Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Wiesbaden (HES)
Aktenzeichen
S 2 Kr 18/78
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 8 Kr 731/81
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft ist nicht schon dann i.S. von § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG n.F. „hauptberuflich” in einem von der Gesellschaft im Rahmen eines Gesamtunternehmens (mit) betriebenen landwirtschaftlichen Unternehmen tätig, wenn er in dem Gesamtunternehmen den landwirtschaftlichen Unternehmen steil einschließende Leitungsfunktionen ausübt.
Für die Feststellung einer hauptberuflichen Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen ist wesentlich, ob der Tätigkeit des Gesellschafters für das landwirtschaftliche Unternehmen im Verhältnis zu andern Tätigkeiten ein Übergewicht zukommt bzw. ob sie sofern eine tatsächliche und rechtliche Trennung der Berufsausbildung nicht möglich ist – der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt; auf die Rechtsform des Unternehmens und eins der Tätigkeit des Gesellschaften zugrundeliegende Rechtsverhältnis kommt es nicht entscheidend an.
(Abweichung von BGG 1979-11-15 – 11 RK 6/78 = SozR 5420 § 2 Nr. 15).
Für die Feststellung einer hauptberuflichen Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen ist wesentlich, ob der Tätigkeit des Gesellschafters für das landwirtschaftliche Unternehmen im Verhältnis zu andern Tätigkeiten ein Übergewicht zukommt bzw. ob sie sofern eine tatsächliche und rechtliche Trennung der Berufsausbildung nicht möglich ist – der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt; auf die Rechtsform des Unternehmens und eins der Tätigkeit des Gesellschaften zugrundeliegende Rechtsverhältnis kommt es nicht entscheidend an.
(Abweichung von BGG 1979-11-15 – 11 RK 6/78 = SozR 5420 § 2 Nr. 15).
Bemerkung
verb. mit L 8 Kr 727/81
I. Die Berufungen der Beklagten gegen die Urteile des Sozialgerichts Wiesbaden vom 13. Mai 1981 (Az.: S-2/Kr – 17/78 und S-2/Kr – 18/78) werden zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten auch des
Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Versicherungs- und Beitragspflicht der Kläger zur landwirtschaftlichen Krankenkasse.
Die Kläger sind zwei von insgesamt drei Geschäftsführern und Komplementären der Firma A. & Co. in R. am R., einer Kommanditgesellschaft (KG). Zweck der KG ist der Betrieb einer Weinbrennerei. Daneben ist sie Eigentümerin von insgesamt 4,29 ha landwirtschaftlichen Flächen, wovon 3,55 ha auf den Weinbau entfallen. Diese von der KG erworbenen Nutzflächen bilden eine Existenzgrundlage im Sinne des § 1 Abs. 4 des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte (GAL). Das landwirtschaftliche Unternehmen wird unter der Leitung eines Fachmannes für Weinbau als eigenständige Abteilung der Firma A. mit eigenen Arbeitsmitteln und einigen Arbeitskräften geführt, die hauptsächlich im Weinbau beschäftigt sind. Der gewonnene Wein wird im Freundeskreis und zum eigenen Bedarf verwendet; die Brennerei deckt ihren Bedarf mit französischen Brennweinen.
Durch Bescheide vom 19. Oktober 1977 teilte die Beklagte den Klägern mit, daß sie in Auswirkung des Gesetzes über die Kaufmannseigenschaft von Land- und Forstwirten und den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters (KELG) vom 13. Mai 1976 gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) seit 1. Juli 1976 krankenversicherungspflichtig seien und ab 1. Oktober 1977 monatlich Beiträge nach der Beitragsklasse 3 in Höhe von 171,– DM zu zahlen hätten. Die Widersprüche der Kläger wies sie durch Widerspruchsbescheide vom 10. April 1978 als unbegründet zurück.
Durch Urteile vom 13. Mai 1981 (S-2/Kr-17/78 und S-2/Kr-18/78) hat das Sozialgericht (SG) Wiesbaden unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide festgestellt, daß die Kläger nicht Mitglied der Beklagten seien. Zur Begründung hat es jeweils ausgeführt: Die Kläger seien nicht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG in der Fassung des KELG als landwirtschaftliche Unternehmer anzusehen, weil sie weder landwirtschaftliche Flächen eingebracht noch "hauptberuflich” in dem lediglich nebenher und ohne besondere wirtschaftliche Bedeutung betriebenen landwirtschaftlichen Unternehmensteil tätig seien. Sinn der gesetzlichen Neuregelung sei es nicht, Manager und andere in der gewerblichen Wirtschaft tätige Personen, deren Berufe in keiner Weise mehr dem des Leitbilds des landwirtschaftlichen Unternehmers entsprächen, kraft Gesetzes zu "Landwirten wider Willen” zu machen.
Gegen die ihr am 2. Juni 1981 zugestellten Urteile hat die Beklagte jeweils am 24. Juni 1981 Berufung eingelegt. Sie bezieht sich auf das Urteil des Bundes Sozialgerichts (BSG) vom 15. November 1979 – 11 RK 6/78 –. Danach sei eine hauptberufliche Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG auch dann anzunehmen, wenn im Gesamtunternehmen Leitungsfunktionen verrichtet würden, die dem landwirtschaftlichen Unternehmen dienten. Auf deren Umfang im Rahmen der Tätigkeit für das Gesamtunternehmen komme es nicht an.
