Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 19 SO 238/08 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 8 B 645/08 SO ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 23. Juni 2008 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im vorliegenden Eilverfahren geht es um die Frage, ob der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, die Kosten der Unterbringung des Antragstellers in einer betreuten Wohngemeinschaft vorläufig zu gewähren.
Der 1988 geborene Antragsteller, für den vorläufige Betreuung angeordnet ist (Beschluss des AmtsgerichtsB-Stadt vom 24.07.2006), leidet an einer psychiatrischen Erkrankung. Er ist manisch depressiv. Das Krankheitsbild spricht für eine schizoaffektive Erkrankung oder eine hebephrene Schizophrenie. Aufgrund seiner Erkrankung wurde er vom 28.08.2006 bis 07.06.2008 stationär in der Einrichtung Reha-Zentrum I., A-Stadt, betreut. Die dafür erforderlichen Kosten wurden vom Antragsgegner mit Bescheiden vom 22.08.2006, 04.09.2006, 30.08.2006 und 04.03.2008 übernommen. Die Kostenübernahme erfolgte durch den Antragsgegner als zweitangegangenen Rehabilitationsträger, nachdem der Kostenübernahmeantrag vom 17.07.2006, den der Antragsteller an die Beigeladene gerichtet hatte, innerhalb von zwei Wochen von der Beigeladenen an den Antragsgegner weitergeleitet worden war. Der Antragsgegner hat bei der Beigeladenen die Erstattung dieser Kosten geltend gemacht.
Mit Schreiben vom 07.05.2008, beim Antragsgegner eingegangen am 08.05.2008, beantragte der Sozialpsychiatrische Dienst der C.B-Stadt (C) beim Antragsgegner die Übernahme der Kosten der Betreuung des Antragstellers in der betreuten Wohngemeinschaft der C inB-Stadt, S.Weg 1. Mit Schreiben vom 21.05.2008 leitete der Antragsgegner diesen Antrag an die Beigeladene weiter.
Mit Schreiben vom 28.05.2008 gab die Beigeladene die übersandten Antragsunterlagen mit der Begründung zurück, § 14 Abs.1 SGB IX komme nicht zum Tragen, da es keines neuen Antrags bedurft hätte. Der Antragsteller wünsche eine Fortsetzung der begonnenen Hilfe, der Wechsel in die Wohngemeinschaft nachB-Stadt sei im Rahmen der Gesamtschau der begonnenen Hilfe notwendig.
Am 04.06.2008 hat der Antragsteller beim Sozialgericht München - SG - einstweiligen Rechtsschutz wegen Kostenübernahme der Betreuung in der genannten Wohngemeinschaft durch den Antragsgegner, hilfsweise die Beigeladene beantragt.
Das SG hat mit Beschluss vom 23.06.2008 den Ag verpflichtet, die Kosten der genannten Unterbringung bis zum 30.09.2008 zu übernehmen und ausgeführt, ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund für eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners seien gegeben. Auch die Folgenabwägung spreche für eine einstweilige Anordnung gegen den Antragsgegner. Zum Anordnungsanspruch führt das SG aus, Anspruchsgrundlage für die Kostenübernahme sei § 53 Abs.1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - SGB - XII i.V.m.
§ 55 SGB IX. Die sachliche Zuständigkeit des Antragsgegners ergebe sich aus § 97 Abs.2 Satz 1 SGB XII i.V.m. Art.82 Abs.1 Satz 1 Nr.3 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze. Da weder der Antragsgegner noch die Beigeladene in Bezug auf die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der Maßnahme irgendwelche Einwendungen erhoben haben, dürfe das Gericht im Rahmen einer Eilentscheidung diesbezüglich die Amtsermittlung zurückstellen und diese Voraussetzungen als gegeben ansehen. Der Anspruch auf Eingliederungshilfe gegen den Antragsgegner sei nicht aufgrund des in § 10 Abs.4 Satz 1 SGB VIII geregelten Nachrangs der Sozialhilfe gegenüber der Jugendhilfe ausgeschlossen. Selbst wenn die Voraussetzungen von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Volljährige gem. § 41 i.V.m. § 35a SGB VIII gegen die Beigeladene vorlägen, wäre dadurch nicht der Anspruch auf Eingliederungshilfe gegen den Antragsgegner ausgeschlossen. Ein möglicher Nachrang habe keine Auswirkung auf das Leistungsverhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Sozialleistungsträger, sondern erst für die Frage der Kostenerstattung zwischen dem Jugendhilfeträger und dem Sozialhilfeträger. Das SG bezog sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Eine Verpflichtung des Jugendhilfeträgers nach § 75 Abs.5 SGG komme nicht in Betracht, da für den jugendhilferechtlichen Anspruch der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet sei. Der sozialhilferechtliche Anspruch auf Eingliederungshilfe gegen den Antragsgegner sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Antragsgegner innerhalb der 2-Wochen-Frist nach § 14 Abs.1 SGB IX an die Beigeladene weitergeleitet habe. Selbst wenn es sich um einen neuen Antrag im Sinne des § 14 SGB IX handeln würde, der vom Antragsgegner innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 14 Abs.1 SGB IX an die Beigeladene weitergeleitet worden wäre, würde dies zwar gem. § 14 Abs.2 Satz 3 SGB IX eine vorrangige Zuständigkeit der Beigeladenen im Verhältnis zum Antragsteller begründen, jedoch keineswegs die Ansprüche des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner ausschließen. Sehe man die Weiterleitung als Verwaltungsakt an, wäre ein solcher dem Antragsteller jedenfalls nicht bekanntgegeben. Sehe man die Weiterleitung nicht als Verwaltungsakt an, wäre es für die Rechtsschutzmöglichkeiten der Behinderten unerträglich, wenn der Fortbestand eines materiell unzweifelhaft gegebenen Anspruchs von Umständen abhängen würde, die sich im Verhältnis zwischen zwei Reha-Trägern abspielen und aus der Sicht des Hilfebedürftigen reine Verwaltungsinterna darstellen würden. Die besondere Dringlichkeit ergebe sich daraus, dass angesichts der Schwere der psychiatrischen Erkrankung des Antragstellers bei seiner unkontrollierten Entlassung aus einer zweijährigen stationären Reha-Maßnahme die Gefahr eines Rückfalls mit nicht voraussehbaren Folgen bestünde. Angesichts der bestehenden Gefahren spreche auch die Folgenabwägung für eine einstweilige Anordnung gegen den Antragsgegner, dessen rein monetäre Interessen zurücktreten müssten, zumal er es unterlassen habe, bislang irgendwelche Ermittlungen in materieller Hinsicht zur Notwendigkeit der Maßnahme vorzunehmen. Eine Befristung bis zum 30.09.2008 sei angemessen und ausreichend. Eine längere vorläufige Gewährung sei nicht angezeigt gewesen, da derzeit keine aktuellen ärztlichen Gutachten hinsichtlich der Notwendigkeit und der erforderlichen Zeitdauer der begehrten Maßnahme vorlägen.
Dagegen hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt und ausgeführt, ein Anordnungsanspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner sei nicht gegeben. Der Antragsgegner sei für die begehrte Hilfe sachlich nicht zuständig. § 14 SGB IX enthalte eine für Rehabilitationszwecke abschließende Regelung, die den allgemeinen Regelungen zur vorläufigen und endgültigen Zuständigkeit vorgehe und alle Felder der Feststellung einer Leistungszuständigkeit erfasse. Mit der Antragsweiterleitung sei eine verbindliche Festlegung der Zuständigkeit der Beigeladenen als zweitangegangener Träger erfolgt. Der Auslegung des SG stehe der klare Wortlaut des § 14 Abs.1 und 1 SGB IX entgegen. Der Rehabilitations-Träger, an den der Antrag weitergeleitet worden sei, stelle den Rehabilitationsbedarf und nicht seine Zuständigkeit unverzüglich fest. Aufgrund der innerhalb der Frist des § 14 Abs.1 Satz 2 SGB IX erfolgten Weiterleitung des Antrags an die Beigeladene habe diese ungeachtet der Frage, welcher Rehabilitationsträger endgültig für die begehrte Leistung zuständig sei, den Rehabilitationsbedarf nach § 14 Abs.2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 SGB IX unverzüglich festzustellen. Die Tatsache, dass der zweitangegangene Träger nicht entsprechend § 14 Abs.2 SGB IX verfahre, könne nicht zu einer Nichtanwendbarkeit von § 14 SGB IX führen. Aus der schlichten und gesetzlich nicht begründbaren Leistungsverweigerung der Beigeladenen könne keine ersatzweise Leistungspflicht des Antragsgegners konstruiert werden. Die Beigeladene sei der zur Entscheidung bzw. Leistung verpflichtete Träger. Die Kostenübernahme durch den Antragsgegner stehe ferner nicht mit § 75 SGB XII im Einklang. Danach sei der Antragsgegner als Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung der erbrachten Betreuungsleistungen nur verpflichtet, wenn die in § 75 Abs.3 SGB XII genannten Vereinbarungen bestünden. Zwar bestünden mit C entsprechende Vereinbarungen über betreute Wohngemeinschaften inB-Stadt, jedoch gebe es keine Vereinbarung für eine betreute Wohngemeinschaft im S.Weg. C habe zwischenzeitlich ein diesbezügliches Leistungsangebot vorgelegt, Vereinbarungen seien jedoch nicht rückwirkend abzuschließen. Alle mit C geschlossenen Vereinbarungen würden nur Männer und Frauen ab Vollendung des 21. Lebensjahres betreffen. Ob C über die Betreuung junger Volljähriger in einer Wohngemeinschaft im S.Weg Vereinbarungen nach den §§ 78a ff. SGB XIII mit dem Träger der jeweiligen Jugendhilfe abgeschlossen habe, sei unbekannt. Ebenso könne mangels diesbezüglicher Unterlagen nicht beurteilt werden, ob im Falle des Antragstellers die Voraussetzungen des § 75 Abs.4
SGB XII vorliegen würden. Zwar liege ein allerdings nicht speziell auf den Antragsteller bezogenes Leistungsangebot der C über betreutes Wohnen im S.Weg vor, jedoch sei weder erkennbar noch bislang dargelegt, dass es sich bei der Betreuung des Antragstellers in einer offensichtlich nicht vereinbarungsgebundenen Betreuungsform um einen besonderen Einzelfall im Sinne des § 75 Abs.4 SGB XII handele. Ein besonderer Einzelfall liege z.B. vor, wenn die dem Bedarf entsprechende Betreuung des Antragstellers in einer vereinbarungsgebundenen Betreuungsform nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Mit Schreiben vom 11.07.2008 sei C um Stellungnahme zu den Gründen gebeten worden, warum der Antragsteller in eine Wohngemeinschaft, für die keine Vereinbarung im Sinne des § 75 Abs.3 SGB XII bestehe, aufgenommen worden sei und warum die Aufnahme des 19-jährigen Antragstellers erfolgt sei, obwohl die C in vergleichbaren Wohngemeinschaften mit dem Antragsgegner ausschließlich Leistungen für Personen nach Vollendung des 21. Lebensjahr vereinbart habe. Mit Schreiben vom 31.07.2008 hat der Antragsgegner ergänzend ausgeführt, die Aufnahme sei nach den Ausführungen der C erfolgt, um eine optimale Wiedereingliederung des Antragstellers zu ermöglichen und um eine Verpflanzung des Antragstellers aus seinem LebensmittelpunktB-Stadt zu vermeiden. Ein passendes Angebot der Jugendhilfe stünde nicht zur Verfügung, die Behandlungsform sei kostengünstig. Dieser Begründung lasse sich nicht entnehmen, dass nicht vereinbarungsgebundene Leistungen nach § 75 Abs.5 SGB XII durch die Wohngemeinschaft S.Weg aufgrund der Besonderheit des Einzelfalles im Sinne des § 75 Abs.4 Satz 1 SGB XII geboten wären. Ein besonderer Einzelfall sei nicht erkennbar. Für die geschilderten Fördermöglichkeiten sowie deren Übereinstimmung mit dem Hilfebedarf des Antragstellers bedürfe es keiner Betreuung in einer nichtvereinbarungsgebundenen Einrichtung. Der Antragsteller lebe seit dem 18.04.2006 außerhalb seines Heimatortes, nämlich zunächst im Bezirksklinikum G. und anschließend vollstationär im Reha-Zentrum I., A-Stadt. Der Antragsteller habe trotzdem eine positive Entwicklung vollzogen. Der von der C angeführte Grundsatz der gemeindenahen ambulanten Versorgung sei zur Durchbrechung des § 75 Abs.3 SGB XII nicht geeignet. Ob in der Umgebung passende Angebote der Jugendhilfe zur Verfügung stünden, könne aus Sicht des Antragsgegners nicht beurteilt werden. Der Beschluss des SG sei auch nicht hinreichend bestimmt. Konkrete Leistungen der Eingliederungshilfe könnten durch den Antragsgegner aufgrund der nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 75 Abs.3 und 4 SGB XII nicht erbracht werden. Eine Bezeichnung, welche Kosten denn zu übernehmen seien, habe auch das SG nicht vorgenommen.
Die Beigeladene hat ausgeführt, dass § 14 SGB IX nicht anwendbar sei und dass sich die Beigeladene auch nicht als sachlich zuständiger Kostenträger sehe. Der Antragsteller habe selbst nochmals einen Antrag auf Jugendhilfe gestellt auch mit der Begründung, dass ihn der Antragsgegner erst mit dem 21. Lebensjahr unterstützen wolle. Der Antragsgegner habe das Kostenübernahmegesuch des Sozialpsychiatrischen Dienstes innerhalb von zwei Wochen an die Beigeladene weitergeleitet. Der Antragsteller sei seit 28.08.2006 im Reha-Zentrum I., A-Stadt, stationär untergebracht. Diese Kosten trage der Antragsgegner. Aus Sicht der Beigeladenen handele es sich bei dem Wechsel von der stationären Unterbringung in A-Stadt in die ambulante Wohngemeinschaft inB-Stadt um einen einheitlichen Hilfeprozess. Der Antragsteller solle in dieser Wohngemeinschaft ein Alltagstraining, eine Tagesstruktur erhalten und zur Arbeit hingeführt werden. Der Hilfebedarf richte sich darauf, das Leben angesichts seiner Erkrankung zu bewältigen. Die Beantragung für die Kostenübernahme für die ambulante Wohngemeinschaft sei nicht als neue Antragstellung im Sinne des § 14 Abs.1 SGB IX anzusehen. Der Antragsteller wünsche die Fortsetzung der begonnenen Hilfe. Der Wechsel in die ambulante Wohngemeinschaft sei im Rahmen der Gesamtschau der Hilfe erforderlich. Falls keine jugendtypischen Defizite vorlägen, sondern der Hilfebedarf anders geartet sei, bestehe kein Anspruch auf Hilfe nach § 41 SGB XIII. Ein anders gearteter Hilfebedarf sei gegeben.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 23.06. 2008 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz vom 04.06.2008 abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt, sieht aber keine Gründe für die Aufhebung des Beschlusses des SG.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das SG dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Sinne einer Verpflichtung des Antragsgegners stattgegeben. Der Antragsteller hat insofern einen aus § 86b Abs.2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. Artikel 19 Abs.4 Grundgesetz - GG - abgeleiteten Anspruch auf vorläufige Übernahme der Kosten der Betreuung in der Wohngemeinschaft der C inB-Stadt, S.Weg jedenfalls für den im Beschluss des SG festgelegten Zeitraum.
Statthaft ist die Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs.2 Satz 2 SGG, da der Antragsteller eine Erweiterung seiner Rechtsposition anstrebt. Auch die sonstigen Voraussetzungen für den Erlass der beantragten Eilentscheidung liegen hinsichtlich der vorläufig zuerkannten Kosten vor.
Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verlangt eine besondere Ausgestaltung, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsache- verfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Das bedeutet vor allem, dass sich die Anforderungen an den zu fordernden Wahrscheinlichkeitsgrad am Rechtsschutzziel zu orientieren haben, das der Antragsteller mit seinem Begehren verfolgt (BVerfG vom 12.05.2005,
1 BvR 569/05 juris Rn.23; BVerfG, NVwZ 2004, S.95, 96). Das gilt für den Abwägungsbelang der Erfolgsaussichten der Hauptsache - ggf. ist hier sogar eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage erforderlich, um den Eilantrag aus diesem Grunde abzulehnen (BVerfG vom 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, 1236, 1237; vom 29.07.2003, 2 BvR 311/03, NVwZ 2004, 95, 96 vgl. BVerfG, NJW 2003, S.1236, 1237; NVwZ 2004, S.95, 96) - ebenso wie für den Abwägungsbelang der drohenden und mit dem Eilrechtsschutz zu verhindernden (Grund-) Rechtsverletzungen. In jedem Falle sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragsteller umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des
Einzelnen stellen (BVerfG, NJW 2003, S.1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen oder - wie hier - um die Verhinderung einer Verletzung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit (Art.2 Abs.2 Satz 2 GG, vgl. dazu BVerfG vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06, insbesondere juris Rn.16, 18) geht. Leistungen, die der Verhinderung solcher Rechtsverletzungen dienen, dürfen im Eilverfahren nicht auf Grund bloßer Mutmaßungen zum Hauptsacheanspruch verweigert werden, soweit dessen Zustehen immerhin als möglich erscheint. Vielmehr ist aus verfassungsrechtlichen Gründen eine umfassende Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der Grundrechte des Betroffenen und - soweit verfassungsrechtlich zulässig - unter Einbeziehung der einfach-gesetzlichen Maßgaben des § 86 b Abs.2 Satz 2 SGG durchzuführen.
Die sonach erforderliche Güter- und Folgenabwägung fällt, soweit es um die hier zuerkannten Kosten geht, zugunsten des Antragstellers aus. Unter Beachtung der genannten Maßgaben ist der Beschluss des SG daher in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Er entspricht insbesondere den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die die Fachgerichte aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten haben.
Das Zustehen eines Hauptsacheanspruchs ist jedenfalls möglich, so dass ein sicherungsfähiges Recht gegeben ist.
Die begehrte Leistung könnte im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte nach den §§ 53 ff SGB XII (i.V.m. dem SGB IX), die ebenfalls ambulante Hilfen in betreuten Wohnmöglichkeiten vorsieht (§ 54Abs.1 SGB XII i. V. m. § 55 Abs.2 Nr.6 SGB IX), zu erbringen sein. Dass der Antragsteller zum Personenkreis der Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe für Behinderte nach § 53 SGB XII gehört, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Antragsgegner hat dies bereits bescheidmäßig festgestellt (vgl. z.B. den Bescheid vom 30.08.2006, Seite 2). Die vom Antragsteller begehrte Leistung der Kostenübernahme durch C stellt auch eine Leistung der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII dar. § 54 Abs.1 Satz 1 SGB XII verweist u.a. hinsichtlich der zu erbringenden Eingliederungsleistungen auf die Bestimmungen des SGB IX. Nach §§ 26, 30 SGB IX ist die Förderung Behinderter oder von Behinderung Bedrohter eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation, die im Rahmen der Eingliederungshilfe auch von dem Antragsgegner zu gewähren sein könnte. Denn nach § 98 Abs.5 SGB XII könnte derjenige Träger der Sozialhilfe weiterhin örtlich zuständig sein, der vor Eintritt in die Wohnform der "ambulant betreuten Wohnmöglichkeit" für Eingliederungsleistungen nach dem 6. bis 8. Kapitel des SGB XII Leistungen erbracht hat, also hier der Ag. (vgl. dazu LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005, L 9 B 268/05 SO ER). Eine Zuständigkeit könnte sich auch aus § 98 Abs.2 S. 2 SGB XII ergeben.
Ein Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen gegen den Antragsgegner könnte sich aus § 75 Abs.4 SGB XII ergeben. Danach darf der Träger der Sozialhilfe Leistungen durch eine Einrichtung, für die keine Vereinbarung im Sinne des § 75 Abs.3 SGB XII abgeschlossen ist, nur erbringen, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls geboten ist. Ferner muss der Träger der Einrichtung ein Leistungsangebot vorlegen, dass den Voraussetzungen des § 76 SGB XII entspricht, § 75 Abs.4 Satz 2 SGB XII. Geht man vorliegend davon aus, dass eine Vereinbarung nach § 75 Abs.2 SGB XII nicht abgeschlossen ist, wie dies die Antragsgegnerin vorträgt, kommt insofern nur ein solcher Anspruch in Betracht.
Besonderheiten des Einzelfalls nach § 75 Abs.4 Satz 1 SGB XII liegen dann vor, wenn der festgestellte Bedarf nicht anderweitig befriedigt werden kann (Schoenfeld in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 75 Rn.3; W.Schellhorn, SGB XII, § 75 Rn.34). Der Antragsgegner hätte dann gemäß § 75 Abs.4 SGB XII über die Übernahme der Aufwendungen der Antragstellerin nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Für diese Entscheidung gelten dann folgende Grundsätze: Einerseits ist die Regelung des § 9 Abs.2 Satz 2 SGB XII zu berücksichtigen, wonach Wünschen des Leistungsberechtigten nur entsprochen werden soll, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels des SGB XII bestehen. Andererseits hat sich die Ermessensausübung auch im Rahmen des § 75 Abs.4 SGB XII letztlich am Bedarfsdeckungsprinzip (Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII,
Einl. Rn.37) zu orientieren. Soweit der Sozialhilfeträger dem Hilfesuchenden, der bereits durch eine Einrichtung gefördert wird, keine konkrete, zur Behebung seiner Notlage ebenfalls geeignete anderweitige Hilfemöglichkeit nachweist, muss der Sozialhilfeträger die Kosten grundsätzlich übernehmen, auch wenn eine Vereinbarung nach § 75 Abs.3
SGB XII nicht vorliegt. Andernfalls bliebe der Bedarf des Hilfesuchenden ungedeckt. Dass dem Sozialhilfeträger im Einzelfall keine mit Vereinbarungen gebundene Einrichtungen zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen, kann nicht einseitig zu Lasten des Leistungsberechtigten gehen (W. Schellhorn in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage 2006 § 75 Rn.33; zum Ganzen Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007, L 23 B 249/07 SO ER juris Rn.43 f).
Ob der festgestellte Bedarf vorliegend anderweitig befriedigt werden kann, lässt sich nicht mit der für eine Ablehnung des Eilantrags zu fordernden Überzeugung feststellen. Umgekehrt ist es vielmehr zumindest möglich, dass aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls ein Anspruch aus § 75 Abs.4 Satz 1 SGB XII gegen den Antragsgegner besteht.
Aufgrund der in Betracht kommenden Erkrankungen des Antragstellers (manische Depression bzw. schizoaffektive Erkrankung oder hebephrene Schizophrenie) erscheint es dem Senat zunächst als möglich, dass keine jugendtypischen Defizite vorliegen und der Hilfebedarf deshalb anders geartet ist. Daher besteht die Möglichkeit, dass ein Anspruch auf Hilfe nach § 41 SGB XIII gegen die Beigeladene nicht gegeben ist.
Selbst wenn ein Anspruch aus dem SGB VIII bejaht würde, lässt sich im Eilverfahren ebenfalls nicht abschließend entscheiden, ob der Ast vorrangig auf die Inanspruchnahme von Jugendhilfe zu verweisen wäre. Insofern ist nämlich § 10 SGB VIII zu beachten. Danach werden Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, durch das SGB VIII nicht berührt (Abs.1 Satz 1). Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem SGB VIII entsprechende Leistungen vorgesehen sind (Abs.1 Satz 2 i.d.F. bis 31.12.2004; i.d.F. Ab 01.01.2005: "auf Rechtsvorschriften beruhende" Leistungen). Allerdings gehen die Leistungen nach dem SGB VIII Leistungen nach dem BSHG bzw. SGB XII vor (§ 10 Abs.2 Satz 1 SGB VIII i.d.F. bis 31.12.2004, in der Gesetzesfassung ab 01.01.2005 als § 10 Abs.4 Satz 1 SGB VIII). Nach einer Rückausnahme (Abs.2 Satz 2 bzw. ab 2005 Abs.4 Satz 2) gehen Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem BSHG/SGB XII für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, wiederum Leistungen nach dem
SGB VIII vor.
Der 1988 geborene Ast fällt unter den Begriff des "jungen Menschen" i.S.d. SGB VIII; denn nach § 7 Abs.1 Nr.4 SGB III ist junger Mensch, wer noch nicht 27 Jahre alt ist. Für sie gehen deshalb nach § 10 Abs.2 Satz 2 SGB VIII i.d.F. bis 31.12.2004 bzw. nach § 10 Abs.4 Satz 2 SGB VIII i.d.F. ab 01.01.2005 Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem BSHG/SGB XII Leistungen nach dem SGB VIII vor. Selbst wenn dem Ast also ein Anspruch auf Förderung aus § 19 SGB VIII zustehen sollte, ist ein vorrangiger An-
spruch auf sozialhilferechtliche Eingliederungshilfe gegen den Ast nicht ausgeschlossen (vgl. zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen vom 30.07.2007, L 20 SO 15/06 juris
Rn.42 ff). Zur Erläuterung des Verhältnisses Eingliederungshilfe nach dem SGB XII und der Leistungen nach dem SGB VIII nimmt der Senat die folgenden Ausführungen des LSG Nordrhein-Westfalen vom 30.07.2007, L 20 SO 15/06 juris Rn.45 in Bezug die wiederum auf die Rechtsprechung des Bundsverwaltungsgerichts zum Bundessozialhilfegesetz zurückgehen: "Ohne die Rückausnahme in § 10 Abs.2 Satz 2 a.F. bzw. Abs.4 Satz 2 n.F. SGB VIII wären nach Satz 1 der Vorschrift alle Jugendhilfeleistungen gegenüber Sozialhilfeleistungen vorrangig. Die Rückausnahme in Satz 2 setzt als Sonderregelung für Maßnahmen der Eingliederungshilfe lediglich voraus, dass Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach dem BSHG/SGB XII für junge Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung bzw. Behinderungsbedrohung, geleistet werden oder zu leisten sind. Die Abgrenzung, ob nach Satz 1 der Jugendhilfeträger oder nach Satz 2 der Sozialhilfeträger zuständig ist, hängt deshalb allein von der Art der mit einer Jugendhilfeleistung konkurrierenden Sozialhilfeleistung ab; bei Eingliederungshilfe ist die Sozialhilfe vorrangig, bei anderen Sozialhilfeleistungen ist die Jugendhilfe vorrangig. Bei vermeintlichen Abgrenzungsschwierigkeiten auf Satz 1 als Grundsatzregelung zurückzugreifen, ist nicht zulässig. Jugendhilfe und Sozialhilfe sind zwei umfassende sozialrechtliche Hilfesysteme mit unterschiedlichen Aufgaben und Rechtsfolgen, die nicht trennscharf aufeinander abgestimmt und deshalb auch nicht sachtypisch voneinander abzugrenzen sind. Mit den Kollisionsregelungen in § 10 Abs.2 a.F. bzw. Abs.4 n.F. SGB VIII hat der Gesetzgeber für den wichtigsten und schwierigsten Überschneidungsbereich der Leistungen für behinderte junge Menschen eine bereichsspezifische Differenzierung vorgenommen (vgl. auch Wiesner, SGB VIII, 2006, § 10 Rn.31). Diese Vor- und Nachrangregelung stellt allein auf die Art der miteinander konkurrierenden Leistungen ab. Eine Differenzierung danach, ob der Schwerpunkt des Bedarfs oder Leistungszwecks bzw. -ziels eher auf die Jugendhilfe oder aber auf die Eingliederungshilfe verweise, ist nicht zulässig. Denn die Regelung eines Nach- bzw. Vorrangs zwischen Leistungen der Jugendhilfe und der Sozialhilfe setzt von vornherein voraus, dass sowohl ein Anspruch auf Jugendhilfe als auch ein Anspruch auf Sozialhilfe besteht und beide Leistungen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sind; nur in einem solchen Fall besteht überhaupt ein Bedürfnis für eine Nach- bzw. Vorrangregelung. § 10 Abs.2 a.F. bzw. Abs.4 n.F. SGB VIII stellt deshalb nicht auf einen Schwerpunkt in Bezug auf eine der beiden denkbaren Hilfestellungen ab, sondern allein auf die Art der miteinander konkurrierenden Leistungen; konkurrieren Maßnahmen der Eingliederungshilfe für behinderte junge Menschen nach dem BSHG/SGB XII mit Leistungen der Jugendhilfe nach dem SGB VIII, so ist nach Satz 2 der Vorschrift(en) ohne Weiteres die Sozialhilfe vorrangig (BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 - 5 C 26/98 = FEVS 51, S.337 - 340, S.339 f.)."
Ferner erscheint es dem Senat nicht als ausgeschlossen, dass die Beantragung der Kostenübernahme für die ambulante Wohngemeinschaft nicht als neue Antragstellung im Sinne des § 14 Abs.1 SGB IX zu sehen ist. Ein Anspruch gegen den zweitangegangenen Träger bestünde dann nicht. Schon aus diesem Grunde steht nicht mit der zu fordernden Überzeugung fest, dass ein Anspruch des Antragstellers (ausschließlich) gegen die Beigeladene aufgrund der Regelungen des § 14 SGB IX besteht.
Ist nach alledem ein Hauptsacheanspruch gegen den Antragsteller zumindest möglich, war im Rahmen der Folgenabwägung zu berücksichtigen, dass beim Antragsteller aufgrund seiner schweren Erkrankungen ohne die Kostenübernahme für die Unterbringung in der Wohngemeinschaft S.Weg inB-Stadt, schwere Rechtsverletzungen, insbesondere eine Verletzung des Grundrechts aus Art.2 Abs.2 Satz 2 Grundgesetz, möglicherweise auch des Art.1 Grundgesetz eintreten können. Zu berücksichtigen ist auch, dass sich im Rahmen des Eilverfahrens nicht abklären lässt, ob eine weitere Betreuung in einer vereinbarungsgebundenen Einrichtung außerhalbB-Stadts geeignet wäre, drohende (Grund-) Rechtsverletzungen beim Antragsteller zu verhindern. Zudem ist die Wohnortnähe zur Familie des Antragstellers zu berücksichtigen. Im Rahmen der Abwägung war ferner zur berücksichtigen, dass das SG dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch Rechnung getragen hat, dass eine Verpflichtung zur Kostenübernahme nur für einen Zeitraum vom 09.06. bis zum 30.09.2008 ausgesprochen wurde.
Insgesamt fällt die Güter- und Folgenabwägung zugunsten des Antragstellers und zu Lasten des Antragsgegners aus.
Der Beschluss des SG ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Er verpflichtet den Antragsgegner zur Übernahme der Kosten der Unterbringung des Antragstellers in einer genau bezeichneten Wohngemeinschaft mit einem genannten Betreuungsschlüssel für einen bestimmten Zeitraum. Dass die betragsmäßige Benennung dieser Kosten erst noch erfolgen muss, steht der Annahme einer Bestimmtheit des Beschlusses des SG nicht entgegen.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs.1 SGG analog und trägt dem Umstand Rechnung, dass der gegen den Antragsgegner gerichtete Eilantrag Erfolg hatte.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu erstatten. Im Übrigen haben die Beteiligten einander außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Im vorliegenden Eilverfahren geht es um die Frage, ob der Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, die Kosten der Unterbringung des Antragstellers in einer betreuten Wohngemeinschaft vorläufig zu gewähren.
Der 1988 geborene Antragsteller, für den vorläufige Betreuung angeordnet ist (Beschluss des AmtsgerichtsB-Stadt vom 24.07.2006), leidet an einer psychiatrischen Erkrankung. Er ist manisch depressiv. Das Krankheitsbild spricht für eine schizoaffektive Erkrankung oder eine hebephrene Schizophrenie. Aufgrund seiner Erkrankung wurde er vom 28.08.2006 bis 07.06.2008 stationär in der Einrichtung Reha-Zentrum I., A-Stadt, betreut. Die dafür erforderlichen Kosten wurden vom Antragsgegner mit Bescheiden vom 22.08.2006, 04.09.2006, 30.08.2006 und 04.03.2008 übernommen. Die Kostenübernahme erfolgte durch den Antragsgegner als zweitangegangenen Rehabilitationsträger, nachdem der Kostenübernahmeantrag vom 17.07.2006, den der Antragsteller an die Beigeladene gerichtet hatte, innerhalb von zwei Wochen von der Beigeladenen an den Antragsgegner weitergeleitet worden war. Der Antragsgegner hat bei der Beigeladenen die Erstattung dieser Kosten geltend gemacht.
