L 1 B 440/08 KR ER

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 13 R 481/08 ER
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 B 440/08 KR ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Cottbus vom 30. September 2008 wird zurückgewiesen. Der Antragssteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 8.079,04 EUR festgesetzt.

Gründe:

Der Beschwerde vom 7. November 2008 muss Erfolg versagt bleiben.

Zum Sachverhalt und zur Begründung nimmt der Senat auf die angefochtene Entscheidung des Sozialgerichts Bezug, deren Gründe er sich zu Eigen macht (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Neue Gesichtspunkte hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nicht vorgebracht:

Nach § 86 a Abs.1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Wirkung entfällt bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten (§ 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG). Hier handelt es sich um einen Prüfbescheid gemäß § 28 p Sozialgesetzbuch 4. Buch (SGB IV), mit dem die Antragsgegnerin Beiträge geltend macht. Gemäß § 86 b Abs. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Dabei entscheidet das Gericht aufgrund einer Interessenabwägung, wobei zu beachten ist, dass ein Regel- Ausnahmeverhältnis zugunsten des Vollzuges vorliegt, da der Gesetzgeber die sofortige Vollziehung angeordnet hat. Davon abzuweichen besteht nur Anlass, wenn ein überwiegendes Interesse des durch den Verwaltungsakt Belasteten feststellbar ist, wobei die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach dem Gesetz eine mit gewichtigen Argumenten begründende Ausnahme bleiben soll. Zur Prüfung des Interesses der Beteiligten ist § 86 a Abs. 3 Satz 2 SGG heranzuziehen, wonach die Aussetzung der Vollziehung erfolgen soll, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Dabei sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache zu prüfen, die dann bejaht werden müssen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies folgt daraus, dass das Vollzugsrisiko bei Abgabebescheiden bewusst auf den Adressaten verlagert worden ist, um die notwendigen Einnahmen der öffentlichen Hand zur Erfüllung ihrer Aufgaben sicherzustellen. Nach der vorherrschenden Rechtsprechung bestehen nur dann ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung, wenn aufgrund summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage ein Erfolg des Rechtsbehelfs im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher sei als ein Misserfolg. Im Zweifel seien Beiträge zunächst zu erbringen. Das Risiko, im Ergebnis zu Unrecht in Vorleistung treten zu müssen, treffe nach dieser Wertung den Zahlungspflichtigen (vgl. z. B. aktuell mit umfangreichen weiteren Nachweisen: LSG Essen, Beschluss vom 22. Juni 2006 - L 16 B 30/06 KR ER - veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de; Meyer-Ladewig, SGG § 86 b RdNr. 12f m. w. N.). Ob dem uneingeschränkt gefolgt werden kann erscheint zweifelhaft. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betont, der aufgrund Art. 19 IV GG gebotene effektive Rechtsschutz gebiete eine Interessenabwägung, bei der es nicht entscheidend darauf ankomme, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsakts einer gesetzlichen oder einer behördlichen Anordnung entspringe (BVerfG, B. vom 10.04.2001 - 1 BvR 1577/00 - veröffentlicht unter www.bverfg.de mit Bezug auf BVerfGE 69, 220, 228f). In jedem Fall aber würde die gesetzliche Risikoverteilung unterlaufen, wenn bei summarischer Prüfung ein Obsiegen des Antragstellers unwahrscheinlich ist. So liegt der Fall hier: Der Antragsteller wiederholt in der Sache nur sein bisheriges Vorbringen, die Einstufung der betroffenen Arbeitnehmer in die Lohngruppe 1 als Hilfsarbeiter sei richtig erfolgt. Nach dem Manteltarifvertrag erfolge die Einstufung nicht nur nach der Qualifikation, sondern auch nach der ausgeübten Tätigkeit. Er blendet dabei aus, dass die Tätigkeit der Lohngruppe 2 auch nur "fachlich begrenzte Arbeiten (Teilleistungen eines Berufsbildes oder angelernte Spezialtätigkeiten) nach Anweisung" umfasst, also nicht selbständige Tätigkeiten oder Facharbeiten. Es spricht alles dafür, dass die betreffenden Arbeitnehmern, welche hier nach den dem Prüfbescheid zu Grunde liegenden Ermittlungen des Hauptzollamtes in die Lohngruppe 2 eingeordnet wurden, tatsächlich mindestens in diese Lohngruppe tariflich einzustufen waren (vgl. die Aufstellung Bl. 74 f des Verwaltungsvorganges). Dass es im Zimmererhandwerk Routinearbeiten gibt, welche der Antragsteller näher aufgelistet hat und als "Nägelkloppen" bezeichnet, lässt diese nicht als bloße einfache Bauarbeiten nach Lohngruppe erscheinen, zumal die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit nur eines von vier Eingruppierungskriterien ist neben Ausbildung, Fertigkeiten und Kenntnissen. Dass der Tarifvertrag für den Zimmererbereich keine Tätigkeitsbeispiele für die Lohngruppe 2 nennt, spricht aus Sicht des Senates eher dafür, Zimmererarbeiten in die Lohngruppe 3 der Facharbeiter einzustufen, jedenfalls nicht als Werker nach Lohngruppe 1. Dass der Antragsteller die Einstufung nach seinem Gutdünken vorgenommen haben dürfte, ergibt sich zuletzt auch aus seinem eigenen Vortrag, selbst ausgelernte Zimmerergesellen nicht generell als Facharbeiter (sondern nach Lohngruppe 2) zu bezahlen, noch nicht einmal die Vorarbeiter, die der Tarifvertrag deutlich höher einstuft. Dass sich der Antragsteller am Lohnniveau einer strukturschwachen Gegend orientiert hat und als Subunternehmer unter Konkurrenzdruck des Auslandes steht, entbindet ihn nicht von der Einhaltung der zwingenden Vorschriften, auch wenn das Arbeitnehmerentsendegesetz rechtspolitisch möglicherweise angreifbar ist.

Da eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Prüfbescheides nicht hinreichend ersichtlich ist, kann die Durchsetzung der fälligen Ansprüche durch die Einzugsstellen kein unbillige Härte darstellen, selbst wenn dadurch die berufliche Existenz bedroht ist. Zutreffend verweist das SG auf § 76 Sozialgesetzbuch 4. Buch, welcher die Einzugsstellen als die Gläubiger der Sozialversicherungsbeiträge nach pflichtgemäßem Ermessen zu Stundungen und/oder Vergleichen verpflichtet. Zu guter Letzt hat sich der Antragsteller bislang nur auf das Geschäftskonto mit negativem Saldo berufen. Zu seinen privaten Vermögensverhältnisse hat er nichts vorgetragen und belegt.

Von einer Beiladung der Einzugsstellen hat der Senat abgesehen, weil eine zwingende Beteiligung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht erforderlich ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwertes nach § 197 a Abs. 1 SGG in Verbindung mit §§ 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz und trägt dem Umstand Rechnung, dass vorliegend nicht die Hauptsache, sondern eine Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren streitbefangen ist.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved