Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 3 U 158/78
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 745/80
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Gewährt ein Versicherungsträger im Rahmen der beruflichen Rehabilitation eine bestimmte Umschulung an einer bestimmten Ausbildungsstätte, so umfaßt die gleichzeitig ausgesprochene Leistungsbewilligung in zeitlicher Hinsicht regelmäßig ohne weiteres die im Zeitpunkt der Entscheidung an der bezeichneten Ausbildungsstätte zur Erreichung des bewilligten Umschulungsziels vorgeschriebene regelförmige Ausbildungsdauer.
2. Wird im Bewilligungsbescheid ausdrücklich eine bestimmte Ausbildungsdauer angegeben und liegt sie unter der regelförmig mindestens benötigten Ausbildungsdauer, so ist dies grundsätzlich nur dann als Regelung im Sinne einer zeitlichen Begrenzung der Leistungsbewilligung zu werten, wenn den Umständen nach davon auszugehen ist, daß der Versicherungsträger die Umschulungsmaßnahmen nur teilweise fördern oder sich die Entscheidung über eine weitere Förderung noch vorbehalten wollte und dieser Wille im Bescheid erkennbar zum Ausdruck gebracht worden ist.
2. Wird im Bewilligungsbescheid ausdrücklich eine bestimmte Ausbildungsdauer angegeben und liegt sie unter der regelförmig mindestens benötigten Ausbildungsdauer, so ist dies grundsätzlich nur dann als Regelung im Sinne einer zeitlichen Begrenzung der Leistungsbewilligung zu werten, wenn den Umständen nach davon auszugehen ist, daß der Versicherungsträger die Umschulungsmaßnahmen nur teilweise fördern oder sich die Entscheidung über eine weitere Förderung noch vorbehalten wollte und dieser Wille im Bescheid erkennbar zum Ausdruck gebracht worden ist.
I. Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 22. Mai 1980 sowie der Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 1978 aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin für die restlichen 3 Semester ihres Studiums zur Diplom-Sozialpädagogin Leistungen der Berufshilfe in gesetzlichem Umfang weiterzuzahlen.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, weitere 3 Semester des Studiums der Klägerin zur Diplom-Sozialpädagogin durch Leistungen der Berufshilfe zu fördern.
Die 1949 geborene Klägerin war bis Mitte März 1972 als Hebamme berufstätig. Wegen einer Desinfektionsmittelallergie und dadurch bedingter Kontaktekzeme an beiden Händen mußte sie diesen Beruf aufgeben. Die Beklagte gewährte ihr deswegen unter Anerkennung des Hautleidens als Berufskrankheit bis Ende August 1975 Verletztenrente.
Im Mai 1972 beantragte die Klägerin die Gewährung von Berufsförderungsmaßnahmen. Das Arbeitsamt Marburg – Arbeitsgemeinschaft für berufliche Rehabilitationsfragen – unterbreitete hierzu unter dem 28. September 1972 einen Eingliederungsvorschlag, in dem entsprechend den Wünschen der Klägerin und dem Ergebnis eines psychologischen Eignungstests eine Ausbildung in einen sozialpädagogischen Beruf z.B. als Erzieherin, Sozialpädagogin oder Sozialarbeiterin empfohlen wurde. Die Klägerin entschied sich im Einvernehmen mit der Beklagten für eine Umschulung zur Sozialpädagogin. Nach Erlangung der Fachschulreife und des Fachabiturs wurde ihr über die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) aufgrund ihrer Hauterkrankung im Wege der Härteregelungen für das Wintersemester (WS) 1975 ein Studienplatz an der Gesamthochschule Kassel (GHK) zugewiesen. Am 1. Oktober 1975 nahm die Klägerin das Studium auf. Die Beklagte bewilligte ihr durch Bescheid vom 1. September 1975 für eine Umschulung mit dem Ausbildungsziel Sozialpädagogin an der GHK Übergangsgeld, Beiträge zur Sozialversicherung, Schulgeld, Lehr- und Lernmittelkosten sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung, An- und Abreise, monatliche Familienheimfahrten und Fahrten zwischen Wohnungs- und Ausbildungsstätte. Als Ausbildungsdauer bezeichnete sie entsprechend früheren Angaben der Klägerin im Schreiben vom 14. März 1975 einen Zeitraum von 3 Jahren. Nach ihren späteren Einlassungen ging die Beklagte dabei davon aus, daß es sich um einen 6-semestrigen, mit der Graduierung abschließenden Studiengang handele. Tatsächlich war an der GHK zur damaligen Zeit nur noch die Bewerbung für einen – einphasigen – integrierten Diplom-Studiengang Sozialwesen möglich, bestehend aus 2 Semestern Grundstudium, 4 Semestern Hauptstudium, 2 Semester berufspraktisches Studium und einem Prüfungssemester. Die Klägerin wurde dementsprechend immatrikuliert. Sie legte in der Folgezeit auf Verlangen der Beklagten jeweils zu Beginn des Semesters Studienbescheinigungen vor, worin zunächst als Studienfach "Sozialwesen” und ab WS 1976/77 "Sozialwesen integrierter Studiengang” angegeben und als Abschluß die "Diplom-Prüfung” genannt war. Erst nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 14. April 1978 die Gewährung von Leistungen über das 6. Semester hinaus begehrte, unterrichtete sich die Beklagte durch Rückfragen bei der GHK über die o.a. Modalitäten des Studiums. Den Antrag der Klägerin auf Weiterförderung lehnte sie daraufhin durch Bescheid vom 17. Oktober 1978 ab, weil die Klägerin nicht die nach festgestellter Eignung und Neigung und dem Eingliederungsvorschlag vom 28. September 1972 bewilligte Umschulung zur Sozialpädagogin durchgeführt, sondern ohne Unterrichtung der Beklagten eine andere Ausbildung begonnen habe. Den bewilligten Ausbildungsgang Sozialpädagogik (grad.) habe es am 1. Oktober 1975 noch in D. und F. gegeben. Mit der Gewährung von Berufshilfe für 3 Jahre sei bereits der gemäß § 567 Abs. 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) grundsätzlich vorgesehene Leistungsrahmen von 2 Jahren überschritten worden.
Die am 25. Oktober 1978 dagegen erhobene Klage der Klägerin hat das Sozialgericht (BG) Kassel nach fristgemäßem Widerruf eines zunächst geschlossenen Vergleichs durch die Beklagte mit Urteil vom 22. Mai 1980 abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Es sei Sache der Klägerin, die Kosten für eine hoher qualifizierte Ausbildung selbst aufzubringen, weil sie ihre Pflicht zur Unterrichtung der Beklagten grob verletzt habe. Sie habe 3 Jahre lang lediglich Studienbescheinigungen übersandt, die bei der Beklagten den Eindruck hätten erwecken müssen, daß der zunächst angestrebte Ausbildungsgang durchlaufen werde.
Gegen das ihr am 28. Mai 1980 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Juni 1980 Berufung eingelegt. Sie trägt vor: Daß ihr Studium auf 4 Jahre angelegt gewesen sei, habe sie erst später festgestellt, was nach den Verhältnissen an der GHK nicht außergewöhnlich sei. Das Studium habe unter einer vorläufigen Studien- und Prüfungsordnung begonnen, wobei noch nicht einmal klar gewesen sei, ob diese die Zustimmung des Hessischen Kultusministers finden würde. Den Unterschied zwischen Sozialpädagogik und Diplom-Sozialpädagogik habe sie ebenfalls nicht beachtet. Auch die Beklagte habe sich über die Dauer der von ihr mit Ausbildungsort K. bewilligten Maßnahme erkundigen können. Das Übersenden der Studienbescheinigungen könne ihr nicht als Pflichtverletzung angelastet werden, zumal sich daraus der genaue Ausbildungsgang ergebe. Im übrigen bestehe der Unterschied des integrierten Studiengangs zum früheren Studium im wesentlichen nur darin, daß die Praxisphase in das Studium eingebaut sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 22. Mai 1980 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 1978 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die restlichen 3 Semester des Studiums zur Diplom-Sozialpädagogin Leistungen der Berufshilfe in gesetzlichem Umfang weiterzugewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe für sie nach den übersandten Studienbescheinigungen nicht zweifelhaft sein können, daß die Klägerin den bewilligten Studiengang zur Sozialpädagogin eingeschlagen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–). Ausschließungsgründe im Sinne von § 144 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG greifen auch dann nicht ein, wenn auf die dem Begehren der Klägerin auf Weiterförderung des Studiums im einzelnen zugrunde liegenden und im Bescheid vom 1. September 1975 bezeichneten Leistungen abgestellt wird. Da diese jeweils für mindestens 2 Studiensemester begehrt werden, handelt es sich einschließlich des Schulgeldes und der Lehr- und Lernmittelkosten um wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum von mehr als 13 Wochen (3 Monaten).
