Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 10 R 96/06
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 R 310/07
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Potsdam vom 2. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. August 1980 bis 30. Juni 1990 Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI) sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.
Der am 1946 geborene Kläger war vom 1. Januar 1978 bis 31. Juli 1980 als Technologe im VEB A J tätig. Er erwarb am 27. Juni 1980 an der Ingenieurschule für Maschinenbau L das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung "Maschinenbauingenieur". Ab 1. August 1980 war der Kläger als Bereichstechnologe für Einzelteilinstandsetzung bei dem Volkseigenen Betrieb L I J (VEB LIJ) beschäftigt. Dieser Betrieb wurde mit Umwandlungserklärung vom 11. Juni 1990 gemäß der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften (Umwandlungsverordnung - UmwVO) vom 1. März 1990 (GBl. DDR I S. 107) in die M und M GmbH J (MuM) umgewandelt und am 20. Juni 1990 unter Bezugnahme auf den Gesellschaftsvertrag vom 17. April 1990 in das Handelsregister (Registerauszug Amtsgericht P ) eingetragen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der MuM endete am 13. Juli 1990. Vom 16. Juli 1990 bis zum 31. Dezember 1991 war er als Amtsleiter (Recht, Ordnung und Sicherheit) beim R dS bzw. der S J tätig. Zum 1. Januar 1987 war er der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten. Eine Versorgungszusage hatte er nicht erhalten.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers vom 23. November 2000 auf Überführung seiner Zusatzversorgungsanwartschaften mit Bescheid vom 24. September 2002 unter Hinweis auf die nicht gegebene Anwendbarkeit des AAÜG ab. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger sei zwar als Ingenieur im VEB LIW beschäftigt gewesen, jedoch sei dieser Betrieb kein volkseigener Produktionsbetrieb oder ein diesem gleichgestellter Betrieb gewesen.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Der VEB LIJ habe keine Reparaturen im eigentlichen Sinne durchgeführt, sondern verschlissene Motoren generalüberholt. Es habe sich um eine industriemäßige Instandsetzung von verschiedensten Motoren aus der Landwirtschaft; dem Schiffbau und der Bauindustrie gehandelt. Am Tag seien zwischen 35 und 40 Motoren vom Band gelaufen. Die Umwandlung des VEB LIJ in eine GmbH am 11. Juni 1990 sei offensichtlich zu Unrecht erfolgt, weil zu diesem Zeitpunkt noch nicht das bundesdeutsche Gesellschaftsrecht auf das Gebiet der DDR ausgedehnt worden sei. Er sei ausweislich der Eintragung im Sozialversicherungsausweis (SVA) bis zum 30. Juni 1990 bei dem VEB LIJ beschäftigt gewesen, der erst danach in die MuM umbenannt worden sei. Der VEB LIJ entstamme einer M-A-S(MAS). Den Mitarbeitern einer MAS werde nach der Verwaltungspraxis der Beklagten eine Sonderversorgung zugestanden.
Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat mit Gerichtsbescheid vom 2. Februar 2007 die auf die Feststellung der Zugehörigkeit zur AVTI und der entsprechenden Arbeitsentgelte im Zeitraum vom 1. August 1980 bis 30. Juni 1990 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei nicht begründet. Es fehle zum maßgeblichen Stichtag 30. Juni 1990 an der Tätigkeit des Klägers in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesen oder in einem gleichgestellten Betrieb, denn der Kläger sei an diesem Tag bei der MuM tätig gewesen. Der VEB LIJ sei mit der zum 20. Juni 1990 erfolgten Eintragung der MuM in das Handelsregister gemäß § 7 UmwVO erloschen. Es sei unerheblich, dass diese im Gesetz festgelegte Rechtsfolge für den Kläger und sonstige Beschäftigte nicht erkennbar gewesen sei und im SVA des Klägers bis zum 30. Juni 1990 eine Beschäftigung bei dem VEB LIJ eingetragen sei. Soweit das Bestehen eines fiktiven Versorgungsanspruchs von Umständen abgehangen habe, auf die der Betroffene keinen Einfluss gehabt habe, habe es sich um eine nach deren Rechtsordnung vorgezeichnete autonome Entscheidung der DDR gehandelt, deren versorgungsrechtliche Nachteile die Bundesrepublik Deutschland nicht auszugleichen habe.
