Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 3902/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 2276/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. März 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zahlung höherer Altersrente für langjährig Versicherte unter Berücksichtigung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG).
Der 1944 geborene Kläger hatte in der früheren DDR als Diplom-Ingenieur im Bereich der Energieversorgung gearbeitet. Am 27. April 1989 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über. Mit Bescheiden vom 10. September und 26. November 1991 merkte die Beklagte Ausfallzeittatbestände der Ausbildung vor, mit Bescheid vom 20. Juni 2003 stellte sie die rentenrechtlichen Zeiten des Klägers fest. Bei einer Rentenauskunft am 20. Juni 2003 wurde eine aktuelle Altersrente in Höhe von monatlich 879,29 EUR ermittelt. Mit Bescheid vom 28. März 2003 und Widerspruchsbescheid vom 19. August 2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten nach den Vorschriften des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) ab; die vom Kläger hiergegen am 9. September 2003 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage nahm er mit Schriftsatz seines damaligen Prozessbevollmächtigen vom 10. November 2004 wieder zurück (S 1 RA 2555/03).
Mit Bescheid vom 4. Juni 2007 bewilligte die Beklagte auf Antrag des Klägers vom 11. April 2007 Altersrente für langjährige Versicherte in Höhe von monatlich 937,40 EUR mit einem monatlichen Zahlbetrag von 849,75 EUR (nach Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung). Dabei wurden der Rentenberechnung die in der DDR zurückgelegten Versicherungszeiten bis zur Höhe der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt und nach der Bestimmung des § 256a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) berechnet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Rentenbescheid (AS 35 der Rentenakten) Bezug genommen.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch mit dem Ziel der Gewährung einer höheren Rentenzahlung ein und trug zu dessen Begründung vor, es seien ausschließlich nur die in den Ausweisen für Arbeit und Soziales (SV-Ausweisen) eingetragenen Angaben zum Verdienst zur Berechnung herangezogen worden. In Wirklichkeit sei der tatsächliche Verdienst höher gewesen. Es sei für ihn auch nachteilig, dass entgegen früherer Zusagen seine rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet aufgrund rückwirkender Regelungen nicht nach dem FRG bewertet worden seien. Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass die Arbeitsverdienste in den SV-Ausweisen nur bis zur Höhe der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenze bzw. ab 1. März 1971 soweit sie zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung gezahlt worden seien bescheinigten. Würden höhere Arbeitsentgelte geltend gemacht als im SV-Ausweis bescheinigt, werde die Berücksichtigung zusätzlicher Arbeitsentgelte/Überentgelte geprüft. Im Fall des Klägers sei diese Prüfung bereits im Kontenklärungsverfahren 2003 erfolgt und habe zu - im Einzelnen dargestellten - Berücksichtigungen geführt. Der Kläger erwiderte hierauf, dass, soweit er dies überschaue, der Rentenbescheid formal der derzeitigen Gesetzeslage entspreche. Es verbleibe jedoch bei den geltend gemachten Nachteilen, weil das FRG nicht mehr zur Anwendung gelange.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Tabellenwerte zum FRG würden nach § 259a SGB VI nur noch für Versicherte der Geburtsjahrgänge vor 1937 herangezogen werden. Für alle anderen Versicherten würden die tatsächlich erzielten bzw. die im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung eingetragenen oder auf sonstige Weise nachgewiesenen Entgelt- und Beitragszahlungen - inklusive der gegebenenfalls entrichteten Beiträge zur freiwilligen Zusatzversicherung der DDR - berücksichtigt.
Der Kläger hat hiergegen am 20. November 2007 Klage beim SG erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er bei der Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland eine Versorgungszusage durch den Bundesminister des Inneren erhalten habe, wonach Übersiedler in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich so behandelt würden, als ob sie ihr gesamtes Arbeitsleben in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt hätten. Im Vertrauen auf diese Zusage und die Bestätigung der Zeiten, die nach dem FRG zu bewerten seien, hätte er davon ausgehen müssen, insgesamt und grundsätzlich keine nachteilige neue Bewertung zu erwarten. Aufgrund dieser Versorgungszusage müsste er eine um 315,00 EUR höhere Rente erhalten. Die nunmehr um ein Viertel geringere ausgefallene Rente sei für ihn eine grobe Benachteiligung, Ungleichbehandlung und Diskriminierung aufgrund seines Alters und seiner Herkunft.
In einem Erörterungstermin vom 1. März 2008 sind dem Kläger die Bestimmungen der §§ 256a, 259a SGB VI erläutert und er ist auf die verfassungsrechtliche Rechtslage hingewiesen worden.