Die Berufung ist auch begründet. Der Klägerin stehen für das am 1. Oktober 1975 begonnene Studium zur Diplom-Sozialpädagogin an der GHK über das 6. Semester hinaus bis zum regelförmigen Ende, d.h. für weitere 2 Studiensemester und 1 Prüfungssemester Förderungsleistungen zu. Sie hat diesen Anspruch auf Grund des bindend (§ 77 SGG) gewordenen Bescheides vom 1. September 1975. Denn darin hat die Beklagte der Klägerin auch diese Leitungen bereits bewilligt. Sie kann sie deshalb mangels zulässiger und rechtswirksam vorgenommener Aufhebung der Bewilligungsentscheidung nunmehr nicht nachträglich verweigern, wie sie es im angefochtenen Bescheid vom 17. Oktober 1978 getan hat. Vielmehr ist die Klägerin berechtigt, Erfüllung des Bescheides vom 1. September 1975 zu verlangen.
In dem bindend gewordenen Bescheid vom 1. September 1975 hat die Beklagte der Klägerin gemäß §§ 547, 567 RVO als Maßnahme der Berufshilfe eine Umschulung zur Sozialpädagogin an der GHK gewährt. Diese ihr bewilligte Maßnahme hat die Klägerin begonnen und durchlaufen und nicht - wie die Beklagte und das SG meinen - eine andere, nicht genehmigte qualifizierte Ausbildung gewählt. Wie die GHK gegenüber der Beklagten bestätigt hat, war das am 1. Oktober 1975 begonnene Studium der Klägerin zur Sozialpädagogin von Anfang an auf einen Abschluß in Form einer Diplomprüfung ausgerichtet und wurde in einem einphasigen Studiengang durchgeführt, bei dem die für Sozialpädagogen vorgeschriebenen Praxissemester in das Studium voll eingebaut sind, so daß die Studienzeit 8 Semester und 1 Prüfungssemester umfaßt. Dieses Studium wird vom Regelungsgehalt des Bescheides vom 1. September 1975 sowohl nach Ausbildungsziel, Ausbildungsstätte und der Ausbildungsdauer gedeckt. Insbesondere ändert der Umstand, daß das Studium mit dem Diplom abschließt, nichts daran, daß es sich inhaltlich um eine Ausbildung zur Sozialpädagogin handelt. Das Studium bezeichnet lediglich einen akademischen Grad. Es hat zudem zwischenzeitlich den akademischen Grad "Sozialpädagoge (Grad.)” abgelöst. Denn seine Verleihung ist nach dem Hochschulrahmengesetz vom 26. Januar 1976 und dem dazu in Hessen ergangenen Hochschulgesetz vom 6. Juni 1978 - BGBl. I, S. 319 (vgl. §§ 60, 81) - nunmehr für alle auf Grund einer Hochschulprüfung erworbenen berufsqualifizierenden Abschlüsse vorgeschrieben. Insoweit stellt sich das Diplom für Sozialpädagogen nicht als eine regelförmig mögliche besondere Qualifizierung dar, sondern es ist das Ergebnis der seit 1971 stattgefundenen Verlagerung der Ausbildung von Höheren Fachschulen an (Fach) Hochschulen/Gesamthochschulen und der dem entsprechenden Einbeziehung in die allgemeine Hochschulentwicklung /vgl. dazu auch Blätter zur Berufskunde, Bd. 2 - IV A 30 "Sozialpädagoge (Grad.)”, S. 31, 45 - 51). Im Übrigen hat die Beklagte auf die Graduierung aber auch gar nicht abgestellt. Ihre dahingehenden Vorstellungen haben im Bescheid vom 1. September 1975 ebensowenig Niederschlag gefunden wie die Annahme, daß es sich an der GHK um eine zweiphasige Ausbildung handelt, bei der im übrigen lediglich die Studienzeit, nicht jedoch die Ausbildungszeit verkürzt wird (vgl. Blätter zur Berufskunde, a.a.O., S. 24–31; vgl. auch Bundessozialgericht (–BSG– SozR 2200 § 1236 Nrn. 15 und 16). Wenn die Beklagte als Ausbildungsstätte für die der Klägerin gewährte Umschulung zur Sozialpädagogin die GHK bezeichnete, so kann dies im Gegenteil bei verständiger Würdigung (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – entsprechend) nur dahin ausgelegt werden, daß sie die Umschulung zu den dort gegebenen Bedingungen bewilligt hat, also mit Diplomierung, einphasiger Ausbildung und entsprechender Anzahl von Studiensemestern. Allein der Umstand, daß die Ausbildungsdauer im Bescheid vom 1. September 1975 abweichend von der tatsächlichen Studiendauer mit 3 Jahren bezeichnet wurde, steht dem nicht entgegen. Insbesondere folgt aus der Diskrepanz zwischen tatsächlich erforderlicher und angegebener Ausbildungszeit nicht, daß wegen der Unmöglichkeit, die Umschulung in der bezeichneten Zeit von 3 Jahren durchzuführen, die Bewilligung überhaupt hinfällig war bzw. ins Leere ging. Die Bezeichnung der Ausbildungsdauer ist nicht wesentlicher Regelungsgehalt des Bescheides vom 1. September 1975, von dem alle anderen Verfügungssätze des Bescheides in ihrem Bestand abhängen; die wesentliche Regelung liegt in der Gewährung einer Umschulung zur Sozialpädagogin. Die Bezeichnung der Ausbildungsdauer ist auch nicht wesentlich