Mit seiner Berufung trägt der Kläger ergänzend vor: Er führe einen Titel als Ingenieur nach dem Recht der DDR und habe eine dementsprechende Tätigkeit in einem volkseigenen bzw. gleichgestellten Betrieb ausgeübt. Mangels eines entsprechenden Hinweises habe er auch nicht die Möglichkeit gehabt, der FZR (schon früher) beizutreten.
Der Kläger beantragt: den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Potsdam vom 2. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 24. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2003 zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom 1. August 1980 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus: Beim Kläger habe jedenfalls die betriebsbezogene Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVTI nicht vorgelegen, denn er sei am 30. Juni 1990 nicht mehr in einem volkseigenen Betrieb, sondern in einer GmbH beschäftigt gewesen. Eine GmbH könne auch kein gleichgestellter Betrieb sein. Es sei nachzuvollziehen, dass sich der Kläger gegenüber solchen Kollegen gleichheitswidrig benachteiligt fühle, deren Zugehörigkeit zur AVTI festgestellt worden sei, obwohl ihnen keine Versorgungsurkunde erteilt worden sei. Daraus ergebe sich jedoch nicht, dass beim Kläger ebenso verfahren werden könne, denn dies würde zu einem verfassungswidrigen Zustand führen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Zusatzversorgungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere besteht ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an einem gesonderten gerichtlichen Verfahren gegen die Beklagte zur isolierten Überprüfung der von ihr insoweit abgelehnten Datenfeststellungen nach dem AAÜG. Denn neben der vorliegenden Klage auf Vormerkung der begehrten Daten ist kein Rentenstreitverfahren gegen die Beklagte anhängig (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 7/06 R = SozR 4-1500 3 54 Nr. 11).
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 AAÜG auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie gegebenenfalls der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 1. August 1980 bis 30. Juni 1990. Das AAÜG ist auf den Kläger schon deshalb nicht anwendbar, weil er am 1. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Satz 1 AAÜG hatte. Denn der Versorgungsfall (des Alters oder der Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Der Kläger war aber auch am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er hatte bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihm war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat zudem weder in den angefochtenen Bescheiden noch mit einem sonstigen Verwaltungsakt eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG getroffen.
§ 1 Abs. 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage am 1. August 1991 einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -: vgl. z. B. Urteile vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und – B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 sowie vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 8). Ein derartiger fiktiver Anspruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Versorgungssystem vorgesehen war (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 1; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 6). Allein maßgebend sind insoweit die Texte der Verordnung über die AVTI in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVTI-VO) vom 17. August 1950 (GBl. S. 844) und § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung (DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. S. 487), soweit diese am 30. Oktober 1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden sind. Die genannten Vorschriften der DDR sind dabei unabhängig von deren Verwaltungs- und Auslegungspraxis allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R –, veröffentlicht in juris). Von diesen Grundsätzen ausgehend liegt ein fingierter Anspruch im Bereich der AVTI nur vor, wenn der Betreffende zum Stichtag am 30. Juni 1990 drei Voraussetzungen erfüllt: Er muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (betriebliche Voraussetzung: vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).