Nach vorheriger Ankündigung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 28. März 2008 entschieden und die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine höhere Rente. Zutreffend habe die Beklagte für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Versicherungszeiten nicht mehr das FRG herangezogen. Maßgeblich sei vielmehr § 256a SGB VI. Danach würden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 Entgeltpunkte ermittelt, in dem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt werde. Als Verdienst zählten der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden seien. Diese durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) eingefügte Bestimmung habe die bisherige Rechtslage, wonach die nach dem Recht der ehemaligen DDR zurückgelegten Beitragszeiten nach dem FRG und dem dort geltenden Eingliederungsprinzip zu behandeln gewesen seien, abgelöst. Anwartschaften aus der Sozialpflichtversicherung und der freiwilligen Zusatzversicherung seien nunmehr in die im SGB VI geregelte Rentenversicherung des Bundesrepublik überführt worden. Damit stünden Beitragszeiten in der ehemaligen DDR den Beitragszeiten nach Bundesrecht gleich. Für die Bewertung dieser Beitragszeiten habe der Gesetzgeber aber nicht mehr auf das Eingliederungsprinzip des FRG zurückgegriffen, sondern im Prinzip auf den im Beitrittsgebiet tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Verdienst, der dann mit den Faktoren der Anlage 10 zum SGB VI in eine Bemessungsgrundlage umgerechnet werde, die diese den Entgelten in den alten Bundesländern vergleichbar mache. Eine Übergangsregelung sei nach § 259a SGB VI nur für Versicherte geschaffen worden, die vor dem 1. Januar 1937 geboren worden seien und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18. Mai 1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet gehabt hätten. Die Regelung des § 256a SGB VI sei verfassungsgemäß, wie in den - näher genannten - Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) entschieden worden sei. Danach werde durch die getroffene Neuregelung weder der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) noch der Eigentumsschutz nach Art. 14 GG verletzt - was das SG im Einzelnen weiter ausgeführt hat. Der Kläger könne sich letztlich auch nicht auf eine rechtswirksame Versorgungszusage berufen. Die Bescheide aus dem Jahre 1991 enthielten keine solche Zusage, sondern lediglich die Vormerkung von Ausfallzeittatbeständen für den späteren Versicherungsfall. Allgemeine Informationsbroschüren, auf die der Kläger sein Begehren stütze, seien rechtlich ohne Bedeutung, denn nur eine konkrete, von der zuständigen Behörde erteilte schriftliche Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen, schaffe nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) den entsprechenden Vertrauensschutz.
Der Kläger hat gegen den ihm am 4. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid am 5. Mai 2008, einem Montag, Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, seine besondere Situation als Alt-Übersiedler mit einem ständigen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland vor dem Mauerfall sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er habe zum Zeitpunkt seiner Übersiedlung nach der zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechtslage Rentenanwartschaften nach dem FRG besessen. Der Kläger hat weiterhin auf Schriftverkehr ihm vergleichbar betroffener Personen mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages und eine anstehende Korrektur der "irreführenden Gesetzesauslegungen" hingewiesen und deswegen die Aussetzung bzw. das Ruhen des Verfahrens beantragt. Er hat auf die Vorschrift des § 100 Abs. 4 SGB VI hingewiesen, wonach bei einer Rücknahme der Berufung und einem späteren Überprüfungsantrag aufgrund einer seine Rechtsansicht bestätigenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eine Änderung des Rentenbescheids zu seinen Gunsten nur für die Zukunft möglich wäre. Zugleich hat er eine umfangreiche "Dokumentation" zur Bewertung von Rentenansprüchen im Beitrittsgebiet und der Stichtagsregelung des § 259a Abs. 1 SGB VI vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. März 2008 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Altersrente für langjährig Versicherte unter Berücksichtigung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten Versicherungszeiten nach dem Fremdrentengesetz zu gewähren, hilfsweise das Verfahren gemäß Art. 100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und erklärt sich mit dem Ruhen des Verfahrens nicht einverstanden. Dies gelte auch im Hinblick auf die Regelung des § 100 Abs. 4 SGB VI, da es im Hinblick auf die wenig konkreten Aussichten auf eine Änderung der Rechtslage nicht sachgerecht sei, eine Nachzahlungsfrist im Wege des Ruhens des Verfahrens auf ungewisse Zeit offen zu halten.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, denn mangels Einverständnis der Beklagten (vgl. § 202 SGG i.V.m. § 251 Satz 1 Zivilprozessordnung) war nicht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Allein die Aussicht auf etwaige Änderungen durch den Gesetzgeber rechtfertigt keine Aussetzung des Verfahrens nach § 114 SGG. Das gilt auch im Hinblick auf eine - allein abstrakt denkbare - Möglichkeit einer Entscheidung des BVerfG oder des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, mit der die Rechtsansicht des Klägers bestätigt und die einer höheren Rentengewährung entgegenstehenden Vorschriften bzw. Entscheidungen für nichtig, mit dem Grundgesetz unvereinbar bzw. als gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßend erklärt würden. Hinsichtlich einer Entscheidung des BVerfG (und auch einer ebenfalls nicht erkennbaren Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung) regelt der vom Kläger angeführte § 100 Abs. 4 SGB VI, dass dann eine Änderung der Entscheidung nach einem Antrag nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur für die Zukunft möglich wäre. Dem darin erkennbaren Regelungszweck, "das Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten an Rechtssicherheit und der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung gegenüber dem Interesse des einzelnen an einer möglichst langen Nachzahlungsfrist" zu stärken (so die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/3794, S. 37), würde es zuwiderlaufen, mittels der Aussetzung des Verfahrens die praktisch zeitlich unbegrenzte Möglichkeit für eine Änderung auch für die Vergangenheit und damit eine Nachzahlung höherer Rentenleistungen offen zu halten. Dies ist jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen wenig dafür spricht, dass es zu einem Tätigwerden des Gesetzgebers oder einer der erwarteten Entscheidungen kommt.
Nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist die Anerkennung von Zeiten nach dem AAÜG. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 28. März 2003 und Widerspruchsbescheid vom 19. August 2003 die Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG abgelehnt. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden, da der Kläger seine hiergegen beim SG erhobene Klage wieder zurückgenommen hat. Der Senat sieht keinen Grund, den Ausgang des vom Kläger mit Schreiben vom 25. Januar 2008 eingeleiteten Überprüfungsverfahrens abzuwarten. Denn Ziel des Klägers im vorliegenden Berufungsverfahren ist die Berechnung der Altersrente nach § 259a SGB VI. Diese Bestimmung findet nach § 259b Abs. 1 Satz 2 SGB VI aber keine Anwendung für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem im Sinne des AAÜG.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Rentenzahlung. Der angefochtene Rentenbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dies hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, auf die der Senat Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG), zutreffend dargelegt.
Der Anspruch des Klägers richtet sich allein nach dem SGB VI. Das mit Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 vollständig abgelöste Rentenrecht der DDR bestimmt die Höhe der Leistungen nur insoweit, als dieses Recht inhaltlich in Art 2 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) übernommen worden ist und noch zur Zahlung eines Rentenzuschlages zur SGB VI-Rente gemäß § 319a SGB VI führt. Die vom Kläger in der Sozialversicherung der DDR zurückgelegten Beitragszeiten sind nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI Beitragszeiten im Bundesgebiet gleichgestellt. Entgeltpunkte werden dafür nach Maßgabe der Sonderregelung in § 256a SGB VI ermittelt (zum Ganzen BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002, B 5 RJ 14/00 R, SozR 3-2600 § 256a Nr. 10). Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rentenauskunft vom 20. Juni 2003 und etwaigen früheren Auskünften zur aktuellen Rentenhöhe. Eine Rentenauskunft stellt lediglich eine Prognose dar, die auf der Grundlage des jeweils geltenden Rentenrechts, also vorbehaltlich zukünftiger Eingriffe des Gesetzgebers erfolgt. Eine irgendwie geartete Rechtsverbindlichkeit kommt ihr nicht zu (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1996, 4 RA 108/95 in SozR 3-2600 § 58 Nr. 9).
Die Entgeltpunkte für die Altersrente des Klägers sind auf der Grundlage des § 256a SGB VI zutreffend ermittelt worden. Dies wird vom Kläger auch nicht (mehr) bestritten, nachdem ihn die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 2007 darüber informiert hatte, auf welche Weise die Arbeitsentgelte des Klägers Berechnung seiner Altersrente berücksichtigt wurden.
Soweit der Kläger mit seiner Klage das Ziel verfolgt, für die in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten anstelle der nach § 256a SGB VI zu ermittelnden Werte gemäß § 259a SGB VI Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz (FRG) zu ermitteln, hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Regelung des § 259a SGB VI findet nur auf Geburtsjahrgänge vor 1937 Anwendung, zu denen der 1944 geborene Kläger nicht gehört. Die Ansicht des Klägers, das RÜG, mit dem die §§ 256a und § 259a SGB VI eingeführt worden sind, habe "Alt-Übersiedler", also jene, die vor dem 18. Mai 1990 schon in der Bundesrepublik Deutschland lebten, nicht erfassen wollen, wird durch den Wortlaut des § 259a SGB VI widerlegt. Träfe Auffassung des Klägers zu, hätte der Gesetzgeber in § 259a SGB VI nicht auf das Geburtsdatum, sondern allein auf den Zeitpunkt der Übersiedelung abstellen müssen. Dies hat er gerade nicht getan. Auf den Zeitpunkt der Übersiedelung stellt das Gesetz auch in § 256a SGB VI nicht ab. Alle früher im Beitrittsgebiet Beschäftigten unterfallen - sofern auf sie keine Ausnahmeregelung zutrifft - somit der Grundregelung des § 256a SGB VI (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Juni 2007, L 10 R 6087/06).