Der Senat hat die Streitsachen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 31. März 1982 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen L-8/Kr-731/81 verbunden.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Wiesbaden vom 13. Mai 1981 (S-2/Kr-17/78 und S-2/Kr-18/78) aufzuheben und die Klagen abzuweisen, hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Kläger beantragen,
die Berufungen gegen die Urteile des Sozialgerichts Wiesbaden vom 13. Mai 1981 (S-2/Kr-17/78 und S-2/Kr-18/78) zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtenen Urteile für zutreffend. Sofern gleichwohl die Versicherungspflicht zu bejahen sei, sei das Verfahren gemäß Artikel 100 Grundgesetz (GG) auszusetzen. Denn es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, daß der Gesetzgeber für die fiktiven landwirtschaftlichen Unternehmer im KELG keine der Regelung des § 94 KVLG entsprechende Befreiungsmöglichkeit vorgesehen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der Kassenakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthaften, form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig (§§ 143 ff., 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–). Sie sind jedoch unbegründet. Das SG hat auf die zulässigen Klagen zutreffend entschieden, daß die Kläger nicht in der Krankenversicherung der Landwirte (KVdL) versichert sind.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG sind in der KVdL versichert Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Weinbaues, deren Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen Unternehmer, eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage bildet. Gemäß der Begriffsdefinition des § 2 Abs. 2 Satz 1 KVLG ist Unternehmer derjenige, für dessen Rechnung das Unternehmen geht bzw. der am Risiko (Gewinn und Verlust) unmittelbar beteiligt ist. Daran fehlt es bei Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder KG, da hier die Gesellschaft Träger von Rechten und Pflichten ist (vgl. BSG SozR Nr. 9 zu § 1 GAL a.F.; SozR Nrn. 3 und 5 zu § 1 GAL 1965). Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG in der ab 1. Juli 1976 maßgebenden Fassung des KELG vom 13. Mai 1976 (BGBl. I, S. 1197) gelten nunmehr jedoch auch Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, die ein landwirtschaftliches Unternehmern betreibt, als landwirtschaftliche Unternehmer, sofern sie 1. hauptberuflich außerhalb eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Unternehmen tätig sind oder 2. in das Unternehmen Flächen eingebracht haben, die im Zeitpunkt der Einbringung eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage bilden und von ihnen bis zu diesem Zeitpunkt mindestens ein Jahr als landwirtschaftliche Unternehmer bewirtschaftet worden sind. Sie sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG auch als Versicherungspflichtige Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG anzusehen, wenn das von der Gesellschaft bewirtschaftete landwirtschaftliche Unternehmen – wie hier – bei abstrakter Betrachtungsweise eine Existenzgrundlage bildet, d.h. die von der landwirtschaftlichen Alterskasse festgesetzte Mindestgröße erreicht wird (vgl. BSG SozR 5850 § 1 Nr. 2); auf den Umfang des Geschäftsanteils kommt es nicht an (vgl. dazu auch BSG SozR Nr. 5 zu § 1 GAL, 1965; SozR 5850 § 41 Nr. 5). Die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG bildet ebenso wie die im gleichen Zuge erfolgte Änderung des § 1 Abs. 3 Satz 2 GAL die sozialrechtliche Ergänzung zur Änderung des § 3 des Handelsgesetzbuches (HGB) durch das KELG, mit der für die nicht als Handelsgewerbe geltenden landwirtschaftlichen Unternehmen die Möglichkeit einer Eintragung ins Handelsregister und damit der Zugang zur Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft eröffnet wurde. Zuvor konnten Land- und Forstwirte sich nur mit ihrem Nebenbetrieb dem Handelsrecht unterstellen; eine KG und OHG konnte einen Betrieb der Land- oder Forstwirtschaft nur neben ihrem Handelsgewerbe zusätzlich als sonstigen Nebenbetrieb führen (BSG SozR Nr. 9 zu § 1 GAL a.F.). Nach der Begründung zum Entwurf des KELG (Bundestagsdrucksache 7/3918, S. 6 ff.) ist es Zweck der gesetzlichen Neuregelung, in der Landwirtschaft die Bildung und Entwicklung von Kooperationen mit höherer Integrationsstufe zu fördern. Um die Brauchbarkeit der Rechtsform der OHG und KG für Zusammenschlüsse landwirtschaftlicher Unternehmen zu gewährleisten, sollten die dazu bereiten Landwirte durch Erweiterung des Unternehmerbegriffs im Sinne des GAL und KVLG ohne Rücksicht auf die Rechtsform sozialrechtlich die gleiche Rechtsstellung erhalten, wie sie auch sonst der einzelne Landwirt hat. Mit der ersten Alternative des § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG und § 1 Abs. 3 Satz 2 GAL – den hauptberuflich außerhalb eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im landwirtschaftlichen Unternehmen tätigen Personen – sollten insoweit "die Personen erfaßt werden, die hauptberufliche Land- oder Forstwirte sind”; durch die Einbeziehung früherer land- oder forstwirtschaftlicher Unternehmer auch ohne weitere hauptberufliche Tätigkeit im gemeinsamen Unternehmen (2. Alternative des § 2 Satz 2 KVLG und § 1 Abs. 3 Satz 2 GAL) sollte hingegen vermieden werden, daß Einzelunternehmer von einer Beteiligung an einem gemeinsam betriebenen Unternehmen aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen absehen, und im übrigen das berufliche Ausscheiden aus der Landwirtschaft erleichtert werden (vgl. Bundestagsdrucksache 7/3918, S. 9, 10 Art. 3 zu § 1 GAL, S. 7 I Nr. 4). Im vorliegenden Fall ist die 2. Alternative des § 2 Abs. 2 KVLG unstreitig nicht erfüllt, da keiner der Kläger landwirtschaftliche Flächen in die KG eingebracht hat, sondern diese von der KG selbst erworben wurden. Aber auch die erste der genannten Alternativen trifft auf die Kläger nicht zu, weil sie nicht hauptberuflich in einem landwirtschaftlichen Unternehmen tätig sind und waren, das von der KG betrieben wird.
