L 3 R 1384/07

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Neuruppin (BRB)
Aktenzeichen
S 4 R 245/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 3 R 1384/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. Juli 2007 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Beklagte den Zeitraum vom 01. Januar 1990 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit des Klägers zu dem Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz (Zusatzversorgungssystem nach Anlage 1 Nr. 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) -AVItech-) und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte feststellen muss.

Der 1957 geborene Kläger studierte nach Schulabschluss und Ableisten des Wehrdienstes an der Technischen Universität D in der Fachrichtung Elektrotechnik. Ihm wurde am 11. Februar 1983 die Berechtigung verleihen, die Berufsbezeichnung Diplomingenieur zu führen. Ausweislich der vorliegenden Kopien des Sozialversicherungsausweises und der Arbeitsverträge war er ab dem 01. März 1983 bei dem volkseigenen Produktionsbetrieb (VEB) Schiffselektronik "Johannes Warnke" Rostock, Werk Fürstenberg, (im Folgenden: VEB Schiffselektronik) zunächst als Konstrukteur und ab dem 01. Juni 1986 als Ingenieur für Erzeugnisforschung tätig. Beiträge zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) entrichtete der Kläger nicht. Mit Bescheid vom 11. Januar 2006 stellte die Wehrbereichsverwaltung Ost die Zugehörigkeit des Klägers zu dem Sonderversorgungssystem der Angehörigen der Nationalen Volksarmee (Anlage 2 Nr. 1 AAÜG) und die in dem Zeitraum vom 27. August 1975 bis zum 31. August 1978 erzielten Arbeitsentgelte fest.

Einen im Rahmen des Kontenklärungsverfahrens gestellten Antrag vom 04. Februar 2005 auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften für die Zeit von März 1983 bis Juni 1990 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16. Februar 2005 ab. Die Voraussetzungen des § 1 AAÜG seien nicht erfüllt, denn der Kläger sei nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt gewesen. Den dagegen eingelegten Widerspruch, den der Kläger damit begründete, aus seiner Stellenbeschreibung ergebe sich, dass es sich bei dem VEB Schiffselektronik sowohl um einen volkseigenen als auch einen Produktionsbetrieb gehandelt habe, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2005 zurück. Der Beschäftigungsbetrieb sei nach der Systematik der Volkswirtschaftzweige der DDR der Wirtschaftsgruppe 16619 (Reparatur- und Montagebetriebe der elektronischen Industrie) zugeordnet gewesen. Ihm habe weder die industrielle Fertigung von Sachgütern das Gepräge gegeben noch sei sein Hauptzweck die Massenproduktion von Bauwerken gewesen. Die dagegen bei dem Sozialgericht Neuruppin erhobene Klage, die unter dem Aktenzeichen S 7 R 364/05 geführt wurde, endete am 31. Januar 2006 durch einen gerichtlichen Vergleich, in dem sich die Beklagte verpflichtete, auf der Grundlage des Bescheids der Wehrbereichsverwaltung von Januar 2006 die Frage der Zugehörigkeit bzw. die Feststellung von Zeiten gemäß dem AAÜG zu prüfen und erneut rechtsbehelfsfähig zu bescheiden. In Ausführung des Vergleichs erließ die Beklagte den Bescheid vom 21. Februar 2006, mit dem sie die Anwendbarkeit des § 1 AAÜG anerkannte. Im Übrigen habe die Überprüfung nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) ergeben, dass weder das Recht unrichtig angewandt noch von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen worden sei, denn nach wie vor sei die betriebliche Voraussetzung für die Einbeziehung des Klägers in die AVItech nicht erfüllt. Mit Widerspruchsbescheid vom 25. April 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.

Dagegen hat der Kläger erneut Klage bei dem Sozialgericht Neuruppin erhoben und allein die Einbeziehung der Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 1990 in die AVItech begehrt. Das Sozialgericht hat Auszüge aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft bzgl. des VEB Schiffselektronik sowie das Statut des VEB Fernmelde-Anlagenbau Rostock vom 02. Januar 1968 beigezogen. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 11. Juli 2007 hat der Kläger u. a. erklärt, es seien im Werk Fürstenberg des VEB Schiffselekt-ronik Schaltschränke produziert worden, und zwar seien für das gesamte Schiff Schaltanlagen hergestellt worden. Das habe von der Proviantschaltanlage bis zur Hauptschaltanlage des Schiffs gereicht. Es habe dabei Schaltanlagen gegeben, die an den Schiffstyp hätten angepasst werden müssen, z. b. Hauptschaltanlagen. Daneben habe es aber auch Schaltanlagen gegeben, die Seriencharakter gehabt hätten und auf die Anlagen bezogen gewesen seien.

