Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
20
1. Instanz
SG Bayreuth (FSB)
Aktenzeichen
S 11 R 234/06
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 20 R 461/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 461/08 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.05.2007 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung nach durchgeführter Beitragserstattung bei später festgestellter Geschäftsunfähigkeit.
Der 1946 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seinem Heimatland. Er war vorübergehend in der Bundesrepublik Deutschland rentenversicherungspflichtig beschäftigt (zuletzt als Schweißer) und kehrte am 28.08.1987 in die Türkei zurück. Mit Bescheid vom 09.10.1989 erstattete die Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag vom 20.09.1989 die zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vom 31.03.1969 bis 01.12.1986 entrichteten Beiträge in Höhe von 32.300,56 DM. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Der Kläger befand sich erstmals vom 11.10.1988 bis zum 18.10.1988 wegen einer "paranoiden Psychose" im Nervenkrankenhaus M ... Nach dem ärztlichen Bericht der Gesundheitskommission des Nervenkrankenhauses M. vom 22.05.1991 über die vom 16.05.1991 bis zum 22.05.1991 durchgeführte stationäre Untersuchung des Klägers wurden eine "paranoide Attacke" und "para-noide Psychosen" festgestellt sowie eine eingeschränkte strafrechtliche Schuldfähigkeit bejaht. In dem von der genannten Klinik am 23.10.1991 erstatteten Gutachten wurden bei dem Kläger "paranoide Attacken", eine "paranoide Persönlichkeitsstörung" sowie eine "schwere Abhängigkeit" festgestellt. Es wurde die Anordnung einer Vormundschaft für notwendig erachtet. Mit Beschluss vom 10.12.1991 ordnete das Zivilgericht B. erstmals die Betreuung über den Kläger an und bestellte zunächst dessen Vater zum Betreuer. Derzeit ist seine Tochter zur Betreuerin bestellt.
Mit Schriftsatz vom 02.04.2004 wies der Kläger die Beklagte unter Beifügung ärztlicher Atteste und Stellungnahmen beginnend ab April 1990 darauf hin, dass er bereits zum Zeitpunkt der Beantragung der Beitragserstattung geschäftsunfähig gewesen sei. Seine Willenserklärungen seien deshalb nichtig und das Versicherungsverhältnis bestehe unverändert fort.
Am 22.09.2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Zwar datiere die erstmalige Bestellung eines Betreuers vom 10.12.1991. Nach dem Schreiben der Ärzteschaft vom 04.04.1990 sei aber bereits zum 18.10.1988 eine paranoide Psychose festgestellt worden. Seit 1988 habe er sich in verschiedenen Krankenhäusern in der Türkei befunden. Zur Frage, ob beim Kläger im September/Oktober 1989 Geschäftsunfähigkeit vorgelegen habe, führte Frau Dr.D. vom ärztlichen Dienst der Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 17.06.2005 aus, dass eine Betreuung erst 1991 angeordnet worden sei und anhand der Entlassungsdiagnose über den stationären Aufenthalt aus dem Jahr 1988 ("Psychose") keine Aussage über das Vorliegen einer evtl. Geschäftsunfähigkeit im erfragten Zeitraum getroffen werden könne.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.07.2005 den Rentenantrag ab. Aufgrund der durchgeführten Beitragserstattung seien keine auf die Wartezeit anrechnungsfähigen Zeiten vorhanden. Es könne nicht nachgewiesen werden, dass der Kläger bei Beantragung der Beitragserstattung bzw. bei Bescheiderteilung geschäftsunfähig gewesen sei. Mit Widerspruch vom 25.08.2005 hiergegen machte der Kläger geltend, dass das Versicherungsverhältnis aufgrund seiner bereits früher bestehenden Geschäftsunfähigkeit nicht durch die Beitragserstattung aufgelöst worden sei. Bei einer "paranoiden Psychose" handele es sich um eine krankhafte Fehlbeurteilung der Realität, die nicht plötzlich beginne, sondern den Symptomen gehe eine Entwicklung voraus. Außerdem habe er eine Beitragserstattung deshalb gar nicht wirksam beantragen können, weil Beiträge nur erstattet würden, wenn zwischen Antrag und endgültigem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht zwei Jahre gelegen hätten. Er habe bis 01.12.1986 Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Daher dürften die Beiträge erst am 02.12.1988 erstattet werden. Zu diesem Zeitpunkt sei er infolge Geisteskrankheit bereits geschäftsunfähig gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2006 wies die Beklagte den Rechtsbehelf mit im Wesentlichen inhaltsgleicher Begründung wie im angefochtenen Ausgangsbescheid zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 11.04.2006 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Das SG hat eine Auskunft des Gesundheitsministeriums der Republik Türkei/Nervenkrankenhaus M. über die Behandlung des Klägers in den Jahren 1988 und 1991 eingeholt. Im Auftrag des SG hat der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.R. in dem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 22.03.2007 ausgeführt, dass man auch bei einer paranoiden Psychose nicht pauschalierend von einer Geschäftsunfähigkeit ausgehen könne. Speziell für das Jahr 1989 sei kein Befund vorhanden und kein auffälliges Verhalten erwähnt. Es sei auch unbekannt, welcher Zustand zwischen 1988 und 1991 vorgelegen habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.05.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, weil aufgrund der Beitragserstattung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Aufgrund des Beschlusses des Zivilgerichtes B. vom 10.12.1991 sei der Kläger ab dem genannten Zeitpunkt geschäftsunfähig. Für die in Streit stehende Zeit davor, also für die Zeit zwischen der Beantragung der Beitragserstattung und der Bekanntgabe des Erstattungsbescheides, sei keine Geschäftsunfähigkeit nachgewiesen. Es bestehe auch keine Vermutung für den Ausschluss der freien Willensbestimmung für den Fall, dass der Kläger bereits seit längerem an geistigen Störungen leide. Maßgeblich für das SG sei der Verweis des gerichtlichen Sachver-ständigen Dr.R. darauf, dass keine Befunde beschrieben seien, die auf eine dauerhafte krankhafte Aufhebung der freien Willensbestimmung schließen lassen. Auch bei einer wahnhaften psychischen Erkrankung könne nicht pauschalierend von Geschäftsunfähigkeit ausgegangen werden, weil der Krankheitsverlauf oft wechselnd und individuell unterschiedlich ausgeprägt sei. Entsprechend sei der Kläger im Oktober 1988 als "teilweise geheilt" entlassen worden und im ärztlichen Bericht vom 22.05.1991 sei ein paranoider Schub beschrieben worden. Beides seien Belege dafür, dass die Krankheit nicht durchgehend gleich gravierend ausgebildet gewesen sei. Ein gewichtiges Indiz, das diese Einschätzung bestätige, liege schließlich in dem Umstand, dass auch das türkische Zivilgericht trotz der zurückliegenden zeitweiligen Behandlung des Klägers in einer Nervenheilanstalt erst ab Dezember 1991 und nicht auch für die Zeit davor Geschäftsunfähigkeit bejaht und eine Betreuung angeordnet habe. Auch aus dem Umstand, dass die Fehlbeurteilung der Realität kein plötzlich beginnendes Symptom sei und dem Krankheitsbild der paranoiden Psychose eine Entwicklung vorausgehe, sei keine andere Beurteilung herzuleiten. Insofern fehlten gleichfalls wieder konkrete Befunde und es würde letztlich eine bloße Vermutung zur Gewissheit erhoben. Vorliegend verblieben in Ermangelung entsprechender Befundunterlagen und insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass erst im Dezember 1991 über den Kläger ein Betreuungsverhältnis angeordnet worden sei, Zweifel. Diese seien nach den auch im Sozialrecht gültigen Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Des Weiteren sei der Hinweis des Klägers, dass die Beklagte erst ab 02.12.1988 Beiträge habe erstatten können, unbeachtlich, weil der Bescheid aus dem Jahre 1989 datiere.