Bei der Firma A. & Co. handelt es sich um ein unter einheitlicher Leitung und Verfügungsgewalt stehendes Gesamtunternehmen mit einer Weinbrennerei als Hauptbetrieb und einem auf Bodenbewirtschaftung beruhenden und deshalb landwirtschaftlichen Nebenbetrieb. Die Weinbrennerei ist kein landwirtschaftliches Unternehmen und auch kein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb im Sinne von § 779 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), weil es schon an der dafür erforderlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Weinbaubetrieb fehlt (vgl. dazu Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl., Bd. II, S. 498). Dieser ist seinerseits zwar nicht nur bloßes Hilfsunternehmen bzw. wesentlicher Bestandteil des gewerblichen Hauptunternehmens mit der Folge, daß unter Umständen – ebenso wie in der Unfallversicherung (§ 647 Abs. 1 Satz 1 RVO –; vgl. dazu BSG SozR RVO § 434 Nrn. 2, 3; SozR RVO § 235 Nr. 3; Brackmann, a.a.O., S. 510) – an eine einheitliche sozialversicherungsrechtliche Behandlung gemäß dem Charakter des Hauptgewerbes zu denken wäre, zumal auch Beschäftigte in einem derartigen Hilfsunternehmen nach der Regelung des § 417 RVO nicht als Beschäftigte in der Landwirtschaft gelten. Da die Unternehmensteile technisch-organisatorisch weitgehend selbständig mit eigenem Personal, eigenen Arbeitsmitteln und eigenständiger Zweckausrichtung geführt werden, stellt der Weinbau vielmehr ein landwirtschaftliches Nebenunternehmen dar, das auch in der Unfallversicherung u.a. seiner Größenordnung nach immer dem landwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen wäre (§§ 643, 644 RVO; vgl. dazu im übrigen BSG SozR 2200 § 646 Nr. 1; SozR 2200 § 667 Nr. 3; SozR 2200 § 776 Nr. 1; Brackmann, a.a.O., S. 509 f). Daß der gewonnene Wein im Freundeskreis und zum eigenen Bedarf verwendet wird, steht dem nicht entgegen (vgl. Urteil des BSG vom 3. Dezember 1981 – 11 RLw 2/80 –). Nach dem dargelegten Sinn und Zweck der Neuregelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG und § 1 Abs. 3 Satz 2 GAL und dem Zusammenhang mit den handelsrechtlichen Vorschriften muß gleichwohl zweifelhaft sein, ob es sich um ein von einer Personenhandelsgesellschaft "betriebenes” landwirtschaftliches Unternehmen im Sinne dieser Bestimmung handelt oder ob ein solches nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nur dann vorliegt, wenn das landwirtschaftliche Unternehmen als Handelsgewerbe auch Betriebszweck der KG oder OHG im Sinne der §§ 105, 161 HGB ist, was die – konstitutive – Eintragung in das Handelsregister voraussetzt. Denn ohne diese Eintragung kann der Zweck einer KG oder OHG nach wie vor nicht allein auf den "Betrieb” eines land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens gerichtet sein. Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber bei seiner Regelung auch Personenhandelsgesellschaften im Auge hatte, die neben dem Betrieb eines Grundhandelsgewerbes ein landwirtschaftliches Unternehmen lediglich mitführten, bestehen nicht, zumal auch der Schutzzweck der sozialrechtlichen Neuerungen auf Gesellschafter derartiger Unternehmen grundsätzlich nicht zutrifft, wie schon das SG dargelegt hat. Die Frage, ob der Begriff "ein landwirtschaftliches Unternehmen betreiben” in § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG im Sinne der Begriffe "Betrieb eines Handelsgewerbes” gemäß §§ 105 und 161 HGB auszulegen ist, kann hier jedoch letztlich unentschieden bleiben, weil die Kläger zumindest nicht "hauptberuflich” in dem landwirtschaftlichen Unternehmen tätig waren und sind.
Das SG hat zutreffend ausgeführt, daß es nach dem Wortlaut, Zusammenhang sowie Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG auf eine konkrete Tätigkeit der Gesellschafter in dem landwirtschaftlichen Unternehmen ankommt (so auch Urteil des BSG vom 15. November 1979 – 11 RK 6/78 – = SozR 5420 § 2 Nr. 15). Diese liegt dann vor, wenn dort Arbeiten für das Unternehmen verrichtet werden. Das kann auch durch die Ausübung von Leitungsfunktionen geschehen, die dem landwirtschaftlichen Unternehmen dienen; denn nicht die Art, sondern die Zugehörigkeit der Tätigkeit zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen ist für deren "landwirtschaftlichen Charakter” entscheidend (Urteil des BSG vom 15. November 1979, a.a.O.; vgl. auch BSG SozR RVO § 434 Nr. 2; Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 3 zu § 788). Insofern liegt eine Tätigkeit der Kläger im landwirtschaftlichen Unternehmen vor, weil sich ihre Leitungsfunktion auf alle Geschäfte der KG erstreckt und damit auch den landwirtschaftlichen Betriebszweig umfaßt. Sie vollzog sich ferner außerhalb eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses (Brackmann, a.a.O., Bd. II, S. 470 o m.w.N.). Der Umstand, daß die Tätigkeit für das landwirtschaftliche Unternehmen im Rahmen des sich auf das Gesamtunternehmen erstreckenden Hauptberufes ausgeübt wird, reicht entgegen der Auffassung der Beklagten indes nicht aus, das Erfordernis einer "hauptberuflichen Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen” zu erfüllen. Zwar hat das BSG in seinem Urteil vom 15. November 1979 (a.a.O.) in einem gleichgelagerten Fall in dieser Weise entschieden und dazu ausgeführt, daß unter derartigen Umständen nicht mehrere Berufe ausgeübt würden, die einander als Haupt- und Nebenberuf gegenübergestellt werden könnten (so im Ergebnis auch Noell, Die Altershilfe für Landwirte, 9. Aufl., S. 119). Nach Überzeugung des Senats wird diese Betrachtung dem Sinn und Zweck des Begriffs der hauptberuflichen Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen in § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG jedoch nicht gerecht.
Der Begriff "hauptberuflich” wird ebenso wie z.B. in § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL 1972 inhaltlich nicht durch das Vorhandensein einer landwirtschaftlichen Existenzgrundlage ausgefüllt. Er dient vielmehr erkennbar der Abgrenzung aller vom Gesellschafter außerhalb des landwirtschaftlichen Unternehmens ausgeübten Tätigkeiten und der Feststellung, ob der landwirtschaftlichen Tätigkeit danach das Übergewicht zukommt. Denn wie bereits anhand der Gesetzesmaterialien dargestellt wurde, soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers gewährleistet werden, daß nur die Personen erfaßt werden, die "hauptberufliche Land- oder Forstwirte” sind. Für seine Auslegung kann deshalb allein maßgebend sein, ob und in welchem Umfang der im landwirtschaftlichen Unternehmen tätige Gesellschafter noch andere Tätigkeiten verrichtet. Abzugrenzen sind dabei einmal alle anderen Berufe bzw. alle weiteren rechtlich selbständigen oder unselbständigen Tätigkeiten. Daneben ist jedoch nach dem Zweck der Versicherung in der KVdL jede andere Tätigkeit, die nicht im landwirtschaftlichen Betrieb ausgeübt bzw. diesem als wesentlich dienend zugeordnet werden kann, eine andere Tätigkeit, die der landwirtschaftlichen gegenübertritt. Auf die Rechtsform des Unternehmens und das der jeweiligen Tätigkeit zugrunde liegende Rechtsverhältnis kommt es hingegen nicht an. Das ist auch sonst (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 24) und insbesondere auch im Rahmen der Auslegung des Begriffs des "überwiegend hauptberuflichen landwirtschaftlichen Unternehmers” im Sinne von § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL 1972 anerkannt. So hat der 11. Senat des BSG in seinem Urteil vom 22. Juni 1978 – 11 RLw 3/77 – (= SozR 5850 § 41 GAL Nr. 9) ausgeführt, daß eine weitere Tätigkeit der landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit nicht allein deshalb als eine beruflich deutlich andere gegenüberzustellen ist, weil sie in rechtlich verselbständigt er Form ausgeübt wird, und für die Feststellung des Merkmals "hauptberuflich” darauf abgestellt, ob der landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit das Übergewicht zugesprochen werden kann. Umgekehrt wird eine für eine andere selbständige technisch-organisatorische Einheit eines Gesamtunternehmens (Haupt- oder Nebenbetrieb) verrichtete Tätigkeit nicht deshalb zu derselben – landwirtschaftlichen – Tätigkeit, nur weil sie auf demselben Rechtsverhältnis beruht. Ausgehend davon kann auch bei der Ausübung von Gesamtleitungsfunktionen für ein Gesamtunternehmen eine hauptberufliche Tätigkeit im organisatorisch getrennten landwirtschaftlichen Unternehmensteil dann nicht angenommen werden, wenn die andere nicht landwirtschaftliche Tätigkeit zeitlich überwiegt (vgl. BSG SozR 5420 § 2 Nr. 10) oder wenn sie – wie es im Rahmen des § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL für weitere rechtlich selbständige Tätigkeiten anerkannt ist (vgl. BSG SozR 5850 § 41 GAL Nrn. 2, 3; Urteil des BSG vom 11. Februar 1982 – 11 RLw 3/81) – bei einer Gesamtschau der Verhältnisse unabhängig vom Zeitaufwand und erzielten Entgelt so beschaffen ist, daß gleichartige Tätige davon üblicherweise ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten. Alles dies ist im Hinblick auf die Tätigkeit der Kläger im gewerblichen Haupt unternehmen "Weinbrennerei” nach der Größe und Aufgabenstellung dieses Unternehmensteils und dem dadurch vorgegebenen Umfang der insoweit wahrzunehmenden Leitungsfunktionen aber zu bejahen. Außerdem ergibt auch eine Gegenüberstellung der Unternehmensteile, daß die Kläger in dem landwirtschaftlichen Nebenunternehmen entsprechend dessen völlig untergeordneter und nebensächlicher Stellung im Gesamtunternehmen nur nebenher und in weitaus geringerem Umfang beansprucht werden. Selbst wenn die weitgehende organisatorisch-technische Verselbständigung und Trennbarkeit der Unternehmensteile nicht als ausreichende Grundlage auch für eine Abgrenzung der darauf bezogenen Leitungsfunktionen der Kläger angesehen würde, änderte dies im Ergebnis nichts. Denn die Unmöglichkeit einer Trennung der "beruflichen” Tätigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht kann nur bedeuten, daß auf das Gesamterscheinungsbild bzw. darauf abzustellen ist, welche Tätigkeit der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt, ihren Charakter bestimmt; die versicherungsrechtliche Behandlung hat dann einheitlich nach der prägenden Tätigkeit zu erfolgen. So ist auch zu verfahren, wenn es darum geht, z.B. die Angestellteneigenschaft eines Versicherten (BSG SozR RVO § 1227 Nr. 3) oder den Ausbildungs- oder Beschäftigungscharakter einer Tätigkeit zu bestimmen ist (BSG SozR 2200 § 1229 Nr. 7). Auch nach diesem Gesamterscheinungsbild sind die Kläger jedoch eindeutig nicht hauptberufliche landwirtschaftliche Unternehmer, sondern hauptberufliche gewerbliche Unternehmer.
Sofern Weinbrennerei und Weinbau jeweils selbständig von einer KG betrieben würden und die Kläger persönlich haftende Gesellschafter und Geschäftsführer in beiden Unternehmen wären, könnte dieses Ergebnis auch nicht zweifelhaft nein. Versicherungspflicht in der KVdL wäre hier nur anzunehmen, wenn die Tätigkeit in einem eine Existenzgrundlage bildenden landwirtschaftlichen Unternehmen als solche ausreichte. Das ist nach dem Gesetz aber nicht der Fall, sondern es wird – wie auch vom BSG in seinem Urteil vom 15. November 1979 (a.a.O.) hervorgehoben wurde – gerade eine "hauptberufliche” Tätigkeit des Gesellschafters verlangt. Wenn das BSG in der genannten Entscheidung diese Voraussetzung bei der Ausübung von Gesamtleitungsfunktionen für ein Gesamtunternehmen mit landwirtschaftlichem Unternehmensteil ohne weiteres für gegeben ansieht, läßt es im Ergebnis jedoch ausreichen, daß ein – betriebswirtschaftlicher – "Hauptberuf” auch im landwirtschaftlichen Unternehmen ausgeübt wird. Nach Auffassung des Senats muß für den Begriff der hauptberuflichen Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen, durch den der "hauptberufliche Land- oder Forstwirt” ermittelt werden soll, hingegen immer auf die landwirtschaftliche Tätigkeit, die den Beruf des landwirtschaftlichen Unternehmers ausmacht (vgl. auch Urteil des BSG vom 11. Februar 1982 – 11 RLw 3/81 –), und deren Übergewicht im Verhältnis zu anderen – u.a. gewerblichen – Tätigkeiten abgestellt werden, wie dargelegt wurde.
