlich und damit glaubhaft gemacht.

Das SG hat den Ehemann der Klägerin als Zeugen vernommen. Dieser hat angegeben, in die Unterlagen "immer reingeschaut" zu haben. Bei der Klägerin seien ca. 3.500 Mark eingetragen gewesen. Deshalb habe er sich das gemerkt. Ihr Verdienst sei mit seinem in etwa vergleichbar gewesen. In seinem Ausweis seien 3.000 bis 3.500 Mark eingetragen gewesen. So genau wisse er das nicht mehr. Der Sitzungsvertreter der Beklagten hat diesbezüglich angemerkt, der Zeuge habe nicht erklärt, er habe "immer" in die Unterlagen reingeschaut, sondern nur "durch Zufall".

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 27. Oktober 2006 abgewiesen. Die Klägerin habe für den streitigen Zeitraum nicht glaubhaft gemacht, dass sie in einer eine Betragspflicht begründenden Weise tätig gewesen sei. Ihr Vater sei nämlich nicht mehr selbständiger Landwirt bzw. Inhaber eines Betriebes, sondern Genossenschaftsbauer gewesen. Dies habe in gewissem Umfang wohl auch die Viehwirtschaft eingeschlossen, da die Schafwolle habe abgeliefert werden müssen. Die Klägerin sei aber nicht für die LPG, sondern (nur) für die Vieh- und Hauswirtschaft der Familie zuständig gewesen. In dieser Tätigkeit sei die Klägerin nicht sozialversicherungspflichtig gewesen. Vor diesem Hintergrund könne offen bleiben, ob von einem etwaigen Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen neben den freiwilligen Beiträgen auch Pflichtbeiträge gezahlt worden seien.

Gegen das ihr am 22. November 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. Dezember 2006 Berufung beim LSG Sachsen-Anhalt eingelegt. Trotz des Eintritts in die LPG seien der Viehbestand und umfangreiche forstwirtschaftliche Flächen weiterhin im elterlichen Betrieb im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit bewirtschaftet worden. Der Betrieb habe zusätzlich auch Pachtflächen mit einer Größe von mindestens 6 ha von der Gemeinde B. zur Verfügung gestellt bekommen und als Acker für die Zuchtbullen bewirtschaftet. Zur Versorgung der ungefähr 10 Rinder, 20 Schweine und an die 100 Hühner habe die Klägerin die Aufgaben einer Vollzeitkraft von vorher familienfremden Personen im Rahmen eines Arbeitsvertragsverhältnisses übernommen. Gemeinsam mit mehreren Angestellten habe sie zudem noch Gänse, Pferde und Schafe betreuen müssen. Sie sei der Auffassung, dass für Familienangehörige, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hätten, im Rahmen einer Festanstellung in einem landwirtschaftlichen Unternehmen auch bei Unterschreitung der Bodenfläche von 20 ha Versicherungspflicht bestanden habe. Sie habe im Übrigen auch während ihrer Beschäftigung bei dem VEB Maschinen-Mühlenbau W. und der LPG "E. T." freiwillige Beiträge für Zeiträume der Versicherungspflicht geleistet. Sie verweist auf die von ihr zur Gerichtsakte gereichte Eidesstattliche Versicherung vom 12. Mai 2008, auf deren Inhalt wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Wegen des Verlustes des SVA habe sie nichts unternommen und auch bis zur Ausstellung des neuen Ausweises ab 11. Februar 1972 diesen nicht erwähnt. Sie sei davon ausgegangen sei, dass die Beiträge auch ohne diesen Nachweis für einen späteren Rentenanspruch berücksichtigt würden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 27. Oktober 2007 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Dezember 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Oktober 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 29. Juli 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 1999 teilweise zurückzunehmen und die Zeit vom 1. September 1959 bis zum 1. Oktober 1968 als glaubhaft gemachte Beitragszeit anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Klägerin sei mit Eintritt des elterlichen Betriebes in die LPG versicherungsfrei geblieben, da mit dieser ein Beschäftigungsverhältnis nicht eingegangen worden sei. Für die Frage, ob die Klägerin als "mithelfende Familienangehörige" anzusehen sei, komme es nicht darauf an, ob insoweit eine Festanstellung vorgelegen habe. Die Angaben der Mutter der Klägerin zur Führung eines SVA seien widersprüchlich. Die Klägerin habe in ihrem Antrag vom 12. Januar 2000 erklärt, dass seit 1959 Beiträge zur freiwilligen Rentenversicherung gezahlt worden seien, um Beitragslücken aufzufüllen. Dies sei bei einer ununterbrochenen Beitragszahlung nicht nachvollziehbar (Der von der Beklagten hier auch erwähnte Antrag nach § 208 SGB VI auf Beitragsnachzahlung bezieht sich auf die Lehrzeit, die von der Beklagten anerkannt wurde). Eine freiwillige Rentenversicherung sei im streitigen Zeitraum nur möglich gewesen, soweit keine Pflichtversicherung bestand.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der angefochtene Bescheid, mit dem die Beklagte eine Teilrücknahme dieses Bescheides zu Gunsten der Klägerin ablehnte, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin damit nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Denn die Beklagte hat zu Recht in ihrem Feststellungsbescheid vom 29. Juli 1999 die Zeit vom 1. September 1959 bis zum 1. Oktober 1968 nicht als glaubhaft gemachte Beitragszeit anerkannt.

Nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI stehen Beitragszeiten nach Bundesrecht Zeiten nach dem 8. Mai 1945 gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor In-Kraft-Treten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind.

Für die Zeit vom 1. September 1959 bis zum 31. Dezember 1959 hat die Beklagte zu Recht nur eine Beitragszeit mit freiwilligen Beiträgen von 3 M pro Monat berücksichtigt. Für den daran anschließenden Zeitraum bis zum 1. Oktober 1968 scheidet nach § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VI auch eine Berücksichtigung als Beitragszeit mit freiwilligen Beiträgen aus, da die Klägerin insoweit keine freiwilligen Beiträge mindestens in der in der Anlage 11 genannten Höhe gezahlt hat.

Die Voraussetzungen einer Anerkennung des streitigen Zeitraums als Beitragszeit auf Grund einer Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt liegen nicht vor.

Eine Anerkennung der streitigen Zeiten nach § 286c SGB VI kommt hier bereits nach den Angaben der Klägerin nicht in Betracht. Sind in den Versicherungsunterlagen des Beitrittsgebiets für Zeiten vor dem 1. Januar 1992 Arbeitszeiten oder Zeiten der selbständigen Tätigkeit ordnungsgemäß bescheinigt, wird nach dieser Vorschrift vermutet, dass während dieser Zeiten Versicherungspflicht bestanden hat und für das angegebene Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen die Beiträge gezahlt worden sind. Voraussetzung hierfür ist, dass die ordnungsgemäße Bescheinigung durch Vorlage der entsprechenden Urkunden nachgewiesen wird. Auf Grund des von der Klägerin angegebenen Verlustes des SVA können Urkunden nicht mehr vorgelegt werden.

Die Klägerin hat auch nicht glaubhaft gemacht, dass sie in der Zeit vom 1. September 1959 bis zum 1. Oktober 1968 beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt hat. Denn es fehlt insoweit zumindest an einer Glaubhaftmachung der entsprechenden Beitragszahlung.

Machen Versicherte glaubhaft, dass sie im Beitrittsgebiet in der Zeit vom 9. Mai 1945 bis zum 31. Dezember 1991 ein beitragspflichtiges Arbeitsentgelt erzielt haben und von diesem entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, sind die dem Arbeitsentgelt zugrunde liegenden Zeiträume nach § 286b Satz 1 SGB VI als Beitragszeit anzuerkennen. Als Mittel der Glaubhaftmachung können auch Versicherungen an Eides statt zugelassen werden, wobei die Träger der Rentenversicherung für deren Abnahme zuständig sind (a.a.O. Satz 3 und 4). Eine Glaubhaftmachung scheidet für solche Zeiten aus, in denen nach dem Recht des Beitrittsgebiets keine Versicherungs- oder Beitragspflicht bestand (vgl. Böttiger, JurisPK SGB VI, § 286b RdNr. 17).

Unstreitig war die Klägerin in dem hier streitigen Zeitraum in dem zumindest teilweise von ihrem Vater geführten landwirtschaftlichen Betrieb tätig. Der Senat ist im Übrigen der Überzeugung, dass die Klägerin (nur) in der Zeit ab Vollendung ihres 21. Lebensjahres vom 1. Mai 1964 bis zum 1. Oktober 1968 der Versicherungspflicht unterlag.

Nach § 3 VSV (a.a.O.) unterlagen der Sozialversicherungspflicht nach dieser Verordnung alle in unselbständiger Arbeit stehenden ständig und unständig Beschäftigten sowie Arbeiter und Angestellte in der Land- und Forstwirtschaft. Mit ihrem In-Kraft-Treten am 1. Januar 1962 regelte die Verordnung über die Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten vom 21. Dezember 1961 (GBl. II S. 533, GBl. II 1962 S. 4), dass Werktätige während der Dauer eines Arbeitsrechtsverhältnisses bei der Sozialversicherung der Arbeiter und Angestellten pflichtversichert sind, wenn der monatliche Arbeitsverdienst mindestens 75,- MDN beträgt (§ 14 Abs. 1 der Verordnung).

Diese Regelung wird für mitarbeitende Familienangehörige des Inhabers eines bäuerlichen Betriebes durch die Regelung in § 19 der Anordnung über die Zahlung der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung bei der Deutschen Versicherungsanstalt (SV-Veranlagungsrichtlinien) vom 27. März 1957 (GBl. II S. 157) verdrängt (wie hier LSG für das Land Brandenburg, Urteil vom 18. November 2002 - L 2 RA 256/01 - recherchiert über juris für die Vorgängerregelung in der Anordnung über die Sozialpflichtversicherung in der Landwirtschaft vom 25. Mai 1949, ZVOBl. I Nr. 51 S. 1). Die SV-Veranlagungsrichtlinien blieben in dem hier streitigen Zeitraum im Wesentlichen unverändert. Diese galten ab dem Veranlagungszeitraum 1956 und waren Ende 1968 noch in Kraft (vgl. Büro des Ministerrates der DDR, Das geltende Recht, Ausgabe 1969, zu Ordnungsnummer 641; die geringfügigen Änderungen mit Durchführungsbestimmung vom 26. März 1966 (GBl. II S. 229) und mit Verordnung vom 22. September 1966 (GBl. II S. 779) betreffen die hier maßgebenden Regelungen nicht).

Unter der Überschrift "Versicherungspflicht der mitarbeitenden Familienangehörigen in der Land- und Forstwirtschaft" sind nach § 19 Abs. 1 Satz 1 der SV-Veranlagungsrichtlinien versicherungspflichtig in der Sozialversicherung bei der Deutschen-Versicherungsanstalt in bäuerlichen Betrieben bis 20 ha die ständig mitarbeitenden Kinder nach Vollendung des 21. Lebensjahres mit einem Beitragssatz von 14 % (Buchst. a), in bäuerlichen Betrieben über 20 ha die ständig mitarbeitenden Kinder bis zum vollendeten 21. Lebensjahr mit einem Beitragssatz von 14 %, die ständig mitarbeitenden Kinder nach Vollendung des 21. Lebensjahres mit einem Beitragssatz von 20 %. Nach § 19 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b) i.V.m. Absatz 7 dieser Vorschrift sind nicht versicherungspflichtig die mitarbeitenden Kinder bis zum vollendeten 21. Lebensjahr in Wirtschaften bis zu 20 ha, wobei die Gesamtfläche ohne Öd- und Unland maßgebend ist. Die Versicherungspflicht besteht nach § 19 Abs. 5 der SV-Veranlagungsrichtlinien nur dann, wenn die Mitarbeit der Familienangehörigen ständig erfolgt; eine gelegentliche Mitarbeit hat keine Versicherungspflicht zur Folge. Der Zweck dieser Regelung ergibt sich aus der für die Vorgängerregelung in der Anordnung über die Sozialpflichtversicherung in der Landwirtschaft (a.a.O.) ausdrücklich genannten Klarstellung der Abgrenzung zur Sozialpflichtversicherung und der beitragsmäßigen Entlastung der Klein- und Mittelbauern (vgl. den Einführungssatz der Anordnung).

Der Vater der Klägerin war nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme Inhaber eines bäuerlichen Betriebs im Sinne dieser Vorschrift. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Eintritt eines Landwirts in eine LPG bei Fortführung der Viehwirtschaft diesem Status entgegensteht. Nach § 7 des Gesetzes über die landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften vom 3. Juni 1959 (GBl. I S. 577) bleibt der in die Genossenschaft zur allgemeinen Nutzung eingebrachte Boden Eigentum der Mitglieder. Daraus lässt sich im Umkehrschluss ableiten, dass die zur Alleinnutzung der bäuerlichen Familie bestimmte Fläche nebst Tieren etc. nach Eintritt des Landwirts in die LPG in seinem Eigentum verblieb.

Die Klägerin unterlag auch nicht auf Grund der Mitgliedschaft ihres Vaters in der LPG der - gegenüber den SV-Veranlagungsrichtlinien vorrangigen - Regelung in § 1 der Verordnung über die Sozialpflichtversicherung für Mitglieder Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften vom 19. Februar 1959 (GBl. I S. 137). Danach unterliegen Mitglieder landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften mit Wirkung vom 1. März 1959 der Sozialversicherungspflicht. Voraussetzung einer Anwendbarkeit der Verordnung ist aber, dass die betreffende Person "Mitglied" einer LPG geworden ist. Dafür bestehen im vorliegenden Fall in Bezug auf die Klägerin keine Anhaltspunkte. Dass sich diese Verordnung auf mitarbeitende Familienangehörige erstreckt, ist aus der Verordnung nicht zu entnehmen. Die Klägerin stand auch nicht in einem Arbeitsrechtsverhältnis zur LPG, sodass auch § 17 der Verordnung keine Anwendung findet.

Die Klägerin war in dem hier streitigen Zeitraum "ständig", d.h. nicht nur gelegentlich, mitarbeitende Familienangehörige im Sinne des § 19 der SV-Veranlagungsrichtlinien. Die von der Mutter der Klägerin angegebene Gleichstellung der Klägerin mit anderen Arbeitnehmern im Rahmen eines "Arbeitsverhältnisses" führt nicht zu einer anderen Bewertung.

Ein mitarbeitender Familienangehöriger ist ein Familienmitglied, das einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung entsprechende Verrichtungen in einem Familienbetrieb durchführt. Denn dann liegt eine "ständige" Mitarbeit im Sinne des § 19 Abs. 5 der SV-Veranlagungsrichtlinien vor. Die allgemeine Gleichbehandlung von Arbeitsverträgen mit Familienangehörigen mit solchen Dritter ist in den alten Bundesländern erst durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts initiiert worden (vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 14. April 1959 - 1 BvL 23/57 und 1 BvL 34/57 - BVerfGE 9, 237, 244, juris; die Zusammenfassung der Rechtsprechung durch das BSG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 12 RK 50/93 - NZS 1995, 31 und Erdmann, Die Versicherungspflicht mitarbeitender Ehegatten und Familienangehöriger, Die Sozialversicherung 1996, 57 ff.). Im Bereich der Landwirtschaft hat die Mithilfe von Familienangehörigen im Übrigen einen besonderen Stellenwert. Das zeigt ein Vergleich mit der Auslegung der Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 3 des Zweiten Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG 1989) vom 20. Dezember 1988 (BGBl. I 2477, 2557), die dieses Ergebnis bestätigt. Nach dieser Vorschrift sind mitarbeitende Familienangehörige eines landwirtschaftlichen Unternehmens in der Krankenversicherung der Landwirte versicherungspflichtig, wenn sie das fünfzehnte Lebensjahr vollendet haben. Mitarbeitende Familienangehörige sind nach § 2 Abs. 4 Satz 1 KVLG 1989 Verwandte bis zum dritten Grad, d.h. auch Kinder eines landwirtschaftlichen Unternehmers, die in seinem landwirtschaftlichen Unternehmen hauptberuflich beschäftigt sind. Auch hier kommt es nicht darauf an, ob der mithelfende Familienangehörige mit oder ohne Arbeitsvertrag beschäftigt ist (vgl. hierzu Volbers in: Schulin (Hrsg.), Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 1, München 1994, Kapitel 58, RdNr. 33). Eine vergleichbare Regelung sieht auch § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 8 Satz 1, § 2 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (ALG) vom 29. Juli 1994 (BGBl. I 1890) vor. Anhaltspunkte dafür, dass dies im Beitrittsgebiet zum damaligen Zeitpunkt anders gesehen wurde, sind nicht erkennbar. Für diese Bewertung spricht hier auch, dass die Klägerin gerade bis zur Heirat im elterlichen Betrieb verblieb.

Für die Frage der Versicherungspflicht dem Grunde nach ist es ohne Bedeutung, dass die Klägerin im streitigen Zeitraum freiwillige Beiträge in Höhe von 3 M monatlich gezahlt hat.