Durch Urteil vom 11. Juli 2007 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe zwar seit dem 11. Februar 1983 die Berechtigung, die Berufsbezeichnung Diplomingenieur zu führen und er habe nach dem vorliegenden Arbeitsvertrag vom 14. November 1989 in der streitbefangenen Zeit wohl auch eine entsprechende Tätigkeit (Ingenieur für Erzeugnisforschung) ausgeübt. Es fehle jedoch an der betrieblichen Voraussetzung, da er nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb tätig gewesen sei. Es sei nicht zweifelhaft, dass es sich bei dem VEB Schiffselektronik, Betriebsteil Fürstenberg, um einen volkseigenen Betrieb gehandelt habe. Der Anwendungsbereich der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben vom 17. August 1950 (VO-AVItech) sei aber wegen der weiteren Begrenzung auf Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens hier nicht eröffnet. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien darunter volkseigene Betriebe zu verstehen, deren Hauptzweck auf die serienmäßige wiederkehrende Fertigung, Herstellung, Anfertigung und Fabrikation von Sachgütern oder die Errichtung (Massenproduktion) von baulichen Anlagen gerichtet sei. Die Produktion müsse dem Betrieb das Gepräge gegeben haben. Der Hauptzweck werde dabei nicht durch Art und Weise der Hilfsgeschäfte und –tätigkeiten beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden müssten oder daneben verrichtet würden. Bestehe das Produkt nach dem Hauptzweck des Betriebs in einer Dienstleistung, so führten auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nachgeordnet anfielen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliege. Nach diesen Kriterien sei der VEB Schiffselektronik kein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder eine gleichgestellte Einrichtung gewesen. Zur weiteren Begründung hat sich das Sozialgericht auf das Urteil des Sozialge-richts Neuruppin vom 25. Juli 2006 - S 5 R 536/05 - bezogen. Die dortigen Ausführungen seien durch den Vortrag des Klägers in dem vorhergehenden Verfahren - S 7 R 364/05 - bestätigt worden. Denn hier habe der Kläger angegeben, die Änderung der Aufgabe mit Eintragung der GmbH liege darin, dass hier nicht mehr die Spezialisierung auf Schiffsbau festgehalten sei, sondern allgemein. Soweit der Kläger vorgetragen habe, dass auch Schaltanlagen mit Seriencharakter verbaut worden seien, sei dies nach der o. g. Rechtsprechung ohne Belang, da es auf den vorstehend festgestellten Hauptzweck des Betriebs ankomme, der gerade nicht auf Massenproduktion ausgerichtet gewesen sei. Der VEB Schiffselektronik gehöre auch nicht zu den nach der 2. Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech vom 24. Mai 1952 (2. DB) abschließend aufgezählten gleichgestellten Einrichtungen.