Danach konnten die Berufungen der Beklagten keinen Erfolg haben. Ob das Fehlen einer Befreiungsmöglichkeit für die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KVLG versicherten Personen in den Übergangsvorschriften des KELG verfassungsgemäß ist (bejahend BSG SozR 5420 § 2 Nr. 15), war nicht mehr zu entscheiden.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
II. Die Beklagte hat den Klägern die außergerichtlichen Kosten auch des
Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Versicherungs- und Beitragspflicht der Kläger zur landwirtschaftlichen Krankenkasse.
Die Kläger sind zwei von insgesamt drei Geschäftsführern und Komplementären der Firma A. & Co. in R. am R., einer Kommanditgesellschaft (KG). Zweck der KG ist der Betrieb einer Weinbrennerei. Daneben ist sie Eigentümerin von insgesamt 4,29 ha landwirtschaftlichen Flächen, wovon 3,55 ha auf den Weinbau entfallen. Diese von der KG erworbenen Nutzflächen bilden eine Existenzgrundlage im Sinne des § 1 Abs. 4 des Gesetzes über die Altershilfe für Landwirte (GAL). Das landwirtschaftliche Unternehmen wird unter der Leitung eines Fachmannes für Weinbau als eigenständige Abteilung der Firma A. mit eigenen Arbeitsmitteln und einigen Arbeitskräften geführt, die hauptsächlich im Weinbau beschäftigt sind. Der gewonnene Wein wird im Freundeskreis und zum eigenen Bedarf verwendet; die Brennerei deckt ihren Bedarf mit französischen Brennweinen.
Durch Bescheide vom 19. Oktober 1977 teilte die Beklagte den Klägern mit, daß sie in Auswirkung des Gesetzes über die Kaufmannseigenschaft von Land- und Forstwirten und den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters (KELG) vom 13. Mai 1976 gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG) seit 1. Juli 1976 krankenversicherungspflichtig seien und ab 1. Oktober 1977 monatlich Beiträge nach der Beitragsklasse 3 in Höhe von 171,– DM zu zahlen hätten. Die Widersprüche der Kläger wies sie durch Widerspruchsbescheide vom 10. April 1978 als unbegründet zurück.
Durch Urteile vom 13. Mai 1981 (S-2/Kr-17/78 und S-2/Kr-18/78) hat das Sozialgericht (SG) Wiesbaden unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide festgestellt, daß die Kläger nicht Mitglied der Beklagten seien. Zur Begründung hat es jeweils ausgeführt: Die Kläger seien nicht gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG in der Fassung des KELG als landwirtschaftliche Unternehmer anzusehen, weil sie weder landwirtschaftliche Flächen eingebracht noch "hauptberuflich” in dem lediglich nebenher und ohne besondere wirtschaftliche Bedeutung betriebenen landwirtschaftlichen Unternehmensteil tätig seien. Sinn der gesetzlichen Neuregelung sei es nicht, Manager und andere in der gewerblichen Wirtschaft tätige Personen, deren Berufe in keiner Weise mehr dem des Leitbilds des landwirtschaftlichen Unternehmers entsprächen, kraft Gesetzes zu "Landwirten wider Willen” zu machen.
Gegen die ihr am 2. Juni 1981 zugestellten Urteile hat die Beklagte jeweils am 24. Juni 1981 Berufung eingelegt. Sie bezieht sich auf das Urteil des Bundes Sozialgerichts (BSG) vom 15. November 1979 – 11 RK 6/78 –. Danach sei eine hauptberufliche Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG auch dann anzunehmen, wenn im Gesamtunternehmen Leitungsfunktionen verrichtet würden, die dem landwirtschaftlichen Unternehmen dienten. Auf deren Umfang im Rahmen der Tätigkeit für das Gesamtunternehmen komme es nicht an.
Der Senat hat die Streitsachen im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 31. März 1982 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter dem Aktenzeichen L-8/Kr-731/81 verbunden.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Wiesbaden vom 13. Mai 1981 (S-2/Kr-17/78 und S-2/Kr-18/78) aufzuheben und die Klagen abzuweisen, hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Die Kläger beantragen,
die Berufungen gegen die Urteile des Sozialgerichts Wiesbaden vom 13. Mai 1981 (S-2/Kr-17/78 und S-2/Kr-18/78) zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtenen Urteile für zutreffend. Sofern gleichwohl die Versicherungspflicht zu bejahen sei, sei das Verfahren gemäß Artikel 100 Grundgesetz (GG) auszusetzen. Denn es verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz, daß der Gesetzgeber für die fiktiven landwirtschaftlichen Unternehmer im KELG keine der Regelung des § 94 KVLG entsprechende Befreiungsmöglichkeit vorgesehen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der Kassenakten der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthaften, form- und fristgerecht eingelegten Berufungen sind zulässig (§§ 143 ff., 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–). Sie sind jedoch unbegründet. Das SG hat auf die zulässigen Klagen zutreffend entschieden, daß die Kläger nicht in der Krankenversicherung der Landwirte (KVdL) versichert sind.
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG sind in der KVdL versichert Unternehmer der Land- und Forstwirtschaft einschließlich des Weinbaues, deren Unternehmen, unabhängig vom jeweiligen Unternehmer, eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage bildet. Gemäß der Begriffsdefinition des § 2 Abs. 2 Satz 1 KVLG ist Unternehmer derjenige, für dessen Rechnung das Unternehmen geht bzw. der am Risiko (Gewinn und Verlust) unmittelbar beteiligt ist. Daran fehlt es bei Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft (OHG) oder KG, da hier die Gesellschaft Träger von Rechten und Pflichten ist (vgl. BSG SozR Nr. 9 zu § 1 GAL a.F.; SozR Nrn. 3 und 5 zu § 1 GAL 1965). Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG in der ab 1. Juli 1976 maßgebenden Fassung des KELG vom 13. Mai 1976 (BGBl. I, S. 1197) gelten nunmehr jedoch auch Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, die ein landwirtschaftliches Unternehmern betreibt, als landwirtschaftliche Unternehmer, sofern sie 1. hauptberuflich außerhalb eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im Unternehmen tätig sind oder 2. in das Unternehmen Flächen eingebracht haben, die im Zeitpunkt der Einbringung eine auf Bodenbewirtschaftung beruhende Existenzgrundlage bilden und von ihnen bis zu diesem Zeitpunkt mindestens ein Jahr als landwirtschaftliche Unternehmer bewirtschaftet worden sind. Sie sind bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG auch als Versicherungspflichtige Unternehmer im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 KVLG anzusehen, wenn das von der Gesellschaft bewirtschaftete landwirtschaftliche Unternehmen – wie hier – bei abstrakter Betrachtungsweise eine Existenzgrundlage bildet, d.h. die von der landwirtschaftlichen Alterskasse festgesetzte Mindestgröße erreicht wird (vgl. BSG SozR 5850 § 1 Nr. 2); auf den Umfang des Geschäftsanteils kommt es nicht an (vgl. dazu auch BSG SozR Nr. 5 zu § 1 GAL, 1965; SozR 5850 § 41 Nr. 5). Die Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG bildet ebenso wie die im gleichen Zuge erfolgte Änderung des § 1 Abs. 3 Satz 2 GAL die sozialrechtliche Ergänzung zur Änderung des § 3 des Handelsgesetzbuches (HGB) durch das KELG, mit der für die nicht als Handelsgewerbe geltenden landwirtschaftlichen Unternehmen die Möglichkeit einer Eintragung ins Handelsregister und damit der Zugang zur Rechtsform der Personenhandelsgesellschaft eröffnet wurde. Zuvor konnten Land- und Forstwirte sich nur mit ihrem Nebenbetrieb dem Handelsrecht unterstellen; eine KG und OHG konnte einen Betrieb der Land- oder Forstwirtschaft nur neben ihrem Handelsgewerbe zusätzlich als sonstigen Nebenbetrieb führen (BSG SozR Nr. 9 zu § 1 GAL a.F.). Nach der Begründung zum Entwurf des KELG (Bundestagsdrucksache 7/3918, S. 6 ff.) ist es Zweck der gesetzlichen Neuregelung, in der Landwirtschaft die Bildung und Entwicklung von Kooperationen mit höherer Integrationsstufe zu fördern. Um die Brauchbarkeit der Rechtsform der OHG und KG für Zusammenschlüsse landwirtschaftlicher Unternehmen zu gewährleisten, sollten die dazu bereiten Landwirte durch Erweiterung des Unternehmerbegriffs im Sinne des GAL und KVLG ohne Rücksicht auf die Rechtsform sozialrechtlich die gleiche Rechtsstellung erhalten, wie sie auch sonst der einzelne Landwirt hat. Mit der ersten Alternative des § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG und § 1 Abs. 3 Satz 2 GAL – den hauptberuflich außerhalb eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses im landwirtschaftlichen Unternehmen tätigen Personen – sollten insoweit "die Personen erfaßt werden, die hauptberufliche Land- oder Forstwirte sind”; durch die Einbeziehung früherer land- oder forstwirtschaftlicher Unternehmer auch ohne weitere hauptberufliche Tätigkeit im gemeinsamen Unternehmen (2. Alternative des § 2 Satz 2 KVLG und § 1 Abs. 3 Satz 2 GAL) sollte hingegen vermieden werden, daß Einzelunternehmer von einer Beteiligung an einem gemeinsam betriebenen Unternehmen aus sozialversicherungsrechtlichen Gründen absehen, und im übrigen das berufliche Ausscheiden aus der Landwirtschaft erleichtert werden (vgl. Bundestagsdrucksache 7/3918, S. 9, 10 Art. 3 zu § 1 GAL, S. 7 I Nr. 4). Im vorliegenden Fall ist die 2. Alternative des § 2 Abs. 2 KVLG unstreitig nicht erfüllt, da keiner der Kläger landwirtschaftliche Flächen in die KG eingebracht hat, sondern diese von der KG selbst erworben wurden. Aber auch die erste der genannten Alternativen trifft auf die Kläger nicht zu, weil sie nicht hauptberuflich in einem landwirtschaftlichen Unternehmen tätig sind und waren, das von der KG betrieben wird.