Für die Zeit vom 1. September 1959 bis April 1964 scheidet eine Versicherungspflicht auf Grund der Regelung in § 19 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b) der SV-Veranlagungsrichtlinien aus, da der von dem Vater bewirtschaftete (Rest)Betrieb zur Überzeugung des Senats nach seiner Gesamtfläche ohne Öd- bzw. Unland nicht eine Gesamtfläche von mindestens 20 ha aufwies. Dabei bezeichnet der Begriff "Ödland" unbebautes Land, das landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich (noch) nicht genutzt wird; "Unland" ist für die Landwirtschaft nicht nutzbarer Boden (vgl. jeweils Brockhaus Enzyklopädie).

Nach den Angaben der Klägerin in ihrem Antrag von Oktober 1997 war der elterliche Betrieb ca. 15 ha groß. Ihre Mutter gab im Rahmen der Zeugenvernehmung vor dem SG am 29. September 2003 an, der Betrieb habe eine landwirtschaftliche Fläche von 18 ha mit reinen Ackerflächen von 15 ha oder mehr gehabt. Im Rahmen ihrer Klagebegründung vor dem SG hat die Klägerin angegeben, dass der "eigentliche Betrieb", d.h. auch die "Bereiche der Viehzucht", insgesamt eine Fläche von 20 ha erreichten. Ohne die Tierhaltung seien ca. 15 ha oder mehr Ackerflächen und 3 ha Waldflächen vorhanden gewesen. Da forstwirtschaftlich genutzte Flächen als Unland bei der Bestimmung der Gesamtfläche nicht zu berücksichtigen sind, ist im Ergebnis von einer Größe von ca. 15 ha auszugehen. Soweit die Klägerin auf ge- bzw. verpachtete Weideflächen Bezug genommen hat, wären diese als Ödland nicht der Gesamtfläche hinzuzurechnen.

Der Krankenversicherungsschutz bei Familienangehörigen war nach §§ 32, 33 VSV bzw. deren Nachfolgeregelungen sichergestellt, sodass der Vortrag der Klägerin, im streitigen Zeitraum ärztliche Hilfe in Anspruch genommen zu haben, einer Versicherungsfreiheit der Klägerin nicht widersprechen würde.

Soweit hier von einer Versicherungspflicht der Klägerin im streitigen Zeitraum ab Vollendung des 21. Lebensjahres auszugehen ist, verbleiben Zweifel, ob die Klägerin Arbeitsentgelt wie ein fremdbeschäftigter Arbeitnehmer erzielt hat und in welcher Höhe eine solche Zahlung erfolgt ist. Folgt man den Angaben der Klägerin, erzielte sie in einem Zeitraum von fast zehn Jahren Arbeitsentgelt in gleichbleibender Höhe. Das entspricht nicht der üblichen Lohnentwicklung im Beitrittsgebiet. Gegen ein gleich bleibendes Bruttoarbeitsentgelt über einen so langen Zeitraum spricht auch, dass bei Fehlzeiten wegen Arbeitsunfähigkeit keine Beitragspflicht bestand, sodass diese Zeiten auch nicht als Beitragszeit nach § 248 Abs. 3 SGB VI anerkannt oder nach § 286b SGB VI glaubhaft gemacht werden können. Zeiten der Arbeitsunfähigkeit hätten sich auf das Bruttoarbeitsentgelt ausgewirkt. Die Klägerin gab zumindest an, im streitigen Zeitraum ärztliche Hilfe in Anspruch genommen zu haben.

Überwiegend unwahrscheinlich ist für den Zeitraum der Versicherungspflicht im Übrigen eine tatsächliche Abführung von Beiträgen in der gesetzlich vorgeschrieben Höhe. Diesbezüglich fehlt es bereits an Angaben der Klägerin bzw. diesbezüglichen Anhaltspunkten nach dem Akteninhalt bzw. dem Ergebnis der vom SG sowohl im ersten Klageverfahren als auch in dem hier erstinstanzlich durchgeführten Verfahren. Nach § 19 Abs. 7 der SV-Veranlagungsrichtlinien wäre Bemessungsgrundlage für die Pflichtbeiträge der Klägerin die Lohneinkünfte auf der Grundlage des Landarbeitertarifs gewesen. Der Klägerin kann nicht gefolgt werden, dass ohne nähere Angaben von der Abführung von Beiträgen in gesetzlich geschuldeter Höhe auszugehen ist. Dem widersprechen auch Wortlaut und Sinn und Zweck der Regelung in § 286b Satz 1 SGB VI. Dort heißt es: und von "diesem entsprechende Beiträge" gezahlt haben. Würde es lediglich auf die Glaubhaftmachung der Beitragszahlung ankommen, müsste es heißen: und von "diesem Beiträge" gezahlt haben. Im Übrigen wäre die Klägerin bei einer anderen Auslegung besser gestellt als ein Antragsteller, der über die erforderlichen Urkunden im Sinne des § 286c SGB VI verfügt. Auch würde andernfalls das Risiko einer fehlerhaften Beitragsberechnung und -abführung auf die Solidargemeinschaft übergehen.