Zur Begründung seiner dagegen eingelegten Berufung vertritt der Kläger die Auffassung, das Sozialgericht habe sich in seiner Urteilsbegründung ausschließlich auf Fak-ten bezogen, die seinen Antrag stützten. Im Weiteren nimmt der Kläger Bezug auf ein Schreiben des früheren Generaldirektors des ehemaligen VE Kombinat Schiffsbau, Rostock, J B, vom 01. März 2006, in dem dieser ausführt, der VEB Schiffselektronik sei ein Produktionsbetrieb des Kombinats gewesen. Er habe als Zulieferbetrieb Schalttafeln und andere elektrische Ausrüstung für Schiffe produziert, die in den Werften des Kombinats gebaut worden seien. Die statistische Einordnung als Montagebetrieb sei wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass der VEB Schiffselektronik seine von ihm produzierten Anlagen auf den Schiffen auch montiert habe. Außerdem hat der Kläger ein Schreiben von Dr. K M, Geschäftsführer der S R GmbH, der Rechtsnachfolgerin des in die Schiffselektronik Rostock GmbH umgewandelten VEB Schiffselektronik, vom 28. Juli 2005 vorgelegt, der die Ansicht vertreten hat, zum Zeitpunkt der Umwandlung in eine Kapitalgesellschaft sei davon auszugehen gewesen, dass der VEB Schiffselektronik einen Umsatzanteil von ca. 80% Produktion und ca. 20% Montage- und Reparaturleistungen gehabt habe. Diesem Schreiben sind weitere Unterlagen in Auszügen beigefügt gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Neuruppin vom 11. Juli 2007 aufzuheben und den Bescheid vom 21. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2006 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Zeit vom 01. Januar 1990 bis zum 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen und den Bescheid vom 16. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2005 insoweit zurückzunehmen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend. Ergänzend ist sie der Auffassung, der VEB Schiffselektronik sei am 30. Juni 1990 kein Produktionsbetrieb gewesen, denn seine gesamten Vermögensbestandteile und damit auch die Betriebs- und Produktionsmittel seien spätestens am 01. Juni 1990 auf die GmbH-Vorgesellschaft übertragen worden, wie sich aus der beigefügten notariellen Umwand-lungserklärung ergebe. Der VEB sei damit am 30. Juni 1990 mangels Eigenkapital wirtschaftlich nicht mehr in der Lage gewesen, eine wie auch immer geartete Produktion zu betreiben und seine Mitarbeiter zu entlohnen. Er habe nur aus einer leeren Hülle bestanden. Eine GmbH könne aber kein VEB sein.

Der Senat hat eine Erklärung des J B vom 30. Mai 2008 veranlasst und dann die Beteiligten mit gerichtlichen Schreiben vom 13. Oktober und 05. November 2008 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) angehört.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verfahrensakte S 7 R 364/05 sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

II.

Der Senat konnte nach Anhörung der Beteiligten durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG entscheiden, denn er hält die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig aber unbegründet. Die Beklagte hat mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25. April 2006 zugunsten des Klägers die Voraussetzungen des § 1 AAÜG anerkannt. Im Übrigen hat sie es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 16. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2005 auch insoweit zurückzunehmen, als mit diesem die Feststellung der Zugehörigkeit des Klägers zur AVItech in der Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 1990 und die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsengelte abgelehnt worden ist.

Rechtsgrundlage dieser Entscheidung ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Soweit sich da-nach im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass eines Verwaltungsakts das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist, und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind, ist der Verwaltungsakt, auch nachdem er un-anfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen.

Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, denn die Beklagte hat mit dem Bescheid vom 16. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2005 weder das Recht unrichtig angewandt noch ist sie von einem falschen Sachverhalt ausgegangen.

In dem Verfahren nach § 8 AAÜG, das einem Vormerkungsverfahren nach § 149 Abs. 5 des Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) ähnlich und außerhalb des Rentenverfahrens durchzuführen ist (vgl. BSG in SozR 3-8570 § 8 Nr. 2), ist die Beklagte nur dann zu den von dem Kläger begehrten Feststellungen verpflichtet, wenn dieser dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nach § 1 Abs. 1 unterfällt. Erst wenn dies zu bejahen ist, ist in einem weiteren Schritt festzustellen, ob er Be-schäftigungszeiten zurückgelegt hat, die dem Zusatzversorgungssystem der AVItech nach Nr. 1 der Anlage 1 zu § 1 Abs. 2 AAÜG zuzuordnen sind (§ 5 AAÜG).

Die Beklagte hat mit Bescheid vom 21. Februar 2006 das Vorliegen der Voraussetzungen des § 1 AAÜG anerkannt. Diese positive Statusentscheidung ist in dem Bescheid als feststellender Entscheidungssatz kenntlich gemacht worden und unzweifelhaft zu erkennen.