Bei der Firma A. & Co. handelt es sich um ein unter einheitlicher Leitung und Verfügungsgewalt stehendes Gesamtunternehmen mit einer Weinbrennerei als Hauptbetrieb und einem auf Bodenbewirtschaftung beruhenden und deshalb landwirtschaftlichen Nebenbetrieb. Die Weinbrennerei ist kein landwirtschaftliches Unternehmen und auch kein landwirtschaftlicher Nebenbetrieb im Sinne von § 779 Abs. 1 Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), weil es schon an der dafür erforderlichen wirtschaftlichen Abhängigkeit vom Weinbaubetrieb fehlt (vgl. dazu Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 9. Aufl., Bd. II, S. 498). Dieser ist seinerseits zwar nicht nur bloßes Hilfsunternehmen bzw. wesentlicher Bestandteil des gewerblichen Hauptunternehmens mit der Folge, daß unter Umständen – ebenso wie in der Unfallversicherung (§ 647 Abs. 1 Satz 1 RVO –; vgl. dazu BSG SozR RVO § 434 Nrn. 2, 3; SozR RVO § 235 Nr. 3; Brackmann, a.a.O., S. 510) – an eine einheitliche sozialversicherungsrechtliche Behandlung gemäß dem Charakter des Hauptgewerbes zu denken wäre, zumal auch Beschäftigte in einem derartigen Hilfsunternehmen nach der Regelung des § 417 RVO nicht als Beschäftigte in der Landwirtschaft gelten. Da die Unternehmensteile technisch-organisatorisch weitgehend selbständig mit eigenem Personal, eigenen Arbeitsmitteln und eigenständiger Zweckausrichtung geführt werden, stellt der Weinbau vielmehr ein landwirtschaftliches Nebenunternehmen dar, das auch in der Unfallversicherung u.a. seiner Größenordnung nach immer dem landwirtschaftlichen Bereich zuzuordnen wäre (§§ 643, 644 RVO; vgl. dazu im übrigen BSG SozR 2200 § 646 Nr. 1; SozR 2200 § 667 Nr. 3; SozR 2200 § 776 Nr. 1; Brackmann, a.a.O., S. 509 f). Daß der gewonnene Wein im Freundeskreis und zum eigenen Bedarf verwendet wird, steht dem nicht entgegen (vgl. Urteil des BSG vom 3. Dezember 1981 – 11 RLw 2/80 –). Nach dem dargelegten Sinn und Zweck der Neuregelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG und § 1 Abs. 3 Satz 2 GAL und dem Zusammenhang mit den handelsrechtlichen Vorschriften muß gleichwohl zweifelhaft sein, ob es sich um ein von einer Personenhandelsgesellschaft "betriebenes” landwirtschaftliches Unternehmen im Sinne dieser Bestimmung handelt oder ob ein solches nach den Vorstellungen des Gesetzgebers nur dann vorliegt, wenn das landwirtschaftliche Unternehmen als Handelsgewerbe auch Betriebszweck der KG oder OHG im Sinne der §§ 105, 161 HGB ist, was die – konstitutive – Eintragung in das Handelsregister voraussetzt. Denn ohne diese Eintragung kann der Zweck einer KG oder OHG nach wie vor nicht allein auf den "Betrieb” eines land- oder forstwirtschaftlichen Unternehmens gerichtet sein. Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber bei seiner Regelung auch Personenhandelsgesellschaften im Auge hatte, die neben dem Betrieb eines Grundhandelsgewerbes ein landwirtschaftliches Unternehmen lediglich mitführten, bestehen nicht, zumal auch der Schutzzweck der sozialrechtlichen Neuerungen auf Gesellschafter derartiger Unternehmen grundsätzlich nicht zutrifft, wie schon das SG dargelegt hat. Die Frage, ob der Begriff "ein landwirtschaftliches Unternehmen betreiben” in § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG im Sinne der Begriffe "Betrieb eines Handelsgewerbes” gemäß §§ 105 und 161 HGB auszulegen ist, kann hier jedoch letztlich unentschieden bleiben, weil die Kläger zumindest nicht "hauptberuflich” in dem landwirtschaftlichen Unternehmen tätig waren und sind.
Das SG hat zutreffend ausgeführt, daß es nach dem Wortlaut, Zusammenhang sowie Sinn und Zweck des § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG auf eine konkrete Tätigkeit der Gesellschafter in dem landwirtschaftlichen Unternehmen ankommt (so auch Urteil des BSG vom 15. November 1979 – 11 RK 6/78 – = SozR 5420 § 2 Nr. 15). Diese liegt dann vor, wenn dort Arbeiten für das Unternehmen verrichtet werden. Das kann auch durch die Ausübung von Leitungsfunktionen geschehen, die dem landwirtschaftlichen Unternehmen dienen; denn nicht die Art, sondern die Zugehörigkeit der Tätigkeit zu einem landwirtschaftlichen Unternehmen ist für deren "landwirtschaftlichen Charakter” entscheidend (Urteil des BSG vom 15. November 1979, a.a.O.; vgl. auch BSG SozR RVO § 434 Nr. 2; Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., Anm. 3 zu § 788). Insofern liegt eine Tätigkeit der Kläger im landwirtschaftlichen Unternehmen vor, weil sich ihre Leitungsfunktion auf alle Geschäfte der KG erstreckt und damit auch den landwirtschaftlichen Betriebszweig umfaßt. Sie vollzog sich ferner außerhalb eines rentenversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses (Brackmann, a.a.O., Bd. II, S. 470 o m.w.N.). Der Umstand, daß die Tätigkeit für das landwirtschaftliche Unternehmen im Rahmen des sich auf das Gesamtunternehmen erstreckenden Hauptberufes ausgeübt wird, reicht entgegen der Auffassung der Beklagten indes nicht aus, das Erfordernis einer "hauptberuflichen Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen” zu erfüllen. Zwar hat das BSG in seinem Urteil vom 15. November 1979 (a.a.O.) in einem gleichgelagerten Fall in dieser Weise entschieden und dazu ausgeführt, daß unter derartigen Umständen nicht mehrere Berufe ausgeübt würden, die einander als Haupt- und Nebenberuf gegenübergestellt werden könnten (so im Ergebnis auch Noell, Die Altershilfe für Landwirte, 9. Aufl., S. 119). Nach Überzeugung des Senats wird diese Betrachtung dem Sinn und Zweck des Begriffs der hauptberuflichen Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen in § 2 Abs. 2 Satz 2 KVLG jedoch nicht gerecht.