zur Charakterisierung und Konkretisierung der gewährten Maßnahme. Dafür ist maßgebend das genannte Ausbildungs-/Umschulungsziel und ggf. die Ausbildungsstätte. Aus diesen Faktoren ergibt sich die Dauer der Umschulung grundsätzlich automatisch. Es ist dies immer die Zeit, die notwendig ist, um das bewilligte Umschulungsziel zu erreichen, was wiederum dann der Fall ist, wenn der Übergang in einen anderen auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Beruf vollzogen ist (BSG SozR 2200 § 1236 Nr. 15). Für Sozialpädagogen bedeutet dies, daß bei einphasiger Ausbildung die Umschulungsdauer der regelmäßigen Studiendauer und bei zweiphasiger Ausbildung der regelförmigen Studiendauer zuzüglich Berufspraktikum entspricht (vgl. BSG SozR 2200 § 1236 Nrn. 15 und 16, 2200 § 1237 a Nr. 10). Da die Ausbildungs-Umschulungsdauer danach nicht in das Ermessen und die Entscheidung der Beklagten gestellt ist und mit der Bewilligung eines bestimmten Ausbildungsziels an einer bestimmten Ausbildungsstätte bereits – konkludent – auch die zur Erlangung des Ausbildungsziels erforderliche regelförmige Studiendauer genehmigt wird, kommt der – zusätzlichen – Bezeichnung der Ausbildungsdauer in einem Bewilligungsbescheid grundsätzlich auch nur klarstellende und erläuternde Funktion zu. Stimmt sie mit der regelförmig nötigen Ausbildungsdauer nicht überein, so ist dies im allgemeinen unbeachtlich. Etwas anderes gilt im wesentlichen nur dann, wenn die bezeichnete Ausbildungszeit ausdrücklich zur Bedingung der Bewilligung der Umschulung gemacht bzw. diese ausdrücklich mit einem entsprechenden Vorbehalt ausgesprochen worden ist. Dies ist hier jedoch nicht geschehen und kann auch nicht allein deshalb angenommen werden, weil die Beklagte gemäß § 567 Abs. 3 RVO die Dauer der Maßnahme bei ihrer Entscheidung zu prüfen und zu beachten hat. Im übrigen können unmittelbar rechtliche Folgen aus einem Widerspruch zwischen genannter und benötigter Ausbildungszeit nur hergeleitet werden, wenn daraus den Umständen nach der Wille entnommen werden muß, daß die Maßnahme nur teilweise gefördert werden soll. Das Gesetz selbst unterscheidet allerdings zwischen Maßnahmedauer und Förderungsdauer nicht. Nach § 556 Abs. 1 Nr. 2 RVO sind die berufsfördernden Leistungen darauf auszurichten, den Verletzten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern. Leistungen der beruflichen Bildung sollen danach auch für die Zeit gewährt werden, die vorgeschrieben oder allgemein üblich ist, um das angestrebte Ausbildungsziel zu erreichen (§ 567 Abs. 3 Satz 1 RVO). Daraus folgt, daß eine Teilförderung grundsätzlich nicht erlaubt ist (vgl. auch BSG SozR 2200 § 1237 a Nr. 3). Auch im vorliegenden Fall ist nichts dafür zu ersehen, daß die Beklagte in dieser – unzulässigen – Weise verfahren wollte. Sie wollte nach dem Inhalt des Bescheides von 1. September 1975 und ihren späteren Einlassungen dazu vielmehr durchaus die Umschulung zur Sozialpädagogin ganz und bis zu ihrer Beendigung fördern. Sie hat nur geglaubt, daß das genehmigte Ausbildungsziel an der GHK in 3 Jahren erreichbar sei, weil sie ungeprüft die vor Aufnahme des Studiums im März 1975 gemachten Angaben der Klägerin übernommen und nicht entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung die Voraussetzungen und Bedingungen der Maßnahme nochmals selbst geklärt und festgestellt hat. Allein dieser Irrtum, der nicht der Klägerin, sondern der Beklagten zuzurechnen ist, ändert aber nichts an der im Bescheid vom 1. September 1975 ausgesprochenen Bewilligung einer Umschulung zur Sozialpädagogin an der GHK. Die dem Bescheid vom 1. September 1975 gemäß § 77 SGG zukommende Bindungswirkung schließt es aus, hiervon noch abzugehen. Eine Aufhebung der Bewilligungsentscheidung gemäß § 622 RVO ist nicht möglich, da in den der Entscheidung zugrunde liegenden Verhältnissen keine Änderung eingetreten ist. Infolgedessen kann auch dahinstehen, ob in der Ablehnung der Leistungen im Bescheid vom 17. Oktober 1978 zugleich eine Aufhebung der Bewilligung zu sehen ist, da diese jedenfalls rechtswidrig ist. Ob die Beklagte die objektiv länger als 2 Jahre dauernde Maßnahme fördern durfte oder der Klägerin einen anderen Eingliederungsvorschlag hätte unterbreiten können oder müssen, war vom Senat nicht zu prüfen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
II. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, weitere 3 Semester des Studiums der Klägerin zur Diplom-Sozialpädagogin durch Leistungen der Berufshilfe zu fördern.
Die 1949 geborene Klägerin war bis Mitte März 1972 als Hebamme berufstätig. Wegen einer Desinfektionsmittelallergie und dadurch bedingter Kontaktekzeme an beiden Händen mußte sie diesen Beruf aufgeben. Die Beklagte gewährte ihr deswegen unter Anerkennung des Hautleidens als Berufskrankheit bis Ende August 1975 Verletztenrente.
Im Mai 1972 beantragte die Klägerin die Gewährung von Berufsförderungsmaßnahmen. Das Arbeitsamt Marburg – Arbeitsgemeinschaft für berufliche Rehabilitationsfragen – unterbreitete hierzu unter dem 28. September 1972 einen Eingliederungsvorschlag, in dem entsprechend den Wünschen der Klägerin und dem Ergebnis eines psychologischen Eignungstests eine Ausbildung in einen sozialpädagogischen Beruf z.B. als Erzieherin, Sozialpädagogin oder Sozialarbeiterin empfohlen wurde. Die Klägerin entschied sich im Einvernehmen mit der Beklagten für eine Umschulung zur Sozialpädagogin. Nach Erlangung der Fachschulreife und des Fachabiturs wurde ihr über die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen (ZVS) aufgrund ihrer Hauterkrankung im Wege der Härteregelungen für das Wintersemester (WS) 1975 ein Studienplatz an der Gesamthochschule Kassel (GHK) zugewiesen. Am 1. Oktober 1975 nahm die Klägerin das Studium auf. Die Beklagte bewilligte ihr durch Bescheid vom 1. September 1975 für eine Umschulung mit dem Ausbildungsziel Sozialpädagogin an der GHK Übergangsgeld, Beiträge zur Sozialversicherung, Schulgeld, Lehr- und Lernmittelkosten sowie Kosten für Unterkunft und Verpflegung, An- und Abreise, monatliche Familienheimfahrten und Fahrten zwischen Wohnungs- und Ausbildungsstätte. Als Ausbildungsdauer bezeichnete sie entsprechend früheren Angaben der Klägerin im Schreiben vom 14. März 1975 einen Zeitraum von 3 Jahren. Nach ihren späteren Einlassungen ging die Beklagte dabei davon aus, daß es sich um einen 6-semestrigen, mit der Graduierung abschließenden Studiengang handele. Tatsächlich war an der GHK zur damaligen Zeit nur noch die Bewerbung für einen – einphasigen – integrierten Diplom-Studiengang Sozialwesen möglich, bestehend aus 2 Semestern Grundstudium, 4 Semestern Hauptstudium, 2 Semester berufspraktisches Studium und einem Prüfungssemester. Die Klägerin wurde dementsprechend immatrikuliert. Sie legte in der Folgezeit auf Verlangen der Beklagten jeweils zu Beginn des Semesters Studienbescheinigungen vor, worin zunächst als Studienfach "Sozialwesen” und ab WS 1976/77 "Sozialwesen integrierter Studiengang” angegeben und als Abschluß die "Diplom-Prüfung” genannt war. Erst nachdem die Klägerin mit Schreiben vom 14. April 1978 die Gewährung von Leistungen über das 6. Semester hinaus begehrte, unterrichtete sich die Beklagte durch Rückfragen bei der GHK über die o.a. Modalitäten des Studiums. Den Antrag der Klägerin auf Weiterförderung lehnte sie daraufhin durch Bescheid vom 17. Oktober 1978 ab, weil die Klägerin nicht die nach festgestellter Eignung und Neigung und dem Eingliederungsvorschlag vom 28. September 1972 bewilligte Umschulung zur Sozialpädagogin durchgeführt, sondern ohne Unterrichtung der Beklagten eine andere Ausbildung begonnen habe. Den bewilligten Ausbildungsgang Sozialpädagogik (grad.) habe es am 1. Oktober 1975 noch in D. und F. gegeben. Mit der Gewährung von Berufshilfe für 3 Jahre sei bereits der gemäß § 567 Abs. 4 Reichsversicherungsordnung (RVO) grundsätzlich vorgesehene Leistungsrahmen von 2 Jahren überschritten worden.
Die am 25. Oktober 1978 dagegen erhobene Klage der Klägerin hat das Sozialgericht (BG) Kassel nach fristgemäßem Widerruf eines zunächst geschlossenen Vergleichs durch die Beklagte mit Urteil vom 22. Mai 1980 abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt: Es sei Sache der Klägerin, die Kosten für eine hoher qualifizierte Ausbildung selbst aufzubringen, weil sie ihre Pflicht zur Unterrichtung der Beklagten grob verletzt habe. Sie habe 3 Jahre lang lediglich Studienbescheinigungen übersandt, die bei der Beklagten den Eindruck hätten erwecken müssen, daß der zunächst angestrebte Ausbildungsgang durchlaufen werde.
Gegen das ihr am 28. Mai 1980 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 19. Juni 1980 Berufung eingelegt. Sie trägt vor: Daß ihr Studium auf 4 Jahre angelegt gewesen sei, habe sie erst später festgestellt, was nach den Verhältnissen an der GHK nicht außergewöhnlich sei. Das Studium habe unter einer vorläufigen Studien- und Prüfungsordnung begonnen, wobei noch nicht einmal klar gewesen sei, ob diese die Zustimmung des Hessischen Kultusministers finden würde. Den Unterschied zwischen Sozialpädagogik und Diplom-Sozialpädagogik habe sie ebenfalls nicht beachtet. Auch die Beklagte habe sich über die Dauer der von ihr mit Ausbildungsort K. bewilligten Maßnahme erkundigen können. Das Übersenden der Studienbescheinigungen könne ihr nicht als Pflichtverletzung angelastet werden, zumal sich daraus der genaue Ausbildungsgang ergebe. Im übrigen bestehe der Unterschied des integrierten Studiengangs zum früheren Studium im wesentlichen nur darin, daß die Praxisphase in das Studium eingebaut sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 22. Mai 1980 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Oktober 1978 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr für die restlichen 3 Semester des Studiums zur Diplom-Sozialpädagogin Leistungen der Berufshilfe in gesetzlichem Umfang weiterzugewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Insbesondere habe für sie nach den übersandten Studienbescheinigungen nicht zweifelhaft sein können, daß die Klägerin den bewilligten Studiengang zur Sozialpädagogin eingeschlagen habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den übrigen Akteninhalt, insbesondere auf den der Verwaltungsakten der Beklagten (2 Bände), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz –SGG–). Ausschließungsgründe im Sinne von § 144 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG greifen auch dann nicht ein, wenn auf die dem Begehren der Klägerin auf Weiterförderung des Studiums im einzelnen zugrunde liegenden und im Bescheid vom 1. September 1975 bezeichneten Leistungen abgestellt wird. Da diese jeweils für mindestens 2 Studiensemester begehrt werden, handelt es sich einschließlich des Schulgeldes und der Lehr- und Lernmittelkosten um wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum von mehr als 13 Wochen (3 Monaten).
Die Berufung ist auch begründet. Der Klägerin stehen für das am 1. Oktober 1975 begonnene Studium zur Diplom-Sozialpädagogin an der GHK über das 6. Semester hinaus bis zum regelförmigen Ende, d.h. für weitere 2 Studiensemester und 1 Prüfungssemester Förderungsleistungen zu. Sie hat diesen Anspruch auf Grund des bindend (§ 77 SGG) gewordenen Bescheides vom 1. September 1975. Denn darin hat die Beklagte der Klägerin auch diese Leitungen bereits bewilligt. Sie kann sie deshalb mangels zulässiger und rechtswirksam vorgenommener Aufhebung der Bewilligungsentscheidung nunmehr nicht nachträglich verweigern, wie sie es im angefochtenen Bescheid vom 17. Oktober 1978 getan hat. Vielmehr ist die Klägerin berechtigt, Erfüllung des Bescheides vom 1. September 1975 zu verlangen.