Da eine Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem der AVItech bis zum 30. Juni 1990 nicht erfolgt ist und keine für den Kläger positive Rehabilitierungsbescheinigung ergangen ist, kommt eine Anerkennung von Beschäftigungszeiten nur in Betracht, wenn die Beschäftigung des Klägers bei dem VEB Schiffselektronik in der Zeit vom 01. Januar bis zum 30. Juni 1990 die Voraussetzungen der VO-AVItech sowie der 2. DB erfüllt. Nach § 1 VO-AVItech i. V. m. § 1 Abs. 1 und 2 der 2. DB hängt ein solcher Anspruch von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzungen ab. Generell ist gemäß § 1 der VO-AVItech und der 2. DB erforderlich 1. die Berechtigung, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung) und 2. die Ausführung einer entsprechenden Tätigkeit (sachliche Voraussetzung) und zwar 3. in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens im Sinne von § 1 Abs. 1 der 2. DB oder in einem durch § 1 Abs. 2 der 2. DB gleichgestellten Betrieb (betriebliche Voraussetzung). Maßgeblich ist hierbei das Sprachverständnis der Deutschen Demokratischen Republik am 02. Oktober 1990 (vgl. BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2).

Die Voraussetzungen für einen fiktiven Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage haben bei dem Kläger nicht vorgelegen. Der Senat kann deshalb ausdrücklich offen lassen, ob er der oben zitierten Rechtsprechung des BSG folgt. Denn nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (- 1 BvR 1921/04 -, - 1 BvR 203/05 -, - 1 BvR 445/05 - und - 1 BvR 1144/05 - vom 26. Oktober 2005, veröffentlicht in SozR 4-8560 § 22 Nr. 1) ist die Gleichbehandlung mit Inhabern einer Versorgungszusage verfassungsrechtlich nicht geboten.

Der geltend gemachte Anspruch des Klägers, der berechtigt ist, die Berufsbezeichnung Diplomingenieur zu führen, scheitert an den betrieblichen Voraussetzungen. Dabei ist abzustellen auf den Arbeitgeber des Klägers, den VEB Schiffselektronik, und nicht auf das Werk Fürstenberg, in dem der Kläger seine arbeitsvertraglichen Pflichten erfüllt hat. Bei dem VEB Schiffselektronik handelt es sich nicht um einen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens im Sinne der Rechtsprechung des BSG, wie sie vom Sozialgericht in seinem Urteil dargelegt worden ist. Das BSG hat in einer Vielzahl von Entscheidungen (zuletzt ausführlich BSG vom 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R -) ausgeführt, im Hinblick auf die in der Präambel zur VO-AVItech zum Ausdruck gekommene Zielsetzung des Versorgungssystems sei allein die Beschäftigung in einem Betrieb, der die Massenproduktion im Bereich des Bauwesens zum Gegenstand habe, von Bedeutung für die Einbeziehung in die Versorgung. Dem habe das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde gelegen, das auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen basiert habe. Der Massenausstoß standardisierter Produkte habe hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen sollen vgl. auch BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 6.

Nach den vorliegenden Unterlagen und unter Berücksichtigung des Vortrags des Klägers ist der Senat nicht davon überzeugt, dass die solchermaßen erforderliche standardisierte und massenhafte Produktion von Schaltanlagen für Schiffe dem VEB Schiffselektronik das Gepräge gegeben hat. Dagegen spricht bereits das Statut des VEB Fernmelde-Anlagenbau Rostock vom 02. Januar 1968, der laut der Anweisung des Generaldirektors der übergeordneten Vereinigung Volkseigener Betriebe (VVB) Nachrichten- und Messtechnik Leipzig mit Wirkung zum 01. Januar 1970 in VEB Schiffselektronik Rostock umbenannt wurde. Nach § 4 des Statuts bestanden seine Aufgaben insbesondere in der Projektierung, dem Bezug, der Montage, der Wartung und dem Vertrieb von Anlagen und Geräten der Schiffselektronik sowie des schwachstromtechnischen Teils der BMSR-Technik und von funk- und fernmeldetechnischen Anlagen (Nr. 1). In Bezug auf die vorgenannten Erzeugnisse war der Betrieb nach § 4 Nr. 2 des Statuts a) Hauptauftragnehmer für Projektierung, Lieferung und Montage von Anlagen und Geräten der Schiffselektronik und des schwachstromtechnischen Teils der BMSR-Technik, b) Generallieferant für Projektierung, Lieferung und Montage von Schiffsführungs- und Funkanlagen für den Export und c) Leitbetrieb für die Erzeugnisgruppe Schiffselektronik. Bereits aus dieser Tätigkeitsbeschreibung ergibt sich, dass der VEB Schiffselektronik ein Projektierungsbetrieb und nicht vorwiegend mit der industriellen Fertigung von Sachgütern befasst war. Ein Projektierungsbetrieb ist aber weder ein Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch ein gleichgestellter Betrieb im Sinne von § 1 Abs. 2 der 2. DB (vgl. BSG vom 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R -).