Die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 259a Abs. 1 SGB VI ist durch die Rechtsprechung geklärt (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 1997, 4 RA 56/95, SGb 1997, 518 und hieran anschließend die Rechtsprechung der Landessozialgerichte: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. August 1997, L 2 Kn 151/96; Sächs. LSG, Beschluss vom 13. März 2001, L 4 RA 9/01; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 5. Oktober 2004, L 11 RJ 2532/03, vom 28. Juni 2007, L 10 R 6087/06, und vom 24. Juli 2007, L 9 R 4306/06). Der Normzweck des § 259a SGB VI liegt darin, rentennahen Jahrgänge, die ihren Aufenthalt vor dem 18. Mai 1990 (Tag der Unterzeichnung des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion) im früheren Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, Vertrauensschutz zukommen zu lassen. Für jüngere Versicherte besteht noch die Möglichkeit, weitere Anstrengungen der Alterssicherung zu unternehmen. (BT-Drs. 12/4810, S. 24). Der Gesetzgeber bewegt sich damit im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit. Es liegt weder ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip noch nach Art. 3 Abs. 1 GG und auch nicht nach Art. 14 Abs. 1 GG vor. Eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung besteht auch nicht im Hinblick auf die Regelung des § 256a Abs. 3a SGB VI, einer gesonderten Bestimmungen für "deutsch-deutsche Grenzgänger" (hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Juni 2007, L 10 R 6087/06).
Soweit der Kläger darauf hinweist, er habe zum Zeitpunkt seiner Übersiedlung (27. April 1989) nach der zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechtslage Rentenanwartschaften nach dem FRG besessen, ist dies unerheblich. Denn die durch das FRG begründeten Rentenanwartschaften unterliegen nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen den Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG genießen. Denn dies gilt nur nach Maßgabe dessen, was im Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889) als Rechtsposition der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannt wurde (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006, 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00, 1 BvL 5/01, 1 BvL 10/04, SozR 4-5050 § 22 Nr. 5). Deshalb haben in der Sozialversicherung der DDR erworbene Ansprüche und Anwartschaften erst mit der Herstellung der deutschen Einheit durch und nach Maßgabe des Einigungsvertrages Eigentumsschutz nach Art 14 Abs. 1 GG erlangt. Zu den Maßgaben des Einigungsvertrages gehört aber neben dem Außerkrafttreten des Rentenrechts der DDR auch die Überleitung des - bei Abschluss des Einigungsvertrages schon verabschiedeten, aber noch nicht in Kraft getretenen - SGB VI (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002, B 5 RJ 14/00 R, SozR 3-2600 § 256a Nr. 10). Ein Eingriff in eine durch Art 14 GG geschützte Rechtsposition liegt deshalb nicht vor, wenn bei der Ermittlung der Rentenhöhe statt auf eine fiktive Bemessung nach dem FRG auf eine Berechnung auf der Grundlage der tatsächlichen Verdienste (wenn auch nach Maßgabe des § 256a SGB VI) abgestellt wird. Da der Senat deshalb nicht von der Verfassungswidrigkeit der §§ 256a, 259a Abs. 1 SGB VI überzeugt ist, kommt keine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG in Frage.
Auch die Übergangsregelung in Art. 23 § 5 Gesetz zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. Juni 1990 (BGBl. II S. 518), auf die der Kläger zuletzt hingewiesen hat, führt hier nicht weiter, da sie nach ihrem klaren Wortlaut nur Versicherte erfasst, bei denen der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 1996 beginnt. Hierzu gehört der Kläger nicht.
Auf die allein zukünftige Möglichkeit einer gesetzlichen Änderung kann ein gegenwärtiger Anspruch nicht gestützt werden. Auch Meinungsäußerungen von einzelnen Bundestagsabgeordneten zum Verständnis der gesetzlichen Regelung vermögen nichts daran zu ändern, dass die Gerichte auf der Grundlage der geltenden Gesetzeslage zu entscheiden haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zahlung höherer Altersrente für langjährig Versicherte unter Berücksichtigung von im Beitrittsgebiet zurückgelegten Zeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG).
Der 1944 geborene Kläger hatte in der früheren DDR als Diplom-Ingenieur im Bereich der Energieversorgung gearbeitet. Am 27. April 1989 siedelte er in die Bundesrepublik Deutschland über. Mit Bescheiden vom 10. September und 26. November 1991 merkte die Beklagte Ausfallzeittatbestände der Ausbildung vor, mit Bescheid vom 20. Juni 2003 stellte sie die rentenrechtlichen Zeiten des Klägers fest. Bei einer Rentenauskunft am 20. Juni 2003 wurde eine aktuelle Altersrente in Höhe von monatlich 879,29 EUR ermittelt. Mit Bescheid vom 28. März 2003 und Widerspruchsbescheid vom 19. August 2003 lehnte die Beklagte die Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten nach den Vorschriften des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes (AAÜG) ab; die vom Kläger hiergegen am 9. September 2003 beim Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage nahm er mit Schriftsatz seines damaligen Prozessbevollmächtigen vom 10. November 2004 wieder zurück (S 1 RA 2555/03).
Mit Bescheid vom 4. Juni 2007 bewilligte die Beklagte auf Antrag des Klägers vom 11. April 2007 Altersrente für langjährige Versicherte in Höhe von monatlich 937,40 EUR mit einem monatlichen Zahlbetrag von 849,75 EUR (nach Abzug von Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung). Dabei wurden der Rentenberechnung die in der DDR zurückgelegten Versicherungszeiten bis zur Höhe der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenze zugrunde gelegt und nach der Bestimmung des § 256a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) berechnet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Rentenbescheid (AS 35 der Rentenakten) Bezug genommen.
Der Kläger legte hiergegen Widerspruch mit dem Ziel der Gewährung einer höheren Rentenzahlung ein und trug zu dessen Begründung vor, es seien ausschließlich nur die in den Ausweisen für Arbeit und Soziales (SV-Ausweisen) eingetragenen Angaben zum Verdienst zur Berechnung herangezogen worden. In Wirklichkeit sei der tatsächliche Verdienst höher gewesen. Es sei für ihn auch nachteilig, dass entgegen früherer Zusagen seine rentenrechtlichen Zeiten im Beitrittsgebiet aufgrund rückwirkender Regelungen nicht nach dem FRG bewertet worden seien. Die Beklagte wies den Kläger darauf hin, dass die Arbeitsverdienste in den SV-Ausweisen nur bis zur Höhe der im Beitrittsgebiet geltenden Beitragsbemessungsgrenze bzw. ab 1. März 1971 soweit sie zur Freiwilligen Zusatzrentenversicherung gezahlt worden seien bescheinigten. Würden höhere Arbeitsentgelte geltend gemacht als im SV-Ausweis bescheinigt, werde die Berücksichtigung zusätzlicher Arbeitsentgelte/Überentgelte geprüft. Im Fall des Klägers sei diese Prüfung bereits im Kontenklärungsverfahren 2003 erfolgt und habe zu - im Einzelnen dargestellten - Berücksichtigungen geführt. Der Kläger erwiderte hierauf, dass, soweit er dies überschaue, der Rentenbescheid formal der derzeitigen Gesetzeslage entspreche. Es verbleibe jedoch bei den geltend gemachten Nachteilen, weil das FRG nicht mehr zur Anwendung gelange.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18. Oktober 2007 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Tabellenwerte zum FRG würden nach § 259a SGB VI nur noch für Versicherte der Geburtsjahrgänge vor 1937 herangezogen werden. Für alle anderen Versicherten würden die tatsächlich erzielten bzw. die im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung eingetragenen oder auf sonstige Weise nachgewiesenen Entgelt- und Beitragszahlungen - inklusive der gegebenenfalls entrichteten Beiträge zur freiwilligen Zusatzversicherung der DDR - berücksichtigt.
Der Kläger hat hiergegen am 20. November 2007 Klage beim SG erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass er bei der Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland eine Versorgungszusage durch den Bundesminister des Inneren erhalten habe, wonach Übersiedler in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich so behandelt würden, als ob sie ihr gesamtes Arbeitsleben in der Bundesrepublik Deutschland zurückgelegt hätten. Im Vertrauen auf diese Zusage und die Bestätigung der Zeiten, die nach dem FRG zu bewerten seien, hätte er davon ausgehen müssen, insgesamt und grundsätzlich keine nachteilige neue Bewertung zu erwarten. Aufgrund dieser Versorgungszusage müsste er eine um 315,00 EUR höhere Rente erhalten. Die nunmehr um ein Viertel geringere ausgefallene Rente sei für ihn eine grobe Benachteiligung, Ungleichbehandlung und Diskriminierung aufgrund seines Alters und seiner Herkunft.
In einem Erörterungstermin vom 1. März 2008 sind dem Kläger die Bestimmungen der §§ 256a, 259a SGB VI erläutert und er ist auf die verfassungsrechtliche Rechtslage hingewiesen worden.
