L 5 KR 4244/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 12 KR 5436/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 4244/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. August 2008 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erstattung von Kosten für eine in der G.-Klinik, einer Privatklinik, durchgeführten Bandscheibenoperation.

Der 1961 geborene Kläger ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Er litt an progredienten Lumboischialgien mit Bandscheibenvorfall LWK 4/5 und breitbasiger Bandscheibenprotrusion L 5/S 1 mit bisegmentaler Instabilität.

Am 13. Februar 2006 (Schreiben vom 9. Februar 2006) beantragte der Kläger bei der Beklagten unter Vorlage von Kostenvoranschlägen und einer "Notwendigkeitsbescheinigung" des Neurologen und Neurochirurgen Dr. C. vom 2. Februar 2006 die Kostenübernahme für Operations-, Krankenhaus- und Arztrechnungen für eine geplante Operation in der G.-Klinik in Stuttgart.

Mit Schreiben vom 20. Februar 2006 (Bl. 18 Verwaltungsakte -VA -) teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Kostenübernahme nicht möglich sei, da die G.-Klinik kein zugelassenes Krankenhaus sei, sondern eine reine Privatklinik. Mit dem K.hospital (Klinikum in S.) oder dem D.klinikum S. stünden ausreichend zugelassene Kliniken als Alternative zur Verfügung.

Hiergegen erhob der Kläger am 3. März 2006 Widerspruch, mit der Begründung, andere Krankenhäuser würden die in der G.-Klinik durchgeführte Operation nicht anbieten. Die Alternative, eine Versteifungsoperation, sei von ihm abgelehnt worden.

Ab dem 19. Februar 2006 (bis zum 8. März 2006) wurde der Kläger stationär in der G.-Klinik behandelt. Hierbei wurden am 21. und am 24. Februar 2006 operativ Zwischenwirbelendoprothesen in den Bereichen LWK 4/5 und L 5/S 1 eingesetzt.

Am 17. März 2006 übersandte der Kläger der Beklagten Rechnungen und beantragte die Übernahme der Kosten. Im Einzelnen legte er folgende Rechnungen vor:

- Firma S. (Rechnungsdaten 23., 24. und 27. Februar 2006), Rechnungsbeträge: 1.525,61 EUR, 1.135,06 EUR und 2.465,39 EUR (Bl. 59 ff Verwaltungsakte - VA -) - Dr. C. (Rechnungsdaten jeweils 10. März 2006), Rechnungsbeträge: 11.737,78 EUR (ärztliche Leistungen) und 8.107,35 EUR (Material) (Bl. 50 und 55 VA) - G.-Klinik GmbH (Rechnungsdatum 8. März 2006), Rechnungsbetrag: 21.635 EUR (Bl. 46 VA) - Anästhesiologische Gemeinschaftspraxis Dres. A. und Partner (Rechnungsdatum 8. März 2006), Rechnungsbetrag: 4.236,34 EUR (Bl. 47 VA) - Prof. Dr. Su., Ärztlicher Direktor des Zentralinstituts für Transfusionsmedizin und Blutspendedienst (Rechnungsdatum 17. März 2006), Rechnungsbetrag: 104,84 EUR (Bl. 63 VA) - Prof. Dr. W., Ärztlicher Direktor des Zentralinstituts für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin am Klinikum S. (Rechnungsdatum 16. März 2006), Rechnungsbetrag: 121,91 EUR (Bl. 64 VA).

In dem daraufhin auf Veranlassung der Beklagten erstellten sozialmedizinischen Gutachten vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) durch Dr. Schn. vom 6. April 2004 vertrat dieser die Auffassung, dass die beim Kläger durchgeführte Operation - wie die Alternativbehandlung einer Versteifungsoperation - anerkannt sei und unter anderem im Universitätsklinikum T. durchgeführt werde.

Mit Bescheid vom 18. April 2006 lehnte die Beklagte sodann den Antrag auf Übernahme der Kosten ab und führte zur Begründung aus, dass eine Kostenübernahme nur für Behandlungen möglich sei, die in zugelassenen Krankenhäusern durchgeführt würden. Die G.-Klinik sei jedoch kein zugelassenes Krankenhaus, weswegen die Kosten weder übernommen noch bezuschusst werden dürften.