Diese Einschätzung wird bestätigt durch die Zuordnung des VEB Rostock in die Wirt-schaftsgruppe 16619 der Systematik der Volkswirtschaftszweige der DDR, die Reparatur- und Montagebetriebe der elektronischen Industrie umfasst. Die Tätigkeit als Montagebetrieb wird in dem Schreiben des früheren Generaldirektors des ehemaligen VE Kombinat Schiffsbau Rostock, J B, vom 01. März 2006 bestätigt.

Auch die Beschreibung des Unternehmensgegenstands des in die S R GmbH umgewandelten Betriebs im Handelsregister spricht gegen die Annahme eines Produktionsbetriebs, denn danach wurden dort die Herstellung, der Umbau, die Reparatur und der Vertrieb von industriellen Erzeugnissen, die Planung und Errichtung von industriellen Anlagen sowie die Forschung und die Entwicklung industrieller Erzeugnisse, Technologien und Verfahren betrieben. Der Kläger hat im Termin zur mündlichen Ver-handlung am 31. Januar 2006 vor dem Sozialgericht Neuruppin selbst eingeräumt, dass der Zweck der GmbH 1990 zwar etwas erweitert worden sei, im Wesentlichen aber dem des VEB Schiffselektronik entsprochen habe. Es habe bei der GmbH keine Spezialisierung für den Schiffsbau mehr gegeben.

Außerdem hat der Kläger im streitbefangenen Zeitraum keine Arbeitsaufgaben ver-richtet, die dem Produktionsbereich zuzuordnen wären. Er war ab dem 01. Juni 1986 als Ingenieur für Erzeugnisforschung tätig. Als solcher bearbeitete er laut Funktionsplan in einem festgelegten Zuständigkeitsbereich/Spezialgebiet selbständig verschiedenartige theoretische und experimentelle Aufgaben zur Neu- und Weiterentwicklung von Erzeugnissen/Baugruppen/Anlagesystemen, Gebrauchseigenschaften mit wissenschaftlich-technischem Höchststand entsprechend den volkswirtschaftlichen Anforderungen an die Qualität und Zuverlässigkeit, die Materialökonomie und ökonomische Effektivität sowie auf der Grundlage von Weltstandsvergleichen.

Letztlich hat J B in seinem Schreiben vom 30. Mai 2008 zwar seine Auffassung, bei dem VEB Schiffselektronik habe es sich um einen Produktionsbetrieb der Industrie gehandelt, bekräftigt, er hat aber auch auf ausdrückliche Nachfrage (wie auch bereits in seinem Schreiben vom 01. März 2006) erklärt, die produzierten Schaltanlagen seien projektabhängig für die Schiffe produziert worden, die auf den Werften des VEB Kombinat Schiffsbau gebaut worden seien. Diese Aussage belegt eine vorrangige Produktion von Schalttafeln für einzelne Schiffe und gerade keine industrielle standardisierte Fertigung von Sachgütern im Sinne des fordistischen Produktionsmodells.

Vor diesem Hintergrund vermag der Umstand, dass der VEB Schiffselektronik dem Ministerium für Schwermaschinen- und Anlagenbau, also einem Industrieministerium, zugeordnet war, ebenso wenig von ausschlaggebender Bedeutung sein wie das Schreiben des Dr. K M von der S R GmbH vom 28. Juli 2005, denn die undatierten und nur in Auszügen vorgelegten Anlagen ermöglichen keine abschließende Beurteilung seiner Behauptung, die Produktion habe zu 80% Anteil am Umsatz des VEB Schiffselektronik gehabt.

Die Berufung ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved