Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 17 RA 1110/04
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 R 1324/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. Juni 2006 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im gesamten Verfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Im Streit steht, inwieweit die Beklagte die Unfallrente (Verletztenrente) des Klägers bei der Berechnung seiner Altersrente berücksichtigen darf.
Der Kläger wohnte am 18. Mai 1990 in der DDR. Er erlitt am 1. Juli 1991 einen Arbeitsunfall und erhält deshalb von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Berlin eine Verletztenrente, die nicht auf eigener Beitragsleistung beruht, konkret unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes ab Juli 1997 von 26.279,07 DM bei einer MdE von 20 ab Juli 1997 291,99 DM monatlich. Die Beklagte bewilligte dem Kläger auf dessen Antrag vom 8. Januar 1996 (VV Bl. 6) mit Bescheid vom 6. Januar 1998 (VV Bl. 161 ff) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 1. März 1998. Mit Bescheid vom 8. Januar 2001 wurde die Rente ab 1. März 1998 neu berechnet. Ab 1. März 2001 betrug sie 1.761,96 DM abzüglich der Pflichtbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung 1.625,42 DM, entsprechen 831,06 EUR.
Mit Schreiben vom 20. Mai 2003 bat der Kläger um Überprüfung der Rentenbescheide und nahm dabei auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. April 2003 – B 4 RA 32/02 R – Bezug. Er erhalte eine gesetzliche Unfallrente aufgrund seiner Schwerhörigkeit. Von dieser würde bei ihm monatlich zu viel angerechnet, da die Freibeträge für Renten im Osten rechtswidrig niedriger angesetzt würden als die im Westen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10. August 2004 den Antrag auf Teilrücknahme des Bescheides vom 6. Januar 1998 ab. Dieser sei nämlich nicht rechtswidrig und müsse deshalb nicht nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurückgenommen werden. Zwar habe das BSG in der angeführten Entscheidung entschieden, dass die Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a Sozialgesetzbuch Sechsten Buch (SGB VI) ein einheitlicher "Freibetrag" in Höhe der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nicht in Höhe einer abgesenkten Grundrente – Ost – einzuräumen sei. Allerdings habe der Gesetzgeber rückwirkend zum 1. Januar 1992 klargestellt, dass § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a SGB VI in der Fassung des Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetzes (RVNG; BGBl I Nr. 38 vom 26. Juli 2004) nunmehr ausdrücklich auf § 31 in Verbindung mit § 84 a BVG verweise. In § 84 a Abs. 1 und 2 BVG seien die Besonderheiten für Berechtigte in den neuen Bundesländern geregelt. Damit gelte bei der Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in den neuen Bundesländern weiterhin ein niedrigerer Freibetrag.
Der Kläger erhob Widerspruch. Er könne sich nicht damit abfinden, als Rentner im Osten zweimal benachteiligt zu werden. Seine Altersrente habe er sich in jahrelanger, harter Arbeit verdient. Er sähe es als "Betrug" an, ihm das Geld seiner Rente nicht voll zu zahlen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2004 unter Wiederholung der Begründung des Ausgangsbescheides zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) erhoben. Das SG hat mit Urteil vom 30. Juni 2001 die Bescheide der Beklagten vom 8. Januar 2001 und vom 10. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2004 abgeändert, soweit die Beklagte bei der Unfallrentenanrechnung nach § 93 SGB VI den "Freibetrag" in Höhe der Grundrente "Ost" anstelle des "Freibetrages" Grundrente "West" zugrunde gelegt habe. Der Kläger habe einen Anspruch darauf, dass beim Zusammentreffen seiner Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der gesetzlichen Rentenversicherung kein unterschiedlicher Freibetrag zwischen den alten und den neuen Bundesländern greife. Zwar sei die Rente aus der Rentenversicherung nach § 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der seit 1. Januar 1992 geltenden Fassung durch das RVNG insoweit nicht zu leisten, als bei einem Zusammentreffen mit einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteige. § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI ermächtige den Rentenversicherungsträger jedoch nicht, bei der Einstellung des Freibetrages zwischen Unfallverletztenrentnern in den alten und neuen Bundesländern zu differenzieren. Die Kammer folge den Ausführungen des BSG im Urteil vom 29. Juni 2006 – B 4 RA 27/05 R –, wonach die Verweisung in § 93 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI auf § 31 in Verbindung mit § 84 a Satz 1 und 2 BVG ins Leere gehe, weil das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Urteil vom 14. März 2000 (BGBl I Seite 445) es für nichtig erklärt habe, dass Beschädigtengrundrenten nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG im Beitrittsgebiet anders berechnet würden als im übrigen Bundesgebiet. § 44 SGB X sei deshalb einschlägig.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Mittlerweile habe der Gesetzgeber durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des sozialen Entschädigungsrechts und des Gesetzes über einen Ausgleich von Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet" vom 19. Juni 2006 (BGBl I Seite 1305) § 84 a BVG für Sachverhalte ab dem 1. Januar 1991 geändert. Nunmehr sei von Berechtigten die Rede, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet gehabt hätten. Mit dieser Klarstellung des § 84 a BVG habe der Gesetzgeber u. a. auf die Entscheidungen des 4. Senats des BSG reagiert, wonach § 44 a BVG nur Umzügler erfasse, nicht aber diejenigen, die seit dem 18. Mai 1990 dauerhaft im Beitrittsgebiet gewohnt hätten. Mit der Neufassung werde somit Rechtsicherheit geschaffen (Bezugnahme auf BT–Drucksache 16/1162 S. 15). (GA Bl. 67 f:) Insoweit liege eine so genannte echte Gesetzesrückwirkung vor, die jedoch verfassungsgemäß sei. Angesichts der verworrenen Rechtslage habe der Gesetzgeber rückwirkend Klarstellung schaffen dürfen (Bezugnahme auf BSG U. v. 21.06.2005 – B 8 KN 1/05 R – zur rückwirkenden Modifikation des § 22 b Abs. 1 Fremdrentengesetz). Sie verweist ferner auf den Beschluss des BSG vom 12. Dezember 2006 – B 13 RJ 25/05 R – mit welchem dieser beim 4. Senat des BSG angefragt habe, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhalte.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die Änderung der Rechtslage keinen Einfluss auf die Festsetzung des Freibetrages habe. Es bleibe dabei, dass ein Abschlag beim Freibetrag zusätzlich zum niedrigeren aktuellen Rentenwert Ost die Betroffenen im Beitrittsgebiet unverhältnismäßig belaste.
Mit Beschluss vom 29. November 2007 – B 13 RJ 25/05 R – hat der 13. Senat des BSG dem Großen Senat des BSG die zwischen ihm und dem 4. Senat streitige Rechtsfrage vorgelegt, ob bei Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI für das Beitrittsgebiet kein besonderer – abgesenkter – Freibetrag zu berücksichtigen sei. Der nunmehr 5a. Senat des BSG – neben dem 13. Senat ab 1. Januar 2008 Nachfolgesenat des 4. Senats in dessen Zuständigkeit für Streitigkeiten aus der allgemeinen Rentenversicherung – hat auf eine Anfrage des Vorsitzenden des Großen Senats mit Beschluss vom 30. Juli 2008 geantwortet, er halte an der oben genannten Auffassung nicht mehr fest (vgl. BSG, Terminsvorschau Nr. 57 aus 2008 zum Verfahren B 13 R 129/08 R). Der 13. Senat hat deshalb am 13. November 2008 seinen Vorlagebeschluss vom 29. November 2007 aufgehoben, weil angesichts des Beschlusses des 5 a Senats vom 30. Juli 2008 insoweit keine für die Anrufung des Großen Senats nach § 41 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorausgesetzte Divergenzlage mehr bestehe (neues Az. B 13 R 129/08R). Mit Urteil vom selben Tag hat er die Revision des dortigen Klägers mit der gleichen Begründung, welche bereits dem Vorlagebeschluss zugrunde gelegen hat, zurückgewiesen. Dies sei mit dem Grundgesetz im Einklang.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Seine Klage war deshalb abzuweisen. Er hatte keinen Anspruch nach § 44 SGB X auf Neufeststellung seiner Rente unter Berücksichtigung eines einheitlichen, für das gesamte Bundesgebiet geltenden Freibetrages (West) nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI. Der Senat schließt sich der Auffassung des 13. Senates des BSG sowie des 5a. Senates an, welche im eigenen Haus auch der 22. Senat teilt. Ein nochmaliger "Abschlag" (nicht nur beim aktuellen Rentenwert, sondern auch beim Grundrentenfreibetrag Ost) belastet Versicherte im Beitrittsgebiet nicht unverhältnismäßig (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. April 2008 – L 22 KN 28/02 – juris RdNr. 113 ff).
