Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 9 R 2983/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 2 R 934/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Januar 2008 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1950 geborene Kläger hat von April 1965 bis März 1968 den Beruf eines Einzelhandelskaufmanns erlernt. Nach Ableistung des Grundwehrdienstes von April 1968 bis September 1969 war er als Möbelverkäufer/Monteur (10/1969 bis 6/1971; 4/1974 bis 6/1976), Raumausstatter (7/1971), Kostenrechner (18/1971 bis 3/1974), chemischer Reiniger (6/1976 bis 8/1976), Arbeiter (6/1978 (mit Unterbrechungen) bis 10/1989) und Fuhrparkleiter (11/1990 bis 6/1993) versicherungspflichtig beschäftigt. Von Juli 1993 bis Mai 1995 absolvierte er erfolgreich eine Ausbildung zum "Versicherungsfachmann (BWV)" und war als solcher im Außendienst tätig. Von 9/2000 bis 11/2001 arbeitete er als Verkäufer bei der Fa. A. Seit Oktober 2001 ist der Kläger krankgeschrieben, seit Januar 2003 arbeitslos gemeldet.
Der Kläger beantragte wegen einer Bandscheibenerkrankung erstmals im Februar 1997 die Gewährung von Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrente. Nach Durchführung einer medizinischen Rehabilitation in der S. W.-Klinik vom 20.5. bis 10.6.1997, aus der er mit Blick auf seine letzte berufliche Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann als vollschichtig leistungsfähig entlassen worden war, lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 15.9.1997 und Widerspruchsbescheid vom 2.2.1998 ab. Die dagegen zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage (S 1 RA 543/98) wurde nach medizinischer Beweiserhebung (u.a. unfallchirurgisches Gutachten von Prof. Dr. W. vom 29.9.1999 mit neurologischem und radiologischem Zusatzgutachten von Neurologe B. vom 29.7.1999 und Dr. S. vom 14.9.1999), die ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen ergeben hatte, mit - rechtskräftigem - Urteil vom 18. Mai 2000 abgewiesen.
Im Dezember 2002 beantragte der Kläger, bei dem seit Juni 2002 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt worden war, erneut die Gewährung von Rente. Orthopäde Dr. H. diagnostizierte auf Grund Untersuchung am 13.2.2003 Zervikobrachialgien, Bandscheibenvorfall L4/5 und L5/S1 ohne radikuläre Ausfälle sowie beginnende Gonarthrose beidseits. Der Kläger sei in der Lage, als kaufmännischer Angestellter 6 Stunden und mehr zu arbeiten; bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Zwangshaltungen und über Kopfarbeit 6 Stunden und mehr zumutbar. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 11.3.2003 ab. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger diverse ärztliche Unterlagen vor, die die Beklagte veranlassten, ihn von Dr. J., Arzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie -, und Dr. B., Arzt für Innere Medizin, begutachten zu lassen. Nachdem beide Ärzte den Kläger unter Beachtung qualitativer Einschränkungen als vollschichtig leistungsfähig für leichte körperliche Arbeiten und als Verkäufer beurteilt hatten (Gutachten Dr. J. vom 4. Juni 2003; Dr. B. vom 6. Juni 2003), wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.9.2003 zurück. Die dagegen zum SG erhobene Klage (S 6 RA 2832/03) nahm der Kläger, nachdem auch der vom Gericht bestellte Sachverständige Dr. Br. ihn in seinem Gutachten vom 2.3.2004 als vollschichtig leistungsfähig für leichte körperliche Arbeiten beurteilt hatte, am 6.4.2004 zurück.
Am 14.12.2005 stellte der Kläger den - streitgegenständlichen - Rentenantrag. Die Beklagte ließ ihn von Arzt für Orthopädie Dr. V. und Dr. W., Nervenarzt-Psychotherapie, untersuchen. Auf Grund Untersuchung am 8.2.2006 diagnostizierte Dr. V. ein Rotatorensyndrom beider Schultern mit endgradigen Bewegungsschmerzen, rezidivierende Ulnarisirritationenen beider Ellbogen bei Zustand nach beidseitiger Operation, eine Zervikobrachialgie bei Degeneration der Halswirbelsäule, eine Lumboischialgie bei Degeneration der unteren Lendenwirbelsäule, eine beginnende Coxarthrose beidseits sowie eine beginnende Retropatellararthrose beider Kniegelenke. In der Epikrise führte der Gutachter aus, auf Grund der klinischen und radiologischen Befunde bestehe eine eingeschränkte Belastbarkeit für körperlich schwerere Tätigkeiten; leichtere Tätigkeiten in dem Beruf als Einzelhandelskaufmann könnten jedoch noch bis vollschichtig (6 Stunden und mehr) ausgeübt werden. Dr. W. stellte beim Kläger ein Postnukleotomie-Syndrom der Lendenwirbelsäule und ein Halswirbelsäulensyndrom - beides mit Verdacht auf psychogen-funktionelle Überlagerung -, eine Schmerzmittelabhängigkeit, Schlafstörungen und einen Zustand nach operiertem Sulcus ulnaris-Syndrom beidseits ohne aktuelle Reiz- oder Ausfallsymptome fest und führte aus, aus neurologischer und psychiatrischer Sicht ergäben sich auch nach der jetzigen Untersuchung (22.2.2006) keine quantitativen Leistungseinschränkungen; qualitative Einschränkungen bestünden hinsichtlich Tätigkeiten mit schwerem Heben und Tragen, unter Zwangshaltungen und mit häufigem Bücken. Mit Bescheid vom 27.3.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.8.2006).
Dagegen hat der Kläger am 11.9.2006 Klage zum SG erhoben (S 9 R 2983/06). Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich befragt, die - alle - ihren Aussagen zahlreiche ärztliche Befunde beigefügt haben. Dr. Schm., bei dem der Kläger in schmerztherapeutischer Behandlung steht, hat ausgesagt, beim Kläger habe sich im Verlauf der letzten Jahre ein chronifiziertes Schmerzsyndrom entwickelt, welches die Einnahme von Opoiden im WHO-Stufen-Schema II-III erfordere; insgesamt habe sich eine langsame Progredienz der chronifizierten Schmerzerkrankung gezeigt. Trotz entsprechender Frage hat Dr. Schm. zum Leistungsvermögen keine Angaben gemacht. Facharzt für Orthopädie Dr. Lindemann hat über regelmäßige Behandlungen im Zeitraum von November 1996 bis September 1997 wegen lumbaler Schmerzen mit Ausstrahlung in die unteren Extremitäten berichtet; diesbezüglich habe die letzte Behandlung im März 1999 stattgefunden. Danach sei der Kläger im September und Oktober 2006 wegen Halswirbelsäulenbeschwerden mit Ausstrahlung in die oberen Extremitäten fachorthopädisch behandelt worden; das Leistungsvermögen des Klägers könne er bei nur zweimaliger Behandlung im Jahr 2006 nicht beurteilen. Allgemeinmediziner Dr. M. hat mitgeteilt, seit 2004 seien mehrere Operationen erfolgt (Leistenbruch, Nervenengpass-Entlastung, Meniskus). Der Kläger stehe in kontinuierlicher schmerztherapeutischer und häufiger orthopädisch-chirurgischer Behandlung. Unverändert bestehe eine medikamentöse Behandlung der schweren Schlafstörungen, des Bluthochdrucks sowie der Refluxbeschwerden. Die körperliche Belastbarkeit sei seit 2004 nicht besser geworden, inwiefern eine Berufstätigkeit noch möglich sei, könne er nicht valide beurteilen. Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. Schi. hat ausgesagt, der Kläger stehe seit Juli 2001 in seiner Behandlung; in den Jahren 2003 und 2004 habe er ihn jeweils einmal, im Jahre 2006 - bis Juli 2006- insgesamt zwölfmal konsultiert, wobei Schmerzen in der linken Schulter, beiden Ellbogen und im rechten Kniegelenk geklagt worden seien. Nach Juli 2006 sei der Klägern nicht mehr vorstellig geworden, sodass er eine deutliche Befundbesserung annehmen. Leichte, Rücken und Kniegelenk schonende körperliche Arbeiten seien noch sechs Stunden und mehr zumutbar. Sodann hat das SG Prof. Dr. Li., Klinik für Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, zum Sachverständigen bestellt. Nach Untersuchungen des Klägers am 9. und 26.3.2007 hat der Sachverständige eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymie sowie eine Schmerzmittelabhängigkeit - insbesondere auch von Opiaten - festgestellt. Zum Leistungsvermögen des Klägers hat er ausgeführt, möglich seien leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen mit Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg; zu vermeiden seien Tätigkeiten in Zwangshaltungen, häufige Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Treppensteigen und Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Akkord- Fließband- Schicht- und Nachtarbeit und Arbeiten unter ungünstigen klimatischen Verhältnissen, insbesondere Kälte und Nässe; des weiteren Tätigkeiten, die eine erhöhte Verantwortung oder Anforderung an Anpassungs- und Umstellungsvermögen bzw. Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge erforderten. Die genannten Tätigkeiten könnten bis zu einer "Höchstdauer von 4 bis 6 Stunden pro Arbeitstag" durchgeführt werden. Auf den Einwand des Klägers, die Leistungsbeurteilung des Sachverständigen könne nur als ein Leistungsvermögen von "4 bis unter 6 Stunden" verstanden werden, hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.6.2007 ausgeführt, wie unter Punkt 5 seines Gutachtens bereits dargelegt, gehe er bei der Leistungsbeurteilung von einer Höchstdauer "von 4 bis unter 6 Stunden" aus. Auf den folgenden Einwand des SG, der erhobene psychopathologische Befund und die Angaben des Klägers zu seinem Tagesablauf ließen die quantitative Leistungseinschränkung "prima vista" nicht schlüssig erscheinen, hat der Sachverständige in seiner erneuten Stellungnahme vom 23.7.2007 mitgeteilt, wie unter Punkt 2 Tagesablauf beschrieben, könne der Kläger bei mehrstündigen Besuchen von Freunden am Wochenende zwar gut Anteil nehmen und sich auch freuen, unerwähnt sei jedoch geblieben, dass der Kläger auch berichtet habe, dass diese Kontakte für ihn sehr anstrengend seien und er sich anschließend erholen müsse. Dies deute daraufhin, dass er unzureichend mit innerer Spannung umgehen und sich nicht abgrenzen könne, sodass er in der sozialen Interaktionsfähigkeit eingeschränkt sei und in sozialen Kontakten reduzierte zwischenmenschliche Fähigkeiten und reduziertes Konfliktvermögen sowie eine verminderte Flexibilität aufweise. Sein Durchhaltevermögens sei dabei ebenfalls reduziert, was nach den sozialen Kontakten zu Rückzug, Abkapselung, eingeschränkter Kommunikation und Missverständnissen führe, wodurch die Schmerzsymptomatik aufrechterhalten bleiben. Leichtere Tätigkeiten als Pförtner oder Museumswärter könnte der Kläger halbschichtig ausführen, eine darüber hinausgehende Tätigkeit würde sehr schnell zu einer Verstärkung des ängstlich-depressiven Vermeidungsverhaltens des Klägers führen und die Spannungstoleranz überschreiten. Die Beklagte ist dieser Beurteilung mit der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Me. vom 4.12.2007 entgegengetreten. Mit Urteil vom 17.1.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Zeugenauskünfte von Dr. Lin. und Dr. Schi. belegten, dass die orthopädischen Erkrankungen für sich genommen nicht geeignet seien, eine zeitliche Limitierung der Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu begründen. Der Beurteilung von Prof. Dr. Li. werde nicht gefolgt, da sie nicht schlüssig sei. Die von ihm dokumentierten Befunde wichen nicht in gravierender Weise vom Normalzustand ab, eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeiten sei nicht erkennbar. Die vom Sachverständigen beschriebene fehlende Behandlungsmotivation des Klägers hinsichtlich seiner chronischen Schmerzerkrankung müsse als Indiz gewertet werden, dass in Wirklichkeit gar keine schwerwiegende Erkrankung vorliege. In diesem Zusammenhang müsse auch die Anmerkung des Sachverständigen gesehen werden, dass der Wunsch des Klägers nach Rente ein Zeichen dafür sei, auf welch niedrigem Funktionsniveau dieser lebe und bereit sei, weiter zu leben. Insoweit lasse das Gutachten jede Auseinandersetzung damit, ob diese Haltung nicht gerade auf ein "Rentenbegehren" hindeute, vermissen. Eine Auseinandersetzung hiermit hätte aber auch deshalb nahegelegen, weil der Kläger während der mehrstündigen Untersuchung keine Pause verlangt und keine schmerzverzerrte Miene gezeigt habe. Im Übrigen seien die Ausführungen des Sachverständige zur sozialmedizinischen Leistungsfähigkeit unklar und nicht widerspruchsfrei. Während im ersten Gutachten eine Leistungsfähigkeit von 4 bis 6 Stunden angegeben worden sei, habe der Sachverständige dies später dahin präzisiert, er habe eine Leistungsfähigkeit von 4 bis unter 6 Stunden gemeint. Hierfür bleibe er jedoch auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme vom 23.7.2007 eine plausible und nachvollziehbare Begründung schuldig. Es treffe zwar zu, das aus dem häuslichen Umfeld bzw. den häuslichen Lebensgewohnheiten nicht ohne weiteres auf die sozialmedizinische Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zurückgeschlossen werden könne; andererseits müsse jedoch auch gesehen werden, dass beim Fehlen wesentlicher häuslicher Einschränkungen die Annahme von Erwerbsminderung einer besonders sorgfältigen Begründung bedürfe. Insgesamt entspreche das Gutachten von Prof. Dr. Lie. mit seinen Ergänzungen nicht den Standards, die bspw. die "Leitlinien für die Begutachtung von Schmerzen", hrsg. von den Deutschen Gesellschaften für Neurologie (DGN), Orthopädie (DGO), Orthopädische Chirurgie (DGOC), Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (DGPM), dem Deutschen Kollegium für Psychosomatische Medizin(DKPM) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) vorgäben. Darin werde ausdrücklich betont, dass das Ausmaß des Schmerzes nicht quantifizierbar sei, sodass bei der Beurteilung sozialmedizinischer Fragen im Zusammenhang mit einer Schmerzstörung dem Nachweis konkreter Beeinträchtigungen im beruflichen und/oder privaten Leben besondere Bedeutung zukomme. Eine unkritische Übernahme der Angaben/Bewertungen des Probanden habe zu unterbleiben, vielmehr seien diese Angaben an Hand der Untersuchungsbefunde, der Verhaltensbeobachtung, etwaiger testpsychologischer Untersuchungen und einer Fremdanamnese sowie der laufenden ärztlichen Behandlung zu bewerten. Nur dann, wenn gemessen hieran ein umfassender Leidensdruck mit gravierenden Einbußen in der Lebensführung erkennbar sei, sei es gerechtfertigt dem Schmerz wesentliche sozialmedizinische/sozialrechtliche Konsequenzen zuzubilligen. Diesen Vorgaben entspreche das Gutachten von Prof. Dr. Lie. in keiner Weise, weswegen es nicht Grundlage einer zusprechenden Entscheidung sein könne. Im Hinblick auf einen möglichen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) gelte, dass ein besonderer Berufsschutz des Klägers auf Grund seines beruflichen Werdeganges nicht ersichtlich und im Übrigen davon auszugehen sei, dass ihm auch die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit in einem Handy-Laden weiter möglich sein müsste.
Gegen das am 1. Februar 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. Februar 2008 Berufung eingelegt. Er stützt sich auf die Beurteilung von Prof. Dr. Lie., die er für schlüssig und überzeugend erachtet, und hat weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 27. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Dezember 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung - auch bei Berufsunfähigkeit - zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis für zutreffend.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten (3 Bände) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die statthafte (§143 SGG) sowie frist- und formgerecht (§151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit. Der Bescheid der Beklagten vom 27.3.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.8.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der og. Bescheid, mit dem die Beklagte den Rentenantrag des Klägers abgelehnt hat.
Anspruchsgrundlage für den zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch ist im Hinblick auf den im Dezember 2005 gestellten Rentenantrag § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung. Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (s. § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 SGB VI).
Die allgemeine Wartezeit und die sog. versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung - hat der Kläger ausweislich Bl 693 i.V.m. Bl. 613 Rs ff der Verwaltungsakte der Beklagten erfüllt. Der Kläger ist jedoch weder voll noch teilweise erwerbsgemindert; auch teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit liegt nicht vor.
Hinsichtlich der medizinischen Beweiswürdigung nimmt der Senat auf das ausführlich begründeten Urteil des SG Bezug, das die schriftlichen Aussagen der behandelnden Ärzte, soweit sie zum Leistungsvermögen des Klägers Stellung genommen haben, berücksichtigt und sich mit dem Gutachten von Prof. Dr. Lie., einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahmen, auseinandergesetzt hat. Dieser Beweiswürdigung und ebenso der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme der Ärztin für Nervenheilkunde - Sozialmedizin - Dr. Ma. vom 4.12.2007, in der zutreffend darauf hingewiesen worden ist, dass die vom Sachverständigen dokumentierten Befunde sowie der mitgeteilte Tagesablauf der vorgenommenen Leistungseinschätzung entgegenstehen, schließt sich der Senat uneingeschränkt an. Er sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG). Die im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen vermögen keine andere Entscheidung zu begründen. Die von Dr. A. im Arztbrief vom 28.4.2008 vermutete degenerative Demenz konnte durch Lumbalpunktion nicht gesichert werden; bei der Ende Juni 2008 durchgeführten Kontrolle der Lumbalpunktion ergab sich kein Hinweis auf eine Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung als Ursache einer demenziellen Entwicklung. Es blieb vielmehr die Verdachtsdiagnose einer Alzheimer-Erkrankung bestehen; eine Verdachtsdiagnose kann jedoch einen Rentenanspruch nicht begründen, weil die die Leistungseinschränkung begründenden Erkrankungen nachgewiesen sein müssen. Aus den vorgelegten Arztbriefen des Facharztes für Innere Medizin W. ergibt sich lediglich, dass sich der Kläger wegen seiner Schmerzen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäulen im April 2008 vorgestellt hat und daraufhin Untersuchungen im Hinblick auf die Differenzialdiagnose einer HLA-B27-negativen Spondylitisarthritis durchgeführt worden sind, die nach den vorgelegten Berichten bisher nicht bestätigt worden ist. Die Schmerzsymptomatik im Hals- und Lendenwirbelsäulen Bereich war aber - ebenso wie die psychische Erkrankung (Arztbrief Dr. D. vom 29.4.2008) - bereits Gegenstand der im Renten- und Klageverfahren durchgeführten medizinischen Ermittlungen, sodass sich insoweit kein neuer medizinischer Sachverhalt ergeben hat. Der Senat erachtet deshalb - in Übereinstimmung mit dem SG, den Rentengutachtern Dr. V. und Dr. W., dem Orthopäden Dr. Schi. und der Ärztin für Nervenheilkunde Dr. Ma. - den Kläger für fähig, leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden und mehr täglich auszuüben; zu beachten sind dabei die qualitativen Einschränkungen ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Zwangshaltungen, ohne Überkopfarbeit, ohne häufiges Bücken und Treppensteigen, ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten und unter ungünstigen klimatischen Verhältnissen, insbesondere Kälte und Nässe, ohne Akkord- Fließband- Schicht- und Nachtarbeit, ohne Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung oder Anforderung an Anpassungs- und Umstellungsvermögen bzw. Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge.
Im Hinblick auf diese qualitativen Leistungseinschränkungen braucht dem Kläger keine konkrete Verweisungstätigkeit benannt zu werden, was nach der Rechtsprechung erforderlich ist, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 - § 1246 Nrn. 117, 136) oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, weil der Versicherte nicht mehr in der Lage ist, zu üblichen betrieblichen Bedingungen zu arbeiten und oder seine Fähigkeit einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus zeitlichen Gründen eingeschränkt ist (BSG SozR 2200 - § 1246 Nrn. 137, 139). Keiner dieser Umstände ist hier gegeben. Die Einschränkungen ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne häufiges Bücken oder Treppensteigen, ohne Arbeiten in gleichförmiger Körperhaltung (Überkopfarbeiten) werden bereits vom Begriff "leichte körperliche Arbeiten" umfasst; die verbleibenden Einschränkungen (ohne Akkord-, Fließband-, Nacht- oder Schichtarbeit, ohne Arbeiten in Kälte und Nässe, ohne erhöhte Verantwortung oder Anforderung an Anpassungs- und Umstellungsvermögen bzw. Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge) führen nicht zu einer zusätzlichen wesentlichen Einengung des für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsfeldes, weil leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht typischerweise unter derartigen Bedingungen ausgeübt werden.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die - wie de Kläger - vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, weil der Kläger nach den oben bereits genannten überzeugenden Beurteilungen der Rentengutachter Dr. V. und Dr. W., des Orthopäden Dr. Schi. und der Beratungsärztin der Beklagten Dr. Ma. noch in der Lage, auch in seinem erlernten Beruf als Einzelhandelskaufmanns täglich 6 Stunden und mehr zu arbeiten. Die Frage einer zumutbaren Verweisungstätigkeit stellt sich somit nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung.
Der am 1950 geborene Kläger hat von April 1965 bis März 1968 den Beruf eines Einzelhandelskaufmanns erlernt. Nach Ableistung des Grundwehrdienstes von April 1968 bis September 1969 war er als Möbelverkäufer/Monteur (10/1969 bis 6/1971; 4/1974 bis 6/1976), Raumausstatter (7/1971), Kostenrechner (18/1971 bis 3/1974), chemischer Reiniger (6/1976 bis 8/1976), Arbeiter (6/1978 (mit Unterbrechungen) bis 10/1989) und Fuhrparkleiter (11/1990 bis 6/1993) versicherungspflichtig beschäftigt. Von Juli 1993 bis Mai 1995 absolvierte er erfolgreich eine Ausbildung zum "Versicherungsfachmann (BWV)" und war als solcher im Außendienst tätig. Von 9/2000 bis 11/2001 arbeitete er als Verkäufer bei der Fa. A. Seit Oktober 2001 ist der Kläger krankgeschrieben, seit Januar 2003 arbeitslos gemeldet.