In dem bindend gewordenen Bescheid vom 1. September 1975 hat die Beklagte der Klägerin gemäß §§ 547, 567 RVO als Maßnahme der Berufshilfe eine Umschulung zur Sozialpädagogin an der GHK gewährt. Diese ihr bewilligte Maßnahme hat die Klägerin begonnen und durchlaufen und nicht - wie die Beklagte und das SG meinen - eine andere, nicht genehmigte qualifizierte Ausbildung gewählt. Wie die GHK gegenüber der Beklagten bestätigt hat, war das am 1. Oktober 1975 begonnene Studium der Klägerin zur Sozialpädagogin von Anfang an auf einen Abschluß in Form einer Diplomprüfung ausgerichtet und wurde in einem einphasigen Studiengang durchgeführt, bei dem die für Sozialpädagogen vorgeschriebenen Praxissemester in das Studium voll eingebaut sind, so daß die Studienzeit 8 Semester und 1 Prüfungssemester umfaßt. Dieses Studium wird vom Regelungsgehalt des Bescheides vom 1. September 1975 sowohl nach Ausbildungsziel, Ausbildungsstätte und der Ausbildungsdauer gedeckt. Insbesondere ändert der Umstand, daß das Studium mit dem Diplom abschließt, nichts daran, daß es sich inhaltlich um eine Ausbildung zur Sozialpädagogin handelt. Das Studium bezeichnet lediglich einen akademischen Grad. Es hat zudem zwischenzeitlich den akademischen Grad "Sozialpädagoge (Grad.)” abgelöst. Denn seine Verleihung ist nach dem Hochschulrahmengesetz vom 26. Januar 1976 und dem dazu in Hessen ergangenen Hochschulgesetz vom 6. Juni 1978 - BGBl. I, S. 319 (vgl. §§ 60, 81) - nunmehr für alle auf Grund einer Hochschulprüfung erworbenen berufsqualifizierenden Abschlüsse vorgeschrieben. Insoweit stellt sich das Diplom für Sozialpädagogen nicht als eine regelförmig mögliche besondere Qualifizierung dar, sondern es ist das Ergebnis der seit 1971 stattgefundenen Verlagerung der Ausbildung von Höheren Fachschulen an (Fach) Hochschulen/Gesamthochschulen und der dem entsprechenden Einbeziehung in die allgemeine Hochschulentwicklung /vgl. dazu auch Blätter zur Berufskunde, Bd. 2 - IV A 30 "Sozialpädagoge (Grad.)”, S. 31, 45 - 51). Im Übrigen hat die Beklagte auf die Graduierung aber auch gar nicht abgestellt. Ihre dahingehenden Vorstellungen haben im Bescheid vom 1. September 1975 ebensowenig Niederschlag gefunden wie die Annahme, daß es sich an der GHK um eine zweiphasige Ausbildung handelt, bei der im übrigen lediglich die Studienzeit, nicht jedoch die Ausbildungszeit verkürzt wird (vgl. Blätter zur Berufskunde, a.a.O., S. 24–31; vgl. auch Bundessozialgericht (–BSG– SozR 2200 § 1236 Nrn. 15 und 16). Wenn die Beklagte als Ausbildungsstätte für die der Klägerin gewährte Umschulung zur Sozialpädagogin die GHK bezeichnete, so kann dies im Gegenteil bei verständiger Würdigung (§ 133 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB – entsprechend) nur dahin ausgelegt werden, daß sie die Umschulung zu den dort gegebenen Bedingungen bewilligt hat, also mit Diplomierung, einphasiger Ausbildung und entsprechender Anzahl von Studiensemestern. Allein der Umstand, daß die Ausbildungsdauer im Bescheid vom 1. September 1975 abweichend von der tatsächlichen Studiendauer mit 3 Jahren bezeichnet wurde, steht dem nicht entgegen. Insbesondere folgt aus der Diskrepanz zwischen tatsächlich erforderlicher und angegebener Ausbildungszeit nicht, daß wegen der Unmöglichkeit, die Umschulung in der bezeichneten Zeit von 3 Jahren durchzuführen, die Bewilligung überhaupt hinfällig war bzw. ins Leere ging. Die Bezeichnung der Ausbildungsdauer ist nicht wesentlicher Regelungsgehalt des Bescheides vom 1. September 1975, von dem alle anderen Verfügungssätze des Bescheides in ihrem Bestand abhängen; die wesentliche Regelung liegt in der Gewährung einer Umschulung zur Sozialpädagogin. Die Bezeichnung der Ausbildungsdauer ist auch nicht wesentlich zur Charakterisierung und Konkretisierung der gewährten Maßnahme. Dafür ist maßgebend das genannte Ausbildungs-/Umschulungsziel und ggf. die Ausbildungsstätte. Aus diesen Faktoren ergibt sich die Dauer der Umschulung grundsätzlich automatisch. Es ist dies immer die Zeit, die notwendig ist, um das bewilligte Umschulungsziel zu erreichen, was