Der Begriff "hauptberuflich” wird ebenso wie z.B. in § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL 1972 inhaltlich nicht durch das Vorhandensein einer landwirtschaftlichen Existenzgrundlage ausgefüllt. Er dient vielmehr erkennbar der Abgrenzung aller vom Gesellschafter außerhalb des landwirtschaftlichen Unternehmens ausgeübten Tätigkeiten und der Feststellung, ob der landwirtschaftlichen Tätigkeit danach das Übergewicht zukommt. Denn wie bereits anhand der Gesetzesmaterialien dargestellt wurde, soll nach den Vorstellungen des Gesetzgebers gewährleistet werden, daß nur die Personen erfaßt werden, die "hauptberufliche Land- oder Forstwirte” sind. Für seine Auslegung kann deshalb allein maßgebend sein, ob und in welchem Umfang der im landwirtschaftlichen Unternehmen tätige Gesellschafter noch andere Tätigkeiten verrichtet. Abzugrenzen sind dabei einmal alle anderen Berufe bzw. alle weiteren rechtlich selbständigen oder unselbständigen Tätigkeiten. Daneben ist jedoch nach dem Zweck der Versicherung in der KVdL jede andere Tätigkeit, die nicht im landwirtschaftlichen Betrieb ausgeübt bzw. diesem als wesentlich dienend zugeordnet werden kann, eine andere Tätigkeit, die der landwirtschaftlichen gegenübertritt. Auf die Rechtsform des Unternehmens und das der jeweiligen Tätigkeit zugrunde liegende Rechtsverhältnis kommt es hingegen nicht an. Das ist auch sonst (vgl. z.B. BSG SozR 2200 § 1227 Nr. 24) und insbesondere auch im Rahmen der Auslegung des Begriffs des "überwiegend hauptberuflichen landwirtschaftlichen Unternehmers” im Sinne von § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL 1972 anerkannt. So hat der 11. Senat des BSG in seinem Urteil vom 22. Juni 1978 – 11 RLw 3/77 – (= SozR 5850 § 41 GAL Nr. 9) ausgeführt, daß eine weitere Tätigkeit der landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit nicht allein deshalb als eine beruflich deutlich andere gegenüberzustellen ist, weil sie in rechtlich verselbständigt er Form ausgeübt wird, und für die Feststellung des Merkmals "hauptberuflich” darauf abgestellt, ob der landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit das Übergewicht zugesprochen werden kann. Umgekehrt wird eine für eine andere selbständige technisch-organisatorische Einheit eines Gesamtunternehmens (Haupt- oder Nebenbetrieb) verrichtete Tätigkeit nicht deshalb zu derselben – landwirtschaftlichen – Tätigkeit, nur weil sie auf demselben Rechtsverhältnis beruht. Ausgehend davon kann auch bei der Ausübung von Gesamtleitungsfunktionen für ein Gesamtunternehmen eine hauptberufliche Tätigkeit im organisatorisch getrennten landwirtschaftlichen Unternehmensteil dann nicht angenommen werden, wenn die andere nicht landwirtschaftliche Tätigkeit zeitlich überwiegt (vgl. BSG SozR 5420 § 2 Nr. 10) oder wenn sie – wie es im Rahmen des § 41 Abs. 1 Buchst. d GAL für weitere rechtlich selbständige Tätigkeiten anerkannt ist (vgl. BSG SozR 5850 § 41 GAL Nrn. 2, 3; Urteil des BSG vom 11. Februar 1982 – 11 RLw 3/81) – bei einer Gesamtschau der Verhältnisse unabhängig vom Zeitaufwand und erzielten Entgelt so beschaffen ist, daß gleichartige Tätige davon üblicherweise ihren Lebensunterhalt bestreiten könnten. Alles dies ist im Hinblick auf die Tätigkeit der Kläger im gewerblichen Haupt unternehmen "Weinbrennerei” nach der Größe und Aufgabenstellung dieses Unternehmensteils und dem dadurch vorgegebenen Umfang der insoweit wahrzunehmenden Leitungsfunktionen aber zu bejahen. Außerdem ergibt auch eine Gegenüberstellung der Unternehmensteile, daß die Kläger in dem landwirtschaftlichen Nebenunternehmen entsprechend dessen völlig untergeordneter und nebensächlicher Stellung im Gesamtunternehmen nur nebenher und in weitaus geringerem Umfang beansprucht werden. Selbst wenn die weitgehende organisatorisch-technische Verselbständigung und Trennbarkeit der Unternehmensteile nicht als ausreichende Grundlage auch für eine Abgrenzung der darauf bezogenen Leitungsfunktionen der Kläger angesehen würde, änderte dies im Ergebnis nichts. Denn die Unmöglichkeit einer Trennung der "beruflichen” Tätigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht kann nur bedeuten, daß auf das Gesamterscheinungsbild bzw. darauf abzustellen ist, welche Tätigkeit der Gesamttätigkeit das Gepräge gibt, ihren Charakter bestimmt; die versicherungsrechtliche Behandlung hat dann einheitlich nach der prägenden Tätigkeit zu erfolgen. So ist auch zu verfahren, wenn es darum geht, z.B. die Angestellteneigenschaft eines Versicherten (BSG SozR RVO § 1227 Nr. 3) oder den Ausbildungs- oder Beschäftigungscharakter einer Tätigkeit zu bestimmen ist (BSG SozR 2200 § 1229 Nr. 7). Auch nach diesem Gesamterscheinungsbild sind die Kläger jedoch eindeutig nicht hauptberufliche landwirtschaftliche Unternehmer, sondern hauptberufliche gewerbliche Unternehmer.
Sofern Weinbrennerei und Weinbau jeweils selbständig von einer KG betrieben würden und die Kläger persönlich haftende Gesellschafter und Geschäftsführer in beiden Unternehmen wären, könnte dieses Ergebnis auch nicht zweifelhaft nein. Versicherungspflicht in der KVdL wäre hier nur anzunehmen, wenn die Tätigkeit in einem eine Existenzgrundlage bildenden landwirtschaftlichen Unternehmen als solche ausreichte. Das ist nach dem Gesetz aber nicht der Fall, sondern es wird – wie auch vom BSG in seinem Urteil vom 15. November 1979 (a.a.O.) hervorgehoben wurde – gerade eine "hauptberufliche” Tätigkeit des Gesellschafters verlangt. Wenn das BSG in der genannten Entscheidung diese Voraussetzung bei der Ausübung von Gesamtleitungsfunktionen für ein Gesamtunternehmen mit landwirtschaftlichem Unternehmensteil ohne weiteres für gegeben ansieht, läßt es im Ergebnis jedoch ausreichen, daß ein – betriebswirtschaftlicher – "Hauptberuf” auch im landwirtschaftlichen Unternehmen ausgeübt wird. Nach Auffassung des Senats muß für den Begriff der hauptberuflichen Tätigkeit im landwirtschaftlichen Unternehmen, durch den der "hauptberufliche Land- oder Forstwirt” ermittelt werden soll, hingegen immer auf die landwirtschaftliche Tätigkeit, die den Beruf des landwirtschaftlichen Unternehmers ausmacht (vgl. auch Urteil des BSG vom 11. Februar 1982 – 11 RLw 3/81 –), und deren Übergewicht im Verhältnis zu anderen – u.a. gewerblichen – Tätigkeiten abgestellt werden, wie dargelegt wurde.
Danach konnten die Berufungen der Beklagten keinen Erfolg haben. Ob das Fehlen einer Befreiungsmöglichkeit für die nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KVLG versicherten Personen in den Übergangsvorschriften des KELG verfassungsgemäß ist (bejahend BSG SozR 5420 § 2 Nr. 15), war nicht mehr zu entscheiden.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Zulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.
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