Hiergegen richtet sich die am 14.06.2007 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers.
Über sein bisheriges Vorbringen hinaus trägt der Kläger vor, dass das SG im Rahmen seiner Feststellungen den Amtsaufklärungsgrundsatz nicht ausreichend beachtet habe. So sei lediglich eine Auskunft des Gesundheitsministeriums der Republik Türkei/Nervenkrankenhaus M. über seine Behandlung in den Jahren 1988 und 1991 beigezogen und ein Sachverständigengutachten eines in Deutschland ansässigen Sachverständigen eingeholt worden. Er hätte ohne Weiteres gemeinsam mit seiner Betreuerin nach Deutschland einreisen können, damit er hätte angehört werden können. Er habe aufgrund der schriftlichen Gerichtsentscheidung ohne Anberaumung eines Gerichtstermins nicht die Möglichkeit gehabt, zur Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken. Dies hätte er gemeinsam mit seiner Betreuerin ohne Weiteres tun können.
Wenn der gesetzlich geforderte Dauerzustand bei einer Geschäftsunfähigkeit auch bei heilbaren Störungen gegeben sei, sofern die Behandlung längere Zeit in Anspruch nehme, so sei nicht nachvollziehbar, warum hier nicht von seiner Geschäftsunfähigkeit ausgegangen werde. Er habe sich ausweislich der der Beklagten und auch dem erstinstanzlichen Gericht vorliegenden Unterlagen in den Jahren 1988 und 1991 in stationärer Behandlung im Nervenkrankenhaus in M. , Türkei, befunden. Die Entlassung im Jahr 1988 sei ausweislich der Auskunft des Nervenkrankenhauses M. vom 26.12.2006 gegenüber dem erstinstanzlichen Gericht nicht aufgrund Heilung erfolgt, sondern auf sein beharrliches Drängen hin. Er sei dann in die Obhut seiner Tochter und jetzigen Betreuerin gegeben worden. Dass erneut im Mai 1991 eine stationäre Behandlung im Nervenkrankenhaus M. erfolgt sei, bedeute nicht, dass er in der Zeit zwischen den beiden stationären Behandlungen gesund gewesen sei, denn nicht bei jedem an paranoider Psychose leidenden Betroffenen sei eine stationäre Behandlung notwendig. Ausweislich der dem erstinstanzlichen Gericht vorgelegten Unterlagen im Rahmen der Klageschrift und der vom Gericht eingeholten Auskunft seitens des Nervenkrankenhauses M. sei festgestellt worden, dass die Behandlung mehrere Jahre, mithin eine längere Zeit, in Anspruch genommen habe und nehme. Aus diesem Grunde sei der gesetzlich geforderte Dauerzustand in seinem Fall zu bejahen.
Aus dem Umstand, dass die gerichtliche Feststellung erst am 10.12.1991 erfolgt sei, dürfe nicht - wie es das erstinstanzliche Gericht getan habe - die Schlussfolgerung gezogen werden, dass vorher eben keine Geschäftsunfähigkeit vorgelegen habe, zumal ausweislich der Auskunft des Nervenkrankenhauses M. das Krankheitsbild der paranoiden Psychose bereits im Jahr 1988 vorgelegen habe. Darüber hinaus sei für die Bejahung der Geschäftsunfähigkeit die Anordnung der Betreuung eben nicht gesetzliche Voraussetzung.
Gerade aufgrund dieses wechselnden und unterschiedlich ausgeprägten Krankheitsbildes der wahnhaften psychischen Erkrankung wäre es erforderlich gewesen, ihn persönlich zu sehen und sich ein eigenes Bild von der Ausprägung des Krankheitsbildes zu machen. Darüber hinaus seien seitens des SG in diesem Zusammenhang die Beweislastregeln nicht bedacht worden. Wenn aufgrund der hier vorliegenden Umstände mit einer sehr großen und an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass er auch in den Jahren 1988 bis 1991 aufgrund paranoider Schizophrenie geschäftsunfähig gewesen sei, so liege die Beweislast für die Behauptung, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt doch geschäftsfähig gewesen sei oder sog. lichte Momente vorgelegen hätten, bei der Beklagten.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.05.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 05.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf den Antrag vom 29.12.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
In Übereinstimmung mit dem Erstgericht gehe sie davon aus, dass Geschäftsunfähigkeit im Zeitraum der Beantragung der Beitragserstattung und der Bekanntgabe des Beitragserstattungsbescheides nicht vorgelegen habe. Geschäftsunfähigkeit sei durch das Zivilgericht B. erstmals im Jahre 1991 festgestellt und ein Betreuungsverhältnis angeordnet worden. Die medizinische Sachaufklärung im erstinstanzlichen Verfahren habe das Vorliegen von Geschäftsunfähigkeit bereits zu dem klägerseits behaupteten, deutlich früheren Zeitpunkt der Beitragserstattung nicht belegen können. Da eine rechtlich wirksame Beitragserstattung erfolgt sei, seien keine auf die Wartezeit anrechenbaren Zeiten vorhanden.
Das Gericht hat die Akte der Beklagten und des SG beigezogen. Trotz mehrfacher gerichtlicher Nachfragen bezügl. der Vorlage neuer medizinischer Unterlagen aus den Jahren 1988 bis 1990 hat der Kläger hierzu nicht Stellung genommen und keine neuen medizinischen Unterlagen übersandt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 11.05.2007 die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 05.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2006 abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat nämlich keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung ab 01.01.2001, weil aufgrund der Beitragserstattung mit Bescheid vom 09.10.1989 die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt ist. Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, § 50 Abs 1 Nr 2 SGB VI. Durch die Beitragserstattung ist das Versicherungsverhältnis erloschen. Nach dem zum Zeitpunkt der Beitragserstattung gültigen Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) schließt die Erstattung nämlich weitere Ansprüche aus den bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten aus, § 1303 Abs 7 RVO. Eine Rentenanwartschaft kann nur wieder durch nachfolgende Bei-tragszahlungen neu begründet werden. Auch nach dem zwischenzeitlich zum 01.01.1992 in Kraft getretenen Recht des SGB VI ist keine inhaltliche Änderung gegenüber dem Vorstehenden eingetreten, § 210 Abs 6 Satz 2, 3 SGB VI. Der Kläger hat auch keine weiteren auf die Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten nach der Beitragserstattung mehr begründet.
Entgegen der klägerischen Auffassung ist die Beitragserstattung auch rechtlich wirksam, weil zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Beitragserstattung und Bekanntgabe des Erstattungsbescheides keine Geschäftsunfähigkeit des Klägers erwiesen ist. Beiträge werden auf Antrag erstattet, § 1303 Abs 1 RVO. Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig sind, § 11 Abs 1 Nr 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Darin liegt ein Verweis auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Geschäftsfähigkeit. Geschäftsunfähig ist, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist, § 104 Nr 2 BGB. Geschäftsunfähigkeit ist eine auf Dauer angelegte krankhafte Störung der Geistestätigkeit, die es dem Betroffenen unmöglich macht, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Der gesetzlich geforderte Dauerzustand ist auch bei heilbaren Störungen gegeben, sofern die Behandlung längere Zeit in Anspruch nimmt. Die Willenserklärung eines Ge-schäftsunfähigen ist nichtig, § 105 Abs 1 BGB.
Zweck der Vorschriften über die Geschäftsunfähigkeit ist der uneingeschränkte Schutz der hiervon betroffen Personen. Die insoweit erlassenen Vorschriften stellen grundlegende Wertungen dar, die bei der Abgrenzung zwischen Nichtigkeit und bloßer Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes zu beachten sind.
Der Kläger ist zwar aufgrund des Beschlusses des Zivilgerichtes B. vom 10.12.1991 jedenfalls ab dem genannten Zeitpunkt geschäftsunfähig.
Für die in Streit stehenden Zeitpunkte der Beantragung der Beitragserstattung und Bekanntgabe des Erstattungsbescheides ist eine Geschäftsunfähigkeit des Klägers jedoch nicht erwiesen. Zutreffend hat das SG im Gerichtsbescheid festgestellt, dass auch keine Vermutung für den Ausschluss der freien Willensbestimmung für den Fall besteht, dass der Kläger bereits seit längerem an geistigen Störungen gelitten hat.
Gegen eine Geschäftsunfähigkeit des Klägers vor dem Zeitpunkt des Beschlusses des Zivilgerichts B. vom 10.12.1991 sprechen die überzeugenden und schlüssigen gutachterlichen Ausführungen des vom SG gehörten Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.R. in seinem Gutachten vom 22.03.2007, denn diese stehen mit den Beurteilungskriterien zur Feststellung von Geschäftsunfähigkeit wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit in Einklang. Zwar ist beim Kläger die paranoide Psy-chose bereits im Jahr 1988 diagnostiziert worden. Diese wahnhafte psychische Erkrankung lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass gleichsam pauschalierend von Geschäftsunfähigkeit des Klägers auszugehen ist. Denn der Krankheitsverlauf ist oft wechselnd und individuell unterschiedlich ausgeprägt (vgl. dazu die "Leitlinien für die sozialmedizinische Begutachtung von Menschen mit psychischen Störungen", DRV-Schriften, Band 68, Dez. 2006, S 32 ff). Aus den ärztlichen Unterlagen ergibt sich zudem nicht, dass der Kläger in dieser Zeit überhaupt Medikamente eingenommen hat. In sich widerspruchsfrei stellt Dr.R. dar, dass man über eine Geschäftsunfähigkeit in dem gefragten Zeitraum von September bis November 1989 keine verlässlichen Aussagen machen kann, vor allem, da kein psychopathologischer Befund dokumentiert und auch kein auffälliges Verhalten des Klägers erwähnt ist. Krankheitssymptome ein Jahr zuvor sind kein ausreichender Beweis für eine Geschäftsunfähigkeit. Lediglich ergänzend sei darauf verwiesen, dass - worauf Dr.R. zutreffend hinweist - bezüglich einer Geschäftsunfähigkeit zu einem sonstigen Zeitraum nicht Stellung genommen werden kann, weil auch später kein genauer psycho-pathologischer Befund vorliegt. Somit sind keine Befunde beschrieben, die auf eine dauerhafte krankhafte Aufhebung der freien Willensbestimmung des Klägers schließen lassen. Allein aus der Diagnose "paranoide Psychose" kann nicht zwingend auf die Aufhebung der Geschäftsfähigkeit geschlossen werden. Nicht zu beanstanden sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen des SG, wonach der Umstand, dass die Fehlbeurteilung der Realität kein plötzlich beginnendes Symptom ist und dem Krankheitsbild der paranoiden Psychose eine Entwicklung vorausgeht, keine andere Beurteilung rechtfertigt. Zutreffend hat das SG insoweit darauf hingewiesen, dass aus den Jahren 1988 und 1989 keine Befunde vorhanden sind, anhand derer auf das Ausmaß der Erkrankung geschlossen werden kann. Ohne detaillierten psychopathologischen Befund ist jedoch eine qualifizierte Aussage über das Ausmaß der Erkrankung nicht möglich. Trotz der vom SG durchgeführten Ermittlungen liegt ein solcher Befund nicht vor. Aus den dargelegten Gründen kommt es letztlich nicht darauf an, ob der Kläger am 18.10.1988 tatsächlich als teilweise geheilt entlassen wurde (so der Arztbrief vom 04.04.1990) oder die Entlassung lediglich auf sein beharrliches Drängen hin erfolgt ist.
Dem im Berufungsverfahren vorgetragen Argument des Klägers, es sei nicht nachvollziehbar, warum hier nicht von seiner Geschäftsunfähigkeit ausgegangen werde, nachdem der gesetzlich geforderte Dauerzustand bei der Geschäftsunfähigkeit auch bei heilbaren Störungen gegeben sei - sofern die Behandlung längere Zeit in Anspruch nehme -, ist im vorliegenden Falll ohne rechtliche Relevanz. Insoweit verkennt der Kläger, dass hier im maßgeblichen Zeitraum keine Geschäftsunfähigkeit nachgewiesen ist, die sich durch eine Behandlung zu einem späteren Zeitpunkt als ein nur vorübergehender Zustand nachträglich herausgestellt hat. Vielmehr ist - wie bereits dargelegt - nicht erwiesen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung und des Zugangs des Beitragserstattungsbescheids beim Kläger tatsächlich Geschäftsunfähigkeit vorgelegen hat. § 104 Nr 2 BGB ist zwar auch bei heilbaren Störungen gegeben, sofern die Behandlung längere Zeit beansprucht, nicht aber bei Störungen, die in Abständen periodisch auftreten (s. Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 66.Aufl, Rdnr 4 zu § 104). Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 104 Nr 2 BGB ist somit nicht erwiesen.
Den Ausführungen des Klägers zur Umkehr der Beweislast vermag der Senat ebenfalls nicht zuzustimmen. Insoweit führt der Kläger aus: "Wenn aufgrund der hier vorliegenden Umstände mit einer sehr großen und an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass er auch in den Jahren 1988 bis 1991 aufgrund paranoider Schizophrenie geschäftsunfähig gewesen ist, so bleibt die Beweislast für die Behauptung, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt doch geschäftsfähig gewesen ist oder sog. "Lichte Momente" vorgelegen haben, bei der Beklagten. Diese Beweislastumkehr ist seitens des erstinstanzlichen Gerichts nicht in Erwägung gezogen worden, so dass die Regeln über die Beweislastverteilung falsch angewandt sind."
Diesen Ausführungen ist weder hinsichtlich der tatsächlichen Beurteilung noch hinsichtlich der rechtlichen Schlussfolgerungen zu folgen. Zu Recht ist das SG gerade nicht mit einer sehr großen oder an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen, dass der Kläger auch in den Jahren 1988 bis 1991 aufgrund paranoider Schizophrenie geschäftsunfähig gewesen ist. Schon deshalb stellt sich die Frage nach einer Beweislastumkehr nicht. Unabhängig davon ist kein Grund dafür ersichtlich, warum in einem solchen Falle eine Beweislastumkehr erfolgen sollte. Für die Annahme von Geschäftsunfähigkeit genügt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSGE 45, 1; Breith 01, 967). Vorliegend verbleiben in Ermangelung entsprechender Befundunterlagen Zweifel, so dass für eine Beweislastumkehr - abgesehen davon, dass hierfür keine Argumente sprechen - schon keine Notwendigkeit besteht. Nach den auch im Sozialrecht gültigen Grundsätzen der objektiven Beweislast, wonach jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (BSG 6, 70, 72f; 35, 216, 217; SozR 1500 § 141 Nr 9; BSG vom 25.06.2002 - B 11 AL 3/02 R - zu § 44 SGB X; BayLSG Breith 2000, 478, 480), sind die begründeten Zweifel an der Geschäftsunfähigkeit des Klägers zu den maßgeblichen Zeitpunkten zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen.
Zu Unrecht vertritt der Kläger die Auffassung, das SG habe den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG verletzt, weil es lediglich ein Gutachten nach Aktenlage in Auftrag gegeben hat. Der Senat vermag der Argumentation des Klägers, es wäre vor Gutachtenserstellung die Untersuchung seiner Person erforderlich gewesen, nicht zu folgen, denn die für die Beurteilung der Geschäftsunfähigkeit im Jahr 1989 maßgeblichen medizinischen Tatsachen betreffen einen weit in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und können sich nicht aus der aktuellen Untersuchung des Klägers während des SG-Verfahrens ergeben. Aus demselben Grund war das Gericht auch nicht gehalten, eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers gemäß § 106 SGG in Auftrag zu geben. Das Gericht durfte sich auf die schlüssigen und überzeu-genden gutachterlichen Ausführungen des vom SG gehörten Sachverständigen Dr.R. in vollem Umfang beziehen. Wiederholte gerichtliche Nachfragen vom 17.10.2007 und 21.02.2008 bezüglich neuer medizinischer Unterlagen aus den Jahren 1988 bis 1990 blieben vom Kläger unbeantwortet.
Soweit der Kläger nunmehr vorträgt, er hätte in einer mündlichen Verhandlung vor dem SG persönlich angehört werden müssen, ist dieser Vortrag im Ergebnis ohne rechtliche Relevanz. Denn das SG durfte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entscheiden. Der Rechtsstreit weist nämlich keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt war geklärt, § 105 Abs 1 Satz 1 SGG. Auch sind die Beteiligten zuvor mit Schreiben des SG vom 26.04.2007 gehört worden, § 105 Abs 1 Satz 2 SGG. Zwar hat das SG den Beteiligten mit Schreiben vom 26.04.2007 nicht mitgeteilt, dass diese sich zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid äußern können (s. hierzu BVerwG Buchholz 312 EntG Nr 21, 29). Ob deshalb eine Verletzung rechtlichen Gehörs gemäß § 62 SGG anzunehmen ist, weil der Kläger nicht vom SG auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, Einwendungen gegen den Gerichtsbescheid geltend machen zu können, kann letztlich dahinstehen, denn der Rechtsstreit ist nicht aus diesem Grund gemäß § 159 SGG an das SG zurückzuverweisen. Ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S. des § 159 Abs 1 Nr 2 SGG liegt nicht vor. Der Kläger hat insoweit schon nicht substanziiert dargelegt, inwieweit der Gerichtsbescheid auf dem unterlassenen Hinweis beruhen soll. Zudem widerspricht der Vortrag des Klägers, er habe aufgrund der schriftlichen Gerichtsentscheidung nicht die Möglichkeit gehabt, zur Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken, dem Ablauf des Klageverfahrens. Im Übrigen ist die Entscheidung des SG, durch Gerichtsbescheid zu erkennen, grundsätzlich nur auf Ermessensfehler zu überprüfen. Verfahrensfehler sind nur dann relevant, wenn der Beurteilung sachfremde Erwägungen oder grobe Fehleinschätzungen zugrunde liegen (vgl. LSG BW Breith 94, 254; zu § 84 VwGO BVerwG 84, 220; Kopf/Schenke Rdnr 12, 17). Nachdem die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, liegen der Beurteilung weder sachfremde Erwägungen noch grobe Fehleinschätzungen zugrunde, so dass das SG durch Gerichtsbescheid entscheiden durfte.
Damit war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 11.05.2007 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs 2 Nrn 1und 2 SGG.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung nach durchgeführter Beitragserstattung bei später festgestellter Geschäftsunfähigkeit.
Der 1946 geborene Kläger ist türkischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seinem Heimatland. Er war vorübergehend in der Bundesrepublik Deutschland rentenversicherungspflichtig beschäftigt (zuletzt als Schweißer) und kehrte am 28.08.1987 in die Türkei zurück. Mit Bescheid vom 09.10.1989 erstattete die Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag vom 20.09.1989 die zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung vom 31.03.1969 bis 01.12.1986 entrichteten Beiträge in Höhe von 32.300,56 DM. Der Bescheid wurde bestandskräftig.
Der Kläger befand sich erstmals vom 11.10.1988 bis zum 18.10.1988 wegen einer "paranoiden Psychose" im Nervenkrankenhaus M ... Nach dem ärztlichen Bericht der Gesundheitskommission des Nervenkrankenhauses M. vom 22.05.1991 über die vom 16.05.1991 bis zum 22.05.1991 durchgeführte stationäre Untersuchung des Klägers wurden eine "paranoide Attacke" und "para-noide Psychosen" festgestellt sowie eine eingeschränkte strafrechtliche Schuldfähigkeit bejaht. In dem von der genannten Klinik am 23.10.1991 erstatteten Gutachten wurden bei dem Kläger "paranoide Attacken", eine "paranoide Persönlichkeitsstörung" sowie eine "schwere Abhängigkeit" festgestellt. Es wurde die Anordnung einer Vormundschaft für notwendig erachtet. Mit Beschluss vom 10.12.1991 ordnete das Zivilgericht B. erstmals die Betreuung über den Kläger an und bestellte zunächst dessen Vater zum Betreuer. Derzeit ist seine Tochter zur Betreuerin bestellt.
Mit Schriftsatz vom 02.04.2004 wies der Kläger die Beklagte unter Beifügung ärztlicher Atteste und Stellungnahmen beginnend ab April 1990 darauf hin, dass er bereits zum Zeitpunkt der Beantragung der Beitragserstattung geschäftsunfähig gewesen sei. Seine Willenserklärungen seien deshalb nichtig und das Versicherungsverhältnis bestehe unverändert fort.
Am 22.09.2004 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung. Zwar datiere die erstmalige Bestellung eines Betreuers vom 10.12.1991. Nach dem Schreiben der Ärzteschaft vom 04.04.1990 sei aber bereits zum 18.10.1988 eine paranoide Psychose festgestellt worden. Seit 1988 habe er sich in verschiedenen Krankenhäusern in der Türkei befunden. Zur Frage, ob beim Kläger im September/Oktober 1989 Geschäftsunfähigkeit vorgelegen habe, führte Frau Dr.D. vom ärztlichen Dienst der Beklagten in ihrer Stellungnahme vom 17.06.2005 aus, dass eine Betreuung erst 1991 angeordnet worden sei und anhand der Entlassungsdiagnose über den stationären Aufenthalt aus dem Jahr 1988 ("Psychose") keine Aussage über das Vorliegen einer evtl. Geschäftsunfähigkeit im erfragten Zeitraum getroffen werden könne.
Daraufhin lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 05.07.2005 den Rentenantrag ab. Aufgrund der durchgeführten Beitragserstattung seien keine auf die Wartezeit anrechnungsfähigen Zeiten vorhanden. Es könne nicht nachgewiesen werden, dass der Kläger bei Beantragung der Beitragserstattung bzw. bei Bescheiderteilung geschäftsunfähig gewesen sei. Mit Widerspruch vom 25.08.2005 hiergegen machte der Kläger geltend, dass das Versicherungsverhältnis aufgrund seiner bereits früher bestehenden Geschäftsunfähigkeit nicht durch die Beitragserstattung aufgelöst worden sei. Bei einer "paranoiden Psychose" handele es sich um eine krankhafte Fehlbeurteilung der Realität, die nicht plötzlich beginne, sondern den Symptomen gehe eine Entwicklung voraus. Außerdem habe er eine Beitragserstattung deshalb gar nicht wirksam beantragen können, weil Beiträge nur erstattet würden, wenn zwischen Antrag und endgültigem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht zwei Jahre gelegen hätten. Er habe bis 01.12.1986 Beiträge zur deutschen gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet. Daher dürften die Beiträge erst am 02.12.1988 erstattet werden. Zu diesem Zeitpunkt sei er infolge Geisteskrankheit bereits geschäftsunfähig gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.03.2006 wies die Beklagte den Rechtsbehelf mit im Wesentlichen inhaltsgleicher Begründung wie im angefochtenen Ausgangsbescheid zurück.
Hiergegen hat der Kläger am 11.04.2006 Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Das SG hat eine Auskunft des Gesundheitsministeriums der Republik Türkei/Nervenkrankenhaus M. über die Behandlung des Klägers in den Jahren 1988 und 1991 eingeholt. Im Auftrag des SG hat der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr.R. in dem nach Aktenlage erstatteten Gutachten vom 22.03.2007 ausgeführt, dass man auch bei einer paranoiden Psychose nicht pauschalierend von einer Geschäftsunfähigkeit ausgehen könne. Speziell für das Jahr 1989 sei kein Befund vorhanden und kein auffälliges Verhalten erwähnt. Es sei auch unbekannt, welcher Zustand zwischen 1988 und 1991 vorgelegen habe.
Mit Gerichtsbescheid vom 11.05.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung, weil aufgrund der Beitragserstattung die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Aufgrund des Beschlusses des Zivilgerichtes B. vom 10.12.1991 sei der Kläger ab dem genannten Zeitpunkt geschäftsunfähig. Für die in Streit stehende Zeit davor, also für die Zeit zwischen der Beantragung der Beitragserstattung und der Bekanntgabe des Erstattungsbescheides, sei keine Geschäftsunfähigkeit nachgewiesen. Es bestehe auch keine Vermutung für den Ausschluss der freien Willensbestimmung für den Fall, dass der Kläger bereits seit längerem an geistigen Störungen leide. Maßgeblich für das SG sei der Verweis des gerichtlichen Sachver-ständigen Dr.R. darauf, dass keine Befunde beschrieben seien, die auf eine dauerhafte krankhafte Aufhebung der freien Willensbestimmung schließen lassen. Auch bei einer wahnhaften psychischen Erkrankung könne nicht pauschalierend von Geschäftsunfähigkeit ausgegangen werden, weil der Krankheitsverlauf oft wechselnd und individuell unterschiedlich ausgeprägt sei. Entsprechend sei der Kläger im Oktober 1988 als "teilweise geheilt" entlassen worden und im ärztlichen Bericht vom 22.05.1991 sei ein paranoider Schub beschrieben worden. Beides seien Belege dafür, dass die Krankheit nicht durchgehend gleich gravierend ausgebildet gewesen sei. Ein gewichtiges Indiz, das diese Einschätzung bestätige, liege schließlich in dem Umstand, dass auch das türkische Zivilgericht trotz der zurückliegenden zeitweiligen Behandlung des Klägers in einer Nervenheilanstalt erst ab Dezember 1991 und nicht auch für die Zeit davor Geschäftsunfähigkeit bejaht und eine Betreuung angeordnet habe. Auch aus dem Umstand, dass die Fehlbeurteilung der Realität kein plötzlich beginnendes Symptom sei und dem Krankheitsbild der paranoiden Psychose eine Entwicklung vorausgehe, sei keine andere Beurteilung herzuleiten. Insofern fehlten gleichfalls wieder konkrete Befunde und es würde letztlich eine bloße Vermutung zur Gewissheit erhoben. Vorliegend verblieben in Ermangelung entsprechender Befundunterlagen und insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, dass erst im Dezember 1991 über den Kläger ein Betreuungsverhältnis angeordnet worden sei, Zweifel. Diese seien nach den auch im Sozialrecht gültigen Grundsätzen der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen. Des Weiteren sei der Hinweis des Klägers, dass die Beklagte erst ab 02.12.1988 Beiträge habe erstatten können, unbeachtlich, weil der Bescheid aus dem Jahre 1989 datiere.