Der 13. Senat des BSG hat hierzu Folgendes ausgeführt:
"Für den Zeitraum ab 1.1.1992 bewirkt bereits § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI idF des RRG 1992 (aF) eine Differenzierung der Höhe des Freibetrags nach dem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in den alten oder neuen Bundesländern zum Stichtag am 18. Mai 1990. 62 a) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 93 Abs 2 SGB VI aF: "Bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge bleiben unberücksichtigt ... 2. bei der Verletztenrente aus der Unfallversicherung a) der Betrag, der bei gleichem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz geleistet würde, ..." 63 Zwar unterscheidet der Wortlaut nicht ausdrücklich zwischen einer anrechnungsfreien "Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz" in den alten und neuen Bundesländern. Dessen bedurfte es auch nicht. Denn die Verwendung des Konjunktivs "würde" stellt auf den Betrag ab, der dem konkreten Versicherten als "Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz" gezahlt würde, wäre er Berechtigter nach dem BVG. Nur die nicht gewählte Formulierung "wird" könnte nahe legen, dass sich die Vorschrift abstrakt auf den gesetzlich geregelten Betrag (§ 31 BVG in der jeweiligen Fassung) bezieht. 64 b) Dann aber gilt für "Berechtigte, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt" im Beitrittsgebiet hatten, die (abgesenkte) Grundrente Ost (EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst l iVm Buchst a). Diese war nach der ursprünglichen Regelung sowohl für Kriegsopfer als auch für Berechtigte nach dem übrigen Sozialen Entschädigungsrecht, zB nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) bzw dem Bundes-Seuchengesetz (BSeuchG; seit 2001: Impfschadensgesetz - IfSG), zu zahlen. Ein Grund für eine abweichende Behandlung im Rahmen des § 93 SGB VI bestand nicht. 65 Im Beitrittsgebiet war das BVG nämlich von vornherein nur mit den Maßgaben des EinigVtr vom 31.8.1990 (BGBl II 889) in Kraft getreten. Die Verweisung auf das "Bundesversorgungsgesetz" in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI erfasst damit für dieses Gebiet die Rechtsgrundlagen für eine Absenkung der Grundrente nach § 31 Abs 1 Satz 1 BVG. Diese finden sich in EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a und Buchst l (nicht jedoch in "§ 84a BVG iVm EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a" - so jedoch offenbar BSG 9. Senat vom 10.8.1993, BSGE 73, 41, 42 = SozR 3-3100 § 84a Nr 1, sowie vom 12.12.1995 - 9 BV 113/95; beide Entscheidungen betreffen, soweit ersichtlich, keine Personen, die nach dem 18.5.1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer oder aus Staaten des Ostblocks in das Beitrittsgebiet verlegt hatten - "Umzügler" bzw "Zuzügler"). Dies folgt aus der Systematik der Überleitung des BVG im Beitrittsgebiet durch den EinigVtr. 66 Art 8 EinigVtr bestimmt, dass mit dem Wirksamwerden des Beitritts in dem in Art 3 genannten Gebiet Bundesrecht in Kraft tritt, soweit es nicht in seinem Geltungsbereich auf bestimmte Länder oder Landesteile der Bundesrepublik Deutschland beschränkt ist und soweit durch diesen Vertrag, insbesondere dessen Anlage I, nichts anderes bestimmt wird. In der "Vorbemerkung" zur Anlage I heißt es: "Gemäß Abschnitt III des jeweiligen Kapitels treten die Rechtsvorschriften mit den dort bestimmten Maßgaben in dem in Art 3 des Vertrages genannten Gebiet in Kraft." Im Beitrittsgebiet sind also die jeweiligen bundesrechtlichen Vorschriften von vornherein nur mit der im Abschnitt III des jeweiligen Kapitels der Anlage I genannten Maßgaben in Kraft. Eine danebenstehende andere Fassung der Vorschriften gibt es dort nicht. 67 Zu diesen Maßgaben zählt nach EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a die Absenkung der Höhe der Grundrente nach § 31 Abs 1 BVG für solche Personen (aaO Buchst l), welche am 18.5.1990 - dem Tag des Abschlusses des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (BGBl II 537) - ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten, wie der Kläger des vorliegenden Falles. Für diesen Personenkreis sind die in § 31 Abs 1 und 5 BVG in der jeweils geltenden Fassung genannten DM-Beträge mit dem Vomhundertsatz zu multiplizieren, der sich aus dem jeweiligen Verhältnis der verfügbaren Standardrente (§ 68 Abs 3 SGB VI) in dem in Art 3 EinigVtr genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) zur verfügbaren Standardrente in dem Gebiet, in dem das BVG schon vor dem Beitritt gegolten hat, ergibt. Der weitere Text des Buchst a ist hier ebenso unerheblich wie der der Buchst b bis k dieser Nummer. 68 Die Einfügung der Bestimmung des § 84a BVG (aF) durch EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt II ergänzt diesen Grundsatz nur ua für die Personen, welche nach diesem Stichtag in die alten Bundesländer umgezogen sind (insoweit richtig BSG 9. Senat vom 9.4.1997, BSGE 80, 176 = SozR 3-3100 § 84a Nr 2 für einen Umzügler). Diese sollen weiterhin nur die abgesenkte Grundrente erhalten. 69 Dieses Anpassungskonzept ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfGE 102, 41, 55 ff) und wird vom EinigVtr ausdrücklich auf andere Gebiete des sozialen Entschädigungsrechts ausgedehnt (etwa: EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 18 für Berechtigte nach dem OEG; EinigVtr Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet B Abschnitt II Nr 1 sieht für das Soldatenversorgungsgesetz eine Übergangsregelung durch Einfügung des § 92a und Maßgaben in Abschnitt III Nr 5 vor; BSeuchG (seit 1.1.2001: IfSG): EinigVtr Anlage I Kapitel X Sachgebiet D Abschnitt III Nr 3 Buchst c; § 10 Abs 1 Unterstützungsabschlussgesetz; Häftlingshilfegesetz: EinigVtr Anlage I Kapitel II Sachgebiet D Abschnitt III Nr 3 Buchst c; § 24 Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz; § 6 Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz). 70 c) Dieses Ergebnis entspricht Sinn und Zweck der Freibetragsregelung; es bedeutet auch keine unangemessene Benachteiligung der Betroffenen. 71 aa) § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI soll den Teil der Unfallrente anrechnungsfrei stellen, "von dem angenommen wird, dass er nicht Lohnersatzfunktion hat" (BT-Drucks 11/4124, S 174). Hieraus ist allerdings nicht zu schließen, dass dem anrechnungsfreien Betrag ausschließlich der Charakter des Ersatzes eines immateriellen Schadens zukäme (wie zB BVerfG Kammerbeschluss vom 8.2.1995, SozR 3-2200 § 636 Nr 1 S 2 und BSG 4. Senat vom 10.4.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 26 ff anzunehmen scheinen). Denn der Nichterwerbsschaden umfasst daneben auch verletzungsbedingte Mehraufwendungen (s § 843 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): "Vermehrung der Bedürfnisse"; vgl BSG 2. Senat vom 22.6.2004, SozR 4-2700 § 31 Nr 1 RdNr 9 mwN), also materielle Schäden (auch BSG 4. Senat vom 10.4.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 28 begreift die "Mehraufwendungen" als "materiellen Schaden"; s auch unten bei RdNr 81). 72 Dass die Verletztenrente als Nichterwerbsschaden ausschließlich immaterielle Schäden abgelten soll, kann auch nicht daraus gefolgert werden, dass die Grundrente nach dem BVG - inzwischen - (praktisch) allein den immateriellen Schaden abdecke (so jedoch BSG 4. Senat vom 10.4.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 29; zur Funktion der Grundrente noch anders BSG 4. Senat vom 31.3.1998, BSGE 82, 83, 99 f = SozR 3-2600 § 93 Nr 7; vorsichtiger insoweit auch BVerfG vom 14.3.2000, BVerfGE 102, 41, 60 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3). Dies läge zwar nahe, weil gemäß § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI sich der als Anteil des Nichterwerbsschadens innerhalb der Verletztenrente nicht anrechenbare Betrag nach der BVG-Grundrente bemisst. Eine derartige (teilweise) Gleichsetzung der Funktionen wäre jedoch allenfalls dann berechtigt, wenn auch in der gesetzlichen UV verletzungsbedingte Mehraufwendungen ähnlich zusätzlich kompensiert würden wie (gemäß der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem BVG vom 4.10.1989, BGBl I 1834) in der Kriegsopferversorgung. Dies aber ist zweifelhaft. Würden derartige Leistungen zwar für Kriegsbeschädigte gesondert gewährt, in der gesetzlichen UV jedoch nicht, müssten jedenfalls insoweit die wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt werden. 73 bb) Überdies ist die Gleichsetzung der Funktion des Teils der Verletztenrente, der den Nichterwerbsschaden abdecken soll, mit der Funktion der Grundrente nach dem BVG auch in anderer Hinsicht zweifelhaft. Nach dem BVerfG (BVerfGE 102, 41, 60 ff = SozR 3-3100 § 84a Nr 3) erfüllt die Grundrente, stellt man auf den immateriellen Schaden ab, eine "Genugtuungsfunktion", die vom "ideellen Ausgleich eines vom Einzelnen im Militärdienst für die staatliche Gemeinschaft erbrachten gesundheitlichen Sonderopfers" geprägt sei. Insoweit sei eine Differenzierung Ost/West (ab 1999) nicht (mehr) angebracht. Diese Überlegung aber kann denknotwendigerweise nicht für die Verletztenrente der gesetzlichen UV (oder einen Teil dieser Leistung) gelten. Denn dieser liegt kein derartiges Sonderopfer zu Grunde. 74 Damit aber kann aus Natur und Funktion der Grundrente von vornherein kein Argument für die Behandlung des Freibetrags nach § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI hergeleitet werden. Diese Vorschrift enthält demnach nur eine Verweisung auf die Höhe eines als solchen wertfreien Betrags (der zB auch durch eine Verweisung auf bestimmte Prozentsätze der Bezugsgröße - § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - ersetzt werden könnte). 75 cc) Ob hinsichtlich des Freibetrags eine Differenzierung Ost/West angebracht ist, hängt deshalb allein von der Funktion des Teils der Verletztenrente ab, der der Kompensation des Nichterwerbsschadens dient, zusammengesetzt (in einem noch ungeklärten Verhältnis) aus den verletzungsbedingten Mehraufwendungen und dem immateriellen Schaden. 76 Hinsichtlich der verletzungsbedingten Mehraufwendungen liegt eine Differenzierung nach den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen in Ost und West auf der Hand. 77 Aber auch hinsichtlich des immateriellen Schadens ist die Vorstellung unrichtig, ein solcher müsse aus Gleichheitsgesichtspunkten sowohl in Ost als auch in West in gleicher Höhe ausgeglichen werden, ohne die unterschiedlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Zwar kann der Wohnsitz des Opfers den immateriellen Schaden iS des Ausmaßes der seelischen Begleiterscheinungen und Schmerzen nicht beeinflussen (so BSG 4. Senat vom 10.4.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 44; entsprechend auch BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 73: "kein ökonomischer Bezug"; ob dies auch für die weiteren Aspekte des immateriellen Schadens "Einbußen an körperlicher und geistiger Integrität" und "immaterielle Fortkommensnachteile" - BSG 4. Senat vom 31.3.1998, BSGE 82, 83, 99 f = SozR 3-2600 § 93 Nr 7 - in gleichem Maße zutrifft, wäre ggf zu prüfen). Hier geht es jedoch um den Ersatz, den Ausgleich eines derartigen Schadens. Dieser aber hat notwendigerweise die wirtschaftlichen Verhältnisse und ihre Unterschiede zu berücksichtigen. 