Es kann offen bleiben, ob im Fall des Klägers die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVTI vorgelegen hatten. Ein fingierter Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage scheitert jedenfalls bereits daran, dass der Kläger nicht die betriebliche Voraussetzung erfüllte. Er war am 30. Juni 1990 weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) noch in einem gleichgestellten Betrieb (§ 1 Abs. 2 der 2. DB) beschäftigt. Ob die betriebliche Voraussetzung erfüllt ist, bestimmt sich danach, wer am Stichtag, dem 30. Juni 1990, Arbeitgeber im rechtlichen Sinne war (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 20/03 R – SozR 4-8570 § 5 Nr. 3). Abzustellen ist hierbei auf die tatsächlichen Gegebenheiten am 30. Juni 1990 (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R- veröffentlicht in juris) Danach war Arbeitgeber des Klägers im rechtlichen Sinn die MuM. Die Eintragung dieser Gesellschaft in das Register erfolgte bereits - vor dem Stichtag - am 20. Juni 1990 ( des Amtsgerichts P); damit wurde nach § 7 UmwVO die Umwandlung der GmbH wirksam. Zu diesem Zeitpunkt erlosch der Vorgängerbetrieb der GmbH, der VEB ILJ. Für das Wirksamwerden der Umwandlung kommt es nach § 7 UmwVO allein auf die Eintragung der GmbH in das Register an. Soweit der Kläger meint, die Umwandlung sei offensichtlich zu Unrecht erfolgt, weil das Gesellschaftsrecht der Bundesrepublik Deutschland zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf das Gebiet der DDR ausgedehnt worden sei, verkennt er, dass das GmbH-Gesetz vom 20. April 1892 (RGBl. S. 377) idF vom 20. Mai 1898 (RGBl. I S. 846) in der DDR als Teil des dortigen Wirtschaftsrechts fortgalt (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 3/02 R -, veröffentlicht in juris) und mithin eine Rechtsgrundlage für die Gründung einer GmbH in der DDR auch schon vor dem 1. Juli 1990 vorhanden war. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob der VEB ILJ ein Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens war. Denn ein in der Rechtsform der GmbH geführtes Unternehmen unterliegt gemäß der ständigen Rechtsprechung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, nicht dem Anwendungsbereich des zu Bundesrecht gewordenen § 1 Abs. 1 der 2. DB und damit nicht der AVTI (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2006, B 4 RA 41/05 R, aaO).
Im Übrigen war der VEB LIJ weder ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch ein diesem gleichgestellter Betrieb gewesen. Der VEB LIJ war kein Produktionsbetrieb, denn sein Hauptzweck, auf den abzustellen ist, bestand nicht in der regelmäßig wiederkehrenden, serienmäßigen Massenproduktion von neuen Sachgütern oder Bauleistungen. Im Hinblick auf die in der Präambel zur AVTI-VO zum Ausdruck gekommene Zielsetzung des Versorgungssystems war allein die Beschäftigung in einem Betrieb, der die Massenproduktion von Gütern zum Gegenstand hatte, von Bedeutung für die Einbeziehung in die Versorgung (zu diesem Erfordernis vgl. BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 3). Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, das auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe spezialisierter, monofunktionaler Maschinen beruhte. Der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R – veröffentlicht in juris, zur Veröffentlichung im SozR vorgesehen). Bei dieser Fertigung von Wirtschaftsgütern musste es sich um eine Neuproduktion handeln (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil 8. Mai 2008 – L 21 R 159/05 -, veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Eine Fertigung von Baugruppen unter Verwendung von Altteilen stellt keine industrielle Güterproduktion iS der Versorgungsordnung dar (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2008 – B 4 RS 31/07 R-, veröffentlicht in juris). Nach dem glaubhaften Vorbringen des Klägers war indes der Hauptzweck der betrieblichen Tätigkeit des VEB LIJ nicht die Massenproduktion von Sachgütern im vorgenannten Sinn, sondern die Instandsetzung von Motoren "am laufenden Band". Dabei wurde kein neues Wirtschaftsgut gefertigt, sondern es wurden lediglich Verschleißteile ausgetauscht und vorhandene Motoren generalüberholt mit dem Ziel, diese wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück zu bringen.
Schließlich war die MuM – wie auch ihr Vorgängerbetrieb VEB ILJ - kein nach § 1 Abs. 2 der 2. DB den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellter Betrieb. Entgegen der Auffassung der Beklagten scheitert eine entsprechende Zuordnung freilich nicht schon an der Rechtsform dieses Betriebes (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R -, veröffentlicht in juris). Jedoch gehörte die MuM ersichtlich nicht zu den in § 1 Abs. 2 der 2. DB genannten Einrichtungen und Betrieben bzw. Verwaltungen. Insbesondere war die MuM keine M-A-S (MAS) im Sinne dieser Vorschrift. Hierzu gehörten nur Betriebe, die als MAS bezeichnet worden waren. Abgesehen davon war die MuM auch deshalb keine MAS, weil das Ausleihen von Maschinen nicht zu ihrem Unternehmensgegenstand gehörte (vgl. den Registereintrag vom 20. Juni 1990, Bl. 65 GA). Es mag sein, dass der Vorgängerbetrieb der MuM aus einer MAS hervorgegangen ist. Der Kläger hat jedoch glaubhaft berichtet, dass die MAS ab 1965 in M-T-S und später in L I umgewandelt wurden, weil im Laufe der Zeit alle Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften über eigene Maschinen verfügten und keine Ausleihstationen mehr benötigt wurden. Auch im Hinblick auf diese Veränderung des Unternehmensgegenstandes war die MuM zum Stichtag 30. Juni 1990 nicht als MAS anzusehen.
Eine erweiternde Auslegung über die in § 1 Abs. 1 AAÜG angelegte Modifikation hinaus, die eine Einbeziehung des Klägers in das AAÜG ermöglichte, ist nicht zulässig; es besteht ein Analogieverbot (BSG, Urteil vom 7. September 2006 – B 4 RA 41/05 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 11; BSG, Beschluss vom 13. Februar 2008 – B 4 RS 133/07 B – veröffentlicht in juris – m. w. Nachw.). Diese verfassungsrechtliche Wertung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt (vgl. z. B. Beschluss vom 4. August 2004 – 1 BvR 1557/01 = SozR 4-8570 § 5 Nr. 4; Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 = SozR 4-8560 § 22 Nr. 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. August 1980 bis 30. Juni 1990 Zeiten der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVTI) sowie die entsprechenden Arbeitsentgelte festzustellen.
Der am 1946 geborene Kläger war vom 1. Januar 1978 bis 31. Juli 1980 als Technologe im VEB A J tätig. Er erwarb am 27. Juni 1980 an der Ingenieurschule für Maschinenbau L das Recht zur Führung der Berufsbezeichnung "Maschinenbauingenieur". Ab 1. August 1980 war der Kläger als Bereichstechnologe für Einzelteilinstandsetzung bei dem Volkseigenen Betrieb L I J (VEB LIJ) beschäftigt. Dieser Betrieb wurde mit Umwandlungserklärung vom 11. Juni 1990 gemäß der Verordnung zur Umwandlung von volkseigenen Kombinaten, Betrieben und Einrichtungen in Kapitalgesellschaften (Umwandlungsverordnung - UmwVO) vom 1. März 1990 (GBl. DDR I S. 107) in die M und M GmbH J (MuM) umgewandelt und am 20. Juni 1990 unter Bezugnahme auf den Gesellschaftsvertrag vom 17. April 1990 in das Handelsregister (Registerauszug Amtsgericht P ) eingetragen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers mit der MuM endete am 13. Juli 1990. Vom 16. Juli 1990 bis zum 31. Dezember 1991 war er als Amtsleiter (Recht, Ordnung und Sicherheit) beim R dS bzw. der S J tätig. Zum 1. Januar 1987 war er der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten. Eine Versorgungszusage hatte er nicht erhalten.
Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers vom 23. November 2000 auf Überführung seiner Zusatzversorgungsanwartschaften mit Bescheid vom 24. September 2002 unter Hinweis auf die nicht gegebene Anwendbarkeit des AAÜG ab. Der Widerspruch des Klägers wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11. Februar 2003 zurückgewiesen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der Kläger sei zwar als Ingenieur im VEB LIW beschäftigt gewesen, jedoch sei dieser Betrieb kein volkseigener Produktionsbetrieb oder ein diesem gleichgestellter Betrieb gewesen.
Im Klageverfahren hat der Kläger vorgetragen: Der VEB LIJ habe keine Reparaturen im eigentlichen Sinne durchgeführt, sondern verschlissene Motoren generalüberholt. Es habe sich um eine industriemäßige Instandsetzung von verschiedensten Motoren aus der Landwirtschaft; dem Schiffbau und der Bauindustrie gehandelt. Am Tag seien zwischen 35 und 40 Motoren vom Band gelaufen. Die Umwandlung des VEB LIJ in eine GmbH am 11. Juni 1990 sei offensichtlich zu Unrecht erfolgt, weil zu diesem Zeitpunkt noch nicht das bundesdeutsche Gesellschaftsrecht auf das Gebiet der DDR ausgedehnt worden sei. Er sei ausweislich der Eintragung im Sozialversicherungsausweis (SVA) bis zum 30. Juni 1990 bei dem VEB LIJ beschäftigt gewesen, der erst danach in die MuM umbenannt worden sei. Der VEB LIJ entstamme einer M-A-S(MAS). Den Mitarbeitern einer MAS werde nach der Verwaltungspraxis der Beklagten eine Sonderversorgung zugestanden.
Das Sozialgericht (SG) Potsdam hat mit Gerichtsbescheid vom 2. Februar 2007 die auf die Feststellung der Zugehörigkeit zur AVTI und der entsprechenden Arbeitsentgelte im Zeitraum vom 1. August 1980 bis 30. Juni 1990 gerichtete Klage abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die zulässige Klage sei nicht begründet. Es fehle zum maßgeblichen Stichtag 30. Juni 1990 an der Tätigkeit des Klägers in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesen oder in einem gleichgestellten Betrieb, denn der Kläger sei an diesem Tag bei der MuM tätig gewesen. Der VEB LIJ sei mit der zum 20. Juni 1990 erfolgten Eintragung der MuM in das Handelsregister gemäß § 7 UmwVO erloschen. Es sei unerheblich, dass diese im Gesetz festgelegte Rechtsfolge für den Kläger und sonstige Beschäftigte nicht erkennbar gewesen sei und im SVA des Klägers bis zum 30. Juni 1990 eine Beschäftigung bei dem VEB LIJ eingetragen sei. Soweit das Bestehen eines fiktiven Versorgungsanspruchs von Umständen abgehangen habe, auf die der Betroffene keinen Einfluss gehabt habe, habe es sich um eine nach deren Rechtsordnung vorgezeichnete autonome Entscheidung der DDR gehandelt, deren versorgungsrechtliche Nachteile die Bundesrepublik Deutschland nicht auszugleichen habe.
Mit seiner Berufung trägt der Kläger ergänzend vor: Er führe einen Titel als Ingenieur nach dem Recht der DDR und habe eine dementsprechende Tätigkeit in einem volkseigenen bzw. gleichgestellten Betrieb ausgeübt. Mangels eines entsprechenden Hinweises habe er auch nicht die Möglichkeit gehabt, der FZR (schon früher) beizutreten.
Der Kläger beantragt: den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Potsdam vom 2. Februar 2007 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 24. September 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Februar 2003 zu verpflichten, die Beschäftigungszeiten vom 1. August 1980 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zu dem Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz sowie die in diesem Zeitraum tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus: Beim Kläger habe jedenfalls die betriebsbezogene Voraussetzung für eine Einbeziehung in die AVTI nicht vorgelegen, denn er sei am 30. Juni 1990 nicht mehr in einem volkseigenen Betrieb, sondern in einer GmbH beschäftigt gewesen. Eine GmbH könne auch kein gleichgestellter Betrieb sein. Es sei nachzuvollziehen, dass sich der Kläger gegenüber solchen Kollegen gleichheitswidrig benachteiligt fühle, deren Zugehörigkeit zur AVTI festgestellt worden sei, obwohl ihnen keine Versorgungsurkunde erteilt worden sei. Daraus ergebe sich jedoch nicht, dass beim Kläger ebenso verfahren werden könne, denn dies würde zu einem verfassungswidrigen Zustand führen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf deren vorbereitende Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die Zusatzversorgungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Klägers ist nicht begründet.
Die Klage ist zwar zulässig. Insbesondere besteht ein schutzwürdiges Interesse des Klägers an einem gesonderten gerichtlichen Verfahren gegen die Beklagte zur isolierten Überprüfung der von ihr insoweit abgelehnten Datenfeststellungen nach dem AAÜG. Denn neben der vorliegenden Klage auf Vormerkung der begehrten Daten ist kein Rentenstreitverfahren gegen die Beklagte anhängig (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 7/06 R = SozR 4-1500 3 54 Nr. 11).
Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. mit Abs. 1 AAÜG auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG sowie gegebenenfalls der entsprechenden Arbeitsentgelte gemäß § 8 Abs. 2 AAÜG für den Zeitraum vom 1. August 1980 bis 30. Juni 1990. Das AAÜG ist auf den Kläger schon deshalb nicht anwendbar, weil er am 1. August 1991, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des AAÜG, keinen Versorgungsanspruch im Sinne von § 1 Satz 1 AAÜG hatte. Denn der Versorgungsfall (des Alters oder der Invalidität) war bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingetreten. Der Kläger war aber auch am 1. August 1991 nicht Inhaber einer Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG. Denn er hatte bis zum 30. Juni 1990 eine Versorgungszusage in der DDR nicht erhalten und ihm war auch nicht im Rahmen einer Einzelentscheidung eine Versorgung zugesagt worden. Die Beklagte hat zudem weder in den angefochtenen Bescheiden noch mit einem sonstigen Verwaltungsakt eine positive Statusentscheidung über die Anwendbarkeit des AAÜG getroffen.
§ 1 Abs. 1 AAÜG ist zwar im Wege verfassungskonformer Auslegung dahin auszulegen, dass den tatsächlich einbezogenen Personen diejenigen gleichzustellen sind, die aus bundesrechtlicher Sicht aufgrund der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage am 1. August 1991 einen (fingierten) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten (ständige Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - BSG -: vgl. z. B. Urteile vom 9. April 2002 – B 4 RA 31/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 und – B 4 RA 3/02 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 7 sowie vom 10. April 2002 – B 4 RA 18/01 R = SozR 3-8570 § 1 Nr. 8). Ein derartiger fiktiver Anspruch ist aber nur dann zu bejahen, wenn am Stichtag (30. Juni 1990) eine Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt worden ist, wegen der ihrer Art nach eine zusätzliche Altersversorgung in dem betreffenden Versorgungssystem vorgesehen war (ständige Rechtsprechung: vgl. z. B. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 18/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 1; BSG, Urteil vom 26. Oktober 2004 – B 4 RA 23/04 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 6). Allein maßgebend sind insoweit die Texte der Verordnung über die AVTI in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (AVTI-VO) vom 17. August 1950 (GBl. S. 844) und § 1 Abs. 1 der 2. Durchführungsbestimmung (DB) vom 24. Mai 1951 (GBl. S. 487), soweit diese am 30. Oktober 1990 zu sekundärem Bundesrecht geworden sind. Die genannten Vorschriften der DDR sind dabei unabhängig von deren Verwaltungs- und Auslegungspraxis allein nach bundesrechtlichen Kriterien auszulegen (vgl. BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 3 S. 22; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 – B 4 RA 11/04 R –, veröffentlicht in juris). Von diesen Grundsätzen ausgehend liegt ein fingierter Anspruch im Bereich der AVTI nur vor, wenn der Betreffende zum Stichtag am 30. Juni 1990 drei Voraussetzungen erfüllt: Er muss 1. die Berechtigung gehabt haben, eine bestimmte Berufsbezeichnung zu führen (persönliche Voraussetzung), 2. eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit oder Beschäftigung verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und 3. die Beschäftigung oder die Tätigkeit in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder einem diesen Betrieben gleichgestellten Betrieb ausgeübt haben (betriebliche Voraussetzung: vgl. hierzu BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6; SozR 3-8570 § 1 Nr. 3).
Es kann offen bleiben, ob im Fall des Klägers die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine Einbeziehung in die AVTI vorgelegen hatten. Ein fingierter Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage scheitert jedenfalls bereits daran, dass der Kläger nicht die betriebliche Voraussetzung erfüllte. Er war am 30. Juni 1990 weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens (§ 1 Abs. 1 der 2. DB) noch in einem gleichgestellten Betrieb (§ 1 Abs. 2 der 2. DB) beschäftigt. Ob die betriebliche Voraussetzung erfüllt ist, bestimmt sich danach, wer am Stichtag, dem 30. Juni 1990, Arbeitgeber im rechtlichen Sinne war (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 – B 4 RA 20/03 R – SozR 4-8570 § 5 Nr. 3). Abzustellen ist hierbei auf die tatsächlichen Gegebenheiten am 30. Juni 1990 (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R- veröffentlicht in juris) Danach war Arbeitgeber des Klägers im rechtlichen Sinn die MuM. Die Eintragung dieser Gesellschaft in das Register erfolgte bereits - vor dem Stichtag - am 20. Juni 1990 ( des Amtsgerichts P); damit wurde nach § 7 UmwVO die Umwandlung der GmbH wirksam. Zu diesem Zeitpunkt erlosch der Vorgängerbetrieb der GmbH, der VEB ILJ. Für das Wirksamwerden der Umwandlung kommt es nach § 7 UmwVO allein auf die Eintragung der GmbH in das Register an. Soweit der Kläger meint, die Umwandlung sei offensichtlich zu Unrecht erfolgt, weil das Gesellschaftsrecht der Bundesrepublik Deutschland zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf das Gebiet der DDR ausgedehnt worden sei, verkennt er, dass das GmbH-Gesetz vom 20. April 1892 (RGBl. S. 377) idF vom 20. Mai 1898 (RGBl. I S. 846) in der DDR als Teil des dortigen Wirtschaftsrechts fortgalt (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 – B 4 RA 3/02 R -, veröffentlicht in juris) und mithin eine Rechtsgrundlage für die Gründung einer GmbH in der DDR auch schon vor dem 1. Juli 1990 vorhanden war. In diesem Zusammenhang kommt es nicht darauf an, ob der VEB ILJ ein Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens war. Denn ein in der Rechtsform der GmbH geführtes Unternehmen unterliegt gemäß der ständigen Rechtsprechung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, nicht dem Anwendungsbereich des zu Bundesrecht gewordenen § 1 Abs. 1 der 2. DB und damit nicht der AVTI (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2006, B 4 RA 41/05 R, aaO).
Im Übrigen war der VEB LIJ weder ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens noch ein diesem gleichgestellter Betrieb gewesen. Der VEB LIJ war kein Produktionsbetrieb, denn sein Hauptzweck, auf den abzustellen ist, bestand nicht in der regelmäßig wiederkehrenden, serienmäßigen Massenproduktion von neuen Sachgütern oder Bauleistungen. Im Hinblick auf die in der Präambel zur AVTI-VO zum Ausdruck gekommene Zielsetzung des Versorgungssystems war allein die Beschäftigung in einem Betrieb, der die Massenproduktion von Gütern zum Gegenstand hatte, von Bedeutung für die Einbeziehung in die Versorgung (zu diesem Erfordernis vgl. BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 – B 4 RA 57/03 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 3). Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, das auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe spezialisierter, monofunktionaler Maschinen beruhte. Der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. August 2007 – B 4 RS 3/06 R – veröffentlicht in juris, zur Veröffentlichung im SozR vorgesehen). Bei dieser Fertigung von Wirtschaftsgütern musste es sich um eine Neuproduktion handeln (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil 8. Mai 2008 – L 21 R 159/05 -, veröffentlicht unter www.sozialgerichtsbarkeit.de). Eine Fertigung von Baugruppen unter Verwendung von Altteilen stellt keine industrielle Güterproduktion iS der Versorgungsordnung dar (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2008 – B 4 RS 31/07 R-, veröffentlicht in juris). Nach dem glaubhaften Vorbringen des Klägers war indes der Hauptzweck der betrieblichen Tätigkeit des VEB LIJ nicht die Massenproduktion von Sachgütern im vorgenannten Sinn, sondern die Instandsetzung von Motoren "am laufenden Band". Dabei wurde kein neues Wirtschaftsgut gefertigt, sondern es wurden lediglich Verschleißteile ausgetauscht und vorhandene Motoren generalüberholt mit dem Ziel, diese wieder in den Wirtschaftskreislauf zurück zu bringen.
Schließlich war die MuM – wie auch ihr Vorgängerbetrieb VEB ILJ - kein nach § 1 Abs. 2 der 2. DB den volkseigenen Produktionsbetrieben gleichgestellter Betrieb. Entgegen der Auffassung der Beklagten scheitert eine entsprechende Zuordnung freilich nicht schon an der Rechtsform dieses Betriebes (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R -, veröffentlicht in juris). Jedoch gehörte die MuM ersichtlich nicht zu den in § 1 Abs. 2 der 2. DB genannten Einrichtungen und Betrieben bzw. Verwaltungen. Insbesondere war die MuM keine M-A-S (MAS) im Sinne dieser Vorschrift. Hierzu gehörten nur Betriebe, die als MAS bezeichnet worden waren. Abgesehen davon war die MuM auch deshalb keine MAS, weil das Ausleihen von Maschinen nicht zu ihrem Unternehmensgegenstand gehörte (vgl. den Registereintrag vom 20. Juni 1990, Bl. 65 GA). Es mag sein, dass der Vorgängerbetrieb der MuM aus einer MAS hervorgegangen ist. Der Kläger hat jedoch glaubhaft berichtet, dass die MAS ab 1965 in M-T-S und später in L I umgewandelt wurden, weil im Laufe der Zeit alle Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften über eigene Maschinen verfügten und keine Ausleihstationen mehr benötigt wurden. Auch im Hinblick auf diese Veränderung des Unternehmensgegenstandes war die MuM zum Stichtag 30. Juni 1990 nicht als MAS anzusehen.
Eine erweiternde Auslegung über die in § 1 Abs. 1 AAÜG angelegte Modifikation hinaus, die eine Einbeziehung des Klägers in das AAÜG ermöglichte, ist nicht zulässig; es besteht ein Analogieverbot (BSG, Urteil vom 7. September 2006 – B 4 RA 41/05 R = SozR 4-8570 § 1 Nr. 11; BSG, Beschluss vom 13. Februar 2008 – B 4 RS 133/07 B – veröffentlicht in juris – m. w. Nachw.). Diese verfassungsrechtliche Wertung des BSG, die der Senat seiner Entscheidung zugrunde legt, hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt (vgl. z. B. Beschluss vom 4. August 2004 – 1 BvR 1557/01 = SozR 4-8570 § 5 Nr. 4; Beschluss vom 26. Oktober 2005 – 1 BvR 1921/04 = SozR 4-8560 § 22 Nr. 1).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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