Hiergegen richtet sich die am 14.06.2007 beim Bayer. Landessozialgericht eingegangene Berufung des Klägers.
Über sein bisheriges Vorbringen hinaus trägt der Kläger vor, dass das SG im Rahmen seiner Feststellungen den Amtsaufklärungsgrundsatz nicht ausreichend beachtet habe. So sei lediglich eine Auskunft des Gesundheitsministeriums der Republik Türkei/Nervenkrankenhaus M. über seine Behandlung in den Jahren 1988 und 1991 beigezogen und ein Sachverständigengutachten eines in Deutschland ansässigen Sachverständigen eingeholt worden. Er hätte ohne Weiteres gemeinsam mit seiner Betreuerin nach Deutschland einreisen können, damit er hätte angehört werden können. Er habe aufgrund der schriftlichen Gerichtsentscheidung ohne Anberaumung eines Gerichtstermins nicht die Möglichkeit gehabt, zur Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken. Dies hätte er gemeinsam mit seiner Betreuerin ohne Weiteres tun können.
Wenn der gesetzlich geforderte Dauerzustand bei einer Geschäftsunfähigkeit auch bei heilbaren Störungen gegeben sei, sofern die Behandlung längere Zeit in Anspruch nehme, so sei nicht nachvollziehbar, warum hier nicht von seiner Geschäftsunfähigkeit ausgegangen werde. Er habe sich ausweislich der der Beklagten und auch dem erstinstanzlichen Gericht vorliegenden Unterlagen in den Jahren 1988 und 1991 in stationärer Behandlung im Nervenkrankenhaus in M. , Türkei, befunden. Die Entlassung im Jahr 1988 sei ausweislich der Auskunft des Nervenkrankenhauses M. vom 26.12.2006 gegenüber dem erstinstanzlichen Gericht nicht aufgrund Heilung erfolgt, sondern auf sein beharrliches Drängen hin. Er sei dann in die Obhut seiner Tochter und jetzigen Betreuerin gegeben worden. Dass erneut im Mai 1991 eine stationäre Behandlung im Nervenkrankenhaus M. erfolgt sei, bedeute nicht, dass er in der Zeit zwischen den beiden stationären Behandlungen gesund gewesen sei, denn nicht bei jedem an paranoider Psychose leidenden Betroffenen sei eine stationäre Behandlung notwendig. Ausweislich der dem erstinstanzlichen Gericht vorgelegten Unterlagen im Rahmen der Klageschrift und der vom Gericht eingeholten Auskunft seitens des Nervenkrankenhauses M. sei festgestellt worden, dass die Behandlung mehrere Jahre, mithin eine längere Zeit, in Anspruch genommen habe und nehme. Aus diesem Grunde sei der gesetzlich geforderte Dauerzustand in seinem Fall zu bejahen.
Aus dem Umstand, dass die gerichtliche Feststellung erst am 10.12.1991 erfolgt sei, dürfe nicht - wie es das erstinstanzliche Gericht getan habe - die Schlussfolgerung gezogen werden, dass vorher eben keine Geschäftsunfähigkeit vorgelegen habe, zumal ausweislich der Auskunft des Nervenkrankenhauses M. das Krankheitsbild der paranoiden Psychose bereits im Jahr 1988 vorgelegen habe. Darüber hinaus sei für die Bejahung der Geschäftsunfähigkeit die Anordnung der Betreuung eben nicht gesetzliche Voraussetzung.
Gerade aufgrund dieses wechselnden und unterschiedlich ausgeprägten Krankheitsbildes der wahnhaften psychischen Erkrankung wäre es erforderlich gewesen, ihn persönlich zu sehen und sich ein eigenes Bild von der Ausprägung des Krankheitsbildes zu machen. Darüber hinaus seien seitens des SG in diesem Zusammenhang die Beweislastregeln nicht bedacht worden. Wenn aufgrund der hier vorliegenden Umstände mit einer sehr großen und an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass er auch in den Jahren 1988 bis 1991 aufgrund paranoider Schizophrenie geschäftsunfähig gewesen sei, so liege die Beweislast für die Behauptung, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt doch geschäftsfähig gewesen sei oder sog. lichte Momente vorgelegen hätten, bei der Beklagten.
Der Kläger beantragt, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 11.05.2007 und den Bescheid der Beklagten vom 05.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger auf den Antrag vom 29.12.2004 Rente wegen voller Erwerbsminderung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
In Übereinstimmung mit dem Erstgericht gehe sie davon aus, dass Geschäftsunfähigkeit im Zeitraum der Beantragung der Beitragserstattung und der Bekanntgabe des Beitragserstattungsbescheides nicht vorgelegen habe. Geschäftsunfähigkeit sei durch das Zivilgericht B. erstmals im Jahre 1991 festgestellt und ein Betreuungsverhältnis angeordnet worden. Die medizinische Sachaufklärung im erstinstanzlichen Verfahren habe das Vorliegen von Geschäftsunfähigkeit bereits zu dem klägerseits behaupteten, deutlich früheren Zeitpunkt der Beitragserstattung nicht belegen können. Da eine rechtlich wirksame Beitragserstattung erfolgt sei, seien keine auf die Wartezeit anrechenbaren Zeiten vorhanden.
Das Gericht hat die Akte der Beklagten und des SG beigezogen. Trotz mehrfacher gerichtlicher Nachfragen bezügl. der Vorlage neuer medizinischer Unterlagen aus den Jahren 1988 bis 1990 hat der Kläger hierzu nicht Stellung genommen und keine neuen medizinischen Unterlagen übersandt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der beigezogenen Akten und der Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig (§§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
Zu Recht hat das SG mit Gerichtsbescheid vom 11.05.2007 die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 05.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.03.2006 abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Der Kläger hat nämlich keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gemäß § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) in der Fassung ab 01.01.2001, weil aufgrund der Beitragserstattung mit Bescheid vom 09.10.1989 die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt ist. Die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von fünf Jahren ist Voraussetzung für einen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, § 50 Abs 1 Nr 2 SGB VI. Durch die Beitragserstattung ist das Versicherungsverhältnis erloschen. Nach dem zum Zeitpunkt der Beitragserstattung gültigen Recht der Reichsversicherungsordnung (RVO) schließt die Erstattung nämlich weitere Ansprüche aus den bis dahin zurückgelegten Versicherungszeiten aus, § 1303 Abs 7 RVO. Eine Rentenanwartschaft kann nur wieder durch nachfolgende Bei-tragszahlungen neu begründet werden. Auch nach dem zwischenzeitlich zum 01.01.1992 in Kraft getretenen Recht des SGB VI ist keine inhaltliche Änderung gegenüber dem Vorstehenden eingetreten, § 210 Abs 6 Satz 2, 3 SGB VI. Der Kläger hat auch keine weiteren auf die Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten nach der Beitragserstattung mehr begründet.