78 Dies wird deutlich aus der Rechtsprechung zum Schmerzensgeld. Das Schmerzensgeld (früher § 847 Abs 1 BGB: "Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ... kann der Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen"; jetzt § 253 Abs 2 BGB: "Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, ... Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.") 79 ist der Prototyp der Kompensation immateriellen Schadens - und es ist ja gerade die "Schmerzensgeldfunktion", die die Verletztenrente nunmehr (nach Einführung der Regelung des § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI) neben der des Ersatzes des Erwerbsschadens erfüllen soll (BVerfG Kammerbeschluss vom 8.2.1995, SozR 3-2200 § 636 Nr 1 S 2; vgl ferner BSG 4. Senat vom 31.3.1998, BSGE 82, 83, 100 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7). 80 Die Zivilrechtsprechung unterscheidet bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zwischen dessen zwei Funktionen: der Ausgleichs- und der Genugtuungsfunktion (Bundesgerichtshof (BGH) Großer Senat für Zivilsachen vom 6.7.1955, BGHZ 18, 149, 154; s ferner BVerfG vom 11.7.2006, BVerfGE 116, 229, 240). Eine Genugtuungsfunktion erfüllt das Schmerzensgeld vor allem abhängig vom Verschuldensgrad des Schädigers, insbesondere also bei Vorsatz (BGH vom 29.11.1994, BGHZ 128, 117, 120 f). Eine derartige Funktion kann der Verletztenrente (auch im Rahmen ihrer Funktion, immaterielle Schäden auszugleichen) von vornherein nicht zukommen, ist sie doch davon unabhängig, ob es überhaupt einen Schädiger gibt, und damit erst recht auch von dessen Verschulden (in diesem Sinne auch BSG 4. Senat vom 31.3.1998, BSGE 82, 83, 100 f = SozR 3-2600 § 93 Nr 7). 81 Nach alledem bleibt für die in der Verletztenrente enthaltene Kompensation immaterieller Schäden die auch im Zivilrecht im Vordergrund stehende Ausgleichsfunktion. Diese bezweckt, dem Verletzten, dem der Schädiger "das Leben schwer gemacht hat", das Leben "wieder leichter zu machen" (BGHZ 18, 149, 154), mit anderen Worten: es ihm zu ermöglichen, für seine immaterielle Einbuße anderweit Annehmlichkeiten einzukaufen; auch die Möglichkeit, Menschen durch Freigiebigkeit gewogen zu erhalten, oder die Freude daran, Geldgeschenke zu machen, kann als Kompensation dienen (zB BGH vom 16.12.1975, NJW 1976, 1147, 1148; BGH vom 15.1.1991, NJW 1991, 1544, 1545 f). All dies hat jedoch einen unmittelbaren Bezug zur wirtschaftlichen Lage (und kann im Übrigen von den "schädigungsbedingten Mehraufwendungen", die zum "Vermögensschaden" iS des BGB gehören, schwer abzugrenzen sein; vgl BGH NJW 1991 aaO: Bezahlung einer Pflegekraft für Rollstuhlausfahrten: Vermögensschaden; Geldzuwendung an jemand, der solche Ausfahrten aus Gefälligkeit übernimmt: immaterieller Schaden). 82 Demnach stellt auch die Kompensation immaterieller Schäden notwendigerweise auf die für den Geschädigten maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse ab. Diesem steht ein derartiger Ausgleich nicht etwa zu dem Zweck zu, dass er sich - abstrakt - an einer bestimmten Summe Geldes erfreuen soll. Vielmehr soll er damit Gegenstände erwerben oder aber Leistungen in Anspruch nehmen können, die ihm einen Ausgleich an Lebensinhalt (Lebensfreude) bieten. Sind aber auf Grund der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse derartige Gegenstände und Leistungen (hier: im Beitrittsgebiet) günstiger zu erhalten, fällt demgemäß für den gleichen immateriellen Schaden, in Geld ausgedrückt, eine geringere Kompensation an als dort, wo solche Gegenstände und Leistungen mehr kosten (also in den alten Bundesländern; vgl BGH vom 22.6.1993, BGHZ 123, 65, 73). 83 dd) Es begegnet schließlich keinen Bedenken, dass der Gesetzgeber die differenzierende Verweisung in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI auf die Grundrente "West" bzw "Ost" trotz fortschreitender Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen den alten Bundesländern und dem Beitrittsgebiet bislang beibehalten hat. Denn auch weiterhin bestehen in jenen Bereichen Unterschiede, die, wie beschrieben, für die Kompensation von Nichterwerbsschäden relevant sind. So ist auch das BVerfG im Jahre 2003 in seinem Beschluss zur "Beamtenbesoldung Ost" davon ausgegangen, dass sich die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse, darin eingeschlossen das allgemeine Preis- und Lohnniveau, nach wie vor in den neuen Ländern erheblich von denen in den alten Ländern unterscheiden (BVerfG vom 12.2.2003, BVerfGE 107, 218, 248 ff, 250). Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran seither wesentlich etwas geändert hätte. 84 ee) Ein weiterer Gesichtspunkt: Hätte der Gesetzgeber von Anfang an tatsächlich die Grundrente in West-Höhe auch im Beitrittsgebiet anrechnungsfrei gestellt, hätte dies insbesondere bei dem damals (im Verhältnis zum aktuellen Rentenwert ("West")) besonders niedrigen aktuellen Rentenwert (Ost) eine ungerechtfertigte Bevorzugung der "Doppelrentner" (RV-Rente und Verletztenrente) im Beitrittsgebiet gegenüber denjenigen in den alten Bundesländern (BT-Drucks 15/2678, S 23) sowie gegenüber den "Einfachrentnern" im Beitrittsgebiet bedeutet. Dieses Missverhältnis wird dann deutlich, wenn man die Rentenbeträge Ost und West bei übereinstimmenden Entgeltpunkten (EP) vergleicht. 85 Die folgende Vergleichsberechnung legt die Daten eines sog Eckrentners mit 45 EP mit einer MdE (iS der gesetzlichen UV) um 50 vH zu Grunde. Im Januar 1992, zu Beginn der Geltung des SGB VI, betrug der aktuelle Rentenwert DM 41,44, der aktuelle Rentenwert (Ost) DM 23,57, also lediglich ca 57 % des West-Wertes. Zum 1.1.1999 war das Verhältnis auf DM 47,65/ DM 40,87, also 86 % angestiegen; seit dem 1.7.2003 beträgt es EUR 26,13/EUR 22,97, sodass der aktuelle Rentenwert (Ost) 88 % des aktuellen Rentenwerts ausmacht. Die BVG-Grundrente ("West" oder "Ost") nach einer MdE von 50 vH entspricht ihrer Höhe nach jeweils ca 8,3 EP, berücksichtigt man die unterschiedlichen aktuellen Rentenwerte. 86 RV-Rente West 45 EP RV-Rente Ost 45 EP Grundrente West MdE 50 vH Grundrente Ost MdE 50 vH RV-Rente West und Grundrente West ca 53,3 EP RV-Rente Ost und Grundrente Ost ca 53,3 EP RV-Rente Ost und Grundrente West entspr "EP (Ost)" ca 1.1.1992 DM 1.865 1.061 349 199 2.214 1.260 1.410 59,8 1.1.1999 DM 2.144 1.839 397 341 2.487 2.180 2.236 54,7 1.7.2003 EUR 1.176 1.034 218 192 1.394 1.226 1.252 54,5 87 Die Spalten, welche die RV-Rente und die Grundrente addieren, geben jeweils den Mindestzahlbetrag einer "Doppelrente" (RV-Rente plus Freibetrag nach § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI) wieder (unter der Voraussetzung, dass RV-Rente und Verletztenrente zusammen diesen Betrag erreichen). 88 Das Missverhältnis der kumulativen EP bei der Kombination: RV-Rente Ost/Grundrente Ost (in allen Jahren konstant 53,3 EP) zu der Kombination: RV-Rente Ost/Grundrente West (1992: 59,8 EP, 1999: 54,7 EP und 2003: 54,5 EP) hätte für den "Doppelrentner" aus den neuen Bundesländern eine zunächst überproportionale Kompensation des Nichterwerbsschadens zur Folge. Er würde besonders in der ersten Zeit gegenüber dem "Einfachrentner" unverhältnismäßig bevorzugt, denn er erhielte ab Januar 1992 durch die Anrechnungsfreiheit an Stelle des Gegenwerts der 8,3 "EP (Ost)" für die BVG-Grundrente Ost 14,8 "EP (Ost)" (damals entsprechend 8,3 "EP (West)"). Dem entspräche folgerichtig ein Absinken der Kompensationsleistung im weiteren Zeitablauf. Gerade angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten im Beitrittsgebiet würde sich der Anteil des Nichterwerbsschaden-Ausgleichs an der Gesamtleistung immer weiter vermindern. 89 Damit aber kann keine Rede davon sein, dass ein "nochmaliger Abschlag " (nicht nur beim aktuellen Rentenwert, sondern auch beim Freibetrag) Versicherte im Beitrittsgebiet unverhältnismäßig belasten würde (so jedoch BSG 4. Senat vom 10.4.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 38; ebenso BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 71). Im Gegenteil würde, wie aufgezeigt, die Kombination RV-Rente Ost/Grundrente West in mehrerlei Hinsicht zu deutlich unangemessenen Ergebnissen führen, die nur durch die Kombination RV-Rente Ost/Grundrente Ost vermieden werden können. Damit entspricht allein diese dem Gleichheitssatz. 90 d) Auch im Übrigen geht der Senat von der Verfassungsmäßigkeit seiner Lösung aus. 91 aa) Die hier vertretene Auslegung kann von vornherein keinen Eingriff in "Renteneigentum" bedeuten. Denn, wie bereits mehrfach auch in anderem Zusammenhang entschieden (BVerfG vom 28.4.1999, BVerfGE 100, 1, 33 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3; BSG 5. Senat vom 1.12.1999, BSGE 85, 161, 168 f = SozR 3-5050 § 22 Nr 7), unterliegen Rentenansprüche der ehemaligen DDR dem GG erst auf Grund der Anerkennung durch den EinigVtr, der die Beitrittsbedingungen und -folgen festlegte, und mit den Maßgaben, die dieser im Rahmen der Art 14 Abs 1 und 2 GG für sie festsetzt. Da er einen abgesenkten Freibetrag vorsieht, ist der jeweilige Rentenanspruch nur mit dieser Maßgabe geschützt. 92 bb) Bedenken gegen die Anwendung des im obigen Sinne abgesenkten Freibetrags Ost ergeben sich auch nicht aus den an den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) gerichteten Ermächtigungen in EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a (s oben II 3). Wenn hierin angeordnet wird, dass die in § 31 Abs 1 BVG "in der jeweils geltenden Fassung genannten Deutsche Mark-Beträge ... mit dem Vomhundertsatz zu multiplizieren (sind), der sich aus dem jeweiligen Verhältnis der verfügbaren Standardrente (§ 68 Abs. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) in dem in Artikel 3 des Vertrags genannten Gebiet zur verfügbaren Standardrente in dem Gebiet, in dem das Bundesversorgungsgesetz schon vor dem Beitritt gegolten hat, ergibt", 93 und ferner, dass der "Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ... den maßgebenden Vomhundertsatz und den Veränderungstermin jeweils im Bundesanzeiger bekannt" gibt, 94 so liegt hierin keine (Verordnungs-)Ermächtigung an den BMAS, einen nicht aus dem SGB VI ersichtlichen Vomhundertsatz oder den Zeitpunkt seiner Wirksamkeit eigenmächtig festzusetzen (vgl jedoch BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 63 ff). 95 Vielmehr ist gemeint: Die Grundrente (Ost) soll stets im gleichen Maße niedriger sein als eine Grundrente (West) wie eine RV-Rente (Ost) gegenüber einer RV-Rente (West), die ansonsten auf der gleichen Berechnungsgrundlage beruht (so versteht auch das BVerfG im Beschluss vom 12.2.2003, BVerfGE 107, 218, 252 das Wort "Standardrente"). Dass § 68 Abs 3 SGB VI (seit 2001) nicht mehr von einer "verfügbaren Standardrente" spricht, ist hierbei unerheblich, zumal dieser Begriff seither in § 154 Abs 3 Nr 2 Teilsatz 2 SGB VI geregelt ist. Dafür, dass etwa der Vergleich von Durchschnittsrenten oder anderer Größen maßgebend sein soll, können sachliche Gründe nicht ernsthaft geltend gemacht werden. Mit der Anordnung des EinigVtr, maßgebend sei das "jeweilige" Verhältnis der verfügbaren Standardrenten, ist auch ohne Spielraum die Geltungsdauer des jeweiligen Verhältnisses für die Berechnung der Grundrenten Ost geregelt. Demgemäß ist deren Bekanntgabe im Bundesanzeiger (und nicht im Bundesgesetzblatt) lediglich eine Wissens-, nicht aber eine Willenserklärung des BMAS und demgemäß keine Rechtsnorm, die einer Ermächtigungsgrundlage bedürfte. 