Der Kläger beantragte wegen einer Bandscheibenerkrankung erstmals im Februar 1997 die Gewährung von Erwerbs- bzw. Berufsunfähigkeitsrente. Nach Durchführung einer medizinischen Rehabilitation in der S. W.-Klinik vom 20.5. bis 10.6.1997, aus der er mit Blick auf seine letzte berufliche Tätigkeit als Einzelhandelskaufmann als vollschichtig leistungsfähig entlassen worden war, lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 15.9.1997 und Widerspruchsbescheid vom 2.2.1998 ab. Die dagegen zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhobene Klage (S 1 RA 543/98) wurde nach medizinischer Beweiserhebung (u.a. unfallchirurgisches Gutachten von Prof. Dr. W. vom 29.9.1999 mit neurologischem und radiologischem Zusatzgutachten von Neurologe B. vom 29.7.1999 und Dr. S. vom 14.9.1999), die ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten unter Beachtung qualitativer Einschränkungen ergeben hatte, mit - rechtskräftigem - Urteil vom 18. Mai 2000 abgewiesen.
Im Dezember 2002 beantragte der Kläger, bei dem seit Juni 2002 ein Grad der Behinderung (GdB) von 50 festgestellt worden war, erneut die Gewährung von Rente. Orthopäde Dr. H. diagnostizierte auf Grund Untersuchung am 13.2.2003 Zervikobrachialgien, Bandscheibenvorfall L4/5 und L5/S1 ohne radikuläre Ausfälle sowie beginnende Gonarthrose beidseits. Der Kläger sei in der Lage, als kaufmännischer Angestellter 6 Stunden und mehr zu arbeiten; bezogen auf den allgemeinen Arbeitsmarkt seien leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Zwangshaltungen und über Kopfarbeit 6 Stunden und mehr zumutbar. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 11.3.2003 ab. Im Widerspruchsverfahren legte der Kläger diverse ärztliche Unterlagen vor, die die Beklagte veranlassten, ihn von Dr. J., Arzt für Neurologie und Psychiatrie - Psychotherapie -, und Dr. B., Arzt für Innere Medizin, begutachten zu lassen. Nachdem beide Ärzte den Kläger unter Beachtung qualitativer Einschränkungen als vollschichtig leistungsfähig für leichte körperliche Arbeiten und als Verkäufer beurteilt hatten (Gutachten Dr. J. vom 4. Juni 2003; Dr. B. vom 6. Juni 2003), wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 11.9.2003 zurück. Die dagegen zum SG erhobene Klage (S 6 RA 2832/03) nahm der Kläger, nachdem auch der vom Gericht bestellte Sachverständige Dr. Br. ihn in seinem Gutachten vom 2.3.2004 als vollschichtig leistungsfähig für leichte körperliche Arbeiten beurteilt hatte, am 6.4.2004 zurück.
Am 14.12.2005 stellte der Kläger den - streitgegenständlichen - Rentenantrag. Die Beklagte ließ ihn von Arzt für Orthopädie Dr. V. und Dr. W., Nervenarzt-Psychotherapie, untersuchen. Auf Grund Untersuchung am 8.2.2006 diagnostizierte Dr. V. ein Rotatorensyndrom beider Schultern mit endgradigen Bewegungsschmerzen, rezidivierende Ulnarisirritationenen beider Ellbogen bei Zustand nach beidseitiger Operation, eine Zervikobrachialgie bei Degeneration der Halswirbelsäule, eine Lumboischialgie bei Degeneration der unteren Lendenwirbelsäule, eine beginnende Coxarthrose beidseits sowie eine beginnende Retropatellararthrose beider Kniegelenke. In der Epikrise führte der Gutachter aus, auf Grund der klinischen und radiologischen Befunde bestehe eine eingeschränkte Belastbarkeit für körperlich schwerere Tätigkeiten; leichtere Tätigkeiten in dem Beruf als Einzelhandelskaufmann könnten jedoch noch bis vollschichtig (6 Stunden und mehr) ausgeübt werden. Dr. W. stellte beim Kläger ein Postnukleotomie-Syndrom der Lendenwirbelsäule und ein Halswirbelsäulensyndrom - beides mit Verdacht auf psychogen-funktionelle Überlagerung -, eine Schmerzmittelabhängigkeit, Schlafstörungen und einen Zustand nach operiertem Sulcus ulnaris-Syndrom beidseits ohne aktuelle Reiz- oder Ausfallsymptome fest und führte aus, aus neurologischer und psychiatrischer Sicht ergäben sich auch nach der jetzigen Untersuchung (22.2.2006) keine quantitativen Leistungseinschränkungen; qualitative Einschränkungen bestünden hinsichtlich Tätigkeiten mit schwerem Heben und Tragen, unter Zwangshaltungen und mit häufigem Bücken. Mit Bescheid vom 27.3.2006 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Der Widerspruch des Klägers blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 10.8.2006).
Dagegen hat der Kläger am 11.9.2006 Klage zum SG erhoben (S 9 R 2983/06). Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte des Klägers als sachverständige Zeugen schriftlich befragt, die - alle - ihren Aussagen zahlreiche ärztliche Befunde beigefügt haben. Dr. Schm., bei dem der Kläger in schmerztherapeutischer Behandlung steht, hat ausgesagt, beim Kläger habe sich im Verlauf der letzten Jahre ein chronifiziertes Schmerzsyndrom entwickelt, welches die Einnahme von Opoiden im WHO-Stufen-Schema II-III erfordere; insgesamt habe sich eine langsame Progredienz der chronifizierten Schmerzerkrankung gezeigt. Trotz entsprechender Frage hat Dr. Schm. zum Leistungsvermögen keine Angaben gemacht. Facharzt für Orthopädie Dr. Lindemann hat über regelmäßige Behandlungen im Zeitraum von November 1996 bis September 1997 wegen lumbaler Schmerzen mit Ausstrahlung in die unteren Extremitäten berichtet; diesbezüglich habe die letzte Behandlung im März 1999 stattgefunden. Danach sei der Kläger im September und Oktober 2006 wegen Halswirbelsäulenbeschwerden mit Ausstrahlung in die oberen Extremitäten fachorthopädisch behandelt worden; das Leistungsvermögen des Klägers könne er bei nur zweimaliger Behandlung im Jahr 2006 nicht beurteilen. Allgemeinmediziner Dr. M. hat mitgeteilt, seit 2004 seien mehrere Operationen erfolgt (Leistenbruch, Nervenengpass-Entlastung, Meniskus). Der Kläger stehe in kontinuierlicher schmerztherapeutischer und häufiger orthopädisch-chirurgischer Behandlung. Unverändert bestehe eine medikamentöse Behandlung der schweren Schlafstörungen, des Bluthochdrucks sowie der Refluxbeschwerden. Die körperliche Belastbarkeit sei seit 2004 nicht besser geworden, inwiefern eine Berufstätigkeit noch möglich sei, könne er nicht valide beurteilen. Facharzt für Chirurgie/Unfallchirurgie Dr. Schi. hat ausgesagt, der Kläger stehe seit Juli 2001 in seiner Behandlung; in den Jahren 2003 und 2004 habe er ihn jeweils einmal, im Jahre 2006 - bis Juli 2006- insgesamt zwölfmal konsultiert, wobei Schmerzen in der linken Schulter, beiden Ellbogen und im rechten Kniegelenk geklagt worden seien. Nach Juli 2006 sei der Klägern nicht mehr vorstellig geworden, sodass er eine deutliche Befundbesserung annehmen. Leichte, Rücken und Kniegelenk schonende körperliche Arbeiten seien noch sechs Stunden und mehr zumutbar. Sodann hat das SG Prof. Dr. Li., Klinik für Psychosomatik und psychotherapeutische Medizin am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim, zum Sachverständigen bestellt. Nach Untersuchungen des Klägers am 9. und 26.3.2007 hat der Sachverständige eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung, eine Dysthymie sowie eine Schmerzmittelabhängigkeit - insbesondere auch von Opiaten - festgestellt. Zum Leistungsvermögen des Klägers hat er ausgeführt, möglich seien leichte Tätigkeiten im Wechsel zwischen Sitzen, Gehen und Stehen mit Heben und Tragen von Lasten bis 5 kg; zu vermeiden seien Tätigkeiten in Zwangshaltungen, häufige Überkopfarbeiten, häufiges Bücken, Treppensteigen und Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Akkord- Fließband- Schicht- und Nachtarbeit und Arbeiten unter ungünstigen klimatischen Verhältnissen, insbesondere Kälte und Nässe; des weiteren Tätigkeiten, die eine erhöhte Verantwortung oder Anforderung an Anpassungs- und Umstellungsvermögen bzw. Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge erforderten. Die genannten Tätigkeiten könnten bis zu einer "Höchstdauer von 4 bis 6 Stunden pro Arbeitstag" durchgeführt werden. Auf den Einwand des Klägers, die Leistungsbeurteilung des Sachverständigen könne nur als ein Leistungsvermögen von "4 bis unter 6 Stunden" verstanden werden, hat der Sachverständige in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 11.6.2007 ausgeführt, wie unter Punkt 5 seines Gutachtens bereits dargelegt, gehe er bei der Leistungsbeurteilung von einer Höchstdauer "von 4 bis unter 6 Stunden" aus. Auf den folgenden Einwand des SG, der erhobene psychopathologische Befund und die Angaben des Klägers zu seinem Tagesablauf ließen die quantitative Leistungseinschränkung "prima vista" nicht schlüssig erscheinen, hat der Sachverständige in seiner erneuten Stellungnahme vom 23.7.2007 mitgeteilt, wie unter Punkt 2 Tagesablauf beschrieben, könne der Kläger bei mehrstündigen Besuchen von Freunden am Wochenende zwar gut Anteil nehmen und sich auch freuen, unerwähnt sei jedoch geblieben, dass der Kläger auch berichtet habe, dass diese Kontakte für ihn sehr anstrengend seien und er sich anschließend erholen müsse. Dies deute daraufhin, dass er unzureichend mit innerer Spannung umgehen und sich nicht abgrenzen könne, sodass er in der sozialen Interaktionsfähigkeit eingeschränkt sei und in sozialen Kontakten reduzierte zwischenmenschliche Fähigkeiten und reduziertes Konfliktvermögen sowie eine verminderte Flexibilität aufweise. Sein Durchhaltevermögens sei dabei ebenfalls reduziert, was nach den sozialen Kontakten zu Rückzug, Abkapselung, eingeschränkter Kommunikation und Missverständnissen führe, wodurch die Schmerzsymptomatik aufrechterhalten bleiben. Leichtere Tätigkeiten als Pförtner oder Museumswärter könnte der Kläger halbschichtig ausführen, eine darüber hinausgehende Tätigkeit würde sehr schnell zu einer Verstärkung des ängstlich-depressiven Vermeidungsverhaltens des Klägers führen und die Spannungstoleranz überschreiten. Die Beklagte ist dieser Beurteilung mit der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Me. vom 4.12.2007 entgegengetreten. Mit Urteil vom 17.1.2008 hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, die Zeugenauskünfte von Dr. Lin. und Dr. Schi. belegten, dass die orthopädischen Erkrankungen für sich genommen nicht geeignet seien, eine zeitliche Limitierung der Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu begründen. Der Beurteilung von Prof. Dr. Li. werde nicht gefolgt, da sie nicht schlüssig sei. Die von ihm dokumentierten Befunde wichen nicht in gravierender Weise vom Normalzustand ab, eine wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeiten sei nicht erkennbar. Die vom Sachverständigen beschriebene fehlende Behandlungsmotivation des Klägers hinsichtlich seiner chronischen Schmerzerkrankung müsse als Indiz gewertet werden, dass in Wirklichkeit gar keine schwerwiegende Erkrankung vorliege. In diesem Zusammenhang müsse auch die Anmerkung des Sachverständigen gesehen werden, dass der Wunsch des Klägers nach Rente ein Zeichen dafür sei, auf welch niedrigem Funktionsniveau dieser lebe und bereit sei, weiter zu leben. Insoweit lasse das Gutachten jede Auseinandersetzung damit, ob diese Haltung nicht gerade auf ein "Rentenbegehren" hindeute, vermissen. Eine Auseinandersetzung hiermit hätte aber auch deshalb nahegelegen, weil der Kläger während der mehrstündigen Untersuchung keine Pause verlangt und keine schmerzverzerrte Miene gezeigt habe. Im Übrigen seien die Ausführungen des Sachverständige zur sozialmedizinischen Leistungsfähigkeit unklar und nicht widerspruchsfrei. Während im ersten Gutachten eine Leistungsfähigkeit von 4 bis 6 Stunden angegeben worden sei, habe der Sachverständige dies später dahin präzisiert, er habe eine Leistungsfähigkeit von 4 bis unter 6 Stunden gemeint. Hierfür bleibe er jedoch auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Stellungnahme vom 23.7.2007 eine plausible und nachvollziehbare Begründung schuldig. Es treffe zwar zu, das aus dem häuslichen Umfeld bzw. den häuslichen Lebensgewohnheiten nicht ohne weiteres auf die sozialmedizinische Leistungsfähigkeit im Erwerbsleben zurückgeschlossen werden könne; andererseits müsse jedoch auch gesehen werden, dass beim Fehlen wesentlicher häuslicher Einschränkungen die Annahme von Erwerbsminderung einer besonders sorgfältigen Begründung bedürfe. Insgesamt entspreche das Gutachten von Prof. Dr. Lie. mit seinen Ergänzungen nicht den Standards, die bspw. die "Leitlinien für die Begutachtung von Schmerzen", hrsg. von den Deutschen Gesellschaften für Neurologie (DGN), Orthopädie (DGO), Orthopädische Chirurgie (DGOC), Psychosomatische Medizin und Psychotherapie (DGPM), dem Deutschen Kollegium für Psychosomatische Medizin(DKPM) und der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) vorgäben. Darin werde ausdrücklich betont, dass das Ausmaß des Schmerzes nicht quantifizierbar sei, sodass bei der Beurteilung sozialmedizinischer Fragen im Zusammenhang mit einer Schmerzstörung dem Nachweis konkreter Beeinträchtigungen im beruflichen und/oder privaten Leben besondere Bedeutung zukomme. Eine unkritische Übernahme der Angaben/Bewertungen des Probanden habe zu unterbleiben, vielmehr seien diese Angaben an Hand der Untersuchungsbefunde, der Verhaltensbeobachtung, etwaiger testpsychologischer Untersuchungen und einer Fremdanamnese sowie der laufenden ärztlichen Behandlung zu bewerten. Nur dann, wenn gemessen hieran ein umfassender Leidensdruck mit gravierenden Einbußen in der Lebensführung erkennbar sei, sei es gerechtfertigt dem Schmerz wesentliche sozialmedizinische/sozialrechtliche Konsequenzen zuzubilligen. Diesen Vorgaben entspreche das Gutachten von Prof. Dr. Lie. in keiner Weise, weswegen es nicht Grundlage einer zusprechenden Entscheidung sein könne. Im Hinblick auf einen möglichen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit (§ 240 SGB VI) gelte, dass ein besonderer Berufsschutz des Klägers auf Grund seines beruflichen Werdeganges nicht ersichtlich und im Übrigen davon auszugehen sei, dass ihm auch die zuletzt ausgeübte berufliche Tätigkeit in einem Handy-Laden weiter möglich sein müsste.
Gegen das am 1. Februar 2008 zugestellte Urteil hat der Kläger am 26. Februar 2008 Berufung eingelegt. Er stützt sich auf die Beurteilung von Prof. Dr. Lie., die er für schlüssig und überzeugend erachtet, und hat weitere ärztliche Unterlagen vorgelegt.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 17. Januar 2008 sowie den Bescheid vom 27. März 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10. August 2006 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ab 1. Dezember 2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung - auch bei Berufsunfähigkeit - zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung im Ergebnis für zutreffend.
Zum weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten (3 Bände) sowie die Prozessakten beider Rechtszüge ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.
Die statthafte (§143 SGG) sowie frist- und formgerecht (§151 SGG) eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache aber unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, auch nicht bei Berufsunfähigkeit. Der Bescheid der Beklagten vom 27.3.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.8.2006 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der og. Bescheid, mit dem die Beklagte den Rentenantrag des Klägers abgelehnt hat.
Anspruchsgrundlage für den zutreffend im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) geltend gemachten Anspruch ist im Hinblick auf den im Dezember 2005 gestellten Rentenantrag § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2001 geltenden Fassung. Danach haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie voll bzw. teilweise erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (s. § 43 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 SGB VI).
Die allgemeine Wartezeit und die sog. versicherungsrechtlichen Voraussetzungen - drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung - hat der Kläger ausweislich Bl 693 i.V.m. Bl. 613 Rs ff der Verwaltungsakte der Beklagten erfüllt. Der Kläger ist jedoch weder voll noch teilweise erwerbsgemindert; auch teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit liegt nicht vor.
Hinsichtlich der medizinischen Beweiswürdigung nimmt der Senat auf das ausführlich begründeten Urteil des SG Bezug, das die schriftlichen Aussagen der behandelnden Ärzte, soweit sie zum Leistungsvermögen des Klägers Stellung genommen haben, berücksichtigt und sich mit dem Gutachten von Prof. Dr. Lie., einschließlich seiner ergänzenden Stellungnahmen, auseinandergesetzt hat. Dieser Beweiswürdigung und ebenso der von der Beklagten vorgelegten Stellungnahme der Ärztin für Nervenheilkunde - Sozialmedizin - Dr. Ma. vom 4.12.2007, in der zutreffend darauf hingewiesen worden ist, dass die vom Sachverständigen dokumentierten Befunde sowie der mitgeteilte Tagesablauf der vorgenommenen Leistungseinschätzung entgegenstehen, schließt sich der Senat uneingeschränkt an. Er sieht deshalb insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und weist die Berufung aus den Gründen des angefochtenen Urteils als unbegründet zurück (§ 153 Abs. 2 SGG). Die im Berufungsverfahren vorgelegten ärztlichen Unterlagen vermögen keine andere Entscheidung zu begründen. Die von Dr. A. im Arztbrief vom 28.4.2008 vermutete degenerative Demenz konnte durch Lumbalpunktion nicht gesichert werden; bei der Ende Juni 2008 durchgeführten Kontrolle der Lumbalpunktion ergab sich kein Hinweis auf eine Creutzfeldt-Jakob-Erkrankung als Ursache einer demenziellen Entwicklung. Es blieb vielmehr die Verdachtsdiagnose einer Alzheimer-Erkrankung bestehen; eine Verdachtsdiagnose kann jedoch einen Rentenanspruch nicht begründen, weil die die Leistungseinschränkung begründenden Erkrankungen nachgewiesen sein müssen. Aus den vorgelegten Arztbriefen des Facharztes für Innere Medizin W. ergibt sich lediglich, dass sich der Kläger wegen seiner Schmerzen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäulen im April 2008 vorgestellt hat und daraufhin Untersuchungen im Hinblick auf die Differenzialdiagnose einer HLA-B27-negativen Spondylitisarthritis durchgeführt worden sind, die nach den vorgelegten Berichten bisher nicht bestätigt worden ist. Die Schmerzsymptomatik im Hals- und Lendenwirbelsäulen Bereich war aber - ebenso wie die psychische Erkrankung (Arztbrief Dr. D. vom 29.4.2008) - bereits Gegenstand der im Renten- und Klageverfahren durchgeführten medizinischen Ermittlungen, sodass sich insoweit kein neuer medizinischer Sachverhalt ergeben hat. Der Senat erachtet deshalb - in Übereinstimmung mit dem SG, den Rentengutachtern Dr. V. und Dr. W., dem Orthopäden Dr. Schi. und der Ärztin für Nervenheilkunde Dr. Ma. - den Kläger für fähig, leichte körperliche Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt 6 Stunden und mehr täglich auszuüben; zu beachten sind dabei die qualitativen Einschränkungen ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Zwangshaltungen, ohne Überkopfarbeit, ohne häufiges Bücken und Treppensteigen, ohne Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten und unter ungünstigen klimatischen Verhältnissen, insbesondere Kälte und Nässe, ohne Akkord- Fließband- Schicht- und Nachtarbeit, ohne Tätigkeiten mit erhöhter Verantwortung oder Anforderung an Anpassungs- und Umstellungsvermögen bzw. Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge.
Im Hinblick auf diese qualitativen Leistungseinschränkungen braucht dem Kläger keine konkrete Verweisungstätigkeit benannt zu werden, was nach der Rechtsprechung erforderlich ist, wenn eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder eine spezifische Leistungsbehinderung vorliegt (BSG SozR 2200 - § 1246 Nrn. 117, 136) oder der Arbeitsmarkt sonst praktisch verschlossen ist, weil der Versicherte nicht mehr in der Lage ist, zu üblichen betrieblichen Bedingungen zu arbeiten und oder seine Fähigkeit einen Arbeitsplatz zu erreichen, aus zeitlichen Gründen eingeschränkt ist (BSG SozR 2200 - § 1246 Nrn. 137, 139). Keiner dieser Umstände ist hier gegeben. Die Einschränkungen ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, ohne Arbeiten auf Leitern und Gerüsten, ohne häufiges Bücken oder Treppensteigen, ohne Arbeiten in gleichförmiger Körperhaltung (Überkopfarbeiten) werden bereits vom Begriff "leichte körperliche Arbeiten" umfasst; die verbleibenden Einschränkungen (ohne Akkord-, Fließband-, Nacht- oder Schichtarbeit, ohne Arbeiten in Kälte und Nässe, ohne erhöhte Verantwortung oder Anforderung an Anpassungs- und Umstellungsvermögen bzw. Steuerung komplexer Arbeitsvorgänge) führen nicht zu einer zusätzlichen wesentlichen Einengung des für die Klägerin in Betracht kommenden Arbeitsfeldes, weil leichte körperliche Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht typischerweise unter derartigen Bedingungen ausgeübt werden.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Nach § 240 Abs. 1 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres auch Versicherte, die - wie de Kläger - vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, weil der Kläger nach den oben bereits genannten überzeugenden Beurteilungen der Rentengutachter Dr. V. und Dr. W., des Orthopäden Dr. Schi. und der Beratungsärztin der Beklagten Dr. Ma. noch in der Lage, auch in seinem erlernten Beruf als Einzelhandelskaufmanns täglich 6 Stunden und mehr zu arbeiten. Die Frage einer zumutbaren Verweisungstätigkeit stellt sich somit nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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