Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 157 AS 31447/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 B 2293/08 AS PKH
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 13. November 2008 wird zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe:
I.
Der 1968 geborene Antragsteller (Ast), der bis April 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom Jobcenter M bezogen hatte und danach nach B verzogen war, war seit Ende September 2008 im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin (Agegn) polizeilich gemeldet, tatsächlich jedoch obdachlos. Am 09. Oktober 2008 beantragte er erneut, nunmehr bei der Agegn, Arbeitslosengeld II. Er erhielt dort die entsprechenden Antragsformulare, man verwies ihn jedoch an das Bezirksamt, nach Angaben des Ast, weil man sich für unzuständig hielt, offenbar aber jedenfalls auch zur Identitätsüberprüfung, denn der Ast verfügte seinerzeit über keinen gültigen Personalausweis. Das Bezirksamt P schickte ihn am selben Tag mit einem Schreiben, in dem die Prüfung seiner Identität bestätigt und darauf hingewiesen wurde, dass er erwerbsfähig und demzufolge dem Jobcenter zuzuordnen sei, zur Agegn zurück. Dort verwies man ihn ebenfalls noch am selben Tag nunmehr an das Jobcenter M mit der Begründung, in Anbetracht seiner Wohnungslosigkeit sei dieses weiterhin für ihn zuständig. Das Jobcenter M, wo der Ast am darauf folgenden Tag, dem 10. Oktober 2008, einem Freitag, vorsprach, wies ihn jedoch mit der Begründung ab, aufgrund seiner Meldung in P sei nunmehr das dortige Jobcenter für ihn zuständig. Daraufhin begab sich der Ast zu seinem Bevollmächtigten, der der Agegn am Vormittag des 10. Oktober 2008 die vom Ast ausgefüllten Antragsvordrucke per Fax übermittelte. Am Abend desselben Tages (21:00 Uhr) legte der Bevollmächtigte des Ast in dessen Namen bei der Agegn per Fax Widerspruch gegen eine – so seine Würdigung der Sachlage - am Vortag erfolgte Leistungsablehnung ein. Unmittelbar danach beantragte er ebenfalls per Fax beim Sozialgericht (SG) Berlin einstweiligen Rechtsschutz zugunsten des Ast und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter seiner Beiordnung. Dem letztgenannten Antrag war eine ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Beide Anträge wurden der Agegn am Dienstag, dem 14. Oktober 2008, aufgrund richterlicher Verfügung vom selben Tag mit der Bitte um Stellungnahme innerhalb einer Woche übersandt. Eine Entscheidung über den Eilantrag erübrigte sich dann, nachdem der Ast am 13. Oktober 2008 (Montag) nochmals persönlich bei der Agegn vorgesprochen und den Original-Leistungsantrag vorgelegt hatte, woraufhin ihm am selben Tag Arbeitslosengeld II für die Zeit ab dem 09. Oktober 2008 bewilligt und eine Barzahlung verfügt worden waren. Auf den nach übereinstimmender Erledigungserklärung gestellten Kostenantrag des Ast entschied das SG mit Beschluss vom 13. November 2008, dass die Beteiligten einander Kosten nicht zu erstatten hätten. Es entspreche billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten des Ast nicht der Agegn aufzuerlegen, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig gewesen sei. Der Ast habe sein Begehren zuvor nicht hinreichend gegenüber der Agegn verfolgt bzw sich zu früh – vor Ablauf ihr zuzugestehender Bearbeitungszeit – rechtsschutzsuchend an das Gericht gewandt. Mit Beschluss vom selben Tag hat das SG mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Eilantrags auch das PKH-Gesuch des Ast zurückgewiesen. Die Beschwerde gegen den Kostenbeschluss hat der Ast nach gerichtlichem Hinweis auf den insoweit bestehenden Beschwerdeausschluss (§ 172 Abs 3 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) zurückgenommen.
II.