96 cc) Weiterhin teilt der Senat nicht die Bedenken des 4. Senats, wonach die Berücksichtigung nur eines Freibetrags Ost bei der Rentenberechnung des Klägers wegen der Bevorzugung anderer Vergleichsgruppen verfassungswidrig sei (hierzu BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 74 f). 97 Dass sich der Freibetrag durch einen Umzug zwischen den alten Bundesländern und dem Beitrittsgebiet (in welcher Richtung auch immer) nach dem 18.5.1990 nicht verändern soll (in Anwendung des § 84a Satz 1 BVG), ist sachgerecht, um nicht zusätzliche Wanderungsbewegungen von Ost nach West zu provozieren oder Umzüge von West nach Ost zu verhindern (vgl ferner BSG 9. Senat vom 9.4.1997, BSGE 80, 176, 180 = SozR 3-3100 § 84a Nr 2). 98 Kein durchschlagendes Argument lässt sich aus dem Vergleich zur Behandlung von Sachverhalten mit Auslandsbezug herleiten, weil hiervon eher unbedeutende Fallzahlen betroffen sind. Dies gilt sowohl für den Vergleich der hier betroffenen "Ost-Doppelrentner" mit Ausländern, denen eine "Doppelrente" in das Ausland geleistet wird (hierzu BSG 13. Senat vom 20.11.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 3 RdNr 19), als auch für den Vergleich mit "Zuzüglern" aus dem ehemaligen Ostblock in die alten Bundesländer (die anders als Zuzügler in das in Art 3 des EinigVtr genannte Gebiet (Beitrittsgebiet) keine Kürzung nach § 84a Satz 2 BVG hinnehmen müssen; hierzu BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 74). 99 e) Im Fall des Klägers spielt die Bestimmung des § 84a Satz 1 BVG aF (s oben II 3) keine Rolle. Diese lautet: "Berechtigte, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet hatten, erhalten vom Zeitpunkt der Verlegung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts, frühestens vom 1. Januar 1991 an, Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz mit den für dieses Gebiet nach dem Einigungsvertrag geltenden Maßgaben, auch wenn sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in das Gebiet verlegen, in dem dieses Gesetz schon vor dem Beitritt gegolten hat." 100 Denn der Kläger hat seinen am 18.5.1990 bestehenden Wohnsitz im Beitrittsgebiet nicht in die alten Bundesländer verlegt. Satz 2 der Vorschrift ist von vornherein nicht einschlägig. 101 3. Die Lösung des Senats wird schließlich nicht durch das Urteil des BVerfG vom 14.3.2000 (BVerfGE 102, 41 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 - s oben II 5) berührt. 102 a) Der Eingangssatz der Gründe des Urteils (BVerfGE 102, 41, 42) führt aus: "A. Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, dass Kriegsbeschädigte des Zweiten Weltkriegs, die am 18. Mai 1990 im Beitrittsgebiet ansässig waren, bis heute eine niedrigere Grundrente und einen niedrigeren Pauschbetrag für Kleider- und Wäscheverschleiß erhalten als die Beschädigten, die zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet oder im westlichen Ausland lebten." 103 Die Entscheidung kommt zum Ergebnis, dass Kriegsopfern (Beschädigten) iS des § 1 BVG auch bei Wohnsitz im Beitrittsgebiet ab 1.1.1999 die "Grundrente West" zu zahlen ist, und begründet dies mit spezifischen Argumenten für Beschädigte des 2. Weltkriegs (Genugtuungsfunktion der Grundrente - s hierzu oben unter 2 c bb; Kriegsopfer in West und Ost seien "Opfer im gleichen Krieg für den gleichen Staat"; die in Aussicht gestellte Angleichung des Entschädigungsniveaus sei in für die Leistungsberechtigten erlebbarer Zeit nicht zu erreichen). Auch ansonsten stellt das Urteil des BVerfG nur auf die Grundrente für Kriegsbeschädigte ab. 104 So ist auch die Entscheidungsformel des Urteils vom 14.3.2000 (BVerfGE 102, 41, 41 f; BGBl I 445) zu verstehen. Sie lautet: "§ 84a des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in Verbindung mit Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe a des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (Bundesgesetzblatt II Seite 889, 1067) ist mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit die Beschädigtengrundrente nach § 31 Absatz 1 Satz 1 des Bundesversorgungsgesetzes auch nach dem 31. Dezember 1998 im Beitrittsgebiet anders berechnet wird als im übrigen Bundesgebiet." 105 Auf der Grundlage der obigen Ausführungen ist die Wendung "soweit die Beschädigtengrundrente ... (nicht Grundrente ) anders berechnet wird als im übrigen Bundesgebiet" verdeutlichend zu lesen als: "soweit die Grundrente für Kriegsbeschädigte ... anders berechnet wird als im übrigen Bundesgebiet". Auch die Bindungswirkung dieser Entscheidung nach § 31 Abs 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz reicht demgemäß nicht weiter. Soweit § 31 BVG durch Verweisungen entweder im Sozialen Entschädigungsrecht oder aber im Rentenrecht (also in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI) auch für andere Personenkreise Bedeutung hat, ist die Vorschrift durch das Urteil des BVerfG nicht betroffen. 106 b) Soweit der Tenor des BVerfG auf § 84a BVG abstellt, gilt (abweichend von den Materialien zum SER-ÄndG, s oben II 10) Folgendes: 107 Auch in seinen Ausführungen zu Art 3 Abs 1 GG (BVerfGE 102, 41, 54 f) sieht das BVerfG in dieser Vorschrift augenscheinlich die Rechtsgrundlage für die abgesenkte "Grundrente Ost". Demgegenüber ist (s oben II 3) diese Rechtsgrundlage tatsächlich allein in EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst l und Buchst a zu suchen (das BVerfG führt im Tenor insoweit nur Buchst a an und zitiert in seiner Sachverhaltsdarstellung (aaO 44 f) nur Buchst a und f, nicht jedoch Buchst l). § 84a Satz 1 BVG hatte (in seiner damaligen Fassung) nur Bedeutung für solche Berechtigten, die nach dem 18.5.1990 aus den neuen in die alten Bundesländer umgezogen waren, und sich gegenüber den vergleichbar Berechtigten im Beitrittsgebiet nicht besser stellen sollten; Satz 2 galt für "Zuzügler" aus Staaten des früheren Ostblocks. Diese Vorschrift dürfte in den vom BVerfG entschiedenen Fällen von vornherein nicht einschlägig gewesen sein, weil den Verfassungsbeschwerden Entscheidungen thüringischer Sozialgerichte zu Grunde lagen und auch von einem Zuzug nichts erwähnt ist (allerdings stellt auch BSG 9. Senat vom 12.12.1995 - 9 BV 113/95, eine der Vorentscheidungen zu BVerfGE 102, 41, auf "§ 84a BVG iVm Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a" ab). 108 Dennoch macht der Tenor des BVerfG insofern Sinn, als eine Verfassungswidrigkeit der Absenkung der "Grundrente Ost" für Kriegsbeschädigte ab 1999 naturgemäß auch die für "Umzügler und Zuzügler" geltende Vorschrift des § 84a BVG beeinflusst. 109 4. Die Neufassungen des Gesetzes (s oben II 8 und 10) beeinflussen die Lösung des Senats nicht. 110 Der Änderung des § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI durch Art 1 Nr 19 RVNG vom 21.7.2004, wird durch Art 15 Abs 2 RVNG Rückwirkung ab 1.1.1992 beigemessen (s unten a). Ebenso wird der Änderung des § 84a BVG durch das SER-ÄndG vom 19.6.2006 in Art 9 Abs 1a dieses Gesetzes ab 1.1.1991 rückwirkende Geltung eingeräumt (s unten b). Beide Änderungen haben jedoch die materielle Rechtslage nicht zu Gunsten des Klägers geändert. 111 a) Ein Rücknahmeanspruch kann nicht auf den ab 1.1.1992 geltenden § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI idF des RVNG gestützt werden. Dieser lautet: "Bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge bleiben unberücksichtigt ... Nr 2 bei der Verletztenrente aus der Unfallversicherung a) der Betrag, der bei gleichem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente nach § 31 in Verbindung mit § 84a Satz 1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes geleistet würde ..." 112 Der Senat kann offen lassen, ob diese Verweisung auf § 84a BVG ins Leere geht (so BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 55 ff). Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob die ebenfalls rückwirkende Vorschrift des § 84a BVG nF nunmehr Anwendung findet; dann wäre die Revision ohnehin unbegründet (s unten b). Denn § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI nF begründet selbst unter wirksamer Bezugnahme auf § 84a Satz 1 und 2 BVG aF nach der hier gefundenen Auslegung (s oben 2) im vorliegenden Fall keinen höheren Freibetrag. Da § 84a BVG nur Personen betrifft, die am 18.5.1990 im Beitrittsgebiet gewohnt haben und später in das alte Bundesgebiet umgezogen sind, war diese Vorschrift für die große Mehrzahl der Fälle nicht einschlägig (s oben 2 f). In diesem Fall bleibt es bei der Bezugnahme allein auf § 31 BVG und damit im Beitrittsgebiet bei der Anwendung dieser Vorschrift mit den Maßgaben aus EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a, l und m (s oben III B 2). Zwar wird in der Neufassung nicht allgemein auf "Grundrente nach dem BVG" verwiesen. Jedoch bestand bereits zu der alten Fassung Einigkeit, dass unter Grundrente nur eine solche nach § 31 BVG verstanden werden kann. Da der Wortlaut im Übrigen identisch ist, ist keine andere Auslegung der Neufassung möglich. 113 b) Dieses Ergebnis folgt erst recht aus der Bezugnahme in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI idF des RVNG auf § 84a Satz 1 und 2 BVG idF des Art 01 des SER-ÄndG vom 19.6.2006. Diese mit Wirkung ab 1.1.1991 in Kraft getretene Neufassung des § 84a BVG lautet: "Berechtigte, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet hatten, erhalten vom 1. Januar 1991 an Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz mit den für dieses Gebiet nach dem Einigungsvertrag geltenden Maßgaben ..." 114 Dieser Tatbestand ist im vorliegenden Fall ohne weiteres erfüllt und daher nur der abgesenkte Freibetrag nach der Grundrente (Ost) zu berücksichtigen."
Dem schließt sich der hier entscheidende Senat als überzeugend an. Er hält im Übrigen die Auffassung der Beklagten für zutreffend, dass der Gesetzgeber § 84 a BVG rückwirkend ändern durfte. Eine so genannte echte Rückwirkung ist dann möglich, wenn das verfassungsrechtlich grundsätzlich gebotene Rückwirkungsverbot, dass seinen Grund im Vertrauensschutz hat, zurücktritt, weil kein schützenswertes Vertrauen auf dem Bestand des geltenden Rechts besteht (so bereits U. des Senats vom 29.09. 2006 – L 1 R 196/05- mit Bezugnahme auf BVerfGE 101, 239, 263 f m. w. Nachw.). Dies ist der Fall, wenn die rückwirkend geänderte Rechtslage unklar war, so dass sich ein Vertrauen des Einzelnen in den Bestand von Rechtsnormen und Rechtsakten nicht bilden konnte (vgl. BVerfGE 88, 384, 404; BSGE 82, 198, 204). Eine solche Situation lag hier vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG aufgrund der dargestellten Entwicklung der Rechtsprechung des BSG nicht mehr vorliegt.
Tatbestand:
Im Streit steht, inwieweit die Beklagte die Unfallrente (Verletztenrente) des Klägers bei der Berechnung seiner Altersrente berücksichtigen darf.
Der Kläger wohnte am 18. Mai 1990 in der DDR. Er erlitt am 1. Juli 1991 einen Arbeitsunfall und erhält deshalb von der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft Berlin eine Verletztenrente, die nicht auf eigener Beitragsleistung beruht, konkret unter Zugrundelegung eines Jahresarbeitsverdienstes ab Juli 1997 von 26.279,07 DM bei einer MdE von 20 ab Juli 1997 291,99 DM monatlich. Die Beklagte bewilligte dem Kläger auf dessen Antrag vom 8. Januar 1996 (VV Bl. 6) mit Bescheid vom 6. Januar 1998 (VV Bl. 161 ff) Altersrente wegen Arbeitslosigkeit ab 1. März 1998. Mit Bescheid vom 8. Januar 2001 wurde die Rente ab 1. März 1998 neu berechnet. Ab 1. März 2001 betrug sie 1.761,96 DM abzüglich der Pflichtbeiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung 1.625,42 DM, entsprechen 831,06 EUR.
Mit Schreiben vom 20. Mai 2003 bat der Kläger um Überprüfung der Rentenbescheide und nahm dabei auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 10. April 2003 – B 4 RA 32/02 R – Bezug. Er erhalte eine gesetzliche Unfallrente aufgrund seiner Schwerhörigkeit. Von dieser würde bei ihm monatlich zu viel angerechnet, da die Freibeträge für Renten im Osten rechtswidrig niedriger angesetzt würden als die im Westen.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 10. August 2004 den Antrag auf Teilrücknahme des Bescheides vom 6. Januar 1998 ab. Dieser sei nämlich nicht rechtswidrig und müsse deshalb nicht nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zurückgenommen werden. Zwar habe das BSG in der angeführten Entscheidung entschieden, dass die Anrechnung der Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a Sozialgesetzbuch Sechsten Buch (SGB VI) ein einheitlicher "Freibetrag" in Höhe der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nicht in Höhe einer abgesenkten Grundrente – Ost – einzuräumen sei. Allerdings habe der Gesetzgeber rückwirkend zum 1. Januar 1992 klargestellt, dass § 93 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 a SGB VI in der Fassung des Rentenversicherungsnachhaltigkeitsgesetzes (RVNG; BGBl I Nr. 38 vom 26. Juli 2004) nunmehr ausdrücklich auf § 31 in Verbindung mit § 84 a BVG verweise. In § 84 a Abs. 1 und 2 BVG seien die Besonderheiten für Berechtigte in den neuen Bundesländern geregelt. Damit gelte bei der Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf die Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in den neuen Bundesländern weiterhin ein niedrigerer Freibetrag.
Der Kläger erhob Widerspruch. Er könne sich nicht damit abfinden, als Rentner im Osten zweimal benachteiligt zu werden. Seine Altersrente habe er sich in jahrelanger, harter Arbeit verdient. Er sähe es als "Betrug" an, ihm das Geld seiner Rente nicht voll zu zahlen.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 10. Dezember 2004 unter Wiederholung der Begründung des Ausgangsbescheides zurück.
Hiergegen hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Potsdam (SG) erhoben. Das SG hat mit Urteil vom 30. Juni 2001 die Bescheide der Beklagten vom 8. Januar 2001 und vom 10. August 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Dezember 2004 abgeändert, soweit die Beklagte bei der Unfallrentenanrechnung nach § 93 SGB VI den "Freibetrag" in Höhe der Grundrente "Ost" anstelle des "Freibetrages" Grundrente "West" zugrunde gelegt habe. Der Kläger habe einen Anspruch darauf, dass beim Zusammentreffen seiner Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung mit der gesetzlichen Rentenversicherung kein unterschiedlicher Freibetrag zwischen den alten und den neuen Bundesländern greife. Zwar sei die Rente aus der Rentenversicherung nach § 93 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI in der seit 1. Januar 1992 geltenden Fassung durch das RVNG insoweit nicht zu leisten, als bei einem Zusammentreffen mit einer Verletztenrente aus der Unfallversicherung die Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge vor Einkommensanrechnung den jeweiligen Grenzbetrag übersteige. § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI ermächtige den Rentenversicherungsträger jedoch nicht, bei der Einstellung des Freibetrages zwischen Unfallverletztenrentnern in den alten und neuen Bundesländern zu differenzieren. Die Kammer folge den Ausführungen des BSG im Urteil vom 29. Juni 2006 – B 4 RA 27/05 R –, wonach die Verweisung in § 93 Abs. 2 Nr. 2 SGB VI auf § 31 in Verbindung mit § 84 a Satz 1 und 2 BVG ins Leere gehe, weil das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) mit Urteil vom 14. März 2000 (BGBl I Seite 445) es für nichtig erklärt habe, dass Beschädigtengrundrenten nach § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG im Beitrittsgebiet anders berechnet würden als im übrigen Bundesgebiet. § 44 SGB X sei deshalb einschlägig.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Mittlerweile habe der Gesetzgeber durch das "Gesetz zur Änderung von Vorschriften des sozialen Entschädigungsrechts und des Gesetzes über einen Ausgleich von Dienstbeschädigungen im Beitrittsgebiet" vom 19. Juni 2006 (BGBl I Seite 1305) § 84 a BVG für Sachverhalte ab dem 1. Januar 1991 geändert. Nunmehr sei von Berechtigten die Rede, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Beitrittsgebiet gehabt hätten. Mit dieser Klarstellung des § 84 a BVG habe der Gesetzgeber u. a. auf die Entscheidungen des 4. Senats des BSG reagiert, wonach § 44 a BVG nur Umzügler erfasse, nicht aber diejenigen, die seit dem 18. Mai 1990 dauerhaft im Beitrittsgebiet gewohnt hätten. Mit der Neufassung werde somit Rechtsicherheit geschaffen (Bezugnahme auf BT–Drucksache 16/1162 S. 15). (GA Bl. 67 f:) Insoweit liege eine so genannte echte Gesetzesrückwirkung vor, die jedoch verfassungsgemäß sei. Angesichts der verworrenen Rechtslage habe der Gesetzgeber rückwirkend Klarstellung schaffen dürfen (Bezugnahme auf BSG U. v. 21.06.2005 – B 8 KN 1/05 R – zur rückwirkenden Modifikation des § 22 b Abs. 1 Fremdrentengesetz). Sie verweist ferner auf den Beschluss des BSG vom 12. Dezember 2006 – B 13 RJ 25/05 R – mit welchem dieser beim 4. Senat des BSG angefragt habe, ob dieser an seiner Rechtsauffassung festhalte.
Sie beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 30. Juni 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er ist der Auffassung, dass die Änderung der Rechtslage keinen Einfluss auf die Festsetzung des Freibetrages habe. Es bleibe dabei, dass ein Abschlag beim Freibetrag zusätzlich zum niedrigeren aktuellen Rentenwert Ost die Betroffenen im Beitrittsgebiet unverhältnismäßig belaste.
Mit Beschluss vom 29. November 2007 – B 13 RJ 25/05 R – hat der 13. Senat des BSG dem Großen Senat des BSG die zwischen ihm und dem 4. Senat streitige Rechtsfrage vorgelegt, ob bei Anrechnung einer Verletztenrente aus der gesetzlichen Unfallversicherung auf eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI für das Beitrittsgebiet kein besonderer – abgesenkter – Freibetrag zu berücksichtigen sei. Der nunmehr 5a. Senat des BSG – neben dem 13. Senat ab 1. Januar 2008 Nachfolgesenat des 4. Senats in dessen Zuständigkeit für Streitigkeiten aus der allgemeinen Rentenversicherung – hat auf eine Anfrage des Vorsitzenden des Großen Senats mit Beschluss vom 30. Juli 2008 geantwortet, er halte an der oben genannten Auffassung nicht mehr fest (vgl. BSG, Terminsvorschau Nr. 57 aus 2008 zum Verfahren B 13 R 129/08 R). Der 13. Senat hat deshalb am 13. November 2008 seinen Vorlagebeschluss vom 29. November 2007 aufgehoben, weil angesichts des Beschlusses des 5 a Senats vom 30. Juli 2008 insoweit keine für die Anrufung des Großen Senats nach § 41 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorausgesetzte Divergenzlage mehr bestehe (neues Az. B 13 R 129/08R). Mit Urteil vom selben Tag hat er die Revision des dortigen Klägers mit der gleichen Begründung, welche bereits dem Vorlagebeschluss zugrunde gelegen hat, zurückgewiesen. Dies sei mit dem Grundgesetz im Einklang.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze wird ergänzend Bezug genommen. Die den Kläger betreffende Verwaltungsakte der Beklagten lag vor und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist begründet. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Seine Klage war deshalb abzuweisen. Er hatte keinen Anspruch nach § 44 SGB X auf Neufeststellung seiner Rente unter Berücksichtigung eines einheitlichen, für das gesamte Bundesgebiet geltenden Freibetrages (West) nach § 93 Abs. 2 Nr. 2 a SGB VI. Der Senat schließt sich der Auffassung des 13. Senates des BSG sowie des 5a. Senates an, welche im eigenen Haus auch der 22. Senat teilt. Ein nochmaliger "Abschlag" (nicht nur beim aktuellen Rentenwert, sondern auch beim Grundrentenfreibetrag Ost) belastet Versicherte im Beitrittsgebiet nicht unverhältnismäßig (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 10. April 2008 – L 22 KN 28/02 – juris RdNr. 113 ff).