Entgegen der klägerischen Auffassung ist die Beitragserstattung auch rechtlich wirksam, weil zum Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Beitragserstattung und Bekanntgabe des Erstattungsbescheides keine Geschäftsunfähigkeit des Klägers erwiesen ist. Beiträge werden auf Antrag erstattet, § 1303 Abs 1 RVO. Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind natürliche Personen, die nach bürgerlichem Recht geschäftsfähig sind, § 11 Abs 1 Nr 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Darin liegt ein Verweis auf die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Geschäftsfähigkeit. Geschäftsunfähig ist, wer sich in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befindet, sofern nicht der Zustand seiner Natur nach ein vorübergehender ist, § 104 Nr 2 BGB. Geschäftsunfähigkeit ist eine auf Dauer angelegte krankhafte Störung der Geistestätigkeit, die es dem Betroffenen unmöglich macht, seine Entscheidungen von vernünftigen Erwägungen abhängig zu machen. Der gesetzlich geforderte Dauerzustand ist auch bei heilbaren Störungen gegeben, sofern die Behandlung längere Zeit in Anspruch nimmt. Die Willenserklärung eines Ge-schäftsunfähigen ist nichtig, § 105 Abs 1 BGB.
Zweck der Vorschriften über die Geschäftsunfähigkeit ist der uneingeschränkte Schutz der hiervon betroffen Personen. Die insoweit erlassenen Vorschriften stellen grundlegende Wertungen dar, die bei der Abgrenzung zwischen Nichtigkeit und bloßer Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsaktes zu beachten sind.
Der Kläger ist zwar aufgrund des Beschlusses des Zivilgerichtes B. vom 10.12.1991 jedenfalls ab dem genannten Zeitpunkt geschäftsunfähig.
Für die in Streit stehenden Zeitpunkte der Beantragung der Beitragserstattung und Bekanntgabe des Erstattungsbescheides ist eine Geschäftsunfähigkeit des Klägers jedoch nicht erwiesen. Zutreffend hat das SG im Gerichtsbescheid festgestellt, dass auch keine Vermutung für den Ausschluss der freien Willensbestimmung für den Fall besteht, dass der Kläger bereits seit längerem an geistigen Störungen gelitten hat.
Gegen eine Geschäftsunfähigkeit des Klägers vor dem Zeitpunkt des Beschlusses des Zivilgerichts B. vom 10.12.1991 sprechen die überzeugenden und schlüssigen gutachterlichen Ausführungen des vom SG gehörten Arztes für Neurologie und Psychiatrie Dr.R. in seinem Gutachten vom 22.03.2007, denn diese stehen mit den Beurteilungskriterien zur Feststellung von Geschäftsunfähigkeit wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit in Einklang. Zwar ist beim Kläger die paranoide Psy-chose bereits im Jahr 1988 diagnostiziert worden. Diese wahnhafte psychische Erkrankung lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass gleichsam pauschalierend von Geschäftsunfähigkeit des Klägers auszugehen ist. Denn der Krankheitsverlauf ist oft wechselnd und individuell unterschiedlich ausgeprägt (vgl. dazu die "Leitlinien für die sozialmedizinische Begutachtung von Menschen mit psychischen Störungen", DRV-Schriften, Band 68, Dez. 2006, S 32 ff). Aus den ärztlichen Unterlagen ergibt sich zudem nicht, dass der Kläger in dieser Zeit überhaupt Medikamente eingenommen hat. In sich widerspruchsfrei stellt Dr.R. dar, dass man über eine Geschäftsunfähigkeit in dem gefragten Zeitraum von September bis November 1989 keine verlässlichen Aussagen machen kann, vor allem, da kein psychopathologischer Befund dokumentiert und auch kein auffälliges Verhalten des Klägers erwähnt ist. Krankheitssymptome ein Jahr zuvor sind kein ausreichender Beweis für eine Geschäftsunfähigkeit. Lediglich ergänzend sei darauf verwiesen, dass - worauf Dr.R. zutreffend hinweist - bezüglich einer Geschäftsunfähigkeit zu einem sonstigen Zeitraum nicht Stellung genommen werden kann, weil auch später kein genauer psycho-pathologischer Befund vorliegt. Somit sind keine Befunde beschrieben, die auf eine dauerhafte krankhafte Aufhebung der freien Willensbestimmung des Klägers schließen lassen. Allein aus der Diagnose "paranoide Psychose" kann nicht zwingend auf die Aufhebung der Geschäftsfähigkeit geschlossen werden. Nicht zu beanstanden sind in diesem Zusammenhang die Ausführungen des SG, wonach der Umstand, dass die Fehlbeurteilung der Realität kein plötzlich beginnendes Symptom ist und dem Krankheitsbild der paranoiden Psychose eine Entwicklung vorausgeht, keine andere Beurteilung rechtfertigt. Zutreffend hat das SG insoweit darauf hingewiesen, dass aus den Jahren 1988 und 1989 keine Befunde vorhanden sind, anhand derer auf das Ausmaß der Erkrankung geschlossen werden kann. Ohne detaillierten psychopathologischen Befund ist jedoch eine qualifizierte Aussage über das Ausmaß der Erkrankung nicht möglich. Trotz der vom SG durchgeführten Ermittlungen liegt ein solcher Befund nicht vor. Aus den dargelegten Gründen kommt es letztlich nicht darauf an, ob der Kläger am 18.10.1988 tatsächlich als teilweise geheilt entlassen wurde (so der Arztbrief vom 04.04.1990) oder die Entlassung lediglich auf sein beharrliches Drängen hin erfolgt ist.
Dem im Berufungsverfahren vorgetragen Argument des Klägers, es sei nicht nachvollziehbar, warum hier nicht von seiner Geschäftsunfähigkeit ausgegangen werde, nachdem der gesetzlich geforderte Dauerzustand bei der Geschäftsunfähigkeit auch bei heilbaren Störungen gegeben sei - sofern die Behandlung längere Zeit in Anspruch nehme -, ist im vorliegenden Falll ohne rechtliche Relevanz. Insoweit verkennt der Kläger, dass hier im maßgeblichen Zeitraum keine Geschäftsunfähigkeit nachgewiesen ist, die sich durch eine Behandlung zu einem späteren Zeitpunkt als ein nur vorübergehender Zustand nachträglich herausgestellt hat. Vielmehr ist - wie bereits dargelegt - nicht erwiesen, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung und des Zugangs des Beitragserstattungsbescheids beim Kläger tatsächlich Geschäftsunfähigkeit vorgelegen hat. § 104 Nr 2 BGB ist zwar auch bei heilbaren Störungen gegeben, sofern die Behandlung längere Zeit beansprucht, nicht aber bei Störungen, die in Abständen periodisch auftreten (s. Heinrichs in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 66.Aufl, Rdnr 4 zu § 104). Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 104 Nr 2 BGB ist somit nicht erwiesen.