Mit In-Kraft-Treten der Verordnung über die Zahlung der Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung an die Finanzämter vom 14. Dezember 1950 (abgedruckt in "Das Sozialversicherungsrecht", Schriftenreihe Arbeit und Sozialversicherung nach dem Stand vom 31. August 1955) wurden mit Wirkung zum 1. Januar 1951 die Feststellung der Versicherungspflicht sowie die Festsetzung und der Einzug der Beiträge zur Sozialpflichtversicherung von der Sozialversicherung auf die Finanzämter übertragen (§ 1 der Verordnung). Die Ermittlungen zur Erlangung von Unterlagen über die Beitragsabführung für die Klägerin blieben insoweit erfolglos. Der Vater der Klägerin, der Beiträge nach Angaben der als Zeugin vernommenen Mutter der Klägerin abgeführt haben soll, ist verstorben. Aktenmäßig dokumentiert ist die Zahlung von freiwilligen Beiträgen, die zwar nicht zwingend der tatsächlichen Abführung von Pflichtbeiträgen entgegenstünde, die es aber zumindest fraglich erscheinen lässt, ob es nicht die freiwilligen Beiträge waren, die der Vater der Klägerin abgeführt hat.

Auch aus den Angaben des Ehemannes der Klägerin in seiner Vernehmung als Zeuge vor dem SG, in die Unterlagen der Klägerin reingeschaut und dort Einträge von ca. 3.500 Mark gesehen zu haben, lassen sich Rückschlüsse auf eine Beitragsbescheinigung bzw. die Höhe der Beiträge nicht entnehmen. Unabhängig von der Frage, wie die Eidesstattliche Versicherung der Klägerin vom 12. Mai 2008 rechtlich zu bewerten ist, lassen sich auch dieser die für eine überwiegend wahrscheinliche Beitragszahlung der Klägerin erforderlichen Angaben nicht entnehmen.

Insgesamt ergibt sich ein "stimmiges" Bild, wenn man davon ausgeht, dass der Vater anstelle von Pflichtbeiträgen in dem gesamten hier streitigen Zeitraum freiwillige Beiträge abführte.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision im Sinne von § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Es handelt sich um eine Entscheidung auf gesicherter Rechtsgrundlage, ohne dass der Senat von einer Entscheidung der in § 160 Abs. 2 Nr. 2 SGG genannten Gerichte abweicht.

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe I. Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Revision nur zu, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich beim Bundessozialgericht Kassel, Graf-Bernadotte-Platz 5, 34119 Kassel, einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen:

a) die Mitglieder und Angestellten von Gewerkschaften, von selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, von Vereinigungen von Arbeitgebern, von berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft und von Vereinigungen der Kriegsopfer, die kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt sind. Gleiches gilt für Bevollmächtigte, die als Angestellte bestimmter juristischer Personen handeln, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der genannten Vereinigungen stehen und die ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Vereinigung nach deren Satzung durchführen. Dazu ist die Haftung der Vereinigung für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten Voraussetzung.

b) Rechtsanwälte.

Behörden sowie Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts brauchen sich nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich zu begründen.

In der Begründung muss

die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt

oder

die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, des Bundessozialgerichts oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes, von der das Urteil abweicht,

oder

ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann, bezeichnet werden. Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht und eine Verletzung des § 103 SGG nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

Für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter, der nicht schon durch einen Bevollmächtigten der unter I a) genannten Gewerkschaften oder Vereinigungen vertreten ist, Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht entweder schriftlich einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck kann von allen Gerichten und ggf. durch den Schreibwarenhandel bezogen werden.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - ggf. nebst entsprechenden Belegen - müssen bis zum Ablauf der Frist für die Einlegung der Beschwerde (ein Monat nach Zustellung des Urteils) beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Mit dem Antrag auf Prozesskostenhilfe kann ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt benannt werden.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

gez. Klamann gez. Fischer gez. Müller-Rivinius

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um je zwei weitere Abschriften.
Rechtskraft
Aus
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