Die Beschwerde gegen die Versagung von PKH ist zulässig, jedoch nicht begründet. Dabei kann dahin stehen, ob das SG dem Eilantrag zu Recht hinreichende Erfolgsaussichten abgesprochen hat. Denn die Bewilligung von PKH kam schon unter dem Gesichtspunkt nicht in Betracht, dass PKH grundsätzlich nur für die Zukunft, "die beabsichtigte Rechtsverfolgung" (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO)), bewilligt wird, also voraussetzt, dass die Sachentscheidung noch aussteht. Eine solche war hier zum maßgeblichen Zeitpunkt der sozialgerichtlichen PKH-Entscheidung nicht mehr zu treffen, weil bereits Hauptsachenerledigung eingetreten war. Die danach nur noch mögliche rückwirkende Bewilligung kommt nur ausnahmsweise - aus Billigkeitsgründen – in Betracht, wenn dem vor Verfahrensabschluss gestellten PKH-Antrag bei einer früheren Entscheidung hätte entsprochen werden müssen und das Gericht die Beschlussfassung pflichtwidrig verzögert hat (vgl Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin, Beschluss vom 05. März 1998 – 8 M 9/98 – NVwZ 1998, 650; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 73 Rdnr 13a ff; Philippi in Zöller, ZPO, 27. Aufl, § 119 Rdnr 38 ff, jeweils mwNachw). Die zuletzt genannte Voraussetzung ist nicht erfüllt, weil das erledigende Ereignis, die Bewilligung von Arbeitslosengeld II, zu einem Zeitpunkt (am 13. Oktober 2008) eingetreten ist, als der zuständige Richter von dem PKH-Antrag (wie auch vom Eilantrag) offenbar noch gar keine Kenntnis hatte, da seine diesbezügliche Eingangsverfügung erst vom Folgetag stammt. Bei fruchtlosem Ablauf nur eines Tages nach frühest möglicher Befassung (am Montag, 13. Oktober 2008) ist eine pflichtwidrige Verzögerung durch das Gericht nicht anzunehmen. Eine solche könnte im Übrigen nur vorliegen, wenn man einen PKH-Antrag bereits dann für entscheidungsreif hielte, wenn (wie hier) ein formgerechter Antrag gestellt ist und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorliegt. Dieser Auffassung (vgl etwa Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl, § 166 Rdnr 14a) folgt der Senat indes nicht. Er verlangt für die Entscheidungsreife in Anbetracht von § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 118 Abs 1 Satz 1 ZPO vielmehr außerdem, dass der Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2008 - L 10 B 184/08 AS PKH – www.sozialgerichtsbarkeit.de; ebenso Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 01. Dezember 2005 – L 10 R 4283/05 – juris Rdnr 8, OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. November 2007 - 18 E 124/07 - juris RdNr 11 mwNachw). Das war hier am 13. Oktober 2008 ersichtlich noch nicht der Fall.
Bei der vorliegenden Sachlage war eine Kostenentlastung des Ast folglich nur im Wege der Kostengrundentscheidung nach § 193 Abs 1 Satz 3 SGG denkbar, bei der aus Sicht des Senats Veranlassungsgesichtspunkte durchaus für eine jedenfalls teilweise Verpflichtung der Agegn zur Kostenerstattung sprachen. Es ist dem Senat jedoch verwehrt, den gesetzlichen Ausschluss einer Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung über die gegebene Beschwerdemöglichkeit gegen die PKH-Versagung in der Weise zu konterkarieren, dass er von den für das PKH-Verfahren begründet entwickelten Grundsätzen Abstand nimmt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO nicht erstattet.
Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Gründe:
I.
Der 1968 geborene Antragsteller (Ast), der bis April 2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom Jobcenter M bezogen hatte und danach nach B verzogen war, war seit Ende September 2008 im Zuständigkeitsbereich der Antragsgegnerin (Agegn) polizeilich gemeldet, tatsächlich jedoch obdachlos. Am 09. Oktober 2008 beantragte er erneut, nunmehr bei der Agegn, Arbeitslosengeld II. Er erhielt dort die entsprechenden Antragsformulare, man verwies ihn jedoch an das Bezirksamt, nach Angaben des Ast, weil man sich für unzuständig hielt, offenbar aber jedenfalls auch zur Identitätsüberprüfung, denn der Ast verfügte seinerzeit über keinen gültigen Personalausweis. Das Bezirksamt P schickte ihn am selben Tag mit einem Schreiben, in dem die Prüfung seiner Identität bestätigt und darauf hingewiesen wurde, dass er erwerbsfähig und demzufolge dem Jobcenter zuzuordnen sei, zur Agegn zurück. Dort verwies man ihn ebenfalls noch am selben Tag nunmehr an das Jobcenter M mit der Begründung, in Anbetracht seiner Wohnungslosigkeit sei dieses weiterhin für ihn zuständig. Das Jobcenter M, wo der Ast am darauf folgenden Tag, dem 10. Oktober 2008, einem Freitag, vorsprach, wies ihn jedoch mit der Begründung ab, aufgrund seiner Meldung in P sei nunmehr das dortige Jobcenter für ihn zuständig. Daraufhin begab sich der Ast zu seinem Bevollmächtigten, der der Agegn am Vormittag des 10. Oktober 2008 die vom Ast ausgefüllten Antragsvordrucke per Fax übermittelte. Am Abend desselben Tages (21:00 Uhr) legte der Bevollmächtigte des Ast in dessen Namen bei der Agegn per Fax Widerspruch gegen eine – so seine Würdigung der Sachlage - am Vortag erfolgte Leistungsablehnung ein. Unmittelbar danach beantragte er ebenfalls per Fax beim Sozialgericht (SG) Berlin einstweiligen Rechtsschutz zugunsten des Ast und zugleich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter seiner Beiordnung. Dem letztgenannten Antrag war eine ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse beigefügt. Beide Anträge wurden der Agegn am Dienstag, dem 14. Oktober 2008, aufgrund richterlicher Verfügung vom selben Tag mit der Bitte um Stellungnahme innerhalb einer Woche übersandt. Eine Entscheidung über den Eilantrag erübrigte sich dann, nachdem der Ast am 13. Oktober 2008 (Montag) nochmals persönlich bei der Agegn vorgesprochen und den Original-Leistungsantrag vorgelegt hatte, woraufhin ihm am selben Tag Arbeitslosengeld II für die Zeit ab dem 09. Oktober 2008 bewilligt und eine Barzahlung verfügt worden waren. Auf den nach übereinstimmender Erledigungserklärung gestellten Kostenantrag des Ast entschied das SG mit Beschluss vom 13. November 2008, dass die Beteiligten einander Kosten nicht zu erstatten hätten. Es entspreche billigem Ermessen, die außergerichtlichen Kosten des Ast nicht der Agegn aufzuerlegen, da der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mangels Rechtsschutzinteresses unzulässig gewesen sei. Der Ast habe sein Begehren zuvor nicht hinreichend gegenüber der Agegn verfolgt bzw sich zu früh – vor Ablauf ihr zuzugestehender Bearbeitungszeit – rechtsschutzsuchend an das Gericht gewandt. Mit Beschluss vom selben Tag hat das SG mangels hinreichender Erfolgsaussichten des Eilantrags auch das PKH-Gesuch des Ast zurückgewiesen. Die Beschwerde gegen den Kostenbeschluss hat der Ast nach gerichtlichem Hinweis auf den insoweit bestehenden Beschwerdeausschluss (§ 172 Abs 3 Nr 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) zurückgenommen.