Nach vorheriger Ankündigung hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 28. März 2008 entschieden und die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine höhere Rente. Zutreffend habe die Beklagte für die im Beitrittsgebiet zurückgelegten Versicherungszeiten nicht mehr das FRG herangezogen. Maßgeblich sei vielmehr § 256a SGB VI. Danach würden für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet nach dem 8. Mai 1945 Entgeltpunkte ermittelt, in dem der mit den Werten der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst (Beitragsbemessungsgrundlage) durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt werde. Als Verdienst zählten der tatsächlich erzielte Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden seien. Diese durch das Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) eingefügte Bestimmung habe die bisherige Rechtslage, wonach die nach dem Recht der ehemaligen DDR zurückgelegten Beitragszeiten nach dem FRG und dem dort geltenden Eingliederungsprinzip zu behandeln gewesen seien, abgelöst. Anwartschaften aus der Sozialpflichtversicherung und der freiwilligen Zusatzversicherung seien nunmehr in die im SGB VI geregelte Rentenversicherung des Bundesrepublik überführt worden. Damit stünden Beitragszeiten in der ehemaligen DDR den Beitragszeiten nach Bundesrecht gleich. Für die Bewertung dieser Beitragszeiten habe der Gesetzgeber aber nicht mehr auf das Eingliederungsprinzip des FRG zurückgegriffen, sondern im Prinzip auf den im Beitrittsgebiet tatsächlich erzielten beitragspflichtigen Verdienst, der dann mit den Faktoren der Anlage 10 zum SGB VI in eine Bemessungsgrundlage umgerechnet werde, die diese den Entgelten in den alten Bundesländern vergleichbar mache. Eine Übergangsregelung sei nach § 259a SGB VI nur für Versicherte geschaffen worden, die vor dem 1. Januar 1937 geboren worden seien und die ihren gewöhnlichen Aufenthalt am 18. Mai 1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitrittsgebiet gehabt hätten. Die Regelung des § 256a SGB VI sei verfassungsgemäß, wie in den - näher genannten - Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) entschieden worden sei. Danach werde durch die getroffene Neuregelung weder der Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) noch der Eigentumsschutz nach Art. 14 GG verletzt - was das SG im Einzelnen weiter ausgeführt hat. Der Kläger könne sich letztlich auch nicht auf eine rechtswirksame Versorgungszusage berufen. Die Bescheide aus dem Jahre 1991 enthielten keine solche Zusage, sondern lediglich die Vormerkung von Ausfallzeittatbeständen für den späteren Versicherungsfall. Allgemeine Informationsbroschüren, auf die der Kläger sein Begehren stütze, seien rechtlich ohne Bedeutung, denn nur eine konkrete, von der zuständigen Behörde erteilte schriftliche Zusage, einen bestimmten Verwaltungsakt später zu erlassen, schaffe nach § 34 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) den entsprechenden Vertrauensschutz.
Der Kläger hat gegen den ihm am 4. April 2008 zugestellten Gerichtsbescheid am 5. Mai 2008, einem Montag, Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, seine besondere Situation als Alt-Übersiedler mit einem ständigen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland vor dem Mauerfall sei nicht ausreichend berücksichtigt worden. Er habe zum Zeitpunkt seiner Übersiedlung nach der zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechtslage Rentenanwartschaften nach dem FRG besessen. Der Kläger hat weiterhin auf Schriftverkehr ihm vergleichbar betroffener Personen mit Abgeordneten des Deutschen Bundestages und eine anstehende Korrektur der "irreführenden Gesetzesauslegungen" hingewiesen und deswegen die Aussetzung bzw. das Ruhen des Verfahrens beantragt. Er hat auf die Vorschrift des § 100 Abs. 4 SGB VI hingewiesen, wonach bei einer Rücknahme der Berufung und einem späteren Überprüfungsantrag aufgrund einer seine Rechtsansicht bestätigenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) eine Änderung des Rentenbescheids zu seinen Gunsten nur für die Zukunft möglich wäre. Zugleich hat er eine umfangreiche "Dokumentation" zur Bewertung von Rentenansprüchen im Beitrittsgebiet und der Stichtagsregelung des § 259a Abs. 1 SGB VI vorgelegt.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 28. März 2008 aufzuheben, den Bescheid der Beklagten vom 4. Juni 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Oktober 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm höhere Altersrente für langjährig Versicherte unter Berücksichtigung der im Beitrittsgebiet zurückgelegten Versicherungszeiten nach dem Fremdrentengesetz zu gewähren, hilfsweise das Verfahren gemäß Art. 100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und erklärt sich mit dem Ruhen des Verfahrens nicht einverstanden. Dies gelte auch im Hinblick auf die Regelung des § 100 Abs. 4 SGB VI, da es im Hinblick auf die wenig konkreten Aussichten auf eine Änderung der Rechtslage nicht sachgerecht sei, eine Nachzahlungsfrist im Wege des Ruhens des Verfahrens auf ungewisse Zeit offen zu halten.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die gemäß §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Senat konnte in der Sache entscheiden, denn mangels Einverständnis der Beklagten (vgl. § 202 SGG i.V.m. § 251 Satz 1 Zivilprozessordnung) war nicht das Ruhen des Verfahrens anzuordnen. Allein die Aussicht auf etwaige Änderungen durch den Gesetzgeber rechtfertigt keine Aussetzung des Verfahrens nach § 114 SGG. Das gilt auch im Hinblick auf eine - allein abstrakt denkbare - Möglichkeit einer Entscheidung des BVerfG oder des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, mit der die Rechtsansicht des Klägers bestätigt und die einer höheren Rentengewährung entgegenstehenden Vorschriften bzw. Entscheidungen für nichtig, mit dem Grundgesetz unvereinbar bzw. als gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßend erklärt würden. Hinsichtlich einer Entscheidung des BVerfG (und auch einer ebenfalls nicht erkennbaren Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung) regelt der vom Kläger angeführte § 100 Abs. 4 SGB VI, dass dann eine Änderung der Entscheidung nach einem Antrag nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X nur für die Zukunft möglich wäre. Dem darin erkennbaren Regelungszweck, "das Interesse der Solidargemeinschaft der Versicherten an Rechtssicherheit und der Erhaltung der Funktions- und Leistungsfähigkeit der Rentenversicherung gegenüber dem Interesse des einzelnen an einer möglichst langen Nachzahlungsfrist" zu stärken (so die Gesetzesbegründung, BT-Drs. 16/3794, S. 37), würde es zuwiderlaufen, mittels der Aussetzung des Verfahrens die praktisch zeitlich unbegrenzte Möglichkeit für eine Änderung auch für die Vergangenheit und damit eine Nachzahlung höherer Rentenleistungen offen zu halten. Dies ist jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in denen wenig dafür spricht, dass es zu einem Tätigwerden des Gesetzgebers oder einer der erwarteten Entscheidungen kommt.
Nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist die Anerkennung von Zeiten nach dem AAÜG. Die Beklagte hat mit Bescheid vom 28. März 2003 und Widerspruchsbescheid vom 19. August 2003 die Anerkennung von Pflichtbeitragszeiten nach dem AAÜG abgelehnt. Dieser Bescheid ist bestandskräftig geworden, da der Kläger seine hiergegen beim SG erhobene Klage wieder zurückgenommen hat. Der Senat sieht keinen Grund, den Ausgang des vom Kläger mit Schreiben vom 25. Januar 2008 eingeleiteten Überprüfungsverfahrens abzuwarten. Denn Ziel des Klägers im vorliegenden Berufungsverfahren ist die Berechnung der Altersrente nach § 259a SGB VI. Diese Bestimmung findet nach § 259b Abs. 1 Satz 2 SGB VI aber keine Anwendung für Zeiten der Zugehörigkeit zu einem Zusatz- oder Sonderversorgungssystem im Sinne des AAÜG.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine höhere Rentenzahlung. Der angefochtene Rentenbescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Dies hat das SG in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, auf die der Senat Bezug nimmt (§ 153 Abs. 2 SGG), zutreffend dargelegt.
Der Anspruch des Klägers richtet sich allein nach dem SGB VI. Das mit Inkrafttreten des SGB VI zum 1. Januar 1992 vollständig abgelöste Rentenrecht der DDR bestimmt die Höhe der Leistungen nur insoweit, als dieses Recht inhaltlich in Art 2 Rentenüberleitungsgesetz (RÜG) übernommen worden ist und noch zur Zahlung eines Rentenzuschlages zur SGB VI-Rente gemäß § 319a SGB VI führt. Die vom Kläger in der Sozialversicherung der DDR zurückgelegten Beitragszeiten sind nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI Beitragszeiten im Bundesgebiet gleichgestellt. Entgeltpunkte werden dafür nach Maßgabe der Sonderregelung in § 256a SGB VI ermittelt (zum Ganzen BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002, B 5 RJ 14/00 R, SozR 3-2600 § 256a Nr. 10). Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rentenauskunft vom 20. Juni 2003 und etwaigen früheren Auskünften zur aktuellen Rentenhöhe. Eine Rentenauskunft stellt lediglich eine Prognose dar, die auf der Grundlage des jeweils geltenden Rentenrechts, also vorbehaltlich zukünftiger Eingriffe des Gesetzgebers erfolgt. Eine irgendwie geartete Rechtsverbindlichkeit kommt ihr nicht zu (BSG, Urteil vom 24. Oktober 1996, 4 RA 108/95 in SozR 3-2600 § 58 Nr. 9).
Die Entgeltpunkte für die Altersrente des Klägers sind auf der Grundlage des § 256a SGB VI zutreffend ermittelt worden. Dies wird vom Kläger auch nicht (mehr) bestritten, nachdem ihn die Beklagte mit Schreiben vom 10. Juli 2007 darüber informiert hatte, auf welche Weise die Arbeitsentgelte des Klägers Berechnung seiner Altersrente berücksichtigt wurden.
Soweit der Kläger mit seiner Klage das Ziel verfolgt, für die in der DDR zurückgelegten Beitragszeiten anstelle der nach § 256a SGB VI zu ermittelnden Werte gemäß § 259a SGB VI Entgeltpunkte aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz (FRG) zu ermitteln, hat das SG die Klage zu Recht abgewiesen. Denn die Regelung des § 259a SGB VI findet nur auf Geburtsjahrgänge vor 1937 Anwendung, zu denen der 1944 geborene Kläger nicht gehört. Die Ansicht des Klägers, das RÜG, mit dem die §§ 256a und § 259a SGB VI eingeführt worden sind, habe "Alt-Übersiedler", also jene, die vor dem 18. Mai 1990 schon in der Bundesrepublik Deutschland lebten, nicht erfassen wollen, wird durch den Wortlaut des § 259a SGB VI widerlegt. Träfe Auffassung des Klägers zu, hätte der Gesetzgeber in § 259a SGB VI nicht auf das Geburtsdatum, sondern allein auf den Zeitpunkt der Übersiedelung abstellen müssen. Dies hat er gerade nicht getan. Auf den Zeitpunkt der Übersiedelung stellt das Gesetz auch in § 256a SGB VI nicht ab. Alle früher im Beitrittsgebiet Beschäftigten unterfallen - sofern auf sie keine Ausnahmeregelung zutrifft - somit der Grundregelung des § 256a SGB VI (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Juni 2007, L 10 R 6087/06).