Den Ausführungen des Klägers zur Umkehr der Beweislast vermag der Senat ebenfalls nicht zuzustimmen. Insoweit führt der Kläger aus: "Wenn aufgrund der hier vorliegenden Umstände mit einer sehr großen und an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass er auch in den Jahren 1988 bis 1991 aufgrund paranoider Schizophrenie geschäftsunfähig gewesen ist, so bleibt die Beweislast für die Behauptung, dass er zu einem bestimmten Zeitpunkt doch geschäftsfähig gewesen ist oder sog. "Lichte Momente" vorgelegen haben, bei der Beklagten. Diese Beweislastumkehr ist seitens des erstinstanzlichen Gerichts nicht in Erwägung gezogen worden, so dass die Regeln über die Beweislastverteilung falsch angewandt sind."
Diesen Ausführungen ist weder hinsichtlich der tatsächlichen Beurteilung noch hinsichtlich der rechtlichen Schlussfolgerungen zu folgen. Zu Recht ist das SG gerade nicht mit einer sehr großen oder an Gewissheit grenzenden Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen, dass der Kläger auch in den Jahren 1988 bis 1991 aufgrund paranoider Schizophrenie geschäftsunfähig gewesen ist. Schon deshalb stellt sich die Frage nach einer Beweislastumkehr nicht. Unabhängig davon ist kein Grund dafür ersichtlich, warum in einem solchen Falle eine Beweislastumkehr erfolgen sollte. Für die Annahme von Geschäftsunfähigkeit genügt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Maße wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach allgemeiner Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung zu begründen (BSGE 45, 1; Breith 01, 967). Vorliegend verbleiben in Ermangelung entsprechender Befundunterlagen Zweifel, so dass für eine Beweislastumkehr - abgesehen davon, dass hierfür keine Argumente sprechen - schon keine Notwendigkeit besteht. Nach den auch im Sozialrecht gültigen Grundsätzen der objektiven Beweislast, wonach jeder im Rahmen des anzuwendenden materiellen Rechts die Beweislast für die Tatsachen trägt, die den von ihm geltend gemachten Anspruch begründen (BSG 6, 70, 72f; 35, 216, 217; SozR 1500 § 141 Nr 9; BSG vom 25.06.2002 - B 11 AL 3/02 R - zu § 44 SGB X; BayLSG Breith 2000, 478, 480), sind die begründeten Zweifel an der Geschäftsunfähigkeit des Klägers zu den maßgeblichen Zeitpunkten zu Lasten des Klägers zu berücksichtigen.
Zu Unrecht vertritt der Kläger die Auffassung, das SG habe den Amtsermittlungsgrundsatz nach § 103 SGG verletzt, weil es lediglich ein Gutachten nach Aktenlage in Auftrag gegeben hat. Der Senat vermag der Argumentation des Klägers, es wäre vor Gutachtenserstellung die Untersuchung seiner Person erforderlich gewesen, nicht zu folgen, denn die für die Beurteilung der Geschäftsunfähigkeit im Jahr 1989 maßgeblichen medizinischen Tatsachen betreffen einen weit in der Vergangenheit liegenden Zeitraum und können sich nicht aus der aktuellen Untersuchung des Klägers während des SG-Verfahrens ergeben. Aus demselben Grund war das Gericht auch nicht gehalten, eine Untersuchung und Begutachtung des Klägers gemäß § 106 SGG in Auftrag zu geben. Das Gericht durfte sich auf die schlüssigen und überzeu-genden gutachterlichen Ausführungen des vom SG gehörten Sachverständigen Dr.R. in vollem Umfang beziehen. Wiederholte gerichtliche Nachfragen vom 17.10.2007 und 21.02.2008 bezüglich neuer medizinischer Unterlagen aus den Jahren 1988 bis 1990 blieben vom Kläger unbeantwortet.
Soweit der Kläger nunmehr vorträgt, er hätte in einer mündlichen Verhandlung vor dem SG persönlich angehört werden müssen, ist dieser Vortrag im Ergebnis ohne rechtliche Relevanz. Denn das SG durfte ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG entscheiden. Der Rechtsstreit weist nämlich keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art auf und der Sachverhalt war geklärt, § 105 Abs 1 Satz 1 SGG. Auch sind die Beteiligten zuvor mit Schreiben des SG vom 26.04.2007 gehört worden, § 105 Abs 1 Satz 2 SGG. Zwar hat das SG den Beteiligten mit Schreiben vom 26.04.2007 nicht mitgeteilt, dass diese sich zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid äußern können (s. hierzu BVerwG Buchholz 312 EntG Nr 21, 29). Ob deshalb eine Verletzung rechtlichen Gehörs gemäß § 62 SGG anzunehmen ist, weil der Kläger nicht vom SG auf die Möglichkeit hingewiesen wurde, Einwendungen gegen den Gerichtsbescheid geltend machen zu können, kann letztlich dahinstehen, denn der Rechtsstreit ist nicht aus diesem Grund gemäß § 159 SGG an das SG zurückzuverweisen. Ein wesentlicher Verfahrensmangel i.S. des § 159 Abs 1 Nr 2 SGG liegt nicht vor. Der Kläger hat insoweit schon nicht substanziiert dargelegt, inwieweit der Gerichtsbescheid auf dem unterlassenen Hinweis beruhen soll. Zudem widerspricht der Vortrag des Klägers, er habe aufgrund der schriftlichen Gerichtsentscheidung nicht die Möglichkeit gehabt, zur Sachverhaltsaufklärung mitzuwirken, dem Ablauf des Klageverfahrens. Im Übrigen ist die Entscheidung des SG, durch Gerichtsbescheid zu erkennen, grundsätzlich nur auf Ermessensfehler zu überprüfen. Verfahrensfehler sind nur dann relevant, wenn der Beurteilung sachfremde Erwägungen oder grobe Fehleinschätzungen zugrunde liegen (vgl. LSG BW Breith 94, 254; zu § 84 VwGO BVerwG 84, 220; Kopf/Schenke Rdnr 12, 17). Nachdem die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist, liegen der Beurteilung weder sachfremde Erwägungen noch grobe Fehleinschätzungen zugrunde, so dass das SG durch Gerichtsbescheid entscheiden durfte.
Damit war die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 11.05.2007 zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht, § 160 Abs 2 Nrn 1und 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
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