II.
Die Beschwerde gegen die Versagung von PKH ist zulässig, jedoch nicht begründet. Dabei kann dahin stehen, ob das SG dem Eilantrag zu Recht hinreichende Erfolgsaussichten abgesprochen hat. Denn die Bewilligung von PKH kam schon unter dem Gesichtspunkt nicht in Betracht, dass PKH grundsätzlich nur für die Zukunft, "die beabsichtigte Rechtsverfolgung" (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO)), bewilligt wird, also voraussetzt, dass die Sachentscheidung noch aussteht. Eine solche war hier zum maßgeblichen Zeitpunkt der sozialgerichtlichen PKH-Entscheidung nicht mehr zu treffen, weil bereits Hauptsachenerledigung eingetreten war. Die danach nur noch mögliche rückwirkende Bewilligung kommt nur ausnahmsweise - aus Billigkeitsgründen – in Betracht, wenn dem vor Verfahrensabschluss gestellten PKH-Antrag bei einer früheren Entscheidung hätte entsprochen werden müssen und das Gericht die Beschlussfassung pflichtwidrig verzögert hat (vgl Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin, Beschluss vom 05. März 1998 – 8 M 9/98 – NVwZ 1998, 650; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl, § 73 Rdnr 13a ff; Philippi in Zöller, ZPO, 27. Aufl, § 119 Rdnr 38 ff, jeweils mwNachw). Die zuletzt genannte Voraussetzung ist nicht erfüllt, weil das erledigende Ereignis, die Bewilligung von Arbeitslosengeld II, zu einem Zeitpunkt (am 13. Oktober 2008) eingetreten ist, als der zuständige Richter von dem PKH-Antrag (wie auch vom Eilantrag) offenbar noch gar keine Kenntnis hatte, da seine diesbezügliche Eingangsverfügung erst vom Folgetag stammt. Bei fruchtlosem Ablauf nur eines Tages nach frühest möglicher Befassung (am Montag, 13. Oktober 2008) ist eine pflichtwidrige Verzögerung durch das Gericht nicht anzunehmen. Eine solche könnte im Übrigen nur vorliegen, wenn man einen PKH-Antrag bereits dann für entscheidungsreif hielte, wenn (wie hier) ein formgerechter Antrag gestellt ist und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorliegt. Dieser Auffassung (vgl etwa Kopp/Schenke, VwGO, 15. Aufl, § 166 Rdnr 14a) folgt der Senat indes nicht. Er verlangt für die Entscheidungsreife in Anbetracht von § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 118 Abs 1 Satz 1 ZPO vielmehr außerdem, dass der Gegner Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt hat (Senatsbeschluss vom 19. Mai 2008 - L 10 B 184/08 AS PKH – www.sozialgerichtsbarkeit.de; ebenso Landessozialgericht Baden-Württemberg, Beschluss vom 01. Dezember 2005 – L 10 R 4283/05 – juris Rdnr 8, OVG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. November 2007 - 18 E 124/07 - juris RdNr 11 mwNachw). Das war hier am 13. Oktober 2008 ersichtlich noch nicht der Fall.
Bei der vorliegenden Sachlage war eine Kostenentlastung des Ast folglich nur im Wege der Kostengrundentscheidung nach § 193 Abs 1 Satz 3 SGG denkbar, bei der aus Sicht des Senats Veranlassungsgesichtspunkte durchaus für eine jedenfalls teilweise Verpflichtung der Agegn zur Kostenerstattung sprachen. Es ist dem Senat jedoch verwehrt, den gesetzlichen Ausschluss einer Beschwerde gegen die Kostengrundentscheidung über die gegebene Beschwerdemöglichkeit gegen die PKH-Versagung in der Weise zu konterkarieren, dass er von den für das PKH-Verfahren begründet entwickelten Grundsätzen Abstand nimmt.
Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nach § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 127 Abs 4 ZPO nicht erstattet.
Die Entscheidung ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
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