Mit Schreiben vom 07.05.2008, beim Antragsgegner eingegangen am 08.05.2008, beantragte der Sozialpsychiatrische Dienst der C.B-Stadt (C) beim Antragsgegner die Übernahme der Kosten der Betreuung des Antragstellers in der betreuten Wohngemeinschaft der C inB-Stadt, S.Weg 1. Mit Schreiben vom 21.05.2008 leitete der Antragsgegner diesen Antrag an die Beigeladene weiter.
Mit Schreiben vom 28.05.2008 gab die Beigeladene die übersandten Antragsunterlagen mit der Begründung zurück, § 14 Abs.1 SGB IX komme nicht zum Tragen, da es keines neuen Antrags bedurft hätte. Der Antragsteller wünsche eine Fortsetzung der begonnenen Hilfe, der Wechsel in die Wohngemeinschaft nachB-Stadt sei im Rahmen der Gesamtschau der begonnenen Hilfe notwendig.
Am 04.06.2008 hat der Antragsteller beim Sozialgericht München - SG - einstweiligen Rechtsschutz wegen Kostenübernahme der Betreuung in der genannten Wohngemeinschaft durch den Antragsgegner, hilfsweise die Beigeladene beantragt.
Das SG hat mit Beschluss vom 23.06.2008 den Ag verpflichtet, die Kosten der genannten Unterbringung bis zum 30.09.2008 zu übernehmen und ausgeführt, ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund für eine vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners seien gegeben. Auch die Folgenabwägung spreche für eine einstweilige Anordnung gegen den Antragsgegner. Zum Anordnungsanspruch führt das SG aus, Anspruchsgrundlage für die Kostenübernahme sei § 53 Abs.1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - SGB - XII i.V.m.
§ 55 SGB IX. Die sachliche Zuständigkeit des Antragsgegners ergebe sich aus § 97 Abs.2 Satz 1 SGB XII i.V.m. Art.82 Abs.1 Satz 1 Nr.3 des Bayerischen Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze. Da weder der Antragsgegner noch die Beigeladene in Bezug auf die Geeignetheit, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit der Maßnahme irgendwelche Einwendungen erhoben haben, dürfe das Gericht im Rahmen einer Eilentscheidung diesbezüglich die Amtsermittlung zurückstellen und diese Voraussetzungen als gegeben ansehen. Der Anspruch auf Eingliederungshilfe gegen den Antragsgegner sei nicht aufgrund des in § 10 Abs.4 Satz 1 SGB VIII geregelten Nachrangs der Sozialhilfe gegenüber der Jugendhilfe ausgeschlossen. Selbst wenn die Voraussetzungen von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte junge Volljährige gem. § 41 i.V.m. § 35a SGB VIII gegen die Beigeladene vorlägen, wäre dadurch nicht der Anspruch auf Eingliederungshilfe gegen den Antragsgegner ausgeschlossen. Ein möglicher Nachrang habe keine Auswirkung auf das Leistungsverhältnis zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Sozialleistungsträger, sondern erst für die Frage der Kostenerstattung zwischen dem Jugendhilfeträger und dem Sozialhilfeträger. Das SG bezog sich dabei auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Eine Verpflichtung des Jugendhilfeträgers nach § 75 Abs.5 SGG komme nicht in Betracht, da für den jugendhilferechtlichen Anspruch der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nicht eröffnet sei. Der sozialhilferechtliche Anspruch auf Eingliederungshilfe gegen den Antragsgegner sei auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der Antragsgegner innerhalb der 2-Wochen-Frist nach § 14 Abs.1 SGB IX an die Beigeladene weitergeleitet habe. Selbst wenn es sich um einen neuen Antrag im Sinne des § 14 SGB IX handeln würde, der vom Antragsgegner innerhalb der 2-Wochen-Frist des § 14 Abs.1 SGB IX an die Beigeladene weitergeleitet worden wäre, würde dies zwar gem. § 14 Abs.2 Satz 3 SGB IX eine vorrangige Zuständigkeit der Beigeladenen im Verhältnis zum Antragsteller begründen, jedoch keineswegs die Ansprüche des Antragstellers gegenüber dem Antragsgegner ausschließen. Sehe man die Weiterleitung als Verwaltungsakt an, wäre ein solcher dem Antragsteller jedenfalls nicht bekanntgegeben. Sehe man die Weiterleitung nicht als Verwaltungsakt an, wäre es für die Rechtsschutzmöglichkeiten der Behinderten unerträglich, wenn der Fortbestand eines materiell unzweifelhaft gegebenen Anspruchs von Umständen abhängen würde, die sich im Verhältnis zwischen zwei Reha-Trägern abspielen und aus der Sicht des Hilfebedürftigen reine Verwaltungsinterna darstellen würden. Die besondere Dringlichkeit ergebe sich daraus, dass angesichts der Schwere der psychiatrischen Erkrankung des Antragstellers bei seiner unkontrollierten Entlassung aus einer zweijährigen stationären Reha-Maßnahme die Gefahr eines Rückfalls mit nicht voraussehbaren Folgen bestünde. Angesichts der bestehenden Gefahren spreche auch die Folgenabwägung für eine einstweilige Anordnung gegen den Antragsgegner, dessen rein monetäre Interessen zurücktreten müssten, zumal er es unterlassen habe, bislang irgendwelche Ermittlungen in materieller Hinsicht zur Notwendigkeit der Maßnahme vorzunehmen. Eine Befristung bis zum 30.09.2008 sei angemessen und ausreichend. Eine längere vorläufige Gewährung sei nicht angezeigt gewesen, da derzeit keine aktuellen ärztlichen Gutachten hinsichtlich der Notwendigkeit und der erforderlichen Zeitdauer der begehrten Maßnahme vorlägen.
Dagegen hat der Antragsgegner Beschwerde eingelegt und ausgeführt, ein Anordnungsanspruch des Antragstellers gegen den Antragsgegner sei nicht gegeben. Der Antragsgegner sei für die begehrte Hilfe sachlich nicht zuständig. § 14 SGB IX enthalte eine für Rehabilitationszwecke abschließende Regelung, die den allgemeinen Regelungen zur vorläufigen und endgültigen Zuständigkeit vorgehe und alle Felder der Feststellung einer Leistungszuständigkeit erfasse. Mit der Antragsweiterleitung sei eine verbindliche Festlegung der Zuständigkeit der Beigeladenen als zweitangegangener Träger erfolgt. Der Auslegung des SG stehe der klare Wortlaut des § 14 Abs.1 und 1 SGB IX entgegen. Der Rehabilitations-Träger, an den der Antrag weitergeleitet worden sei, stelle den Rehabilitationsbedarf und nicht seine Zuständigkeit unverzüglich fest. Aufgrund der innerhalb der Frist des § 14 Abs.1 Satz 2 SGB IX erfolgten Weiterleitung des Antrags an die Beigeladene habe diese ungeachtet der Frage, welcher Rehabilitationsträger endgültig für die begehrte Leistung zuständig sei, den Rehabilitationsbedarf nach § 14 Abs.2 Satz 3 i.V.m. Satz 1 SGB IX unverzüglich festzustellen. Die Tatsache, dass der zweitangegangene Träger nicht entsprechend § 14 Abs.2 SGB IX verfahre, könne nicht zu einer Nichtanwendbarkeit von § 14 SGB IX führen. Aus der schlichten und gesetzlich nicht begründbaren Leistungsverweigerung der Beigeladenen könne keine ersatzweise Leistungspflicht des Antragsgegners konstruiert werden. Die Beigeladene sei der zur Entscheidung bzw. Leistung verpflichtete Träger. Die Kostenübernahme durch den Antragsgegner stehe ferner nicht mit § 75 SGB XII im Einklang. Danach sei der Antragsgegner als Sozialhilfeträger zur Übernahme der Vergütung der erbrachten Betreuungsleistungen nur verpflichtet, wenn die in § 75 Abs.3 SGB XII genannten Vereinbarungen bestünden. Zwar bestünden mit C entsprechende Vereinbarungen über betreute Wohngemeinschaften inB-Stadt, jedoch gebe es keine Vereinbarung für eine betreute Wohngemeinschaft im S.Weg. C habe zwischenzeitlich ein diesbezügliches Leistungsangebot vorgelegt, Vereinbarungen seien jedoch nicht rückwirkend abzuschließen. Alle mit C geschlossenen Vereinbarungen würden nur Männer und Frauen ab Vollendung des 21. Lebensjahres betreffen. Ob C über die Betreuung junger Volljähriger in einer Wohngemeinschaft im S.Weg Vereinbarungen nach den §§ 78a ff. SGB XIII mit dem Träger der jeweiligen Jugendhilfe abgeschlossen habe, sei unbekannt. Ebenso könne mangels diesbezüglicher Unterlagen nicht beurteilt werden, ob im Falle des Antragstellers die Voraussetzungen des § 75 Abs.4
SGB XII vorliegen würden. Zwar liege ein allerdings nicht speziell auf den Antragsteller bezogenes Leistungsangebot der C über betreutes Wohnen im S.Weg vor, jedoch sei weder erkennbar noch bislang dargelegt, dass es sich bei der Betreuung des Antragstellers in einer offensichtlich nicht vereinbarungsgebundenen Betreuungsform um einen besonderen Einzelfall im Sinne des § 75 Abs.4 SGB XII handele. Ein besonderer Einzelfall liege z.B. vor, wenn die dem Bedarf entsprechende Betreuung des Antragstellers in einer vereinbarungsgebundenen Betreuungsform nicht möglich oder nicht zumutbar sei. Mit Schreiben vom 11.07.2008 sei C um Stellungnahme zu den Gründen gebeten worden, warum der Antragsteller in eine Wohngemeinschaft, für die keine Vereinbarung im Sinne des § 75 Abs.3 SGB XII bestehe, aufgenommen worden sei und warum die Aufnahme des 19-jährigen Antragstellers erfolgt sei, obwohl die C in vergleichbaren Wohngemeinschaften mit dem Antragsgegner ausschließlich Leistungen für Personen nach Vollendung des 21. Lebensjahr vereinbart habe. Mit Schreiben vom 31.07.2008 hat der Antragsgegner ergänzend ausgeführt, die Aufnahme sei nach den Ausführungen der C erfolgt, um eine optimale Wiedereingliederung des Antragstellers zu ermöglichen und um eine Verpflanzung des Antragstellers aus seinem LebensmittelpunktB-Stadt zu vermeiden. Ein passendes Angebot der Jugendhilfe stünde nicht zur Verfügung, die Behandlungsform sei kostengünstig. Dieser Begründung lasse sich nicht entnehmen, dass nicht vereinbarungsgebundene Leistungen nach § 75 Abs.5 SGB XII durch die Wohngemeinschaft S.Weg aufgrund der Besonderheit des Einzelfalles im Sinne des § 75 Abs.4 Satz 1 SGB XII geboten wären. Ein besonderer Einzelfall sei nicht erkennbar. Für die geschilderten Fördermöglichkeiten sowie deren Übereinstimmung mit dem Hilfebedarf des Antragstellers bedürfe es keiner Betreuung in einer nichtvereinbarungsgebundenen Einrichtung. Der Antragsteller lebe seit dem 18.04.2006 außerhalb seines Heimatortes, nämlich zunächst im Bezirksklinikum G. und anschließend vollstationär im Reha-Zentrum I., A-Stadt. Der Antragsteller habe trotzdem eine positive Entwicklung vollzogen. Der von der C angeführte Grundsatz der gemeindenahen ambulanten Versorgung sei zur Durchbrechung des § 75 Abs.3 SGB XII nicht geeignet. Ob in der Umgebung passende Angebote der Jugendhilfe zur Verfügung stünden, könne aus Sicht des Antragsgegners nicht beurteilt werden. Der Beschluss des SG sei auch nicht hinreichend bestimmt. Konkrete Leistungen der Eingliederungshilfe könnten durch den Antragsgegner aufgrund der nicht vorliegenden Voraussetzungen des § 75 Abs.3 und 4 SGB XII nicht erbracht werden. Eine Bezeichnung, welche Kosten denn zu übernehmen seien, habe auch das SG nicht vorgenommen.
Die Beigeladene hat ausgeführt, dass § 14 SGB IX nicht anwendbar sei und dass sich die Beigeladene auch nicht als sachlich zuständiger Kostenträger sehe. Der Antragsteller habe selbst nochmals einen Antrag auf Jugendhilfe gestellt auch mit der Begründung, dass ihn der Antragsgegner erst mit dem 21. Lebensjahr unterstützen wolle. Der Antragsgegner habe das Kostenübernahmegesuch des Sozialpsychiatrischen Dienstes innerhalb von zwei Wochen an die Beigeladene weitergeleitet. Der Antragsteller sei seit 28.08.2006 im Reha-Zentrum I., A-Stadt, stationär untergebracht. Diese Kosten trage der Antragsgegner. Aus Sicht der Beigeladenen handele es sich bei dem Wechsel von der stationären Unterbringung in A-Stadt in die ambulante Wohngemeinschaft inB-Stadt um einen einheitlichen Hilfeprozess. Der Antragsteller solle in dieser Wohngemeinschaft ein Alltagstraining, eine Tagesstruktur erhalten und zur Arbeit hingeführt werden. Der Hilfebedarf richte sich darauf, das Leben angesichts seiner Erkrankung zu bewältigen. Die Beantragung für die Kostenübernahme für die ambulante Wohngemeinschaft sei nicht als neue Antragstellung im Sinne des § 14 Abs.1 SGB IX anzusehen. Der Antragsteller wünsche die Fortsetzung der begonnenen Hilfe. Der Wechsel in die ambulante Wohngemeinschaft sei im Rahmen der Gesamtschau der Hilfe erforderlich. Falls keine jugendtypischen Defizite vorlägen, sondern der Hilfebedarf anders geartet sei, bestehe kein Anspruch auf Hilfe nach § 41 SGB XIII. Ein anders gearteter Hilfebedarf sei gegeben.
Der Antragsgegner beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts München vom 23.06. 2008 aufzuheben und den Antrag des Antragstellers auf einstweiligen Rechtsschutz vom 04.06.2008 abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen eigenen Antrag gestellt, sieht aber keine Gründe für die Aufhebung des Beschlusses des SG.
II.
Die gemäß §§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das SG dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes im Sinne einer Verpflichtung des Antragsgegners stattgegeben. Der Antragsteller hat insofern einen aus § 86b Abs.2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - i.V.m. Artikel 19 Abs.4 Grundgesetz - GG - abgeleiteten Anspruch auf vorläufige Übernahme der Kosten der Betreuung in der Wohngemeinschaft der C inB-Stadt, S.Weg jedenfalls für den im Beschluss des SG festgelegten Zeitraum.
Statthaft ist die Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs.2 Satz 2 SGG, da der Antragsteller eine Erweiterung seiner Rechtsposition anstrebt. Auch die sonstigen Voraussetzungen für den Erlass der beantragten Eilentscheidung liegen hinsichtlich der vorläufig zuerkannten Kosten vor.
Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes verlangt eine besondere Ausgestaltung, wenn ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen können, die durch das Hauptsache- verfahren nicht mehr zu beseitigen wären. Das bedeutet vor allem, dass sich die Anforderungen an den zu fordernden Wahrscheinlichkeitsgrad am Rechtsschutzziel zu orientieren haben, das der Antragsteller mit seinem Begehren verfolgt (BVerfG vom 12.05.2005,
1 BvR 569/05 juris Rn.23; BVerfG, NVwZ 2004, S.95, 96). Das gilt für den Abwägungsbelang der Erfolgsaussichten der Hauptsache - ggf. ist hier sogar eine abschließende Prüfung der Sach- und Rechtslage erforderlich, um den Eilantrag aus diesem Grunde abzulehnen (BVerfG vom 22.11.2002, 1 BvR 1586/02, NJW 2003, 1236, 1237; vom 29.07.2003, 2 BvR 311/03, NVwZ 2004, 95, 96 vgl. BVerfG, NJW 2003, S.1236, 1237; NVwZ 2004, S.95, 96) - ebenso wie für den Abwägungsbelang der drohenden und mit dem Eilrechtsschutz zu verhindernden (Grund-) Rechtsverletzungen. In jedem Falle sind insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragsteller umfassend in die Abwägung einzustellen. Die Gerichte müssen sich schützend und fördernd vor die Grundrechte des
Einzelnen stellen (BVerfG, NJW 2003, S.1236, 1237). Dies gilt ganz besonders, wenn es um die Wahrung der Würde des Menschen oder - wie hier - um die Verhinderung einer Verletzung des Grundrechts auf körperliche Unversehrtheit (Art.2 Abs.2 Satz 2 GG, vgl. dazu BVerfG vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06, insbesondere juris Rn.16, 18) geht. Leistungen, die der Verhinderung solcher Rechtsverletzungen dienen, dürfen im Eilverfahren nicht auf Grund bloßer Mutmaßungen zum Hauptsacheanspruch verweigert werden, soweit dessen Zustehen immerhin als möglich erscheint. Vielmehr ist aus verfassungsrechtlichen Gründen eine umfassende Güter- und Folgenabwägung unter Berücksichtigung der Grundrechte des Betroffenen und - soweit verfassungsrechtlich zulässig - unter Einbeziehung der einfach-gesetzlichen Maßgaben des § 86 b Abs.2 Satz 2 SGG durchzuführen.
Die sonach erforderliche Güter- und Folgenabwägung fällt, soweit es um die hier zuerkannten Kosten geht, zugunsten des Antragstellers aus. Unter Beachtung der genannten Maßgaben ist der Beschluss des SG daher in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Er entspricht insbesondere den verfassungsrechtlichen Anforderungen, die die Fachgerichte aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beachten haben.
Das Zustehen eines Hauptsacheanspruchs ist jedenfalls möglich, so dass ein sicherungsfähiges Recht gegeben ist.
Die begehrte Leistung könnte im Rahmen der Eingliederungshilfe für Behinderte nach den §§ 53 ff SGB XII (i.V.m. dem SGB IX), die ebenfalls ambulante Hilfen in betreuten Wohnmöglichkeiten vorsieht (§ 54Abs.1 SGB XII i. V. m. § 55 Abs.2 Nr.6 SGB IX), zu erbringen sein. Dass der Antragsteller zum Personenkreis der Leistungsberechtigten der Eingliederungshilfe für Behinderte nach § 53 SGB XII gehört, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Der Antragsgegner hat dies bereits bescheidmäßig festgestellt (vgl. z.B. den Bescheid vom 30.08.2006, Seite 2). Die vom Antragsteller begehrte Leistung der Kostenübernahme durch C stellt auch eine Leistung der Eingliederungshilfe nach § 54 SGB XII dar. § 54 Abs.1 Satz 1 SGB XII verweist u.a. hinsichtlich der zu erbringenden Eingliederungsleistungen auf die Bestimmungen des SGB IX. Nach §§ 26, 30 SGB IX ist die Förderung Behinderter oder von Behinderung Bedrohter eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation, die im Rahmen der Eingliederungshilfe auch von dem Antragsgegner zu gewähren sein könnte. Denn nach § 98 Abs.5 SGB XII könnte derjenige Träger der Sozialhilfe weiterhin örtlich zuständig sein, der vor Eintritt in die Wohnform der "ambulant betreuten Wohnmöglichkeit" für Eingliederungsleistungen nach dem 6. bis 8. Kapitel des SGB XII Leistungen erbracht hat, also hier der Ag. (vgl. dazu LSG Schleswig-Holstein vom 09.11.2005, L 9 B 268/05 SO ER). Eine Zuständigkeit könnte sich auch aus § 98 Abs.2 S. 2 SGB XII ergeben.
Ein Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen gegen den Antragsgegner könnte sich aus § 75 Abs.4 SGB XII ergeben. Danach darf der Träger der Sozialhilfe Leistungen durch eine Einrichtung, für die keine Vereinbarung im Sinne des § 75 Abs.3 SGB XII abgeschlossen ist, nur erbringen, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls geboten ist. Ferner muss der Träger der Einrichtung ein Leistungsangebot vorlegen, dass den Voraussetzungen des § 76 SGB XII entspricht, § 75 Abs.4 Satz 2 SGB XII. Geht man vorliegend davon aus, dass eine Vereinbarung nach § 75 Abs.2 SGB XII nicht abgeschlossen ist, wie dies die Antragsgegnerin vorträgt, kommt insofern nur ein solcher Anspruch in Betracht.
Besonderheiten des Einzelfalls nach § 75 Abs.4 Satz 1 SGB XII liegen dann vor, wenn der festgestellte Bedarf nicht anderweitig befriedigt werden kann (Schoenfeld in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 75 Rn.3; W.Schellhorn, SGB XII, § 75 Rn.34). Der Antragsgegner hätte dann gemäß § 75 Abs.4 SGB XII über die Übernahme der Aufwendungen der Antragstellerin nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Für diese Entscheidung gelten dann folgende Grundsätze: Einerseits ist die Regelung des § 9 Abs.2 Satz 2 SGB XII zu berücksichtigen, wonach Wünschen des Leistungsberechtigten nur entsprochen werden soll, wenn dies nach der Besonderheit des Einzelfalls erforderlich ist, weil anders der Bedarf nicht oder nicht ausreichend gedeckt werden kann und wenn mit der Einrichtung Vereinbarungen nach den Vorschriften des Zehnten Kapitels des SGB XII bestehen. Andererseits hat sich die Ermessensausübung auch im Rahmen des § 75 Abs.4 SGB XII letztlich am Bedarfsdeckungsprinzip (Grube in: Grube/Wahrendorf, SGB XII,
Einl. Rn.37) zu orientieren. Soweit der Sozialhilfeträger dem Hilfesuchenden, der bereits durch eine Einrichtung gefördert wird, keine konkrete, zur Behebung seiner Notlage ebenfalls geeignete anderweitige Hilfemöglichkeit nachweist, muss der Sozialhilfeträger die Kosten grundsätzlich übernehmen, auch wenn eine Vereinbarung nach § 75 Abs.3
SGB XII nicht vorliegt. Andernfalls bliebe der Bedarf des Hilfesuchenden ungedeckt. Dass dem Sozialhilfeträger im Einzelfall keine mit Vereinbarungen gebundene Einrichtungen zur Bedarfsdeckung zur Verfügung stehen, kann nicht einseitig zu Lasten des Leistungsberechtigten gehen (W. Schellhorn in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Auflage 2006 § 75 Rn.33; zum Ganzen Landessozialgericht Berlin-Brandenburg vom 11.12.2007, L 23 B 249/07 SO ER juris Rn.43 f).
Ob der festgestellte Bedarf vorliegend anderweitig befriedigt werden kann, lässt sich nicht mit der für eine Ablehnung des Eilantrags zu fordernden Überzeugung feststellen. Umgekehrt ist es vielmehr zumindest möglich, dass aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls ein Anspruch aus § 75 Abs.4 Satz 1 SGB XII gegen den Antragsgegner besteht.
Aufgrund der in Betracht kommenden Erkrankungen des Antragstellers (manische Depression bzw. schizoaffektive Erkrankung oder hebephrene Schizophrenie) erscheint es dem Senat zunächst als möglich, dass keine jugendtypischen Defizite vorliegen und der Hilfebedarf deshalb anders geartet ist. Daher besteht die Möglichkeit, dass ein Anspruch auf Hilfe nach § 41 SGB XIII gegen die Beigeladene nicht gegeben ist.