Der 13. Senat des BSG hat hierzu Folgendes ausgeführt:
"Für den Zeitraum ab 1.1.1992 bewirkt bereits § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI idF des RRG 1992 (aF) eine Differenzierung der Höhe des Freibetrags nach dem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in den alten oder neuen Bundesländern zum Stichtag am 18. Mai 1990. 62 a) Dies folgt bereits aus dem Wortlaut des § 93 Abs 2 SGB VI aF: "Bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge bleiben unberücksichtigt ... 2. bei der Verletztenrente aus der Unfallversicherung a) der Betrag, der bei gleichem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz geleistet würde, ..." 63 Zwar unterscheidet der Wortlaut nicht ausdrücklich zwischen einer anrechnungsfreien "Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz" in den alten und neuen Bundesländern. Dessen bedurfte es auch nicht. Denn die Verwendung des Konjunktivs "würde" stellt auf den Betrag ab, der dem konkreten Versicherten als "Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz" gezahlt würde, wäre er Berechtigter nach dem BVG. Nur die nicht gewählte Formulierung "wird" könnte nahe legen, dass sich die Vorschrift abstrakt auf den gesetzlich geregelten Betrag (§ 31 BVG in der jeweiligen Fassung) bezieht. 64 b) Dann aber gilt für "Berechtigte, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt" im Beitrittsgebiet hatten, die (abgesenkte) Grundrente Ost (EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst l iVm Buchst a). Diese war nach der ursprünglichen Regelung sowohl für Kriegsopfer als auch für Berechtigte nach dem übrigen Sozialen Entschädigungsrecht, zB nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) bzw dem Bundes-Seuchengesetz (BSeuchG; seit 2001: Impfschadensgesetz - IfSG), zu zahlen. Ein Grund für eine abweichende Behandlung im Rahmen des § 93 SGB VI bestand nicht. 65 Im Beitrittsgebiet war das BVG nämlich von vornherein nur mit den Maßgaben des EinigVtr vom 31.8.1990 (BGBl II 889) in Kraft getreten. Die Verweisung auf das "Bundesversorgungsgesetz" in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI erfasst damit für dieses Gebiet die Rechtsgrundlagen für eine Absenkung der Grundrente nach § 31 Abs 1 Satz 1 BVG. Diese finden sich in EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a und Buchst l (nicht jedoch in "§ 84a BVG iVm EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a" - so jedoch offenbar BSG 9. Senat vom 10.8.1993, BSGE 73, 41, 42 = SozR 3-3100 § 84a Nr 1, sowie vom 12.12.1995 - 9 BV 113/95; beide Entscheidungen betreffen, soweit ersichtlich, keine Personen, die nach dem 18.5.1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt aus dem Beitrittsgebiet in die alten Bundesländer oder aus Staaten des Ostblocks in das Beitrittsgebiet verlegt hatten - "Umzügler" bzw "Zuzügler"). Dies folgt aus der Systematik der Überleitung des BVG im Beitrittsgebiet durch den EinigVtr. 66 Art 8 EinigVtr bestimmt, dass mit dem Wirksamwerden des Beitritts in dem in Art 3 genannten Gebiet Bundesrecht in Kraft tritt, soweit es nicht in seinem Geltungsbereich auf bestimmte Länder oder Landesteile der Bundesrepublik Deutschland beschränkt ist und soweit durch diesen Vertrag, insbesondere dessen Anlage I, nichts anderes bestimmt wird. In der "Vorbemerkung" zur Anlage I heißt es: "Gemäß Abschnitt III des jeweiligen Kapitels treten die Rechtsvorschriften mit den dort bestimmten Maßgaben in dem in Art 3 des Vertrages genannten Gebiet in Kraft." Im Beitrittsgebiet sind also die jeweiligen bundesrechtlichen Vorschriften von vornherein nur mit der im Abschnitt III des jeweiligen Kapitels der Anlage I genannten Maßgaben in Kraft. Eine danebenstehende andere Fassung der Vorschriften gibt es dort nicht. 67 Zu diesen Maßgaben zählt nach EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a die Absenkung der Höhe der Grundrente nach § 31 Abs 1 BVG für solche Personen (aaO Buchst l), welche am 18.5.1990 - dem Tag des Abschlusses des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik (BGBl II 537) - ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt im Beitrittsgebiet hatten, wie der Kläger des vorliegenden Falles. Für diesen Personenkreis sind die in § 31 Abs 1 und 5 BVG in der jeweils geltenden Fassung genannten DM-Beträge mit dem Vomhundertsatz zu multiplizieren, der sich aus dem jeweiligen Verhältnis der verfügbaren Standardrente (§ 68 Abs 3 SGB VI) in dem in Art 3 EinigVtr genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) zur verfügbaren Standardrente in dem Gebiet, in dem das BVG schon vor dem Beitritt gegolten hat, ergibt. Der weitere Text des Buchst a ist hier ebenso unerheblich wie der der Buchst b bis k dieser Nummer. 68 Die Einfügung der Bestimmung des § 84a BVG (aF) durch EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt II ergänzt diesen Grundsatz nur ua für die Personen, welche nach diesem Stichtag in die alten Bundesländer umgezogen sind (insoweit richtig BSG 9. Senat vom 9.4.1997, BSGE 80, 176 = SozR 3-3100 § 84a Nr 2 für einen Umzügler). Diese sollen weiterhin nur die abgesenkte Grundrente erhalten. 69 Dieses Anpassungskonzept ist verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfGE 102, 41, 55 ff) und wird vom EinigVtr ausdrücklich auf andere Gebiete des sozialen Entschädigungsrechts ausgedehnt (etwa: EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 18 für Berechtigte nach dem OEG; EinigVtr Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet B Abschnitt II Nr 1 sieht für das Soldatenversorgungsgesetz eine Übergangsregelung durch Einfügung des § 92a und Maßgaben in Abschnitt III Nr 5 vor; BSeuchG (seit 1.1.2001: IfSG): EinigVtr Anlage I Kapitel X Sachgebiet D Abschnitt III Nr 3 Buchst c; § 10 Abs 1 Unterstützungsabschlussgesetz; Häftlingshilfegesetz: EinigVtr Anlage I Kapitel II Sachgebiet D Abschnitt III Nr 3 Buchst c; § 24 Strafrechtliches Rehabilitierungsgesetz; § 6 Verwaltungsrechtliches Rehabilitierungsgesetz). 70 c) Dieses Ergebnis entspricht Sinn und Zweck der Freibetragsregelung; es bedeutet auch keine unangemessene Benachteiligung der Betroffenen. 71 aa) § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI soll den Teil der Unfallrente anrechnungsfrei stellen, "von dem angenommen wird, dass er nicht Lohnersatzfunktion hat" (BT-Drucks 11/4124, S 174). Hieraus ist allerdings nicht zu schließen, dass dem anrechnungsfreien Betrag ausschließlich der Charakter des Ersatzes eines immateriellen Schadens zukäme (wie zB BVerfG Kammerbeschluss vom 8.2.1995, SozR 3-2200 § 636 Nr 1 S 2 und BSG 4. Senat vom 10.4.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 26 ff anzunehmen scheinen). Denn der Nichterwerbsschaden umfasst daneben auch verletzungsbedingte Mehraufwendungen (s § 843 Abs 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB): "Vermehrung der Bedürfnisse"; vgl BSG 2. Senat vom 22.6.2004, SozR 4-2700 § 31 Nr 1 RdNr 9 mwN), also materielle Schäden (auch BSG 4. Senat vom 10.4.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 28 begreift die "Mehraufwendungen" als "materiellen Schaden"; s auch unten bei RdNr 81). 72 Dass die Verletztenrente als Nichterwerbsschaden ausschließlich immaterielle Schäden abgelten soll, kann auch nicht daraus gefolgert werden, dass die Grundrente nach dem BVG - inzwischen - (praktisch) allein den immateriellen Schaden abdecke (so jedoch BSG 4. Senat vom 10.4.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 29; zur Funktion der Grundrente noch anders BSG 4. Senat vom 31.3.1998, BSGE 82, 83, 99 f = SozR 3-2600 § 93 Nr 7; vorsichtiger insoweit auch BVerfG vom 14.3.2000, BVerfGE 102, 41, 60 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3). Dies läge zwar nahe, weil gemäß § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI sich der als Anteil des Nichterwerbsschadens innerhalb der Verletztenrente nicht anrechenbare Betrag nach der BVG-Grundrente bemisst. Eine derartige (teilweise) Gleichsetzung der Funktionen wäre jedoch allenfalls dann berechtigt, wenn auch in der gesetzlichen UV verletzungsbedingte Mehraufwendungen ähnlich zusätzlich kompensiert würden wie (gemäß der Verordnung über die Versorgung mit Hilfsmitteln und über Ersatzleistungen nach dem BVG vom 4.10.1989, BGBl I 1834) in der Kriegsopferversorgung. Dies aber ist zweifelhaft. Würden derartige Leistungen zwar für Kriegsbeschädigte gesondert gewährt, in der gesetzlichen UV jedoch nicht, müssten jedenfalls insoweit die wirtschaftlichen Verhältnisse berücksichtigt werden. 73 bb) Überdies ist die Gleichsetzung der Funktion des Teils der Verletztenrente, der den Nichterwerbsschaden abdecken soll, mit der Funktion der Grundrente nach dem BVG auch in anderer Hinsicht zweifelhaft. Nach dem BVerfG (BVerfGE 102, 41, 60 ff = SozR 3-3100 § 84a Nr 3) erfüllt die Grundrente, stellt man auf den immateriellen Schaden ab, eine "Genugtuungsfunktion", die vom "ideellen Ausgleich eines vom Einzelnen im Militärdienst für die staatliche Gemeinschaft erbrachten gesundheitlichen Sonderopfers" geprägt sei. Insoweit sei eine Differenzierung Ost/West (ab 1999) nicht (mehr) angebracht. Diese Überlegung aber kann denknotwendigerweise nicht für die Verletztenrente der gesetzlichen UV (oder einen Teil dieser Leistung) gelten. Denn dieser liegt kein derartiges Sonderopfer zu Grunde. 74 Damit aber kann aus Natur und Funktion der Grundrente von vornherein kein Argument für die Behandlung des Freibetrags nach § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI hergeleitet werden. Diese Vorschrift enthält demnach nur eine Verweisung auf die Höhe eines als solchen wertfreien Betrags (der zB auch durch eine Verweisung auf bestimmte Prozentsätze der Bezugsgröße - § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch - ersetzt werden könnte). 75 cc) Ob hinsichtlich des Freibetrags eine Differenzierung Ost/West angebracht ist, hängt deshalb allein von der Funktion des Teils der Verletztenrente ab, der der Kompensation des Nichterwerbsschadens dient, zusammengesetzt (in einem noch ungeklärten Verhältnis) aus den verletzungsbedingten Mehraufwendungen und dem immateriellen Schaden. 76 Hinsichtlich der verletzungsbedingten Mehraufwendungen liegt eine Differenzierung nach den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen in Ost und West auf der Hand. 77 Aber auch hinsichtlich des immateriellen Schadens ist die Vorstellung unrichtig, ein solcher müsse aus Gleichheitsgesichtspunkten sowohl in Ost als auch in West in gleicher Höhe ausgeglichen werden, ohne die unterschiedlichen wirtschaftlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen. Zwar kann der Wohnsitz des Opfers den immateriellen Schaden iS des Ausmaßes der seelischen Begleiterscheinungen und Schmerzen nicht beeinflussen (so BSG 4. Senat vom 10.4.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 44; entsprechend auch BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 73: "kein ökonomischer Bezug"; ob dies auch für die weiteren Aspekte des immateriellen Schadens "Einbußen an körperlicher und geistiger Integrität" und "immaterielle Fortkommensnachteile" - BSG 4. Senat vom 31.3.1998, BSGE 82, 83, 99 f = SozR 3-2600 § 93 Nr 7 - in gleichem Maße zutrifft, wäre ggf zu prüfen). Hier geht es jedoch um den Ersatz, den Ausgleich eines derartigen Schadens. Dieser aber hat notwendigerweise die wirtschaftlichen Verhältnisse und ihre Unterschiede zu berücksichtigen. 