Dagegen erhob der Kläger Widerspruch und machte geltend, dass andere Kliniken nicht die medizinischen Möglichkeiten der G.-Klinik hätten. Das in der G.-Klinik praktizierte Verfahren sei einzigartig. Durch die Operation seien hohe Folgekosten vermieden worden. Die zu erwartenden Folgen einer Versteifungsoperation seien nicht absehbar gewesen, weswegen er eine solche Operation abgelehnt habe. Er legte in dem Zusammenhang ein Schreiben von Dr. C. vom 5. Mai 2006 vor, in dem dieser angibt, dass die durchgeführte Operation im Universitätsklinikum T. nicht durchgeführt werden könne.

Mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie nochmals aus, dass die G.-Klinik kein zugelassenes Krankenhaus sei und die Durchführung der Operation auch in zugelassenen orthopädischen Kliniken möglich gewesen sei.

Hiergegen hat der Kläger am 25. Juli 2006 Klage vor dem Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben. Zur Begründung hat sein Bevollmächtigter vorgetragen, dass der Kläger seit 2001 unter den schmerzhaften Folgen eines Bandscheibenvorfalles gelitten hätte. Die durchgeführten konservativen Behandlungsversuche hätten keine Linderung gebracht, weswegen die Implantation von Bandscheibenprothesen durchgeführt worden sei. Die hierbei praktizierte Operation sei anderen Behandlungsmaßnahmen überlegen, insbesondere da über den Zugang zum Operationsgebiet über den Bauch die Problematik von Instabilitäten und überschießenden Narbengewebes umgangen würde. Auch sei die Operation wegen des zum Zeitpunkt der Operation durchgeführten Ärztestreikes nicht im Universitätsklinikum T. möglich gewesen. Die Operation habe auch den erhofften Erfolg gebracht. Die Kosten in Höhe von 46.004,75 EUR seien vom Kläger gezahlt worden.

Die Beklagte ist dem entgegen getreten und hat darauf verwiesen, dass die G.-Klinik keinen Versorgungsvertrag abgeschlossen habe. Auch habe sich der Kläger, ohne den Versuch zu unternehmen, eine vertragsärztliche Behandlung durchzuführen, in die G.-Klinik begeben. Eine unaufschiebbare Leistung liege auch in Ansehung eines Ärztestreiks nicht vor. Die Beklagte hat in dem Zusammenhang noch eine sozialmedizinische Stellungnahme von Dr. Schn. vom 12. Januar 2007 vorgelegt, in der er seine vorherige Beurteilung bestätigte.

Das SG hat eine sachverständige Zeugenauskunft bei Dr. C. eingeholt. In seiner Auskunft vom 1. Dezember 2006 (Bl. 25 SG-Akte) hat Dr. C. u. a. mitgeteilt, Anfang Januar 2006 sei es zu einer Beschwerdezunahme gekommen, der Kläger habe über stärkste Lumbago, ausstrahlend über beide Pobacken, über Sensibilitätsstörungen im Bereich des linken Beines geklagt, bei jeder Drehung sei es ihm wie ein Messer ins Kreuz gefahren, er sei nicht mehr in der Lage gewesen, längere Zeit zu stehen, zu sitzen oder zu liegen. Insofern sei bei bekannter Diagnose die Indikation zur operativen Sanierung erfolgt. Weder das K.hospital S. noch die Orthopädische Klinik M. wären außerdem in der Lage gewesen, diesen Eingriff in dieser Art durchzuführen. In einer weiteren vom SG eingeholten Auskunft vom 18. März 2008 hat der Ärztliche Direktors der Orthopädischen Universitätsklinik T. Prof. Dr. Wü. (Bl. 40 SG-Akte) mitgeteilt, dass die im Februar 2006 beim Kläger durchgeführte Operation und alle vergleichbaren Eingriffe an der Bandscheibe auch in der Orthopädischen Universitätsklinik T. angeboten würden. Die Wartezeiten für einen derartigen Eingriff würden ein bis zwei Monate betragen, wobei der Termin für eine stationäre Aufnahme in erster Linie durch die Dringlichkeit der Operation bestimmt werde. Bei entsprechenden Beschwerden wäre im vorliegenden Fall auch eine sehr kurzfristige Aufnahme möglich gewesen. Da dringliche Operationen auch während des Ärztestreiks uneingeschränkt vorgenommen worden seien, sei es im genannten Zeitraum infolge dieses Umstandes nicht zu längeren Wartezeiten gekommen.

Mit Gerichtsbescheid vom 1. August 2008 hat das SG die Klage abgewiesen. Es hat hierbei die Auffassung vertreten, dass die Voraussetzungen für eine Erstattung der dem Kläger entstandenen Behandlungskosten gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) nicht vorliegen würden. Danach seien die Kosten für eine selbst beschaffte Leistung, soweit sie notwendig gewesen sei, in der entstandenen Höhe von der Krankenkasse zu erstatten, wenn sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig habe erbringen können (Alt. 1) oder wenn sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt habe (Alt. 2) und dadurch dem Versicherten für die selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden seien. Allerdings reiche der Kostenerstattungsanspruch nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch. Das setzte daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehöre, welche die Krankenkasse in Natur als Sach- bzw. Dienstleistung zu erbringen habe. Da es sich hier jedoch um ein nicht zugelassenes Krankenhaus (Privatklinik) gehandelt habe, scheitere dies schon daran, dass gesetzlich Versicherte nur einen Anspruch auf stationäre Behandlung in einem zugelassenen Vertragskrankenhaus hätten. Daher habe kein Sach- bzw. Dienstleistungsanspruch des Klägers auf die Behandlung in der G.-Klinik bestanden. Auch sei ein Systemversagen in der Gestalt, dass die durchgeführte Operation nur in der G.-Klinik möglich sei, nicht gegeben. Nach Auskunft von Prof. Dr. Wü. werde die Implantation von Zwischenwirbelprothesen auch an der Universitätsklinik T. angeboten, auch habe mit der Versteifungsoperation eine Behandlungsalternative zur Verfügung gestanden. In diesem Zusammenhang sei zu beachten, dass sich der gesamte "Leistungskatalog" der gesetzlichen Krankenversicherung nicht daran orientiere, den Versicherten die jeweils optimalste Versorgung zukommen zu lassen, sondern ihnen das medizinisch Notwendige zuteil werden zu lassen. Im Übrigen liege auch kein Notfall im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, der es zulassen würde, auch andere als zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Ärzte in Anspruch zu nehmen. Anhaltspunkte dafür, dass im Zeitpunkt der Operation kein Abwarten bis zu einem möglichen Operationstermin in zugelassenen Krankenhäusern möglich gewesen sei, seien nicht ersichtlich. Solche ergäben sich insbesondere auch weder aus dem klägerischen Vorbringen noch den medizinischen Unterlagen. Es komme auch keine Kostenerstattung unter dem Aspekt einer unaufschiebbaren Leistung (§ 13 Abs. 3 Satz 1 Alt. 1 SGB V) in Betracht. Dies setze voraus, dass ohne eine sofortige Behandlung durch einen Arzt Gefahren für Leib und Leben entstünden oder heftige Schmerzen unzumutbar lange andauern würden und eine Behandlung durch einen Vertragsarzt bzw. ein Vertragskrankenhaus nicht möglich oder nicht zumutbar sei oder wenn die tatsächliche Durchführung so dringlich sei, dass keine Möglichkeit eines zeitlichen Aufschubes mehr bestanden habe. Hiervon könne sich das SG nicht überzeugen. Konkrete Anhaltspunkte würden wiederum weder vorgetragen noch seien sie ersichtlich. Im Übrigen erfolge die Behandlung im Universitätsklinikum T. nach Mitteilung von Prof. Dr. Wü., wie in anderen zugelassenen Krankenhäusern, u. a. auch nach der medizinischen Dringlichkeit, weshalb nicht ersichtlich sei, dass innerhalb zumutbarer Zeiträume eine operative Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus hier nicht möglich gewesen wäre. Im Übrigen sei auch der Hilfsantrag des Klägers, die (isolierte) Erstattung von (sächlichen) Kosten - wie vorliegend der Zwischenwirbelendoprothesen - im System der gesetzlichen Krankenversicherung nicht vorgesehen. Vielmehr decke die den Krankenhäusern von den Krankenkassen gewährte "Vergütung" über Fallpauschalen sämtliche Kosten ab, eine isolierte Erstattung sei, insbesondere auch gegenüber Versicherten, nicht möglich.

Der Kläger hat gegen den seinem Bevollmächtigten mit Empfangsbekenntnis am 6. August 2008 zugestellten Gerichtsbescheid am 4. September 2008 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat der Bevollmächtigte geltend gemacht, zunächst habe das SG verkannt, dass die Versteifungsoperation keine Behandlungsalternative dargestellt habe. Aus medizinischer Sicht sei der Einbau von Bandscheibenvollprothesen notwendig gewesen. Das SG habe ferner verkannt, dass ein Notfall in Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vorgelegen habe. Es habe eine dringende Behandlungsbedürftigkeit bestanden. Ein zugelassener Arzt habe nicht rechtzeitig zur Verfügung gestanden. Ausweislich der Stellungnahme von Dr. C. seien seit dem Jahr 2006 stärkste Lumbalgien, welche über beide Pobacken ausgestrahlt hätten, und Sensibilitätsstörungen im Bereich des linken Beines aufgetreten. Es sei mit dem Antrag auf Kostenübernahme vom 9. Februar 2006 darauf hingewiesen worden, dass erhebliche Schmerzen vorgelegen hätten. Mit Schreiben vom 20. Februar 2006 habe die Beklagte mitgeteilt, dass eine entsprechende Operation im K.hospital oder im D.klinikum S. durchgeführt werden könne. Die hier genannten Einrichtungen seien indessen weder fachlich noch zeitlich in der Lage gewesen, die hier angezeigte Operation durchzuführen. Auch der MDK sei zu dem Ergebnis gekommen, dass eine vergleichsweise Operation allenfalls im Universitätsklinikum T. durchgeführt werden könne. Entsprechend der Stellungnahmen von Dr. C. sei jedoch zu bestreiten, dass dort eine adäquate Versorgung hätte stattfinden können, die geeignet gewesen wäre, die hier erforderlichen Operationsmethoden durchzuführen. Zu berücksichtigen sei auch, dass die Schmerzen zu jenem Zeitpunkt nahezu unerträglich gewesen seien und von daher ein weiteres Zuwarten für den Kläger nicht zumutbar gewesen sei. Das SG verkenne auch, dass es durch den zum Zeitpunkt der Notwendigkeit der Durchführung der Operation stattfindenden Ärztestreik tatsächlich zu Einschränkungen gekommen sei. Selbst das Universitätsklinikum T. führe aus, dass Wartezeiten von ein bis zwei Monaten angezeigt gewesen seien. Ein solches Zuwarten sei jedoch für den Kläger unzumutbar gewesen. Entscheidungserheblich sei insbesondere, dass das Universitätsklinikum zu diesem Zeitpunkt, bei dem akuter Behandlungsbedarf geherrscht habe, als Alternative überhaupt nicht benannt war.

Der Kläger beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 1. August 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 18. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der am 21. Februar und am 24. Februar 2006 durchgeführten Operationen in Höhe von 46.004,75 EUR zu erstatten, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Kosten der Zwischenwirbelendoprothesen in Höhe von 7.102,03EUR zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Ergänzend verweist die Beklagte darauf, es erstaune, dass nun erstmals von einer Notfallbehandlung gesprochen werde. Vom Kläger seien zuvor nie derartige Aussagen gemacht worden. Medizinische Ausführungen hierzu würden auch nicht vorliegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft. Ein Berufungsausschlussgrund nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der seit 1. April 2008 geltenden Fassung liegt nicht vor. Der Kläger begehrt die Erstattung von Behandlungskosten in Höhe von 46. 004,75 EUR.

II.

Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zurecht die Klage abgewiesen, da der Kläger keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten der in der G.-Klinik durchgeführten Wirbelsäulenoperation hat.

1.

Als Rechtsgrundlage des mit Klage und Berufung verfolgten Erstattungsanspruchs kommt nur § 13 Abs. 3 SGB V in Betracht. Danach sind Kosten für (notwendige) selbst beschaffte Leistungen zu erstatten, wenn die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte (§ 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V) oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat (§ 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. SGB V). Beides ist hier nicht der Fall.