Die Verfassungsmäßigkeit der Regelung des § 259a Abs. 1 SGB VI ist durch die Rechtsprechung geklärt (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 1997, 4 RA 56/95, SGb 1997, 518 und hieran anschließend die Rechtsprechung der Landessozialgerichte: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 7. August 1997, L 2 Kn 151/96; Sächs. LSG, Beschluss vom 13. März 2001, L 4 RA 9/01; LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 5. Oktober 2004, L 11 RJ 2532/03, vom 28. Juni 2007, L 10 R 6087/06, und vom 24. Juli 2007, L 9 R 4306/06). Der Normzweck des § 259a SGB VI liegt darin, rentennahen Jahrgänge, die ihren Aufenthalt vor dem 18. Mai 1990 (Tag der Unterzeichnung des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion) im früheren Gebiet der Bundesrepublik Deutschland genommen haben, Vertrauensschutz zukommen zu lassen. Für jüngere Versicherte besteht noch die Möglichkeit, weitere Anstrengungen der Alterssicherung zu unternehmen. (BT-Drs. 12/4810, S. 24). Der Gesetzgeber bewegt sich damit im Rahmen seiner Gestaltungsfreiheit. Es liegt weder ein Verstoß gegen Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip noch nach Art. 3 Abs. 1 GG und auch nicht nach Art. 14 Abs. 1 GG vor. Eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung besteht auch nicht im Hinblick auf die Regelung des § 256a Abs. 3a SGB VI, einer gesonderten Bestimmungen für "deutsch-deutsche Grenzgänger" (hierzu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 28. Juni 2007, L 10 R 6087/06).
Soweit der Kläger darauf hinweist, er habe zum Zeitpunkt seiner Übersiedlung (27. April 1989) nach der zu diesem Zeitpunkt gültigen Rechtslage Rentenanwartschaften nach dem FRG besessen, ist dies unerheblich. Denn die durch das FRG begründeten Rentenanwartschaften unterliegen nicht dem Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG, wenn ihnen ausschließlich Beitrags- und Beschäftigungszeiten zugrunde liegen, die in den Herkunftsgebieten erbracht oder zurückgelegt wurden. Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) die in der DDR erworbenen Ansprüche und Anwartschaften aus Zusatz- und Sonderversorgungssystemen den Schutz des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG genießen. Denn dies gilt nur nach Maßgabe dessen, was im Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (BGBl II S. 889) als Rechtsposition der gesamtdeutschen Rechtsordnung anerkannt wurde (BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006, 1 BvL 9/00, 1 BvL 11/00, 1 BvL 12/00, 1 BvL 5/01, 1 BvL 10/04, SozR 4-5050 § 22 Nr. 5). Deshalb haben in der Sozialversicherung der DDR erworbene Ansprüche und Anwartschaften erst mit der Herstellung der deutschen Einheit durch und nach Maßgabe des Einigungsvertrages Eigentumsschutz nach Art 14 Abs. 1 GG erlangt. Zu den Maßgaben des Einigungsvertrages gehört aber neben dem Außerkrafttreten des Rentenrechts der DDR auch die Überleitung des - bei Abschluss des Einigungsvertrages schon verabschiedeten, aber noch nicht in Kraft getretenen - SGB VI (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2002, B 5 RJ 14/00 R, SozR 3-2600 § 256a Nr. 10). Ein Eingriff in eine durch Art 14 GG geschützte Rechtsposition liegt deshalb nicht vor, wenn bei der Ermittlung der Rentenhöhe statt auf eine fiktive Bemessung nach dem FRG auf eine Berechnung auf der Grundlage der tatsächlichen Verdienste (wenn auch nach Maßgabe des § 256a SGB VI) abgestellt wird. Da der Senat deshalb nicht von der Verfassungswidrigkeit der §§ 256a, 259a Abs. 1 SGB VI überzeugt ist, kommt keine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 GG in Frage.
Auch die Übergangsregelung in Art. 23 § 5 Gesetz zu dem Vertrag vom 18. Mai 1990 über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 25. Juni 1990 (BGBl. II S. 518), auf die der Kläger zuletzt hingewiesen hat, führt hier nicht weiter, da sie nach ihrem klaren Wortlaut nur Versicherte erfasst, bei denen der Leistungsbezug vor dem 1. Januar 1996 beginnt. Hierzu gehört der Kläger nicht.
Auf die allein zukünftige Möglichkeit einer gesetzlichen Änderung kann ein gegenwärtiger Anspruch nicht gestützt werden. Auch Meinungsäußerungen von einzelnen Bundestagsabgeordneten zum Verständnis der gesetzlichen Regelung vermögen nichts daran zu ändern, dass die Gerichte auf der Grundlage der geltenden Gesetzeslage zu entscheiden haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht erfüllt sind.
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