78 Dies wird deutlich aus der Rechtsprechung zum Schmerzensgeld. Das Schmerzensgeld (früher § 847 Abs 1 BGB: "Im Falle der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit ... kann der Verletzte auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangen"; jetzt § 253 Abs 2 BGB: "Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, ... Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.") 79 ist der Prototyp der Kompensation immateriellen Schadens - und es ist ja gerade die "Schmerzensgeldfunktion", die die Verletztenrente nunmehr (nach Einführung der Regelung des § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI) neben der des Ersatzes des Erwerbsschadens erfüllen soll (BVerfG Kammerbeschluss vom 8.2.1995, SozR 3-2200 § 636 Nr 1 S 2; vgl ferner BSG 4. Senat vom 31.3.1998, BSGE 82, 83, 100 = SozR 3-2600 § 93 Nr 7). 80 Die Zivilrechtsprechung unterscheidet bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zwischen dessen zwei Funktionen: der Ausgleichs- und der Genugtuungsfunktion (Bundesgerichtshof (BGH) Großer Senat für Zivilsachen vom 6.7.1955, BGHZ 18, 149, 154; s ferner BVerfG vom 11.7.2006, BVerfGE 116, 229, 240). Eine Genugtuungsfunktion erfüllt das Schmerzensgeld vor allem abhängig vom Verschuldensgrad des Schädigers, insbesondere also bei Vorsatz (BGH vom 29.11.1994, BGHZ 128, 117, 120 f). Eine derartige Funktion kann der Verletztenrente (auch im Rahmen ihrer Funktion, immaterielle Schäden auszugleichen) von vornherein nicht zukommen, ist sie doch davon unabhängig, ob es überhaupt einen Schädiger gibt, und damit erst recht auch von dessen Verschulden (in diesem Sinne auch BSG 4. Senat vom 31.3.1998, BSGE 82, 83, 100 f = SozR 3-2600 § 93 Nr 7). 81 Nach alledem bleibt für die in der Verletztenrente enthaltene Kompensation immaterieller Schäden die auch im Zivilrecht im Vordergrund stehende Ausgleichsfunktion. Diese bezweckt, dem Verletzten, dem der Schädiger "das Leben schwer gemacht hat", das Leben "wieder leichter zu machen" (BGHZ 18, 149, 154), mit anderen Worten: es ihm zu ermöglichen, für seine immaterielle Einbuße anderweit Annehmlichkeiten einzukaufen; auch die Möglichkeit, Menschen durch Freigiebigkeit gewogen zu erhalten, oder die Freude daran, Geldgeschenke zu machen, kann als Kompensation dienen (zB BGH vom 16.12.1975, NJW 1976, 1147, 1148; BGH vom 15.1.1991, NJW 1991, 1544, 1545 f). All dies hat jedoch einen unmittelbaren Bezug zur wirtschaftlichen Lage (und kann im Übrigen von den "schädigungsbedingten Mehraufwendungen", die zum "Vermögensschaden" iS des BGB gehören, schwer abzugrenzen sein; vgl BGH NJW 1991 aaO: Bezahlung einer Pflegekraft für Rollstuhlausfahrten: Vermögensschaden; Geldzuwendung an jemand, der solche Ausfahrten aus Gefälligkeit übernimmt: immaterieller Schaden). 82 Demnach stellt auch die Kompensation immaterieller Schäden notwendigerweise auf die für den Geschädigten maßgebenden wirtschaftlichen Verhältnisse ab. Diesem steht ein derartiger Ausgleich nicht etwa zu dem Zweck zu, dass er sich - abstrakt - an einer bestimmten Summe Geldes erfreuen soll. Vielmehr soll er damit Gegenstände erwerben oder aber Leistungen in Anspruch nehmen können, die ihm einen Ausgleich an Lebensinhalt (Lebensfreude) bieten. Sind aber auf Grund der allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse derartige Gegenstände und Leistungen (hier: im Beitrittsgebiet) günstiger zu erhalten, fällt demgemäß für den gleichen immateriellen Schaden, in Geld ausgedrückt, eine geringere Kompensation an als dort, wo solche Gegenstände und Leistungen mehr kosten (also in den alten Bundesländern; vgl BGH vom 22.6.1993, BGHZ 123, 65, 73). 83 dd) Es begegnet schließlich keinen Bedenken, dass der Gesetzgeber die differenzierende Verweisung in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI auf die Grundrente "West" bzw "Ost" trotz fortschreitender Angleichung der Lebensverhältnisse zwischen den alten Bundesländern und dem Beitrittsgebiet bislang beibehalten hat. Denn auch weiterhin bestehen in jenen Bereichen Unterschiede, die, wie beschrieben, für die Kompensation von Nichterwerbsschäden relevant sind. So ist auch das BVerfG im Jahre 2003 in seinem Beschluss zur "Beamtenbesoldung Ost" davon ausgegangen, dass sich die allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse, darin eingeschlossen das allgemeine Preis- und Lohnniveau, nach wie vor in den neuen Ländern erheblich von denen in den alten Ländern unterscheiden (BVerfG vom 12.2.2003, BVerfGE 107, 218, 248 ff, 250). Es ist nicht ersichtlich, dass sich hieran seither wesentlich etwas geändert hätte. 84 ee) Ein weiterer Gesichtspunkt: Hätte der Gesetzgeber von Anfang an tatsächlich die Grundrente in West-Höhe auch im Beitrittsgebiet anrechnungsfrei gestellt, hätte dies insbesondere bei dem damals (im Verhältnis zum aktuellen Rentenwert ("West")) besonders niedrigen aktuellen Rentenwert (Ost) eine ungerechtfertigte Bevorzugung der "Doppelrentner" (RV-Rente und Verletztenrente) im Beitrittsgebiet gegenüber denjenigen in den alten Bundesländern (BT-Drucks 15/2678, S 23) sowie gegenüber den "Einfachrentnern" im Beitrittsgebiet bedeutet. Dieses Missverhältnis wird dann deutlich, wenn man die Rentenbeträge Ost und West bei übereinstimmenden Entgeltpunkten (EP) vergleicht. 85 Die folgende Vergleichsberechnung legt die Daten eines sog Eckrentners mit 45 EP mit einer MdE (iS der gesetzlichen UV) um 50 vH zu Grunde. Im Januar 1992, zu Beginn der Geltung des SGB VI, betrug der aktuelle Rentenwert DM 41,44, der aktuelle Rentenwert (Ost) DM 23,57, also lediglich ca 57 % des West-Wertes. Zum 1.1.1999 war das Verhältnis auf DM 47,65/ DM 40,87, also 86 % angestiegen; seit dem 1.7.2003 beträgt es EUR 26,13/EUR 22,97, sodass der aktuelle Rentenwert (Ost) 88 % des aktuellen Rentenwerts ausmacht. Die BVG-Grundrente ("West" oder "Ost") nach einer MdE von 50 vH entspricht ihrer Höhe nach jeweils ca 8,3 EP, berücksichtigt man die unterschiedlichen aktuellen Rentenwerte. 86 RV-Rente West 45 EP RV-Rente Ost 45 EP Grundrente West MdE 50 vH Grundrente Ost MdE 50 vH RV-Rente West und Grundrente West ca 53,3 EP RV-Rente Ost und Grundrente Ost ca 53,3 EP RV-Rente Ost und Grundrente West entspr "EP (Ost)" ca 1.1.1992 DM 1.865 1.061 349 199 2.214 1.260 1.410 59,8 1.1.1999 DM 2.144 1.839 397 341 2.487 2.180 2.236 54,7 1.7.2003 EUR 1.176 1.034 218 192 1.394 1.226 1.252 54,5 87 Die Spalten, welche die RV-Rente und die Grundrente addieren, geben jeweils den Mindestzahlbetrag einer "Doppelrente" (RV-Rente plus Freibetrag nach § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI) wieder (unter der Voraussetzung, dass RV-Rente und Verletztenrente zusammen diesen Betrag erreichen). 88 Das Missverhältnis der kumulativen EP bei der Kombination: RV-Rente Ost/Grundrente Ost (in allen Jahren konstant 53,3 EP) zu der Kombination: RV-Rente Ost/Grundrente West (1992: 59,8 EP, 1999: 54,7 EP und 2003: 54,5 EP) hätte für den "Doppelrentner" aus den neuen Bundesländern eine zunächst überproportionale Kompensation des Nichterwerbsschadens zur Folge. Er würde besonders in der ersten Zeit gegenüber dem "Einfachrentner" unverhältnismäßig bevorzugt, denn er erhielte ab Januar 1992 durch die Anrechnungsfreiheit an Stelle des Gegenwerts der 8,3 "EP (Ost)" für die BVG-Grundrente Ost 14,8 "EP (Ost)" (damals entsprechend 8,3 "EP (West)"). Dem entspräche folgerichtig ein Absinken der Kompensationsleistung im weiteren Zeitablauf. Gerade angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten im Beitrittsgebiet würde sich der Anteil des Nichterwerbsschaden-Ausgleichs an der Gesamtleistung immer weiter vermindern. 89 Damit aber kann keine Rede davon sein, dass ein "nochmaliger Abschlag " (nicht nur beim aktuellen Rentenwert, sondern auch beim Freibetrag) Versicherte im Beitrittsgebiet unverhältnismäßig belasten würde (so jedoch BSG 4. Senat vom 10.4.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 2 RdNr 38; ebenso BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 71). Im Gegenteil würde, wie aufgezeigt, die Kombination RV-Rente Ost/Grundrente West in mehrerlei Hinsicht zu deutlich unangemessenen Ergebnissen führen, die nur durch die Kombination RV-Rente Ost/Grundrente Ost vermieden werden können. Damit entspricht allein diese dem Gleichheitssatz. 90 d) Auch im Übrigen geht der Senat von der Verfassungsmäßigkeit seiner Lösung aus. 91 aa) Die hier vertretene Auslegung kann von vornherein keinen Eingriff in "Renteneigentum" bedeuten. Denn, wie bereits mehrfach auch in anderem Zusammenhang entschieden (BVerfG vom 28.4.1999, BVerfGE 100, 1, 33 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3; BSG 5. Senat vom 1.12.1999, BSGE 85, 161, 168 f = SozR 3-5050 § 22 Nr 7), unterliegen Rentenansprüche der ehemaligen DDR dem GG erst auf Grund der Anerkennung durch den EinigVtr, der die Beitrittsbedingungen und -folgen festlegte, und mit den Maßgaben, die dieser im Rahmen der Art 14 Abs 1 und 2 GG für sie festsetzt. Da er einen abgesenkten Freibetrag vorsieht, ist der jeweilige Rentenanspruch nur mit dieser Maßgabe geschützt. 92 bb) Bedenken gegen die Anwendung des im obigen Sinne abgesenkten Freibetrags Ost ergeben sich auch nicht aus den an den Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMAS) gerichteten Ermächtigungen in EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a (s oben II 3). Wenn hierin angeordnet wird, dass die in § 31 Abs 1 BVG "in der jeweils geltenden Fassung genannten Deutsche Mark-Beträge ... mit dem Vomhundertsatz zu multiplizieren (sind), der sich aus dem jeweiligen Verhältnis der verfügbaren Standardrente (§ 68 Abs. 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch) in dem in Artikel 3 des Vertrags genannten Gebiet zur verfügbaren Standardrente in dem Gebiet, in dem das Bundesversorgungsgesetz schon vor dem Beitritt gegolten hat, ergibt", 93 und ferner, dass der "Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung ... den maßgebenden Vomhundertsatz und den Veränderungstermin jeweils im Bundesanzeiger bekannt" gibt, 94 so liegt hierin keine (Verordnungs-)Ermächtigung an den BMAS, einen nicht aus dem SGB VI ersichtlichen Vomhundertsatz oder den Zeitpunkt seiner Wirksamkeit eigenmächtig festzusetzen (vgl jedoch BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 63 ff). 95 Vielmehr ist gemeint: Die Grundrente (Ost) soll stets im gleichen Maße niedriger sein als eine Grundrente (West) wie eine RV-Rente (Ost) gegenüber einer RV-Rente (West), die ansonsten auf der gleichen Berechnungsgrundlage beruht (so versteht auch das BVerfG im Beschluss vom 12.2.2003, BVerfGE 107, 218, 252 das Wort "Standardrente"). Dass § 68 Abs 3 SGB VI (seit 2001) nicht mehr von einer "verfügbaren Standardrente" spricht, ist hierbei unerheblich, zumal dieser Begriff seither in § 154 Abs 3 Nr 2 Teilsatz 2 SGB VI geregelt ist. Dafür, dass etwa der Vergleich von Durchschnittsrenten oder anderer Größen maßgebend sein soll, können sachliche Gründe nicht ernsthaft geltend gemacht werden. Mit der Anordnung des EinigVtr, maßgebend sei das "jeweilige" Verhältnis der verfügbaren Standardrenten, ist auch ohne Spielraum die Geltungsdauer des jeweiligen Verhältnisses für die Berechnung der Grundrenten Ost geregelt. Demgemäß ist deren Bekanntgabe im Bundesanzeiger (und nicht im Bundesgesetzblatt) lediglich eine Wissens-, nicht aber eine Willenserklärung des BMAS und demgemäß keine Rechtsnorm, die einer Ermächtigungsgrundlage bedürfte. 