Ob eine Leistung unaufschiebbar im Sinne des § 13 Abs. 3, 1. Alt. SGB V ist und damit eine dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht, beurteilt sich ausschließlich nach medizinischen Kriterien. Der übliche Beschaffungsweg muss mit einer für den Berechtigten unvermeidbaren Verzögerung, d. h. mit medizinischen Risiken, nicht aber unbedingt Lebensgefahr verbunden sein, die die Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit oder die Besserung des Gesundheitszustandes gefährden könnte oder für den Versicherten nicht zumutbar ist (vgl. BSGE 77, 227). Hierbei kommt es ausschließlich auf die objektive Bedarfssituation, jedoch nicht auf private Dispositionen des Versicherten oder termingebundene Zusagen des Leistungserbringers an. Unaufschiebbare Leistungen, die die Krankenkasse nicht rechtzeitig erbringen konnte, liegen danach vor allem in den Notfällen im Sinne von § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V vor, hauptsächlich also dann, wenn die Behandlung durch einen Vertragsarzt nicht möglich oder nicht zumutbar und der Versicherte daher auf die Hilfe eines Nichtvertragsarztes angewiesen ist (BSGE 34, 172 = SozR Nr. 6 zu § 368d RVO= NJW 1972, 2244; BSGE 35, 10 = SozR Nr. 7 zu § 368d RVO; Höfler in Kasseler Kommentar § 13 SGB V Rdnr. 26), namentlich weil dringende Behandlungsbedürftigkeit besteht und ein an der Versorgung teilnahmeberechtigter Arzt nicht rechtzeitig zur Verfügung steht und ohne sofortige Behandlung durch den Nichtvertragsarzt Gefahren für Leib und Leben bestehen oder heftige Schmerzen unzumutbar lang andauern würden (Hess in Kasseler Kommentar § 76 Rdnr. 12). Unaufschiebbarkeit bejaht die Rechtsprechung auch bei zunächst nicht eilbedürftigen Behandlungen, wenn so lange gewartet wird, bis Eilbedürftigkeit eingetreten ist (Höfler aaO mit Hinweis auf BSG SozR 3 - 2500 § 13 Nr. 22 S. 105; auch Senatsurteil vom 22.11.2006, - L 5 KR 1015/06 -).

Die beim Kläger in der G.-Klinik durchgeführte Bandscheibenoperation stellt eine unaufschiebare (Notfall)-leistung (Notfalloperation) in diesem Sinne nicht dar. Das SG hat das richtig erkannt und im angefochtenen Gerichtsbescheid auch zutreffend begründet, auf die entsprechenden Darlegungen auf Seite 7 zweiter und dritter Absatz/Seite 8 des Entscheidungsabdrucks wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGB V). Insbesondere ist auch der vom SG noch eingeholten Auskunft von Dr. C. nicht zu entnehmen, dass ein akuter Notfall (etwa mit Ausfallerscheinungen) vorgelegen hätte. Ganz abgesehen davon, dass in diesem Fall zum einen - trotz Ärztestreik - auch in der Universitätsklinik T. nach der Auskunft von Prof. Dr. Wü. jederzeit eine Akutoperation hätte durchgeführt werden können und im Übrigen je nach dem wie sich der Gesundheitszustand darstellt auch die Möglichkeit bestanden hätte, den Kläger ggfls. vorzuziehen. Zum anderen hätte dann Dr. C. außerdem überhaupt nicht dem Kläger gegenüber privat abrechnen dürfen, sondern vielmehr direkt der Krankenkasse gegenüber abrechnen müssen. Also ging ganz offensichtlich auch Dr. C. nicht von einem Notfall im Sinne von § 76 SGB V aus, auch wenn hier nun nachträglich versucht wird es als einen solchen darzustellen. Vielmehr ist den ganzen Umständen zu entnehmen, dass der Kläger von Anfang an entschlossen war die Behandlung in der G.-Klinik durchführen zu lassen. Der Kläger hatte an keiner Stelle des Verfahrens auch nur ansatzweise behauptet und belegt, dass er sich ernsthaft darum bemüht hat, zu klären, ob eine entsprechende Behandlung nicht auch in einem zugelassenen Vertragskrankenhaus möglich ist.