Selbst wenn ein Anspruch aus dem SGB VIII bejaht würde, lässt sich im Eilverfahren ebenfalls nicht abschließend entscheiden, ob der Ast vorrangig auf die Inanspruchnahme von Jugendhilfe zu verweisen wäre. Insofern ist nämlich § 10 SGB VIII zu beachten. Danach werden Verpflichtungen anderer, insbesondere der Träger anderer Sozialleistungen, durch das SGB VIII nicht berührt (Abs.1 Satz 1). Leistungen anderer dürfen nicht deshalb versagt werden, weil nach dem SGB VIII entsprechende Leistungen vorgesehen sind (Abs.1 Satz 2 i.d.F. bis 31.12.2004; i.d.F. Ab 01.01.2005: "auf Rechtsvorschriften beruhende" Leistungen). Allerdings gehen die Leistungen nach dem SGB VIII Leistungen nach dem BSHG bzw. SGB XII vor (§ 10 Abs.2 Satz 1 SGB VIII i.d.F. bis 31.12.2004, in der Gesetzesfassung ab 01.01.2005 als § 10 Abs.4 Satz 1 SGB VIII). Nach einer Rückausnahme (Abs.2 Satz 2 bzw. ab 2005 Abs.4 Satz 2) gehen Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem BSHG/SGB XII für junge Menschen, die körperlich oder geistig behindert oder von einer solchen Behinderung bedroht sind, wiederum Leistungen nach dem
SGB VIII vor.
Der 1988 geborene Ast fällt unter den Begriff des "jungen Menschen" i.S.d. SGB VIII; denn nach § 7 Abs.1 Nr.4 SGB III ist junger Mensch, wer noch nicht 27 Jahre alt ist. Für sie gehen deshalb nach § 10 Abs.2 Satz 2 SGB VIII i.d.F. bis 31.12.2004 bzw. nach § 10 Abs.4 Satz 2 SGB VIII i.d.F. ab 01.01.2005 Leistungen der Eingliederungshilfe nach dem BSHG/SGB XII Leistungen nach dem SGB VIII vor. Selbst wenn dem Ast also ein Anspruch auf Förderung aus § 19 SGB VIII zustehen sollte, ist ein vorrangiger An-
spruch auf sozialhilferechtliche Eingliederungshilfe gegen den Ast nicht ausgeschlossen (vgl. zum Ganzen LSG Nordrhein-Westfalen vom 30.07.2007, L 20 SO 15/06 juris
Rn.42 ff). Zur Erläuterung des Verhältnisses Eingliederungshilfe nach dem SGB XII und der Leistungen nach dem SGB VIII nimmt der Senat die folgenden Ausführungen des LSG Nordrhein-Westfalen vom 30.07.2007, L 20 SO 15/06 juris Rn.45 in Bezug die wiederum auf die Rechtsprechung des Bundsverwaltungsgerichts zum Bundessozialhilfegesetz zurückgehen: "Ohne die Rückausnahme in § 10 Abs.2 Satz 2 a.F. bzw. Abs.4 Satz 2 n.F. SGB VIII wären nach Satz 1 der Vorschrift alle Jugendhilfeleistungen gegenüber Sozialhilfeleistungen vorrangig. Die Rückausnahme in Satz 2 setzt als Sonderregelung für Maßnahmen der Eingliederungshilfe lediglich voraus, dass Maßnahmen der Eingliederungshilfe nach dem BSHG/SGB XII für junge Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung bzw. Behinderungsbedrohung, geleistet werden oder zu leisten sind. Die Abgrenzung, ob nach Satz 1 der Jugendhilfeträger oder nach Satz 2 der Sozialhilfeträger zuständig ist, hängt deshalb allein von der Art der mit einer Jugendhilfeleistung konkurrierenden Sozialhilfeleistung ab; bei Eingliederungshilfe ist die Sozialhilfe vorrangig, bei anderen Sozialhilfeleistungen ist die Jugendhilfe vorrangig. Bei vermeintlichen Abgrenzungsschwierigkeiten auf Satz 1 als Grundsatzregelung zurückzugreifen, ist nicht zulässig. Jugendhilfe und Sozialhilfe sind zwei umfassende sozialrechtliche Hilfesysteme mit unterschiedlichen Aufgaben und Rechtsfolgen, die nicht trennscharf aufeinander abgestimmt und deshalb auch nicht sachtypisch voneinander abzugrenzen sind. Mit den Kollisionsregelungen in § 10 Abs.2 a.F. bzw. Abs.4 n.F. SGB VIII hat der Gesetzgeber für den wichtigsten und schwierigsten Überschneidungsbereich der Leistungen für behinderte junge Menschen eine bereichsspezifische Differenzierung vorgenommen (vgl. auch Wiesner, SGB VIII, 2006, § 10 Rn.31). Diese Vor- und Nachrangregelung stellt allein auf die Art der miteinander konkurrierenden Leistungen ab. Eine Differenzierung danach, ob der Schwerpunkt des Bedarfs oder Leistungszwecks bzw. -ziels eher auf die Jugendhilfe oder aber auf die Eingliederungshilfe verweise, ist nicht zulässig. Denn die Regelung eines Nach- bzw. Vorrangs zwischen Leistungen der Jugendhilfe und der Sozialhilfe setzt von vornherein voraus, dass sowohl ein Anspruch auf Jugendhilfe als auch ein Anspruch auf Sozialhilfe besteht und beide Leistungen gleich, gleichartig, einander entsprechend, kongruent, einander überschneidend oder deckungsgleich sind; nur in einem solchen Fall besteht überhaupt ein Bedürfnis für eine Nach- bzw. Vorrangregelung. § 10 Abs.2 a.F. bzw. Abs.4 n.F. SGB VIII stellt deshalb nicht auf einen Schwerpunkt in Bezug auf eine der beiden denkbaren Hilfestellungen ab, sondern allein auf die Art der miteinander konkurrierenden Leistungen; konkurrieren Maßnahmen der Eingliederungshilfe für behinderte junge Menschen nach dem BSHG/SGB XII mit Leistungen der Jugendhilfe nach dem SGB VIII, so ist nach Satz 2 der Vorschrift(en) ohne Weiteres die Sozialhilfe vorrangig (BVerwG, Urteil vom 23.09.1999 - 5 C 26/98 = FEVS 51, S.337 - 340, S.339 f.)."
Ferner erscheint es dem Senat nicht als ausgeschlossen, dass die Beantragung der Kostenübernahme für die ambulante Wohngemeinschaft nicht als neue Antragstellung im Sinne des § 14 Abs.1 SGB IX zu sehen ist. Ein Anspruch gegen den zweitangegangenen Träger bestünde dann nicht. Schon aus diesem Grunde steht nicht mit der zu fordernden Überzeugung fest, dass ein Anspruch des Antragstellers (ausschließlich) gegen die Beigeladene aufgrund der Regelungen des § 14 SGB IX besteht.
Ist nach alledem ein Hauptsacheanspruch gegen den Antragsteller zumindest möglich, war im Rahmen der Folgenabwägung zu berücksichtigen, dass beim Antragsteller aufgrund seiner schweren Erkrankungen ohne die Kostenübernahme für die Unterbringung in der Wohngemeinschaft S.Weg inB-Stadt, schwere Rechtsverletzungen, insbesondere eine Verletzung des Grundrechts aus Art.2 Abs.2 Satz 2 Grundgesetz, möglicherweise auch des Art.1 Grundgesetz eintreten können. Zu berücksichtigen ist auch, dass sich im Rahmen des Eilverfahrens nicht abklären lässt, ob eine weitere Betreuung in einer vereinbarungsgebundenen Einrichtung außerhalbB-Stadts geeignet wäre, drohende (Grund-) Rechtsverletzungen beim Antragsteller zu verhindern. Zudem ist die Wohnortnähe zur Familie des Antragstellers zu berücksichtigen. Im Rahmen der Abwägung war ferner zur berücksichtigen, dass das SG dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dadurch Rechnung getragen hat, dass eine Verpflichtung zur Kostenübernahme nur für einen Zeitraum vom 09.06. bis zum 30.09.2008 ausgesprochen wurde.
Insgesamt fällt die Güter- und Folgenabwägung zugunsten des Antragstellers und zu Lasten des Antragsgegners aus.
Der Beschluss des SG ist auch inhaltlich hinreichend bestimmt. Er verpflichtet den Antragsgegner zur Übernahme der Kosten der Unterbringung des Antragstellers in einer genau bezeichneten Wohngemeinschaft mit einem genannten Betreuungsschlüssel für einen bestimmten Zeitraum. Dass die betragsmäßige Benennung dieser Kosten erst noch erfolgen muss, steht der Annahme einer Bestimmtheit des Beschlusses des SG nicht entgegen.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des SG war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs.1 SGG analog und trägt dem Umstand Rechnung, dass der gegen den Antragsgegner gerichtete Eilantrag Erfolg hatte.
Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
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