wiederum dann der Fall ist, wenn der Übergang in einen anderen auf dem Arbeitsmarkt verwertbaren Beruf vollzogen ist (BSG SozR 2200 § 1236 Nr. 15). Für Sozialpädagogen bedeutet dies, daß bei einphasiger Ausbildung die Umschulungsdauer der regelmäßigen Studiendauer und bei zweiphasiger Ausbildung der regelförmigen Studiendauer zuzüglich Berufspraktikum entspricht (vgl. BSG SozR 2200 § 1236 Nrn. 15 und 16, 2200 § 1237 a Nr. 10). Da die Ausbildungs-Umschulungsdauer danach nicht in das Ermessen und die Entscheidung der Beklagten gestellt ist und mit der Bewilligung eines bestimmten Ausbildungsziels an einer bestimmten Ausbildungsstätte bereits – konkludent – auch die zur Erlangung des Ausbildungsziels erforderliche regelförmige Studiendauer genehmigt wird, kommt der – zusätzlichen – Bezeichnung der Ausbildungsdauer in einem Bewilligungsbescheid grundsätzlich auch nur klarstellende und erläuternde Funktion zu. Stimmt sie mit der regelförmig nötigen Ausbildungsdauer nicht überein, so ist dies im allgemeinen unbeachtlich. Etwas anderes gilt im wesentlichen nur dann, wenn die bezeichnete Ausbildungszeit ausdrücklich zur Bedingung der Bewilligung der Umschulung gemacht bzw. diese ausdrücklich mit einem entsprechenden Vorbehalt ausgesprochen worden ist. Dies ist hier jedoch nicht geschehen und kann auch nicht allein deshalb angenommen werden, weil die Beklagte gemäß § 567 Abs. 3 RVO die Dauer der Maßnahme bei ihrer Entscheidung zu prüfen und zu beachten hat. Im übrigen können unmittelbar rechtliche Folgen aus einem Widerspruch zwischen genannter und benötigter Ausbildungszeit nur hergeleitet werden, wenn daraus den Umständen nach der Wille entnommen werden muß, daß die Maßnahme nur teilweise gefördert werden soll. Das Gesetz selbst unterscheidet allerdings zwischen Maßnahmedauer und Förderungsdauer nicht. Nach § 556 Abs. 1 Nr. 2 RVO sind die berufsfördernden Leistungen darauf auszurichten, den Verletzten möglichst auf Dauer beruflich einzugliedern. Leistungen der beruflichen Bildung sollen danach auch für die Zeit gewährt werden, die vorgeschrieben oder allgemein üblich ist, um das angestrebte Ausbildungsziel zu erreichen (§ 567 Abs. 3 Satz 1 RVO). Daraus folgt, daß eine Teilförderung grundsätzlich nicht erlaubt ist (vgl. auch BSG SozR 2200 § 1237 a Nr. 3). Auch im vorliegenden Fall ist nichts dafür zu ersehen, daß die Beklagte in dieser – unzulässigen – Weise verfahren wollte. Sie wollte nach dem Inhalt des Bescheides von 1. September 1975 und ihren späteren Einlassungen dazu vielmehr durchaus die Umschulung zur Sozialpädagogin ganz und bis zu ihrer Beendigung fördern. Sie hat nur geglaubt, daß das genehmigte Ausbildungsziel an der GHK in 3 Jahren erreichbar sei, weil sie ungeprüft die vor Aufnahme des Studiums im März 1975 gemachten Angaben der Klägerin übernommen und nicht entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung die Voraussetzungen und Bedingungen der Maßnahme nochmals selbst geklärt und festgestellt hat. Allein dieser Irrtum, der nicht der Klägerin, sondern der Beklagten zuzurechnen ist, ändert aber nichts an der im Bescheid vom 1. September 1975 ausgesprochenen Bewilligung einer Umschulung zur Sozialpädagogin an der GHK. Die dem Bescheid vom 1. September 1975 gemäß § 77 SGG zukommende Bindungswirkung schließt es aus, hiervon noch abzugehen. Eine Aufhebung der Bewilligungsentscheidung gemäß § 622 RVO ist nicht möglich, da in den der Entscheidung zugrunde liegenden Verhältnissen keine Änderung eingetreten ist. Infolgedessen kann auch dahinstehen, ob in der Ablehnung der Leistungen im Bescheid vom 17. Oktober 1978 zugleich eine Aufhebung der Bewilligung zu sehen ist, da diese jedenfalls rechtswidrig ist. Ob die Beklagte die objektiv länger als 2 Jahre dauernde Maßnahme fördern durfte oder der Klägerin einen anderen Eingliederungsvorschlag hätte unterbreiten können oder müssen, war vom Senat nicht zu prüfen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG, diejenige über die Nichtzulassung der Revision auf § 160 Abs. 2 SGG.
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