Die Beklagte hat die Leistung auch nicht zu Unrecht abgelehnt, da im Zeitpunkt der Behandlung ein Leistungsanspruch nicht bestand, nachdem es sich bei Dr. C. bzw. der G.-Klinik nicht um zugelassene Leistungserbringer (Vertragsarzt -bzw. Vertragskrankenhaus) handelt, sodass die Beklagte schon deshalb zur Ablehnung der begehrten Operation auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung berechtigt (und verpflichtet) war (§§ 76 bzw. 39, 108, 115 b SGB V).

Anhaltspunkte für ein sogenanntes "Systemversagen" liegen nicht vor. Der Kläger hätte vielmehr auch in einem Vertragskrankenhaus behandelt werden können. Das geht aus den Gutachten des MDK, Dr. Schn., vom 6. April 2004 und 12. Januar 2007 hervor. Dr. Schn. hat darin für den Senat überzeugend darauf verwiesen, dass zum einen als Alternativbehandlung auch eine Versteifungsoperation möglich gewesen wäre, die etwa auch im K.hospital oder im D.-Klinikum S. hätte ausgeführt werden können, und im Übrigen die hier streitige Operationsmethode von Dr. C. in der Universitätsklinik T. ebenfalls angeboten wird.

Von all dem abgesehen hat die gesetzliche Krankenversicherung nicht den jeweils unter allen denkbaren Gesichtspunkten bestmöglichen Versorgungsstandard zu gewährleisten, sondern sie muss ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Leistungen zur Verfügung stellen (§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 SGB V). Dem wird das Behandlungsangebot in den zugelassenen Vertragskrankenhäusern gerecht. Auch deshalb kommt ein Kostenerstattungsanspruch nicht in Frage. Das Berufungsvorbringen des Klägers ändert hieran nichts. Wie bereits oben dargelegt lag auch nach Überzeugung des Senates kein Notfall im Sinne von § 76 SGB V vor, der es für den Kläger unmöglich gemacht hätte, sich etwa noch in ein Vertragskrankenhaus, das eine entsprechende Operation ebenfalls anbietet, begeben zu können. Auch der von Klägerseite mehrfach angeführte damals stattfindende Ärztestreik führt zu keinem günstigeren Ergebnis, denn selbstverständlich (wie von Prof. Dr. Wü. im Ergebnis auch bestätigt) wurden bei Akutfällen auch während des Ärztestreiks Notfalloperationen durchgeführt, sodass in einem solchen Fall durchaus eine entsprechende Notfalloperation trotz Ärztestreik in einem Vertragskrankenhaus, nämlich der Universitätsklinik T., möglich gewesen wäre. Und soweit von Klägerseite darauf abgestellt wird, dass ausweislich der Auskunft der Uniklinik T. im Durchschnitt eine Wartezeit von 1 bis 2 Monaten für entsprechende Wirbelsäulenoperationen bestanden habe und dies dem Kläger nicht zumutbar gewesen sei, sei darauf hingewiesen, dass Prof. Dr. Wü. diese "Wartezeit" ausdrücklich unter die Einschränkung des konkreten jeweiligen Gesundheitszustandes des Patienten gestellt hat. D. h. mit anderen Worten, dass selbstverständlich bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes und ggfls. unerträglichen Schmerzen Patienten auf der Warteliste auch vorgezogen worden wären, so ggfls. dann auch der Kläger, wenn denn die jetzt hier aufgestellten Behauptungen über die zunehmenden Schmerzen, die hier einen Notfall rechtfertigen sollten, tatsächlich vorgelegen haben sollten.

Bei dieser Sachlage drängen sich dem Senat weitere Ermittlungen, etwa die Erhebung medizinischer Gutachten, nicht auf.

2.

Hinsichtlich des Hilfsantrages des Klägers auf Verurteilung der Beklagten, (zumindest) die Kosten der Zwischenwirbelendoprothesen in Höhe von 7.102,03 EUR zu erstatten, wird auf die zutreffenden Ausführungen des SG im Gerichtsbescheid Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

Aus diesen Gründen ist die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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