96 cc) Weiterhin teilt der Senat nicht die Bedenken des 4. Senats, wonach die Berücksichtigung nur eines Freibetrags Ost bei der Rentenberechnung des Klägers wegen der Bevorzugung anderer Vergleichsgruppen verfassungswidrig sei (hierzu BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 74 f). 97 Dass sich der Freibetrag durch einen Umzug zwischen den alten Bundesländern und dem Beitrittsgebiet (in welcher Richtung auch immer) nach dem 18.5.1990 nicht verändern soll (in Anwendung des § 84a Satz 1 BVG), ist sachgerecht, um nicht zusätzliche Wanderungsbewegungen von Ost nach West zu provozieren oder Umzüge von West nach Ost zu verhindern (vgl ferner BSG 9. Senat vom 9.4.1997, BSGE 80, 176, 180 = SozR 3-3100 § 84a Nr 2). 98 Kein durchschlagendes Argument lässt sich aus dem Vergleich zur Behandlung von Sachverhalten mit Auslandsbezug herleiten, weil hiervon eher unbedeutende Fallzahlen betroffen sind. Dies gilt sowohl für den Vergleich der hier betroffenen "Ost-Doppelrentner" mit Ausländern, denen eine "Doppelrente" in das Ausland geleistet wird (hierzu BSG 13. Senat vom 20.11.2003, SozR 4-2600 § 93 Nr 3 RdNr 19), als auch für den Vergleich mit "Zuzüglern" aus dem ehemaligen Ostblock in die alten Bundesländer (die anders als Zuzügler in das in Art 3 des EinigVtr genannte Gebiet (Beitrittsgebiet) keine Kürzung nach § 84a Satz 2 BVG hinnehmen müssen; hierzu BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 74). 99 e) Im Fall des Klägers spielt die Bestimmung des § 84a Satz 1 BVG aF (s oben II 3) keine Rolle. Diese lautet: "Berechtigte, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet hatten, erhalten vom Zeitpunkt der Verlegung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts, frühestens vom 1. Januar 1991 an, Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz mit den für dieses Gebiet nach dem Einigungsvertrag geltenden Maßgaben, auch wenn sie ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in das Gebiet verlegen, in dem dieses Gesetz schon vor dem Beitritt gegolten hat." 100 Denn der Kläger hat seinen am 18.5.1990 bestehenden Wohnsitz im Beitrittsgebiet nicht in die alten Bundesländer verlegt. Satz 2 der Vorschrift ist von vornherein nicht einschlägig. 101 3. Die Lösung des Senats wird schließlich nicht durch das Urteil des BVerfG vom 14.3.2000 (BVerfGE 102, 41 = SozR 3-3100 § 84a Nr 3 - s oben II 5) berührt. 102 a) Der Eingangssatz der Gründe des Urteils (BVerfGE 102, 41, 42) führt aus: "A. Die zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verfassungsbeschwerden betreffen die Frage, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, dass Kriegsbeschädigte des Zweiten Weltkriegs, die am 18. Mai 1990 im Beitrittsgebiet ansässig waren, bis heute eine niedrigere Grundrente und einen niedrigeren Pauschbetrag für Kleider- und Wäscheverschleiß erhalten als die Beschädigten, die zu diesem Zeitpunkt im Bundesgebiet oder im westlichen Ausland lebten." 103 Die Entscheidung kommt zum Ergebnis, dass Kriegsopfern (Beschädigten) iS des § 1 BVG auch bei Wohnsitz im Beitrittsgebiet ab 1.1.1999 die "Grundrente West" zu zahlen ist, und begründet dies mit spezifischen Argumenten für Beschädigte des 2. Weltkriegs (Genugtuungsfunktion der Grundrente - s hierzu oben unter 2 c bb; Kriegsopfer in West und Ost seien "Opfer im gleichen Krieg für den gleichen Staat"; die in Aussicht gestellte Angleichung des Entschädigungsniveaus sei in für die Leistungsberechtigten erlebbarer Zeit nicht zu erreichen). Auch ansonsten stellt das Urteil des BVerfG nur auf die Grundrente für Kriegsbeschädigte ab. 104 So ist auch die Entscheidungsformel des Urteils vom 14.3.2000 (BVerfGE 102, 41, 41 f; BGBl I 445) zu verstehen. Sie lautet: "§ 84a des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) in Verbindung mit Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr. 1 Buchstabe a des Vertrages zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik über die Herstellung der Einheit Deutschlands - Einigungsvertrag - vom 31. August 1990 (Bundesgesetzblatt II Seite 889, 1067) ist mit Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig, soweit die Beschädigtengrundrente nach § 31 Absatz 1 Satz 1 des Bundesversorgungsgesetzes auch nach dem 31. Dezember 1998 im Beitrittsgebiet anders berechnet wird als im übrigen Bundesgebiet." 105 Auf der Grundlage der obigen Ausführungen ist die Wendung "soweit die Beschädigtengrundrente ... (nicht Grundrente ) anders berechnet wird als im übrigen Bundesgebiet" verdeutlichend zu lesen als: "soweit die Grundrente für Kriegsbeschädigte ... anders berechnet wird als im übrigen Bundesgebiet". Auch die Bindungswirkung dieser Entscheidung nach § 31 Abs 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz reicht demgemäß nicht weiter. Soweit § 31 BVG durch Verweisungen entweder im Sozialen Entschädigungsrecht oder aber im Rentenrecht (also in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI) auch für andere Personenkreise Bedeutung hat, ist die Vorschrift durch das Urteil des BVerfG nicht betroffen. 106 b) Soweit der Tenor des BVerfG auf § 84a BVG abstellt, gilt (abweichend von den Materialien zum SER-ÄndG, s oben II 10) Folgendes: 107 Auch in seinen Ausführungen zu Art 3 Abs 1 GG (BVerfGE 102, 41, 54 f) sieht das BVerfG in dieser Vorschrift augenscheinlich die Rechtsgrundlage für die abgesenkte "Grundrente Ost". Demgegenüber ist (s oben II 3) diese Rechtsgrundlage tatsächlich allein in EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst l und Buchst a zu suchen (das BVerfG führt im Tenor insoweit nur Buchst a an und zitiert in seiner Sachverhaltsdarstellung (aaO 44 f) nur Buchst a und f, nicht jedoch Buchst l). § 84a Satz 1 BVG hatte (in seiner damaligen Fassung) nur Bedeutung für solche Berechtigten, die nach dem 18.5.1990 aus den neuen in die alten Bundesländer umgezogen waren, und sich gegenüber den vergleichbar Berechtigten im Beitrittsgebiet nicht besser stellen sollten; Satz 2 galt für "Zuzügler" aus Staaten des früheren Ostblocks. Diese Vorschrift dürfte in den vom BVerfG entschiedenen Fällen von vornherein nicht einschlägig gewesen sein, weil den Verfassungsbeschwerden Entscheidungen thüringischer Sozialgerichte zu Grunde lagen und auch von einem Zuzug nichts erwähnt ist (allerdings stellt auch BSG 9. Senat vom 12.12.1995 - 9 BV 113/95, eine der Vorentscheidungen zu BVerfGE 102, 41, auf "§ 84a BVG iVm Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a" ab). 108 Dennoch macht der Tenor des BVerfG insofern Sinn, als eine Verfassungswidrigkeit der Absenkung der "Grundrente Ost" für Kriegsbeschädigte ab 1999 naturgemäß auch die für "Umzügler und Zuzügler" geltende Vorschrift des § 84a BVG beeinflusst. 109 4. Die Neufassungen des Gesetzes (s oben II 8 und 10) beeinflussen die Lösung des Senats nicht. 110 Der Änderung des § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI durch Art 1 Nr 19 RVNG vom 21.7.2004, wird durch Art 15 Abs 2 RVNG Rückwirkung ab 1.1.1992 beigemessen (s unten a). Ebenso wird der Änderung des § 84a BVG durch das SER-ÄndG vom 19.6.2006 in Art 9 Abs 1a dieses Gesetzes ab 1.1.1991 rückwirkende Geltung eingeräumt (s unten b). Beide Änderungen haben jedoch die materielle Rechtslage nicht zu Gunsten des Klägers geändert. 111 a) Ein Rücknahmeanspruch kann nicht auf den ab 1.1.1992 geltenden § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI idF des RVNG gestützt werden. Dieser lautet: "Bei der Ermittlung der Summe der zusammentreffenden Rentenbeträge bleiben unberücksichtigt ... Nr 2 bei der Verletztenrente aus der Unfallversicherung a) der Betrag, der bei gleichem Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit als Grundrente nach § 31 in Verbindung mit § 84a Satz 1 und 2 des Bundesversorgungsgesetzes geleistet würde ..." 112 Der Senat kann offen lassen, ob diese Verweisung auf § 84a BVG ins Leere geht (so BSG 4. Senat vom 20.10.2005, BSGE 95, 159 = SozR 4-2600 § 93 Nr 7, RdNr 55 ff). Aus diesem Grund kommt es auch nicht darauf an, ob die ebenfalls rückwirkende Vorschrift des § 84a BVG nF nunmehr Anwendung findet; dann wäre die Revision ohnehin unbegründet (s unten b). Denn § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI nF begründet selbst unter wirksamer Bezugnahme auf § 84a Satz 1 und 2 BVG aF nach der hier gefundenen Auslegung (s oben 2) im vorliegenden Fall keinen höheren Freibetrag. Da § 84a BVG nur Personen betrifft, die am 18.5.1990 im Beitrittsgebiet gewohnt haben und später in das alte Bundesgebiet umgezogen sind, war diese Vorschrift für die große Mehrzahl der Fälle nicht einschlägig (s oben 2 f). In diesem Fall bleibt es bei der Bezugnahme allein auf § 31 BVG und damit im Beitrittsgebiet bei der Anwendung dieser Vorschrift mit den Maßgaben aus EinigVtr Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet K Abschnitt III Nr 1 Buchst a, l und m (s oben III B 2). Zwar wird in der Neufassung nicht allgemein auf "Grundrente nach dem BVG" verwiesen. Jedoch bestand bereits zu der alten Fassung Einigkeit, dass unter Grundrente nur eine solche nach § 31 BVG verstanden werden kann. Da der Wortlaut im Übrigen identisch ist, ist keine andere Auslegung der Neufassung möglich. 113 b) Dieses Ergebnis folgt erst recht aus der Bezugnahme in § 93 Abs 2 Nr 2 Buchst a SGB VI idF des RVNG auf § 84a Satz 1 und 2 BVG idF des Art 01 des SER-ÄndG vom 19.6.2006. Diese mit Wirkung ab 1.1.1991 in Kraft getretene Neufassung des § 84a BVG lautet: "Berechtigte, die am 18. Mai 1990 ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet hatten, erhalten vom 1. Januar 1991 an Versorgung nach dem Bundesversorgungsgesetz mit den für dieses Gebiet nach dem Einigungsvertrag geltenden Maßgaben ..." 114 Dieser Tatbestand ist im vorliegenden Fall ohne weiteres erfüllt und daher nur der abgesenkte Freibetrag nach der Grundrente (Ost) zu berücksichtigen."
Dem schließt sich der hier entscheidende Senat als überzeugend an. Er hält im Übrigen die Auffassung der Beklagten für zutreffend, dass der Gesetzgeber § 84 a BVG rückwirkend ändern durfte. Eine so genannte echte Rückwirkung ist dann möglich, wenn das verfassungsrechtlich grundsätzlich gebotene Rückwirkungsverbot, dass seinen Grund im Vertrauensschutz hat, zurücktritt, weil kein schützenswertes Vertrauen auf dem Bestand des geltenden Rechts besteht (so bereits U. des Senats vom 29.09. 2006 – L 1 R 196/05- mit Bezugnahme auf BVerfGE 101, 239, 263 f m. w. Nachw.). Dies ist der Fall, wenn die rückwirkend geänderte Rechtslage unklar war, so dass sich ein Vertrauen des Einzelnen in den Bestand von Rechtsnormen und Rechtsakten nicht bilden konnte (vgl. BVerfGE 88, 384, 404; BSGE 82, 198, 204). Eine solche Situation lag hier vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG. Die Revision war nicht zuzulassen, weil ein Zulassungsgrund nach § 160 Abs. 2 SGG aufgrund der dargestellten Entwicklung der Rechtsprechung des BSG nicht mehr vorliegt.
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