L 3 U 667/79

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Frankfurt (HES)
Aktenzeichen
S 4 U 151/77
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 667/79
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Je länger auf Dienstreisen Zwischenräume (lay-over = Ruhezeit) eingeschoben sind, umso mehr beschränkt sich der UV-Schutz auf das zur Aufrechterhaltung der Arbeitsaufnahme Notwendige.
2. Zur Abgrenzung von der unversicherten eigenwirtschaftlichen Tätigkeit werden dabei auch die Grenzen des Allgemeinüblichen zu berücksichtigen sein.
3. Wird durch ein geselliges Zusammensein die Fahrt zur Nahrungsaufnahme um eineinhalb Stunden verzögert, so stehen diese und der Rückweg davon nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. März 1979 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

II. Die Beteiligten haben einander keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Entschädigung der Folgen eines Verkehrsunfalles in M. (K.) als Arbeitsunfall.

Der 1944 geborene Kläger ist bei der B. AG – – als Flugzeugführer tätig. Für deren Tochtergesellschaft, die Firma C. Flugdienst GmbH, flog er am 16. April 1977 nach M., von wo er am 23. April 1977 den Rückflug antreten sollte. In der Zwischenzeit bestand Ruhezeit (sog. lay-over). Unter dem 23. April 1977 erstattete Dr. S. (Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik F. –BGUK–) einen Durchgangsarztbericht, in dem er mitteilte, daß der Kläger am 20. April 1977 als Fahrer eines Miet-Personenkraftwagens (Pkw) mit einem anderen Pkw frontal kollidiert sei. Es bestehe ein Zustand nach Gehirnerschütterung, Thoraxquetschung, Hüftverrenkung rechts und Rißplatzwunde mit Kniegelenksbeteiligung links sowie ein Verdacht auf Kniescheibenverletzung links und Rißplatzwunde unterhalb des Knies. Unter dem 11. Mai 1977 übersandte der Berufshelfer W. vom BGUK eine von dem Kläger unterschriebene Darstellung des Unfallhergangs dahin, daß er sich am Unfalltag abends auf dem Rückweg vom Abendessen im Whitesand-Hotel zu seinem Hotel, dem Reef-Hotel, in M. befunden habe. Es habe in diesem Hotel zum Abendessen lediglich Fisch gegeben, den er nicht möge. Aus diesem Grunde sei er mit Freunden in das unweit gelegene Nachbarhotel gefahren, da er dort zwischen mehreren Gerichten habe auswählen können. Hierauf lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 25. Mai 1977 die Gewährung von Entschädigungsansprüchen ab, da es sich bei der Unfallfahrt um den Weg von einer privaten Verrichtung in seine Hotelunterkunft gehandelt habe. Grundsätzlich sei nicht der gesamte Auslandsaufenthalt unfallversichert; dieser beschränke sich vielmehr auf die direkt mit der Hotelunterbringung zusammenhängenden Gefahren sowie auf die Wege von und zu der nächstmöglichen Eßgelegenheit nach Beendigung und Beginn eines Flugeinsatzes. Dazu gehörten nicht alle Wege zu und von den Mahlzeiten während eines mehrtägigen Aufenthaltes in der Ruhezeit.

Gegen diesen an ihn am gleichen Tage mit Einschreiben abgesandten Bescheid hat der Kläger bei dem Sozialgericht Frankfurt am Main – SG – am 22. Juni 1977 Klage erhoben.

Das SG hat den Kläger persönlich und als Zeugen die kaufmännische Angestellte I. B. und den Bauleiter A. J. B. (B.), die mit dem Kläger befreundet sind, gehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 7. Februar und 14. März 1979 einschließlich ihrer Anlagen verwiesen. Sodann hat das SG mit Urteil vom 14. März 1979 den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger den Unfall vom 20. April 1977 als Arbeitsunfall zu entschädigen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, daß es dem Kläger nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – BSG – freigestellt gewesen sei, auf seiner Dienstreise an einem anderen Ort als in seinem Hotel das Abendessen einnehmen zu dürfen. Das Whitesand-Hotel habe sich nicht unverhältnismäßig weit von seinem Hotel entfernt befunden, so daß die Wege nach dort und von dort zurück wegen Nahrungsaufnahme versicherungsrechtlich geschützt gewesen seien.

Gegen dieses ihr am 14. Mai 1979 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil hat die Beklagte schriftlich bei dem Hessischen Landessozialgericht am 6. Juni 1979 Berufung eingelegt.

Es sind vor dem Senat der Kläger persönlich und der Bauleiter B. als Zeuge gehört worden. Beide haben übereinstimmend ausgesagt, daß es nicht zutreffe, daß der Kläger von anderen zu einem Abendessen in ein anderes Hotel eingeladen worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf die Sitzungsniederschrift vom 26. September 1979 und ihre Anlage verwiesen.

Die Beklagte bringt zur Begründung ihrer Berufung vor: Auch nach der Rechtsprechung des BSG bestehe auf einer Dienst- oder Geschäftsreise nicht ständig Versicherungsschutz. Dies gelte insbesondere auch für die Ruhezeit des Klägers nach seiner Ankunft im Reef-Hotel in M. am 16. April 1977 bis zum vorgesehenen Dienstantritt wegen des Rückfluges am 23. April 1977. Der Verkehrsunfall des Klägers habe sich in dessen Ruhezeit ereignet, als bereits mehrere Tage der Ruhezeit verstrichen gewesen seien. Der Versicherungsschutz für Wege zur und von der Nahrungsaufnahme zwischen Arbeitspausen im allgemeinen sei nur deshalb gegeben, weil diese den Versicherten befähigen sollten, seine Beschäftigung alsbald bis zum Schluß der Arbeitsschicht fortzusetzen. Wenn auch bei Dienstreisen der Versicherungsschutz eher anzunehmen sein werde als sonst, so ergebe die Übertragung dieses Gesichtspunktes für den vorliegenden Fall, daß die Nahrungsaufnahme am Abend des 20. April 1977 nach Ort und Zeitpunkt für die Erreichung dieses Zweckes nicht unbedingt erforderlich gewesen sei. Hinzu komme, daß der Kläger nicht einer für das Aufenthaltsland K. typischen Gefahr erlegen sei. Er habe für den Rückweg vom Abendessen einen Pkw benutzt und sei mit dem von einem dort ansässigen Italiener gelenkten Pkw zusammengestoßen.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. März 1979 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist auch darauf, daß er bei dem Verkehrsunfall infolge des ihm ungewohnten Linksverkehrs in M. einer besonderen und eigentümlichen Gefahr des Aufenthaltsortes seiner Dienstreise erlegen sei. Daß er nicht das etwa gleich weit entfernt und zur anderen Seite gelegene Hotel ähnlichen Standards aufgesucht habe, berechtigte nicht, den Versicherungsschutz zu versagen. Nach der Rechtsprechung des BSG sei ihm die Wahl des Ortes der Nahrungsaufnahme freigestellt, sofern er von der ihm zugewiesenen Unterkunft nur nicht unverhältnismäßig weit entfernt liege. Das sei hier aber der Fall.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesenen Inhalt der Unfall- und Streitakten einschließlich ihrer Verweisungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte Berufung ist frist- und formgerecht eingelegt und daher zulässig (§§ 151, 143, 145 Sozialgerichtsgesetz –SGG–).

Sie ist auch begründet. Das auf die zulässige Klage ergangene sozialgerichtliche Urteil mußte aufgehoben werden, da der Kläger wegen der Folgen des am 20. April 1977 erlittenen Verkehrsunfalls gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Gewährung einer Entschädigung hat. Der angefochtene Bescheid ist nicht rechtswidrig. Ein Arbeitsunfall (§ 548 Reichsversicherungsordnung –RVO–) liegt nicht vor.

Zunächst sieht der Senat nach den Ermittlungen im Verwaltungs- und Streitverfahren, insbesondere nach den Angaben des Klägers und den Bekundungen der Zeugen B. folgenden, von den Beteiligten nicht mehr in Zweifel gezogenen Sachverhalt als erwiesen an: Der Kläger landete als Flugzeugführer mit einer Maschine der Firma C. Flugdienst GmbH, einer Tochtergesellschaft der D. AG, in den Abendstunden des 16. April 1977 in M. und stellte die Arbeit gegen 21.00 h ein. Er war im mehr als 6 km vom Flughafen entfernt gelegenen und in M. befindlichen Reef-Hotel untergebracht. Der Abflug aus M. war für den 23. April 1977 vorgesehen. Am 20. April 1977 stieß er gegen 23.00 h Ortszeit auf der Rückfahrt von dem etwa 1 km entfernt gelegenen Whitesand-Hotel zu seinem Hotel mit dem Pkw eines Italieners zusammen. Nach dem Durchgangsarztbericht des Dr. S. und dem Attest des Orthopäden Dr. W., H., vom 30. Juli 1979 bestehen jetzt noch als Folgen dieses Verkehrsunfalls ein endgradiger Rotationsschmerz der rechten Hüfte, eine aktive und passive Beugehemmung des linken Knies, starke Abnutzungserscheinungen der Kniescheibenrückfläche und des Kniescheibengleitlagers links, Taubheitsgefühl über der gesamten Kniescheibe, Hammerzehenbildung der linken Großzehe nach Grundgelenksluxation und Abriß der kurzen Beugesehnen, wodurch eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v.H. hervorgerufen wird. Der Kläger hatte sich zuvor im Verlaufe des Tages am Strand in der Nähe seines Hotels aufgehalten und sich dort zur gemeinsamen Einnahme des Abendessens mit den Zeugen B. im Reef-Hotel verabredet. Nachdem diese dort gegen 20.00 h eingetroffen waren und mit ihm sowie der übrigen Flugzeugcrew zusammen zum Abendessen gegangen waren, stellte der Kläger fest, daß als Einheitsmenü Fisch serviert wurde. Da er keinen Appetit auf Fisch hatte, nahm er die Hauptmahlzeit nicht mit ein. Er verblieb an der gemeinsamen Abendtafel, unterhielt sich mit den Zeugen B. und den übrigen Mitgliedern der Crew und begab sich schließlich gegen 22.00 h zusammen mit den Zeugen B. in deren Hotel, dem Whitesand-Hotel, um dort noch "à la carte” eine Mahlzeit einzunehmen.

Aufgrund dieses erwiesenen Sachverhalts ist der Versicherungsschutz ausgeschlossen, weil der Kläger sich zur Zeit des Verkehrsunfalles weder bei einer seinem Unternehmen zuzurechnenden beruflichen Tätigkeit (§ 548 RVO) noch auf einem mit einer solchen in Zusammenhang stehenden Weg befand (§ 550 RVO). Wie der Senat (vgl. Urteile vom 16. Januar 1974 – L-3/U-541/73 – in Breithaupt 1974, 837 und vom 10. November 1976 – L-3/U-587/75 – in Breithaupt 1977, 869) und das BSG (vgl. u.a. die Urteile vom 13. Februar 1975, 8 RU 86/74, in E 39, 180 = SozR 2200 § 548 RVO Nr. 7, und 23. Juni 1977 – 2 RU 15/77 – in SozR 2200 § 548 RVO Nr. 33) wiederholt entschieden haben, besteht für die Besatzungsmitglieder von Flugzeugen, die sich auf einer Dienstreise befinden, grundsätzlich auch während der Ruhezeit der Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Dieser Unfallversicherungsschutz ist jedoch nicht schon deshalb gegeben, weil der Versicherte durch eine dienstliche Tätigkeit gezwungen ist, sich außerhalb seines Beschäftigungs- oder Wohnortes aufzuhalten. Vielmehr ist entscheidend, ob die Betätigung, bei welcher der Unfall eintritt, rechtlich wesentlich mit seinem Beschäftigungsverhältnis zusammenhängt. Dazu gehören z.B. nicht der Besuch einer Vergnügungsstätte innerhalb oder gar außerhalb des Hotelgebäudes oder eine dem persönlichen Vergnügen oder der Erbauung dienende sonstige Beschäftigung. Grundsätzlich gehört auf Dienstreisen die Nahrungsaufnahme selbst zum unversicherten persönlichen Lebensbereich. Steht die Einnahme des Essens nicht in einem rechtlich wesentlichen Zusammenhang mit dem Beschäftigungsverhältnis, gehören auch das Zurücklegen des Weges zum Essen an einen außerhalb der Betriebsstätte – bzw. wie im vorliegenden Fall der Hotelunterkunft – gelegenen Ort und der Rückweg von dort nicht zur versicherten Tätigkeit nach § 548 RVO. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, daß nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen, z.B. bei außergewöhnlichen Begleitumständen, die auf betriebliche Gründe zurückzuführen sind, der Unfallschutz zu bejahen ist (vgl. BSG, Urt. v. 30. Juni 1960 – 2 RU 111/58 – in SozR Nr. 26 zu § 543 RVO a.F.; 26. April 1962 – 2 RU 148/59 – in SozSich 1962, 186; 29. November 1963 – 2 RU 239/62 – in SozR Nr. 47 zu § 543 RVO a.F.; 24. August 1976 – 8 RU 126/75 – in SozR 2200 § 548 RVO Nr. 23). Etwas anderes läßt sich auch nicht aus dem Urteil des 2. Senats des BSG vom 23. Juni 1977 (2 RU 15/77 in SozR 2200 § 548 RVO Nr. 33) entnehmen, auch wenn es dort u.a. heißt, daß es dem Dienst- oder Geschäftsreisenden versicherungsrechtlich freigestellt sei, im Hotel oder in einem nicht unverhältnismäßig weit entfernten Restaurant zu essen. Dieser Satz darf nicht isoliert von den sonstigen Ausführungen des 2. Senats des BSG in diesem Urteil betrachtet werden. Danach gehören die Wege zur Nahrungsaufnahme während einer Dienstreise zu den Verrichtungen, die im ursächlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit stehen, die den Versicherten in die fremde Stadt geführt hat. Auf diesen Wegen besteht Versicherungsschutz gemäß § 548 Abs. 1 Satz 1 RVO. Dies entspricht außerhalb einer Dienstreise dem Versicherungsschutz gemäß § 550 Abs. 1 RVO auf Wegen zur Nahrungsaufnahme vom Ort der Tätigkeit und zurück (vgl. BSG a.a.O.). Hieraus, d.h., aus der Entsprechung von solchen Wegen nach § 550 Abs. 1 RVO als Betätigung nach § 548 RVO auf einer Dienstreise zieht die Beklagte zutreffend den Schluß, daß die Grundsätze über den Versicherungsschutz auf Wegen zur Nahrungsaufnahme nach § 550 RVO entsprechend anzuwenden sind. Diesem Versicherungsschutz liegt der Gedanke zugrunde, daß die Nahrungsaufnahme den Versicherten befähigen soll, seine Beschäftigung alsbald bis zum Schluß der Arbeitsschicht fortzusetzen. Der Weg zur Nahrungsaufnahme ist dabei zeitlich eng in die betriebliche Tätigkeit eingebettet. Wird dieser Gesichtspunkt auf die entsprechenden Wege auf Dienstreisen übertragen, erfordert die Anerkennung eines rechtlich wesentlichen ursächlichen Zusammenhangs zwar nicht gleichermaßen eine enge zeitliche Aufeinanderfolge von Tätigkeit – Weg – Tätigkeit, da auf Dienstreisen generell eher ein ursächlicher Zusammenhang anzunehmen sein wird als bei sonst gleichen Verhältnissen am Wohn- oder Betriebsort. Allerdings darf der zeitliche Zusammenhang nicht völlig außer Acht gelassen werden; vielmehr muß eine angemessene zeitliche Beziehung zwischen Tätigkeit und Weg sowie anschließender erneuter Aufnahme der Tätigkeit bestehen. Je länger auf Dienstreisen Zwischenräume der Freizeit (lay-over = Ruhezeit) eingeschoben sind, umso mehr beschränkt sich der Unfallversicherungsschutz auf das zur Aufrechterhaltung der Arbeitsaufnahme Notwendige. Zur Abgrenzung von der unversicherten eigenwirtschaftlichen Tätigkeit werden dabei auch die Grenzen des allgemein üblichen zu berücksichtigen sein.

Unter Beachtung dieser Grundsätze ergibt sich nach den vom Senat getroffenen Feststellungen, daß der Kläger durch die Ausführung der Dienstreise nicht in die Notwendigkeit versetzt war, am 20. April 1977 gegen 23.00 Uhr mit dem Pkw von dem Whitesand-Hotel in die ihm zugewiesene Unterkunft des Reef-Hotels zu fahren. Vielmehr ist sein Verhalten deutlich von der der privaten Sphäre zuzurechnenden Ausgestaltung seiner Freizeit mitten in der dienstfreien Ruhezeit geprägt. Das ergeben der Tagesablauf am Unfalltag, das Zustandekommen des gemeinsamen Beisammenseins mit den Zeugen B. und der sonstige Verlauf des weiteren abends. Nach seinen Angaben und den Bekundungen der Zeugen B. hatte sich der Kläger tagsüber am Strand in der Höhe des Reef-Hotels aufgehalten und Kleinigkeiten zum Verzehr an einem Kiosk erworben. Er traf gegen Mittag die Eheleute und Zeugen B., mit denen er sich zur gemeinsamen Einnahme des Abendessens in seinem Hotel verabredete. Am Abend war er dann mit diesen und der Crew beim Abendessen im Reef-Hotel zusammen, wobei er allerdings den angebotenen Fisch nicht aß. Obwohl er von den Eheleuten B. erfahren hatte, daß er in dem Whitesand-Hotel zur gleichen Zeit à la carte hätte essen können, blieb er bei ihnen und der Crew sitzen, um sich zu unterhalten. Es war ihm, wie er vor dem Senat glaubhaft versicherte, ein gesellschaftliches Bedürfnis, mit diesen gemeinsam den Abend zu verbringen. Im Vordergrund stand daher nicht etwa eine notwendige Nahrungsaufnahme, sondern das Bedürfnis, mit anderen Deutschen, die er von der Arbeit bzw. von einem gleichartigen, damals noch betriebenen Hobby her kannte, zusammen zu sein. Damit ist erwiesen, daß er seinen Aufenthalt im Reef-Hotel während der üblichen Essenszeit nicht etwa aus einer betrieblich bedingten Notwendigkeit sondern aus privaten, unversicherten Gründen verlängerte. Ihm kam es darauf an, den Abend in Gesellschaft anderer zu verbringen. Der Kläger brauchte aber, wenn er in seinem Hotel schon keinen Fisch sondern an einem anderen Ort etwas anderes essen wollte, das Hotel nicht erst gegen 22.00 h zu verlassen. Er war ebensowenig aus dienstlichen Gründen genötigt, gerade in dem Whitesand-Hotel à la carte zu essen. Er hätte zum einen auch das nach der anderen Seite etwa gleichweit entfernt gelegene andere Hotel ähnlichen Standards und zum anderen dieses oder das Whitesand-Hotel bereits spätestens gegen 20.30 h aufsuchen können, als er festgestellt hatte, daß es im Reef-Hotel Fisch geben würde. Er ist aber aus den o.g. privaten Gründen erst rund 1 1/2 Stunden später zum Whitesand-Hotel aufgebrochen, wobei hinzukommt, daß er auch noch die Zeugen B. mit dem Miet-Pkw nach dort fahren und so mit ihnen noch etwas länger zusammen sein konnte. Danach stellt sich die aufgrund eines privat bedingten Aufenthalts im Reef-Hotel erst gegen 22.00 h angetretene Fahrt zum Whitesand-Hotel als der Weg von einer unversicherten Veranstaltung zu einer anderen, nämlich der stets dem privaten, eigenwirtschaftlichen Bereich zuzurechnenden Nahrungsaufnahme dar. Da der Hin- und Rückweg das gleiche rechtliche Schicksal teilen, war auch die Unfallfahrt gegen 23.00 h unversichert. Auf diesem Verhalten des Klägers beruht im übrigen auch eine nicht unerhebliche privatwirtschaftliche Risikoerhöhung, für die die Unfallversicherungsträger nicht einzustehen haben.

Dem Umstand, daß der Kläger durch die Firma C. Flugdienst GmbH in dem Reef-Hotel untergebracht war und er auch während der Ruhezeit erreichbar sein mußte, kommt rechtlich keine Bedeutung zu. Wie der Senat bereits in seinen Urteilen vom 16. Januar 1974 (L-3/U-541/73 in Breithaupt 1974, 837) und vom 10. November 1976 (L 3/U-587/75) entschieden hat, ist die Ruhezeit keine Dienstzeit. Aus § 4 Abschnitt 4 Abs. 1 des Manteltarifvertrages Nr. 2 für das Bordpersonal folgt vielmehr, daß dieses während der Ruhezeit von jeglicher Dienstleistung befreit ist. Diese Zeit ist lediglich zweckentsprechend zu verwenden. Das kann aber nur bedeuten, daß diese Zeit zum Ausruhen dienen soll und negative Einflüsse auf den Körper zu unterlassen sind. Hiernach ist die Ruhezeit Freizeit, die sich die Piloten frei gestalten können. Hieran ändert nichts, daß alle Besatzungsmitglieder jederzeit erreichbar sein sollen (vgl. Hess. LSG a.a.O.). Das bedeutet, daß er entgegen seiner Auffassung auch nicht gezwungen war, mit der Besatzung seiner Maschine bei dem Abendessen zusammen zu sein.

Stellt sich nach alledem die Fahrt von dem Reef-Hotel zum Whitesand-Hotel und von dort zurück als wesentlich durch eine private Freizeitgestaltung geprägt dar, so gehörte sie zum unversicherten Bereich. Es kommt daher nicht darauf an, ob der Kläger möglicherweise auch den Besonderheiten, die sich aus dem Linksverkehr in K. ergeben können, erlegen ist.

Schließlich darf nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Kläger seinen Dienst bereits am 16. April 1977 gegen 21.00 h beendet hatte und diesen erst am 23. April 1977 wieder aufnehmen sollte.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 193, 160 SGG.

Anmerkungen: Entscheidungsgründe berichtigt durch Beschluss vom 08.11.1979
Rechtskraft
Aus
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