Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 2 R 401/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 B 657/08 R PKH
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Landshut vom
16. Juli 2008 aufgehoben und der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung ab April 2008 bewilligt und Rechtsanwalt B. W., A-Stadt, beigeordnet.
Gründe:
I.
Streitig ist ein Anspruch der 1953 geborenen Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des beauftragten Rechtsanwalts für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut (SG).
Am 27. November 2007 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 11. Februar 2008 (Widerspruchsbescheid vom 18. März 2008) lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zwar sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nach den Untersuchungsergebnissen durch eine depressive Entwicklung, eine anhaltende Schmerzstörung mit psychovegetativer Überlagerung bei Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden, eine Gehbehinderung bei Zustand nach Operation an den Zehen I und II rechts, Bluthochdruck und eine Funktionsbehinderung im Versorgungsgebiet des linken Ellennerven beeinträchtigt, wodurch sich in qualitativer Hinsicht Leistungseinschränkungen auf nur leichte Arbeiten ohne Absturzgefahr, in wechselnder Körperhaltung, ohne Zwangshaltung, Überkopfarbeiten, Schicht- bzw. Nachtschicht und ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie ohne längere Wegstrecken ergeben würden. Einschränkungen der zumutbaren Gehstrecke in rentenrechtlich relevantem Umfang bestünden aber nicht. Für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verfüge sie über ein zeitliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich. Berufsunfähigkeit liege nicht vor, da vom Beruf einer Küchenhilfe auszugehen sei und die Klägerin somit sozial zumutbar auf alle ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden könne. Die Beklagte stützte sich im Wesentlichen auf die vorliegenden ärztlichen Befunde der Jahre 2005 und 2006, den Entlassungsbericht zur medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 11. April 2007 bis 16. Mai 2007, Befundberichte der Fachärzte für Allgemeinmedizin Dres. D., I. und G. vom 7. Januar 2008 mit beigefügten Facharzt- und Krankenhausberichten sowie auf das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 1. Februar 2008.
Hiergegen hat die Klägerin am 3. April 2008 Klage zum SG erhoben. Sie sei aufgrund einer Fibromyalgie sowie einer massiven Beeinträchtigung durch eine verunglückte Operation der Zehen nicht mehr leistungsfähig. Die fehlgeschlagene Operation der Großzehe und der daneben liegenden Zehe, welche weitere Operationen nach sich gezogen habe, sei dafür verantwortlich, dass das Gangbild massiv beeinträchtigt sei. Damit einhergehend bestünden Beschwerden der Wirbelsäule. Die durch die Operationen am Fuß bestehende ständige Schmerzbelastung wirke sich auf die Psyche aus. Derzeit sei ihr der Arbeitsmarkt verschlossen.
Zur Begründung eines Anspruchs auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe legte die Klägerin die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vor, wonach sie über keine Einkünfte verfüge. Sie wohne bei ihrer sehr kranken Mutter, die die Miete zahle und für den sonstigen Lebensunterhalt aufkomme. Sie sei als Hausfrau tätig, lebe von ihrem Ehemann getrennt und beziehe keine Unterhaltsleistungen. Aufgrund eines Behandlungsfehlers bei einer Operation an ihrem Fuß habe sie ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 EUR erhalten, von welchem ca. 5.000 EUR für Kosten aufzuwenden seien. Sie habe wegen dieses Behandlungsfehlers mehrere Folgeoperationen über sich ergehen lassen müssen. Der Heilungsverlauf habe sich über mehrere Jahre hingezogen. Sie könne auch heute noch nicht richtig laufen. Ein Betrag in Höhe von 30.000 EUR sei nicht angemessen, das erlittene Leid und die Schmerzen abzugelten. Gleichzeitig sei das Landgericht A-Stadt (LG) bestrebt, die Prozesskosten, welche sich auf ca. 650 EUR belaufen würden, ebenfalls von dem Betrag abzuziehen.
Einer Verfügung der Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG ist zu entnehmen, Prozesskostenhilfe stehe dem Grunde nach zu, da eine Beweiserhebung erforderlich sei. In einem späteren Vermerk heißt es, die Ausführungen der Klägerin würde die Meinung verstärken, dass das Schmerzensgeld nicht zweckgebunden gezahlt worden sei, weil auch das LG die Anrechnung anstrebe. Mit Beschluss vom 16. Juli 2008 lehnte das SG den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Die Klägerin könne die voraussichtlich entstehenden Anwaltskosten von insgesamt 559,30 EUR aus ihrem vorhandenen Vermögen bestreiten.
Gegen diesen Beschluss hat der Klägerin Beschwerde eingelegt und ausgeführt, es sei ihr nicht zumutbar, dass sie die Kosten für ihren Anwalt aus ihrem Vermögen bestreite. Das LG sei im Verfahren wegen des Schmerzensgeldanspruches bei der Prüfung von Rückforderungsansprüchen im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Ratenzahlung oder gar eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe nicht infrage komme. Nach der ständigen Rechtsprechung müssten Schmerzensgeldbeträge nicht für die Führung eines Prozesses eingesetzt werden. Die Klägerin übermittelte ein Schreiben des LG vom 9. Juli 2008, wonach die Überprüfung ergeben habe, dass eine Abänderung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe derzeit nicht veranlasst sei und eine erneute Überprüfung der Verhältnisse bis vier Jahre nach Beendigung des Rechtsstreits vorbehalten bleibe. Vorher hatte das LG mit Schreiben vom 2. Juni 2008 mitgeteilt, dass die derzeitige Forderung der Staatskasse 691,01 EUR Gerichtskosten betrage, Schmerzensgeld ausnahmsweise dann einzusetzen sei, wenn die Verfahrenskosten nicht ins Gewicht fallen würden und das Schmerzensgeld im Wesentlichen verbleibe, und beabsichtigt sei, eine Einmalzahlung in Höhe von 691,01 EUR anzuordnen. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Beklagte hat sich zum Vorbringen der Klägerin im Beschwerdeverfahren inhaltlich nicht geäußert.
Der Senat hat die Akten des SG und des LG beigezogen. Aus der Akte des LG ergibt sich, dass die Parteien am 10. März 2008 vergleichsweise überein kamen, dass die Klägerin aufgrund von im Termin von Seiten des medizinischen Sachverständigen geäußerten Behandlungsfehlern bei einer Operation im Bereich des rechten Fußes bzw. der Folgeschäden 30.000,00 EUR Schmerzensgeld erhalte. Der medizinische Sachverständige führte aus, es sei wahrscheinlich, dass die Schmerzen verbleiben würden, eine natürliche Abrollbewegung nicht mehr möglich sei und massive funktionelle Einschränkungen bestünden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, des SG und des LG A-Stadt (Az.: ) sowie der Beschwerdeakte Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch begründet. Der Klägerin steht für das Klageverfahren am SG Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu.
Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -). Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist.
Diese Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen hier vor, insbesondere ist die Klägerin nicht verpflichtet, das ihr zugesprochene Schmerzensgeld zur Finanzierung des vorliegenden Rechtsstreits heranzuziehen.
Grundsätzlich gehört Schmerzensgeld nicht zum einsatzpflichtigen Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO (Musielak/Fischer, ZPO, § 115 Rdnr. 49 m.w.N.), denn es ist zum Ausgleich und für die Genugtuung von Schmerzen bestimmt. Der Schmerzensgeldanspruch bezweckt im Wesentlichen, den Verletzten in die Lage zu versetzen, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten anstelle derer zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht wurde, und die für den Verletzten zu einer wirklichen Genugtuung führen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Mai 1991, Az.: 1 W 18/91 m.w.N.; Zöller/Philippi, 26. Aufl., § 115 Rdnr. 59). Grundsätzlich ist es deshalb einem Beteiligten nicht zumutbar, auch einen Teil eines erhaltenen Schmerzensgeldkapitals zur Führung eines Prozesses einzusetzen, wobei es unerheblich ist, ob eine Schmerzensgeldrente gezahlt oder das Schmerzensgeld in einer Summe geleistet wird. Dementsprechend wird auch im Bereich der Sozialhilfe eine Anrechnung von Schmerzensgeld regelmäßig ausgeschlossen, weil es häufig lediglich auf die zufällige Gestaltung ankommt, ob ein Kapitalbetrag oder eine laufende Rente als Geldentschädigung gezahlt wird. Belässt aber der Gesetzgeber dem Verletzten diesen Ausgleich im Sozialhilferecht, ist dies auch im Rahmen der Zumutbarkeit im Prozesskostenhilferecht zu berücksichtigen (OLG Köln FamRZ 88, 95; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Mai 1991, Az.: 1 W 18/91).
Nach hiervon abweichender Auffassung ist Schmerzensgeld jedenfalls dann einzusetzen, wenn die Prozesskosten verhältnismäßig gering sind, also einer Partei der wesentliche Teil des Schmerzensgeldes verbleibt (Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 115 Rdnr. 21 m.w.N.). Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass im Sozialhilferecht der Einsatz von Schmerzensgeld als Vermögen für den Hilfesuchenden grundsätzlich eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bedeute (Urteil vom 18. Mai 1995, Az.: 5 C 22/93 zu § 88 Abs. 3 Bundessozialhilfegesetz - BSHG -). Deshalb wird die Auffassung vertreten, dass infolge dieser Entscheidung die Diskussion, ob und gegebenenfalls inwieweit Schmerzensgeld zum einsatzpflichtigen Vermögen im Sinne des § 115 ZPO gehört, entschieden sein dürfte, Schmerzensgeld also ausschließlich zum Ausgleich und für die Genugtuung von Schmerzen bestimmt ist (Musielak/Fischer, ZPO, § 115 Rdnr. 49 m.w.N.).
Im vorliegenden Rechtsstreit kann aber die Frage, ob ein verhältnismäßig kleinerer Teil des Schmerzensgeldes für Prozesskosten aufzuwenden ist, unbeantwortet bleiben. Denn dies gilt nach Auffassung des Senats jedenfalls dann nicht, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem durch das Schmerzensgeld entschädigten Gesundheitsschaden und dem Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung besteht.
Hier soll das Verfahren vor dem SG, für das Prozesskostenhilfe begehrt wird, dazu dienen, erlittene Gesundheitsschäden, die Anlass für die Zahlung des Schmerzensgeldes waren, durch die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu entschädigen. Die Klägerin begründet einen Anspruch insbesondere auch mit Blick auf Schäden aufgrund der fehlgeschlagenen Operation im Bereich des rechten Fußes; der medizinische Sachverständige des LG hatte hierzu auf bleibende Schmerzen und massive funktionelle Einschränkungen hingewiesen. Somit ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem durch das Schmerzensgeld entschädigten Gesundheitsschaden und dem Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente gegeben. Sofern also die Klägerin einen Teil des Schmerzensgeldes für die Führung eines Rechtsstreits einsetzen müsste, der wie hier objektiv nachvollziehbar auch mit dem erlittenen Gesundheitsschaden begründet wird, für den das Schmerzensgeld geleistet wurde, würde dies dem Leistungszweck des gezahlten Schmerzensgeldes widersprechen.
Auch die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sind erfüllt. Auch hat das SG in den Akten festgehalten, dass für die Überprüfung des geltend gemachten Anspruchs auf eine Rente wegen Erwerbsminderung eine Beweiserhebung für erforderlich gehalten wird. Bei summarischer Prüfung ist somit eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage im Sinne des § 114 ZPO gegeben und die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach der gegebenen Sach- und Rechtslage erforderlich (vgl. § 121 Abs. 2 ZPO).
Auch wenn sich dies nicht ausdrücklich aus dem angefochtenen Beschluss des SG ergibt, ist im Übrigen festzustellen, dass offenbar das SG, entsprechend einer in seiner Akte befindlichen, dem angefochtenen Beschluss vorausgegangenen Verfügung, annahm, dass das LG infolge der Zahlung des Schmerzensgeldes eine Abänderung des Bewilligung der Prozesskostenhilfe vornehmen würde. Das LG hat jedoch gerade keine Abänderung vorgenommen und lediglich auf die Möglichkeit der Überprüfung der Verhältnisse bis vier Jahre nach Beendigung des Rechtsstreits hingewiesen. Der Senat folgt somit im Ergebnis der Rechtsauffassung des LG.
Der Beschwerde war somit stattzugeben. Die Klägerin hat ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, also ab April 2008.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 183 SGG) und ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
16. Juli 2008 aufgehoben und der Klägerin Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung ab April 2008 bewilligt und Rechtsanwalt B. W., A-Stadt, beigeordnet.
Gründe:
I.
Streitig ist ein Anspruch der 1953 geborenen Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung des beauftragten Rechtsanwalts für ein Klageverfahren vor dem Sozialgericht Landshut (SG).
Am 27. November 2007 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Bewilligung von Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 11. Februar 2008 (Widerspruchsbescheid vom 18. März 2008) lehnte die Beklagte diesen Antrag ab. Zwar sei die Erwerbsfähigkeit der Klägerin nach den Untersuchungsergebnissen durch eine depressive Entwicklung, eine anhaltende Schmerzstörung mit psychovegetativer Überlagerung bei Wirbelsäulen- und Gelenkbeschwerden, eine Gehbehinderung bei Zustand nach Operation an den Zehen I und II rechts, Bluthochdruck und eine Funktionsbehinderung im Versorgungsgebiet des linken Ellennerven beeinträchtigt, wodurch sich in qualitativer Hinsicht Leistungseinschränkungen auf nur leichte Arbeiten ohne Absturzgefahr, in wechselnder Körperhaltung, ohne Zwangshaltung, Überkopfarbeiten, Schicht- bzw. Nachtschicht und ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit sowie ohne längere Wegstrecken ergeben würden. Einschränkungen der zumutbaren Gehstrecke in rentenrechtlich relevantem Umfang bestünden aber nicht. Für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verfüge sie über ein zeitliches Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich. Berufsunfähigkeit liege nicht vor, da vom Beruf einer Küchenhilfe auszugehen sei und die Klägerin somit sozial zumutbar auf alle ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden könne. Die Beklagte stützte sich im Wesentlichen auf die vorliegenden ärztlichen Befunde der Jahre 2005 und 2006, den Entlassungsbericht zur medizinischen Rehabilitationsmaßnahme vom 11. April 2007 bis 16. Mai 2007, Befundberichte der Fachärzte für Allgemeinmedizin Dres. D., I. und G. vom 7. Januar 2008 mit beigefügten Facharzt- und Krankenhausberichten sowie auf das Gutachten des Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. S. vom 1. Februar 2008.
Hiergegen hat die Klägerin am 3. April 2008 Klage zum SG erhoben. Sie sei aufgrund einer Fibromyalgie sowie einer massiven Beeinträchtigung durch eine verunglückte Operation der Zehen nicht mehr leistungsfähig. Die fehlgeschlagene Operation der Großzehe und der daneben liegenden Zehe, welche weitere Operationen nach sich gezogen habe, sei dafür verantwortlich, dass das Gangbild massiv beeinträchtigt sei. Damit einhergehend bestünden Beschwerden der Wirbelsäule. Die durch die Operationen am Fuß bestehende ständige Schmerzbelastung wirke sich auf die Psyche aus. Derzeit sei ihr der Arbeitsmarkt verschlossen.
Zur Begründung eines Anspruchs auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe legte die Klägerin die Erklärung zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vor, wonach sie über keine Einkünfte verfüge. Sie wohne bei ihrer sehr kranken Mutter, die die Miete zahle und für den sonstigen Lebensunterhalt aufkomme. Sie sei als Hausfrau tätig, lebe von ihrem Ehemann getrennt und beziehe keine Unterhaltsleistungen. Aufgrund eines Behandlungsfehlers bei einer Operation an ihrem Fuß habe sie ein Schmerzensgeld in Höhe von 30.000 EUR erhalten, von welchem ca. 5.000 EUR für Kosten aufzuwenden seien. Sie habe wegen dieses Behandlungsfehlers mehrere Folgeoperationen über sich ergehen lassen müssen. Der Heilungsverlauf habe sich über mehrere Jahre hingezogen. Sie könne auch heute noch nicht richtig laufen. Ein Betrag in Höhe von 30.000 EUR sei nicht angemessen, das erlittene Leid und die Schmerzen abzugelten. Gleichzeitig sei das Landgericht A-Stadt (LG) bestrebt, die Prozesskosten, welche sich auf ca. 650 EUR belaufen würden, ebenfalls von dem Betrag abzuziehen.
Einer Verfügung der Vorsitzenden der zuständigen Kammer des SG ist zu entnehmen, Prozesskostenhilfe stehe dem Grunde nach zu, da eine Beweiserhebung erforderlich sei. In einem späteren Vermerk heißt es, die Ausführungen der Klägerin würde die Meinung verstärken, dass das Schmerzensgeld nicht zweckgebunden gezahlt worden sei, weil auch das LG die Anrechnung anstrebe. Mit Beschluss vom 16. Juli 2008 lehnte das SG den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe ab. Die Klägerin könne die voraussichtlich entstehenden Anwaltskosten von insgesamt 559,30 EUR aus ihrem vorhandenen Vermögen bestreiten.
Gegen diesen Beschluss hat der Klägerin Beschwerde eingelegt und ausgeführt, es sei ihr nicht zumutbar, dass sie die Kosten für ihren Anwalt aus ihrem Vermögen bestreite. Das LG sei im Verfahren wegen des Schmerzensgeldanspruches bei der Prüfung von Rückforderungsansprüchen im Rahmen der bewilligten Prozesskostenhilfe zu dem Ergebnis gelangt, dass eine Ratenzahlung oder gar eine Aufhebung der Prozesskostenhilfe nicht infrage komme. Nach der ständigen Rechtsprechung müssten Schmerzensgeldbeträge nicht für die Führung eines Prozesses eingesetzt werden. Die Klägerin übermittelte ein Schreiben des LG vom 9. Juli 2008, wonach die Überprüfung ergeben habe, dass eine Abänderung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe derzeit nicht veranlasst sei und eine erneute Überprüfung der Verhältnisse bis vier Jahre nach Beendigung des Rechtsstreits vorbehalten bleibe. Vorher hatte das LG mit Schreiben vom 2. Juni 2008 mitgeteilt, dass die derzeitige Forderung der Staatskasse 691,01 EUR Gerichtskosten betrage, Schmerzensgeld ausnahmsweise dann einzusetzen sei, wenn die Verfahrenskosten nicht ins Gewicht fallen würden und das Schmerzensgeld im Wesentlichen verbleibe, und beabsichtigt sei, eine Einmalzahlung in Höhe von 691,01 EUR anzuordnen. Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Die Beklagte hat sich zum Vorbringen der Klägerin im Beschwerdeverfahren inhaltlich nicht geäußert.
Der Senat hat die Akten des SG und des LG beigezogen. Aus der Akte des LG ergibt sich, dass die Parteien am 10. März 2008 vergleichsweise überein kamen, dass die Klägerin aufgrund von im Termin von Seiten des medizinischen Sachverständigen geäußerten Behandlungsfehlern bei einer Operation im Bereich des rechten Fußes bzw. der Folgeschäden 30.000,00 EUR Schmerzensgeld erhalte. Der medizinische Sachverständige führte aus, es sei wahrscheinlich, dass die Schmerzen verbleiben würden, eine natürliche Abrollbewegung nicht mehr möglich sei und massive funktionelle Einschränkungen bestünden.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten, des SG und des LG A-Stadt (Az.: ) sowie der Beschwerdeakte Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG -) und auch begründet. Der Klägerin steht für das Klageverfahren am SG Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu.
Ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73 a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung - ZPO -). Ist eine Vertretung durch Anwälte nicht vorgeschrieben, wird der Partei auf ihren Antrag ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt ihrer Wahl beigeordnet, wenn die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint oder der Gegner durch einen Rechtsanwalt vertreten ist (§ 121 Abs. 2 Satz 1 ZPO). Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist.
Diese Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen hier vor, insbesondere ist die Klägerin nicht verpflichtet, das ihr zugesprochene Schmerzensgeld zur Finanzierung des vorliegenden Rechtsstreits heranzuziehen.
Grundsätzlich gehört Schmerzensgeld nicht zum einsatzpflichtigen Vermögen im Sinne des § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO (Musielak/Fischer, ZPO, § 115 Rdnr. 49 m.w.N.), denn es ist zum Ausgleich und für die Genugtuung von Schmerzen bestimmt. Der Schmerzensgeldanspruch bezweckt im Wesentlichen, den Verletzten in die Lage zu versetzen, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten anstelle derer zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht wurde, und die für den Verletzten zu einer wirklichen Genugtuung führen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Mai 1991, Az.: 1 W 18/91 m.w.N.; Zöller/Philippi, 26. Aufl., § 115 Rdnr. 59). Grundsätzlich ist es deshalb einem Beteiligten nicht zumutbar, auch einen Teil eines erhaltenen Schmerzensgeldkapitals zur Führung eines Prozesses einzusetzen, wobei es unerheblich ist, ob eine Schmerzensgeldrente gezahlt oder das Schmerzensgeld in einer Summe geleistet wird. Dementsprechend wird auch im Bereich der Sozialhilfe eine Anrechnung von Schmerzensgeld regelmäßig ausgeschlossen, weil es häufig lediglich auf die zufällige Gestaltung ankommt, ob ein Kapitalbetrag oder eine laufende Rente als Geldentschädigung gezahlt wird. Belässt aber der Gesetzgeber dem Verletzten diesen Ausgleich im Sozialhilferecht, ist dies auch im Rahmen der Zumutbarkeit im Prozesskostenhilferecht zu berücksichtigen (OLG Köln FamRZ 88, 95; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Mai 1991, Az.: 1 W 18/91).
Nach hiervon abweichender Auffassung ist Schmerzensgeld jedenfalls dann einzusetzen, wenn die Prozesskosten verhältnismäßig gering sind, also einer Partei der wesentliche Teil des Schmerzensgeldes verbleibt (Thomas/Putzo, ZPO, 29. Aufl., § 115 Rdnr. 21 m.w.N.). Demgegenüber hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschieden, dass im Sozialhilferecht der Einsatz von Schmerzensgeld als Vermögen für den Hilfesuchenden grundsätzlich eine Härte im Sinne des § 90 Abs. 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bedeute (Urteil vom 18. Mai 1995, Az.: 5 C 22/93 zu § 88 Abs. 3 Bundessozialhilfegesetz - BSHG -). Deshalb wird die Auffassung vertreten, dass infolge dieser Entscheidung die Diskussion, ob und gegebenenfalls inwieweit Schmerzensgeld zum einsatzpflichtigen Vermögen im Sinne des § 115 ZPO gehört, entschieden sein dürfte, Schmerzensgeld also ausschließlich zum Ausgleich und für die Genugtuung von Schmerzen bestimmt ist (Musielak/Fischer, ZPO, § 115 Rdnr. 49 m.w.N.).
Im vorliegenden Rechtsstreit kann aber die Frage, ob ein verhältnismäßig kleinerer Teil des Schmerzensgeldes für Prozesskosten aufzuwenden ist, unbeantwortet bleiben. Denn dies gilt nach Auffassung des Senats jedenfalls dann nicht, wenn ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem durch das Schmerzensgeld entschädigten Gesundheitsschaden und dem Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung besteht.
Hier soll das Verfahren vor dem SG, für das Prozesskostenhilfe begehrt wird, dazu dienen, erlittene Gesundheitsschäden, die Anlass für die Zahlung des Schmerzensgeldes waren, durch die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung zu entschädigen. Die Klägerin begründet einen Anspruch insbesondere auch mit Blick auf Schäden aufgrund der fehlgeschlagenen Operation im Bereich des rechten Fußes; der medizinische Sachverständige des LG hatte hierzu auf bleibende Schmerzen und massive funktionelle Einschränkungen hingewiesen. Somit ist ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem durch das Schmerzensgeld entschädigten Gesundheitsschaden und dem Antrag auf eine Erwerbsminderungsrente gegeben. Sofern also die Klägerin einen Teil des Schmerzensgeldes für die Führung eines Rechtsstreits einsetzen müsste, der wie hier objektiv nachvollziehbar auch mit dem erlittenen Gesundheitsschaden begründet wird, für den das Schmerzensgeld geleistet wurde, würde dies dem Leistungszweck des gezahlten Schmerzensgeldes widersprechen.
Auch die weiteren Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe sind erfüllt. Auch hat das SG in den Akten festgehalten, dass für die Überprüfung des geltend gemachten Anspruchs auf eine Rente wegen Erwerbsminderung eine Beweiserhebung für erforderlich gehalten wird. Bei summarischer Prüfung ist somit eine hinreichende Erfolgsaussicht der Klage im Sinne des § 114 ZPO gegeben und die Beiordnung eines Rechtsanwalts nach der gegebenen Sach- und Rechtslage erforderlich (vgl. § 121 Abs. 2 ZPO).
Auch wenn sich dies nicht ausdrücklich aus dem angefochtenen Beschluss des SG ergibt, ist im Übrigen festzustellen, dass offenbar das SG, entsprechend einer in seiner Akte befindlichen, dem angefochtenen Beschluss vorausgegangenen Verfügung, annahm, dass das LG infolge der Zahlung des Schmerzensgeldes eine Abänderung des Bewilligung der Prozesskostenhilfe vornehmen würde. Das LG hat jedoch gerade keine Abänderung vorgenommen und lediglich auf die Möglichkeit der Überprüfung der Verhältnisse bis vier Jahre nach Beendigung des Rechtsstreits hingewiesen. Der Senat folgt somit im Ergebnis der Rechtsauffassung des LG.
Der Beschwerde war somit stattzugeben. Die Klägerin hat ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung Anspruch auf Gewährung von Prozesskostenhilfe, also ab April 2008.
Dieser Beschluss ergeht kostenfrei (§ 183 SGG) und ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
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